Magie der Zeit - MacSchuler Sany - E-Book

Magie der Zeit E-Book

MacSchuler Sany

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Beschreibung

Eine witzige, romantische, leidenschaftliche Geschichte zwischen Raum und Zeit. Wird Suraya das Rätsel lösen können? War es ihr vorbestimmt, alleine zu bleiben? Suraya, eine junge Gräfin, musste in der letzten Zeit viele Schicksalsschläge hinnehmen. Bis ein mysteriöser Mann in ihr Leben tritt und dieses total umkrempelt. Wird sie ihm helfen können, als sie hinter sein Geheimnis kommt? .

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Seitenzahl: 525

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Meinen lieben Freundinnen

Elke, Hanne und Sandra

möchte ich ganz herzlich fürs Probelesen

und Tipps zur Verbesserung danken.

Einen ganz besonderen Dank gilt

Heinz

der mit Rat und Tat uns unterstützte.

Danken möchte ich auch jenem Menschen, der meinem Schreiben einen ganz besonderen Sinn verliehen hat. Meinem Sohn, der durch einen tragisches Missgeschick mich wieder an meine Skripte erinnerte die ich vor ca. 25 Jahren geschrieben habe und durch ihn wieder zum Vorschein kamen.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Nachwort

1. Kapitel

Suraya saß auf einer Bank vor der kleinen Hütte und hatte den Kopf an die Wand gelehnt. Mit traurigem Blick schaute sie in die Ferne. Sie nahm keine Notiz von der Schönheit dieser Landschaft hier oben. Den Gipfel der kargen Berghängen, die Weite des Himmels. Ein paar Dohlen stiegen mit rauem Krächzen auf und hoch oben zog ein Raubvorgel seine Bahnen auf der Suche nach Beute. Der Wind fuhr mit leichter Brise durch die Bäume und ließ durch ihre Blätter ein Rauschen erklingen. Die Luft durftet nach harzigem Holz und nach Blüten des wilden Thymians. Langsam tauchte die Sonne die Berge in ein spektakuläres Alpenglühen. Sie schloß die Augen und eine Träne floss ihr über die Wange. Sie genoss noch die letzten frühsommerlichen Sonnenstrahlen. Hier oben fand sie die Ruhe, die Sie jetzt dringend brauchte. Zeit zum Nachdenken. Zeit um alles was in ihrem Leben passiert war zu verarbeiten. Die Hütte gab Ihr Wärme, Schutz und Geborgenheit. Sie war gerne hier oben. Schon als Kind zählte sie die Tage vom Herbst bis zum Frühjahr. Dann konnte sie endlich wieder mit ihrer geliebten Mutter in die Hütte ziehen. Sie verbrachte hier oben eine unbeschwerte Kindheit. Sie spielte und tobte zwischen den jungen Pferden herum, die im Frühjahr auf die Bergweiden getrieben wurden und im Herbst wieder ins Tal. Sie genoss es mit ihrer Mutter früh aufzustehen um Kräuter zu sammeln und sich von der Wärme der aufgehenden Sonne verzaubern zu lassen. Sie liebte die spannenden geheimnisvollen Geschichten von den Feen, die über die Wiesen und Weiden tanzten. Von den Elfen die in den Blüten wohnten und von den netten Geistern die ihren Unfug trieben. Alles was sie über Heilkräuter wusste, hatte ihr ihre Mutter beigebracht. Oft kamen die Dorfbewohner zur Gräfin auf den Berg und holten sich bei ihr ein Heilmittel oder suchten nur ein einfaches Gespräch mit ihr. Sie nahm sich für jeden Zeit. Sie hatte immer ein nettes Wort parat oder einen guten Rat für die Leute aus dem Dorf. Wenn man sie so sah, in ihrer weiten Kittelschürze, konnte man kaum glauben, daß sie eine richtige Gräfin war. Marie Luise von Michaelis. Und jetzt war sie tot.

Aber nicht nur der Tot ihrer Mutter machte Suraya zu schaffen. Sondern auch der tragische Unfall vor gut sechs Wochen von Bernd, Andy und Charly. Bei dem es mehrere tote und einen schwerverletzten gab. Ihr Vater Graf Johann von Michaelis, war gerade auf einer Geschäftsreise um neues Pferdematerial für das Gestüt zu besichtigen und das ein oder andere Pferd zu kaufen, denn das Gestüt war seine Leidenschaft. Schon seit Generationen hatte die Pferdezucht einen festen Platz auf Schloss Michaelis. Auch sein Vater und sein Großvater waren leidenschaftliche Pferdezüchter. Als der Graf, als sechsjähriger von seinem Opa ein Pony geschenkt bekam, welches keiner mehr haben wollte, nur weil es alt war, wusste er schon damals, daß auch er eines Tages in die Fußstapfen seiner Vorfahren treten würde. Auch das er dafür Sorgen würde, das ein altes Tier einen Rentnerplatz auf dem Gestüt von Schloss Michaelis bekommen würde. Deshalb hatte er sofort nach der Überschreibung des Gestütes von seinem Vater auf Ihn dafür gesorgt, daß mindestens Platz für fünf Rentnerpferde geschaffen wurde.

Eigentlich war Gestüt Michaelis ein Märchenschloss. Eingebettet in einer traumhaften Landschaft. Umgeben von grünen Wäldern, hohen bizarren Bergen und glitzernde blaugrünen Seen. Auf Schloss Michaelis lebten zwanzig Menschen, Neunzig Pferde verschiedener Rassen, Größen und Alters. Auch ein steinalter Butler, Katanga, ein liebenswerter Mensch mit so manchen Macken. Und eine Köchin, die ebenfalls so alt war. Die Köchin Berta liebte ihren Gemüsegarten über alles. Wehe es kam diesem jemand zu nahe. Berta regte ich immer auf, wenn jemand von ihr den Auftrag bekommen hatte Gemüse aus dem Garten zu holen und das Gartentor nicht schloss. Denn es gab auf dem Gestüt einen alten Hengst namens Blick Devil der eine Vorliebe für Ihr Gemüse hatte. Schon als Jungtier fiel er gerne über ihre Salatköpfe her und dieser Schlingel nutzte jede passende Gelegenheit um dem Garten einen Besuch abzustatten. Man konnte fast glauben, daß es Black Devil Spaß machte, wenn Berta schimpfend und wild gestikulierend mit dem Besen hinter ihm her sprang, wenn er mal wieder ihren geliebten Garten aufgesucht hatte. Doch Berta konnte dem Tier nicht lange böse sein, auch dann nicht wenn er den Gemüsegarten etwas ramponiert zurück ließ, denn schließlich war es ein ganz besonderes Pferd. Der Hengst wurde von Suraya mit der Flasche groß gezogen. Keiner damals glaubte, daß er die erste Nacht überleben würde. Suraya's Vater war ebenfalls skeptisch. Er wusste aus Erfahrung, das ein Tier, egal um welche Rasse es sich handelte, sehr anhänglich werden würde. Und je älter das Tier wird, desto größer wurde auch die Gefahr, das es sich zu einem bösartigen Basserker entwickeln konnte. Surabaya fragte ihren Vater damals was ein Basserker sein. Er lächelte und meinte, das ist ein wilder Krieger der keine Schmerzen kennt und alles was sich ihm in den Weg stellt, wird umgebracht. >>Also so eine Art Tollwut<< sagte sie. Ihr Vater nickte lächelnd dabei weil Suraya es doch nicht ganz verstanden hatte. Suraya musste ihrem Vater damals versprechen, daß wenn das Fohlen wirklich so werden würde, also eine Gefahr für alle, daß man ihn einschläfern muss. Darauf bestand er. Ebenfalls fragte er Suraya ob sie sich im klaren wäre, daß sie alle zwei Stunden ihm die Milchflasche geben muss und das auch bei Nacht. Und ob sie das wirklich sich antun wollte. Suraya war mit allem einverstanden Hauptsache das Fohlen würde durchkommen. Das Black Davil aber einmal Suraya's Einsatz belohnen würde, das wußte niemand. Und schon gar nicht, daß aus ihm ein sehr stattlicher und international erfolgreicher Hengst werden würde. Nein, das wusste bis dahin niemand.

