Ein Meer aus Sonnenblumen - Anika Beer - E-Book

Ein Meer aus Sonnenblumen E-Book

Anika Beer

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Beschreibung

Eine kleine Pension, ein geheimnisvoller Gast und Sonnenblumen, so weit das Auge reicht ...

Im Hinterland der Costa Brava, inmitten von blühenden Sonnenblumenfeldern, liegt die kleine Pension »El Gira-sol«, die Matea in dritter Generation führt. Als Ben aus Deutschland mit seiner achtjährigen Tochter Flor eintrifft, fühlt sie sich gleich zu ihm hingezogen. Und auch Ben scheint die gemeinsame Zeit zu genießen. Doch dann beginnt er, Fragen zu Mateas Schwester Riza zu stellen, die vor zehn Jahren spurlos verschwunden ist. Was hat Ben mit Riza zu tun? Und wieso hat er für seinen Urlaub ausgerechnet diese Pension ausgewählt? Schon bald ahnt Matea, dass Ben und sie weit mehr verbindet als ein harmloser Sommerflirt ...

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Buch

Die beschauliche Kleinstadt El Pont Assolellat gilt als Geheimtipp für Katalonien-Reisende. Hier betreibt Matea die kleine Pension El Gira-sol, benannt nach den vielen Sonnenblumenfeldern ringsum. Sie könnte mit ihrem Leben rundum glücklich sein, gäbe es da nicht den Bruch mit ihrer Schwester Riza, die vor zehn Jahren jeglichen Kontakt zur Familie abgebrochen hat. Als Ben mit seiner kleinen Tochter Flor eintrifft, hält Matea die beiden zunächst für ganz normale Touristen. Doch die kleine Flor ist stets von einer gewissen Traurigkeit umgeben, und Ben vertraut Matea schließlich an, dass ihre Mutter vor über einem Jahr spurlos verschwunden ist. Als er durchblicken lässt, dass Flors Mutter aus El Pont stammt, wird Matea hellhörig. Offenbar ist sie auf dem besten Weg, sich in den Ex ihrer Schwester zu verlieben …

Autorin

Anika Beer wuchs umgeben von Geschichten auf: Mit drei lernte sie lesen, mit acht fing sie an, eigene Erzählungen zu schreiben. Inzwischen hat sie zahlreiche Romane für Jugendliche und Erwachsene veröffentlicht. Sie lebt mit ihrer Familie in Bielefeld und reist so oft wie möglich ans Meer.

Anika Beer

Ein Meer aus Sonnenblumen

Roman

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Copyright © dieser Ausgabe 2022 by Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Dieses Buch wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur GmbH

Umschlagmotiv: FinePic®, München

Redaktion: Anne Fröhlich

LS · Herstellung: ik

Satz: Mediengestaltung Vornehm GmbH, München

ISBN: 978-3-641-27357-6V001

www.goldmann-verlag.de

Pàtria – Heimat.

Riza

Ich wurde am schönsten Ort der Welt geboren.

Sein Name ist El Pont Assolellat – die sonnige Brücke. Alles an diesem Ort ist warm, ruhig und friedlich, als wäre er direkt aus der Erde gewachsen, während die Berge im Norden ihn schützend beobachten und das Meer in der Ferne und der Wind ihm Lieder singen. Auch die Menschen, die dort leben, sind so. Fest wie die Erde, leuchtend und sonnenwarm in ihren Farben und Stimmen, und so sicher und gelassen bis ins Innerste, weil sie ihre Berge und das Meer und den Wind so gut kennen.

Nur ich. Ich war nie so.

Schon als Kind habe ich mich anders gefühlt. Unstet. Leicht wie das Blatt einer Sonnenblume statt stark und fest wie die Erde, aus der sie gewachsen ist. Und es wurde immer schlimmer, je älter ich wurde. Ich sah zu den Bergen im Norden und zum Meer in der Ferne, und ich fühlte mich nicht beschützt. Ich fühlte mich eingesperrt. Jeden Tag habe ich mich gefragt, was dahinter liegt. Ob es dort einen anderen Ort gibt, der mich ruft? Einen Ort, an den ich gehöre? Und was für ein Ort könnte das sein, wenn nicht dieser?

Was, dachte ich, stimmte denn verdammt noch mal nicht mit mir, dass ich am schönsten Ort der Welt nicht glücklich war? Dass ich von dort fortwollte? Fortmusste?

Heute, wo ich mit dem nötigen Abstand auf El Pont Assolellat zurückblicke, weiß ich: Ich war gar nicht unglücklich. Und ich wollte auch gar nicht fort. Ich konnte nur nicht bleiben, aber das lag nicht an El Pont. Denn egal, wo ich bin, es ist immer die Ferne, die mich ruft. Meine Heimat ist kein Ort, es ist der Horizont. Und Zufriedenheit finde ich überall, solange niemand versucht, mich dauerhaft einzupflanzen und festzuhalten. Ich bin für ein Leben auf Wanderschaft gemacht, und nur so kann ich glücklich werden. El Pont hingegen wird immer der magische Ort sein, an dem ich geboren wurde. Die Sonnenblume, aus deren Blüte mich der Wind gezupft und fortgetragen hat.

Nur wäre ich damals wirklich für immer gegangen, frage ich mich manchmal, wenn die Umstände anders gewesen wären? Weniger schmerzhaft, weniger zwingend, weniger … schuldig?

Die Antwort allerdings ist immer dieselbe:

Ja, auch dann.

Auch dann.

An: Jeriza Tosell i Vives

Irgendwo auf der Welt, vielleicht in Peru

Von: Flor Tosell i Vives

in Stuttgart

Liebe Mamà,

wie geht es dir? Ich muss dir was erzählen! Wir fahren in den Pfingstferien nach El Pont! Ben hat es mir heute gesagt. Weißt du noch, du hast immer gesagt: Wenn wir uns mal verlieren, treffen wir uns auf der Brücke. Es tut mir leid, Mamà, dass ich nicht mit dir nach Südamerika mitgekommen bin. Jetzt fahre ich nach El Pont. Komm bitte auch!

Ich vermisse dich doll, Mamà.

1000 Küsse

Deine Flor

TEIL I

DERSCHÖNSTEORTDERWELT

Eins

Matea

Der Wind vom Meer brachte Regen. Besonders zuverlässig bei Neumond. Alle in der Küstenregion von Katalonien wussten das – es war eine schwer von der Hand zu weisende Tatsache, auch wenn die Meteorologen überall sonst auf der Welt behaupteten, der Mond könne keinen Einfluss auf das Wetter nehmen.

Von ihrem Platz ganz oben auf der Leiter vor der Pension El Gira-sol hatte Matea einen guten Blick auf die dramatischen Wolkenberge, die sich jenseits der terrakottafarbenen Dächer des Dörfchens El Pont Assolellat und der endlosen Sonnenblumenfelder über dem Meer auftürmten. Das Meer selbst war von hier aus nicht zu sehen. Aber man konnte es riechen. Salzig und schwer und stürmisch.

