Eddie und Maxon Jaxon - Viveca Lärn - E-Book

Eddie und Maxon Jaxon E-Book

Viveca Lärn

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Beschreibung

Eddie kommt in die Schule, aber eigentlich hat er gar keine Lust darauf. Am Anfang fühlt sich die Schule für ihn an wie ein Gefängnis. Er möchte lieber schwimmen oder Staudämme bauen und später beim Zirkus arbeiten, am liebsten als Kamelpfleger. Aber bis dahin muss er erstmal ein bisschen zur Schule gehen. Immerhin ist er dort nicht allein, denn seine Freundin Mimi ist auch da und die geht schon in die dritte Klasse. Und seine Lehrerin ist wirklich nett und sieht aus wie eine Kröte, Eddies Lieblingstier.-

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Viveca Lärn

Eddie und Maxon Jaxon

Deutsch von Angelika Kutsch

Zeichnungen von Eva Eriksson

Saga

Immer einen kühlen Kopf behalten

Eddie wurde wach, weil ihm die Sonne mitten ins Gesicht schien. Er öffnete die Augen, blieb aber ganz still auf dem Rücken liegen. Fast ganz still.

Er schielte hinauf zur Tapete über Arnes Bett. Dort hingen Madonna, Maradona und Maxon Jaxon.

Eddie lächelte Madonna zu. Sie lächelte nicht zurück. Aber man konnte all ihre blendend weißen Zähne sehen.

Eddie lächelte Maradona zu. Er lächelte auch nicht zurück. Aber sein Mund war ebenfalls geöffnet und voller weißer Zähne. Sein Gesicht glänzte, denn er hatte gerade ein Tor geschossen. Natürlich für Neapel.

Eddie lächelte Maxon Jaxon lieb an. Aber Maxon Jaxon lächelte nicht zurück. Sein Mund war fest geschlossen und seine Augen waren groß und traurig. Maxon Jaxon war der Netteste.

Eddie musterte seinen großen Bruder. Aber Arne lag bloß da in seinem Bett und schlief. Eddie kitzelte ihn mit einem alten Strohhalm, den er unterm Bett gefunden hatte, am großen Zeh. Arne murmelte etwas und drehte sich zur Wand um. Eddie guckte in sein Ohr. Soweit er gehört hatte, sollte den großen Jungs Fell aus den Ohren wachsen. Und Arne war ja schon neun Jahre alt. Eddie seufzte. Kein Fell.

Er ging zum Fenster und beobachtete zwei Elstern, die auf der Wiese herumhüpften und einander beschimpften. Eddies Oma war eine Elster.

«Eure Oma ist eine richtige Elster!»

Das hat Eddies und Arnes Papa einmal gesagt, als er einen Brief von der Oma geöffnet hatte, einen hellblauen Umschlag mit steiler Schrift drauf. Eine altmodische Schrift. Er hat kaum angefangen zu lesen, da hat er den Brief auch schon zu einem kleinen Ball zusammengeknüllt und in den Ofen geworfen.

Das war schade. Eddie hätte gern daran gerochen. Eddie riecht gern an Briefumschlägen. Und außerdem hätte er gern an einem Brief von einer Elster geschnuppert. Wo wohnte die Oma noch? Daran konnte er sich nicht erinnern. Wahrscheinlich in einem struppigen Nest aus langen Zweigen oben in einer hohen Birke.

Die Elstern draußen vor dem Fenster fingen an, sich um etwas zu zanken, das sie auf der Erde gefunden hatten. Plötzlich merkte Eddie, dass er Hunger hatte, und ging in die Küche. Der Fußboden war eiskalt unter seinen nackten Füßen.

Er guckte in den Brotkasten. Da lagen nur ein Paket angeschimmeltes Toastbrot und ziemlich viele harte Krümel, vielleicht vierhundert.

Eddie zog einen Hocker zum Kühlschrank heran und öffnete die Tür. Der alte Kühlschrank fing sofort an, zu brummen wie ein böser alter Mann. Eddie steckte den Kopf in den Kühlschrank. Bald war sein Kopf genauso kalt wie seine Füße. Heute kriegte er seinen Kopf ganz leicht in den Kühlschrank. Da gab’s bloß ein paar Bierflaschen und eine rote Tube mit Senf. Auf der stand in Schreibschrift: Immer einen kühlen Kopf behalten. Junge! Dann schaffst du es.

