Ins Netz gegangen - Kai Pannen - E-Book

Ins Netz gegangen E-Book

Kai Pannen

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Beschreibung

Schiff ahoi! Spinne Karl-Heinz und Fliege Bisy stechen in See. Sie wollen raus aus dem Dschungel zurück in die Buchenhecke. Als plötzlich ein kräftiger Sturm aufzieht und die hohen Wellen sämtliche Vorräte über Bord spülen, bleibt nur eins: Karl-Heinz muss sein Netz auswerfen. Statt eines Fisches verfängt sich darin aber eine Flaschenpost mit einer geheimnisvollen Schatzkarte. Karl-Heinz und Bisy packt die Abenteuerlust! Auf ihrer Suche bekommen sie es nicht nur mit wilden Piraten zu tun, sondern auch mit dem schwarz-weißen Drachen. Das neue Abenteuer von Karl-Heinz und Bisy von Bestsellerautor Kai Pannen!

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Ruhe vor dem Sturm

»Beee neun«, sagte Bisy, die Stubenfliege.

»Geee…«, stöhnte Karl-Heinz, der dicke fette Kreuzspinnerich, »…troffen.«

»Hihihi, jetzt hab ich dich, Ceee neun.«

»Schon wieder getroffen.«

»Hab ich mir gedacht, Deee neun.«

»Hm, getroffen natürlich.«

»Und Eee neun«, sagte Bisy mit einer Portion Schadenfreude in der Stimme.

»Nee, Leute, es ist alles nicht, wies sein sollte. Versenkt.«

Karl-Heinz war grummelig. Wieso konnte er nicht einmal beim Schiffeversenken gewinnen? »Eigentlich sollte man das auf einem Boot auch nicht spielen. Obendrein, wenn kein Land in Sicht ist. Mir wird irgendwie ein bisschen mulmig dabei.«

»Beim nächsten Mal gewinnst du bestimmt«, versuchte Bisy, seinen Kumpel zu trösten.

Die beiden waren die allerbesten Freunde und hatten schon viele Abenteuer miteinander erlebt. Karl-Heinz war seinem Freund zuliebe sogar zum Vegetarier geworden. Ungewöhnlich, betrachten Kreuzspinnen doch Stubenfliegen normalerweise als eine nette, kleine Mahlzeit für zwischendurch. Zusammen hatten sie den kalten Winter über in einem feucht-heißen Tropenhaus geschwitzt und als es endlich Frühling wurde, beschlossen sie, nach Hause in ihre gute alte Buchenhecke zurückzukehren. Doch der Weg dorthin war weit und so hatten sie sich aus allen möglichen Dingen ein kleines Segelboot zusammengezimmert.

Als Rumpf diente ein alter Holzschuh, den sie vor dem Gewächshaus gefunden hatten. Ein kräftiger Zweig für den Mast, ein verrosteter Angelhaken als Anker, eine Kiste für allerlei nützlichen Krimskrams, und die Segel hatten sie aus Bettwäsche zusammengenäht, die Karl-Heinz seiner Tante Kassandra stibitzt hatte. Vorne, da wo normalerweise die Fußspitze im Holzschuh steckt, befand sich ihre Kajüte.

Doch ihr wertvollster Schatz war eine vergilbte Seekarte und ein Kompass, die sie bei einem greisen Wasserkäfer gegen Karl-Heinz’ Sofa eingetauscht hatten und mit deren Hilfe sie den Weg nach Hause finden konnten.

Das Boot hatten sie auf den Namen Mia getauft und diesen in Schönschrift auf den Rumpf geschrieben. Nicht zufällig, denn Mia war auch der Name ihrer Ziehtochter, die sich mit der Zeit als Vogelspinne entpuppt hatte. Weil sie sich im Dschungel wohler fühlte als in einer Buchenhecke, war sie in dem Tropenhaus geblieben.

Voller Freude, wieder nach Hause zu kommen, waren Bisy und Karl-Heinz losgesegelt und machten anfangs gute Fahrt. Nun aber dümpelten sie seit Tagen in der Flaute herum und kamen kaum von der Stelle.

»Ich hab so Sehnsucht nach unserer Buchenhecke. Weißt du noch, wie schön unser Spinnennetz immer im Wind schaukelte?«, schwärmte Karl-Heinz.

»Und weißt du noch, wie du im Herbststurm einmal vor lauter Geschaukel von deinem Sofa gefallen bist?«, fragte Bisy.

