DSA 85: Roter Fluss - Daniela Knor - E-Book

DSA 85: Roter Fluss E-Book

Daniela Knor

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Beschreibung

Die Orkschädelsteppe im Jahr 597 BF - ein Heer von Orks stürmt los, um die menschlichen Siedler in ihrem Land ein für alle Mal auszulöschen. Im belagerten Myrburg, dem späteren Phexcaer, brechen die alten Spannungen zwischen den raubeinigen Thorwalern und ihren zwölfgöttergläubigen Mitbürgern wieder auf, obwohl alle Kräfte für den verzweifelten Kampf gegen die Schwarzpelze gebraucht werden. Hjalgar Herjulfsson, ein Ausgestoßener, der aus Groll auf die Menschheit die Orks mit Waffen beliefert, wird unversehens mit alten und neuen Feinden, aber auch mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert ...

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Biografie

Geboren wurdeDaniela Knoram 30.10.1972 in Mainz,wo sie auch aufgewachsen ist. Beim Studium hat sie zunächst mit Anglistik,Ethnologie und Vorund Frühgeschichte begonnen, dann aber aufein Fernstudium in Geschichte, Neuerer deutscher Literaturwissenschaft und Psychologie umgesattelt,weil es sie kurzzeitig an die Mosel und anschließendnach Regensburg verschlagen hat.

In Regensburg lebt sie mit ihremMann, zwei Pferden und etlichen Hühnern immer noch. Sie haben dorteinen kleinen Bauernhof mit Obstanbau gepachtet, der es ihnenauch ermöglicht die Pferde in Eigenregie zu halten.

Mit demSchreiben von Fantasy-Romanen hat Daniela schon während der Schulzeit begonnen(manchmal auch in langweiligen Unterrichtsstunden). Außer den DSA-Romanen gab es bisjetzt keine Veröffentlichungen, aber mittlerweile ist die Schriftstellerei schonzu einer Hauptbeschäftigung geworden. Wenn ihr neben dem Schreiben,dem Obstbaubetrieb und den Pferden noch Zeit bleibt, liest sieviel und spielt gelegentlich in einer DSA-Spielrunde.

Daniela Knor

Roter Fluss

Ein Roman in der Welt von Das Schwarze Auge©

Originalausgabe

Impressum

Ulisses SpieleBand 85

Titelbild: Swen Papenbrock Redaktion & Lektorat: Catherine Beck Kartenentwurf: Ralf Hlawatsch E-Book-Gestaltung: Michael Mingers

Copyright © 2014 by Ulisses Spiele GmbH, Waldems.DAS SCHWARZE AUGE, AVENTURIEN, DERE,MYRANOR, RIESLAND, THARUN und UTHURIA sind eingetragene Marken der Significant GbR.

Titel und Inhalte dieses Werkes sind urheberrechtlich geschützt.

Der Nachdruck, auch auszugsweise, die Bearbeitung, Verarbeitung, Verbreitung und Vervielfältigung des Werkes in jedweder Form, insbesondere die Vervielfältigung auf photomechanischem, elektronischem oder ähnlichem Weg, sind nur mit schriftlicher Genehmigung der Ulisses Spiele GmbH, Waldems, gestattet.

Print-ISBN3-89064-514-3(vergriffen)

Danksagung

Gewidmet meinen Eltern,

weilsie mich immer so genommen haben, wie ich bin.

Fürihre Hilfe und ihr Vertrauen danke ich Catherine Beck,Thomas Römer und Florian Don-Schauen.

Michelle und Ragnar Schwefel sowieOliver Steiger danke ich für ihre Hilfe beim Eintauchen in dieWelt der Thorwaler.

Danke, Torsten, dass Du mir beim Schreibenden Rücken freihältst.

And special thanks to Iron Maidenfor inspiration.

Besonders bedanken möchte ich mich bei allen Lesern,die mir Feedback gegeben haben. Weitere Informationen zu meinen Romanenfindet Ihr im Netz unter:

http://www.daniela-knor.de.vu

»Was die Walwutist, willst du wissen? Wie soll ich das einer Fremdenerklären? Ein Feuer ist sie, das in unserem Innern brennt,entfacht von Swafnirs göttlichem Funken. Wie der Gottwal widerdie weltvernichtende Seeschlange streitet, tobt der Walwütige wider seine Feindeund kennt dabei weder Gnade noch Furcht. Einen jeden vonuns kann in Zeiten großer Bedrängnis dieser heilige Zorn überkommen,doch gibt es auch die Kinder Swafnirs, in denen dieFlamme heißer lodert. Abseits ihrer Sippen müssen sie inEinsamkeit leben und die Gesellschaft von Menschen meiden. Hüte dich,jenen Auserwählten zu begegnen! Denn ein falscher Blick mag genügen,um ihren Blutrausch zu wecken.«

Swafnirgeweihter Atli Fregursson imGespräch mit einer Garether Händlerin

Personen

Die Garsvidra-Sippe

HjalgarHerjulfsson – genannt›Diarskadir‹,Walwütiger

Jorun – Hjalgars Kindheitsgefährtin

Aigur Beornsson – genannt›Skrajaröter‹,Hersir der GarsvidraSippe

Thure Ragnarsson – Aigurs bester Freund

Marada – Schiffbauerin ausMyrburg

Askir – Waisenkind vom Egilshof in Veidsgard

AranRuhmkünder – Skalde in Hragisheim

Röngvald Jadrasson – Sippenmitglied ausMyrburg

Hengist – Dorfältester in Hragisheim

Frenja – Hjalgars Mutter

Laske Atlisson – Hjalgars Onkel

Weitere Thorwaler

Sveidis Karvasdottir – Hetfrau von Myrburg

Kjaska Skaldensang – Swafnirgeweihte in Myrburg

Garhelt – junge Freiwillige in der Myrburger Garde

Yngvar Bjarnisson – Ehemann von Sveidis

Karven Walsegler – ein Swafnirgeweihter, Hjalgars Ziehvater

Bewohner Myrburgs mittelreichischer Abstammung

Sivas Deriak – Dieb undGeschäftemacher

Thorfinna Tannroth – Wirtin imBrauhaus

Ektor Sandegger – Bürgermeister

Thilia Hesoch – Sprecherin der Kaufleute

Volkar Schertler – Hauptmann der Stadtwache

FiannaTannroth – Tochter von Thorfinna

Travinian – Traviageweihter

Jann – ein Gardist

Jobelte – eineMagd

Irmingard Hesoch – Enkelin von Thilia Hesoch

Beiden Orks

Sachrak Ashai – Häuptling der Truanzhai

RaszechMorkhazak – Häuptling der Zholochai

Drala – langjährige Sklavin

HinrikaVilnheimer – Gefangene

Jarra Vilnheimer – Gefangene

Udhjane Liskow – Gefangene aus Vindthorn

Amita – Gefangene

Wibke – Gefangene

Weitere Personen

Lysmina Berian – Bauerntochter aus Veidsgard

GorwinEichhafner – Praiosgeweihter aus Andergast

Eyvin Berian – Tochter von Lysmina Berian

Prolog

Bodirtal, 35Meilen südwestlich von Myrburg [ab 805 BF Phexcaer], 578 BF

Schwerelos schwebte einSturmfalke am wolkenlosen Himmel über dem weiten Tal.Tief unter ihm schlängelte sich der Fluss wie ein schimmerndes Banddurch Auen und in herbstlicher Farbenpracht leuchtende Haine. Bewaldete Hängestrebten in der Ferne schneebedeckten Gipfeln entgegen. Unter den schrägeinfallenden Strahlen der Nachmittagssonne warfen die Bäume lange Schatten, indenen der Raubvogel eine Bewegung erspähte. Den warmen Aufwindenzum Trotz segelte er in einem mühelosen Bogen hinab, um seineKreise niedriger über dem bunten Laub zu ziehen.

Unter seinem scharfen Blick sprang ein Junge zwischen denStämmen hervor, stolperte, fiel der Länge nach ins Gras, wälztesich auf den Rücken und blieb lachend liegen.

WelkeStängel mischten sich in die rötlich blonden Haare, aberdas beachtete Hjalgar Herjulfsson genauso wenig wie den Falken, der alsschwarzer Umriss hoch über ihm dahinglitt. Für einen Zwölfjährigen warder Junge ungewöhnlich groß und breitschultrig, und dies galt ebensofür das gleichaltrige Mädchen, das sich triumphierend über ihm aufbaute.

»Ha, ichhab‘ doch gleich gesagt, dass ich gewinne!«, prahlte Jorun grinsend,bevor sie mit wehenden roten Locken über ihren Freund hinwegsetzte.

Blitzschnell griff Hjalgar nach oben und packte ihren Knöchel. Miteinem atemlosen Japser landete auch Jorun auf der mit gelbemLaub gesprenkelten Wiese.

»Denkste!«, tönte Hjalgar fröhlich, während beide sich aufrappelten,um ihr Wettrennen fortzusetzen.

»Na, warte!«, drohte das Mädchen lachendund stob hinter ihm her. »Du arbeitest mit fiesenTricks!«

»Lauft nicht zu weit weg, Kinder!«, rief HjalgarsMutter ihnen nach, doch das überhörten die beiden Wildfänge in ihremEifer.

Die rundliche Thorwalerin konnte nur den Kopf schütteln,aber sie lächelte dabei. Sie schaffte es nie, ihrem Sohn ernsthaftböse zu sein. Zu sehr erinnerten seine verschmitzten blauenAugen sie an ihren Mann Herjulf, der so jung beiSwafnir auf See geblieben war. Nicht einmal Laske, HerjulfsBruder, sah dem Verstorbenen so ähnlich wie derkleine Hjalgar.

