Eine bessere Zukunft ist möglich - Daniel Dettling - E-Book

Eine bessere Zukunft ist möglich E-Book

Daniel Dettling

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Beschreibung

Das Buch für mehr Zukunftsoptimismus!

Haben Sie sich schon einmal Sorgen um unsere Zukunft gemacht? Damit sind Sie nicht allein, denn wir Deutschen zählen zu den unumstrittenen Weltmeistern im Zukunftspessimismus. Dabei zeigen Studien: Unsere Welt wird in Wirklichkeit immer besser!
Auf dieses positive Bild wettet Zukunftsforscher Daniel Dettling in seinem neuesten Buch. Anhand der größten Herausforderungen unserer Zeit, wie der Überalterung der Gesellschaft, Migration und Armut, Klimawandel und Demokratieverfall, zeigt er, welche Chancen für eine bessere Zukunft sich schon heute in unserem Alltag eröffnen – und was wir tun müssen, um sie nicht ungenutzt verstreichen zu lassen.

Denn was uns heute noch als Krise erscheint, ist vielleicht schon bald der erste Schritt in das beste Morgen, das wir uns vorstellen können. Daniel Dettling lädt Sie ein, sich mit auf den Weg zu machen und zeigt: Eine bessere Zukunft ist möglich!

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Seitenzahl: 236

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Der Autor

Dr. Daniel Dettling ist Jurist, Politikwissenschaftler und gehört zu den profiliertesten Zukunftsdenkern im deutschsprachigen Raum. Seit 2015 leitet der Vater von drei Kindern das Berliner Büro des Zukunftsinstituts, einem der einflussreichsten Think Tanks für Trend- und Zukunftsforschung. Wenn er nicht gerade öffentliche Institutionen, Verbände und Unternehmen berät, schreibt er für renommierte Tageszeitungen, ist Sach- und Fachbuchautor und teilt seine Expertise in Interviews mit Radio und Fernsehen.

Das Buch

Die meisten Menschen erwarten kaum Gutes von der Zukunft. Doch gefährlicher als Klimawandel, Pandemien, Kriege oder Überbevölkerung ist für Zukunftsforscher Daniel Dettling der grassierende »Immerschlimmerismus«: Denn wie wollen wir die richtigen Weichen für die Zukunft stellen, wenn unsere Vorstellungen derselben völlig verzerrt sind?

Dettling wettet: Bis zum Jahr 2050 werden wir den Hunger besiegt, die Armut weitgehend reduziert und den Klimawandel beherrschbar gemacht haben. Wir werden noch in diesem Jahrhundert viele »Peaks« erleben, allesamt positiv. In seinem Buch setzt der Zukunftsforscher auf einen mutigen Possibilismus statt eines ängstlichen Pessimismus: Wir können die Welt so sehr verändern, wie wir uns vorzustellen wagen.

Was wir brauchen, ist ein neuer Zukunftsoptimismus. Leser dieses Buchs werden sich nicht nur inspiriert und ermutigt fühlen, sondern auch besser in der Lage sein, dem allgemeinen Pessimismus zum Trotz die richtigen Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.

Daniel Dettling

Eine bessere Zukunft ist möglich

Ideen für die Welt von morgen

Kösel

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Copyright © 2021 Kösel-Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: zero-media.net, München

Umschlagmotiv: FinePic®, München

ISBN 978-3-641-27991-2V001

www.koesel.de

Dieses Buch widme ich dem unsterblichen Hans Rosling, der bis zu seinem Tod versuchte, uns beizubringen, die Welt so positiv zu sehen, wie sie wirklich ist. Wir hätten sein letztes Buch genauer lesen sollen, dann wäre uns in den letzten Jahren möglicherweise manches erspart geblieben. Nehmen wir seine Botschaft ernst: Verändern wir die Welt – und unseren Blick auf sie!

Einleitung: Früher war alles schlechter!

Erste Zukunftswette: Wir bleiben so jung wie wir wollen!

1. Wir werden jünger und nicht zu viele

Die demografische Revolution

Silver Economy: Das Modell der Zukunft

Pro-Aging: Wir werden immer jünger!

Ein neuer Generationenvertrag

Zweite Zukunftswette: Die Welt wird friedlicher!