Suraya konnte sich noch sehr gut daran erinnern. Es war ein sonniger Maimorgen. Sie wachte auf und reckte sich. Dabei beobachtete sie wie die Staubkörnchen in dem Sonnenstrahlen tanzten, die durch das Fenster über ihrem Bett ins Zimmer schien. Sie schlug die Bettdecke zurück und setzte sich auf, schwang ihre Beine aus dem Bett und ging ins Bad. Nach einer kurzen Katzenwäsche, wie ihre Mutter dies immer bezeichnete, zog sie schnell eine Jeans an und streifte ein T-Shirt über. Sie eilte zur Treppe und rutschte auf dem Handlauf nach unten. Suraya stieß am Ende fast mit dem alten Kaiatan zusammen. Ein flüchtiges >>guten morgen<< von ihr und sie war auch schon durch die Haustüre verschwunden. Kaiatan konnte gar nicht so schnell ein Guten Morgengruß hervorbringen. Er schüttelte nur den Kopf und rief ihr nach. >>Vorsicht gnädiges Fräulein sie werden sich sonst noch weh tun.<< Aber Suraya hörte das schon nicht mehr. Sie rannte über den Hof in die Ställe und blieb außer Atem vor einer Pferdebox stehen. Darin war eine junge Stute die eigentlich schon seit Tagen hätte fohlen sollen. Als sie durch die Gitterstäbe der Box blickte, lief ihr ein Schauder über den Rücken. Kaum einen Meter von Ihr entfernt lag im Stroh ein kleines Rappfohlen. Wahrscheinlich erst ein paar Minuten alt. Es war noch ganz nass. Sie ließ ihren Blick zu der Stute schweifen die ganz gestreckt, was für Pferde sehr ungewöhnlich war, ebenfalls im Stroh lag. Und da sah Suraya es, die Stute war tot. Suraya bekam bei diesem Anblick einen Schock und rannte schreiend auf den Hof. Durch ihr hysterisches Geschrei kamen alle zusammen gelaufen. Unter Tränen brach sie dann zusammen. Sie konnte nur noch heulen und stammelte dazwischen Wörter wie >>Pferdebox, Fohlen, Stute, tot.<<

Nun musste Sie lächeln, wenn sie daran zurückdachte wie bockig und zickig sie zu dieser Zeit war als Bernd meinte, daß das Fohlen absolut keine Überlebenschance hätte. Sie stand vom Boden auf wie eine Furie und sprang wie eine wilde Katze mit geballten Fäusten auf ihn los. Sie schlug auf ihn ein, schrie und schimpfte. Sie hätte ihm damals am liebsten die Augen ausgekratzt. Suraya konnte ihren Vater nicht verstehen, warum gerade dieses zweiundzwanzigjährige Schandmaul -Bernd- die Stelle des Gutsaufsehers bekommen hat. Was Suraya damals nicht wusste war, daß ein befreundeter Züchter ihren Vater auf Bernd aufmerksam gemacht hatte. Der Züchter sagte damals zu Johann Graf Michaelis, >>Ich kann dir nur sagen, die Leute reißen sich um ihn und er wäre eine Bereicherung für das Gestüt. Wenn du ihn haben willst, musst du ihm schon etwas besonderes bieten, denn der Junge weis was er kann und was in ihm steckt. Er hat ein sehr gutes Auge für Pferde und ein noch besseren Menschenverstand. So einfach wird er nicht ja sagen. Es ist schon oft vorgekommen, daß er über eine Pferdeweide schlenderte und das schlechteste Pferd direkt von der Weide zu einem günstigen Preis erworben hat. Die Leute haben ihn immer ausgelacht, aber sich lachten nur so lange über ihn, bis er dann am Start war mit diesen Pferden. Dann verging ihnen das Lachen. Vor allem, wenn er gewann oder einen der vorderen Plätze mit Ihnen belegte.<< Für Suraya war er zu dieser Zeit nichts als ein aufgeblasener Angeber. Zu allem Entsetzten musste Suraya damals dann auch noch feststellen, daß er vom ersten Tag an als er die Stelle bei Ihnen antrat mit Andy, Charly und Thomas gut auskam. Schnell hatte sich zwischen ihnen eine erst lose und nach kurzer Zeit eine sehr enge Freundschaft gebildet. Nur Suraya gegenüber war er zu jener Zeit nicht sonderlich freundlich. Er konnte nicht anderst, denn er wollte sich Respekt vor ihr verschaffen. Und weil es ihm gefiel wie sie darauf reagierte auch wenn sie die Tochter des Grafen war und meinte sie müsse ihn hochnäsig behandeln, ihn ignorieren und sich seiner Anweisungen immer wieder widersetzten. Außerdem gefiel ihm diese kleine Rotzgöre ganz gut. Seit er sie am ersten Tag zu Gesicht bekommen hatte und sie schon nach ungefähr einer halben Stunde wegen nichts und wieder nichts aneinander geraten waren. Es ging damals um eine Satteldecke die auf dem Boden lag. Er hatte diese aufgehoben und über einen Sattelhalter gelegt. Er wies sie höflich an, diese in Zukunft nicht mehr auf dem Boden liegen zu lassen. Das Ende dieser Unterhaltung war jedoch, daß sie ihn hochkant aus ihrem Hengststall hinauswarf. Nach diesem Abgang beschloss Bernd jedoch andere Seiten mit ihr aufzuziehen und sich nichts mehr von ihr gefallen zu lassen. Er schimpfte und bruttelte beim verlassen des Stalles leise vor sich hin. >>Jetzt bist Du zu weit gegangen meine Liebste<< Durch diesen Zwischenfall konnte er auch seine Gefühle, welche er jetzt schon für sie empfand, gut verstecken. Er wußte zwar das er so einige Vorzüge hier auf dem Gestüt hatte, aber bestimmt nicht bei der Tochter des Hauses.

Andy, Charly und Thomas hatten immer alle Hände voll zu tun um die beiden Kampfhähne auseinander zu bringen und die aufgeheizten Gemüter wieder zu beruhigen. Aber die drei hatten ja schon Routine darin, denn es verging kaum ein Tag an dem sie nicht einschreiten mussten. Suraya und Bernd gerieten immer aneinander. Schon der kleinste Anlass oder ein ungünstiges Wort genügte für einen Streit. >>Hey Hey macht euch lieber einmal Gedanken was wir jetzt tun sollen anstatt hier wie die Raufbolde aufeinander los zu gehen.<< unterbrach Graf Johann. >>Na einschläfern<< rief Bernd mit einem breiten Grinsen im Gesicht und schnitt zu Suraya eine Grimasse. Suraya zitterte und bebte vor Wut und wollte fast schon wieder auf ihn los gehen. Doch diesmal hatte sie sich besser im Griff. Sie schrie die Männer an. >>Euch sollte man alle einschläfern, nicht das Fohlen. Euch Schweine werde ich es zeigen. Das Fohlen hat ein Recht zu leben so wie ihr auch.<< Sie drehte sich um und stapfte trotzig davon. Bei diesen Worten fiel dem Grafen die Kinnlade herunter und er schüttelte nachdenklich den Kopf. >>Ich denke, ich muß da mal ein ernstes Wörtchen, über die Wortwahl, mit meiner Tochter reden.<< Der Graf war zwar ein ganz normaler, bodenständiger Mann und machte sich auch nichts aus seinem Titel. Den gab es halt. Aber auch er hatte so langsam die Faxen seiner Tochter dicke. Die Männer Thomas, Charly, Andy und Bernd gingen wieder zurück an ihre Arbeit. Graf Johann schaute ihnen noch längere Zeit nachdenklich hinterher.