»Jaja, mach dich nur lustig. Trotzdem, es gibt nichts Schöneres, als wieder nach Hause zu kommen. Wenn wir nach Hause kommen«, stöhnte Karl-Heinz und schnappte sich eine Banane. Sorgfältig schälte er sie und als er sie verputzt hatte, nahm er noch eine und noch eine und noch eine …

»Ähm, findest du nicht, dass du etwas weniger essen könntest?«, fragte Bisy bei der sechsten oder siebten Banane.

»Wieso das denn? Wir haben doch mehr als genug Proviant an Bord. Außerdem bin ich ein Kreuzspinnerich und muss auf meine Figur achten.«

»Wir wissen aber nicht, wie lange wir hier noch herumdümpeln.«

»Das ist es ja gerade, es ist sooo langweilig. Und essen ist gut gegen Langeweile.«

»Wenn du so weitermachst, hat sichs bis spätestens heute Abend ausgegessen. Wir sollten uns unsere Vorräte besser einteilen.«

»Immer musst du einem den Spaß verderben. In Wirklichkeit bist du gar keine Stubenfliege, sondern eine Bremse. Eine Spaßbremse!«

»Dafür denkst du immer nur an das Eine«, konterte Bisy. »Das Leben besteht aber zufällig noch aus mehr als nur aus essen.«

»Als ob ich das nicht selber wüsste. Natürlich muss man zwischen den Mahlzeiten auch mal schlafen. Und das werde ich jetzt machen. Essen ist ja nicht gestattet«, grollte Karl-Heinz und zog sich ein Kissen über den Kopf.

Bisy seufzte über seinen beleidigten Freund und beugte sich wieder über die Seekarte. Mit Hilfe des Kompasses überprüfte er den Kurs des Bootes. Wenn erst der Wind wieder blies, kämen sie auf direktem Wege nach Hause.

Doch vorerst dümpelten sie auf dem spiegelglatten Wasser herum und leises Schnarchen zeugte davon, dass Karl-Heinz sich in seinen Mittagsschlaf verabschiedet hatte. Aus Lange­weile planschte Bisy ein wenig mit den Füßen im Wasser, zurrte das Segel zurecht und legte ein paar Leinen ordentlich zusammen. Dann kletterte er den Mast empor und ließ seinen Blick über den Horizont wandern. Er seufzte. Nichts, aber auch gar nichts als die endlose und öde Wasserfläche um sie herum. Bisy rutschte den Mast wieder hinunter, krabbelte am schlafenden Karl-Heinz vorbei und verzog sich in die Kajüte. Ein kleines Mittagsschläfchen konnte auch ihm nicht schaden. Von draußen drang leises Grummeln und Grollen an sein Ohr. »Ach, Karl-Heinz hat immer noch Hunger«, murmelte Bisy. Er mochte das dumpfe Geknurre, das der unersättliche Magen seines Freundes von sich gab. Es wirkte so schön beruhigend.

Doch diesmal schien er sehr großen Hunger zu haben, denn das Grollen wurde von mal zu mal lauter. Schließlich steigerte es sich zu einem bedrohlichen Donner. Vielleicht ging es Karl-Heinz nicht gut. War er krank? Als Bisy beunruhigt den Kopf aus der Kajüte streckte, bemerkte er das drohende Unheil. Dunkle Wolken türmten sich über ihrem Boot und schienen nach ihnen greifen zu wollen.

»Karl-Heinz, aufwachen! Ich fürchte, die Flaute ist gleich vorbei!«

Stürmische Zeiten

»Neiiin, nicht die Bananen!«, stöhnte Karl-Heinz durch den fauchenden Wind. Eine mächtige Welle war über das Boot gerollt und hatte sämtliche Bananen mit sich gerissen. »Was sollen wir denn jetzt essen?«

»Wie kannst du jetzt ans Essen denken? Spann lieber noch ein paar Taue, bevor der Mast bricht. Sonst sind wir auch gleich bei den Bananen!«, rief Bisy.

»Ich kann gerade keine Schnüre spannen. Mir ist spinneelend von dem Geschaukel.« Pitschnass und durchgefroren klammerte sich Karl-Heinz, ganz grün im Gesicht, am Bootsrand fest und versuchte, nicht das gleiche Schicksal zu erleiden wie die Bananen. Immer wieder rollten neue, größere Wellen heran. Hoch und runter schaukelten sie auf den Wogen wie auf einer Achterbahn. Bisy umklammerte mit aller Kraft das Ruder und stemmte das Boot gegen die Wellen, die eine nach der anderen über das Deck schwappten und alles mit sich rissen, was nicht niet- und nagelfest war. Jedesmal mussten sie die Luft anhalten, bis die Fluten den Blick auf das Deck wieder freigaben.

