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Sie eine verzogene italienische Countess, er ein attraktiver junger Mann mit einem der gefährlichsten Berufe der Welt. Bodyguard. Der ein schweres Vermächtnis antritt. Wird er der verzogenen, attraktiven Sophie widerstehen können? Wird er Sie vor den mächtigsten Männern der Welt schützen können? Und was passiert, wenn plötzlich ein italienischer Mafiaboss auftaucht, der ausgerechnet noch aus den eigenen Reihen des Bodyguards stammte? Wird die Countess diesem Mann vertrauen? Gerät Sie dadurch in große Gefahr? Oder wendet sich alles zum Guten?
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Seitenzahl: 505
Veröffentlichungsjahr: 2020
Sie eine verzogene italienische Countess, er ein attraktiver junger Mann mit einem der gefährlichsten Berufe der Welt. „Bodyguard“. Der ein schweres Vermächtnis antritt. Wird er der verzogenen, attraktiven Sophie widerstehen können? Wird er Sie vor den mächtigsten Männern der Welt schützen können? Und was passiert, wenn plötzlich ein italienischer Mafiaboss auftaucht, der ausgerechnet noch aus den eigenen Reihen des Bodyguards stammte? Wird die Countess diesem Mann vertrauen? Gerät Sie dadurch in große Gefahr? Oder wendet sich alles zum Guten?
Wer steckt hinter dem Künstlername Sany MacSchuler?
Die Autorin verrät ihren Lesern nur soviel: Sie ist 1967 am wunderschönen Bodensee geboren. Verheiratet und Mutter zweier erwachsenen Kinder. Noch heute lebt sie zusammen mit ihrer Familie und ihren Tieren in der Nähe des Bodensees.
„Wer liebt, leidet irgendwann. Wer leidet kämpft und wer kämpft, gewinnt.“
Autor unbekannt
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Kapitel
Sophie warf einen Blick aus ihrem Fenster an dem dicke Regentropfen ihre Spuren hinterlassen hatten. Grau und düster wirkte heute die Landschaft. Sie ließ ihren Blick über den Rasen schweifen auf dem hier und da schon vereinzelnd Schneeglöckchen und Krokusse sprießten. Ihr Blick blieb an der gegenüberliegenden Hausmauer hängen. Efeu räkelte sich über die groben Mauersteine und bedeckte einen Großteil der Fassade. Offensichtlich hatte der Gärtner die Kletterpflanzen erst kürzlich in Form gestutzt, die um die kleinen Fenster mit den weißen Sprossen rankten. Ihr Blick wanderte weiter auf die schmale asphaltierte Straße die zum Familienanwesen führte. Die Teerdecke glänzte schwarz vom Regen, der mittlerweile nachgelassen hatte. Links und rechts davon wuchsen Bäume und Sträucher dicht an dicht. Bevor man vor dem großen schmiedeeisernen Tor stand, welches das Anwesen zur Straße hin begrenzte. Zu beiden Seiten der schmalen Straße erstreckten sich dahinter endlose unebene Wiesen. In einem großen eingezäunten Areal weideten ihre Pferde. Sophie ran eine einzelne Träne über die Wange. Nie wieder würde er durch dieses Tor fahren. Nie wieder würde sie ihm freudestrahlend entgegen laufen können. Nie wieder würde sie ihn umarmen können. Nie, nie wieder. Sie wünschte sich so sehr, die Vorfreude zurück, die sie immer empfunden hatte, als sie hörte, das er kommen würde. Sophies Magen zog sich zusammen. Heute morgen nach dem Frühstück, nahm ihr Vater sie zusammen mit ihren beiden Brüdern bei Seite und überbrachte ihnen die traurige Nachricht, das Bernard tot sei und sein Nachfolger heute schon gegen Mittag eintreffen würde, um sich ein paar Tage vorab einen Überblick zu verschaffen, bevor ihr Onkel und ihr Cousin eintreffen würden. Da es für den neuen Chef der Sicherheitsfirma der erste Aufenthalt hier in diesem netten kleinen Jagdschlösschen war. Ebenfalls waren die Personen die hier lebten für ihn neu. Sophie hatte sich den ganzen Vormittag lang die Augen ausgeheult, als sie diese traurige Nachricht von Bernards Tot erhielt. Bernard war in all den Jahren in denen sie sich kannten zu einem väterlichen Freund geworden. Das war nicht immer so, aber von dem Tag an als sie Freunde wurden, schrieben oder telefonierten sie oft miteinander. Sophie schüttete gerne ihr Herz bei Bernard aus. Zum Beispiel, wenn ihre zwei großen Brüder sie wieder einmal geärgert hatten. Sie wusste, dass sie Bernard alles anvertrauen konnte. Sie wusste leider auch, das er schwerkrank war. Das hatte er ihr in seinem letzten Brief schweren Herzens mitgeteilt. Ebenso hatte er ihr geschrieben, dass er seinen Nachfolger mit bedacht ausgewählt hatte. Sophie war damals schon verzweifelt als sie den letzten Brief von ihm gelesen hatte, den sie kurz vor Weihnachten bekam. Aus lauter Verzweiflung versuchte sie ihn über Wochen ans Telefon zu bekommen, doch alles war vergebens. Sie bittelte und bettelte sogar ihren Onkel an, den sie noch nie hatte leiden können. Er solle doch so gut sein und ihr sagen wo genau sich Bernard seit seinem neuen Krankheitsschub aufhielt. Doch bei Ihrem Onkel biss sie auf Granit. Sie hatte absolut keine Chance bei ihm an irgendwelche Informationen seines Aufenthaltsorts zu kommen. Das einzigste was sie heute Morgen von ihrem Vater erfahren hatte, war das ihr Onkel zu ihm sagte, er solle Sophie die Nachricht von Bernard‘s tot schonend beibringen. Für Sophie brach heute Morgen die Welt zusammen. Ihre älteren Brüder nahmen die Nachricht gelassen und gefasst auf. Sie hatten ja auch keine so enge Bindung zu Bernard wie Sophie. Irgendwann am Vormittag versiegten dann die Tränen und wichen einem brennenden Schmerz. Sophie stand immer noch am Fenster. Es schnürte ihr die Luft ab als sie plötzlich sah, wie eine große schwarze Limousine langsam durch das große schmiedeeiserne Tor fuhr. Ihr Blick folgte der Limousine, die ganz langsam über den schmalen Weg zum Haus fuhr. Das also musste der neue Sicherheitschef sein. Sie trat noch näher ans Fenster um nach unten zu sehen. Doch der Blick zur Haustür war ihr durch einen üppig gewachsenen Strauch verwehrt. Sophie hörte Autotüren zufallen und kurz darauf vernahm sie auch schon das melodische Läuten der Haustürglocke. Plötzlich erregte ihre Aufmerksamkeit ein großer Hase, der erschrocken durch den Garten hoppelte und Hacken zwischen den stattlichen Bäumen schlug die dort standen. Sie suchte nach dem Grund zwischen den licht stehenden Bäumen für die Aufruhr des Hasen. Aber sie konnte nichts ausmachen. Das Gartentor quietschte als der Gärtner es öffnete und mit einem üppig Strauß Frühjahrsblumen im Arm über den schmalen Kiesweg zu einem bogenförmig überdachten Eingang ging. Am Dach zeigten zwei kleine Türme in den Himmel. „Ahhh“, das war also der Grund für den Hasen die Flucht zu ergreifen. Ein leises klopfen an ihrer Türe war zu hören bevor sich die Türe eine Spalt öffnete. „Darf ich eintreten Countess?“ Sophie nickte und wischte sich mit dem Handrücken über ihre nassen Augen. “Schauen Sie Countess, ich habe ihnen die ersten Frühlingsblumen mitgebracht.“ Der Gärtner stellte die Blumen in einer Vase auf ein kleines Beistelltischchen und drapierte die sie in Form. Sophie trat zu ihm an das kleine Tischchen und betrachtete nachdenklich die schönen Blumen. „Danke Josef, die sind wunderschön.“ Bedankte sich Sophie bei ihm. „Countess, ihr Vater bittet sie zum Kaffee zu kommen. Die Pingu.... Verzeihung, die Herren der Sicherheitsfirma ihres Onkels sind so eben eingetroffen.“ Bei dem Wort Pinguin, dass er nicht ganz ausgesprochen hatte, entlockte er ihr ein kleines zartes Lächeln. „Bitte sagen sie meinem Vater, dass ich nicht kommen werde, auch nicht heute Abend zum Abendessen.“ Der Gärtner nickte. „Jawohl Countess, ich werde es ihn Wissen lassen.“ Josef hatte bereits die Türe geöffnet und wollte hinaus treten, als Sophie ihn fragte: „Josef, tut es immer so weh?