Sein ältester Sohn Andy, war er als Kind auch so gewesen wie seine Tochter Suraya? Nein, das konnte er nicht behaupten. Er war nicht so wie seine Tochter. Er war immer ruhig, zurückhaltend und manchmal wirkte er eher wie ein schüchterner Junge. Naja, Suraya hatte halt ein heißblütiges Temperament. Auch Marie-Luise hatte sehr viel Temperament, daß war es, was ihm damals an seiner Frau so gefallen hatte. Er verglich sie immer mit einer feurigen Araber-Stute wenn ihr Temperament mal wieder mit ihr durch ging. Und genau dieses hat Suraya wohl von ihrer Mutter geerbt. Es verging kaum ein Tag an dem Suraya's Verhalten ihn nicht an seine verstorbene Frau erinnerte. Sei es durch Gesten, Mimik, Lachen oder durch ihre manchmal unbändige Wut auf Bernd. Auch Marie-Luise ließ ihren Groll immer gerne an einer bestimmten Person aus. Suraya würde es bestimmt einmal weit bringen, wenn sie sich jetzt schon so behauptete mit Ihren fast achtzehn Jahren. Aber trotzdem sollte er sich zügig etwas Einfallen lassen, damit Suraya Bernd nicht noch mit ihrem feurigen Temperament vergraulte. Aus diesem Grund hatte Graf Michaelis am Abend Bernd zu einem Gespräch in sein Büro gebeten. Nachdem Bernd eingetreten war beobachtete er, wie sein neuer Chef nachdenklich vor dem Bücherregal stand. Dann trat der Graf unschlüssig ans Fenster und kurz darauf wieder vor's Bücherregal. Hatte Graf Johann überhaupt mitbekommen das er eingetreten war? >>Sie wollten mich sprechen?<< sprach Bernd ihn an. >>Ach ja Bernd, setzten Sie sich bitte.<< erwiderte er und ging noch einmal an ihm vorbei zum Fenster. Irgendwie wirkte sein Chef etwas zerstreut. Deshalb war ihm ein klein wenig Unbehagen. Er vernahm wie Graf Johann tief einatmete und sich schließlich mit einem lauten Seufzer auf der anderen Seite des Schreibtisches auf dem Stuhl nieder ließ. Zögernd fing er das Gespräch an. >>Suraya<< Bernds Herz begann bei diesem Namen hart in seiner Brust zu hämmern. >>Ich möchte mich für meine Tochter in aller Form entschuldigen. Sie hat ein übersprudelndes Temperament und sie macht glaube ich im Moment eine schwere Phase durch. Ich hoffe doch, daß Sie uns trotz den erschwerten Bedingungen erhalten bleiben, egal wie meine Tochter sich ihnen gegenüber aufführt.<< Bernd fing an zu prusten >>Eine schwierige Phase, daß ist eine reizende und untertriebene Umschreibung. Über's Knie sollte man sie legen Herr Graf nichts anderes.<< Graf Johann lachte erleichtert auf. >>Ich glaube hierfür ist es leider schon etwas zu spät.<< murmelte er leise vor sich hin. >>Eigentlich wollte ich auch mit ihnen über ihre Tochter reden. Aber nicht wegen ihrem zicken haften Benehmen.<< Der Graf blickte ihn neugierig an. >>Wieso?<< fragte er. >>Nun, wissen Sie das in ihrer Tochter und ihren Hengsten noch mehr steckt, als sie bis jetzt zeigt. Deshalb wollte ich sie fragen ob ich Suraya und die Hengste noch mehr fördern dürfte.<< Der Graf blickte Bernd sprachlos an. >>Sie meinen, sie wollen noch mehr Zickenarlarm aushalten?<< Beide lachten darauf ihn auf. >>Ja, so in etwa<< erwiderte Bernd mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

2. Kapitel

Suraya dachte sie sollte hineingehen, denn die Sonne war längst untergegangen und es wurde so langsam frisch hier draußen auf der Bank. Ein Buchfink flog seine letzten Runden und nach und nach bereiteten sich die Tiere auf die Nacht vor. Ein Eichhörnchen huschte noch schnell an der großen Tanne empor um in seinen Bau zu gelangen. Nur das plätschern des Wassers im Brunnen war noch zu hören und eine dünne Mondsichel zeigte sich über den kahlen Bergen. Drinnen würde ein warmes Feuer auf sie warten, das sie vorher, bevor sie noch einmal ins Freie gegangen war, im Kamin entfacht hatte. Morgen früh würde sie vor Sonnenaufgang auf dem steilen, steinigen Trampelpfad den Hang hinauf gehen um Kräuter zu suchen, so wie sie es früher immer mit ihrer Mutter getan hatte. >>Mutter<< seufzte sie. >>Du fehlst mir so sehr. Warum kannst du jetzt nicht hier sein. Bei mir hier oben. Wurde es mir in die Wiege gelegt, daß ich mein Leben alleine führen muss?<< flüsterte sie in die leichte Windbrise die aufgekommen war.

Suraya stand früh auf. Es dämmerte bereits als sie die Vorhänge beiseite schob und die Fensterläden öffnete, um die frische vom Tau noch feuchte Luft in den Raum zulassen. Sie atmete ein paar Mal kräftig die kühle Luft ein. Setzte Kaffee auf, ging ins Bad wusch sich und zog sich an. Als sie aus dem kleinen Badezimmer trat, duftete schon der ganze Wohnraum nach frischem Kaffee. Sie schenkte sich eine Tasse ein, setzte sich an den kleinen Tisch, nahm die Tasse in beide Hände und trank einen Schluck des warmen Gebräus. Sie ließ den Kaffee langsam durch ihre Kehle rinnen und genoss ihn in vollen Zügen. Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und schloss die Augen. Für einen kurzen Moment ließ sie ihren Gedanken freien lauf.

Verdammt wie konnte dieser tragische Unfall vor sechs Wochen nur passieren? Sie sah immer noch die schrecklichen Bilder vor sich als sie mitten in der Nacht durch lautes Klopfen an der Tür aus dem Schlaf gerissen wurde. Auf dem Weg nach unten fluchte sie laut, weil der alte Kaiatan wieder mal nichts gehört hatte, da er schwerhörig war. Selbst ein schwerhöriger alter Mann, so sollte man meinen, müsste bei diesem Krach doch wach werden. Schon gar wenn sein Zimmer genau neben dem Eingangsportal des Schlosses lag. Wütend öffnete Suraya die Tür und wollte schon zornig los schreien, was in aller Welt den Jungs mal wieder einfiel, mitten in der Nacht so einen Lärm zu veranstalten. Aber ihr hatte es beim Anblick der Polizeibeamten, die ihr nun gegenüber standen, buchstäblich die Sprache verschlagen. >>Guten morgen Mylady, bitte verzeihen sie die nächtliche Störung. Ist ihr Vater der Graf zu Hause?<< Suraya wurde bleich und schüttelte mit dem Kopf. Sie hatte ein ungutes Gefühl im Bauch beim Anblick dieser beiden Beamten. >>Dürfen wir eintreten?<< fragten die Beamten. >>Entschuldigung.<< stammelte Suraya. Geistesabwesend öffnete sie den beiden Beamten die Tür ganz, so daß diese eintreten konnten. Als sie sich wieder etwas gefasst hatte fragte sie, >>Ist etwas geschehen? Sind unsere Pferd ausgebrochen? Dann muss ich ganz schnell unser Personal wecken damit wir sie wieder einfangen können bevor etwas schlimmes passiert.<< sagte sie verwirrt. >>Bitte, beruhigen sie sich und setzten sich Mylady.<< Einer der Beamten drückte sie auf einen der Stühle in der Eingangshalle. >>Nein, ihre Pferde sind nicht ausgebrochen. Aber ihr Bruder hatte heute Nacht einen Autounfall.<< >>Einen Unfall?<< hauchte Suraya und wurde noch blasser als sie es schon war. Sie wusste das Andy, Bernd und Charly unterwegs zu einer Geburtstagsparty waren, die vom Schloss circa zwanzig Kilometer entfernt war. Thomas hatte sich entschieden nicht mit auf die Party zu gehen, weil er am nächsten morgen die erste Stallschicht hatte und diese um fünf Uhr morgens begann. Er wusste aus Erfahrung wie die Geburtstage meistens endeten. Alle waren heftig angetrunken oder stock besoffen und derjenige der Fahren sollte, mußte nüchtern bleiben. Um den Fahrer zu bestimmen zogen sie zwar immer Streichhölzer, wer das kürzeste erwischte, der musste fahren, aber komischer weise traf es meistens ihn. Er hatte den Verdacht das Andy die Streichhölzer manipulierte. Er grinste immer so verdächtig wenn Thomas am Zug war. Aber Nachweisen konnte er es ihm nie. Zudem musste man den Tag nach einer Geburtstagsfeier meistens mit einem dicken Kopf, Übel-und Müdigkeit büßen. Deshalb hatte er heute beschlossen, dieses mal nicht mit zukommen. Die derben Sprüche der Jungs ließen ihn kalt. Dafür konnte er sich am nächsten Morgen über sie lustig machen.