»Neiiin, nicht unsere Karte, nicht der Kompass!«, gurgelte Bisy, als die nächste Woge sie einfach mit sich fortriss. »Wie sollen wir denn je wieder nach Hause finden?«

»Ist doch jetzt auch egal. Wir gehen ja sowieso unter. Bisy, mir ist schlecht! Ich muss gleich …«

Weiter kam Karl-Heinz nicht, denn schon schlug die nächste Welle über das Boot. Er hielt die Luft an, und als das Wasser wieder abgelaufen 
war, erblickte er das Ruder, das herrenlos von einer Seite zur anderen pendelte.

»Bisy? Wo bist du?«, rief er und suchte hektisch das Bootsdeck ab. Keine Spur von Bisy. Hatte die Welle seinen Kumpel über Bord gerissen? Wie ein großer Ball kullerte Karl-Heinz auf den Planken herum und verstrickte sich immer mehr in seiner Leine, mit der er sich am Mast angebunden hatte. Endlich bekam er die Reling zu fassen und suchte verzweifelt die Wellen ab. Doch Bisy war nirgends zu entdecken.

»Schnell, zieh den Anker ein«, hörte er plötzlich Bisy rufen. Karl-Heinz stürmte nach vorne, die Ankerleine war tatsächlich ganz abgewickelt und verlor sich in den Fluten. Karl-Heinz kurbelte so schnell er konnte, vielleicht hing sein Freund ja am Haken. Schließlich landete der prustende und hustende Bisy samt Anker in hohem Bogen im Boot. Erschöpft klammerte er sich an den Mast, spuckte eine Menge Wasser aus und japste: »Danke, Karl-Heinz, dass du mich da rausgeangelt hast. 
Um ein Haar hätte mich so ein fetter Fisch erwischt. Der war mindestens dreimal so groß wie das Boot.«

Karl-Heinz wurde es Angst und Bange. Was, wenn er Bisy samt dem Anker verschluckt hätte? Wäre das Boot mit in die Tiefe gezogen worden? Oder hätte er am Ende einen Fisch an Deck liegen, der wirklich dreimal so groß wie das Boot war? So oder so eine schreckliche Vorstellung. Allerdings musste er eine Sache klären: »Ähm, was genau sind Fische?«

»Das weißt du nicht?«

»Woher denn? Ich hatte jedenfalls noch keinen im Netz und glaub...blubb-blubb…«

Schon schlug die nächste Welle über Bord, die Karl-Heinz die Antwort auf seine Frage liefern sollte. Als das Wasser abfloss, zappelte ein silbrig schimmerndes Wesen an Deck und in der nächsten Sekunde hatten sie sich auch schon in der Kajüte verschanzt.

»Was ist das denn für ein Monster?«, krächzte Karl-Heinz.

»Das ist der Fisch, der hinter mir her war!«, schnaufte Bisy.

»Soso, dreimal so groß wie das Boot also«, höhnte Karl-Heinz.

»Na ja, ein bisschen Übertreibung gehört beim Angeln doch dazu, oder?«, sagte Bisy.

Durch das Bullauge betrachteten sie den zappelnden Fisch, der sie ohne zu blinzeln mit seinen großen Augen anstarrte. Sein Mund ging auf und zu, brachte aber keinen Ton heraus.

»Einen richtig gefährlichen Eindruck macht er eigentlich nicht«, meinte Bisy.

»Bestimmt nur ein Trick, damit wir aus der Kajüte kommen. Und dann, happs, weg sind wir«, vermutete Karl-Heinz.

»Nee, ich glaube, dem gehts nicht so gut hier oben an der Luft«, erwiderte Bisy.

»Geschieht ihm recht. Dann sieht er mal, wie sich das anfühlt, wenn man sich auf der falschen Seite der Wasseroberfläche befindet«, knurrte Karl-Heinz. »Wehrlose Fliegen essen wollen, so ein Schuft!«

»So was wäre dir ja nie in den Sinn gekommen, stimmts?«, stichelte Bisy und erinnerte sich an die Zeit, als er noch der Weihnachtsbraten von Karl-Heinz gewesen war. »Hier an Deck wird er über kurz oder lang ersticken.«

»Wenn er sowieso stirbt, könnten wir ihn ja eigentlich auch essen. Schließlich haben wir keine Bananen mehr«, überlegte Karl-Heinz laut und fügte eilig hinzu: »War ein Scherz.«

»Er wird auch sterben, wenn wir ihn nicht ins Wasser befördern.«