“ Und schon fing sie wieder an zu schluchzen. Josef wusste genau was Sophie damit meinte. Er schloss die Türe und trat zu ihr. Er zog sie väterlich tröstend in seine Arme. „Ja Countess, leider ist das so, vor allem wenn man jemanden verliert, den man sehr mochte.“ Er wusste nur zu gut, wie Sophie sich fühlte. Auch er hatte seit vielen Jahren diese Freundschaft zwischen den Beiden mitbekommen. Josef schob sie etwas von sich weg. „Schaut Countess, da.“ Sagte er und deutete zum Fenster hinaus. „Eine junge Hasenfamilie. Wusstet ihr das hier zu Lande der Hase für Glück steht?“ Sophie schüttelte den Kopf. „Nein, das wusste ich nicht.“ Geheimnisvoll lächelte Josef, der eigentlich Mädchen für alles im Haushalt ihres Vaters war sie an. „Ich werde jetzt gehen Countess und ihrem Vater ihre Entscheidung, dass sie nicht kommen, überbringen.“ Josef zog leise die Tür hinter sich zu und er hörte noch hinter sich wie Sophie. „Danke Josef“ sagte, bevor er endgültig die Tür ganz schloss Sophie setzte sich mitten auf ihren großen dunklen Schreibtisch, der seitlich am Fenster stand. Sie zog sie Knie an ihre Brust und umklammerte diese. Ihr Kinn legte sie dabei auf ihre Knie. Wieder liefen ihr die Tränen. Sie bemerkte nicht einmal, dass das Tageslicht draußen schwand. Genau so wenig das Josef ihr ein paar belegte Brote brachte. Erst als er Sophies Nachttischlampe anknipste und diese den Raum in gedämpftes Licht flutete, bemerkte sie ihn. „Countess, Sie müssen etwas zu sich nehmen. Sie sind sowieso von Natur aus sehr dünn. Bitte, auch er würde es nicht gut heißen.“ Sophie hob nur leicht den Kopf an. Durch glasigen Augen blickte sie ihn an und schüttelte dabei ablehnend den Kopf. „Nein Josef, ich habe keinen Hunger, Danke.“ Leise verließ er den Raum. „Ich werde später noch einmal nach ihnen sehen Countess.“ Flüsterte er, bevor er das Zimmer verließ. Sophie blickte auf die Brote die Josef ihr gebracht hatte. Aber sie hatte wirklich keinen Hunger, obwohl ihr Magen schon seit Stunden verdächtige Geräusche machte. Sie blieb weiter hin auf dem Tisch sitzen. Seufzend legte sie ihren Kopf wieder auf die Knie. Sophie wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, seit Josef das letzte Mal bei ihr gewesen war. Ein Blick nach draußen durch das Fenster sagte ihr das es schon spät sein musste, denn es war stockfinster da draußen. Seufzend erhob sie sich, denn sie hatte beschlossen, doch noch eines der belegten Brote zu essen. Ein Bissen in das Brot verriet ihr, das es schon lange hier stehen musste, denn es war am Rand schon leicht hart. Sie krabbelte mit dem Teller wieder zurück auf den Tisch und stellte diesen neben sich ab. Sophie horchte auf, denn sie hatte ein Geräusch im Flur wahrgenommen. Zuerst dachte sie es wäre das Knirschen ihrer Zähne, welches das harte Brot verursachte. Aber bei nochmaligem Hinhören wusste sie, dass sie sich geirrt hatte. Es waren Stimmen und diese kamen direkt von der Tür her. Mit einer Mischung aus Trauer und Missmut erhob sie sich von ihrem unbequemen Sitzplatz. Was für ein Unfug stellten ihre beiden älteren Brüder da draußen wieder an, ging es ihr durch den Kopf. Ihre Zimmertüre wurde so rasch geöffnet, dass sie vor Schreck beinahe einen Schritt rückwärts gemacht hätte, wobei sie wahrscheinlich ins straucheln gekommen wäre. Gerade noch rechtzeitig konnte sie sich an einem ihrer Bettpfosten festhalten. Im Türrahmen standen zwei schlanke junge Männer mit dunklen Haaren und musterten sie. Sie trugen beide schwarze Anzüge. Darunter ein weißes Hemd und ihre sauber polierten schwarzen Lackschuhe glänzten auffallend. Unter ihrem Sakko zeichnete sich ein Pistolenholster ab. „Ich.....ähm.“ Sophie musste sich räuspern und versuchte mit dem Handrücken ihre Tränen aus den Augen zu wischen. Die beiden jungen Männer betrachteten sie abwartend. Sie sahen beide unverschämt gut aus und waren mindestens zwei Köpfe größer als sie. Sophie musste den Kopf in den Nacken legen um sie richtig anzusehen. „Was fällt ihnen......“ Sie brach ihren Satz ab und ihr wurde ganz heiß auf einmal. Die Männer verzogen keine Mine dabei und ließen sie nicht aus den Augen. Das machte Sophie sehr unsicher und verärgert. Was fiel den beiden Pinguinen ein, sie derart zu begutachten? „Und?“ Brachte einer der beiden Männer hervor. Sophies Puls beschleunigte sich vor Ärger. „Was fällt ihnen ein, einfach so in mein Zimmer zu spazieren?“ Platze es aus ihr heraus. Wobei sie spürte, dass ihre Wangen sich röteten. Denn allmählich wurde aus ihrem Ärger blanke Wut. Die beiden Männer blickten sich gegenseitig an. Sie hatten wohl beide den gleichen Gedanken. Das war also „meine Kleine“, über die sein Vorgänger immer so viel gesprochen hatte. Die Herren hatten sich wirklich eine kleine zickige und durchtriebene Göre vorgestellt und keine junge attraktive Frau. Sophie beobachtete den Blickaustausch der beiden. Machten sich die zwei Pinguine etwa lustig über sie? Unerwartet hielt einer der beiden Männer ihr die Hand hin. „Bernard, ich bin der neue Sicherheitschef ihres Onkels.“ Stellte er sich vor. „Und das ist Mario, mein Stellvertreter.“ Sprach er weiter und deutete mit der Hand auf seinen Kollegen. Sophie riss die Augen auf, als sie den Namen des ersten Mannes hörte. Was den beiden nicht entgangen war. Zögernd schlug sie in die dargereichte Hand ein. Dabei umspielte ein hauch eines Lächelns Bernard's Mundwinkel. Das war sie also, Vaters „Kleine“, Sophie presste die Lippen zusammen und entzog ihm schnell ihre Hand als ob sie sich daran verbrennen könnte. „Und mit wem haben wir die Ehre?“ Hackte Bernard neugierig nach. Wurde das jetzt ein Verhör? Sie fühlte sich wie ein Schulmädchen. Hilflos, beschämt und ratlos gleichermaßen. „Sophie“, antwortete sie zögernd. „Countess Sophie“, wiederholte sie sich. Beide Männer nickten höflich. „Bitte verzeihen Sie unser Eindringen, aber so wie es aussieht, haben wir uns beide in der Zimmertür geirrt.“ Sprach Bernard, dabei lehnte er sich lässig in den Türrahmen, als hätten die beiden alle Zeit der Welt, anstatt sich in ihr Zimmer zu bemühen. Fast hätte Sophie mit dem Fuß aufgestampft vor Zorn wie ein keines Kind. „Das kann man wohl sagen, dass sie die Zimmertür verwechselt haben.“ Fauchte sie die beiden Männer an. Bernard zuckte mit den Schultern, dabei blickte er Mario an, bevor er ruhig weiter sprach. „Ich bin Mario sogar sehr dankbar, dass er sich in der Zimmertüre geirrt hat, sonst wäre uns heute Abend eine attraktive junge Frau wie Sie Countess vorenthalten geblieben.“ Verblüfft blickte sie diesen arroganten, hochnäsigen Pinguin an. Was glaubte er den wer er sei. „Was“? Sophies Wangen wurden heiß und glühten schon leicht. Und beschloss dieses Kompliment zu ignorieren. Was fiel diesem Pinguin ein, so mit Komplimenten um sich zu schmeißen und sie immer noch mehr durcheinander zubringen.? Sie beschloss darauf keine Antwort zu geben. Wie eine Furie drückte sie sich durch die männlichen Wesen hindurch auf den Flur. „Wenn sie mir bitte Folgen würden, dann zeige ich ihnen wo ihr Zimmer ist.“ Zischte sie die Männer an, dabei blickte sie unglücklich zu Boden. Mit pochendem Herz stand sie auf dem Flur und führte die beiden Pinguine zwei Türen weiter. Sophie öffnete die Tür und tastete nach dem Lichtschalter und das Licht flammte auf. „Bitte sehr.“ Wandte sie sich an ihre Begleiter. Diese jedoch rührten sich nicht vom Fleck. Sophies Wangen fingen an zu brennen, heißer Zorn durchloderte sie. „Soll ich die Herren auch noch zu Bett bringen.“ Zischte sie die beiden an. Am liebsten hätte sie beiden eins vors Schienenbein getreten. Nur mühsam konnte sie sich beherrschen. „Danke Countess, das ist nicht nötig.