Auch die restlichen Schlossbewohner waren durch den Lärm geweckt worden. Sie standen jetzt alle gähnend auf der Balustrade, schauten nach unten und wollten wissen was los war. >>Ein Unfall?<< sagte Suraya >>Wie ist das passiert?<< Einer der Beamten erklärte ihr, daß ein entgegenkommendes Fahrzeug ins Schleudern geraten war und Andy diesem hatte ausweichen wollen. Bei diesem Manöver war der Wagen von Andy von der Straße abgekommen. Thomas der noch im Halbschlaf war, begriff erst jetzt was los war. Er stieß sich vom Geländer der Balustrade ab, eilte die Treppe hinunter und stellte sich neben Suraya. Er legte seine große Hand auf ihre Schulter. >>Ihr Bruder Andreas und Herr Bernd Schneider verstarben noch an der Unfallstelle. Für Sie kam jede Rettung zu spät.<< endete der Beamte die kurze Zusammenfassung des Unfalls. Suraya und Thomas blieb die Luft weg. Suraya war wie weggetreten und Tränen liefen ihr über das Gesicht. Thomas musste ein paar mal kräftig durchatmen bis er mit zitternder Stimme fragen konnte >>Was ist mit Charly Müller?<< Einer der Beamten beantwortete ihm seine Frage. >>Herr Müller wurde schwerverletzt ins St. Ann Krankenhaus eingeliefert. Er befindet sich derzeit auf der Intensivstation. Er ist er einzige Überlebende. Auch die fünf Insassen des entgegenkommenden Fahrzeuges haben den Unfall nicht überlebt.<< Suraya wollte sich von ihrem Stuhl erheben. Sie wollte stark sein. Sie wollte sich vor den anderen zusammen nehmen, doch als sie sich erhob, zitterte sie so sehr, daß ihre Füße sie nicht mehr tragen wollten und um sie herum wurde alles schwarz. Dies war die grauenhafteste Nacht, die sie je erlebt hatte. Sie hatte in einer Nacht ihren Bruder und ihren zukünftigen Ehemann verloren. Nach dem die Beamten das Schloss verlassen hatten, trug Thomas Suraya die Treppen nach oben in ihr Schlafzimmer. Nicole und Petra blieben bei ihr am Bett und hielten Wache. Den Rest schickte er wieder zu Bett. Nachdem er das alles getan hatte, zog er ich leise in den blauen Salon zurück. Er wollte es nicht wahrhaben. Er griff nach der fast vollen Whisky Flasche um sich ein Glas einzuschenken. Als er den Deckel abgeschraubt hatte, stellte er das Glas zur Seite und setzte die Flasche direkt an seinen Lippen an. Die goldgelbe Flüssigkeit stürzte ihm die Kehle hinunter. Als Thomas den Whisky abgesetzt hatte nahm er auf dem Sofa platz und starrte in die Luft. >>Verdammt<< fluchte er, griff nach dem noch leeren Glas auf dem Tisch, daß er zuvor wieder weggestellt hatte und schmetterte es zu Boden. Im Anschluss setzte er erneut die Flasche an und ließ die Flüssigkeit seine Kehle hinabgleiten. Verdammt, verdammt, was sollte und konnte er jetzt tun? Es war kurz nach vier Uhr morgens. Der Chef sollte erfahren was passiert war. Noch einmal setzte er die Flasche an und trank sie in einem Zug leer. Dann holte er sein Handy aus seinem Zimmer und wählte die Handynummer des Grafen. Es dauerte eine geraume Zeit bis sich eine verschlafene Stimme am anderen Ende der Leitung meldete. In kurzen prägnanten Sätzen erzählte er dem Grafen stotternd, heulend und schniefend was passiert war. Thomas hörte zu Anfang des Gespräches einen kurzen, grellen Aufschrei durch sein Telefon der in seinem Ohr schmerzend dröhnte. Danach war es für einen Moment still in der Leitung, sehr still. Thomas dachte schon der Graf hätte aufgelegt, als er im Hintergrund hörte, wie sich jemand schnauzte. Und dann den Grafen mit zitternder Stimme fragte ob er noch am Apparat sein. Thomas teilte Graf Michaelis auch mit, daß seine Tochter Suraya einen Kreislauf- und Nervenzusammenbruch erlitten hatte, als die Beamten ihr die schlimme Nachricht vom Unfall ihres Bruders überbrachten. Mit unendlich angeschlagener und gebrochener Stimme sagte der Graf er würde sich sofort ins Auto setzten und nach Hause kommen. Dann legte er schweigend auf. Am Morgen fand der Butler Kaiatan, Thomas im blauen Salon auf dem Sofa schlafend vor. Die Scherben, welche der Butler am Boden erblickte, stammten eindeutig von dem Glas das aus der Vitrine fehlte. Zwei leere Whisky Flaschen lagen zu Füßen von Thomas. Und eine dritte, noch fast volle, umklammerte er mit seinen beiden Händen.

Ein leises wiehern holte Suraya wieder zurück aus ihren Gedanken. Sie hatte gar nicht bemerkt das es schon so spät war. Sie trank ihren inzwischen kalt gewordenen Kaffee aus, stand auf und ging zur Tür. Sie nahm ihren Korb mit, in den sie zuvor schon etwas Brot und Wasser hineingelegt hatte und huschte durch die Tür. Die Morgensonne ließ den Himmel in allen möglichen rosa- und lilafarben erstrahlen. Die jungen Pferde, welche am Hang grasten, sahen noch wie schwarze Schatten aus. Das würde sich aber bald ändern wenn die Sonne ganz aufgegangen war. >>Ist ja gut ich komme ja schon.<< Ihre Hengste Black Devil, Donald, Gigant und Betscha warteten schon sehnsüchtig auf sie, denn ihr Instinkt sagte ihnen, wenn so früh das Licht in der Hütte anging durften sie mit auf einen langen Spaziergang. Suraya öffnete das Gatter und die Hengste folgten ihr. Mit forschen Schritt marschierten sie los. Der Trampelpfad hinter der Hütte führte sie zuerst an einer kleinen Waldwiese vorbei bevor der steinige Weg steil nach oben führte. Auf den Grasnarben rechts und links des Weges und auch auf den Blättern der am Rande wachsenden wilden Brombeeren glitzerten von vereinzelt Tautröpfchen. In den Brombeersträuchern ließ der leichte, frische Wind, die kunstvoll gesponnenen Spinnennetze der vergangenen Nach hin und her wehen. Sie kletterte über ein paar Felsbrocken zu einer Stelle, die sie von früher her gut kannte. Hier gab es jede Menge Kräuter. In Hülle und Fülle soweit das Auge reichte. Die vier Pferde wollten ihr folgen, doch Suraya gab ihnen ein Kommando damit sie ihr nicht weiter folgten, da der Pfad für sie zu schmal war. Denn die Pferde gingen nie weit weg von ihr. Ab und zu gaben sie Suraya einen Schubs, weil sie aufgehört hatte sie zu kraulen als sie neben ihr her gingen, oder die Pferde zankten und zwickten sich gegenseitig spielerisch. Sie waren gute Zuhörer das wusste Suraya. Sie wusste aber auch, daß die Tiere es merkten wie schlecht es ihr zur Zeit ging. Vor allem jetzt, wo es ihr wieder die Tränen in die Augen trieb. Sie fragte sich wie so oft, warm nur. Sie hoffte hier oben eine Antwort zu finden.

Wieso mussten ausgerechnet diese zwei Jungs sterben? Sie waren doch so gut. Sie passten alle vier gut zusammen und ergänzten sich in ihrem tun. Sie waren alle fast im gleichen Alter und hatten nur Blödsinn und Flausen im Kopf. Suraya's Mutter meinte des öfteren >>Kleine Jungs spielen gerne, aber große um so lieber.<< Und wenn man sie brauchte, egal aus welchem Grund auch immer, konnte man sich auf alle vier hundertprozentig verlassen. Andy, Charly, Bernd und Thomas waren bereit für jeden Schabernack solange nicht jemand oder irgend etwas zu Schaden kam. Sie hänselten sich gerne doch was keiner von ihnen ertragen konnte war, wenn einer von den Vieren auf einem Turnier besser abschnitt als er selbst. Auf dem Turnier sagten sie sich gegenseitig den Kampf an, Freundschaft hin oder her. Und genau dies war es, was Graf Johann, heimlich, so an seiner Truppe gefiel. Dadurch konnte niemand behaupten, weder das Publikum noch die Turnierrichter, das es auf dem Gestüt Michaelis eine Stallhirarchie gab. Und wenn es für die vier auf einem Turnier nicht so lief wie sie es für sich geplant oder erhofft hatten, ersäuften sie gemeinsam ihren Kummer mit mehreren Humpen Bier. Aber auch Siege wurden ausgelassen miteinander gefeiert. Suraya nannte sie immer das vierblättrige Kleeblatt, denn normalerweise ging keiner ohne die Anderen. Und doch hatte das Kleeblatt jetzt eine große klaffende Lücke bekommen. Eine Wunde die niemals mehr heilen würde.