Das hat ein netter Mann Eddie mal zugerufen. An einem Tag im Frühling, als Eddie auf dem Steg über den Bach balancierte.

Plötzlich hatte Eddie gemerkt, dass er beobachtet wurde, und da hatte er den Onkel entdeckt. So ein richtiger Onkel war das. Er war groß und kräftig und trotzdem gar nicht gefährlich. Er hatte viele schwarze Wuschelhaare und liebe braune Augen, die Eddie anlächelten. In der Hand hielt er eine Angel, und Eddie hätte ihn fast gefragt, ob schon ein Fisch angebissen hatte. Aber dann hat er es doch nicht getan. Er balancierte weiter über den Steg, und es ging auch ganz prima, obwohl das Holz glitschig war nach dem Mairegen vom Morgen.

«Immer einen kühlen Kopf behalten!», rief der Onkel noch einmal. Das ist ein guter Rat gewesen.

Eddie schloss die Kühlschranktür und hüpfte vom Hocker. Jetzt war sein Kopf genau so kühl, wie er sein sollte.

Er öffnete die Tür unter der Spüle, wo die Abfalltüte stand, und untersuchte den Inhalt der Tüte. Vor Freude schrie er auf.

Unter ein paar Bierdosen und einem benutzten Kaffeefilter ragte ein Stück von einem weißen Pappkarton hervor. Eddie fischte ihn heraus. Und richtig: An der Pappe klebte noch ein Klacks Kartoffelbrei und am Rand war ein bisschen Senf. Eddie wühlte weiter und strahlte über das ganze Gesicht, als er den kleinen weißen Plastiklöffel fand. Er setzte sich mit seinem Fund auf die Holzbank am Küchentisch und aß langsam sein Frühstück. Dabei guckte er aus dem Fenster. Die Elstern hopsten immer noch im Gras herum. Plötzlich begann Eddie, mit seinen kleinen braunen Fingern zu zählen (nur am Daumen hatte er ein Pflaster).

«Eins, zwei, drei, vier, fünf ... sechs, sieben. Genau, sieben!»

Er dachte eine Weile nach, während er seine Mahlzeit beendete. Dann sagte er laut zu sich selbst:

«Möchte wissen, hob hich heute Geburtstag hab.»

Er öffnete die Küchentür und ging hinaus in den Spätsommertag. Er setzte sich auf die Treppe. Die Elstern hatten keine Angst. Eddie kratzte sich in seinem strähnigen braunen Haar.

«Sieben Jahre alt», sagte er zu den Elstern. «Dann hist hes gelaufen.»

In ein paar Tagen kam Eddie in die Schule. Das fand er überhaupt nicht gut. Viel lieber hätte er einen richtigen Job gehabt.

Er hüpfte davon zur Wassertonne. Die war fast voll nach den Regenfällen der letzten Tage. Irgendein Krabbeltierchen kämpfte um sein Leben auf der Wasseroberfläche. Eddie spiegelte sich in der Tonne. Sein Gesicht zerfloss und wurde groß und interessant. Sonst hat Eddie ein ungewöhnlich mageres, schmales kleines Gesicht. Wenn die Nase nicht dort säße, wo sie saß, wäre kaum noch Platz für die Augen gewesen.

Eddie schöpfte mit den Händen Wasser aus der Tonne und trank mehrere Schlucke. Das Wasser schmeckte gut. Er schauderte und zählte bis drei, ehe er den ganzen Kopf hineinsteckte. Dann lief er ins Haus und setzte sich auf die Bettkante zu seinem großen Bruder und schüttelte seinen nassen Schopf.

«Harne!», flüsterte Eddie. «Hab hich heute Geburtstag? Hoder hab hich him Hapril?»

Arne streckte ein Bein unter der Decke hervor und versetzte Eddie einen Stoß, sodass er ein ganzes Stück entfernt auf dem Fußboden landete.

«Hau ab, du alte Wasserratte!», schrie Arne und zog sich die Decke über den Kopf.

Eddie krabbelte in sein eigenes Bett und guckte nacheinander Madonna, Maradona und Maxon Jaxon an.

«Hich hab heute Geburtstag», sagte Eddie feierlich zu Maxon Jaxon. «Jetzt bin hich groß.»