“, sagte Mario amüsiert mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Er fand die Vorstellung reizend, von einer Countess ins Bett gebracht zu werden. Empört funkelte Sophie ihn an. Was bilden sich diese zwei Pinguine nur ein, dachte sich Sophie. Sie nickte ging zügig zu ihrem Zimmer und schloss rasch die Tür hinter sich. Sie hatte das Gefühl innerlich zu schrumpfen. Seit dieser ersten Begebung mit diesen beiden Herren, vermied sie es ihnen erneut zu begegnen. Sie schlich sich durch das Haus, immer auf der Hut, keinem der beiden über den Weg zu laufen. In der Zwischenzeit war auch ihr Onkel und ihr Cousin angekommen. Diese brachten leider zu Sophies bedauern noch mehr Pinguine mit. So war es für Sophie kaum noch möglich, etwas Freiraum zu haben. Den auf Schritt und Tritt traf man auf sie. So empört wie sie über die Anwesenheit dieser Bodyguards auch war, wusste sie, dass es im Grunde recht war. Ihr Onkel war ein einflussreicher Mann in Italien und man munkelt hinter vorgehaltener Hand, dass er auch das ein oder andere Geschäft mit der Mafia betrieb. Deshalb scharte er auch so viele Pinguins um sich herum. Sophie setzte sich mit ihrer Mahlzeit in die Küche an den soliden Holztisch mit der blank gescheuerten Tischplatte. Es war kühl in der Küche um nicht zu sagen kalt. Ihr Blick ging weiter zum Ofen der mit Holz geschürt wurde. Sollte sie ihn anzünden? Sie hatte absichtlich heute Morgen das Frühstück verschlafen. Sie konnte die Gesellschaft ihres Onkels nicht mehr ertragen. Gott sei Dank würde er in ein paar Tagen wieder verschwinden und mit ihm auch eine Menge der Pinguine. Nur Philipe ihr Cousin würde noch hier bleiben. Wie jedes Jahr. Er verbrachte immer den ganzen Sommer hier bei ihnen. Weil er eine Allergie hatte und die Hitze in Italien nicht so gut vertrug. Schon sehr früh als Kind trat dies bei ihm auf und die Ärzte waren ratlos. Man fand aber auch ziemlich schnell heraus, dass er hier bei ihnen diese Symptome so gut wie nicht zeigte. So entschied Sophies Vater damals, dass Philipe der gleich alt war, wie seine beiden Söhne den Sommer bei ihnen verbringen sollte. Philipe war für Sophie in all den Jahren wie ein Bruder geworden. Sie mochte ihn im Gegensatz zu ihrem arroganten Onkel. Durch eine große Fensterfront in der Küche konnte man in den Garten sehen. Zwischen den stattlichen Bäumen deren Blätter in allen Grünentönen in der Sonne leuchteten, wuchsen Rosenbüsche, die üppig mit Knospen übersät waren. Den Rasen hatte Josef schon vor einigen Tagen das erste Mal mähen müssen. Und unter der tief hängenden Trauerweide stand sogar schon eine Gartenbank. Sophie bemerkte das hinter dem Garten sich mehrere Leute auf dem kleinen Tennisplatz tummelten. Den ihr Vater damals extra für Philipe anlegen ließ, da er so gerne Tennis spielte.
Es schien wirklich ein wundervoller Frühlingstag zu werden. Ihr kam ein Gedanke nach dem sie die Leute auf dem Tennisplatz sah. Eine halbe Stunde später verließ Sie unbemerkt das Haus. Durch die kühle Luft spürte sie die erste wärme der Sonnenstrahlen. Sie kam zu einem kleinen Waldstück und bog nach links auf einen Sandweg ein. Der Weg verengte sich nach ein paar Meter zu einem Pfand. Sophie wusste schon lange was ihr auf der Seele lag. Sie wollte noch einmal zu dem Ort den Bernard so sehr geliebt hatte. Er saß gerne auf der alten Bank unter der Trauerweide die ihre Äste bis in den kleinen See streckte. Hier saß er oft Stunden lang. Und nur sie beide wussten von diesem Ort. Vorher in der Küche kam ihr dieser Ort wieder in den Sinn. Ein kleiner Schauer lief ihr über den Rücken und sie ging etwas schneller. Im selben Moment knackte ein Zweig. Erschrocken blickte sie sich um. War ihr doch jemand gefolgt? Hatte es jemand bemerkt, dass sie das Haus verlassen hatte? Nein, das konnte nicht sein. Sie war immer noch alleine. Dennoch..., es hatte geklungen als wäre jemand auf einen Ast getreten. Ihre Hände wurden kalt. Dann mochte sich dieser Jemand seitlich des Weges im Gebüsch verbergen. In einem Anflug von Panik wollte sie anfangen zu rennen und beherrschte sich aber dann noch. Welch ein Unsinn? Wenn es wirklich einer der Pinguine war der sie suchte? Vielleicht war es ja ein Tier gewesen, dachte sie sich. Dabei verdrängte sie das Wissen, dass die Vögel, Eichhörnchen oder Igel, die im Dickicht Unterschlupf suchten kaum einen Ast zum knacken bringen würden und lief zielstrebig weiter. Sie ließ sich auf der Bank unter der Trauerweide nieder und blickte über den See. Der Wind kräusele das Wasser und warf kleine Wellen auf, welche im Anschluss am Strand ausliefen. Sie achtete nicht darauf, dass ihr die Tränen über die Wangen kullerten. Sie seufzte einmal laut auf. Genau hier war sein Lieblingsplatz. Hier her verzog er sich immer dann, wenn er Zeit zum Nachdenken brauchte. Und genau dieser Ort war ein Geheimnis von ihnen. Sophie hatte diesen Platz ihm eines Tages bei einem langen Spaziergang gezeigt. Ja sie waren beide oft hier an dieser Stelle und führten so manch langes Gespräch miteinander. Jemand räusperte sich neben Sophie. Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie die Person nicht kommen hörte. Zornige Hitze durchrang Sophie von Kopf bis zu den Zehen. Also war ihr doch jemand gefolgt und sie hatte sich vorher doch nicht getäuscht. Ihr Herzschlag setzte für einen Augenblick aus und etwas schnürte ihr die Kehle zu als sie zur Seite blickte, um nach zu sehen, wer da gekommen war. Sein Hemd stand zwei Knöpfe offen. Er trug den selben schwarzen Anzug wie immer und eine Strähne seines dunklen Haars fiel ihm in die Stirn. Bei seinem Anblick spürte sie ein eigentümliches kribbeln im ganzen Körper. Er machte sie unsicher, wenn er so vor ihr stand. „Entschuldigen Sie Countess, ich wollte Sie in ihrer Trauer nicht stören.“ Rasch sah Sophie zur Seite. „Darf ich mich kurz zu ihnen setzten Countess?“ Sie zögerte noch immer. Was wollte dieser arrogante Pinguin von ihr. Er sollte sie einfach in Ruhe lassen. Ohne Sophie´s Antwort abzuwarten, setzte er sich neben sie. Empört funkelte sie ihn an. “Was soll das?“, fauchte sie den Mann an. Bernard wandte sich zu ihr. Seine Miene war unbewegt. Sophie fiel auf, was für weiche geschwungene Lippen er hatte. Sein Blick, den er immer auf sie gerichtet hatte, schien in ihr Innerstes durchzudringen. „Wie ich schon sagte, es tut mir Leid sie in ihrer Trauer zu stören, aber ich habe seit meiner Ankunft hier bei ihnen gehofft, sie einmal alleine anzutreffen Countess. Denn ich dachte mir, das es ihnen lieber wäre, wenn ich ihnen dies nicht vor allen Leuten übergeben würde.“ Seine Stimme war leise und sanft. Dabei zog er einen großen dicken Umschlag aus seiner Innentasche des Jacketts. Überrascht und verlegen hielt sie den Atem an. „Für mich?“ Fragte sie ungläubig und ihre Stimme krächzte dabei. Er nickte schweigend. „Er wollte, das ich ihnen dies persönlich Übergebe.“ Wieder füllten sich ihre Augen mit Tränen. Er hob eine Hand und strich ihr mit seinem Daumen sachte über die nasse Wange. „Ich weiß nur zu gut, was sie fühlen Countess.“ Sophie sprang auf, heißer Zorn schoss in ihr hoch, und schrie ihn wutentbrannt an. „Einen Teufel wissen sie.“ Bernard war ebenfalls aufgestanden. In ihm tobten gefährliche Gefühle und versuchte in dieser Situation ruhig zubleiben. Bernard wusste, das er ein sehr schweres Erbe angetreten war. Aber er hatte sich ebenfalls kaum noch unter Kontrolle. Er trat einen Schritt auf Sophie zu. Dabei griff er nach ihrem Handgelenk und hielt sie fest. Er bekam einen knallroten Kopf und winzige Schweißperlen traten auf seiner Stirn hervor. Verärgert und zornig sagte er: „Countess, jetzt hören Sie mir einmal genau zu.