»Ich weiß noch, wie du und Herjulf damalsauf unserem Hof miteinander herumgetobt seid«, behauptete Laske und stellteseine schwere Kiepe neben den Haselsträuchern ab. »Mein Bruderhat es scheinbar gar nicht nötig, dass wir sein Andenken in Liedern über seine Taten bewahren. Er lebteinfach in seinem Jungen weiter.«

Seine Schwägerin blinzelte die Tränenweg, die bei dieser Vorstellung in ihr aufstiegen.Noch immer erinnerte sie sich gut an den Tag, als der große Mann mitbetretener Miene zu ihr gekommen war, um ihr von HerjulfsTod zu berichten. Sie wusste, dass Laske insgeheim mit demSchicksal haderte, weil der Sturm nicht ihn, sondern den jüngerenBruder von Bord gespült und in das kalte Wellengrabgerissen hatte. Aber die unergründlichen Mächte, die die Geschicke der Menschenlenkten, nahmen auf solche Gefühle keine Rücksicht, und so galtes, das Leben anzunehmen, wie es kam.

Frenja verscheuchte diedüsteren Gedanken, während sie ihre unter der Last knarzende Trageneben Laskes stellte. Die Kinder hatten sich ihren Spaßredlich verdient, nachdem sie stundenlang fleißig Nüsse aufgesammelt undvon den Zweigen gepflückt hatten. Nicht wenige waren dabei auch in ihrenimmersatten Mägen gewandert, aber die beiden durften sich dennoch rühmen,einen stattlichen Beitrag zu den Wintervorräten der Sippe geleistetzu haben.

Hjalgar hatte seine Mutter und seinen Onkel,die sich daran machten, ihre Kiepen zur Gänze zu füllen, bereits vergessen.Eifrig bahnte er sich seinen Weg durch die das Uferüberwuchernden Kräuter, von denen ihn einige sogar überragten, und stürmteder alten Esche entgegen, die Jorun zum Ziel des Wettlaufsbestimmt hatte. Mit empörtem Quäken flatterte eine Entenfamilie vorihm auf den sicheren Fluss hinaus, aber der Junge ließ sichdavon nicht ablenken. Seine ausgestreckte Hand berührte die rissige Rinde nureinen Wimpernschlag vor den Fingern seiner Freundin.

»Erster«, stieß eraußer Puste hervor.

»Du hast geschummelt«, beschwerte sich Jorun schnaufend.

»Nur ein bisschen«, verteidigte sich Hjalgar schelmisch. Für mehr fehlte ihmnoch immer die Luft. Jorun setzte sich zwischen den Wurzelnder Esche nieder, um wieder zu Atem zu kommen, undihr Freund folgte nur zu gern ihrem Beispiel. An denStamm des mächtigen Baumes gelehnt verloren sie sich eine Weileim Anblick des vermeintlich ruhig dahinfließenden Wassers, das inWahrheit aus unzähligen, kleinen Wirbeln und Wogen immer neue Musterentstehen ließ.

»Aigur hat gesagt, wenn er die Ottajara abgelegthat, will er mit mir unter die Birkenzweige gehen«, platztedas Mädchen plötzlich heraus.

Hjalgar verschlug es vor Überraschung dieSprache. Im Langhaus seiner Familie schliefen alle, Knechte und Mägde, Kinder und Greise, Bauer und Bäuerin im selben Raum.Er ahnte, was junge Paare taten, wenn sie sich imFrühling in einen Birkenhain begaben. Aber das gehörte zu denGeheimnissen der Erwachsenen, mit denen er noch nichts zu tunhatte. Schon dass Jorun es erwähnte, war ihm furchtbar peinlich.Die Worte des drei Jahre älteren Jungen ärgerten ihn deshalbdoppelt.

Aigur weiß ganz genau, dass JorunmeineFreundin ist,dachte er zornig.Immer will er alles haben, was mir gehört.

Ein Teil von ihm nahm immer noch wahr, dass Jorun weitergesprochen hatte, doch dieBedeutung ihrer Sätze drang nicht in sein Bewusstsein vor. Die Lauteverhallten, wurden von dem rötlichen Schleier verschluckt, der sich vor seinen Augenüber die Welt legte. Mit einem Mal nahm der Fluss die Farbevon Rost an, als hätten die Herbststürme bereits den Staubder Orkschädelsteppe hineingewaschen.

»Hjalgar?«

Ein Schauder lief ihm über denRücken und er schüttelte sich, während sich sein Blick wiederklärte.

»Hjalgar!«, wiederholte das Mädchen verwirrt und enttäuscht.

»Washast du gesagt?«, erkundigte sich der Junge benommen.

Jorunverdrehte die Augen. »Ich will lieber mit dir unter dieBirkenzweige gehen, wenn ich groß bin«, erklärte sie ungeduldig.

»Oh«, machteHjalgar nur und nickte verlegen. Das Mädchen schien damit zufrieden zusein.

»Aigur ist ganz schön sauer deswegen«, eröffnete sie ihm lächelnd.»Er will dich verprügeln, wenn wir nach Hause kommen.«

»Pah, dermacht sich bestimmt jetzt schon die Hosen voll«, höhnte Hjalgarwie ein alter Haudegen.

Er war erleichtert, sich dem Themawieder gewachsen zu fühlen, doch seine gute Laune hatte sich vollendsverflüchtigt. Es erfüllte ihn zwar mit Stolz, dass Jorunsich schließlich für ihn entschieden hatte, obwohl Aigur ein Enkel des Sippenoberhauptes war und eines Tages vielleicht sogar dieFamilie anführen würde. Dennoch nahm er die angedrohte Schlägerei mitdem älteren Jungen bei weitem nicht so auf die leichte Schulter, wieer das seine Freundin glauben ließ.Für Jorun dagegen wardie Welt wieder in Ordnung, nachdem sie Hjalgar ihr belastendesGeheimnis erzählt hatte. Sie sprang auf und sprühte vor Tatendrang.

»Komm, lass uns etwas spielen!«, schlug sie vor, mitden Augen bereits nach dem passenden Platz für ein aufregendesAbenteuer suchend.

Während ihr Freund ohne rechte Begeisterung aufstand, steuertesie auf einen von Brombeerranken eingewachsenen, umgestürzten Baumstamm zu.

»Das ist der Verteidigungswall um mein Dorf«, beschloss sie.»Und du bist der böse Ork, der uns angreift.«

Hjalgarrunzelte die Stirn.

»Warum muss eigentlich immer ich der Orksein?«, beschwerte er sich.

»Weil Orkfrauen nicht kämpfen«, erwiderteJorun schlicht.

Der Junge konnte an dieser ebenso einfachen wiezwingenden Logik nicht rütteln. Er fühlte sich in die Engegedrängt und blickte noch finsterer drein. In seinen Ohren rauschte esleise, obwohl kein Wind durch die Bäume strich.

»Ich willtrotzdem kein Ork sein«, beharrte er.

Das Mädchen hatte sichhinter seiner symbolischen Mauer breitbeinig aufgestellt und schwang begeisterteine imaginäre Streitaxt. »Sei kein Spielverderber!«, forderte sie. »Zuden Waffen, Leute! Die Schwarzpelze greifen an!«

»Ich bin kein Spielverderber«,protestierte Hjalgar, während er widerwillig gegen die dornige Bastionanrannte.

»Bist du doch.« Das Mädchen wehrte seine Attacke mitdem Unterarm ab, an dem es in seiner Vorstellungeinen Rundschild trug. Hjalgar wich hastig der eingebildeten Axt aus.»Alle Jungs spielen Orks, wenn ich das will. Sogar Aigur.«

Aigur schon wieder! Ich will nicht, dass sie mit Aigurspielt,ärgerte sich der Junge. Eine rote Woge schwappte voninnen gegen seine Augen und nahm ihm für einen Momentdie Sicht. Er sah Joruns Faust nicht kommen, dieschmerzhaft auf seinem Ohr landete und seine Welt innoch tieferes Purpur tauchte.

***

Frenjaund Laske hörten das helle Kampfgeschrei der Kinder, währendsie weiter Nüsse in ihre Tragen häuften.

»Ich glaube, diebeiden werden eines Tages als berühmte Kämpen von den Skaldenbesungen werden«, meinte Hjalgars Onkel zuversichtlich. »Sie haben jetzt schon Mut fürzehn.«

Seine Schwägerin lächelte. »Dann werden die Gegner aber bravzu uns kommen müssen, denn Jorun zieht es gar nicht indie Fremde. Sie verteidigt nur ihren Hof, und Hjalgar siehtdas scheinbar ähnlich.«

»So einen Überfall sollten wir nicht leichtfertigherbeireden«, tadelte Laske und berührte hastig den schützenden Stahl seines Schwertes.

Auch Frenja legte eilig dieFingerspitzen auf das kühle Blatt des Skraja genannten Beils, dasin ihrem Gürtel steckte, und hoffte, dass das Eisen allebösen Geister bannen mochte, die ihre unbedachten Worte gehört hatten.

»Eswird spät«, stellte sie fest. »Wir sollten uns bald aufden Rückweg ...« Sie brach ihren Satz ab und lauschte.

»Was ist da los?«, fragte Laske ebenso beunruhigt.