Das Wetter, Schweine und der Weltraum

Als Mimi gerade ihr Frühstücksmüsli essen wollte, klingelte das Telefon auf der Spüle. Es hatte eine sehr komische Form, denn es sah aus wie ein Hamburger. Mimi nahm ihren Müsliteller mit zur Spüle und aß langsam weiter, während sie in den Telefonhörer redete:

«Hallo, hier ist Mimi Ljung ... Hallo, Mama. Klar bin ich wach ... Nein, ich hab die Herdplatten nicht angestellt ... Ich weiiiiß ... Papa? Der ist wahrscheinlich auf der Arbeit ... Müsli ... Nein, ich bin nicht traurig ... Nein, ich fühl mich nicht allein. Darf ich jetzt essen? Tschüs ... Bist du immer noch da? Ich wollte ins Freibad gehen. Ja, da sind massenhaft Erwachsene. Nur ins flache? Was soll ich da denn? Ich hab doch schon meinen Freischwimmer gemacht. Tschüs!»

Mimi stellte das Hamburgertelefon hin und betrachtete düster die Spüle. In der konnte man sich kein bisschen spiegeln. Zu Hause bei Linda konnte man sich überall spiegeln, sogar in den Türgriffen und im Fernseher. Wenn Mimi groß war, wollte sie auch ein ganz blankes Zuhause haben. Keine Krümel und keine Flecken. Keine rieselnden Strohblumen und Knoblauchknollen, die von der Decke hingen. Keine stinkigen Käse und vergammelten Topfpflanzen. Ein blankes, schimmerndes Zuhause, das wollte sie haben, mit glänzend weißen Tellern. Und einen schönen blanken Mann mit sauberen Fingernägeln und weißem Hemd. Vielleicht einen Flugkapitän. Der trägt eine Uniform mit blanken Knöpfen. Das wäre toll, wenn er dann mit geradem Rücken am Frühstückstisch sitzt und ein paar gekochte Eier isst. Nicht wie Papa, dem die Haare zu Berge stehen und bei dem die Cornflakes im Schnurrbart hängen bleiben.

Mimi beendete ihr Frühstück und ging in ihr Zimmer, um den rosa Badeanzug mit den grünen Fischen drauf zu suchen. Sie steckte den Kopf in den Schrank und wühlte darin im Kleiderhaufen. Schließlich tauchte sie zufrieden mit dem Badeanzug in der Hand aus dem Kleiderhaufen auf. Als sie ihn gerade in ihren rosa Rucksack stecken wollte, entdeckte sie ein Stoffetikett. Sie riss es ab.

«Kleidergröße hundertachtundzwanzig!», fauchte sie. «Alle, die in die Dritte kommen, haben hundertvierzig. Maria Magnusson und Krille haben bestimmt zweihundert!»

Sie sah sich in ihrem Zimmer um. Doof, eigentlich sah es aus wie ein Zimmer für ein ganz kleines Kind. Rasch machte sie die Tür hinter sich zu und stürzte aus der Wohnung, den Rucksack über der einen Schulter und den Wohnungsschlüssel an einer rosa Schnur um den Hals.

Sie hüpfte die Treppen hinunter. In ihrem Bauch hüpfte das Müsli. «Eine Stunde, man muss eine Stunde warten, bevor man baaaaaden darf!», sang sie.

Nirgends kann man schöner singen als im Treppenflur von einem zweistöckigen Haus. Aber man muss aufhören, sobald man auf die Straße kommt. Sonst kann es furchtbar peinlich werden.

Als Mimi die Tür gerade aufmachen wollte, entdeckte sie den Zettel, der an der Glasscheibe klebte. Montag beginnt die vernichtungsaktion der ratten stand drauf. Mimi ärgerte sich, dass alle interessanten Mitteilungen in Druckbuchstaben geschrieben waren. Als ob die Leute keine Schreibschrift lesen könnten! Mimi jedenfalls konnte das.

Im Freibad waren schon viele Leute, obwohl es gerade erst neun war und die Sonne noch gar nicht richtig heiß schien, weil sie noch nicht hoch genug stand.

Mimi bezahlte fünf Kronen am Eingang und schlüpfte rasch durch das Drehkreuz. Aus dem Lautsprecher dröhnte Musik und überall lagen Leute wie tote Fische auf ihren Handtüchern. Aber plötzlich hörte Mimi durch die Musik und das Geplansche aus dem Becken Lindas Stimme:

«Mimi, Mimi, beeil dich! Komm mal her! Ich hab neue Badesandalen gekriegt. Mit Spangen. Neon! Komm schnell!»