Matea befestigte auch die zweite Kette an dem frisch gestrichenen Pensionsschild und hängte die kleinere Tafel mit der Aufschrift Zimmer frei darunter. Dann drehte sie das Gesicht in den auffrischenden Wind, ließ sich die widerspenstigen Locken aus der Stirn blasen und atmete tief den Geruch des nahenden Gewitters ein. Noch schien die Vormittagssonne heiß und klar in El Pont. Aber das weiße Sommerlicht hatte bereits einen gräulich gelben Ton angenommen. Der Regen würde kommen, und das schon bald. Endlich Abkühlung.

Als sie die Leiter wieder abwärts kletterte, blieb ihr Blick an einem Riss im hellen Putz des alten Gebäudes hängen, der ihr auf dem Weg hinauf gar nicht aufgefallen war. Er war lang und verästelte sich in immer feiner werdenden Linien über eine beunruhigend große Fläche. Matea runzelte die Stirn. Das war nicht gut – zumindest vermutete sie das. Irgendjemand würde sich das diesen Sommer noch ansehen müssen. Hoffentlich war es kein grundlegendes Problem mit der Wand. Für eine umfangreiche Restauration war gerade wirklich nicht genug Geld übrig. Eigentlich nie. Seit Jahren nicht.

In diesem Augenblick hörte Matea das Rattern und Rumpeln eines alten, aber kräftigen Motors, das sich durch die engen Gassen des Dorfes näherte. Sie hätte das Geräusch unter Hunderten erkannt. Und tatsächlich hielt nur kurz darauf der knallrote Pritschenwagen ihres Bruders Enric vor dem Eingang der Pension. Auf der Ladefläche häuften sich Bündel frisch geschnittener junger Sonnenblumen neben einigen festgezurrten Kisten.

Die blecherne Hupe des Pritschenwagens ertönte zweimal. Dann verstummte der Motor, die Fahrertür öffnete sich, und Enric sprang heraus. Sein schwarzes Tanktop war durchgeschwitzt, und auch auf seinen kräftigen, tief gebräunten Armen glänzte der Schweiß. Seine dunklen Haare klebten ihm feucht in der Stirn.

»Bon dia, Mati!« Er ließ die hintere Klappe der Ladefläche herunterkrachen. Die braunen Augen in dem markanten Gesicht mit dem dunklen Wochenbart blitzten vergnügt. »Da hast du dir ja ein spektakuläres Wetter für den Saisonbeginn ausgesucht.«

Matea stieg die letzten Sprossen hinab und griff nach der Sackkarre, die neben dem Eingang lehnte. »Ein Festessen schmeckt zur Not auch bei Dauerregen«, erklärte sie grinsend. »Aber wahrscheinlich zieht das Gewitter bis zum Fest sowieso durch. Hast du meine Nachricht wegen des Öls gelesen?«

»Eine Zwölferkiste zusätzlich, jawohl, Schwesterherz.« Enric stellte die erste Kiste auf der Sackkarre ab. Die Flaschen darin klirrten. »Aber leider zu spät, da war ich schon unterwegs. Ist es dringend? Dann schicke ich dir später Arnau vorbei.«

Matea winkte ab. »Arnau ist ein Goldstück, aber er muss nicht extra deswegen kommen. Ich nehme die Kiste morgen mit, wenn ich die Baguettes bei euch abhole.«

»Na dann, einverstanden.« Enric lud weitere Kisten auf die Sackkarre. Mehr Öl und Sonnenblumenkerne für die Küche des Gira-sol – und etliche Tiegel und Gläschen mit Cremes und anderen Pflegeartikeln, die Enrics Ehemann Arnau in der Kosmetikwerkstatt herstellte, die an den Hof angeschlossen war. Die Produkte waren ein absoluter Verkaufsschlager in dem kleinen Souvenirladen der Pension, und Matea musste ihren Vorrat unbedingt noch aufstocken, ehe in weniger als einer Woche die Feriengäste der Hauptsaison wie ein Heuschreckenschwarm darüber herfallen würden.

»Arnau sagt, er wünscht sich Nugat im Tausch.« Enric grinste. »Und zwar eine ordentliche Menge, damit er auch mal etwas davon abbekommt.«

Matea lachte. »Hinter der Kasse steht ein Beutel mit gemischtem Bruch, da ist für euch alle genug drin. Geh einfach rein, wenn du die Blumen nach hinten gebracht hast. Ich bin dann sicher schon oben.« Sie kippte die Sackkarre auf ihre Räder und deutete zum Abschied zwei Küsse rechts und links in die Luft an, als befände sich Enrics Gesicht direkt vor ihrem.

Enric klopfte sich grinsend auf den Bauch, ehe er sich die Arme mit Sonnenblumenbündeln belud und sich damit auf den Weg in den Innenhof machte. »Mmmh! Ich bin mir trotzdem nicht sicher, ob etwas davon den Hof erreichen wird.«

»Bribó! Du bist ein Gauner.« Matea schickte ihm einen letzten Luftkuss hinterher. »Also dann, wir sehen uns morgen! Adéu, Brüderchen!« Damit schob sie die voll beladene Karre durch die blau gestrichene Holztür hinein in die Pension.

Nachdem sie die Kisten ins Lager gebracht und einen Teil der Ware in Küche und Laden verräumt hatte, machte sich Matea wie jeden Tag auf einen letzten Rundgang durch die Gaststätte, den Laden und die leerstehenden Zimmer, ehe sie ihre studentische Aushilfe an der Rezeption ablöste. Derzeit waren nur zwei der sieben Unterkünfte des Gira-sol belegt, aber das würde sich in nur einer Woche schlagartig ändern. Ab dem kommenden Samstag, wenn die Hauptsaison begann, würde die kleine Pension drei Monate lang fast durchgehend voll belegt sein, und auch das Restaurant in Erdgeschoss und Hinterhof hatte schon Wochen im Voraus täglich etliche Tische vorreserviert.

Jetzt aber war noch alles ruhig, wie ein letztes Innehalten. Ein Atemholen, während der nahende Sturm in Mateas Brust ihr ebenso greifbar schien wie die Wolkentürme über dem Meer draußen. Matea liebte dieses Gefühl. Niemals sonst fühlte sich die Arbeit in der Pension so richtig und verheißungsvoll an wie in den letzten Tagen vor dem großen Ansturm.

Im Eingangsbereich vor dem Rezeptionstresen blieb sie schließlich stehen und ließ die Finger über die Platte aus geöltem Olivenholz gleiten. Die Vormittagssonne fiel durch die gelben Vorhänge gedämpft herein und heizte die Luft in dem kleinen Raum langsam auf, aber die Terrakottafliesen waren noch kühl. Zwei Türen entfernt brodelte in der Küche die Espressomaschine; im Restaurant plauderten einige späte Frühstücksgäste. Die Regale des kleinen Ladens in der Nische neben dem Eingang waren voll bis obenhin mit den Pflegeprodukten, Lebensmitteln und Snacks, die Matea und ihre Familie aus Sonnenblumen herstellten. Daneben hingen leuchtend bunte Schmuck- und Kleidungsstücke – handgefertigt von Mateas ehemaliger Schulfreundin Anita, die inzwischen als Modedesignerin eine exklusive kleine Boutique in Barcelona führte.