In dieStimmen der Kinder hatte sich Wut gemischt. Auf die Entfernungwaren ihre Rufe nicht zu verstehen, aber als Jorun plötzlichangstvoll aufschrie, rannten Frenja und Laske sofort zum Ufer undrissen im Laufen ihre Waffen hervor. Nicht umsonsthatten ihre Vorfahren alle Siedlungen des Bodirtals alsWehrdörfer angelegt. Die Orks vom Stamm der Zholochai betrachteten dieGegend noch immer alsihrLand, auf dem menschliche Siedlerunerwünschte Eindringlinge waren.

Die unerwartet eingetretene Stille spornte Frenjanoch mehr an.Gütige Ifirn, lass den Kindern nichts zugestoßensein!,betete sie und wappnete sich, auch der größten Übermachtzu trotzen, um ihren Sohn zu retten.

Doch als sieHjalgar im Ufergestrüpp erblickte, konnte sie keinen Feind ausmachen. Eine dunkleAhnung erfasste sie, verlangsamte ihre Schritte. Jorun lag reglos amBoden, aber Frenja konnte die Augen nicht von ihremSohn abwenden. Der Junge stand einfach nur da und starrtevor sich hin. Sein Körper erbebte unter einem heftigen Zittern,das nicht aufhören wollte. Trotzdem umklammerten seine Finger einenfaustgroßen Stein.

Laske warf sich neben dem bleichen Mädchenauf die Knie und suchte fieberhaft nach Lebenszeichen. Blut rann durch dieroten Locken, um in Erde und Moos zu versickern.Der Thorwaler richtete sich auf. Frenja las aus seinemungläubigen Blick, dass es keine Hoffnung gab. Ihr Herz füllte sichmit Grauen.

»Was hast du getan?«

Laskes Stimme klang vorEntsetzen und Zorn brüchig. Frenja fühlte sich so gelähmt wie ihr Sohn, der keine Antwort gab. DasSchweigen fachte die Wut des Mannes weiter an. Er sprangauf und packte den Jungen bei den Schultern, umihn kräftig zu schütteln.

»Was hast du dir nur dabeigedacht, du Wahnsinniger?«, brüllte er. »Hast du völlig ... ?«

Er verstummte, als er merkte, dass Hjalgar noch immer einen Punktin der Ferne fixierte und seinen Onkel nicht einmal bemerkte.Widerstrebend ließ er von dem Jungen ab.

»Es ist dieWalwut«, murmelte er. »Die Swafskari.«

»Ja«, hauchte Frenja. »Natürlich. Dasmuss es sein. Du kennst Hjalgar. Er hätte doch nie...« Ihr fehlten die Worte für das Schreckliche, das geradegeschehen war.

»Bei allen Trollen! Wir hätten es wissenmüssen«, warf Laske sich vor. »Deshalb konnte er damals den vielälteren Nachbarsjungen besiegen.« »Niemand war dabei. Wie hätten wirdas ahnen sollen?«, verteidigte sich Frenja.

»Ich weiß es nicht. Aufjeden Fall müssen wir es sofort unserem Diar [thorwalsch für ›Geweihter‹ oder ›Priester‹] sagen. Ermuss den Jungen in seine Obhut nehmen«, beschloss ihr Schwager.

Frenjas Augen weiteten sich. »Nein, das darfst du nicht tun.Sie werden mir Hjalgar wegnehmen«, heulte sie auf.

»Er istdoch alles, was mir von Herjulf geblieben ist.«

»Du kannst kein totes Mädchen geheim halten, Frenja«,erwiderte Laske barsch. »Nimm wieder Vernunft an!«

»Wir könnten sagen, dass es ein Unfall war«, bedrängte sieihn. »Dass sie unglücklich von einem Baum gefallen ist. Er istdoch kein Monster! Bitte! Nimm ihn mir nicht weg! Warumreißt du mir nicht gleich das Herz heraus?«

Der große Mann wand sich angesichts der Verzweiflungin ihrem Blick, doch er fühlte dietiefe Verpflichtung gegenüber der Sippe, die stets vor allem anderen kommen musste.

»Bei Swafnirs mächtiger Fluke! Was du vorschlägst, ist schändlich, unddas weißt du«, hielt er ihr entgegen. »Wie viele seinerFreunde sollen sterben, bevor dein Gewissen dich zur Wahrheit treibt?Er ist ein Kind Swafnirs und muss den Weg desGottwals gehen.«

Frenja senkte ergeben den Kopf, doch ihre Händelegten sich wie von selbst vor ihr Gesicht undsie schluchzte laut auf, schluchzte all den Kummer über denTod des Mädchens und den nahen Verlust ihres Sohnes hinaus.

Hjalgar stand wie angewurzelt dort, wo seine Mutter ihn gefundenhatte. Das Zittern war vergangen, aber noch immer krampften sichseine Finger um den kantigen Stein. Die untergehende Sonne tauchte Jorunin warmes rötliches Licht. Ihre Locken loderten wie dieFlammen eines heimeligen Herdfeuers.

Jorun. Jorun ist tot. Wie kam dieserStein in meine Hand? Jorun, ich wollte das nicht!Wie kam der Stein in meine Hand? Wie?

1. Kapitel

Myrburg, Anfang Rondra 597BF

Die schäbige Hütte, deren First sich unter der Lastdes verwitterten Strohdaches bedenklich durchbog, stand klein und verloren außerhalbder Stadtmauer. Der Schatten der Verteidigungsanlage reichte schon fast bis andie verlassene Behausung heran, als Hjalgar Herjulfsson sein Packtier davor anband. Neben dem fast zwei Schritt großen Mann wirktedas Muli allerdings eher wie ein zwergwüchsiger Esel.

Der Thorwalerhatte zunächst erwogen, sein Langohr dem in der Wand eingelassenenRing anzuvertrauen, überlegte es sich angesichts des bröckelnden Mörtelsjedoch anders.

Am Ende stürzt die ganze Mauer ein, wennAskanje ihren Sturschädel ins Halfter stemmt,befürchtete er.Unddas wird sie bestimmt, wenn ihr das fressbare Grünzeug ausgeht.

Hjalgarknotete stattdessen einen langen Strick um den Stamm einer jungen Bucheund war gespannt, in welchem Zustand er Seil, Baum und Muliam nächsten Morgen vorfinden würde.

Wahrscheinlich wird mich dasdumme Vieh heute Nacht aus dem Schlaf schreien, weil esdie Leine um den Stamm gewickelt hat und sich nichtselbst befreien kann. Warum musste mir auch dieser elende Schwachsinnmit Nuianna passieren? Die wusste immer, dass sie einfach nur umzudrehen brauchte.

Mit geübten Handgriffenlöste Hjalgar den Gurt und nahm dem Maulesel den Packsattelab. Er legte die schwere Last außerhalb von Askanjes Reichweiteins Gras, um das Tier noch zu tränken, bevor er ansich selbst denken konnte.

Der Brunnen neben der Hütte warmit einem Gitter abgedeckt, damit kein Wild hineinstürzte unddas Wasser vergiftete. Hjalgar hob den Rost mühelos zurSeite, obwohl sein Körper – anders als bei den meistenThorwalern der Gegend, die zu gern ihrem selbst gebrautenBier zusprachen und im langen, verschneiten Winter zu viel herumsaßen – die kräftige Statur vermissen ließ. Das Leben inder Wildnis hatte ihn stattdessen drahtig gemacht.

Verglichen mit demZustand der kleinen Hütte sah der Eimer, den Hjalgar nunin den dunklen Schacht hinabwarf, erstaunlich neu aus.

Ob irgendjemandgelegentlich hierher gekommen ist und sich darüber gewundert hat?,fragtesich der Thorwaler und blickte dabei zur Stadtmauer von Myrburghinüber.

Gegen die tief stehende Sonne sah er die Wächterals schwarze Gestalten auf dem Wehrgang entlangschlendern. Hinter ihnen überragten nurdie Türme des Alten Kastells und der Zollturm die Zinnen.Hjalgar wusste, dass die Wachposten ihn gesehen hatten, als ersich zwischen den Feldern und kargen Weiden der Stadt näherte.Er machte sich nicht die Mühe, sich zu verbergen, wasselbst mit Hilfe der dichten Weißdornhecken und der niedrigen Steinwälle, mit denen die Wiesen umzäunt waren, für einen Wanderermit Packtier ein unmögliches Unterfangen dargestellt hätte.

Sollen siemich doch sehen! Sollen sie denken, was sie wollen!,grollteer.Es geht sie kaum etwas an, ob ich hierübernachte oder nicht. Solange ich nicht durchs Tor marschiere, übertreteich kein Gesetz.

Heftig zerrte er an dem Seil, andem der nun volle Eimer hing. Einst hatte derErbauer des Brunnens eine Winde angebracht, um sich dieArbeit zu erleichtern, aber die Kurbel war seit langem festgerostet.Auch die hölzernen Bestandteile des Mechanismus wirkten nicht mehr Vertrauen erweckend, sodass Hjalgar den kleinen Kübel lieber mit reiner Muskelkraft über den Rand hievte. Zum Glückbewirkte der nahe Fluss einen hohen Grundwasserspiegel. Hjalgar fülltezunächst seine eigenen Vorräte auf, bevor er denEimer zu Askanje trug. Das Muli soff in langen Zügen, zu denen seine langen Ohren im Takt wippten. So schnellwie der Behälter sich leerte, musste das Tier noch immergroßen Durst haben.

»Auch das noch«, schimpfte der Thorwaler vorsich hin.