Da war Andy, ihr Bruder, ein kleiner pummeliger mit dunklen Haaren und braunen Augen. Er liebte schnelle Autos und Pferde. Deshalb standen oft die neuesten Flitzer in der Garage, die er mit Argusaugen hütete. Er wurde oft von seinen Kollegen gehänselt wenn er mal wieder seine Flitzer polierte, ihnen sanft über die Motorhaube strich und wie zu einem Kind zu ihnen sprach. Er war der Typ Mensch, der ruhig und zurückhaltend war. Dieser Charakterzug traf aber nicht auf ihn zu, wenn er mit den Anderen zusammen war. Da war er genauso wild, draufgängerisch und der gleiche Raufbold wie die Anderen drei. Uns wurde allen sehr schnell bewusst, das Andy der Denker und Tüftler der Gruppe war. So manche Streiche, und waren sie noch so fies, gingen auf sein Konto. Wie damals als die Vier mit den Jungs aus der Nachbargemeinde streit wegen eines Mädchens namens Lisbeth hatten. Und die Jungs von Schloss Michaelis zündeten ihnen einfach den Funken an. Das ist ein Überrest eines heidnischen Brauchtums zur Austreibung des Winters. Funkenfeuer ist ein alter Feuerbrauch der noch heute im schwäbisch-allemanischen Raum sehr verbreitet ist. Jedes Jahr am Funkensonntag, das ist der Sonntag nach Aschermittwoch, werden große aufgehäufte Strohhaufen oder aufgeschichtete Holztürme nach Einbruch der Abenddämmerung, unter den Augen der Dorfbevölkerung angezündet. Aufgebaut werden diese Funken einen Tag zuvor. In der Nacht auf Sonntag passt eine Funkenwache auf, damit der Funken nicht frühzeitig von den Burschen aus der Nachbargemeinde angezündet wird. So wie es die Vier Jungs dann taten. Leider wurden sie erwischt. Nicht gleich sofort aber Tags darauf kam alles ans Licht. Sie lockten die Jungs, welche den Funken nachts bewachten unter einem fadenscheinigen Vorwand vom Funken weg. Später stellte sich heraus, daß sie ein paar Mädchen angeheuert hatten, die den jungen Männern schöne Augen machten und sie ablenkten. Als die Luft rein war, entfachten sie mit einer Zeitung ein Feuer welches den Funken schnell zum lodern brachte. Danach liefen Sie unter lautem Gejohle davon, denn ihr Plan war aufgegangen. Was sie bis dahin nicht wussten war, daß leider nicht alles von der Zeitung verbrannt war. Das Adressfeld mit dem Aufdruck Schloss Michaelis war übrig geblieben. So waren sie schnell entlarvt. Andys Plan ging also doch nicht so ganz auf wie er es sich gedacht hatte. Selbst heute noch, wenn die Leute im Dorf die Geschichte einem Fremden erzählten, lachte man noch über soviel Dummheit der Jungs. Und das Ende der Geschichte war, daß Lisbeth von keinem der Jungs etwas wissen wollte, nach dem die Geschichte ans Licht gekommen war.

Der zweite von diesem Kleeblatt war Charly. Von Beruf Pferdewirt und internationaler Springreiter. Ein liebenswerter, charmanter, gut durchtrainierter großer Rotschopf mit giftgrünen Augen, der schon so manches Frauenherz gebrochen hatte. Er war der Sonnyboy von den Jungs und er hätte gut auf einen Pinup-Kalender gepasst. Er war der Organisator der Gruppe. Es gab nichts was er nicht mit seinem reizenden Charme organisieren konnte. Wenn er seinen treudoofen Dackelblick aufsetzte, wurde jeder schwach und er bekam meistens das was er wollte. Sogar bei seinem Chef Graf Johann funktionierte es manchmal. Er war für die komplette Organisation der Veranstaltungen die es auf dem Gestüt gab verantwortlich. Wie Fohlenschauen und Fohlenverkauf, Pferdeversteigerungen, Hengstvorstellungen, Fuchsjagten, Lehrgänge für Springreiter, Dressur- und Weihnachtsreiten sowie Tag der Offenen-Tür und vieles mehr. Er war eines der Springasse und das Aushängeschild von Gestüt Michaelis. Aber eine große Macke hatte er. Er war ein Schandmaul. Auf dem Gestüt hatte er den heimlichen Spitznamen „Tagesblättle". Wollte man etwas bekannt machen, so musste man es nur Charly stecken. Und siehe da, die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Spätestens am nächsten Morgen wussten dann alle davon. Aber abgesehen von dieser Macke mochten ihn alle Bewohner von Schloss Michaelis. Die Zweibeinigen wie die Vierbeinigen. Er hatte eine Schwäche für Vierbeiner die etwas schwieriger waren. So zu sagen etwas eigensinnig, bockig, widerspenstig, feurig, temperamentvoll, aufmüpfig, störrisch, dickschädelig, widerwillig oder ganz einfach ausgedrückt eigenartig im Umgang. Das waren seine Tiere. Keiner von den Schlossbewohnern würde jemals auf den Gedanken kommen Charlys eigenes Pferd, Black Shadow, zu reiten. Wenn die Vier alle auf dem Turnier waren, lagen die Nerven bei den Schlossbewohnern blank, dann reichte es ihnen schon, dieses Tier nur auf die Weide bringen zu müssen. Aber genau so etwas liebte unser lieber Charly. Das verwunderliche daran war nur, das Charly mit all diesen Nervensägen wunderbar klar kam.

Der dritte im Bunde war Thomas. Pferdewirt mit Schwerpunkt Zucht und Haltung. Aber auch er war im Internationalen Springsport zu finden. Er war ebenfalls groß, muskulös, ein stattlicher Kerl mit pechschwarzem Haar und dunklen Augen die man fast mit einem Onyx vergleichen konnte. Auch er hätte einen Platz auf einem Kalenderblatt einnehmen können. So als Mr. Januar oder Februar hätte man ihn sich gut Vorstellen können. Im Winter trug er gerne beigefarbene dicke Wollstrickpullover, auf die war er besonders Stolz, weil ihm seine Großmutter diese selber gestrickten Pullis jedes Jahr zu Weihnachten schenkte. Alle lachten schon immer wenn kurz vor Weihnachten ein Päckchen für Thomas eintraf. Er war ebenfalls charmant, meist gut gelaunt, humorvoll, hilfsbereit und witzig. Mit seinem sympathischen Lachen konnte er alle anstecken, selbst wenn man schon fast am Boden zerstört war. Irgendwie schaffte er es immer die Leute aufzuheitern. So war er halt. Er war der Bastler unter den Jungs. Es gab fast nichts, was er nicht zu Wege brachte. Er fand meist immer eine Lösung oder Alternative. Sein Motto war immer geht nicht gibt's nicht. Seine heimliche Leidenschaft war es sämtliche defekten Maschinen zu reparieren. Oft schlug er sich deshalb so manche Nacht um die Ohren. Er steckte all seine Leidenschaft in die defekten Maschinen und wehe irgend jemand tat seinen Babys etwas an. Wehe dem, dann konnte auch der humorvolle, liebenswerte Thomas eine andere Seite von sich zeigen. Wie damals im Winter als Christoph sein Auto in den Graben gefahren hatte. Er wollte das Auto mit dem alten Traktor bergen. Dabei rutschte der Traktor ebenfalls in den Graben. Auto und Traktor waren nach dem Bergungsversuch Totalschaden. Thomas steckte Christoph, dafür das er eines seiner Babys geschrotet hatte, aus lauter Zorn, Kopfüber in eine Schneewehe und stapfte davon. Er sprach tagelang kein Wort mehr mit Christoph. Und noch heute schmiert er Christoph diese Sache bei jeder passenden Gelegenheit aufs Butterbrot. Ja auch so konnte der Liebenswerte Riese sein.

Und der letzte der Vier war Bernd. Er war der Gutsverwalter, Pferdewirt mit Schwerpunkt Beritt sowie für die Ausbildung der jungen Pferde zuständig. Er war im internationalen Militärysport zu Hause. Er war der größte von den Vieren. Er überragte sie alle um mindestens einen halben Kopf. Auch er war ein Mann der sich sehen lassen konnte. Mit seiner blonden langen Mähne und seinen blauen Augen, fiel er jeder Frau auf. Es gab fast keine Frau die ihm nicht heimlich nachschaute und er wusste zu genau was für eine Ausstrahlung er auf die Frauen hatte. Er war sehr hitzköpfig und lies gerne seine Muskeln spielen. Laut Petra, einer Auszubildenden, hatte er den knackigsten Hintern von allen Männern hier auf Schloss Michaelis. Aber das war typisch Petra, sie schaute immer zuerst auf den Hintern eines Mannes bevor sie ihm ins Gesicht sah. Bernd war der Mann für die starken Sachen. Wenn es um Muskelkrafteinsatz ging war man bei ihm an der richtigen Stelle. Sein lächeln, wenn er es dann mal tat, nannten wir alle heimlich „Herzstopper". Er wusste genau wenn er dieses verführerische, verlockende Lächeln aufsetzte, daß die Damenwelt nur so dahin schmolz. Er hatte ein Auge für gutes Pferdematerial das manch anderer nicht beim ersten hinschauen feststellte. Ebenso hatte er auch ein gutes Gespür für Menschen. Er konnte von vorne herein sagen, ob es sich lohnt diese Person zu fördern oder auch nicht. Deshalb war er derjenige, der die Vorauswahl traf wenn es um die Einstellung der Auszubildenden ging. Er wusste ganz genau auf was er achten musste. Aber auch er hatte eine Leidenschaft, von dem niemand aber auch gar niemand wusste

