Ein Whirlpool in Paris - Natalie Rabengut - E-Book + Hörbuch

Ein Whirlpool in Paris E-Book und Hörbuch

Natalie Rabengut

3,5

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Beschreibung

Alexandra will ihren Freund Marcel mit einem romantischen Wochenendausflug nach Paris überraschen. Das einzige Problem: Als sie nach Hause kommt, findet sie Marcels Zunge an Orten, an denen sie definitiv nichts zu suchen hat. Plötzlich braucht Alex nicht nur eine neue Putzfrau – sorry, Raumpflegerin –, sondern auch eine Reisebegleitung für ihren Paris-Trip. Schnell findet sie im Internet eine andere Alex, die ebenfalls betrogen wurde und nur noch rauswill – doch am Bahnhof trifft Alexandra keine andere Alexandra, sondern einen wirklich schlecht gelaunten Alexander … Liebesroman. In sich abgeschlossen. Gefühlvolle Handlung. Ein Schuss Humor. Explizite Szenen.

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Seitenzahl: 193

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Zeit:4 Std. 6 min

Sprecher:Stefanie Masnik

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EIN WHIRLPOOL IN PARIS

LIEBER UNVERBINDLICH 1

NATALIE RABENGUT

ROMANTISCHE LIEBESKOMÖDIE

Copyright: Natalie Rabengut, 2020, Deutschland.

Covergestaltung: Natalie Rabengut

Korrektorat: http://www.swkorrekturen.eu

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen und Einrichtungen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Black Umbrella Publishing

www.blackumbrellapublishing.com

INHALT

Ein Whirlpool in Paris

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Über Natalie Rabengut

EIN WHIRLPOOL IN PARIS

Alexandra will ihren Freund Marcel mit einem romantischen Wochenendausflug nach Paris überraschen. Das einzige Problem: Als sie nach Hause kommt, findet sie Marcels Zunge an Orten, an denen sie definitiv nichts zu suchen hat.

Plötzlich braucht Alex nicht nur eine neue Putzfrau – sorry, Raumpflegerin –, sondern auch eine Reisebegleitung für ihren Paris-Trip.

Schnell findet sie im Internet eine andere Alex, die ebenfalls betrogen wurde und nur noch rauswill – doch am Bahnhof trifft Alexandra keine andere Alexandra, sondern einen wirklich schlecht gelaunten Alexander …

Liebesroman. In sich abgeschlossen. Gefühlvolle Handlung. Ein Schuss Humor. Explizite Szenen.

Für uns Frauen mit

all unseren eingebildeten »Problemzonen«.

Wir sind bescheuert.

KAPITEL1

Aus unzähligen Filmen hatte ich gelernt, dass es nie etwas Gutes bedeutete, wenn man Stöhnen aus dem eigenen Schlafzimmer hörte.

Doch die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt, und so betete ich, dass es vielleicht gar nicht das war, was ich dachte.

Vielleicht wollte mein Freund mir einen Dreier mit Chris Hemsworth schenken und vor lauter Aufregung hatten die beiden schon ohne mich angefangen – damit hätte ich sehr gut leben können.

Nicht so gut leben konnte ich damit, dass unsere Putzfrau auf dem Rücken in der guten ägyptischen Bettwäsche lag und ihre Beine beindruckend weit spreizte, damit mein Freund sie noch besser lecken konnte.

Ich räusperte mich. »Hallo, Schatz. Rate mal, wer heute nicht für ein romantisches Wochenende von mir nach Paris entführt wird. Na, hast du schon eine Ahnung?«

Marcel sprang auf und ich hörte seinen Rücken knacken. Er verzog das Gesicht, legte eine Hand auf die Hüfte und stöhnte gequält. Eine gewisse Schadenfreude konnte ich mir nicht verkneifen, zumal ich jetzt nicht mehr diejenige war, die ihm das Kirschkernkissen aufwärmen musste, wenn er sich mal wieder »falsch bewegt« hatte, wie er es immer nannte.

Die Frage, wobei er sich wohl beim letzten Mal falsch bewegt hatte, drängte sich in mein Bewusstsein.

»Liebling, es ist nicht so, wie du denkst.«

Gott, er brachte wirklich diesen lahmen Spruch? Hätte sein Kinn nicht feucht geglänzt, wäre ich vielleicht geneigt gewesen, auf seine braunen Welpenaugen hereinzufallen.