Mimi stürzte zu Linda.

«Hast du schon gebadet, Linda?»

«Nein, Mama sagt, dass das Sonnenöl erst in die Haut einziehen muss. Guck mal, sind meine neuen Sandalen nicht schön? Echtes Plastik. Und mit Neon auf den Riemchen. Elna hatte nur noch das eine Paar in ihrem Laden.»

Mimi betrachtete die Sandalen.

«Welche Größe ist das?»

«Einunddreißig. Das siehst du doch.»

«So klein!»

«Welche Größe hast du denn?»

«Bestimmt zweiunddreißig – mindestens. Aber ich hab ja keine Sandalen.»

«Ich glaub fast, du bist neidisch, Mimi. Die sind in Hongkong hergestellt.»

Lindas Mama, die sehr ordentlich und gerade auf dem Rücken lag, nahm ihren kleinen Nasenschutz ab und hob den Kopf. «Zankt euch nicht, Mädchen», ermahnte sie die beiden, «und sitz nicht im Schatten, Linda. Sonst wirst du nie braun.»

Im selben Augenblick ertönte ein Pfiff, den Mimi sofort erkannte. Er kam von dem hohen Holzzaun weit hinten, der die öffentliche Badeanstalt «Drei Anker» umgab.

Mimi lief zum Zaun und sah Arnes Kopf über den Planken. Er war vor Anstrengung ganz rot im Gesicht. Nachdem er Mimi auf sich aufmerksam gemacht hatte, legte er einen Finger an die Lippen. Wahrscheinlich glaubte er, sie würde jetzt still sein.

«Hallo, Arne!», schrie Mimi. «Hast du eddie auch mitgebracht?»

«Schnauze!», brüllte Arne drohend. «Geh und rede mit dem Bademeister, damit ich reinkommen kann.»

«Worüber?», fragte Mimi. «Was soll ich denn mit dem reden? Ich kenn den doch gar nicht.»

Arne verdrehte die Augen. Sein Gesicht wurde noch röter. Es musste ziemlich anstrengend sein, auf einem öffentlichen Holzzaun zu hängen.

«Red über irgendwas», sagte er stöhnend. «Das Wetter! Schweine. Den Weltraum.»

«Ach so.»

Beruhigt ging Mimi davon. Der Bademeister war nicht schwer zu finden. Er saß fast immer auf einem besonderen Stuhl. Er hatte kurz geschorene rote Haare und einen ziemlich griesgrämigen Mund. Außerdem trug er einen Pullover, auf dem Bademeister stand.

Wetter, Schweine, Weltraum!, wiederholte Mimi leise im Kopf. Wetter, Schweine, Weltraum. Dann konzentrierte sie sich und sprach den Bademeister an.

«Hallo.»

«Was is’ los?», fragte der Bademeister und starrte sie an.

«Schönes Wetter heute», sagte Mimi.

«Ja», sagte der Bademeister, «prima Wetter.»

Er rülpste ein bisschen und hob ein Donald-Duck-Heft auf, das unter seinem Stuhl lag. Eine Weile blätterte er darin, dann fing er an zu lesen.

«Morgen gibt’s vielleicht Regen», sagte Mimi.

«Ja, ja, ja», sagte der Bademeister. «Willst du nicht baden gehen?»

«Möchte mal wissen, wie Schweine dieses Wetter finden», fuhr Mimi fort. «Schweine haben ja ein ziemlich dickes Fell. Hast du schon mal darüber nachgedacht?»

Der Bademeister gähnte und guckte auf die Uhr. Dann guckte er Mimi an.

«Du, heute kann man ganz leicht einen Sonnenstich kriegen», sagte er ernst. «Es ist wohl das Beste, wenn du ins Wasser gehst.»

«Die Sonne!», rief Mimi fröhlich aus. «Hast du schon mal daran gedacht, dass die Sonne im Weltraum festsitzt?»

Der Bademeister stöhnte. Im selben Augenblick hörte man einen heftigen Plumps. Das war Arne, der auf dem Plattenweg unter dem Zaun gelandet war. Zum Glück mit den Füßen voran. Der Bademeister las weiter und Mimi stürzte zu Arne. Er sah sie anerkennend an.

