Du spinnst wohl! - Kai Pannen - E-Book

Du spinnst wohl! E-Book

Kai Pannen

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Beschreibung

Eines schönen Dezembermorgens geht der grummeligen Spinne Karl-Heinz die Fliege Bisy ins Netz: ein vorzüglicher Festtagsbraten, der, nach Spinnenart zum Paket verschnürt, bis Heiligabend im Netz baumeln soll. Bisy bleiben 24 Tage, um Karl-Heinz von seinen Festtags- plänen abzubringen. 24 Tage, um der Spinne so richtig auf die Nerven zu gehen. Und auf einmal stellt sich die Frage, wer hier eigentlich Opfer und wer Täter ist.

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Über dieses Buch

Eines schönen Dezembermorgens geht der grummeligen Spinne Karl-Heinz die Stubenfliege Bisy ins Netz: ein vorzüglicher Festtagsbraten, der nach bester Spinnenart zum Paket verschnürt bis Heiligabend im Netz baumeln soll. Bisy bleiben 24 Tage, um Karl-Heinz von seinen Plänen abzubringen. Und 24 Tage, um der Spinne so richtig auf die Nerven zu gehen …

Der Autor und Illustrator

Kai Pannen wurde am Niederrhein geboren. Er studierte Malerei und Film in Köln und arbeitet seitdem als Illustrator und Trickfilmer. In den letzten Jahren hat er zahlreiche Bücher für verschiedene Verlage illustriert. An der Animation School Hamburg war er Dozent für Animation und Storyboard. Daneben betätigt er sich als Produzent für animierte Kinderkurzfilme. Kai Pannen lebt mit seiner Familie in Hamburg. Mehr auf www.kaipannen.de

Für Marion

Inhalt

1. Dezember

2. Dezember

3. Dezember

4. Dezember

5. Dezember

6. Dezember

7. Dezember

8. Dezember

9. Dezember

10. Dezember

11. Dezember

12. Dezember

13. Dezember

14. Dezember

15. Dezember

16. Dezember

17. Dezember

18. Dezember

19. Dezember

20. Dezember

21. Dezember

22. Dezember

23. Dezember

24. Dezember

Impressum

1. Dezember

»Och nee. Ausgerechnet heute!«, schimpfte die Stubenfliege Bisy. »Wer ist denn so blöd und baut hier einfach ein Spinnennetz?«

Gerade heute hatte er es doch so verdammt eilig. Er versuchte, sich aus den klebrigen Fäden zu befreien, und zappelte so sehr, dass Karl-Heinz, die dicke Spinne in der Mitte des Netzes, aus seinem Mittagsschlaf geschüttelt wurde.

Das kam nicht oft vor, denn Karl-Heinz hatte das Netz an einem ruhigen Ort geknüpft. Er liebte es nicht, andauernd gestört zu werden. Auf dem Sofa chillen, Bücher lesen, dösen und über das Leben nachdenken. Das war sein Tagesablauf. Und manchmal, sehr selten, telefonierte er mit seiner Tante Kassandra.

»Na endlich«, grummelte Karl-Heinz verschlafen. »Mein Weihnachtsbraten ist gelandet.«

Er stemmte sich aus seinem Sofa, streckte ausgiebig seine acht Beine und Arme, schlüpfte in vier seiner sechs Pantoffeln und krabbelte zu seiner Beute.

»Sieh an, ein saftiges Fliegelchen, das sieht ja lecker aus«, sagte Karl-Heinz.

»Ist das dein Netz?«, schimpfte Bisy. »Wenn ja, verlange ich, dass du mich auf der Stelle losmachst. Und die Reinigung kannst du auch bezahlen. Wenn man diese Klebefäden überhaupt noch rauskriegt.«

Doch Karl-Heinz hörte gar nicht zu. Er zog ein großes Knäuel Spinnenfaden aus der Tasche und wickelte Bisy damit von unten bis oben ein.

»Muss das sein? Ist das überhaupt erlaubt? Ich kann mich gar nicht mehr bewegen und mir wird ganz schwindelig bei dem Gedrehe«, zeterte Bisy.

»Mit Essen spricht man nicht«, maulte Karl-Heinz.