»Du hast da was«, sagte ich nur und deutete mit meinem Zeigefinger Kreise um die Mundpartie an. »Pack deine Sachen und verschwinde. Wenn ich in einer Stunde wiederkomme, will ich von dir hier nichts mehr sehen.«

»Aber, Liebling …«, protestierte er mit dem Ton in der Stimme, den er immer benutzte, wenn er der Meinung war, ich würde gnadenlos übertreiben.

»Kein Aber. Solltest du mich jetzt noch einmal ›Liebling‹ nennen, setze ich gleich beim Ausparken so weit zurück, dass ich ganz aus Versehen deinen Mercedes ramme. Mehrfach. Ich hasse die Karre eh. Nur Rentner fahren die E-Klasse.«

Wie nicht anders erwartet verstummte Marcel und zuckte hilflos mit den Achseln. Langsam drehte ich mich zu Agnes um.

»Und du kannst deinen Schlüssel auf dem Küchentisch liegen lassen, wenn du gehst.«

Sie wurde blass, als hätte sie erwartet, dass sie meinen Freund vögeln und trotzdem weiter für mich arbeiten konnte.

Im Gegensatz zu Marcel war sie klug genug, gar nicht erst mit mir zu diskutieren. Mit einem Seufzen ließ sie sich rückwärts aufs Bett sinken. So wie es aussah, würde ich die Bettwäsche später wohl auf dem Balkon verbrennen müssen.

Ich drehte mich um und stöckelte aus der Wohnung, obwohl ich schon seit Stunden nichts sehnlicher wollte, als die hohen Absätze loszuwerden. In der Firma liefen alle in High Heels herum und irgendwann hatte ich mich dem ungeschriebenen Protokoll gebeugt. Das und die Tatsache, dass ich nicht wahrhaben wollte, Größe 42 zu brauchen, weshalb ich immer 41 kaufte, führte jeden Abend zu immenser Erleichterung, wenn ich die Schuhe ausziehen konnte.

Mein Schlüssel steckte in der Tür, und ich zog ihn ab, als ich die Wohnung verließ. Da ich auf die Situation nicht vorbereitet gewesen war, hatte ich keinen Alkohol im Haus. Von Marcels Bier mal abgesehen, doch das mochte ich nicht und würde sicherlich nicht so weit sinken, das Bier meines Exfreundes zu trinken, um das Ende der Beziehung zu betrauern.

Kurz blieb ich vor seinem Mercedes stehen und blickte auf die wunderbar scharfkantigen Schlüssel in meiner Hand. Es wäre so leicht …

Aber Rachsucht war nicht mein Stil, weshalb ich in mein Auto kletterte, zurücksetzte und dabei hoffte, seinen Wagen so schnell nicht mehr in meinem Rückspiegel zu sehen.

Vor dem Supermarkt überlegte ich ernsthaft, wie wahrscheinlich es war, dass Blut aus meinen Schuhen tropfen würde, wenn ich jetzt noch weiter zu Fuß ging. Warum konnte ich mir eigentlich nicht eingestehen, dass ich Größe 42 hatte?

Als ob Marcel nicht mit unserer Putzfrau ins Bett gegangen wäre, wenn ich Schuhgröße 39 vorzuweisen gehabt hätte. Lächerlich.

Ich straffte die Schultern, sprach mir Mut zu und stieg aus dem Auto. Wenn andere Frauen Kinder aus sich herauspressen konnten, würde ich wohl noch weitere dreihundert bis vierhundert Meter in diesen Heels überleben.

Meine Fersen waren anderer Meinung und ich verzog das Gesicht. Welche Ansicht meine Zehen vertraten, konnte ich nicht sagen, da wir den letzten Kontakt gegen 16 Uhr gehabt hatten – seitdem spürte ich sie nicht mehr.

Tapfer stöckelte ich in Richtung Spirituosenregal, denn ich hatte eine Mission. Meine Füße würden mir den Alkohol ebenso danken wie meine Seele, weshalb ich durchhalten musste.

Das rote Schild, das deutlich sichtbar vor der Regalreihe hing und in fetten Lettern »Sonderangebot« verkündete, verursachte einen schalen Geschmack in meinem Mund. Obwohl ich mich kaum noch aufrecht halten konnte, lief ich schneller.