»Das muss das Stroh in deinem Kopf sein,das sich so voll saugt.«

Missmutig schaffte er Askanje Nachschubheran.

»Da, du Plagegeist! Das muss aber jetzt für dieNacht reichen«, stellte er klar.

Der Maulesel nahm einen Schluck,dann juckte es ihn plötzlich unter dem Halfter. Hjalgar griff hastignach dem Eimer, doch Askanje hatte bereits versucht, sich ander Kante zu schubbern, sodass das Gefäß kippte und seinInhalt sich über den Boden ergoss.

»Du selten verblödetesVieh!«, fuhr der Thorwaler das unbeeindruckte Tier an.

Er spürteein vertrautes Kribbeln im Nacken, als die Wut in seinen Adernaufkochte. Schnell brachte er einige Schritte zwischen sich unddas Muli. Die heiße Welle brandete durch seinen Körper wie einunerwarteter Fieberschub.

Es ist kalt,redete Hjalgar sich ein.Esschneit. Wirbelnde Flocken tanzen im Wind um mich her. Alleserstarrt zu Eis. Auch ich. Ich sollte Winterschlaf halten. Wieein voll gefressener, träger Bär. Träge, müde. Da isteine Höhle im Schnee. In die ziehe ich mich zurück. Langsam atmen! Lang –sam.

Hjalgar tauchte aus seiner leichten Trance auf. Er atmeteviel schneller, als er erwartet hatte, und konzentrierte sich nocheinen Augenblick darauf, bis sich auch sein Herzschlag wiederberuhigte.

Das war knapp. Ich muss besser aufpassen. Es istnur ein gedankenloses Tier,sagte er sich.Warum werde ich nicht endlichgleichgültiger? Was macht es schon, ob ich einen Eimer mehroder weniger aus dem Brunnen ziehe? Jedenfalls ist es nichtwert, dass ich deshalb im Winter hungern muss.Ersetzte dem Maulesel neues Wasser vor und wartete Askanjes weitereFaxen gar nicht erst ab. Stattdessen wuchtete er denschwer beladenen Packsattel durch die Tür der unverschlossenen Hütte. Ein muffigerGeruch nach Moder und Mäusedreck schlug ihm entgegen. Durchdie kleinen, mit Tierhaut bespannten Fenster drang nur spärliches Lichtin die verlassene Behausung, die aus einem einzigen Raum bestand.

Hjalgarließ die Tür offen, um frische Luft hereinzulassen, währender misstrauisch nach Anzeichen für andere Besucher Ausschau hielt, die vielleichtherumgeschnüffelt hatten. Viel gab es nicht, was die Neugier einesMyrburgers wecken konnte. Nachdem die letzte Bewohnerin der Hütte– eine alte Imkerin, von der auch gemunkelt wurde, siesei eine Hexe gewesen – gestorben war, hatten flinke Hände alles verschwinden lassen, was vom Hausrat noch brauchbarerschien. Nur ein paar Kräuterbüschel, von denen niemand gewussthatte, wozu sie verwendet werden konnten, hingen noch fahl und eingestaubtvon den Dachbalken herab. Gegenüber der Tür stand einwindschiefer Tisch, neben dem zur Rechten nur Platz für eine Sitzbank blieb, die zugleich als Truhe diente. Linksdes Eingangs stand eine weitere Kiste, so massig und schwer,dass sie nicht verschleppt worden war.

Der Thorwaler setzte seineHabe auf dem freien Platz zwischen dieser Truhe und derFeuerstelle ab, wo nichts als ein Schemel lag, dem dasdritte Bein fehlte. Dahinter nahm das Bett die gesamte Breite derHütte ein, auch wenn man nur noch anhand der Abmessungenerraten konnte, dass es sich bei dem drei Spann hohenPodest um die Schlafstelle gehandelt haben musste. Der hohle Raumdarunter hatte die Bienenkörbe der Imkerin beherbergt und war ausdem Innern der Hütte heraus nicht zugänglich.

Keine neueAsche auf dem Herd,stellte Hjalgar fest.Auch sonst siehtalles unverändert aus. Wahrscheinlich sind nichteinmal Kinder hiergewesen. Obwohl die im Sommer immer gekommen sind.

Errollte seine Decke auf den alten Brettern aus, auf denen einst die Matratze gelegen hatte, und warf seinen Umhangaus gewalkter, dunkelgrüner Wolle dazu. Als Kopfkissen musste seine zusammengefalteteErsatztunika herhalten.

Ich könnte erst einmal etwas essen,überlegteHjalgar, während er ein Bündel Antilopenfelle auf den wackligenTisch klatschte.Der alte Halunke taucht bestimmt nicht auf, bevor esstockfinster ist.

Das Podest knarrte protestierend unter dem Gewicht, alsder Thorwaler sich setzte, um in Ruhe eine kalte Trappenkeule abzunagen. Gänzlich ohne Gewürze schmeckte das Fleisch ausgesprochen fad, aberHjalgar spülte die trockenen Bissen achtlos mit Wasser hinunter.Er hatte schon schlechter gegessen. In der weiten Steppe durfteer ohnehin nicht wählerisch sein, wenn er überleben wollte. Mit der Dämmerung kroch die Dunkelheit aus ihren Eckenund eroberte unaufhaltsam den ganzen Raum. Hjalgar schloss nundoch die Tür, die sich von innen durch einenRiegel sichern ließ.

Jetzt müssen ungebetene Gäste sich wenigstens mitentsprechendem Lärm ankündigen, wenn sie einbrechen wollen.

Er rechnete zwar nicht mit weiteremBesuch außer Sivas Deriak, aber in der Nähe einer Stadtmusste er zumindest darauf gefasst sein, dass die Nächte nicht soeinsam blieben wie erhofft.

Ich wünschte, es käme jemand. Irgendeiner,der von der Mauer aus gesehen hat, dass ich hierbin, und es sich nicht verkneifen kann, mir einen Vortragüber die Gesetze zu halten. Dann könnte ich wenigstenseinem von diesen selbstgerechten Heuchlern die Fresse polieren. Mit herzlichenGrüßen an den Hersir.

Hjalgar atmete tief durch.

Aufpassen, Junge!Du steigerst dich in deinen Hass. Das kann übel ausgehen,wenn Deriak aufkreuzt.Anstatt ein Feuer zu entfachen und seineWaren auf dem Tisch auszubreiten, blieb der Thorwaler in derabendlichen Stille sitzen, um seine Gedanken in friedlichere Bahnen zulenken. Andere Swafnirkinder hatten ihm erzählt, dass sie sich schöne Erinnerungenins Gedächtnis riefen oder sich ihre Familien vorstellten, wenn dieWalwut sie zu packen drohte. Doch Hjalgar tat sich schwer mit diesen Ratschlägen. Seine Sippe bedeutete ihmnichts mehr, seit sie ihn verstoßen hatte, und damit waren auchdie fröhlichen Erlebnisse seiner Jugend nur noch schale, verblasste Bilder,die er nicht mehr sehen wollte.

Ein leises Rumpeln unterdem festgestampften Lehmboden holte Hjalgar abrupt zurück in dieGegenwart. Er lauschte abwartend in die Dunkelheit, bis gedämpftes Klopfenzu ihm herauf drang. Erst nachdem das vereinbarte Signalertönt war, erhob sich der Thorwaler und stemmte sich gegendie massive Eichentruhe, um sie zur Seite zu schieben. Darunterkam eine Falltür zum Vorschein, in die ein eiserner Griff eingelassen war. Verglichen mit dem Gewicht der großenKiste kam Hjalgar der Widerstand beim Öffnen der Klappelächerlich vor, obwohl sich Lehm in die Scharniere gesetzt und sieschwergängig gemacht hatte. Rötlicher Staub rieselte in den Schacht hinab,der sich im Boden der Hütte auftat.

»VerdammterDreck!«, fluchte Sivas Deriak. »Ich vergesse jedes Malwieder, dass das Zeug mir entgegenkommt, wenn ich nicht weiterhinten im Gang warte.«

Er reichte hustend und spuckend eineLaterne herauf, mit der Hjalgar ihm leuchtete, während er diesteile Stiege nach unten verschwand, um kurz darauf mit einemprall gefüllten Sack über der Schulter wieder nach oben zusteigen. Der Thorwaler nahm ihm die Last ab und stelltesie zur Seite. Sivas wieselte ein zweites Mal hinunter.

»Setz‘die Lampe ab! Du wirst beide Hände brauchen«, ächzte er,als er mit einer länglichen Kiste wieder in Sicht kam.Hjalgar befolgte seine Anweisung, hatte allerdings sehr viel weniger Mühemit dem Kasten, dessen Kanten mit Eisen verstärkt waren.

»So,eine Ladung noch«, kündete Sivas an und brachte eine weitere,deutlich kürzere und leichtere Kiste zum Vorschein, die derThorwaler ebenfalls entgegennahm, damit der Neuankömmling ungehindert über den Rand desSchachts klettern konnte.

Sivas Deriak war selbst für mittelreichische Verhältnisse ein kleiner, schmächtiger Mann, den manneben dem hoch gewachsenen Hjalgar von weitem für ein Kindhalten konnte. Aus der Nähe betrachtet ließen die grau melierten,dunklen Haare und sein an den Spitzen ein wenig gezwirbelter Schnurrbart jedoch keinen Zweifel an seinem Alter aufkommen. Daraufdeutete auch die unübersehbare Rundung hin, die sich unterseinem Gürtel abzeichnete, obwohl er ansonsten schlank geblieben war. Dielängliche Gesichtsform wurde noch dadurch betont, dass seine grünbraunenAugen zu nah bei der schmalen Nase standen.