Matea lächelte. Risse in der Fassade oder nicht, die Pension war bereit. Nur noch ein paar Tage, nur noch ein paar letzte Vorbereitungen, und schließlich das große Festessen, das traditionell am letzten Freitagabend der Nebensaison im Innenhof stattfand.

Dann konnte die Hauptsaison beginnen.

An: Jeriza Tosell i Vives

Irgendwo auf der Welt, vielleicht in Spanien

Von: Flor Tosell i Vives

in Stuttgart

Liebe Mamà,

heute fahren wir endlich! Ich sitze schon im Auto. Ben hat gesagt, wir fahren über Nacht, weil es kühler ist und nicht so viele andere Autos auf der Straße sind. Es ist jetzt sieben Uhr abends! Ben sagt, die Fahrt wird sehr lang. Es ruckelt zu sehr, ich kann nicht gut schreiben. Ich hoffe, du kommst auch nach El Pont. Wir sind morgen da. Bitte, bitte komm auch.

Ich hab dich so lieb, Mamà!

Deine Flor

Zwei

Ben

Es regnete. Ben beugte sich ein wenig vor und spähte angestrengt auf die Straße, die sich in Serpentinen um zerklüftete Felsnasen wand – oder zumindest auf das, was er durch den Wasserschleier auf der Windschutzscheibe davon erkennen konnte. Die Scheibenwischer fegten auf höchster Stufe hastig hin und her, aber das machte fast keinen Unterschied. Immerhin wurde es allmählich hell. Was um alles in der Welt hatte er sich nur dabei gedacht, die Nacht durchzufahren? Und wieso hatte er eigentlich geglaubt, frühzeitig von den großen Straßen abzufahren, wäre eine gute Idee? So stark konnte der Verkehr dort um diese Uhrzeit gar nicht sein.

Um Geld zu sparen, natürlich, gab er sich selbst die Antwort. Und Zeit. Der Urlaub war kurz und teuer genug, und das mitten in der Hauptauftragszeit für Malerarbeiten im Außenbereich. Ben hatte lange hin und her gerechnet, ehe er sich endgültig für diese Reise entschieden hatte. Er konnte sich den Ausfall leisten, irgendwie, das eine Mal. Was er aber definitiv nicht einkalkuliert hatte, waren die Nerven, die ihn die Serpentinenstraßen kosten würden. Und der Regen. Und die nahezu absolute Dunkelheit hier in den Bergen.

Die Musik zumindest beruhigte ihn ein wenig. Joaquín Sabina. Er hatte den Sänger durch Riza kennengelernt und – anders als die etwas zu fröhliche Popmusik, die sie sonst bevorzugte – sofort gemocht. Seine raue Stimme passte in die Nacht. Vor allem aber vermittelte sie Entschlossenheit; die Gewissheit, dass das, was Ben hier tat, richtig und wichtig war. Mindestens für Flor.

Er warf einen raschen Blick in den Rückspiegel. Flor schlief gegen das Seitenfenster gesunken, ihre gestreifte Strickjacke unter dem Ohr zu einem Ball zusammengeknüllt. Ein paar feine Strähnen ihres wirren braunen Haars hatten sich in ihren Wimpern verfangen, der Mund war leicht geöffnet, und sie schnarchte leise. Neben ihr, aus den kleinen Händen gerutscht, lag der Brief an ihre Mutter in dem bunten Umschlag von Flors Lieblingsbriefpapier.

Ben lächelte still, ignorierte den Stich in der Brust und konzentrierte sich wieder auf die Straße. Vor einigen Kilometern hatte er ein Schild passiert, das ihm sagte, dass sie die französisch-spanische Grenze überquerten. Der letzte Meilenstein. Immerhin das Land war jetzt schon mal das richtige. Und der Regen ließ endlich nach, oder kam es ihm nur so vor? Nein, die Scheibenwischer bewegten sich langsamer. Das heftige Prasseln wurde zu einem leichten Trommeln und schließlich zu einem sanften Tröpfeln. Kurz darauf hörte es ganz auf.

Als eine weitere halbe Stunde später der graue Morgen anbrach, stoppte Ben den Wagen an einem Aussichtspunkt in der Außenbahn einer besonders engen Serpentine. Er schnallte sich ab, rutschte hinüber auf den Beifahrersitz und kurbelte die Lehne so weit wie möglich nach hinten, bis das Kopfteil fast auf Flors Schoß lag. Flor regte sich und murmelte etwas, aber sie wachte nicht auf, sackte nur noch ein bisschen tiefer gegen das Fenster und hörte auf zu schnarchen.

Ben schloss die Augen. Alles war still. So unglaublich still, nachdem sich stundenlang Motorengeräusch, Regengetrommel und Gitarrenmusik vermischt hatten.

Endlich … ein bisschen Ruhe.

Das war sein letzter Gedanke, bevor er einschlief.

»Ben? Du, Ben?«

Flors Stimme war ganz nah. Den Worten folgte ein spitzer kleiner Finger, der die Furchen seiner Ohrmuschel nachfuhr. So weckte sie ihn immer. Weil oft nichts anderes half gegen seinen »Schlaf des Todes«, wie sie es nannte. Ben hatte keine Ahnung, woher sie den Ausdruck hatte, und auch nicht, wie sie auf den Finger-ins-Ohr-Trick gekommen war. Aber der kalte Schauer, der ihn dabei überlief, wirkte jedes Mal.

Ben blinzelte, schüttelte sich und knurrte unwillig – er war zu müde, um festzustellen, in welcher Reihenfolge. »Guten Morgen«, nuschelte er, als er sich einigermaßen sortiert hatte.

Flor kicherte zufrieden. Irgendwie hatte sie es geschafft, sich aus dem Gefängnis zwischen ihrem Kindersitz und Bens provisorischem Bett zu befreien, und hockte nun auf dem mittleren Sitz der Rückbank. »Guten Morgen, Schlafnase!«

Ben angelte in der Mittelkonsole unter dem Radio nach seinem Handy. Eine Nachricht von Telefónica, Willkommen in Spanien! Die Uhr auf dem Display zeigte 08 : 13 Uhr. Er hatte nicht mal drei Stunden geschlafen. Und es lagen noch zwei Stunden Fahrt vor ihm, davon eine auf Serpentinenstraßen. Und das war noch optimistisch gerechnet. Aber die Morgensonne knallte auf das schwarze Autodach, und es wurde schon jetzt stickig warm hier drin. Noch mal einzudösen war sicher keine gute Idee. Ben stöhnte und rieb sich über das Gesicht.

»Darf ich raus?« Flor war inzwischen zur Tür auf der Fahrerseite gekrabbelt und zog ihre Sandalen an.