«Gute Arbeit», sagte er.

Mimi wurde rot.

«Das war doch kein Kunststück», sagte sie, «ich habe nur ein bisschen über das Wetter, Schweine und den Weltraum geredet.»

Arne guckte zum Zaun hoch.

«Hast du Eddie nicht mitgebracht?», fragte Mimi.

Arne kratzte sich am Kopf.

«Mir war so, als hätte ich was am Fuß, als ich rübergeklettert bin. Zuerst hab ich gedacht, es wäre ein Hundeschiss, aber wenn ich es jetzt richtig bedenke, glaub ich fast, es war Eddie.»

Er hatte noch nicht ganz zu Ende geredet, da landete etwas zwischen ihnen und wälzte sich unter großem Geschrei auf der Erde.

«O Eddie, du hast dir doch nicht wehgetan?», sagte Mimi.

Aber Eddie schüttelte sich nur wie ein junger Hund und dann stand er da und sah wieder ganz fröhlich aus.

«Jetzt hast du mal wieder alles kaputtgemacht», zischte Arne und guckte zum Bademeister. Der hatte sein Heft von sich geworfen und kam mit großen Schritten auf sie zu.

«Ich hab dich wohl gesehen!», brüllte er und zeigte auf Eddie.

«Wirklich?», sagte Eddie und rückte näher an Arne heran.

«Natürlich hab ich das, du Idiot!», brüllte der Bademeister. «Und jetzt mach, dass du verschwindest, aber fix!»

«Immer mit der Ruhe, lieber Bademeister», sagte Arne. «Es wird nicht wieder vorkommen.»

«Vorkommen, was soll das denn heißen?», fragte Eddie neugierig. Arne setzte einen Fuß auf Eddies Fuß. Er sah dem Bademeister in die Augen.

«Du weißt doch», sagte er, «dass unserm Vater das Bad gehört. Und er hat gesagt, dass wir hin und wieder über den Zaun kommen und kontrollieren sollen, ob die Bademeister auch nicht schlafen. Und das hast du ja nicht getan. Das werden wir unserem Vater berichten. Du fliegst also nicht raus.»

«Wie?», sagte der Bademeister und fummelte an seinem Ohrläppchen. «Was ist mit eurem Vater?»

«Direktor Andersson von Schmidt», zischte Arne. «Ihm gehört das Bad, das weißt du doch!»

Der Bademeister dachte eine Weile nach. Dann leuchtete es in seinem Gesicht auf.

«Nee, du», sagte er. «‹Drei Anker› gehört der Stadt, das weiß ich.»

«Ja, früher», sagte Arne lachend. «Früher hat das Bad der Stadt gehört. Ganz richtig. Du bist nicht dumm. Aber jetzt hat unser Alter den ganzen Klumpatsch gekauft. Wenn du dich ordentlich aufführst, kriegst du vielleicht eine Gehaltserhöhung. Ich könnte dir das Ganze beweisen, aber ich hab meinen Personalausweis zu Hause vergessen. Oje, oje, guck mal die Tante dahinten. Ich glaub, die ertrinkt gerade. Vielleicht solltest du dich besser um sie kümmern.»

Der Bademeister schaute verwirrt zum Schwimmbecken, dann warf er Arne einen verbiesterten Blick zu.

«Das halt ich nicht mehr aus», murmelte er. «Das ist zu viel. Bilde dir bloß nicht ein, dass du mir wer weiß was erzählen kannst. Aber ich hab jetzt zu tun. Deswegen darf der Kleine bleiben.»

Er ging zum Beckenrand und beobachtete die Frau, die sich treiben ließ.

«Ich mach nur Wassergymnastik!», rief sie ihm zu und lächelte.

Der Bademeister drehte sich wieder zu Arne um.

«Und außerdem kannst du deinem Alten sagen, dass ich einen größeren Pullover brauche!»

Aber Arne, Eddie und Mimi lachten nur.

«Erster!», schrie Eddie und sprang mit einem Riesenplatsch ins Wasser und Mimi und Arne kamen gleich hinterher.

Das meiste von dem Platsch traf leider den Bademeister, der sich wieder in seinen Stuhl gesetzt hatte. Aber er seufzte nur ein wenig, lehnte sich zurück und schloss die Augen.