“, knurrte er und blickte sie mit finsterer Miene an. Sophie versuchte sich aus seinem eisernen Griff zu befreien. „Auch ich traure um diesen Mann, sogar sehr, vielleicht auch noch ein bisschen mehr als Sie Countess. Ja ich war bei ihm bis zu seinem letzten Atemzug. Und ja, er wusste, dass sie versucht haben herauszufinden, wo er war. Und ja er sprach viel von ihnen Countess. Nicht nur in seinen letzten Stunden.“ Sophie hielt entsetzt den Atem an. „Sie, sie waren bei ihm?“ Flüsterte sie leise dabei füllten sich ihre Augen wieder mit der nassen Flüssigkeit. Langsam löste Bernard seinen festen eisernen Griff. Sophie bemerkte, wie er eine Hand zur Faust ballte um seinen Zorn in den Griff zu bekommen. Trotz ihres Kummers fiel ihr auf, wie unverschämt gut der Mann aus sah, obwohl er so zornerfüllt vor ihr stand. Sie hätte nur all zu gerne ihr Gesicht gegen seine Brust gedrückt und sich von ihm trösten lassen. Bernard zuckte einmal mit den Schultern, bevor er sich zum gehen wandte. Den auch er kämpfte gegen seine Gefühle an. Er wollte sich nicht vor dieser Zicke und verwöhntem Gör die Blöße geben, vor ihr zu weinen wäre das aller letzte gewesen. Während er sich von ihr abwandte, sagte er nur noch: „Mehr kann ich ihnen leider nicht sagen Countess. Ich glaube es ist besser wenn ich jetzt gehe. Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie gestört habe in ihrer Trauer.“ Mit eiligen Schritten verließ er sie. Sophie blickte ihm noch lange hinterher. Auch Bernard glaubte ihren Blick im Rücken zu spüren und in seinem Nacken kribbelte es unangenehm. Deshalb beschleunigte er seinen Schritt noch mehr. Was wusste diese verzogene blöde Countess schon von seinen Gefühlen. Auch für ihn brach ein Welt zusammen, in dem Augenblick als sein Vater die Augen für immer verschloss Und wie oft, musste er sich über viele Jahre mit anhören, wenn sein Vater von seiner „Kleinen“ sprach. Er hätte lieber sagen sollen „seine verzogene Kratzbürste“, schimpfte er vor sich hin. Eine sture, egoistische, verzogene, reiche Göre, die meint nur ihr gehört alles und nur sie trauerte um einen ganz besonderen Menschen. Aber wie es in seinem tiefsten Inneren aussah, wusste niemand außer er selbst. Ein paar Sonnenstrahlen fielen durch die Zweige einiger hohen Tannenbäume die rechts und links des Pfades standen und ihn blendeten. Er blieb stehen und lehnte sich an einer der Baumstämme und fing heftig an zu schluchzen. Er hatte so einen Zorn auf seinen Vater, dass er sich herum drehte und mit der Faust auf den Baum mehrmals einschlug, der genau vor ihm stand. Nach dem er sich die Hand blutig geschlagen hatte, aber immer noch wütend war, drosch er mit dem Fuß gegen diesen Baum. Dabei verfing sich einer seiner Ärmel an einem tief sitzenden Zweig. Er riss daran und stolperte vorwärts. Durch dieses Missgeschick trat er auf einen dicken Ast welcher mit Moos überzogen war und rutschte aus. Er knickte dabei mit dem Sprunggelenk um. Ein scharfer Schmerz zuckte von seinem Knöchel bis ins Knie und er landete schließlich auf seinem Hinterteil. Bernard atmete kräftig durch. Unter lautem Fluchen versuchte er aufzustehen um nach Hause zu humpeln. Ein Blick auf seinen teuren Anzug sagte ihm, dass dieser jetzt vollkommen ruiniert war. Ach was zum Henker fluchte er weiter vor sich hin. Daran war nur diese blöde, dumme, alberne Gans schuldig.
Mario stand unter der Haustüre, als Bernard durch das große schmiedeeiserne Tor lief. Schon von weitem konnte Mario sehen, das Bernard´s Anzug nur noch aus Fetzen bestand. Als Bernard näher kam, konnte Mario auch die blutige Hand erkennen und seinen Hass in den Augen. Mario schüttelte zuerst nur den Kopf, anschließend klopfte er Bernard kameradschaftlich auf die Schulter. „Hey man, wollte dich ein Bär fressen?“ Scherzte Mario und lachte laut auf dabei. Erst jetzt fiel ihm auf, das Bernard alleine zurück gekommen war. „Wo ist die Countess? Du warst doch bei ihr oder?“, fragte er verwundert, denn es war normal nicht Bernard´s Ding, jemanden von der Seite zu weichen. „Ach zum Henker, lass mich in Ruhe, geh zur Seite Mario ich muss mich umziehen. Schick irgend jemand zum See.“ Brüllte er Mario verärgert an.
Sophie hatte Bernard noch lange nachgesehen. Für sie war er einfach nur ein aufgeblasener, arroganter Pinguin der sich wichtig machen wollte und glaubte wunder wer oder was er sei. Was sollte dieser ganze Zirkus gerade von ihm. In ihr stieg eine heiße Wut auf. Was wusste dieser schon von ihrer Trauer?. Und was für eine Frechheit besaß er zu behaupten, er könne ihre Trauer verstehen. Nichts konnte der bornierte Lackaffe verstehen, rein gar nichts. Was wusste er schon über sie? Sophie's Nasenflügel fingen an zu beben, so sehr steigerte sie sich hinein und ihr Herz bäumte sich vor Wut auf. Dann besaß er auch noch die Frechheit, ihr sachte und zärtlich über die Wange zu streichen um ihr Trost zu spenden. Sie wollte ihre Hände zu Fäusten ballen, doch nur eine Hand schloss sich. Sophie bemerkte, dass sie immer noch in einer Hand den dicken Umschlag hielt, welcher ihr dieser arrogante Schnösel übergeben hatte. Ihre Nerven lagen blank. Sie hatte das Gefühl einen Schlag in den Magen bekommen zu haben, als sie den Umschlag betrachtete. In ihr krampfte sich alles zusammen. Sollte sie diesen Brief wirklich öffnen und lesen?. Sophie ließ sich seufzend auf die marode hölzerne Bank fallen. Sie drehte den Umschlag langsam mehrere Male in ihren Händen. Erste Tränen tropften auf die Kartonage. Ein heftiges Zittern durchrann sie. Ihre Hände wurden noch kälter und feuchter. Sie schloss die Augen um sich zur Ruhe zu zwingen. Was mochte in diesem Umschlag sein? Sophie sank kraftlos zurück an die Lehne der Bank. Sämtliche ihrer Muskeln spannten sich an als sie den Brief öffnete. Als erstes fiel ihr ein in Gold gefasstes Medaillon in den Schoß. Vorsichtig mit zwei Fingern hob sie es hoch, so, als ob sie sich daran verbrennen könnte. Es zeigte ein Bild von drei schönen Frauen im mittleren Alter die ihr entgegen lächelten. Erneut stiegen Tränen in ihr auf. „Mama“, hauchte sie leise. Sie wusste nicht viel über ihre Mutter. Sophie hatte sie früh verloren. Sie war damals fünf oder sechs Jahre alt, als ihre Mutter bei einem Anschlag in einem italienischen Dorf ums Leben kam. Seit dem hatte sich ihr Vater um sie und ihre beiden älteren Brüder liebevoll gekümmert. Aber er konnte seinen drei Kindern die Mutter nicht ersetzen. Und eine erneute Heirat wollte er deshalb nicht eingehen. Sophie wusste auch, dass damals bei diesem Anschlag Philipes Mutter, also ihre Tante ebenfalls umkam. Philipe hatte es in all den Jahren sehr schwer gehabt. Schon als kleines Kind konnte er keinen Schritt machen ohne das die Pinguine um ihn herum waren. Er konnte und durfte seine kindliche Freiheit nie ausleben. Deshalb hatte er es immer genossen über den Sommer zu ihnen zu kommen. Zwar waren auch hier Pinguine während seines Aufenthaltes anwesend, aber die ganze Atmosphäre war irgendwie lockerer als bei ihm zu Hause. Oft haben die vier Kinder sich heimlich davon geschlichen um am See zu angeln oder sich einfach nur einmal auszutoben. Es gab zwar dann jedes Mal ein gewaltiges Zenober wenn sie zurück kamen, aber das war den Kindern egal. Sie wussten damals nicht was alles auf dem Spiel stand wenn sie sich heimlich aus dem Staub machten. Sie waren Kinder und machten sich keinen Kopf wie die Erwachsenen. Sophie legte behutsam das Medaillon neben sich auf die Bank. Im Anschluss zog sie vorsichtig die vielen losen Blätter aus dem Umschlag. Sie faltete sie sorgsam auseinander und begann zu lesen.