Das durfte nicht wahr sein!

Leere Kartons lagen wild auf dem Boden und in den Regalen verstreut, ganz hinten tummelten sich ein paar Staubflocken, doch weit und breit war nicht eine einzige Flasche Sekt zu sehen.

Vor meinem inneren Auge zogen Bilder von glücklichen Restaurantbesitzern vorbei, die das Zeug kistenweise aus dem Laden schleppten. Wahrscheinlich gehörten meine Eltern auch zu den entzückten Käufern und hatten gleich sechs Kisten gekauft.

Mir blieb jetzt nur noch die Wahl zwischen dem billigen Nagellackentferner für 3,49 Euro, auf den jemand frecherweise ein Label mit der Bezeichnung »Weizenkorn« geklebt hatte – oder Champagner. Der kostete natürlich direkt 44,99 Euro pro Flasche.

Ich sah nach unten auf meine Füße, auf meine rechte Hand, wo nach all den Jahren noch immer kein Ehering prangte, und dachte an das einsame Wochenende, das mir bevorstand.

Mit einem wütenden Aufschrei griff ich nach dem Champagner und trug gleich drei Flaschen hocherhobenen Hauptes zur Kasse. Eine Scheidung wäre teurer gewesen. So viel stand fest.

Auch fest stand, dass ich mich noch nie dermaßen exklusiv aus dem Leben geschossen hatte.

Die Kassiererin beäugte mich misstrauisch, als ich ihr meine abgenutzte EC-Karte reichte. Dabei war es wirklich nicht meine Schuld, dass meine Karte so mitgenommen aussah. Das Fach in meiner Geldbörse war einfach viel zu eng und ich bekam das kleine Plastikrechteck jedes Mal kaum heraus. Aber das Portemonnaie war von Kate Spade und irrsinnig teuer gewesen – da musste meine EC-Karte halt durch.

Die Kassiererin kniff die Augen zusammen und schaute von mir zu dem Champagner und wieder zurück.

»Meine beste Freundin hat Geburtstag«, platzte es aus mir heraus.

»Wie nett«, murmelte sie und knallte das Kartenlesegerät vor mir auf das Warenbeförderungsband. »Geheimzahl eingeben und bestätigen.«

Ihr Tonfall ließ mich vermuten, dass sie diesen Satz heute nicht zum ersten Mal sagte, und ich war froh, als ich ihrer sonnigen Gesellschaft entkam, denn ich war schon deprimiert genug.

Auf dem Parkplatz klemmte ich die Flaschen unter meinen Arm und öffnete den Kofferraum. Gähnende Leere herrschte darin, mir wurde klar, dass ich die zerbrechlichen Glasflaschen nicht die ganze Heimfahrt über im Kofferraum herumrollen lassen konnte. Zumindest nicht, wenn ich den Champagner danach noch trinken wollte.

Ich dachte kurz nach, bevor ich beschloss, pragmatisch zu sein und die Flaschen auf dem Beifahrersitz anzuschnallen. Das war simpel, aber effektiv.

Erleichtert sank ich auf den Sitz und startete den Motor. Ich hatte es fast geschafft und war unglaublich stolz auf mich, dass ich bisher noch nicht in Tränen ausgebrochen war, denn eigentlich war ich sehr nah am Wasser gebaut.

Erst als ich vom Gas gehen musste, weil ich die Bushaltestellen auf der Prinzenallee passierte, wo strenges Schritttempo herrschte, wurde mir klar, dass ich meinen Plan nicht durchdacht hatte. Ich war viel zu früh dran und würde Marcel unter Garantie über den Weg laufen, wenn ich jetzt schon wieder nach Hause fuhr.

Momentan fehlten mir elf Minuten. Die Schritttempozone endete und ich sah in den Rückspiegel. Hinter mir war niemand.

Vielleicht würde ich einfach nur dreißig fahren und hoffen, dass ich auf diese Weise später zu Hause ankam. Ich ging die Strecke in Gedanken durch und erwog kurz, zu wenden und auf dem Parkplatz auszuharren, aber diese Idee war ebenso idiotisch. Zumal das Wenden in diesem Wirrwarr aus Einbahnstraßen schnell zum Albtraum werden konnte.

Die Sekunden verstrichen, und ich hatte mich gerade entspannt, als ich das blaue Flackern bemerkte.