Ben unterdrückte ein weiteres Gähnen. »Musst du mal?«

Flor schüttelte den Kopf. »Man kann das Meer sehen!« Die Aufregung verlieh ihrer Stimme einen hellen Klang. Ben blinzelte verwirrt. Das Meer? Sie waren mitten in den Bergen, was erzählte dieses Kind?

Schwerfällig richtete er sich auf und sah Flor hinterher, die bereits die Tür aufstieß und auf den ockerfarbenen Schotter hinaushüpfte. »Sei vorsichtig«, rief er ihr im letzten Moment noch nach, »es ist vielleicht steil am …«

Da fiel die Tür schon hinter ihr zu.

Ächzend stieß Ben die Beifahrertür auf und wuchtete sich ebenfalls aus dem Auto.

Und da sah er es.

Zwischen den Bergen hindurch blitzte es, ein winziges Stück tiefes, sattes Blau in weiter Ferne, das am Horizont mit dem Himmel verschwamm.

Ben hatte nie viel über das Meer nachgedacht, nicht mal jetzt, wo er praktisch auf dem Weg dorthin war. Nun aber brachte der Anblick etwas tief in ihm zum Schwingen, das sich sogar gegen seine schwere Müdigkeit durchsetzte.

Er stellte sich neben Flor, die am Rand der Aussichtsplattform auf die Stufen vor einem Münzfernglas geklettert war und sichtlich frustriert hindurchzuspähen versuchte.

»Hast du einen Euro, Ben?«

Ben schmunzelte und fingerte sein Portemonnaie aus der Seitentasche seiner Cargohose. »Für dich doch gern, Mäusekind.«

»Hey!« Flor verzog das Gesicht. »Du sollst mich doch nicht mehr so nennen!«

»Schon gut, schon gut. Ist mir so rausgerutscht. Entschuldige.« Er reichte ihr das Geldstück. Flor warf es in den Schlitz und presste hingebungsvoll die Augen gegen die Okulare.

»Wooooow«, flüsterte sie. »Es ist so blau!«

Und dann sagte sie nichts mehr, was ungewöhnlich für sie war. Sie stand nur da und starrte durch das Fernglas, bis das Geldstück klappernd durchfiel und die Okulare sich wieder verschlossen.

»Och!«, machte Flor enttäuscht. »Hast du noch einen?«

Ben schüttelte mit einem bedauernden Lächeln den Kopf. »Leider nein.« Er hätte selbst gern einen Blick durch das Fernglas geworfen. Es war, als ob dieser kleine, ferne Fleck Blau nach ihm riefe, und fast glaubte er, schon von hier den Geruch von Salz und Fisch wahrzunehmen. Aber er hatte ohnehin das Gefühl, dass Flor diesen ersten Schatz ihres Spanien-Abenteuers für sich allein brauchte. Schließlich war es ihre Reise.

»Aber wie wär’s?«, fragte er also stattdessen und deutete auf einige Picknicktische in der Nähe. »Nehmen wir heute Frühstück mit Luxusaussicht?«

Und natürlich war das keine Frage, die tatsächlich eine Antwort erforderte. In Windeseile hatte Flor ihren Kinder-Wanderrucksack von der Rückbank geholt und schüttete auf einen der groben Holztische alles, was von den Süßigkeiten, die Bens Mutter ihr als »Proviant« eingepackt hatte, noch übrig war. Ben stapelte belegte Brote, Käsewürfel, gekochte Eier und Gemüsesticks aus seinem eigenen Rucksack daneben, dazu je eine Thermoskanne Früchtetee und Kaffee, und wischte das Wasser von einer der Holzbänke. Ein leichter Morgenwind strich über ihren Picknickplatz, warm und ein bisschen feucht – das war alles, was noch an den heftigen Regen der vergangenen Nacht erinnerte. Am strahlend blauen Himmel hingegen war inzwischen nicht einmal mehr eine einzige Wolke zu sehen.

»Das ist das beste Frühstück aller Zeiten!«, schwärmte Flor und biss genüsslich in ihren Schokoladenkeks. Nach der Lagerung im warmen Auto war der Kakaoüberzug geschmolzen, und Flors Gesicht und Hände waren innerhalb von Sekunden völlig verschmiert. Während sie aß, legte Ben dankbar die Hände um den mit Milchkaffee gefüllten Deckel der Thermoskanne. Diese Nacht würde ihm noch eine Weile in den Knochen sitzen.

»Ist es eigentlich noch weit?« Flor schob sich ein Stück Tomate in den Mund und einen Zimtcracker gleich hinterher.

»Ein Stück noch.« Ben unterdrückte ein Seufzen und schlürfte an seinem Kaffee. »Heute Mittag sind wir da.«

Flor kaute nachdenklich. »Hm. Und kommen wir am Meer vorbei?«

»Ich glaube nicht. El Pont liegt ja im Inland. Wahrscheinlich bekommen wir das Meer nur von hier aus den Bergen zu sehen. Aber wir können von El Pont aus hinfahren«, fügte er schnell hinzu, als er Flors enttäuschte Miene sah. »Mit dem Auto ist man ganz schnell an der Küste.«

Flors Gesicht hellte sich wieder auf. »O ja! Vielleicht mit Mamà!« Sie hielt inne, und wieder fiel ein Schatten über ihr Gesicht. »Glaubst du, dass sie schon da ist?«

Jetzt konnte Ben das Seufzen nicht mehr unterdrücken. Flor fragte ihn das bestimmt zum hundertsten Mal, und er hätte ihr so gern eine ermutigende Antwort gegeben. Schon gar nicht wollte er von ihren Fragen genervt sein. Aber an Riza zu denken, war für ihn nun einmal mit einer ganz eigenen Art von Schmerz verbunden. Enttäuschung, vor allem, und gleich danach Unverständnis, gepaart mit einem dumpf nagenden Gewissen. Es war ein Schmerz, der ihn reizbar machte, und es war nicht immer leicht, das zu verbergen, auch wenn Flor natürlich nichts dafür konnte.

»Ich weiß es nicht«, sagte er darum wie jedes Mal, und wie jedes Mal meinte er damit eigentlich: »Ich glaube es nicht.« Denn selbst wenn er geglaubt hätte, dass Riza nach El Pont kommen würde, sobald sie erfuhr, dass ihre Tochter auf dem Weg dorthin war – woher sollte sie davon wissen? Ben und Riza hatten den Kontakt sehr gründlich abgebrochen, nachdem sie darauf bestanden hatte, aus seinem und Flors Leben zu verschwinden. Und so viele Briefe Flor ihr auch schrieb – wie sollten sie eine Frau ohne Adresse erreichen?

Flor, die mit ihren acht Jahren Lebenserfahrung so klug war und so viel von Menschen verstand, dass Ben noch eine Menge von ihr lernen konnte, begriff das natürlich. Sie hörte ohnehin immer genau heraus, was er meinte. Selbst wenn es etwas anderes war als das, was er tatsächlich sagte. Meistens wurde ihr Gesicht traurig, wenn er ihre Träume von einem Wiedersehen mit ihrer Mutter auf diese Weise zurückwies, und sie blieb dann für eine Weile still. Heute aber legte sie die Stirn in nachdenkliche Falten.