Meine liebe Kleine,
bitte verzeih einem alten kranken Mann, dass du erst jetzt von mir hörst. Man sagte mir, dass du alle Hebel in Bewegung gesetzt hast um mich zu finden. Aber ich war es, der das nicht wollte. Bitte behalte mich so in Erinnerung wie du mich bei unserer letzten Umarmung gesehen hast. Ja meine Kleine, wenn du diese Zeilen in den deinen Händen hält und ließt hat mich der liebe Gott zu sich geholt. Aber ich glaube und hoffe es so sehr, dass wir uns eines Tages wieder sehen werden. Schon nach diesen Zeilen ließ Sophie das Blatt nach unten gleiten und fing bitterlich an zu heulen. Sie brauchte eine ganze Weile bis sie sich wieder beruhigt hatte bevor sie weiter lesen konnte. Ich kann mir gut vorstellen wo du jetzt gerade bist. An unserem geheimen Platz am See unter der Trauerweide auf der kleinen Bank. Sophie versuchte trotz ihrer Tränen, die immer noch zahlreich flossen, zu schmunzeln bei diesen Worten. Aber es wollte ihr nicht so ganz gelingen. Dann las sie weiter. Ich kann mich noch gut an unsere erste Begegnung erinnern. Mir kommt es vor als wäre es erst Gestern gewesen. Du standest eines Nachts ganz neugierig in deinem Nachthemdchen unter der Wohnzimmertür und schautest mir zu, wie ich gegen einen unsichtbaren Gegner Schach spielte. Du sahst so bezaubernd aus meine Kleine. Mit deinen langen geflochtenen Zöpfen und nackten Füßchen, wie du so vor mir standest. Bei diesem Anblick, der mir sich in jener Nacht bot, hätte niemand geglaubt, was für ein Teufelsbraten du warst. Es gab Zeiten, da haben sich meine Männer geweigert zu euch zu kommen. Selbst diejenigen, die dich nur vom hören sagen kannten. Ich muss schon sagen, du hast meine Männer ganz schön an der Nase herum geführt. Du wärst eine gute Geheimagentin geworden. Und genau das war damals der Grund, warum wir uns beide kennen gelernt haben meine Kleine. Ich wollte mir selbst ein Bild von dem Satansbraten machen, wie meine Männer dich damals nannten. Keiner von uns beiden hätte damals gedacht was für eine wunderschöne Freundschaft aus dieser Begegnung wurde. Du warst in all den Jahren wie eine Tochter für mich. Ein Tochter, die ich nie in meinem Leben bekommen habe. Aber irgendwie doch hatte. Ja, ich war sehr stolz darauf. Ich weiß noch gut wie du mich an diesem Abend unseres Zusammentreffens Schachmatt gesetzt hast. Du warst damals schon als Kind eine verdammt gute Schachspielerin. Ich habe mich jedes Mal gefreut wenn du mit mir gespielt hast. Und vor allem wenn es spät wurde. Was du da immer für einen Aufstand gemacht hast, als dein Vater dich ins Bett schickte. An diesem Abend hast du mir auch gesagt, dass du die Pinguine so hassen würdest außer einen. Weißt Du meine Kleine, ich habe mir oft Gedanken gemacht was in deinem kleinen Köpfchen so vor sich ging. Ich kann mich noch gut an das glitzern und leuchten in deinen Augen erinnern als ich sagte, es wird in Zukunft keine Pinguine hier mehr geben. Nur noch in Ausnahmefällen. Ich muss dir gestehen, dass ich es damals genossen habe wie du mir um den Hals gefallen bist. Und ich glaube immer noch fest daran, dass das der Auslöser für unsere wunderschöne lange Freundschaft war. Ich habe noch heute das Gesicht der Verkäuferin vor Augen, als wir alle unsere Jacken auszogen und sie unsere Pistolenholster erblickte. Kannst du dich auch noch daran erinnern meine Kleine, wie du versucht hattest mir die Angst vor deinen Pferden zu nehmen. Damit ich nicht immer mit dem Drahtesel neben dir herfahren musste, wenn du ausreiten wolltest? Ich denke, dass war eine harte Nuss die du da zu knacken hattest. Du brauchtest sehr gute Nerven für den alten Knacker, aber die Mühe hatte sich glaube ich doch gelohnt oder? Ich war immer sehr stolz wenn ich auf Saragossa neben dir reiten durfte. Wir waren zwar immer nur im Schritt unterwegs und du musstest mich und Saragossa an einem Strick halten, aber die Ausritte mit dir habe ich immer wieder genossen. Nur den Muskelkater am nächsten Tag nicht. Bitte gib Saragossa von mir eine große dicke Möhre. Für die anderen Pferde würden klitze kleine ausreichen. Die waren für mich schon immer kleine Biester die mich nicht leiden konnten. Sophie blickte auf. Sie konnte die Schrift kaum noch entziffern. Sie musste mehrmals in ihr Taschentuch schnäuzen. Dabei zwang sie sich an etwas anderes zu denken. Sie blickte auf den kleinen See der silbernglänzend vor ihr lag. Sophie konnte sich noch gut an Sika erinnern, dass war die Mutter von Saragossa. Saragossa war damals noch ein sehr junges Pferd und Sika eine sehr erfahrene alte beschützende Mutterstute. Bernard wollte Saragossa eigentlich nur freundlich über die Mähne fahren. Schon als er die Hand hob um ihm über die Mähne zu streichen kam Sika im gestreckten Galopp auf Bernard zugerannt um ihr Kind zu verteidigen. Sie legte die Ohren so an, dass man sie gar nicht mehr sah. Mit weit aufgerissenem Maul und ihren Hufen hatte sie ihn damals attackiert. Seit diesem Tag hatte er die Weide nicht mehr betreten. Bernard hatte sowieso einen heiden Respekt vor diesen großen Tieren. Durch diesen Zwischenfall wurde Sophie's harte Arbeit wieder zu Nichte gemacht. Dadurch musste sie mit Bernard erneut von vorne anfangen um ihm seine Angst vor den Pferden zu nehmen. Langsam hatte sie sich wieder beruhigt und las weiter. Kannst du dich noch an unseren großen Tag erinnern meine Kleine? Ich meine unseren aller ersten Tanz? Wir beide, Du und ich, haben die noble Gesellschaft ganz schön aufgemischt. Selbst heute noch nach all den Jahren wird die Geschichte von uns noch in so manchen Salons in Italien erzählt. Du warst damals schon eine bezaubernde junge Dame. Ich weiß noch sehr gut wie ich mit meinen Männern am Rand des Ballsaales gestanden bin, als dein Onkel laut Hals verkündete das dies dein erster richtiger Ball sei und er alle jungen Männer darum bitten würde, mit dir zu Tanzen. Du hättest damals dein Gesicht sehen sollen. Du warst fast dunkelrot vor Zorn angelaufen. Und als dann auch noch gleich darauf eine Horde junger Männer auf dich zugestürmt kam, war es aus. Eigentlich wollten diese sich ja nur in deine Tanzkarte eintragen, aber das wusstest du ja zu diesem Zeitpunkt gar nicht. Weil es dir niemand gesagt hatte, wie man sich als junge Frau auf einem Ball zu verhalten hatte. Leider ist mir das damals durch die Lappen gegangen. Zu meinem großen Ärgernis