»Phex zumGruß, mein Freund«, begann er, während er den roten Staubvon seinen unauffällig gehaltenen Kleidern klopfte. »Pünktlich wie immer. Nachdir sollte man einen Kalender ausrichten.«

Hjalgar setzte weder einefreundliche Miene auf, noch erwiderte er den Gruß, was seinenBesucher aber offenbar nicht störte.

»Soll seit neuestem eineMenge Ärger mit Orks geben«, fuhr Sivas fort. »War sicher nichtganz einfach, hierher zu kommen.«

»Nicht schwieriger als sonst«, meinteder Thorwaler gleichmütig.

»Ich sehe schon, du bist gewohnt gesprächig«,bemerkte der Myrburger grinsend. »Kommen wir also zum Geschäft.«

Er stellte die Laterne auf den Tisch und löste dieVerschnürung des Pelzbündels, um es aufzurollen. Prüfend strich erüber das dichte, weiche Winterfell eines Weißbocks.

»Schöne Ware«,lobte er. »Völlig ohne Gelbstich, soweit ich das bei dieserBeleuchtung erkennen kann. Sind die alle so?«

»Nein, nur zwei«,antwortete Hjalgar wahrheitsgemäß. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen,Sivas zu belügen. Auch wenn er nichts von dem zwielichtigenHändler hielt, hätte er sich mit einem Betrug nur inseigene Fleisch geschnitten. Sie wussten beide, dass sie füreinander unersetzlich waren, und bemühten sich deshalb stets um gerechte Bedingungen.Hjalgar interessierte nicht einmal, ob Deriak ihn im Grunde ebenso wenigschätzte wie er ihn.

Was andere von ihm dachten, spieltefür ihn schon lange keine Rolle mehr.

»Schade«, bedauerte Sivas.»Aber die Qualität ist trotzdem erstaunlich.« Er hatte das Fellgewendet, um die Gerbung zu beurteilen. »Wie schaffen diees, dass ich nie ein Einschussloch sehe?«

»Sie legen imWinter Schlingen auf den Wildwechseln aus«, erklärte der Thorwaler.»Dann müssen sie sich nicht lange in der Kälte herumtreiben,um Beute zu machen.«

»Für Weißböcke?«, wunderte sich der Myrburger.»Ich dachte, das macht man nur mit Geflügel und Hasen.«

»Man kann jedes Tier mit einer Schlinge fangen. Sie mussnur stabil genug sein«, behauptete Hjalgar.

»Gelegentlich sollen ja auch Menschen in Schlingen enden«, versetzte Sivas achselzuckend,worauf der Thorwaler ihn scharf musterte.

»He, keine Sorge!Das kann mir genauso gut passieren wie dir«, versicherte der Händlerhastig. »Ich bin kein Jäger und wollte meine Unwissenheit nurmit einem Scherz überspielen. War wohl nicht besonders witzig; ichseh‘s ein.«

Besorgt blickte er zu Hjalgars grimmiger Miene auf.Sivas hatte schon in vielen brenzligen Situationen gesteckt, in denener stets die nötige Gelassenheit bewahren konnte, doch wenn sich dierötlichen Brauen dieses Mannes drohend zusammenzogen, trat ihm stetskalter Schweiß auf die Stirn.

Es lag nicht an derbeeindruckenden Größe seines Gegenübers. In Myrburg liefen ihm täglichhünenhaftere Thorwaler über den Weg, die ihn alle um mehrals Haupteslänge überragten. Etliche von ihnen trugen mit ihrenTätowierungen und gefärbten Strähnen auch ein deutlich martialischeres Auftreten zurSchau als Hjalgar, der sich nur den Vollbart zu zwei kurzen Zöpfen geflochten hatte, während er seineHaare einfach ungebändigt lang wachsen ließ.

Was Deriak sonervös machte, waren viel mehr die Gerüchte, die erüber seinen Geschäftspartner gehört hatte. Unter den mittelreichischen Siedlern erzählteman sich eine Menge wilder Geschichten über die Swafnirkinder undihren unberechenbaren Blutrausch, der wohl auch jeden vernünftigen Hautbildstecher davonabhielt, einem wie Hjalgar mit Nadeln zu Leibe zu rücken.Aber was von Herjulfsson gemunkelt wurde, ging weit darüber hinaus.Wenn Sivas versuchte, Erkundigungen einzuziehen, wurde in den Tavernen viel spekuliert, doch jene Thorwaler, die Bescheid wussten,schwiegen sich darüber aus und benahmen sich so, als obein Mann namens Hjalgar nicht existierte.

»Wahrscheinlich ist esnicht besonders firungefällig, Antilopen auf diese Art zur Streckezu bringen«, sagte Hjalgar. »Aber das hat Orks wohlnoch nie gestört.«

Sivas stieß erleichtert die angehaltene Luft aus.

»Kaum«, stimmte er rasch zu. »Und uns soll es rechtsein, wenn es schöne Pelze liefert.« Fahrig legte er dieFelle wieder zusammen. »Was hast du noch für mich?«

DerThorwaler ging neben dem Packsattel in die Hocke, um einweiteres Bündel loszuschnallen, das der Händler neugierig öffnete. »Die sind vonYarugh Draash. In letzter Zeit beweist er seinen Mut amliebsten, indem er die Biester durch einen Kehlbiss tötet.«

Schnellschluckte Sivas das ungläubige ›Ach ja?‹ herunter, das ihm aufder Zunge lag. Er legte keinen Wert darauf, mit Hjalgarsgroßer Faust Bekanntschaft zu schließen, geschweige denn mit dem Hjalsmesserin seinem Gürtel.

»Ich bin immer wieder fasziniert, was sichdiese Wilden einfallen lassen, um ihrem Ruf gerecht zu werden«,erwiderte er stattdessen und begutachtete die drei großen, zotteligen Wolfspelze.

Wie der Orkhäuptling seine Hauer in den Hals eines geifernden Raubtiers schlug, stellte er sich lieber nicht zu genau vor. Die Felle würden zweifellos Abnehmer finden.

»Da werdenden Bodir runter wieder einige mit Heldentaten protzen, diesie nicht begangen haben«, vermutete er amüsiert.

Hjalgar nickte nurernst, bevor er sich wieder seinem Gepäck zuwandte. Er knoteteeinen grob gearbeiteten Lederbeutel vom Sattel und reichte ihn demHändler. Obwohl Sivas das hohe Gewicht erwartet hatte, sank seinArm sichtbar nach unten, bevor er genug Kraft aufbrachte,um es zu halten.

»Du trägst ein kleines Vermögen inGold so nachlässig auf deinem Muli herum?«, wunderte er sich. »Wasmachst du, wenn das Tier nun abhaut und auf Nimmerwiedersehen verschwindet?«

»Maulesel neigen nicht dazu, sichmit deiner Barschaft aus dem Staub zu machen«, meinte der Thorwaler.»Das tun nur Menschen.«

Wie wahr,dachte Sivas selbstgefällig und runzeltedann doch die Stirn.Weiß dieser Kerl irgendetwas über meineVergangenheit?

»Und wenn dich nun jemand überfällt, das Mulischnappt und wegzerrt, während du mit seinen Kumpanen kämpfenmusst?«, gab er zu bedenken. »Entweder töte ich meine Gegner und hole mir das Tier zurück, oder sietöten mich und hätten das Gold dann auch, wenn iches am Leib getragen hätte. Wo ist da der Unterschied?«

»Hm, ich denke, das ist ein bisschen komplizierter, aberich will mich ganz gewiss nicht mit dir streiten«, betonte Sivas.»Es geht mich ja auch gar nichts an.«

»Das wohl«,bestätigte Hjalgar nachdrücklich.

Der Händler wog den Beutel mit Goldklumpenabschätzend in der Hand.

»Was würden die Leute dafür geben,zu erfahren, wo die Schwarzpelze das her haben«, sinnierte er.»Wahrscheinlich sogar ihr Leben.«

»Tote können mit Goldnicht mehr allzu viel anfangen. Aber die Orks freuen sich bestimmtüber ein paar Opfer mehr, mit denen sie vor ihren Kameradenprahlen können«, vermutete Hjalgar.

»Du musstes wissen.«

Sivas ließ die dicke Börse unter seinem Wamsverschwinden, sodass sein Bauch sich nun über den Gürtelzu wölben schien. Dann krempelte er den alten Getreidesack, dener mitgebracht hatte, ein Stück auf, damit der Thorwaler einenBlick hineinwerfen konnte. »Ich glaube, ich hab‘ an alles gedacht«,sagte er hoffnungsvoll. »Dinkelmehl, Grieß, Schiffsbrot, Käse ... Nein, denriechst du nicht.« Der Händler erinnerte sich angewidert daran, wieder Gestank desEchten Bodirsteindurch das ganze Haus gewehtwar, bis er die thorwalsche Spezialität dick genug verpackt hatte.

»Holzfisch und Räucheraal.«

»Derist meiner Nase nicht entgangen«, behaupteteHjalgar.

»Zufrieden?«, erkundigte sich Sivas, obwohl der Thorwaler sichgar nicht die Mühe machte, die einzelnen Vorräte zuüberprüfen.

»Sieht reichlich aus«, meinte Hjalgar nur.