2. Die Welt wird friedlicher, glücklicher und sicherer

Soziales Kapital gegen Kontrollverlust

Ein Friedensvertrag für eine gespaltene Gesellschaft

1. Recht auf Glück und Heimat

2. Gesellschaft des Respekts: Die Rettung der Arbeit

3. Politik der Dableibensvorsorge

Dritte Zukunftswette: Die Welt wird wohlhabender!

3. Die Welt wird wohlhabender

Das Ende der extremen Armut

Migration schafft Wohlstand

Zukunftskontinent Afrika

Die resiliente Globalisierung

Vierte Zukunftswette: Die Klimakatastrophe findet nicht statt!

4. Die Welt wird klimaneutral

Neo-Ökologie: Die Versöhnung mit der Ökonomie

Die Generation Global und der neue Kapitalismus

Das Ende der Knappheit

Europa wird zur ökologischen Supermacht

Fünfte Zukunftswette: Die Demokratie gewinnt!

5. Die Welt wird demokratischer

Die Seuche des Despotismus

Die Neugründung Europas

Die erneuerbare Demokratie

Demokratie für die Zukunft und jeden Tag

Epilog: Wetten wir auf eine bessere Zukunft

Danksagung

Quellen und Lesenswertes

Einleitung: Früher war alles schlechter!

Wir leben in der besten aller möglichen Welten.

Gottfried Wilhelm Leibniz, politischer Berater der frühen Aufklärung

Wer in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts aufgewachsen ist wie ich, müsste heute als 40- oder 50-Jähriger längst tot sein. Nukleares Wettrüsten, Waldsterben, Tschernobyl, AIDS – die Prognosen für das 21. Jahrhundert ließen nur das Allerschlimmste zu. Es sei unverantwortlich, in diese Welt noch Kinder zu setzen, hörte diese Generation damals von Lehrern, Politikern und den eigenen Eltern. Die Geburtenrate sank danach tatsächlich, die große Katastrophe blieb jedoch aus. Umfragen und Studien kommen heute zu einem erstaunlichen Ergebnis: Die allermeisten Deutschen sehen ihr eigenes Leben als gut und bezeichnen sich selbst als glücklich, für die generelle und gemeinsame Zukunft sehen sie dagegen schwarz. Die Vision des technologischen Fortschritts steht heute nicht mehr für sozialen Aufstieg und eine bessere Welt. Stattdessen dominiert die Angst vor der Zukunft. Oder glauben Sie, dass Roboter und Maschinen unser Leben bereichern und zu besseren Jobs führen? Glauben Sie, dass die Umwelt nicht mehr stärker verschmutzt und die weltweite Armut abnimmt? Oder dass die Demokratie im Kampf gegen globale Krisen wie Pandemien bestehen wird? Dann wird Sie dieses Buch überraschen!

Der »Immerschlimmerismus« ist die größte Gefahr unserer Zeit

Warum wollen wir glauben, dass die Welt immer schlechter wird? Woher kommt dieses Denkmuster, das der Zukunftsforscher Matthias Horx als »Immerschlimmerismus« bezeichnet und wer profitiert davon? Für die große Mehrheit von uns ist die Zukunft schwer vorstell- und greifbar. Viele Herausforderungen, die wir als Bedrohungen wahrnehmen, sind räumlich und zeitlich weit weg: Klimawandel, Hunger, Kriege. Sie erscheinen uns so fern, dass es uns schwerfällt, uns überhaupt mit ihnen auseinanderzusetzen. Sozialpsychologen haben dafür den Begriff der »psychologischen Distanz« erfunden.

Zukunft ist also Kopfsache: unsere Bilder von der Zukunft entstehen im Gehirn und das reagiert in erster Linie auf Gefahren, auf Terror, Kriege und Katastrophen. Das menschliche Gehirn ist das Produkt von Millionen Jahren Evolution. Es besteht aus zwei Teilen, einem Vernunftgehirn (dem »präfrontalen Cortex«) und einem Angstgehirn (der sogenannten »Amygdala«): Wenn wir uns bedroht fühlen, gewinnt meist der Teil, in dem unsere Urangst sitzt: der primitivere Teil des Hirns, welcher mit Statistiken und Wahrscheinlichkeiten nichts anfangen kann und ungefähr auf der Stufe eines Huhns liegt. Auf rationale Argumente reagiert es nicht. Wer Flugangst hat, dem hilft das Wissen wenig, dass ein Flugzeug das sicherste Verkehrsmittel ist. Wenn bei einem Attentat zehn Deutsche pro Jahr sterben, hilft es nichts zu wissen, dass pro Jahr mehr als 9.000 Menschen durch Unfälle im eigenen Haushalt ums Leben kommen. Das Vernunftgehirn befindet sich mit dem Angstgehirn in einem ständigen Kampf.