hatte ich es erst genau in diesem Moment festgestellt. Normalerweise war es Sache der Mutter ihre Tochter auf einen Ball einzuführen. Du bist in Panik zu mir gerannt gekommen packtest mich an der Hand und zogst mich auf das Tanzparkett. Dein Vater war außer sich und dein Onkel hatte einen Lachanfall bekommen. Die Leute um uns herum standen alle mit aufgerissen Münder da und tuschelten hinter uns. Ich könnte heute noch über diesen Abend lachen. Vorallem weil du beschlossen hattest den ganzen Abend mit mir zu Tanzen und mit sonst niemanden. Dein Onkel erzählt noch heute gern die Geschichte über uns beide meine Kleine. Ja wir waren lange das Gesprächsthema in den Salons. Sophie lächelte in sich hinein. Wie hätte sie auch damals als blutjunges Ding das alles Wissen sollen, wie man sich auf einem Ball benimmt. Sie hatte ja niemanden der ihr das zeigte. Und Bernard gestand ihr an diesem Abend, dass auch er leider nicht daran gedacht hatte ihr jemand an die Seite zu stellen. Ja meine Kleine, Du warst schon immer ein Teufelsbraten. Wir hatten wirklich viele schöne gemeinsame und lustige Momente. Ich hoffe meine Kleine, dass du mir auch das was jetzt kommt verzeihen wirst. Du weißt nicht wie schwer es mir fällt dir das jetzt zu schreiben. Aber ich habe dich über viele Jahre angelogen. Bitte, bitte verzeih mir meine Kleine. Sicherlich ist dir das Medaillon mit den drei Frauen schon aufgefallen. Die mittlere ist deine Mutter Sophia, von der du auch deinen Namen hast. Die rechte davon ist Alicia deine Tante, Philipes Mutter und die linke ist Gloria meine Frau gewesen. Du hast mich einmal bei unseren gemeinsamen Ausflügen gefragt, ob ich deine Mutter kannte und ob ich dir etwas über sie erzählen könnte. Ich habe damals Nein gesagt, dass war gelogen. In Wirklichkeit kannte ich deine Mutter sehr gut. Schließlich wuchs sie gemeinsam mit deiner Tante und meiner Frau auf. Die drei waren unzertrennlich und deshalb zog es deine Mutter immer wieder hier her nach Italien zurück. Dein Vater hatte Sophia auf einem der Weinfeste kennen gelernt und zugleich war sie damals auch noch die Brautjungfer der bevorstehenden Hochzeit deines Onkels und Tante. Wie schon gesagt meine Kleine, die drei waren unzertrennlich. Es tut mir so leid, dass ich damals das Attentat nicht verhindern konnte, da ich selbst in eine Falle gelockt wurde. Die dritte tote Frau war Gloria, alle drei Mütter von kleinen Kindern. All die Jahre trug ich eine schwere Last auf meinen Schultern, denn ich hätte das Attentat verhindern können. Ja meine Kleine, ich alleine bin Schuld, dass du und Philipe so früh eure Mütter verloren habt. Bitte verzeih mir. Aber es fiel mir auch nicht leicht, dich anzulügen. Sophie liefen die Tränen im Sturzbach aus den Augen heraus. Sie konnte nicht begreifen, was sie da gerade gelesen hatte. Sie musste das Schreiben auf die Seite legen. Sie krümmte sich vor Schmerzen in ihrem Herz. Sie schrie laut auf und jammerte heulend. Ihre Tränen kullerten zu Boden. Sie war wütend und traurig, verzweifelt und entsetzt zu gleich. Sophie hatte einen bitteren Nachgeschmack auf der Zunge und den heftigen Drang aufzustehen davon zurennen, soweit und so schnell sie nur konnte. Ihr Herz pumpte als wollte es zerspringen. War ihre Freundschaft all die Jahre eine einzige Lüge gewesen? „Nein“, schluchze sie erneut auf. Sie schüttelte den Kopf und wieder tropften Tränen auf ihr Knie und dann zu Boden. Von ihrer Seit aus niemals. Für sie war Bernard immer ihr väterlicher Freund. Aber was war sie dann in Wirklichkeit für ihn? Leider konnte sie ihn nicht mehr selbst fragen. Ihr wurde übel und sie musste sich übergeben. Ihre Hand zitterte und fast hätte sie alle Blätter wütend von der Bank gestoßen, aber sie war ja noch nicht fertig mit lesen. So meine Kleine, las sie weiter. Ich weiß das du jetzt ziemlich verwirrt und wahrscheinlich auch extrem wütend und sauer auf mich bist. Das verstehe ich auch, aber ich dachte du hast ein Anrecht auf die Wahrheit meine Kleine. Ebenso ist es auch die Wahrheit meine Kleine, dass ich dich wirklich wie meine eigene Tochter geliebt habe. Apropos Wahrheit meine Kleine, sicherlich hat dir diesen Umschlag ein baumlanger Pinguin übergeben und so wie ich dich kenne, hast du meinen Nachfolger bestimmt nicht sehr freundlich empfangen. Meine Kleine in meinem letzten Schreiben habe ich dir mitgeteilt, dass ich meinen Nachfolger mit bedacht ausgesucht habe. Ich hoffe Du vertraust ihm einmal genauso wie Du es bei mir getan hast. Bitte gib ihm eine Chance. Übrigens, wie dir bestimmt schon aufgefallen ist, wirst du dich vom Namen her nicht viel umstellen müssen. Er heißt wie ich Bernard. Und falls du eines Tages wieder auf einem Ball in Schwierigkeiten wegen den jungen Männern kommen solltest, kannst du ihn ruhig auffordern. Er ist ein hervorragender Tänzer, obwohl er dies nicht gerne hört. Aber er hat auch eine Macke und hier bitte ich dich diese zu beseitigen. Er hat sehr große Angst vor Pferden, gleich wie sein Vater. Der Apfel fällt halt doch nicht so weit vom Stamm. Sophie musste diesen Satz zwei weitere Male lesen, bevor sie begriff, was dort stand. Bitte meine Kleine gib ihm eine Chance und ich hoffe inständig, dass du ihm eines Tages so sehr vertraust und liebst wie du es bei mir getan hast. Meine Kleine ich kann dich nur anflehen, denn auch er kennt erst seit kurzem die Wahrheit, so wie du jetzt auch. Tschüss meine Kleine. Ich liebe dich von ganzem Herzen, dein väterlicher Freund
Bernard Lorenzo.
Die einbrechende Dunkelheit erschwerte Sophie die Sicht zum weiter lesen. Sie musste manches zwei oder drei Mal lesen, vorallem die letzte Seite. Aber sie hatte es gerade noch geschafft den Brief fertig zu lesen. Mit schwinden des Tageslichtes war es auch kalt geworden. Sie schniefte noch immer und immer wieder rieb sie sich an der Nase. Sie erhob sich seufzend von der Bank um sich auf den Heimweg zu machen. Sie musste vermehrt Blinzeln um sich in der Dunkelheit zu orientieren. Sophie kannte den Weg sehr gut. Aber trotzdem war es anstrengend auf dem Pfad. Vorsichtig setzte sie einen Fuß nach dem anderen auf den Waldboden. Sie erschrak an einem Knacken und ein Zweig stach ihr in den Rücken. Sie verzog das Gesicht mehr vor Schreck als vor Schmerz. Hier draußen war selten jemand unterwegs und doch hatte sie das Gefühl den ganzen Nachmittag beobachtet zu werden.