»Aber meinst du, sie können sie vielleicht anrufen? Also, ihre Familie, meine ich. Wir können meine katalanische Oma suchen, oder, Ben? Vielleicht hat sie ihre neue Nummer und kann sie erreichen, und vielleicht kommt sie dann nach El Pont!« Wieder war da dieser helle Ton der Aufregung in ihrer Stimme, als hätte sie auch zwischen den Bergen ihres eigenen Zweifels ein blau schimmerndes Stück Meer entdeckt.

Ben zwang sich zu einem Lächeln. Er brachte es nicht über sich, sie noch einmal anzulügen. Aber das Funkeln in ihren Augen kaputtmachen wollte er auch nicht. Vielleicht hatte sie ja sogar recht, wer wusste das schon so genau. »Wir werden es sehen, Flor«, sagte er, trank den letzten Schluck Kaffee und schraubte die Kanne wieder zu. »Bist du fertig? Dann lass uns weiterfahren, damit wir heute noch ankommen.«

Glücklicherweise wirkte diese Art von Aktionismus sofort bei Flor. Sie sprang auf. »Okay! Ich räume schon mal ein!« Sie begann mit flinken Fingern zielsicher ihre Süßigkeiten in ihren leuchtend grünen Rucksack zu werfen. Ein spitzbübisches Funkeln trat in ihre Augen, als sie Ben wieder ansah. »Aber jetzt darf ich die Musik aussuchen!«

Drei

Matea

Der Regensturm war tatsächlich gekommen. Von kurz nach Mitternacht bis in die frühen Morgenstunden hatte der Wind eine wahre Regenwand vom Meer bis in die Berge geschoben, die von der Küste bis weit ins Inland hinein alles unter Wasser gesetzt hatte.

Doch genauso plötzlich, wie er gekommen war, war der Sturm auch wieder verschwunden. Noch bevor die ersten Frühaufsteher in El Pont sich regten, und sogar bevor die ersten Sonnenstrahlen die letzten Wolken über dem Meer in ein golden leuchtendes Schauspiel verwandelten, legte der Wind sich schlafen und hinterließ nichts als einen frischen Schimmer überall da, wo der Regen den Staub der Sommerhitze weggewaschen hatte, und eine Ahnung feuchter Kühle in der Morgenluft.

Matea hatte sich ein dünnes Stricktuch um die Schultern geschlungen, ehe sie das Lastenrad aus dem Schuppen bugsiert und sich auf den Weg zum Sonnenblumenhof gemacht hatte. Der Hof lag gut acht Kilometer nördlich von El Pont, inmitten seiner Sonnenblumen- und Gerstenfelder auf einem der sanften Hügel, die die Ausläufer der Pyrenäen bildeten. So früh am Tag war Matea noch ganz allein auf der abgelegenen Landstraße, der Fahrtwind fuhr ihr unter den Rock und durch die Haare, und es fühlte sich an, als ob die Welt ihr allein gehörte. Alles war still bis auf das Zwitschern der Vögel in den Feldern, und in der Ferne leuchteten die ockerbraunen und staubgrünen Hänge der Berge in der Morgensonne.

Auf dem Hof allerdings hatte der Tag der Familie Bessó i Tosell um diese Zeit längst begonnen. Das erste Wesen, das Matea entdeckte, war die alte Ziege Esmeralda, die ihr mit gewohnt ungestümer Zärtlichkeit meckernd den Kopf in die Kniekehlen stieß, kaum dass Matea vom Rad gestiegen war.

»Bon dia, Esmeralda!« Matea kraulte dem Tier die struppige Stirn und sah sich um. »Wo ist denn der Rest der Familie?«

Wie auf Kommando öffnete sich die Tür des Pferdestalls, und Mateas Schwager Arnau Bessó i Montjuic erschien im schattigen Durchgang, gefolgt von seiner elfjährigen Tochter Gemma und dem siebenjährigen Levo. Alle drei trugen Stallkleidung, und die Kinder führten jedes ein gesatteltes und aufgezäumtes Pony am Zügel.

»Ah, bon dia, Mati!« Arnau hob die Hand und grinste breit. Seine von großzügig versprengten Sommersprossen umgebenen Augen wurden dabei ganz klein. »Wir warten schon seit Stunden auf dich.«

»Tante Mati!«

Matea kam nicht dazu, Arnau eine schlagfertige Antwort zu geben, weil Levo kurzerhand sein Pony stehenließ, auf sie zustürmte und sich in ihre Arme warf, als hätte er sie seit Monaten nicht gesehen – dabei waren es bloß zwei Tage. Seine Schwester verdrehte die Augen, griff nach den Zügeln von Levos Pony und seufzte laut über so viel Überenthusiasmus. Matea wusste, dass sie sich genauso freute, sie zu sehen, aber Gemma war jetzt in einem Alter, in dem man sich kontrollierte. Es zählte, was die anderen Kinder in der Klasse über einen dachten. Das war dieser schwierige Schwebezustand zwischen Noch-Kind-sein und Nicht-mehr-als-Kind-gesehen-werden-wollen: Einerseits konnte sie sich begeistert mit ihrem Bruder über den Hof jagen und ins Heu springen, andererseits war es aber auch enorm wichtig, dass ihre rabenschwarzen Haare samstagmorgens um acht unter dem Reithelm hübsch aussahen. Und dass sie mit den Tieren verantwortungsvoller umging als ihr kindischer kleiner Bruder. Matea verstand diesen Konflikt sehr gut, deshalb verbarg sie ihr Schmunzeln, indem sie Levo auf den Arm nahm und die Nase in sein zerzaustes Haar drückte, während sie ihn zurück zu seiner Schwester trug.

»Hola, ihr Hübschen.« Sie setzte Levo ab und drückte auch Gemma – sehr viel würdevoller, aber nicht weniger innig. »Reitet ihr aus?«

Jetzt endlich erschien auch auf Gemmas Gesicht ein strahlendes Lächeln. »Ja! Papi wartet mit Aguila und Caramelo am Sandplatz auf uns. Dann reiten wir über die Felder und schauen, ob der Regen etwas kaputt gemacht hat.« Sie wandte sich an Arnau. »Du kannst ruhig mit Mati ins Haus gehen, Papà. Bis zum Sandplatz schaffen wir es schon allein.«

Arnau warf Matea einen vielsagenden Blick zu und machte ein scherzhaft leidendes Gesicht. »Was fällt euch eigentlich ein, so schnell groß zu werden? Na schön. Aber dass du mir gut auf Levo aufpasst, Gemma. Und Levo, du hältst Burrito bitte von jetzt an fest, verstanden?«

»Sí, Papà!« Levo kletterte seinem Vater wie ein Äffchen auf den Arm und drückte ihm etliche schmatzende Küsse auf die Wangen. »Bis später! Bis später, Tante Mati!«

»Bis später, ihr zwei!«

Matea und Arnau sahen den Kindern nach, wie sie die Ponys vom Hof führten, den Pfad an der kleinen Koppel entlang, der zum Sandplatz führte, wo Enric offenbar bereits mit einem seiner neuen Ponys trainierte.