3. Kapitel

Sie war schon weit gekommen. Suraya's Korb war schon bis zur Hälfte mit Kräutern gefüllt. Der durchdringende Ruf des Steinadlers halte durch die umliegenden Berge. Es sah so aus, als ob es heute ein herrlicher Tag würde. Gemächlich schlenderte sie weiter Berg auf. Wie immer werden die letzten Meter wieder die steilsten sein dachte sie. Weiter oben war ein kleiner Gebirgssee mit einem Wasserfall. Dort würde sie Rast machen und sich ausruhen. Die Pferde folgten ihr auf Schritt und Tritt, rupften mal da ein Grashalm ab, mal dort. Außer Atem vom Bergauf gehen setzte sie sich ans Ufer des kleine Sees. Sie nahm ihren Proviant aus dem Korb und begann genüsslich zu speisen. Die Sonne kam jetzt über den Kamm des Berges und tauchte den See in ein silbern-blaues Farbenspiel. Das glitzernde Wasser war vermutlich noch Eiskalt kam ihr in den Sinn. Das Felsmassiv vor dem See spiegelte sich in dem sich leicht bewegenden Wasser des Bergsees. So etwas sah man nur ganz selten hier oben. Bei diesem wunderschönen Anblick des tiefen und intensiven Farbenspiels wurde ihr ganz warm ums Herz.

Hier, ja hier oben fing alles an. Bei diesem Gedanken fröstelte sie leicht. Ausgerechnet er war es gewesen den sie so hasste. Dem sie Tag täglich am liebsten die Augen ausgekratzt hätte. Ausgerechnet Ihm hatte sie so viel zu verdanken. Er war es gewesen der das Potenzial in ihr gesehen hatte und sie täglich stundenlang trainierte damit sie Erfolg im Internationalen Dressursport hatte. Durch ihn wurde sie Weltmeisterin und sechsfache Europameisterin. Denn Suraya und die Jungs waren nun mal allesamt das Aushängeschild von Schloss Michaelis. Bernd wusste von Anfang an was in ihr und ihren Hengsten steckte. Suraya wusste damals nicht warum ihr Vater darauf bestand, daß ausgerechnet Bernd sie trainierte. Sie hasste das Training mit ihm und die Rückschläge. Sie fühlte sich immer wieder hundeelend, aber sie machte weiter auch oft unter Tränen. Sie erhielt nie ein Lob oder ein paar nette Wort von ihrem ungeliebten Trainer, er nahm sie meistens mit harten Worten ran, so daß sie, wie so oft, nur wie ein Häufchen Elend auf ihrem Pferd saß heulte oder bockte. Einmal wollte Suraya sich an Bernd rächen, da er sie wieder einmal zu Schnecke gemacht hatte. Sie überlegte fieberhaft wie sie Rache an ihm nehmen konnte. Als sie Berta einmal aus ihrem geliebten Gemüsegarten mit ein paar Chilischoten in der Hand kommen sah, reifte in ihr ein Plan. Sie schlich sich in die Küche, stibitzte dort zwei scharfe Chilischoten, schlich sich in Bernds Zimmer, nahm das Duschmittel aus der Dusche und ließ die zerdrückten Schoten hineinfallen. Nun schüttelte Suraya die Flasche mit dem Duschmittel und den scharfen Schoten kräftig durch und stellte es sorgfältig zurück an seinen Platz. Spät in der Nacht hörte man einen lauten Aufschrei aus dem Badezimmer. >>Suraya<< Er war es auch gewesen, der vor zwei Jahren, als ihre Mutter schwer an Leukämie erkrankte, die Idee mit den Pony-Reitstunden für die Dorfkinder gehabt hatte. Um auf andere Gedanken zu kommen hatte Suraya diese jetzt unter ihre Fittiche genommen. Und er war es auch, der ihr das Reiten in einem Damensattel beigebracht hatte. Für die Showeinlagen zum Tag der offenen Tür von Schloss Michaelis. Ja sie hatte Bernd sehr viel zu verdanken.

Sie legte sich zurück ins Gras. Der Boden war uneben und übersät von kleinen Gesteinsbrocken, nicht gerade bequem. Deshalb beschloss sie sich nochmals zu erheben und auf ein flaches Felsplato zu klettern. Von dort oben hatte sie einen herrlichen Ausblick über die gesamte Landschaft. Sie beobachtete wie die Pferde an den See gingen um zu trinken. Betscha der gerade trank trieben ihr die Tränen in die Augen und wieder einmal liefen die Tränen. Der Hengst konnte ja nichts dafür, denn eigentlich war Betscha nicht ihr Pferd sondern das von Bernd. Aber da sich die vier Hengste so gut verstanden, war in der Natur normalerweise nicht oder nur sehr selten der Fall ist, hatte Suraya beschlossen auch Betscha mit hier hoch in die Berge zu nehmen. Zu Hause würde er nur still vor sich hin trauern denn er war ein sehr sensibles Tier. Sie versuchte sich wieder zu beruhigen, schloß die Augen und holte tief im inneren ihres Herzens ein Bild von Bernd hervor. Groß, muskulös, sein Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Zerzaust hingen ihm einzelne Strähnen, die der Wind gelöst hatte, ihm ins Gesicht. Seine Lippen umspielten ein amüsiertes Lächeln. Mit seinen leuchtenden blauen Augen schaute er sie von oben herab an. So stand er in ihren Gedanken vor ihr. Wieder seufzte sie. Ja er war wirklich ein verdammt gut aussehender Mann. Er wusste was für eine Wirkung er im allgemeinen auf die Frauenwelt hatte. Aber wer wollte keine der Frauen haben die ihm nachsahen. Die, die er haben wollte mußte er erst noch zähmen. Für ihn gab es seit vielen Jahren nur diese eine, Suraya!

Die Jungs trieben gerne ihre Späße auf Bernds kosten. Sätze wie Bernd ist schwul oder so ein Adonis wie er könnte doch jeden Tag eine andere im Bett haben hörte er oft. Dieser Satz, den die Jungs so oft zu ihm gesagt hatten fiel ihr gerade wieder ein. Sie zogen ihn gerne damit auf, da er keine mit einem Blick würdigte. Doch Bernd ignorierte die Sprüche der dreien jedes Mal. Wenn es ihm wirklich mal zu bunt wurde sagte er nur, >>Ja Gott verdammt, dann bin ich halt schwul<< und alle fielen immer in ein lautes Gelächter. Das er im tiefsten Inneren ein Geheimnis bei sich trug, ließ er keinen wissen. Nur wenn er am Abend oder in der Nacht alleine in seinem Zimmer war. Schlichen sich unvernünftige tiefe Sehnsüchte nach seiner kleinen Raubkatze ein. Am liebsten hätte er sein Zimmer sofort wieder verlassen, um am Ende des Korridors in ihr Zimmer zu schlüpfen und sie fest in die Arme zu nehmen. Sie zu küssen, ihren Duft einzuatmen und seine Hände unter ihre Kleidung zu schieben. Er wollte alles erkunden, die vollen Brüste, den wohlgeformten Po, ihren flachen Bauch, sie streicheln und liebkosen. Immer wieder musste er sich ermahnen, genug mit der Fantasie. Vor allem dann, wenn sein bester Freund sich schmerzhaft gemeldet hatte.

Aber wenn Suraya genauer darüber nachdachte, gab es doch den einen oder anderen Moment, den sie schon früher mit ihm genossen hatte. Da gab es eine Situation als sie vergessen hatte den Sattelgurt festzuziehen, da sie wieder einmal wütend auf ihn gewesen war und sie mit dem Gesicht im Sand landete. Als zwei starke Arme sie hochhoben und sie zu einer nahen Bank trugen. Suraya konnte damals gut seine Körperwärme spüren. Bei jedem Schritt den er machte, spürte sie seinen muskulösen Oberkörper, seinen warmen Atem an ihrem Hals und er roch so gut nach Mann und Pferd. Er sprach zu jenem Zeitpunkt kein Wort, aber sein Gesicht war so nah bei ihrem und seine Augen funkelten. Sie funkelten, jedoch nicht vor Wut. Suraya konnte nicht einmal blinzeln geschweige denn ihren Blick von Bernds Augen abwenden. Sie war wie hypnotisiert von seinem Blick. Was immer es war, es war ebenso schnell vorüber wie es begonnen hatte. Es hatte alles nur einen kurzen Moment gedauert. Wollte er sie damals schon küssen?