Scheiße! Wo war denn jetzt der Motorradpolizist hergekommen? Genervt fuhr ich an den Straßenrand. Der Tag wurde immer besser.

Ich ließ das Fenster herunter und zwang mir ein Lächeln ins Gesicht. »Guten Abend.«

»Guten Abend.« Ein attraktiver Mann sah auf mich herunter und lehnte sich dann zur Seite, um an mir vorbei zu schauen. »Was haben wir denn da?«

»Champagner«, erklärte ich. Dabei kam ich mir relativ blöd vor, denn lesen konnte er wahrscheinlich selbst.

»Haben Sie getrunken?«, fragte er streng.

»Natürlich nicht.«

»Was machen die Flaschen dann auf dem Beifahrersitz?«

Nachdem ich nach einer cleveren Antwort gesucht, aber keine gefunden hatte, zuckte ich mit den Achseln und entschied mich für die Wahrheit. »Ich brauche Alkohol, nachdem ich meinen Freund mit der Putzfrau im Bett erwischt habe. Noch habe ich ihn nicht getrunken, aber ich verstehe nicht, wo das Problem ist, dass ich ihn auf dem Beifahrersitz festgeschnallt habe? Ihn im Kofferraum herumrollen zu lassen, erschien mir nicht besonders sinnig.«

Mir war nicht entgangen, dass der Polizist scharf Luft geholt hatte, als ich das Fremdgehen meines Exfreundes geschildert hatte.

»Sagt man nicht inzwischen Raumpflegerin?«, wollte er von mir wissen und stützte beide Hände auf die Fahrertür, während er sich zu mir beugte.

Langsam drehte ich den Kopf. Vermutlich loderte die Wut aus meinen Augen, denn er zuckte zurück.

»Jetzt, wo Sie es sagen. Es klingt gleich viel netter, wenn ich sage, dass mein Freund die Raumpflegerin in der guten ägyptischen Bettwäsche gefickt hat. Wissen Sie, wie teuer diese verdammte Garnitur war? Und jetzt wird mir nichts anderes übrig bleiben, als sie zu verbrennen.«

»Wo wollen Sie die denn verbrennen?«

»Ich hatte an den Balkon gedacht, sicher bin ich mir noch nicht.«

»Ich fürchte, das kann ich Ihnen aus Gründen des Brandschutzes nicht erlauben.«

»Sie gönnen mir heute aber überhaupt keinen Spaß, oder?«

Er grinste schief. »Geben Sie mir mal Ihren Führerschein?«

»War das eine Frage oder eher ein Befehl?«

Inzwischen hing er so weit in meinem Fenster, dass ich sein Parfüm erschnuppern konnte. Er roch nicht übel.

»Eher eine freundliche Bitte.«

Unter Murren zerrte ich meine Tasche aus dem Fußraum des Beifahrersitzes und wühlte nach meinem Portemonnaie. Natürlich war dieses Kartenfach ebenso eng wie das meiner EC-Karten, und ich rammte dem Polizisten fast meinen Ellbogen ins Gesicht, als ich versuchte, meinen Führerschein hervorzuziehen.

»Wissen Sie, warum ich Sie angehalten habe, Alexandra?«, fragte er, nachdem er einen Blick darauf geworfen hatte. »Dreiunddreißig Jahre? Nicht übel, Sie sehen viel jünger aus.«

Ich hatte nicht die Ruhe, mich über das Kompliment zu freuen. »Weil ich zu langsam gefahren bin?«

»Richtig. Hier sind fünfzig erlaubt und Sie sind nur dreißig gefahren. Zusammen mit dem Alkohol auf Ihrem Beifahrersitz ergibt das ein merkwürdiges Bild.«

»Als ich meinen Freund rausgeworfen habe, war ich so blöd, ihm eine Stunde Zeit zu geben. Allerdings war ich viel schneller aus dem Supermarkt wieder raus. Deswegen dachte ich, die fehlenden Minuten auszugleichen, indem ich etwas langsamer fahre. Aber mal im Ernst, wo sind Sie denn tagsüber, wenn der ganze Stadtverkehr erlahmt, weil so eine Omi hier mit zwanzig lang schleicht?«

Er gab mir den Führerschein zurück und lächelte. »Die sind nicht attraktiv genug, um angehalten zu werden. Fahren Sie nach Hause, Alex, und werfen Sie diesen Idioten raus. Ich lasse Sie mit einer Verwarnung davonkommen. Wenn Sie sich etwas erholt haben, können Sie mich ja anrufen.«

Ich war zu verblüfft, etwas zu erwidern, als er mir seine Nummer aufschrieb und sie mir mit einem Zwinkern reichte. Hatte ich vielleicht doch schon Champagner getrunken oder war das gerade wirklich passiert?