»Gut. Hier habeich eine Auswahl an Beuteln mit echtem Hesindigo von denWaldinseln«, erläuterte der Händler, während er die kleinere Kisteöffnete, die mit bunten Stoffsäckchen gefüllt war. »Das Zeugist natürlich gestreckt, damit deine Kunden für ihr Gold auchetwas in der Hand haben. Aber das weißt du ja.In den Roten ist Purpur. Jedenfalls die billige Lotos-Variante.Du hast gesagt, dass sie darauf besonders scharf sind.Darunter findest du noch ein paar Flaschen Fusel. Das heißt,eine ist echtes Premer Feuer. Die ist natürlich für dich.«Sivas klappte den Deckel wieder zu und machte sich als nächstesam Verschluss des großen, länglichen Kastens zu schaffen. »Undjetzt kommt das Beste«, kündigte er mit echtem Stolz in derStimme an.

Unter einer dünnen Strohschicht zog er einen inStoff eingeschlagenen Gegenstand hervor, den er ehrfürchtig enthüllte. Polierter Stahl glänzte im Licht der Laterne auf. Hjalgarpackte das in seiner schmucklosen Schlichtheit dennoch elegante Schwert beimGriff und prüfte die Schärfe der Klinge.

»Echte Zwergenarbeit«,beteuerte Sivas, dem nicht ganz wohl dabei war, eine Waffe inder Hand des Thorwalers zu sehen. Doch die Situation ergab sichnicht zum ersten Mal und bislang hatte der Händler nie etwasbefürchten müssen. »Kommt oben vom Hjaldorpass, hinter Felssteyn. Die stellen danicht viele Fragen.«

Hjalgar ließ das Schwert spielerisch durch dieLuft sausen.

»Wie viele sind es?«, wollte er wissen.

»ZehnStück.«

»Die Orks werden ihre Freude daran haben«, meinte ernüchtern und gab Sivas die Waffe zurück.

2. Kapitel

Handelsroutevon Andergast nach Myrburg, Anfang Rondra 597 BF

»Die Heidenbekehren«, grummelte Gorwin Eichhafner vor sich hin. »Da hast dumir wirklich eine Strafe aufgebrummt. Die Heiden bekehren! In deinergöttlichen Weisheit wirst du schon wissen, was du davon mir verlangst, Herr. Nicht, dass ich mich nicht geehrt fühle,mit einer so großen Aufgabe betraut worden zu sein. Derdumme Wichtigtuer aus Gareth ist auch nur dein Werkzeug. Trotzdem finde ich nicht, dass ich eine Strafe verdient habe.Ich war eben fest davon überzeugt, dass dieser Hundsfott von einemBaron ein Paktierer ist. Vielleicht sogar ein Scherge des Namenlosen.Man wird sich doch wohl mal irren dürfen! Deintreuer Diener ist er jedenfalls nicht. Aber wen schickt man zuden Barbaren? Mich!«

Der stämmige, aber nicht sonderlich große Mannstapfte gesenkten Blickes dahin. Seine weiße Robe und der ärmellose, rotgoldene Mantel schleiften mit dem Saum durch Gräser und Kräuter,die den Weg seit seiner Entstehung nie ganz freigegeben hatten.Die Reichsstraße vom thorwalschen Olport im Norden nach Andergastim Süden, die Kaiser Raul III. vor drei Jahrhunderten geplant hatte,war niemals gebaut worden. Nur die tiefen Wagenspuren, die die Karren mutiger Händler an regnerischen Tagen in den Schlamm geschnittenhatten, wiesen dem Wanderer den Pfad.

Praios‘ leuchtendes Auge blicktevom blauen Himmel auf seinen Priester herab und ließ Gorwinunter seiner Tiara, der hohen Filzkappe, die zu seiner Amtstrachtgehörte, ordentlich schwitzen. Sein breites Gesicht glühte noch geröteter als sonst. Über der Brust kreuzten sich die Riemen vonProvianttasche und der zusammengerollten Decke und erschwerten ihm zusätzlich dasAtmen, während das goldene Sonnenszepter an seinem Gürtel wieBlei nach unten zog. Selbst die beiden Sphärenkugeln, die er sonstnie bemerkte, baumelten in dieser Hitze lästig an ihmherum.

Der Geweihte blieb stehen, nahm für einen Moment dieKopfbedeckung ab und wischte sich den Schweiß aus den buschigenAugenbrauen.

Wie kann es in diesem gottverlassenen Wald nur sowüstenhaft heiß werden?,ärgerte er sich.

Zum ersten Malseit Stunden schenkte er der Umgebung wieder seine Aufmerksamkeit. Die Bäumestanden hier lichter als bisher und wichen immer weiter vomWeg zurück, sodass sie dem vierschrötigen Mann keinen Schatten mehrspenden konnten. Stattdessen öffnete sich flaches Grasland, aber kein Windhauchstrich darüber, der Gorwin gekühlt hätte.

Scheint, als hätteich den Steineichenwald endlich hinter mir gelassen,schloss der Priesterdaraus.

Im grellen Sonnenlicht musste er seine zusammengekniffenen Augenzusätzlich mit der Hand beschirmen, um auf die Ebene hinausspähenzu können.

Bin ich etwa schon da?,fragte er sichangesichts der von Bruchsteinmauern und Hecken unterteilten Äcker und Wiesen.

Er marschierte mit neuer Entschlossenheit weiter, um zu erkunden, wassich hinter der weit ausladenden Krone einer frei stehenden Lindeverbarg, die ihm die Sicht nach Norden versperrte. Vor Überraschungschossen seine Brauen in die Höhe, als wollten siedem bereits ergrauenden Haaransatz einen Besuch abstatten. Nur wenige Hundert Schritt von ihm entfernt ragten Türmeund Mauern einer Stadt empor.

Herr, sei gepriesen!,freute er sich.Das muss Myrburg sein.Ergriffen hielt er inne und umschlossmit der Rechten das vergoldete Sonnenamulett, das er an einem Seidenband um den kräftigen, behaarten Nacken trug. »Wiederum hastdu deine schützende Hand über mich gehalten, Gleißender«, betete erinbrünstig. »Ich danke dir für deine Gnade und werde auchnie wieder an deiner Allmacht zweifeln, äh ... an dernatürlich ohnehin nie ein Zweifel bestand. Ähm, ja. Verzeihe meiner menschlichen Schwäche,o Herr, die mich auf den dunklen Pfaden diesesGebirges Angst hat verspüren lassen, obwohl du doch stets bei mirwarst!«

Es war eben manchmal etwas schwer, auf dich zuvertrauen,fügte er in Gedanken hinzu.Besonders, als ich dieausgeplünderten Handelskarren und die Leichen darin gefunden hatte. MitDämonen und Schwarzmagiern werden wir schon fertig, aber ich warmir nicht sicher, ob du mir auch gegen eine Hordegewöhnlicher Orks beistehen würdest. Vor allem, wenn es sehr viele sind. Aber du hast mich sicher durch die Gefahrgeführt und mich beschämt. Geschieht mir ganz recht. Ich gelobeBesserung, Herr. Du sollst mich nie wieder verzagt sehen.

Der Geweihtesetzte beschwingt seinen Weg fort. Nach dem wochenlangen Marsch durch menschenleereWildnis sog er das Bild der großen Ansiedlung förmlichin sich auf, während er sich ihr näherte. Das reifeGetreide auf den Feldern verhieß frisches Brot und ließ ihmdas Wasser im Mund zusammenlaufen. Das grasende Vieh versprach Käseund knusprigen Braten.

Als Erstes werde ich ein Gasthaus aufsuchenund mir so richtig den Wanst voll schlagen,beschlosser.Ein kühles Bier wär‘ auch gerade recht. Mit leeremBauch predigt es sich nicht gern. Und wer glaubt schoneinem Mann, der vor Hunger umzukippen droht?DemGottwürde ich auch nicht dienen wollen.

Mittlerweile konnte Gorwin guterkennen, dass die Stadtmauer an einem Flussufer endete und dergrößere Teil Myrburgs auf der anderen Seite des Bodir lag.Dort ragte eine Halbinsel ins Wasser hinaus, auf der ein hoherTurm über den Hafen wachte. Dahinter erstreckte sich einbuntes Wirrwarr von Häusern und Hütten unterschiedlichen Baustils. EinfacheKaten und bessere Bürgerhäuser mischten sich mit eigentümlich langgezogenen Bauten, wie der Geweihte sie noch nie gesehen hatte.

Dasmuss ich mir unbedingt aus der Nähe ansehen,dachte er,wandte sich jedoch erst einmal wieder der fünf Schritt hohenMauer der Südstadt zu, auf deren einziges Tor sein Wegzuführte. Hinter den Zinnen des Wehrgangs konnte er niemandenentdecken. Vermutlich hatten sich die Wachposten an kühlere Orte zurückgezogen. Im Schatten des Torbogens, dermitten durch einen trutzigen Turm verlief, stand einBauer mit einer Hacke über der Schulter und unterhielt sichmit der hoch gewachsenen Thorwalerin, die hier ihren Dienst alsGardistin versah.