Oder damals als sie alle im Sommer mitsamt den Pferden am See baden waren. Im Sommer an sehr heißen Tagen geht es gegen Abend immer mit den Pferden zum Baden an den nahen See. In der nähe des Schlosses gib es eine gute Stelle an der man mit den Pferden in den See reiten kann und auch wieder leicht heraus kommt und die übrigen Badegäste nicht stört. Im vollen Galopp und unter lautem Gejohle ritten damals die Jungs voraus. >>Wer zuerst im Wasser ist<< rief Charly laut. Vier Handtücher flogen im hohen Bogen über ein paar Sträucher und schon waren sie mit ihren Pferden im Wasser. Das Wasser spritzte nur so auf. Thomas stand auf seinem Cayenne und machte einen Köpfer ins Wasser während sein Wallach weiter in den See schwamm. Bianca und Suraya kamen als letztes an. Bianca saß auf Donald und kicherte vor sich hin als sie sah wie ausgelassen die Meute sich im Wasser tummelte. >>Na komm schon Suraya, den Spaß lassen wir uns nicht entgehen<< meinte Bianca und ritt ins Wasser. Doch Gigant, der eigentlich nicht wasserscheu war und auch das Bad sonst immer genoss, zickte herum. Er wollte partout nicht in den See. Urplötzlich machte er einen mächtigen Satz nach vorn und war ebenfalls im Wasser und Suraya flog im hohen Bogen durch die Luft und tauchte im Wasser unter. Als sie wieder an die Oberfläche kam spuckte und hustete sie heftig. Sie fand keinen Halt am Boden. Als plötzlich jemand neben ihr auftauchte. Zwei starke Arme sich um ihre Taille legten und sie eng an sich herzogen. Und dieser jemand frech zu ihr sagte >>Wachsen musst noch ein wenig oder? Vor allem wenn man ein übergroßes Pferd reiten will sollte man den Boden unter den Füssen nicht verlieren.<< Dann zogen die Arme sich noch enger um ihre Taille zusammen. Und sie wurde von zwei leuchtend blauen Augen hypnotisiert. Sein Gesicht kam dem ihren damals verdammt nahe. Ihre Nasenspitzen berührten sich schon fast. Als von der Seite eine Ladung Wasser auf sie beide gespritzt wurde.

Und dann war da noch das eine Wochenende, an dem alles schief lief. Genau vor zwei Jahren. Von da ab, hatte sich ihr Leben komplett gewandelt. Am Morgen bekamen sie die schreckliche Diagnose Leukämie von ihrer Mutter mitgeteilt. Und am Abend verkündete ihr Vater, Graf Johann, daß sie dieses Wochenende alleine mit Bernd aufs Turnier fahren müsse. Er würde ihnen den kleinen Lastwagen mitgeben, da sie ja nur ein Pferd dabei haben würden und mit dem kleinen Transporter könnte man schneller Fahren als mit dem Großen. Graf Johann, wusste schon bei seiner Verkündung, das der Ärger vorprogrammiert war. Klar machte Suraya wie immer eine Szene daraus. Sie protestierte wie üblich und zickte herum. Mit hoch rotem Kopf vor Wut schrie sie >>Warum ausgerechnet er? Warum kann mich nicht Charly oder Thomas begleiten. Warum?<< Tränen verhüllten ihr die Sicht. Bernd sagte leise kaum hörbar von den anderen vor sich hin. >>Weil Du nervös bist, meine feurige Lady.<< Doch Charly und Thomas hatten das Selbstgespräch von Bernd irgendwie gehört. Sie blickten sich gegenseitig an. Konnten sich aber keinen Reim darauf machen, was Bernd da gerade von sich gegeben hatte. Von den Reservatsbewohnern wurden an diesem Abend sogar schon Wetten abgeschlossen wer wie viele Kratzer mit nach Hause bringen würde. Oder wer wohl das Wochenende überlebte. Suraya wusste das sie keine Chance hatte. Denn auf diesem Turnier stand alles auf dem Spiel für die nächste Olympiade. Er war sozusagen die Endauswahl wer einen Platz in der Olympiamannschaft bekam und wer nicht. Also bestieg sie am nächsten morgen brav den Pferdetransporter. Auf der Fahrt zum Austragungsort sprachen sie fast kein Wort miteinander, nur das nötigste. Sie schmollte halt mal wieder und Bernd amüsierte sich innerlich über seine kleine Raubkatze. Sie wusste gar nicht, wie süß und reizvoll sie immer aussah, wenn sie so wütend war. Und die zuckersüße Schnute die sie dabei immer hinzog wenn sie so schmollte, einfach bezaubernd. Die beiden kamen damals spät abends auf dem Turnierplatz an. Der Mond stand schon seit geraumer Zeit am nachtblauen Himmel. Blass aber dennoch vollkommen Rund schaute er vom Horizont herunter. Es war eine Sternen klare Nacht. Suraya versorgte ihr Pferd im Stallzelt für die Nacht. Bernd schlenderte noch eine ganze Weile über den Turnierplatz und traf vereinzelnd auf Leute die er kannte, mit denen er sich noch etwas unterhielt. Er kletterte schon in die Koje des Pferdetransporter, als Suraya wieder ins Führerhaus stieg. Sie machte es sich auf dem Beifahrersitz bequem und kramte in der Kühltasche nach etwas essbarem. >>Kannst ruhig zu mir in die Koje kommen ich beiße nicht.<< meinte Bernd damals liebenswürdig und gähnte schon dabei. Die Koje war groß genug, daß zwei Personen darin Platz gefunden hätten. Doch Suraya schüttelte ohne Worte nur den Kopf. Von der ungemütlichen Sitzposition die sie eingenommen hatte, taten ihr irgendwann in der Nacht alle Knochen weh. Eigentlich sollte sie morgen Früh ausgeschlafen und entspannt sein. Ein Turnier kann man nicht reiten, wenn einem alles Weh tat. Sie beschloss also doch noch, wohl oder übel, zu Bernd in die Koje zu klettern. Trotz Müdigkeit fand sie überhaupt nicht in den Schlaf. Sie kauerte sich ganz außen an die Wand, um ja nicht mit ihm in Berührung zu kommen. Was Suraya damals nicht wusste, war das Bernd wach geworden war, als sie in die Koje kletterte. Innerlich schmunzelte er über ihre Bemühung sich so weit wie möglich von ihm weg zu legen. Als ob er jeden Moment über sie herfallen würde. Was er gerne getan hätte. Am nächsten morgen musste Suraya mit entsetzten feststellen, daß sie in Bernds Armen lag. Ein großes schweres Bein lag über ihrem Körper. Als Suraya langsam die Augen öffnete, bemerkte sie, das sie schon die ganze Zeit von Bernd beobachtet wurde. Ein lächeln umspielte seinen reizvollen Mund. >>Guten morgen<< meinte er. Wie von der Tarantel gestochen wollte Suraya aus der Koje springen, aber Bernd hielt sie mit seinen starken Armen zurück. Sein Lächeln wurde breiter, erhellte seine Augen. Er flüsterte ihr leise ins Ohr. >>Du bist ein ziemlich netter Anblick für einen Mann, der gerade wach wird.<< Ihr Herz schlug damals ganz wild. Sie versuchte sich erneut aus seinen Armen zu befreien. Ihr ganzer Körper zitterte und ihr Herz schlug noch schneller als zuvor. Dann ließ er Suraya abrupt los. Sie hatte so viel Schwung, daß sie beinahe Kopf über in die Fahrerkabine gestürzt wäre. Wenn da mal nicht wieder jemand dagewesen wäre, der sie gerade noch rechtzeitig vor dem Sturz bewahrt hatte. Ja, auch damals genoss sie insgeheim seine körperliche Wärme und den Geruch nach seinem wohlduftenden Aftersafe. Aber das war noch lange nicht alles. Der Horror begann jetzt erst richtig. Das Wetter versprach einen wunderschöner Tag zu werden. Die Sonne lachte und der Himmel war wolkenlos. Suraya war damals die Favoritin und jeder Zuschauer und Reiter auf dem Abreiteplatz sah unauffällig zu ihr herüber wie Suraya sich auf ihre Kür vorbereitete. Viele Reiter die an den Start gingen wussten wer sie trainierte. So manche Amazone blickte neidisch in ihre Richtung. Eine war sogar so dreist und versuchte Bernd über den Haufen zu reiten, als er Suraya die letzten Anweisungen gab. Und das nur um mit ihm ins Gespräch zu kommen und dann vor ihren Freundinnen lauthals zu prahlen, daß sie mit ihm gesprochen hatte. Dann gab es da noch eine feine Dame, die ihre Tochter angewiesen hatte ihr Pferd lauter Patzer machen zu lassen um dann mit tränenden Augen aus dem Dressurviereck zu kommen, damit sie Bernd fragen konnte, ob er auch nicht ihre Tochter Unterricht geben würde. Sie würde ihm auch gut dafür bezahlen. So anzüglich wie die Dame Bernd gefragt hatte, konnte sich Suraya auch gut vorstellen, wie die Bezahnung dann ausfallen würde. Doch Bernd lehnte diese Angebote immer nur lächelnd ab. >>Entschuldigung, aber ich habe schon eine Schülerin Mam.<< sagte er freundlich zu ihr. Kurz vor Suraya's Start winkte Bernd sie zu sich. Er sagte nichts, sah sie nur an. Einen Moment lang flimmerte die Luft um sie herum. Es lag eine elektrisch geladene Spannung in ihr. Er zog sie halb vom Pferd und schaute ihr tief in die Augen. Da war es wieder, dieses seltsame hypnotisierende blitzen in seinen Augen, wie schon mehrmals und das umwerfende Lächeln, das alle insgeheim Herzstopper nannten, breitete sich auf seinem Gesicht aus. Im Nu verringerte er die kleine Lücke zwischen ihnen und er strich mit seinem Mund sanft über ihre Lippen. Dann zog er sich zurück, legte seine Hand an ihre Wange und fuhr mit dem Daumen sanft über ihre Unterlippe. Im gleichen Moment wurde sie aufgerufen. Sie war verwirrt. Verwirrter den je. Er lies sie los und sagte nur noch >>Viel Glück<< und sie ritt zum Eingang des Dressurvierecks. Suraya konnte nicht mehr klar denken. Was zum Henker war das gerade eben? Und jetzt auch das noch, sie konnte sich nicht mehr an den Anfang ihrer Kür erinnern. Sie ritt ein und grüßte. Die Musik fing an zu spielen, aber Suraya rührte sich nicht. Sie hatte einen vollkommenen Blackout. Der Gong ertönte noch einmal und die Musik fing erneut an, aber Suraya war wie gelähmt. Sie deutete den Turnierrichtern mit einem dafür vorgesehenem Handzeichen an, daß sie ihre Kürprüfung aufgeben würde und ritt schließlich mit gesenktem Kopf aus dem Dressurviereck heraus. Über den Lautsprecher wurde verkündet, >>Die Reiterin gibt zur Schonung ihres Pferdes auf.<< Beim Ausritt aus dem Dressurvierecks buhten die Zuschauer sie aus. Die nachfolgende Reiter und Amazonen hatten ein strahlendes und zugleich abwertendes Lächeln für sie auf ihren Gesichtern. Sie flüsterten hinter vorgehaltener Hand untereinander. Ein kleiner Junge aus dem Publikum streckte ihr sogar frech die Zunge heraus und lachte hämisch. Reporter umringten sie und stellten ihr, für sie im Moment unmögliche Fragen. Sie wurde von ihnen regelrecht umzingelt und im Hintergrund hörte sie eine Frau laut hämisch lachen. Die, welche zuvor Bernd ein unseriöses Angebot gemacht hatte. Was war das für eine Blamage. Wie konnte er sie damals nur so bloß stellen. Für die Presse war sie ein gefundenes Fressen und die Reporter ließen kein einzig gutes Haar an ihr. Schlagzeilen wie -Dankt Gräfin Suraya von Michaelis ab?, Ende einer glorreichen Karriere?, Gestüt Michaelis in Geldsorgen?, Ist ihr Trainer der heimliche Geliebte der Gräfin?, Teilt er wirklich das Bett mit ihr?, War das alles nur eine Werbeinszenierung des Gestütes?- Es wurde viel Staub und Schmutz aufgewirbelt.