KAPITEL2

Als ich zur Tür hereinkam, saß Marcel auf der Couch und war keineswegs verschwunden, wie ich es ihm aufgetragen hatte. Aber er musste seinen Mercedes umgeparkt haben, weil er offensichtlich Angst gehabt hatte, dass ich meine Drohung wahr machte.

»Was willst du noch hier?«

»Bitte, Alex, lass uns reden.«

»Worüber? Willst du mir Details darüber erzählen, wo genau du Agnes in der Wohnung überall gevögelt hast? Oder willst du lieber mit der Ausrede kommen, dass es eine einmalige Sache war? Ein Ausrutscher?«

Er riss seine Augen weit auf und bettelte mich mit seinem Blick an. Das hatte meistens geklappt, wenn es um Kleinigkeiten wie die Wahl des Abendessens ging – aber nicht, nachdem er seinen Schwanz in eine fremde Pussy getunkt hatte. Oder besser gesagt seine Zunge. Nicht, dass es einen Unterschied gemacht hätte.

»Baby, ich liebe dich doch.«

»Wenn du mich lieben würdest, hättest du nicht mit einer anderen geschlafen. Ich habe das ganze Geld der angesammelten Überstunden gespart und uns ein Wochenende in einem unglaublichen Hotel in Paris reserviert, mit Blick auf den Eiffelturm und Whirlpool auf dem Zimmer und Essen bei Kerzenschein inklusive sowie eine Fahrt erster Klasse im Thalys, um wiedergutzumachen, dass ich in den letzten Wochen so viel gearbeitet habe.«

Marcel kam auf mich zu. »Das klingt herrlich.«

Mir fiel auf, dass ich den Champagner noch immer auf den Armen hatte, und trug ihn in die Küche. Mein Ex folgte mir und wollte anscheinend nicht einsehen, dass er in meiner Wohnung nicht länger erwünscht war.

Ich öffnete den Kühlschrank, holte die Leberpastete heraus, die er so gern aß und die ich fürchterlich eklig fand, warf sie in den Mülleimer und nutzte den Platz, um die erste Champagnerflasche zu verstauen. Hoffentlich dauerte es nicht zu lang, bis sie kalt waren, denn ich brauchte ganz dringend etwas Alkohol – und eine Familienpizza. Mit Peperoni und Zwiebeln – eine Kombination, die Marcel hasste. Kein Marcel, kein Gemecker mehr beim Essen ging mir plötzlich auf.

»Was machst du eigentlich noch hier?«

»Wenn es sein muss, auf Knien vor dir rutschen, damit du mir verzeihst.«

»Die Mühe kannst du dir sparen.«

Agnes’ Schlüssel lag auf dem Küchentisch, sie hatte wenigstens auf mich gehört. Die Schlösser würde ich trotzdem sicherheitshalber austauschen lassen.

Wo war denn die Karte vom Pizzaboten? Ich hatte sie doch eigentlich an die Pinnwand geheftet. Als ich mich vorbeugte, fand ich sie hinter dem Wasserkasten, sie musste heruntergefallen sein.

Marcel schien es extrem zu verwirren, dass ich einfach mit meinem Alltag weitermachte. »Schatz, bitte. Lass uns darüber reden. Ich möchte es wiedergutmachen.«

»Nein. Obwohl – wenn du unbedingt darüber reden willst. Wie war es denn? Besser als mit mir? Das muss ja eigentlich so sein, sonst hätte es keinen Grund für dich gegeben, sie zu ficken.«

Er zuckte zusammen, weil ich das böse F-Wort benutzt hatte, und wand sich vor mir wie ein Aal. »Das ist es nicht.«

»Was ist es dann? Sag es mir, Marcel. Du wolltest doch mit mir sprechen.«

»Es war einfach nur, weil ich konnte.« Er zuckte mit den Achseln.

Wortlos starrte ich ihn an.

Einfach nur, weil er konnte.