Richtig ist aber auch: Ohne ihre Urangst wäre die Menschheit wohl längst ausgestorben. Es waren ihre Instinkte, die unseren Vorfahren halfen, in kleinen, überschaubaren Gruppen als Jäger und Sammler zu überleben. Ohne lange nachzudenken, konnten die damaligen Menschen zu schnellen Entschlüssen kommen. Das half ihnen, sich vor unmittelbaren Gefahren zu schützen. Heute leben wir zwar in einer völlig anderen Welt, doch statt von Daten und Reflexion, lassen wir uns auch weiterhin von Dramen und Instinkten leiten.

Gute Nachrichten und Informationen haben es also schwer. »Only bad news is good news«: diesen Leitsatz kennen viele Journalisten und überhäufen uns mit negativen Botschaften. Wer von der Welle des Alarmismus profitiert, sind insbesondere Populisten, Verschwörungstheoretiker und alle Zukunftsparanoiker. Heute glauben nur wenige Europäerinnen und Europäer und noch weniger US-Amerikanerinnen und US-Amerikaner, dass die Zukunft eine bessere Version der Gegenwart ist. Für den Bioethiker Giovanni Maio ist Hoffnung der zentrale Antrieb zur Gestaltung der Zukunft. Eine Gesellschaft mit einem Gefühl der Zukunftslosigkeit verliert die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Populisten haben dann leichtes Spiel und machen aus individueller Ohnmacht kollektive Machtfantasien.

Und wir alle leiden unter den falschen Zukunftsbildern. Wir können uns Zukunft, wenn überhaupt, nur linear vorstellen. Unser Irrtum ist, nur geradeaus zu denken. Es kann, glauben wir, nur ein Aufwärts oder Abwärts geben. Dabei sind die Welt und unsere Vorstellung von ihr einem Wandel unterworfen. Linearismus und Immerschlimmerismus bedingen sich. Wir trauen unserem Denken nur eine Logik in Kurven und Linien zu. Wie die Kaninchen auf die Schlange starren wir auf eine Zukunft, wie wir sie sehenwollen und nicht wie sie sein kann.

Es geht uns immer besser

Dabei geht es der Menschheit besser als je zuvor. Lebenserwartung, Bildung und Gesundheit – die Indikatoren des menschlichen Fortschritts haben sich global enorm verbessert. Noch nie in der Geschichte haben die Menschen mehr Zeit, mehr Bildung, eine bessere Gesundheit und höhere Einkommen gehabt. Weltweit hat sich der Anteil der in extremer Armut lebenden Menschen in den letzten 20 Jahren mehr als halbiert. Fast 90 Prozent der Menschen haben Zugang zu Bildung und können lesen und schreiben. Die Mehrheit lebt heute in einer freien Demokratie mit geschützten Rechten. Selbst Terrorismus, Naturkatastrophen und Kriminalität gehen zurück. Der globale Wohlstand und damit die Chancen für immer mehr Menschen wachsen. In Afrika ist die Lebenserwartung seit 1950 von 37 Jahren auf heute 65 Jahre bei den Frauen gestiegen. Bis 2050 wird sie sich der europäischen Lebenserwartung angeglichen haben. Für die zweite Hälfte des Jahrhunderts wird der Höhepunkt des Bevölkerungswachstums erwartet. Danach wächst die Weltbevölkerung nicht mehr, sondern sie sinkt. »Überbevölkerung« ist ein aussterbender Begriff, der uns keine Angst mehr machen muss. Der Grund für diese Entwicklung ist, dass immer mehr Frauen Zugang zu Bildung haben und ihren Lebensunterhalt eigenständig bestreiten können.

Auch uns Deutschen geht es immer besser. Die Lebenserwartung ist in den letzten 70 Jahren bei Frauen um 15 Jahre und bei Männern um 14 Jahre gestiegen. Viele Krankheiten sind ausgerottet oder heilbar. Die Pocken gelten als vollständig ausgerottet und selbst HIV oder Krebs sind heute besser behandelbar als je zuvor. Immer mehr Menschen gehen einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nach. Der Wohnraum pro Kopf hat sich in den letzten 60 Jahren verdoppelt (von 22 auf 46 Quadratmeter). Sogar der Wald wächst. Seit Jahrhunderten steht nicht so viel Holz in deutschen Wäldern wie heute. Deutschland ist heute sogar das holzreichste Land in Europa.