Zumindest vermutete Gorwin das, denn nichts an ihrwies auf eine Uniform hin. Sie hatte Speer und Schildgegen die Wand gelehnt und trug weder einen Helmnoch andere Rüstungsteile außer einer Schiene am Schwertarm. Dafür warihre restliche Aufmachung umso phantasievoller. Im Gürtel über dergelben, ärmellosen Tunika, die mit Borten in leuchtendem Orange undBlau verziert war, steckten zwei Wurfbeile und ein langes Messer.Die Hose aus sattgrünem Wollstoff steckte in ungefärbten Stiefeln. Ihrblondes Haar hatte die junge Frau zu vielen kleinen Zöpfengeflochten und gegen die Hitze hochgesteckt. Entstanden war eine Mischungaus Krone und Nest, die der Geweihte noch befremdlicher fand alsdie bunten, ornamentalen Hautbilder auf ihren muskulösen Armen. Während über ihrem rechtenBizeps ein breiter Bronzereif prangte, schmückte ihren linken ein Lederbandmit aufgenähten Krallen und Reißzähnen.

Wahrlich, Herr Praios, intiefere Barbarei konntest du mich nicht senden. Dagegen war jameine alte Holzfällerkluft geschmackvoll,stöhnte Gorwin bei sich.

ImGrunde verstand er nicht viel von Mode und hätte niemalsbenennen können, was im Einzelnen so unpassend am Äußeren derThorwalerin war, aber allein die Zusammenstellung so vieler kräftigerFarben genügte, um in seinem einfachen Gemüt verwirrte Ablehnung zuerzeugen.

Den beiden Myrburgern schien es umgekehrt ganz ähnlich zu ergehen. Sie starrten den Neuankömmling mit unverhohlenem Staunenan, wobei zumindest der Bauer rasch seinen offen stehenden Mund zuklappte,als die Erkenntnis in sein Bewusstsein sickerte, wen erda vor sich haben musste.

»Praios mit euch«, grüßte derGeweihte freundlich. »Hättet ihr die Güte, mir zu sagen,ob dieses schöne Städtchen Myrburg genannt wird?«

Die Thorwalerin runzelte zunehmenddie Stirn, während sie darüber grübelte, wo sie denNamen Praios schon einmal gehört hatte.

»Gonz recht, Euer Gnaden«, bestätigtedagegen der von seiner Arbeit verdreckte Mann untertänig und verbeugte sich, sodassihm beinahe die erdverkrustete Hacke heruntergefallen wäre.

»Heißt eureGöttin nicht Praine oder so?«, fragte die Wächterin ihren Bekannten.

»Du moanst Peraine«, korrigierte der Bauer sie.

»Bei allen Greifen,hast du noch nie vom Herrscher Alverans gehört?«, wundertesich Gorwin.

Das arme Heidenkind! Das ist ja schlimmer hier,als ich dachte.

»Doch, doch, hot‘s bestimmt, Euer Gnaden«, versicherte derBauer und schob sich mit unerwarteter Behändigkeit zwischen den Geweihtenund die Frau. Gorwin fühlte sich plötzlich energisch Richtung Innenstadtgedrängt. »Ihr seids bestimmt durschtig von der langen Reis‘. Ibring Euch zu‘am richtig guaten Wirt.«

»Lass mich raten! Dubist an Landsmann von mir aus Andergast«, schloss der Geweihteaus dem Dialekt seines Führers, ohne sich über dessen Gebarenweitere Gedanken zu machen. Von einem ungehobelten Bauern konnte manschließlich keinen Benimm erwarten. Gorwin wusste, dass er selbst auchnach sechs Jahren Unterweisung im Tempel von den Priestern adliger Herkunft noch immer als ungehobelterTrampel betrachtet wurde. Ein Umstand, dem er jedoch meistenseinfach keine Beachtung schenkte.

Der Thorwalerin war die verdächtige Eiledes Bauern nicht entgangen, aber sie kannte den Mann schonzu lange, um ihm gefährliche Absichten zu unterstellen. Der komischgekleidete Fremde mit seinem unbefangenen Auftreten hatte viel eher ihreNeugier geweckt als richtiges Misstrauen.

Der Herrscher Alverans?,wiederholte siebei sich.Ist das ein König oder so?

Sie tratvor das Tor und ging ein paar Schritte zur Seite,sodass sie zu dem Eingang hinaufsehen konnte, durch den diePosten vom Wehrgang in den Turm gelangten.

»Thyra?«, rief sie nach oben.

Eine zweite Thorwalerin erschien inder Tür und lugte durch die Zinnen.

»Ja, was gibt‘s?«

»Sag‘ mal, hast du den Namen Praios schon mal gehört?«Die andere Frau überlegte kurz.

»Klar, das ist Brajan, der Gott der Canterer«, behauptete sie dann. »Wiekommst du denn auf den?«

»Orkpisse!«, fluchte die Torwächterin.

Hoffentlich bekomme ich deswegen keinen Ärger. Dieser gerisseneHund! Na, warte! Wenn der morgen wieder von seinem Ackerkommt, der kriegt was zu hören.

***

Auf der anderen Seite desFlusses stand Aigur Skrajaröter auf der Stadtmauer und spähte nachWesten. Er war einige Fingerbreit kleiner als sein hünenhafterBegleiter, doch das glich Aigur spielend durch seine grimmige Präsenz aus.Anstelle von Tätowierungen zierte seine Wange eine schmale, aber unübersehbareNarbe, die sich in dem roten Bart als weißeSträhne fortsetzte und seinem Gesicht etwas Verwegenes verlieh. Die bernsteinfarbenen Augen erinnerten Thure Ragnarsson stets an einen Wolf,wenn er seinen Hersir ansah.

»Das ist schon das zweite Maldiese Woche«, stellte Aigur fest und strich sich nachdenklich überdie langen, geflochtenen Enden seines Schnurrbarts, die bereits übersein Kinn hinausgewachsen waren.

Thure nickte, ohne den Blick vonder dunklen Rauchsäule abzuwenden, die wie ein mahnender Zeigefinger in denmakellosen Sommerhimmel stach.

»Und sie kommen näher«, fügte er ohnehörbare Gefühlsregung hinzu.

»Weißt du, ob neue Flüchtlinge angekommensind?«, erkundigte sich Aigur.

»Nein«, antwortete der Hüne. »Ich dachte nur, dassdu das hier vielleicht sehen willst. Wir sollten den verfluchten Schwarzpelzenendlich eine ordentliche Lektion erteilen, bei Swafnir!«

»Das wohl«, stimmte derHersir ihm zu. »Ich habe auch keine Lust mehr, beiihren Frechheiten zuzuschauen.«

»Aber Sveidis und der Bürgermeister ...«, setzteThure an, unterbrach sich jedoch, als Aigur so heftig herumwirbelte, dass sein – für einen Thorwaler recht einfallsloser –Pferdeschwanz flog.

»Sveidis«, zischte er, »hat mir nicht zu befehlen.Sie mag sich in meiner Abwesenheit das Amt der Hetfrau vonMyrburg erschlichen haben, aber wir sind immer noch freie Thorwalerund keine kriecherischen Canterer! Wenn ich mit meiner Sippe inden Kampf ziehen will, kann sie mich nicht aufhalten.«

»Dann hältstdu ihr Gerede also auch für Unsinn? Dass wir die Aufmerksamkeitnicht auf unsere Stadt lenken sollten und so«, wollteder Hüne wissen.

»Natürlich«, ereiferte sich der Hersir. »Als obdie Orks wagen würden, diese Stadt anzugreifen. Und wenn doch, sollensie nur kommen! Entweder ist Sveidis wirklich so feige, waseine Schande für uns alle wäre, oder sie lässtsich von diesem Waschlappen am Gängelband führen, den die Kurzen [Ausdruck der Myrburger Thorwaler für ihre kleineren Mitbürger mittelreichischer Abstammung]zu ihrem Bürgermeister gewählt haben. Sie gewinnen immer mehr Macht,aber Leute wie Sveidis wollen das nicht sehen.« Aigur richteteseinen zornigen Blick auf die Stadt hinter ihnen.

Bald kann mandie echten Langhäuser an den Händen abzählen,dachte erdüster und suchte mit den Augen nach den wenigen Dächern, dienoch einen First aufwiesen, der wie ein Schiffskiel geformt war.Manche Familien wohnen schon in diesen engen Behausungen der Canterer,die sie von ihren Sippen entfremden, weil jeder seineigenes Süppchen kocht. Oder erst diese widerlichen Schuppen, die wederdas eine noch das andere sind. Wozu soll das gutsein? Wir haben immer in unseren Jolskrimi[thorwalsche Bezeichnung für ihre typischen Langhäuser]gelebt,und es ist uns gut bekommen, oder etwa nicht?

Aufder Stirn des Hersirs bildete sich eine steile Falte, diesich umso mehr vertiefte, je länger er über den Zerfallder Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende alten Traditionen nachdachte. Sein eigenes Schicksalempfand er als symbolischen Ausdruck dieses schändlichen Wandels.

Ichbin der Anführer der größten Sippe am oberen Bodir. MeinGroßvater hat mich nicht nur zu seinem Nachfolger ernannt, weilich Mut und Stärke bewiesen habe, sondern weil ich auchtreu zu unseren Sitten stehe. Seit der Gründung dieser Stadtwar es Brauch, dass der Hersir meiner Sippe zum Hetmannüber alle Thorwaler Myrburgs gewählt wurde.

»Sveidis ist eine Schlange«,sagte er laut. »Waren nicht alle einverstanden, mit der Wahlzu warten, bis ich von meiner Heerfahrt zurück bin? Sie musstesolange Unfrieden stiften, bis die Mehrheit nicht länger ohneHetmann sein wollte.«

»Um genau zu sein, ging der Ärger nichtvon ihr aus«, wagte Thure einzuwenden.