»Wenn ihr schon so lange wach seid, müssen die Baguettes ja seit einer Ewigkeit fertig sein«, sagte Matea, als sie schließlich um eine Biegung verschwunden waren, und grinste Arnau herausfordernd an.

Arnau machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wenn du wüsstest, was ich heute schon alles geschafft habe! Ich bin seit vier Uhr wach und habe den Regen bewundert, Mati.«

Er schloss die Stalltür. »Na los, komm rein. Und sag nicht, du hast keine Zeit. Ich habe nicht nur Baguette, sondern auch Brioche gebacken, und für einen Kaffee ist immer Zeit.«

Matea lachte. »Dagegen lässt sich schlecht argumentieren. Ein kurzer Kaffee. Einverstanden.«

Sie folgte Arnau über den Hof zum Wohngebäude. Der Sonnenblumenhof war seit Generationen im Besitz der Familie Bessó – sie waren eine urkatalanische Familie, auch wenn das vermutlich niemand vermutet hätte, der Arnau mit seiner hellen, sommersprossigen Haut und dem kurzrasierten karottenroten Haar zum ersten Mal begegnete. Von Fremden wurde er oft für einen britischen Touristen gehalten, der »für die Liebe« nach Katalonien gezogen war. In Wahrheit kannten sich Arnau und Enric bereits aus der Vorschule und waren seit ihrem siebzehnten Lebensjahr ein Paar. Daran hatte sich auch nichts geändert, als Arnau nach dem Schulabschluss entschied, dass er nicht Landwirt werden, sondern in Girona Chemie studieren wollte. Enric hatte sich an seiner Stelle zum Land- und Pferdewirt ausbilden lassen und in Barcelona Agrarwissenschaft studiert, auch wenn das eine jahrelange Fernbeziehung für die beiden bedeutet hatte. Falls das überhaupt möglich war, dann hatte diese Prüfung sie letztendlich nur noch enger zusammengeschweißt – bis sie am Ende des Studiums heirateten, gemeinsam den Hof übernahmen und in den darauffolgenden Jahren gegen alle Widerstände ihre zwei Kinder adoptierten. Arnau war also nicht »für die Liebe« nach El Pont gezogen, durchaus aber, genau wie Enric, für sie hierher zurückgekehrt, und sie waren ohne Zweifel die perfekteste Happy Family, die es auf der Welt geben konnte, da war Matea sich hundertprozentig sicher.

Sie folgte Arnau in die urgemütliche Küche mit ihren blauweiß gemusterten Wandkacheln und den robusten Naturholzmöbeln. Der riesige Steinofen nahm einen großen Teil der hinteren Wand ein und strahlte immer noch Hitze ab, obwohl Arnaus Minibaguettes mit Sonnenblumenkernen in der Tat schon fertig und herrlich duftend auf der Arbeitsfläche lagen, zusammen mit drei nicht weniger verführerischen Brioche-Zöpfen. Arnau arbeitete mit seinen Rezepten in der Küche nicht weniger präzise und akribisch als in seiner Kosmetikwerkstatt draußen im ehemaligen Schweinestall, oder als er es in einem Chemielabor getan hätte, hätte er sich für eine Laufbahn in der Industrie entschieden. Seine Ergebnisse gerieten niemals weniger als perfekt. Auf dem Gaskochfeld stand bereits der vorbereitete Kaffeekocher. Von der Eckbank mit den bunten Filzkissen blinzelte ihnen der schwarze Kater Pepinillo entgegen, und Matea wusste sofort, dass sie auf keinen Fall weniger als eine Stunde hier verbringen würde.

»Also«, sagte Arnau, schaltete den Herd ein und öffnete den Kühlschrank. »Welche Marmelade möchtest du zur Brioche? Erdbeer, Holunder, Stachelbeer? Oder lieber Honig?«

Nein, korrigierte Matea sich belustigt, eine Stunde war definitiv zu kurz gegriffen. Aber sie entschied, dass sie sich das heute noch einmal gönnen durfte. Sie war früh aufgebrochen an diesem Morgen, und das Team in der Pension kam wunderbar ohne sie zurecht. Außerdem war es der letzte wenigstens halbwegs normale Samstag vor der Hauptsaison. Heute Nachmittag schon würden die Vorbereitungen für das Fest am nächsten Freitag losgehen, und ab dann würde sie über Wochen und Monate kaum Gelegenheiten mehr haben, gemütlich herumzusitzen, zu plaudern und Kraft zu tanken.

Daher würde sie diese jetzt ausgiebig nutzen.

Tatsächlich saß sie immer noch in der Küche und trank ihren mittlerweile vierten Kaffee, als im Hof das Klappern von Hufen ertönte und ankündigte, dass Enric und die Kinder von ihrem Ausritt zurückkehrten. Nur kurz darauf schritten Füße in schweren Stiefeln durch den Flur. Matea fühlte sich geradezu ertappt – nicht so sehr vor Enric, sondern vielmehr vor sich selbst. Vielleicht hatte sie doch ein wenig zu sehr die Zeit aus den Augen verloren.

»So spät schon.« Sie stand auf und stürzte hastig den Rest ihres Kaffees hinunter, gerade als Enric den Raum betrat. Auf dem Gesicht ihres Bruders erschien augenblicklich ein breites Grinsen.

»Aha! Festgequatscht, wer hätte das gedacht.« Er ging hinüber zu Arnau und drückte ihm einen festen Kuss auf den Mund, ehe er sich eine Tasse aus dem Regal angelte und den Rest aus der Kanne auf dem Herd hineingoss. »Ich bin gleich wieder draußen bei den Kindern«, erklärte er, schob sich ein Stück Brioche in den Mund und spülte mit Kaffee nach. »Aber ich war mir doch ziemlich sicher, dass ich dir hier noch wenigstens kurz Hallo sagen kann, Mati. Und dich daran erinnern, die Kiste mit dem Öl mitzunehmen.«

»Mmh, auf einen verschwitzten Mann haben wir hier nur gewartet. Auf einen Besserwisser ganz besonders.« Arnau grinste und setzte ungerührt neuen Kaffee auf. »Mach dich doch nützlich und stell Mati die Kiste schon mal aufs Rad.«

»Klug und organisiert, dafür liebe ich dich. Und für deinen Hintern, wie du weißt.« Enric erwiderte das Grinsen. »Ich seh dich draußen, Schwesterherz. Und nicht trödeln!« Schon war er wieder aus der Küche.