Glaubte er wirklich, mit dieser brillanten Begründung würde ich ihm verzeihen?

Ich verschränkte die Arme. »Hast du deine Sachen gepackt?«

»Wo soll ich denn hin?«

»Zu Agnes? Zu einem deiner Kumpel? Zu deinen Eltern? In ein Hotel? Es ist mir ehrlich gesagt egal. Das hier ist meine Wohnung und du bist zu mir gezogen. Jetzt kannst du wieder wegziehen.«

»Bitte, Alex«, flehte er und präsentierte mir erneut seinen besten Hundeblick.

Er prallte von mir ab, berührte mich nicht einmal. Dafür spürte ich die Wut in meinem Inneren zu deutlich.

»Ich werde es nicht noch einmal sagen.« Nachdem ich die Pizzakarte aufgeklappt hatte, schob ich mich an ihm vorbei und ging zum Telefon. Peperoni, Zwiebeln und Knoblauch – einfach nur, weil ich konnte. Wenn Marcel die Putzfrau vögeln konnte, würde ich mir wohl Knoblauch zum Abendessen genehmigen können.

»Bis die Pizza kommt, bist du verschwunden«, rief ich in die Küche und knallte die Tür zu meinem Büro zu, damit ich ungestört telefonieren konnte.

Ich hatte schon wieder aufgelegt, als er klopfte. »Bitte schick mich nicht weg.«

»Verschwinde!«

Warum konnte Marcel nicht wenigstens für seinen Fehler geradestehen? Glaubte er wirklich, dass seine blöden Ausreden und leere Plattitüden ihm halfen?

Er seufzte theatralisch. »Ich schätze, ich bin bei Benny, bis du dich wieder beruhigt hast.«

»Lass die Schlüssel auf dem Küchentisch liegen«, schrie ich ihm durch die geschlossene Tür hinterher.

Seine Schritte entfernten sich, während ich damit kämpfte, nicht zu explodieren. Bis ich mich wieder beruhigt hatte?

Die Haustür fiel zu, und ich griff sofort zum Telefon, um einen Schlosser anzurufen. Zusammen mit dem Champagner und der Reise nach Paris würde das ein verdammt teures Wochenende werden. Doch allein die Vorstellung, was Marcel dazu sagen würde, wie sehr ich mich beruhigt hatte, wenn ich sogar die Schlösser hatte austauschen lassen, war mehr wert als alles Geld der Welt.

Beruhigen! Der hatte sie wohl nicht mehr alle!

* * *

Ich lag auf dem Rücken auf dem Wohnzimmerfußboden, alle viere von mir gestreckt, und betrachtete die Decke. Sie war noch immer strahlend weiß, weil wir sie erst vor ein paar Monaten gestrichen hatten.

Mein Magen war dermaßen mit Pizza und Champagner vollgestopft, dass es unmöglich gewesen war, weiterhin aufrecht auf der Couch zu sitzen. Neben meiner Hüfte stand eine Packung Kosmetiktücher, da ich inzwischen heulte und mir immer wieder die Nase putzte und die Tränen wegwischte.

Allerdings war die Trauer seit dem Champagnerkonsum signifikant zurückgegangen und neuer Wut gewichen.

Wie konnte dieses Arschloch mich betrügen? Ich hatte mir immer so viel Mühe gegeben und weigerte mich standhaft, den Fehler bei mir zu suchen. Wieso auch?

Hätte man mich heute Morgen noch gefragt, hätte ich im Brustton der Überzeugung gesagt, dass ich eine glückliche Beziehung führte. Es war gerade einmal zwei Tage her, dass wir Sex gehabt hatten, und die Initiative war von mir ausgegangen – daran konnte es nicht liegen.

Ich rieb mir über die Augen und beschloss, die nächste Flasche Champagner zu holen. Vorsichtig rollte ich mich herum, robbte bis zur Couch und zog mich langsam daran hoch, um meinen vollen Bauch nicht unnötig zu strapazieren.

Auf dem Küchentisch lagen die Zugtickets nach Paris.

Verdammt! Neue Tränen quollen unter meinen Lidern hervor, und ich nahm kurzerhand das Küchenhandtuch, um sie abzuwischen. Außer mir war eh niemand hier, der das hätte sehen können.

Dabei wollte ich so gern nach Paris.