»Ach ja?«, schnappte Aigur.

»Na, es lag doch viel mehr daran, dass die meistendas Gefühl hatten, im Stadtrat an Einfluss zu verlieren, weil niemand anRang dem Bürgermeister gleichkam«, erklärte der Hüne.

»Das ist,was Sveidis ihnen eingeredet hat«, beharrte der Hersir. »Oder hastdu dich vorher überhaupt dafür interessiert, was in diesemRat beschlossen wurde?«

»Nein«, musste Thure zugeben. »Aber ich habetrotzdem nicht für Sveidis gestimmt.«

»Weil du mein Freund bist«, nahmAigur an.

»Und du mein Hersir«, erwiderte der Hüne ernst.

Sie schwiegen eine Weile, bevor sie sich wieder zu demaufsteigenden Rauch am westlichen Horizont umdrehten.

»Wann willst du dieOrks zurück in ihre Löcher jagen?«, fragte Thure schließlich.

Aigur deuteteauf eine Gruppe von Myrburgern, die gerade von ihrer Brotzeitaufstanden, um sich wieder an die Ernte ihres Getreides zu begeben.

»Das Korn hat Vorrang. Wenn wir denGroßteil unserer Lager gefüllt haben, kann ich unsere Männer und Frauensicher auch dafür begeistern, noch ein paar Schwarzpelze niederzumähen.«

Unddanach werde ich mir Sveidis vorknöpfen. Es muss eine neueAbstimmung geben.

Thure grinste zufrieden. »Du solltest es ihnen jetztschon sagen«, riet er gut gelaunt. »Das wird ihre Arme beimSensen beflügeln.«

»Und du solltest Skalde werden, wenn duvon fliegenden Sensen singen willst«, frotzelte Aigur, denn jeder inder Sippe wusste, dass Thure zwar eine poetische Ader hatte,aber einen Hals wie ein Reibeisen.

Der Hüne lachte soheiser wie er sang, und sein Hersir wandte sich zum Gehen.

»Oh, da fällt mir noch ein, ich habe gestern vonder Ostmauer aus deinen Vetter gesehen«, rief erAigur nach. Der Hersir hielt inne und rätselte, welchen seinerzahlreichen Verwandten Thure wohl meinte. Sein fragender Blickblieb dem Hünen nicht verborgen.

»Ich rede von Hjalgar«, klärteer Aigur auf.

Das Gesicht des Hersirs verfinsterte sich wieder.»Hjalgar Diarskadir? Was hatte der denn hier zu suchen?«

»Keine Ahnung.« Thure zuckte die Achseln. »Hat wohl in deralten Hütte übernachtet und ist dann mit seinem Muli weitergezogen.«

»Das hat er schon öfter gemacht, aber es wundert michtrotzdem. Er weiß ganz genau, dass er hier nicht erwünschtist.«

»Einer wie der ist nirgendwo willkommen«, behauptete Thure.

»Allerdings«, bestätigte Aigur. »Scheinbar hat er mehr Lebenals eine Katze, sonst müsste es ihn da draußen längsterwischt haben. Wahrscheinlich zeigt er sich von Zeit zu Zeit,nur um uns zu verhöhnen. Hat er das rote Stirnbandgetragen?«

»Nein, das hätte ich gesehen.«

»Dieser Dreckskerl!«, spuckte derHersir. »Jedes Swafnirkind mit einem Funken Anstand im Leibwarnt damit die Ahnungslosen. Nur dieser elende Lügner natürlich nicht. Ichsag‘s ja. Er fordert uns heraus. Irgendwann erschlag‘ ich ihn, wieman es mit Ausgestoßenen machen sollte.«

3. Kapitel

Weiler Veidsgard,Anfang Rondra 597 BF

Die Luft war so schwül, alshätten die Götter feuchte Tücher für ein Dampfbad über denHimmel gebreitet. Der Dunst verschleierte bereits die Sonne, und trotzdemblieb die Hitze unerträglich. Lysminas dünnes Leinenkleid klebte ihr amverschwitzten Körper wie eine zweite Haut. Sie hatte den Rock inder Taille geschürzt, sodass er nur noch eine Handbreit überihre Knie reichte, aber das verschaffte ihr nur mehr Bewegungsfreiheit, keineKühlung. Selbst der Ackerboden unter den bloßen Füßen fühlte sichzu warm an. Das kleine Sichelmesser drohte ihr aus denschlüpfrigen Fingern zu gleiten, als sie ein weiteres Bündel Gerstezusammenband und die Kordel durchtrennen wollte. Beinahe hättesie ihre Handfläche aufgeritzt, deren Haut von Stroh, Erde und demrauen Garn ohnehin schon in schmutzigen Fetzen hing.

Verdammt,ich kann nicht mehr,schimpfte sie in Gedanken.Aber wirmüssen das Korn heimbekommen, bevor das Gewitter losgeht.

Über demBodir türmten sich seit Stunden immer höhere Wolkenberge auf, dieallmählich eine bedrohlich dunkelgraue Farbe annahmen. Zwar sehnten auchdie erschöpften Bauern einen kalten Regenguss herbei, doch einSturmwind, der womöglich mit Hagel einherging, würde die Getreidehalmeknicken und auf die nasse Erde drücken, sodass die Gersteanschließend schlecht trocknete und – flach am Boden liegend –kaum noch zu ernten war. Feucht eingebrachtes Stroh und Kornverschimmelte jedoch in der Scheune, bevor Firun sein eisiges Regimentantrat, weshalb Lysmina die Zähne zusammenbiss und eine weitereGarbe mit der Kordel umwickelte, die sie selbst aus Pflanzenfasern gedreht hatte. »Das schaffen wir noch«,meinte die Thorwalerin, die zu ihrer Linken arbeitete, zuversichtlich.

Behutsamrichtete Lysmina ihre schmerzende Wirbelsäule auf, diesich nach dem langen Verharren in gebückter Haltung nur widerwillig strecken ließ. Die junge Frau unterdrücktedabei ein Stöhnen, um keine mitleidigen Blicke auf sich zu ziehen.Gegen ihre großen, kräftigen Nachbarn fühlte sie sich immer besondersschmal und zerbrechlich. Während ihre Geschwister – allesamt stattlicher geratenals sie selbst – sich aus purem Trotz bei denthorwalschen Kindern von nebenan blutige Nasen geholt hatten, warsie der robusten, raubeinigen Bande lieber aus dem Weg gegangen.Daran hatte sich bis heute nicht viel geändert.

Lysminahegte keine feindselige Abneigung gegen die Leute vom Egilshof. Diebeiden Familien verband seit mehreren Generationen eine enge Freundschaft.Sie halfen sich gegenseitig, wenn jede Hand gebraucht wurde, undliehen einander Gespanne und Gerät aus. Es war vielmehr so,dass die junge Frau stets einen gewissen Sicherheitsabstand wahrte,um nicht plötzlich durch einen herzlichen Klaps auf die Schulter ausdem Gleichgewicht gebracht zu werden. Sie zog einfach weniger schmerzhafte Ausdrucksformen von Zuneigung vor.

»Mina, hilf mir mal, die Garbenaufzuladen!«, rief ihre Mutter. »Ich krieg‘ die Arme nicht mehrso hoch.«

Als ob es mir anders ginge,seufzte Lysminaim Stillen. Ihre Glieder waren vor Hitze und Erschöpfung schwerwie Blei. Dennoch setzte sie sich gehorsam in Bewegung.

»Lass‘mal, Mädchen! Ich mach‘ das schon«, bot die Thorwalerin anund marschierte zu dem Leiterwagen hinüber, auf dem die Gerstebereits übermannshoch aufgehäuft worden war.

Lysmina schwankte zwischen Erleichterung undScham. Ihre hoch gewachsene Nachbarin tat sich wahrscheinlich leichter damit, dieGarben in die Höhe zu gabeln, als die geschnittenenHalme vom Boden aufzuraffen, sodass sie froh war, die neue Aufgabeübernehmen zu können. Aber in Lysmina blieb der Beigeschmack derUnzulänglichkeit zurück.

Alle Bewohner der drei von einer seit hundertJahren vernachlässigten Palisade umgebenen Bauernhöfe, aus denen Veidsgard bestand, warenauf dem Feld, um bei der Ernte zu helfen. Selbst diealte Norhild trug Bündel zum Karren, und Ysilda hatte ihrenschlafenden Säugling in Sichtweite ins Gras gelegt, damit sie beimSensen mit anpacken konnte. Anfangs hatten sogar die Kinderfleißig Garben gebunden, doch mittlerweile lagen sie hinter dem Wagenim Schatten oder waren in die kühleren Häuser geflüchtet.

Lysminaversuchte abzuschätzen, ob die restliche Gerste noch auf denKarren passen würde, vor dem die beiden Svellttaler Kaltblüter döstenund hin und wieder träge mit dem Kopf schlugen, um dieFliegen zu vertreiben. Eine Wagenladung hatten sie bereits eingefahren, diezweite lud ihr Vater gerade mit weiteren Helfern in derScheune ab. Wenn Lysmina sich nicht irrte, konnte er seineOchsen danach ausspannen. Es stand nur noch ein schmaler StreifenGetreide auf diesem Feld.

Der Himmel war nun zur Hälftein düsteres Anthrazit getaucht. Die verschwindende Sonne goss ein fahlgelbes Lichtüber die Landschaft, das die Kontraste schärfer hervortreten ließ.Eine unheimliche Stille legte sich über den Hügel, auf dessen sanften