Bald ist es Herbst, dachte er zufrieden.

Diverse Platsche

Im Schwimmerbecken ging alles durcheinander. Kinder sprangen von allen Seiten ins Wasser mitten hinein in lauter Sachen, die man keinesfalls mit ins Wasser nehmen durfte. Neben einer Luftmatratze trieb ein dicker schwarzer Autoreifen. Auf der Luftmatratze lag ein Herr in geblümten Badehosen und versuchte, eine Wirtschaftszeitschrift zu lesen. Unter der Luftmatratze versuchten Arne und Mimi Purzelbäume zu schlagen. Eddie saß am Beckenrand und wartete gespannt darauf, dass die Luftmatratze umkippte. Sie schlingerte hin und her. Der Mann, der darauf lag, schien überhaupt nichts zu merken. Er studierte gründlich eine lange graue Tabelle, von der man ablesen konnte, wie viel Geld verschiedene Firmen in der letzten Zeit verdient hatten. Das war offenbar sehr interessant, denn er merkte nicht einmal, dass die Luftmatratze im Kreis herumwirbelte. Mimi und Arne spielten mit der Luftmatratze. Hin und wieder tauchten ihre Köpfe kurz über der Wasseroberfläche auf, aber meistens hielten sie sich unter Wasser und sorgten dafür, dass die Luftmatratze sich immer schön bewegte. Eddie setzte sich bequem zurecht. Es war ja klar, dass hier gleich was passieren würde.

Und das tat es auch.

Plötzlich wirbelte die Luftmatratze herum und bekam einen besonders heftigen Stoß von unten. Der Mann brüllte auf und verschwand mitsamt seiner Zeitschrift im Wasser. Mimi und Arne schwammen blitzschnell ans andere Ende vom Schwimmbecken.

Als der Matratzenmann prustend an der Wasseroberfläche auftauchte, warf der die nasse Zeitschrift auf den Beckenrand, genau neben Eddie, der ganz allein dasaß und vor sich hin kicherte.

Immer noch prustend stemmte sich der Mann hoch. Dann packte er Eddie so hart am Oberarm, dass Eddie aufschrie.

«Du unerzogenes, widerliches Gör du!», brüllte der Mann.

Dann sah er sich um, ließ Eddie los, nahm seine Zeitschrift und marschierte davon über den Rasen. Ehe er in den Umkleidekabinen für Herren verschwand, drehte er sich zu Eddie um und drohte mit der Faust.

«Ich werd schon rauskriegen, wie du heißt, darauf kannst du dich verlassen!», schrie er.

Eddie guckte ihm erstaunt nach.

«Das brauchst du nicht!», rief er. «Ich weiß schon, wie ich heiße: Eddie Schmidt!!!»

Eine Weile später kamen Mimi und Arne ruhig zu Eddie spaziert, der nachdenklich auf dem Beckenrand saß.

«Warum war der alte Kerl denn so sauer auf dich, Eddie?», fragte Arne grinsend.

Eddie zuckte mit den Schultern.

«Der war blöd», sagte er. «Er dachte, ich weiß nicht, wie ich heiße.»

«Vielleicht hat er geglaubt, du hättest die Luftmatratze umgekippt», erklärte Mimi ihm freundlich.

«Meinst du wirklich?» Eddies Augen wurden ganz rund vor Staunen. «Hat er geglaubt, ich könnte eine ganze Luftmatratze mit einem dicken Mann umschmeißen? Nicht schlecht!»

«Nee, du bist echt stark, Eddie», sagte Arne lachend. «Nicht mal ich kann dich ins Wasser werfen.»

Arne tat so, als ob er sich damit abrackerte, Eddie ins Wasser zu werfen, der wie ein Fisch an Land zappelte.

In dem Augenblick kam Linda in ihren neuen Badesandalen am Beckenrand entlangspaziert.

«Komm und hilf mir, Eddie ins Wasser zu schmeißen», sagte Arne keuchend. Mimi jaulte vor Lachen.

«Nein, das tu ich nun wirklich nicht, Arne Schmidt», zischte Linda. «Es ist gemein, Leute ins Wasser zu werfen, die gar nicht baden wollen.»

«Aber ich will doch baden!», rief Eddie.

«Na also», sagte Arne und warf Eddie mit einem Platsch in das Schwimmerbecken.