Schließlich war der arme Bisy fest zu einem Paket verschnürt. Und weil Karl-Heinz seine Ruhe haben wollte, hängte er seine Beute am Rand des Netzes auf.

»Hör mal, ich habe Termine, Terrrrrmiiiiine, wenn du weißt, was ich meine. Ich kann es mir beim besten Willen nicht leisten, hier einfach so herumzuhängen!«, schimpfte Bisy.

»Vergiss deine Termine. Ab jetzt hast du nur noch einen Termin. Und zwar pünktlich am Weihnachtsabend. Nur du und ich. Und du als mein Weihnachtsbraten«, sagte Karl-Heinz und schlurfte zurück zum Sofa. Er musste sich dringend ausruhen. Fliegen einwickeln war eine äußerst ermüdende Angelegenheit.

2. Dezember

»Hallo?«, tönte es leise. »Hallo, kann mich jemand hören?«

Karl-Heinz erwachte aus seinem Mittagsschlaf.

»Hallo, Spinne«, rief Bisy. »Kannst du bitte mal kurz kommen?«

»Das hat mir gerade noch gefehlt. Ein quengelnder Weihnachtsbraten«, stöhnte Karl-Heinz. »Ich komme zu dir, wenn es an der Zeit dafür ist. Jetzt lass mich schlafen.«

»Ich würde ja selbst kommen«, sagte Bisy, »kann ich aber nicht. Spinne, jetzt komm doch endlich mal. Los, beweg dich, du fette, faule, dumme Spinne. Wenn du nicht hörst, rufe ich dich den ganzen Tag.« Eine Weile war Ruhe, dann ging das Gezeter von vorne los. »Spinne, wenn du jetzt nicht kommst, dann ärgere ich mich. Ach, was sage ich? Ich werde griesgrämig. Ich werde mürrisch. Ich werde verbittert. Oh ja, schrecklich verbittert. Und weißt du, wie verbitterte Fliegen schmecken? Nein? … Nicht gut! Ganz und gar ekelig schmecken die. Nämlich bitter, sehr, sehr bitter.«

Igitt! Karl-Heinz schlug die Augen auf. »Nee, Leute, es ist alles nicht, wie es sein sollte«, murmelte er leise. So eine Nervensäge hatte er schon lange nicht mehr gefangen. »Jetzt gib endlich Ruhe. Ich komme ja schon. Aber nur dieses eine Mal, dass das klar ist.«

Und so unterbrach Karl-Heinz seine Mittagsruhe, zog drei seiner Pantoffeln an und stemmte sich aus dem Sofa.

»Also, was willst du?«, fragte er.

»Wie spät ist es?«, fragte Bisy.

Karl-Heinz sah auf seine Beinbanduhr. »Viertel nach drei. Und deswegen rufst du mich?«

»Oh Mist. Dann habe ich ihn also verpasst.«

»Wen hast du verpasst?«

»Meinen Termin natürlich.«

»Du willst dich wohl wichtigmachen mit deinen Terminen.«

»Ich mich wichtigmachen? Ich bin wichtig! Ich muss meiner kranken Mutter Tomatensoße kochen. Oder einem Grillenorchester die Noten vorbeibringen. Oder ich verpasse gerade die herrlichste Sahnetorte bei Oma Ottilias Geburtstag. Oder …«

»Genug, sei still«, unterbrach ihn Karl-Heinz, »ich habe nie Termine. Termine sind was für nervös herumflatternde Insekten und wichtigtuerische Ameisen. Und du brauchst dir über deine Termine sowieso keine Gedanken mehr zu machen. Also entspann dich und genieß den Tag.«

»Würde ich ja gerne«, antwortete Bisy, »aber mir wäre wohler dabei, wenn ich vorher abgesagt hätte. Damit sich niemand Sorgen macht, wenn ich nicht komme.«

»Und wennschon, das kann dir jetzt auch egal sein.«

»Mir soll es egal sein, wenn meine Kumpels, meine Kollegen, meine ganze Familie nicht schlafen können? Weil sie sich fragen, wo ich stecke? Das soll mir egal sein? Ich bin eine Fliege von großer Beliebtheit. Ich will wenigstens eine Nachricht senden.«