Als ich den Kühlschrank öffnete, ging mir auf, dass ich genauso gut allein fahren könnte. Der Gedanke beglückte und deprimierte mich gleichermaßen.

Bisher war ich noch nie ohne Begleitung im Urlaub gewesen. Die Idee klang nicht schlecht. Ich war mir nur nicht sicher, ob das Romantikhotel nicht etwas zu viel für mich wäre, wenn ich das Zimmer dann für mich allein hatte und permanent an meine gescheiterte Beziehung dachte.

Unter normalen Umständen hätte ich meine beste Freundin Nina gefragt, aber sie war in den Flitterwochen und würde erst Mitte nächster Woche zurückkommen.

Endlich machte ich den Kühlschrank wieder zu und köpfte die zweite Flasche. Wo sollte ich denn bis morgen früh jemanden auftreiben, mit dem ich nach Paris fahren konnte?

Meine anderen Freunde, die größtenteils eher lose Bekannte waren, wollte ich nicht fragen, weil sie sich als Erstes erkundigen würden, warum ich denn nicht wie geplant mit Marcel fuhr. Meine Mutter kam mir kurz in den Sinn, allerdings war ich jetzt auch nicht so verzweifelt, dass ich diese Option ernsthaft in Betracht gezogen hätte.

Ich trank einen riesigen Schluck direkt aus der Flasche, bevor ich zurück ins Wohnzimmer schlurfte und mich wieder auf den Boden legte. Wo fand man denn eine adäquate Reisebegleitung?

Vermutlich im Internet.

Die zweite Flasche war halb leer, bevor ich mich an dieses Stadt-Board erinnerte, bei dem ich mich angemeldet hatte, um die alte Couch und den Fernseher zu verkaufen. Ich brauchte ein paar Anläufe, um die richtige E-Mail-Adresse und das korrekte Passwort einzugeben. Zum Teil war der Champagner schuld, doch ich konnte mir auch einfach nicht alle Zugangsdaten merken.

Wie sollte ich die Annonce formulieren, ohne zu verzweifelt zu klingen?

Ich nagte an meiner Unterlippe, und obwohl ich fast platzte, trauerte ich der Pizza hinterher.

Es dauerte ein bisschen, bis ich einen brauchbaren Versuch produziert hatte:

Eigentlich hatte ich ein romantisches Wochenende für zwei geplant, doch nachdem ich betrogen wurde, habe ich irgendwie keine Lust mehr, es allzu romantisch zu gestalten. Ist hier vielleicht irgendjemand, der morgen spontan um neun Uhr am Hauptbahnhof sein kann, um mit mir Ablenkung in Paris zu suchen?

Liebe Grüße

Alex

Ich überflog die Anzeige noch zweimal, bevor ich entschied, sie tatsächlich zu posten. Vermutlich würde ich keine Antwort bekommen, aber einen Versuch war es immerhin wert.

Bis ich die zweite Flasche Champagner vollständig geleert und mir ein weiteres Mal die Augen aus dem Kopf geweint hatte, waren tatsächlich drei Nachrichten in meinem Postfach gelandet. Die ersten beiden waren bereits grammatikalisch eine solche Katastrophe, dass ich die Absenderinnen gar nicht erst kennenlernen wollte.

Doch die dritte Nachricht ließ mein Herz vor lauter Aufregung schneller schlagen.

Hey,

ist das im Moment eine Art Epidemie? Ich bin ebenfalls Alex und ebenfalls betrogen worden. Habe es erst heute herausgefunden und würde am liebsten die Flucht ergreifen. Paris klingt da schon ziemlich gut. Meld dich, falls der Platz noch frei ist.

Liebe Grüße

Alex

War das zu glauben? Ich war offenbar nicht allein. Vorsichtshalber öffnete ich die dritte Flasche Champagner, damit mich nicht der Mut verließ und ich auch wirklich antwortete. Es kam mir noch immer etwas verrückt vor, mit einer Fremden nach Paris zu fahren, aber was sollte schon passieren?

Wir waren alle erwachsen, und sollte es nicht funktionieren, würden sich unsere Wege wieder trennen. So einfach war das.

Hallo ebenfalls Alex,

kannst du morgen gegen Viertel vor neun Uhr am Bahnhof sein, Gleis 7? Rauchst du, bist du vegan oder gehörst du sonst einer verrückten Sekte an? Kommst du unbewaffnet?

LG

Alex