Sophie fand in dieser Nacht keinen Schlaf. Zu aufgewühlt war sie seit sie die letzten Zeilen von Bernard gelesen hatte. Der Blick am nächsten Morgen in den Spiegel bestätigte ihr was sie befürchtet hatte. Sie sah schrecklich aus. Ihre Augen waren gerötet, das Gesicht vom vielen Weinen und der schlaflosen Nacht verquollen. Ihre Haare standen zerzaust in alle Richtungen. Sie ging zum Fenster und zog die Vorhänge zurück. Es schien ein erneut wunderschöner fast schon sommerlicher Tag zu werden. Das Sonnenlicht blendete sie und doch war ihr immer noch schwer ums Herz. Sophie fand das Haus leer vor, als sie die lange schmale Treppe nach unten ging. Sie beschloss kurzfristig heute auf der Terrasse zu frühstücken. Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als sie die ersten Stufen hinunter ging. Eine sehr dunkle raue Stimme sagte: „Einen wunderschönen guten Morgen Countess.“ zu ihr hinauf. „In der Tat ein schöner Morgen.“, erwiderte sie und machte eine Kopfbewegung zum Fenster. Bernard der am Ende der Treppe stehengeblieben war blickte ebenfalls zum Fenster hinaus. Seine Haare kringelten sich in feuchten Locken um den Kopf. Eine winzige Schramme an seiner Wange verriet, dass er sich beim rasieren geschnitten haben musste. Der Hauch einer angenehm duftenden Bodylotion umgab ihn. Offenbar hatte er kurz zuvor geduscht. „Möchten Sie sich mit mir auf die Terrasse setzten und Frühstücken? Auf der Terrasse ist es bestimmt herrlich warm heute. Wir sitzen direkt in der Sonne und es ist absolut windgeschützt. Kommen sie ich hole ihnen rasch eine Tasse.“ Nur zögerlich folgte Bernard ihrer Aufforderung. Er war etwas verwirrt. Wie kam dieser Sinneswandel so plötzlich. Gestern stand sie vor ihm noch und hätte ihm am liebsten die Augen ausgekratzt und heute morgen lud sie ihn ein, mit ihr zu Frühstücken? Mit schnellen Schritten durchquerten sie die Wohnhalle von deren mehrere Türen abgingen. Dann kamen sie in die geräumige Küche, die Linksseits von einem großen Esstisch beherrscht wurde und einen Hinterausgang in den Garten hatte. Josef begrüßte sie mit einem freundlichen „Guten Morgen, ich dachte mir, sie würden gerne bei diesem herrlichen Wetter auf der Terrasse frühstücken Countess.“ Als er Bernard hinter Sophie durch die Küchen treten sah, stellte er schnell noch ein weiteres Gedeck auf das Tablett. Sophie bedankte sich bei Josef mit einem freundlichem Lächeln. „Danke Josef“ und nahm ihm das Tablett aus der Hand, im Anschluss verließ sie die Küche um auf der Terrasse Platz zu nehmen. Die Terrassentüre vom Wohnzimmer die um eine Ecke lag, stand schon weit geöffnet und frische Luft drang durch diese in das große geräumige Zimmer. Auf der Terrasse die unmittelbar rings ums Haus angrenzte stand ein großer runder Holztisch und dazu die passenden Stühle mit rot-weißen Sitzkissen. „Setzen Sie sich und nehmen Sie sich auf was sie Appetit haben.“, sprach Sophie und zeigte dabei auf einen Brotkorb in dem frische Brötchen und Croissants lagen. Sie schenkte Kaffee ein und schob ihm Zuckerdose und Milchkännchen über den Tisch zu. Es war wirklich fast schon sommerlich warm auf der Terrasse. Als Sophie sich zu Bernard an den Tisch setzte wurde es ihr unangenehm warm. „Danke“, hauchte sie leise über den Tisch hinüber zu Bernard. Ein lautes Vogelgeschrei aus einer nahe gelegenen Hecke erlangte ihrer Aufmerksamkeit. Bernard hatte zuvor leicht die Stirn gerunzelt. Das ihr jetzt auffiel als er sie fragte. „Für was Danke Countess?“ Sophie zwang sich zu einem Lächeln. „Na für ihre Umsichtigkeit, dass sie mir den Umschlag nicht vor allen gegeben haben.“ Bernard antwortete darauf nicht. „Wussten Sie, was darin stand?“, fragte Sophie ihn neugierig. Er schüttelte den Kopf. „Countess, ich glaube nicht, dass ich das Recht habe, anderer Leute Post zu lesen.“, erwiderte er in einem etwas säuerlichen Ton. „Würden Sie ihn den gerne lesen?“, sprach Sophie zu Bernard. „Countess, wie ich schon sagte, geht es mich nichts an, was dort drin steht.“, zischte er in einem noch etwas schärferen Ton. Wollte sie ihn testen oder was sollte das ganze Getue von ihr heute Morgen? Eigentlich wollte er sich gerade für den scharfen Ton bei ihr entschuldigen, als sie abrupt auf stand und sich entschuldigte. Scheiße, dachte Bernard, jetzt war er wohl zu weit gegangen und hat sie noch mehr verärgert. Er trank rasch seinen Kaffee aus. Gerade als er sich erheben wollte trat Sophie wieder durch die Terrassentür. Sie schob ihm den Umschlag über den Tisch zu. Fragend blickte er sie an. „Aber ich möchte es, das sie ihn lesen.“ Ihre Hand lag immer noch auf dem Umschlag. Bernard legte seine große Hand auf die ihre. Ein frösteln rann Sophie bei dieser Geste über den Rücken. Dann hörten sie beide Schritte aus dem Wohnzimmer die auf sie zukamen. Bernard zog schnell seine Hand von ihrer. Und schon stand ein Pinguin unter der Tür. Es war Mario soviel wusste sie gerade noch. Mit einem amüsierten Lächeln auf dem Gesicht betrat er die Terrasse. „Einen schönen guten Morgen Countess.“ und nickte in ihre Richtung. Bevor er seine Worte an Bernard richtete. „Hier steckst Du. Ich habe Dich überall gesucht. Hättest Du einen Moment für mich?“ Bernard nickte stand auf, trank noch den aller letzten Schluck aus der Tasse, nahm den Umschlag an sich und wandte sich an Sophie. „Bitte entschuldigen Sie mich Countess. Die Arbeit ruft.“ und schon war er zusammen mit Mario verschwunden.
Am Nachmittag saß Sophie auf dem kleinen Bootssteg den man von der Terrasse aus über mehrere Stufen erreichen konnte. An diesem Steg dümpelte unruhig ein kleines Ruderboot auf den Wellen hin und her. Sie hatte sich die Schuhe und Strümpfe ausgezogen und ließ ihre Füße über dem Wasser baumeln. Immer wieder erreichte eine größere Welle ihre nackten Füße. Das Wasser war noch ziemlich frisch, aber das störte Sophie nicht im geringsten. Hinter ihr hörte sie das Gelächter ihres Onkels und die Stimme ihres Vaters die sich nach dem Mittagessen auf die Terrasse gesellten um eine Weinprobe zu machen. Denn Onkel Carlos ließ es sich nicht nehmen immer den neuesten Wein seines Weingutes aus Italien mitzubringen. Von Philipe und ihren beiden Brüdern hörte sie nichts. Entweder saßen diese schweigend bei den beiden am Tisch oder sie trieben sich wie üblich auf dem Tennisplatz herum. Aber das war Sophie egal. Die Hauptsache war, dass sie alleine war mit ihrem Kummer und Schmerz. Sie blickte auf den kleinen See hinaus der vor ihr lag. Auf dessen sich das Wasser kräuselte und im Uferbereich sich die sanften Wellen ausrollten. Zwischendurch schlugen aber auch etwas größere Wellen plätschernd gegen den Steg. Und spritzten nach oben. Wie oft waren sie beide hier hinaus gerudert. Ja sie hatten hier viel Spaß gehabt. Sie musste etwas lächeln, als sie das Bild vor sich sah, wie Bernard vom Steg aus ins Wasser sprang und kurze Zeit später seine Badehose an der Wasseroberfläche trieb. Die Badehose hatte eine quietschrot leuchtende Farbe, daher konnte man die beiden schon von weitem erkennen. Die Jungs hatten damals viel Spaß, als sie die Hose an der Oberfläche schwimmen sahen. Fluchs schnappte sich Philipe das gute Teil, um es ihrem Bruder Alessio zu zuwerfen. Dieser warf die Badehose weiter an Antonio zu Sophies zweitem Bruder. So machte die Hose mehrere Runden bevor sie Sophie fangen konnte und die Hose Bernard zuwarf. Der sich etwas weiter draußen im Wasser aufhielt. Die Jungs waren an diesem Tage nur noch am lachen. Sie lachten auch noch ein paar Tage später über diesen Streich. Sophie fand es ganz und gar nicht so lustig wie ihre Brüder und ihr Cousin. Und schon gar nicht als Philipe mitten in der Nacht auf die glorreiche Idee kam im See schwimmen zu gehen. Im Pool war es ja erlaubt, aber nicht im See bei Nacht. Sophie konnte sich noch genau an diesen lauen Sommerabend erinnern. Sie, Philipe und ihre Brüder rannten zum Steg hinunter und sprangen einfach ohne sich dabei etwas zu denken ins Wasser. Nachdem Sophie wieder aufgetaucht war hielt sie sich unterhalb des Steges auf. Sie hörte fluchende Stimmen und sah auch das mehrere Lichtkegel über die Oberfläche tanzten und nach ihnen suchten. Eine der fluchenden Stimmen kannte sie nur zu gut. Diese war direkt über ihr. Er war außer sich vor Wut und schrie die Jungs an. Was zum Henker sie sich dabei gedacht hätten. Sie sollten sofort aus dem Wasser kommen, aber flott. Dann bemerkte Bernard im Lichtkegel das er nur die Jungs vor sich hatte. „Wo ist Sophie?“, schrie er diese zornig und in höchster Nervosität an. Aber die Jungs standen im Wasser und zuckten nur mit den Schultern. Bernard sprang in voller Montur mit samt seinen Pistolen ins Wasser und tauchte mehrere Male ab. Als Bernard das dritte Mal aufgetaucht war gab, ihm einer seiner Männer wortlos ein Zeichen, dass sich Sophie unter dem Steg versteck hielt. Bernard tauchte noch einmal ab und kam kurz vor Sophie nach oben an die Wasseroberfläche. Sie erschrak so sehr und schrie laut auf. Zitternd hielt sie sich am Steg fest. Bernard sprach kein Wort mit ihr. Seine Augen funkelten böse wie die eines Dämons. So einen Blick hatte sie noch nie zuvor an ihm gesehen, aber es war auch das einzigste Mal das er sie so boshaft anblickte. Er löste ihre Hände vom Steg und zog sie darunter hervor. Einer seiner Männer zog Sophie aus dem Wasser bevor zwei Andere ihrem Chef ebenfalls halfen aus dem Wasser zu steigen. Bernard sprach in dieser Nacht kein einziges Wort mehr mit ihr und auch nicht auf den darauf folgenden Tagen. Er behandelte Sophie wie Luft. Bernard wies einen seiner Männer an Sophie sofort ins Bett zubringen. Am nächsten Morgen bekamen Sophie, Philipe und ihre Brüder von ihrem Vater eine ordentliche Standpauke. Jeden einzelnen knöpfte er sich vor. Als Sophies Vater mit ihr fertig war blickte sie beschämt zu Boden. Dann wandte er sich an Philipe und an seine Jungs. Er verhängte ein absolutes Badeverbot für alle vier. Den Jungs schien dies nichts auszumachen, denn sie beschäftigten sich mit anderen Dingen. Doch für Sophie war diese Strafe eine wirklich harte, denn sie liebte das Wasser an so warmen Tagen. Sie war eine kleine Wasserratte und ausgerechnet ihr bester Freund hat ihr diese aufgebrummt. Sie glaubte das er ihren Vater darauf hingewiesen hatte. So zusagen als Lektion für ihren Ungehorsam. Wütend saß sie unter einem der alten Bäume und schmachtete vor sich hin. Sie hasste ihn. Wie konnte er nur so unfair sein. Als sie ihn bemerkte sah sie das sein Gang irgendwie anders war als sonst. Er humpelte ganz langsam über den Rasen. Aber er würdigte ihr keinen Blick.