Matea trat zu Arnau und half ihm, die Minibaguettes in Papiertüten zu packen. »Also siebzehn Uhr passt euch?«, versicherte sie sich noch einmal, obwohl sie das in den letzten zwei Wochen schon mindestens zehnmal besprochen hatten. »Das würde mich wirklich absolut retten.«

»Sí, clar!«, sagte Arnau auf seine unübertroffen geduldige Art und drückte ihr die Tüten in den Arm. »Die Kinder werden um fünfzehn Uhr von meinen Eltern abgeholt und sind den Nachmittag über versorgt. Außerdem: Wenn einer deine Bühne aufbaut, muss das ja wohl ich sein. Ich gehöre auf die Bretter, das weißt du doch.«

Matea lachte und drückte ihm Küsse auf beide Wangen. »Eines Tages überredest du mich doch noch zu dieser Karaoke-Show im Restaurant.«

»Du sagst es.« Er hob vielsagend den Zeigefinger. »Eines Tages, Mati. Eines Tages ist es so weit. Und auch du wirst dann singen.«

»Ha, davon träumst du! Bis später, Goldstück.«

»Bis später, estrelleta meva.«

Und mit einem letzten Winken verließ Matea die Küche und folgte den krümeligen Dreckspuren, die Enrics Stiefel hinterlassen hatten, nach draußen.

Enric wartete, wie versprochen, mit der Kiste Öl neben ihrem Fahrrad, einen Fuß auf den Lastenkorb gestellt und in irgendeine Nachricht auf seinem Handy vertieft. Vermutlich stammte sie von einem seiner Abnehmer für die jungen Sonnenblumen, die jetzt täglich geerntet wurden – wenn sie nicht für die Kernernte später im Jahr stehen blieben. Matea musste lächeln. Es machte sie jedes Mal glücklich, ihren großen Bruder so zu sehen, wie er, ganz eins mit sich und seinem Leben, auf seinem Hof stand und in dem aufging, was er sich mit dem Mann, den er liebte, aufgebaut hatte. Er wirkte so sicher und in sich ruhend. Matea wusste nur zu gut, dass das nicht immer so gewesen war. Trotz aller Entschlossenheit war Enrics Weg bis hierher ein langer und steiniger gewesen. Er hatte seinen Traum von einer Pferdefarm in den Bergen aufgeben und gegen einen neuen eintauschen müssen und sich gegen Religion, verstaubte traditionelle Werte, Missgunst und viel zu viel Bürokratie durchgesetzt, um die Familie zu gründen, die er und Arnau sich wünschten. Matea hatte all das Zweifeln, das Verzweifeln und den Frust hautnah miterlebt. Sie wusste, wie oft Enric kurz davor gewesen war, alles hinzuwerfen und aufzugeben. Aber am Ende hatte er es nie getan. Er hatte gekämpft, um Arnau, um sich, um ihre gemeinsame Zukunft, und darum gönnte Matea ihm sein Glück von ganzem Herzen.

Als er ihre Schritte hörte, sah Enric auf und ließ mit seinem typischen breiten Grinsen das Handy in der Hosentasche verschwinden. »Jetzt aber schnell, Schwesterherz. Bevor dein Küchenmonster vor Wut in die Luft geht, weil zum Mittagsgeschäft keine Baguettes da sind.«

Matea legte die Gebäcktüten in den Lastenkorb und griff nach dem Lenker. »Du weißt, niemand fährt so schnell wie ich.«

Enric lachte. »Natürlich, du alter Bleifuß. Gut so. Wäre ja ein Jammer, wenn Yemayá zu gestresst wäre, um ordentlich zu kochen. Schließlich wollen wir nachher auch noch verpflegt werden, nachdem wir für dich geschuftet haben.«

Sein Lachen verstummte. Für einige Sekunden entstand ein unerwartetes, seltsam unbehagliches Schweigen. »Kein Zeichen von Riza bisher, übrigens«, sagte er dann. »Ich schätze, sie kommt wohl auch dieses Jahr nicht zum Fest.«

Matea spürte, wie ihr ein bisschen kälter wurde, obwohl die Sonne inzwischen hoch genug stand, um ihre Haut mit einem feinen Schweißfilm zu überziehen, ehe sie auch nur ein einziges Mal in die Pedale getreten hatte. Das glücklich-zärtliche Gefühl ihrem Bruder gegenüber war plötzlich fort, von einer Sekunde auf die andere einfach verpufft. Denn wann immer es um ihre Schwester ging, war es, als stünden sie an verschiedenen Ufern eines Flusses, der zu laut rauschte, als dass sie einander irgendwie hätten verstehen können.

»Denkst du wirklich immer noch, das könnte je passieren?« Matea hörte ihre eigene Stimme leise und seltsam dumpf klingen. Seit neun Jahren ging das nun schon so. Das ganze Jahr über schwiegen sie das Thema tot, aber sobald das Fest zur Saisoneröffnung näher rückte, grub Enric es jedes Mal wieder aus. Er konnte es ebenso wenig ruhen lassen, wie Matea es je wieder anrühren wollte.

Auch jetzt zuckte Enric die Achseln, eine deutliche Spur zu gelassen, um überzeugend zu sein. »Das hat sie zumindest gesagt. Ich sehe keinen Grund, warum sie dieses Versprechen nicht halten sollte.«

»Vielleicht, weil sie seit neun Jahren nicht ein einziges Mal auf dem Fest aufgetaucht ist?« Die Worte platzten lauter aus Matea heraus als beabsichtigt. »Deu meu, Enric, lass die Sache endlich ruhen! Sie kommt nicht zurück, weiß der Himmel, wieso!«

Ein harter, bitterer Zug lag mit einem Mal um Enrics Mund. »Sie ist immer noch unsere Schwester, Mati. Ich werde nie aufhören, es mir zu wünschen. Du etwa?«

Die Frage klang herausfordernd. Anklagend geradezu. Matea wusste genau, warum. Und doch hatte sie keine Antwort darauf. So viele Jahre verfluchte sie Riza jetzt schon – für ihren Verrat und dafür, dass sie einfach davongelaufen war, als Matea sie am dringendsten gebraucht hätte. Und zugleich vermisste sie ihre große Schwester so schmerzlich, dass sie nicht hätte sagen können, welches der Gefühle die Oberhand gewinnen würde, sollte sie ihr eines Tages tatsächlich wieder gegenüberstehen.

Enric hingegen hatte diese Zweifel nicht. »Vielleicht bist du ja diejenige, die das alles endlich ruhen lassen sollte«, setzte er nach, als Matea etliche Sekunden später immer noch schwieg. »Vielleicht wagt sie sich dann irgendwann wieder hierher.«

Der Vorwurf traf Matea tief, an einer nach all den Jahren noch immer empfindlich wunden Stelle. Wie im Reflex legte sie die Hand auf ihren Bauch, während sie Enric anstarrte und ihr Tränen in die Augen stiegen. Weil seine Worte wehtaten. Aber vor allem, weil sie nicht abstreiten konnte, dass er irgendwie recht hatte.

»Na, wenigstens gibt einer von uns die Hoffnung nicht auf«, brachte sie endlich heraus und zerrte den Lenker des Lastenfahrrads etwas zu energisch in Fahrtrichtung, sodass die Ölflaschen in ihrer Kiste bedenklich klirrten. »Bis später.«

»Mati …« Die Spannung in Enrics Schultern löste sich, und in seinen Augen konnte Matea sehen, dass er wusste, er war zu weit gegangen. »Ich … das war unfair von mir. Ich hätte das nicht sagen sollen. Ho sento. Molt.«

Aber Matea presste bloß die Lippen zusammen, packte den Lenker fester und stieg aufs Rad.