»Geht nicht, du bist gefesselt.«

»Na, dann mach mich kurz los.«

»Niemals, dann haust du ab.«

»Ich schwöre, ich haue nicht ab.«

»Glaub ich nicht. Ich mach dich nicht los und damit basta.«

Beide schwiegen eine Weile. Bisy war beleidigt und Karl-Heinz saß trotzig neben ihm. Er dachte einen Moment darüber nach, wie es sein mochte, sich nicht mehr bewegen zu können. Das war bestimmt kein schönes Gefühl. Selbst für so eine faule fette Spinne wie ihn. Karl-Heinz hatte Mitleid. Natürlich nur ein ganz kleines bisschen. Also gab er sich einen Ruck und sagte: »Du kannst mir ja was diktieren und ich schreibe es für dich auf.«

»Das würdest du machen, Spinne? Das ist aber nett von dir. Danke«, sagte Bisy.

Karl-Heinz zückte einen kleinen Block und einen Stift. »Und? Ich warte.«

Also diktierte Bisy:

Ihr Lieben,bin heute leider verhindert, weil mir ein interessanter Termin dazwischengekommen ist. Macht Euch aber keine Sorgen, es geht mir gut. Ich hänge ein wenig ab und lasse mich verwöhnen.Bis bald, Euer Bisy

»Siehst du«, sagte Karl-Heinz trotzig, »deshalb bin ich auch lieber allein. Da muss ich mich wenigstens nicht um die Sorgen der anderen kümmern. Und jetzt genug mit dem Unfug. Ich habe dich gefangen, um dich zu essen, und nicht, um mit dir zu sprechen. Du bist mein Braten, nicht mein Freund.« Dann verkroch er sich wieder in seine Sofakissen.

3. Dezember

»Spinne. Hallo. Hörst du mich?«

»Nicht schon wieder«, stöhnte Karl-Heinz. »Gibt denn der Weihnachtsbraten nie Ruhe?«

»Dicke fette Spinne – schläfst du etwa schon wieder?«, fragte Bisy.

›Wenn das jetzt bis Weihnachten so weitergeht, drehe ich noch durch‹, dachte Karl-Heinz.

»Jetzt komm doch mal, Spinne. Du kannst mich nicht einfach aufhängen und dich dann nicht mehr um mich kümmern«, rief Bisy.

›Vielleicht sollte ich gar nicht bis Weihnachten warten?‹, dachte Karl-Heinz. Er nahm sein Buch, eine Tasse Tee und etwas Gebäck und versuchte, so gut es ging, den quengelnden Braten zu überhören.

Aber Bisy gab keine Ruhe. »Ahhh, ich muss sterben, wenn du jetzt nicht kommst. Ich halt das nicht mehr aus. Spinne, hallo. Komm schnell!«

Kurz wurde Karl-Heinz nachdenklich. So einfach würde eine Fliege ja wohl nicht sterben! Oder hatte er sie doch ein wenig zu fest eingewickelt? ›Unfug‹, dachte er, ›das ist mir noch nie passiert.‹ Aber er wurde unruhig. ›Und wenn sie dringend eine Medizin braucht? Vielleicht habe ich sonst morgen einen toten Braten. Bis Weihnachten ist es noch ein Weilchen hin und frisch bleibt die Fliege nur, wenn sie lebt‹, überlegte Karl-Heinz. Mit einem Seufzer erhob er sich und seilte sich zu Bisy ab. »Was ist denn nun schon wieder los?«

»Meine Nase juckt«, klagte Bisy.

»Und wennschon. Dann kratz dich halt«, sagte Karl-Heinz.

»Du bist ja lustig. Wie soll ich das denn machen? Ich kann mich keinen Millimeter bewegen. Das musst du machen. Du hast mich gefesselt, dann kratz mich auch gefälligst!«

»Eigentlich spreche ich nicht einmal mit meinem Essen«, murrte Karl-Heinz.

»Dann rede nicht, kratz einfach nur meine Nase, schnell«, befahl Bisy. »Oder hast du etwa Angst vor mir?«