Am Abend des dritten Tages Badeverbot kam Bernard in Sophies Zimmer. Er setzte sich auf ihr Bett und verschränkte die Arme vor seiner Brust und musterte Sophie dabei. Er sprach immer noch kein Wort mit ihr. Sophie stellte sich provozierend ebenfalls mit verschränkten Armen vor ihn hin und funkelte ihn wütend an. Nach einer Weile stand er auf, nahm ihren Badeanzug vom Stuhl und warf ihr diesen zu. In einem Befehlston den sie so von ihm nicht kannte sagte er: „Zieh das verdammte Ding an und komm dann nach unten.“ Sophies Herz hüpfte damals vor Erleichterung von der Kehle zurück an seinen Platz. Er hatte wieder mit ihr gesprochen. Obwohl sie glaubte das er immer noch sehr wütend auf sie war. Wobei Sophie meinte in seinem Befehlston ein schmunzeln heraus gehört zu haben. Ihre Hände zitterten ein wenig als sie in ihren Badeanzug schlüpfte. Keine Minute später stand sie an der obersten Stufe der langen schmalen Treppe. Hier wurde sie auch schon von einem seiner Männer empfangen. Der sie über den Rasen zum Steg führte. Von weitem konnte sie sehen das Leute im Wasser waren. Zuerst dachte sie an ihre Brüder und ihren Cousin. Doch als sie näher heran kam und den Steg betrat stellte sie fest, das es nicht die Jungs waren, sondern Männer von Bernard. Sie erschrak, als ihr jemand eine Hand auf die Schulter legte. „So meine Kleine, schau dir einmal diese Szene genau an. Stell dir einmal vor diese Männer wären deine Brüder und Philipe. Und jetzt stellst du dir auch vor Du wärest ich, meine Kleine. Wie würdest du reagieren wenn du wüstest das vier Kinder ins Wasser gesprungen waren, du aber nur drei davon siehst?“ Sophie fing damals an zu heulen, schluchzend umarmte sie mit ihren kleinen Armen seine Taille und drückte sich fest an ihn. Sophie hatte begriffen was er ihr damit sagen wollte. „Ich habe mir große Sorgen um dich gemacht meine Kleine.“, sagte er kaum hörbar. „Versprich mir bitte so etwas nie wieder zu tun.“ Sophie hob ihr Köpfchen leicht an und unter lautem schluchzen nickte sie. „Und jetzt rein ins Wasser mit dir meine Kleine. Ich werde über die Leiter nachkommen.“, rief er lachend, dabei legte er den Kopf in den Nacken. Sophie blickte ihn mit großen Augen an. Sie konnte es noch immer nicht begreifen, was Bernard da gerade zu ihr gesagt hatte. „Ja Du hast schon richtig gehört meine Kleine. Das Badeverbot ist ab sofort aufgehoben.“ Genau so hatte Bernard ihr auf liebevolle und verständnisvolle Weise eine weitere Lebenslektion gelehrt. Erst Jahre später erfuhr sie von den Blasen an seinen Füßen die er sich bei diesem Vorfall zugezogen hatte. Er lief tage lang in feuchten Schuhen herum, da er kein Ersatzpaar dabei hatte und zu seinem aller größten Übel keiner seiner Männer die passende Schuhgröße aufwies die er brauchte.
Sophie wurde durch lautes Gelächter das von der Terrasse zu ihr hinunter getragen wurde aus ihren Gedanken gerissen. Gleichzeitig vernahm sie Schritte auf dem hölzernen Steg die näher kamen. Sophie drehte sich um, um der Sache auf den Grund zu gehen. Sie musste ihre Hand vor die Augen halten damit sie gegen die Sonne blicken konnte und sah wer sich zu ihr gesellte. Erneut hörte sie aus der Ferne lautes auflachen. „Hey Edoardo, jetzt könnte es interessant werden wenn zwei wilde Kampfhunde auf einander los gehen, schau.“ Kicherte Sophies Onkel Carlos leicht benebelt und gab seinem Bruder einen Schubs mit dem Ellenbogen. Dabei deutete er mit seiner Hand in Richtung des Bootssteges. „Kannst Du erkennen was der Junge da in der Hand hält Bruderherz? Irgendwie scheinen meine Augen mir einen Streich zu spielen.“, meinte Carlos mit schwerer Zunge. „Hmmm, ganz genau kann ich das auf die Entfernung auch nicht mehr erkennen, aber es sieht so aus, als ob es eine Art Umschlag oder so was ähnliches wäre.“, gluckste Edoardo Sophies Vater. „Was meinst Du, sollen wir eine Wette abschließen auf die Beiden, wer als erstes ins Wasser springt?“, lallte Carlos übermütig. Den auch den Beiden war die Feindschaft zwischen Sophie und Bernard aufgefallen.
Ein Frösteln rann Sophie über den Rücken. Was bestimmt nicht an dem kühlen Wasser lag, dass ihre Füße von Zeit zu Zeit umgab, als sie sah, wer zu ihr getreten war. „Entschuldigung, das ich Sie hier störe Countess. Aber ich dachte Sie würden diesen gerne so schnell wie möglich wieder haben wollten.“ Bei seine Worten ging Bernard vor ihr in die Hocke und reichte Sophie den Umschlag. Gluthitze stieg in Sophies Wangen. Seine Augen, so dunkelbraun, das sie auch schwarz hätten sein können passen zu seinem Haar. Schwirrte es ihr durch den Kopf. Wobei sie seinem durchdringenden Blick durchaus bewusst war. „Danke, das ich ihn lesen durfte Countess.“ Hastig senkte sie ihren Blick in der verzweifelten Hoffnung er würde ihre roten Wagen nicht bemerken. „Danke“, wisperte sie mit gesenktem Kopf und legte den Umschlag hinter sich auf den Steg. „Möchten Sie sich etwas zu mir setzten?“, sprach Sophie und versuchte dabei ihrer Stimme einen gelassenen Klang zugeben. Verblüfft und mit leicht gerunzelter Stirn blickte er sie an. Das war Heute schon das zweite Mal, das die Countess ihn