»Mati!« Enric trat ihr in den Weg. Er sah aus, als würde er gleich anfangen zu weinen. »Bitte. Es ist nicht deine Schuld. Das denke ich wirklich nicht. Das weißt du doch, oder?«

Aber Matea schüttelte nur den Kopf. »Schon gut. Ich muss jetzt einfach kurz allein sein.« Sie warf ihm einen Luftkuss zu und rang sich ein Lächeln ab. Sie nahm es ihm ja nicht übel; nicht wirklich, nicht nachhaltig. Und er ihr hoffentlich auch nicht. »Wir sehen uns nachher.«

Enric nickte. Er sah erleichtert aus, wenn auch immer noch ungewohnt traurig. »Um siebzehn Uhr, wie versprochen.« Er machte einen Schritt zur Seite, um ihr den Weg freizugeben. »Fahr vorsichtig, Schwesterherz.«

Matea nickte. »Auch versprochen.«

Und noch immer mit einem Knoten im Magen, aber zumindest ein wenig besänftigt, fuhr sie endlich vom Hof.

Vier

Matea

Matea kam kaum drei Kilometer weit, ehe sie über eine Scherbe fuhr und ihre Heimfahrt damit ein plötzliches und darüber hinaus ziemlich unwürdiges Ende nahm. Beinahe wäre sie mitsamt dem Rad und seiner Fracht in den Wassergraben gefallen, der das Feld begrenzte. Im letzten Moment konnte sie vom Sattel springen und den Lenker mit aller Kraft in der Spur halten.

»Tonto burro!«, schimpfte sie und inspizierte verdrießlich den völlig platten Vorderreifen des Lastenfahrrads. »Du blöder Drahtesel, hättest du nicht ausweichen können? Was ist eigentlich los mit dir?« Ärgerlich vor sich hin murmelnd sammelte sie die Überreste der zersprungenen Glasflasche ein, die unschuldig funkelnd am Rand der Fahrbahn gelegen und ihren Reifen aufgeschlitzt hatten, und warf sie in den Lastkorb. Wer immer diese Flasche aus dem Autofenster geworfen hatte, konnte froh sein, dass Matea gerade nicht in der Nähe gewesen war. Als wären die nagenden Gedanken, die Enric ihr vorhin in den Kopf gepflanzt hatte, nicht genug. Jetzt war auch noch ihr Rad erst mal hinüber und ihre Laune auf einem absoluten Tiefpunkt. Die Kirsche auf der Sahne war die blanke Ironie, dass der Unfall direkt neben einer der wenigen Bushaltestellen an der Carrer passiert war. Bloß, dass der nächste Bus erst in einer halben Stunde hier vorbeikommen würde. Wenn er pünktlich war. Was er nicht sein würde, denn das war er nie.

Matea seufzte schwer und schob ihr Fahrrad zum Unterstand der Haltestelle, um es dort wenigstens anzuschließen. Was sollte sie jetzt tun? Es fehlten noch fast fünf Kilometer bis zurück nach El Pont. Eigentlich keine zu lange Strecke, um zu Fuß zu gehen. Aber mit einer Zwölferkiste Sonnenblumenöl und zwei großen Tüten frisch gebackener Minibaguettes sah die Sache ganz anders aus. Und die Zeit wurde auch knapp, wenn sie um zwölf Uhr die Baguettes in der Küche des El Gira-sol abliefern wollte.

Matea zog ihr Handy aus der Tasche. Arnau würde jetzt in der Werkstatt sein und Enric irgendwo auf dem Hof bei der Arbeit. Ihre Mutter hatte eine Freundin zu Besuch und blieb bis nachmittags mit ihr in Roses. Anita hingegen hatte ihre Ankunft erst für ein oder zwei Uhr mittags angekündigt. Außerdem kam sie aus der entgegengesetzten Richtung. Viel Hoffnung hatte Matea also nicht, schnell einen privaten Shuttleservice aufzutreiben.

Da sah sie auf der leeren Landstraße zwischen den leuchtenden Sonnenblumenfeldern ein Auto näher kommen. Ein schwarzer Kleinwagen mit deutschem Kennzeichen. Matea überlegte nicht lange. Sie steckte das Handy weg und streckte den Daumen aus.

Tatsächlich wurde das Auto langsamer und hielt schließlich direkt neben ihr an. Die hintere Seitenscheibe fuhr nach unten, und ein Kindergesicht kam zum Vorschein, mit blitzenden dunklen Augen und von der Reise zerzaustem goldbraunem Haar. »Necessites ajuda?«

Matea warf noch einen verblüfften Blick auf das Nummernschild. Sie hatte sich darauf vorbereitet, sich an ihrem mehr als gebrochenen Schuldeutsch versuchen zu müssen, notfalls mithilfe englischer Vokabeln. Ausgerechnet von einem Kind in akzentfreiem Katalanisch gefragt zu werden, ob sie Hilfe brauchte, hatte sie nicht erwartet.

Sie lachte erleichtert und spürte, wie sich ihre Stimmung zumindest ein bisschen aufhellte. »Sí! Mein Fahrrad hat einen Platten, und ich muss dringend nach El Pont Assolellat.«

»Nach El Pont? Dahin fahren wir auch.« Die zweite Stimme kam vom Fahrersitz. Sie war tief und hatte einen unverkennbaren deutschen Akzent, den Matea aber nicht unangenehm fand. Kurz darauf senkte sich auch das vordere Seitenfenster, und jemand lehnte sich über den Beifahrersitz, um zu ihr herauszusehen. »Hallo. Ich bin Ben, und das ist meine Tochter Flor. Sollen wir Sie mitnehmen?«

»Er ist mein Bonuspapa«, verkündete Flor von der Rückbank aus. »So sagt man in Schweden zu seinem Stiefvater.«

Ben seufzte, aber es klang mehr liebevoll als genervt. »Und sie weiß immer alles besser.«

Matea unterdrückte ein kleines Lachen. Ben wirkte auf Anhieb sympathisch, wenn auch etwas übernächtigt; das kurze aschbraune Haar stand ihm struppig vom Kopf ab, und unter seinen Augen lagen tiefe Ringe. Selbst sein Lächeln schien müde zu sein, und trotzdem lichtete es die Schatten auf seinem Gesicht wie ein Sonnenstrahl zwischen Regenwolken. Es war ansteckend.

»Danke!«, beeilte sie sich zu sagen. »Sie retten mir gerade wirklich den Tag! Oh, und ich habe da diese Kiste und die Tüten auf dem Fahrrad … bekommen wir die vielleicht auch noch mit? Das wäre fantastisch!«

Ben hob die Schultern. »Na klar, auf dem Rücksitz ist Platz. Soll ich helfen?«

Matea winkte rasch ab. »Danke, das geht schon. Moment!« Eilig lief sie zurück zu ihrem Fahrrad, hob die Kiste heraus und stapelte die Brottüten obenauf.