4. Kapitel

Eigentlich sollte sie sich auf den Heimweg machen. Sie setzte sich auf und streckte sich. Aber insgeheim war sie noch nicht bereit den Weg nach Hause in die Hütte zu gehen. Hier oben an diesem See war sie immer glücklich gewesen. Schon als Kind war das hier ihr Lieblingsplatz. Für sie war es schon immer ein magischer Ort gewesen. Von weitem war das Motorenbrummen eines Flugzeuges zu hören, das sich hoch oben am blauen wolkenlosen Himmel abzeichnete. Ansonsten gab es keine weiteren störenden Geräusche. Im Sommer planschte sie in diesem See oder stand unter dem Wasserfall wenn die Hitze unerträglich war. Aber dieser Ort war für sie noch mehr. Nach diesem Horror Wochenende verschanzte sie sich hier oben. Wollte von keinem etwas wissen, geschweige denn jemanden sehen. Suraya war damals komplett durch den Wind. Nicht einmal Thomas schaffte es sie irgendwie aufzuheitern oder auf andere Gedanken zu bringen. Sie war zu aufgewühlt und ihre Gedanken kamen nicht zur Ruhe. Immer wieder musste sie an dieses grauenhafte Wochenende und den für sie so unerklärlichen, flüchtigen aber dennoch sehr verwirrenden Kuss denken. Und erst recht an die negativen Schlagzeilen aus den Reitermagazinen tanzten vor ihren Augen munter hin und her. Es verging kein Tag nach diesem Horror Wochenende ohne das ein Reporter an der Tür klingelte um sie um ein Interview zu bitten oder sie in eine Sportsendung einzuladen um sie in aller Öffentlichkeit durch den Kakao zu ziehen. Suraya hatte die Nase voll von dem ganzen Trubel. Sie sagte sämtliche Turniernennungen für dieses Jahr ab und verschanzte sich weit ab von der Zivilisation hier oben auf der Hütte wo sie sich geborgen fühlte. Am meisten hasste sie es, wenn irgend jemand aus dem Schloss herauf kam und mit ihr über ihre endgültige Entscheidung den Turniersport an den Nagel zu hängen reden wollte. Jeden der vorbei kam, ließ sie nur stehen. Sie sprach kein Wort, mit niemanden. Weder mit ihrem Bruder noch mit ihrem Vater, oder einem Anderen der versuchte sie um zu stimmen. Ihr war einfach nicht danach. Suraya wollte nur ihre Ruhe haben. Sie wollte keine Erklärungen abgeben warum. Auch ihre geliebte Mutter kam damals nicht an sie heran. Die ersten Tage war sie nur am Heulen bis der Tränenstrom versiegte. Dann kämpfte sie mit der Wut. Wut auf den Mann, der die Macht hatte sie so bloß zu stellen. So zu verletzen, vor all den Leuten. >>Was hat er sich nur dabei gedacht?<< sagte sie leise vor sich hin. >>Nichts<< sagte eine Stimme plötzlich hinter ihr. Sie war so in Gedanken versunken gewesen, das sie Bernd nicht kommen hörte. Sie fasste sich vor Schreck mit der Hand an ihr schnell pochendes Herz. Er setzte sich neben sie ins Gras. >>Wir müssen reden, reden über alles, über alles was geschehen ist, über deine Entscheidung den Reitsport an den Nagel zu hängen, und über uns.<< Da Suraya kein Wort sagte, nahm Bernd seine Hand, legte sie ihr auf den Rücken und drückte sie mit der anderen Hand flach auf den Boden. Da er aus Erfahrung wusste, daß sie sich wehren würde, legte er sich halb mit seinem Körper auf sie und hielt ihre Hände dabei fest. Anschließend verlagerte er dann sein Gewicht auf die Ellenbogen. Allerdings gab er sie nicht ganz frei, zum einen weil er wusste, daß sie sich wehrte, wenn er ihr nur ein bisschen zu viel Freiraum ließ, zum anderen gefiel ihm diese Aussicht recht gut. Im Nu senkte er seinen Kopf und verschloss ihr den Mund mit seinen Lippen. Suraya war so verblüfft, das sie im ersten Moment wie erstarrt da lag.

Es war nicht das erste Mal, daß sie richtig geküsst wurde. Vielleicht hatte es ja an dem Jungen gelegen der ihr den Hof machte. Sie war nicht sonderlich beeindruckt von dessen Küssen. Suraya hatte seinerzeit eher den Eindruck, daß er fade war. Sie wollte sich hinterher immer gleich mit dem Handrücken über den Mund wischen, um dieses feuchte Gefühl zu entfernen. Doch dieser Kuss war ganz anderst. Bernds Mund war fest als seine Lippen die ihren berührten. Anschließend knabberte er zärtlich an ihrer Unterlippe, zupfte nur kurz und verlockend daran, so daß sie vor Schreck den Mund öffnete. Kaum hatte sie das getan, glitt seine Zunge in ihren Mund und richtete Chaos in ihrem Körper an. Plötzlich begann ihr Körper an den verschiedensten Stellen zu kribbeln an. So was wie das hier hatte sie noch nie erlebt. Sie war so überwältigt, daß sie einen Moment brauchte um alles zu begreifen. Zu begreifen, daß Bernd sie leidenschaftlich küsste und sie nicht Träumte. Sie fing an sich gegen seine Brust zu stemmen, ver