Wahrnehmung, Wunsch und Wirklichkeit liegen weit auseinander

Die Kluft zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit ist enorm. Beispiele hierfür gibt es viele. Klimawandel: Die große Mehrheit sieht künftige Generationen und Menschen in Entwicklungsländern bedroht. Nur wenige glauben aber, persönlich von den steigenden Temperaturen betroffen zu sein. Integration: Trotz Populismus, Ausländerfeindlichkeit und der verbreiteten Meinung, die Situation habe sich dramatisch verschlechtert, ist die Integration heute so gut wie noch nie. Migranten verfügen über bessere Sprachkenntnisse, die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ist viel besser als früher. Auch in Medien und Parteien sind Deutsche mit Migrationsgeschichte heute sichtbar vertreten, auch wenn es hier noch deutlich Luft nach oben gibt. Alles in allem gilt aber: Integration gelingt immer besser. Migration: Gerade, weil weltweit vieles besser wird, wächst die Zuwanderung nach Europa und Deutschland. Afrika ist längst kein reiner Elendskontinent mehr, sondern ein Kontinent der Zukunft. Immer mehr Menschen dort können sich eine Reise zu uns leisten und wollen in Europa arbeiten. Urbanisierung: Obwohl wir glauben, dass es immer mehr Menschen in die großen Städte zieht, würden zwei Drittel der Deutschen lieber auf dem Land oder in einer Klein- und Mittelstadt wohnen. Dort sind die Mieten niedriger, die Luft ist besser und die Bürger sind sozial vernetzter und engagierter. Alter: Noch nie gab es eine Generation 60 plus, der es wirtschaftlich und gesundheitlich so gut ging. In der Öffentlichkeit überwiegen hingegen Begriffe wie »Überalterung« oder »Altersarmut«. Demografie: Entgegen der Prognose, dass die Deutschen immer weniger werden und sich »abschaffen«, wächst die Bevölkerung. Noch nie war Deutschland mit fast 83 Millionen Einwohnern bevölkerungsreicher als heute, nicht einmal im Kaiserreich oder in der Nazizeit. Sicherheit: Die Angst vor zunehmender Gewalt gehört zu den meistgenannten Sorgen der Bürger. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, selbst Opfer einer Gewalttat zu werden so gering wie seit Jahren nicht. Oder Ostdeutschland: Den neuen Bundesländern geht es wirtschaftlich immer besser. Die Zahl der Zuzüge aus dem Westen in den Osten Deutschlands war zuletzt stärker als umgekehrt, auch weil viele Menschen wieder in die alte Heimat zurückkehren oder im Osten bessere, weil kleinere Hochschulen vorfinden.

Die Trends und Zahlen zeigen: Wahrnehmung, Wunsch und Wirklichkeit liegen weit auseinander. Obwohl wir immer mehr wissen, entspricht unser eigenes Erleben selten der Realität. Der globale »Ignoranz-Test« der Gapminder-Stiftung hat vor wenigen Jahren nachgewiesen, dass die große Mehrheit der Menschen etliche globale Fortschritte bei der Reduzierung von Armut und Hunger falsch einschätzt. Die Studie Perils of Perception (Gefahren der Wahrnehmung) hat im Jahr 2019 einen internationalen »Irrtumsindex« erstellt, der zeigt, dass die Deutschen zu den Weltmeistern der verzerrten Wahrnehmung gehören. So schätzt die Mehrheit der Deutschen den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund mit 30 Prozent mehr als doppelt so hoch ein als er tatsächlich ist. Noch größer ist die Kluft bei der Wahrnehmung von Muslimen. Ihr Anteil wird auf 20 Prozent geschätzt, in Wirklichkeit liegt er bei nur vier Prozent. Auch beim Thema Arbeitslosigkeit liegen die Meisten daneben. Nicht jeder Fünfte (20 Prozent) ist hierzulande arbeitslos, sondern gerade einmal jeder Zwanzigste (fünf Prozent). Damit verschätzen sich die Deutschen deutlich häufiger als die Menschen anderer Nationen und belegen Rang 24 von 37 befragten Ländern. Der aktuelle Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung stellt eine verschobene Wahrnehmung von »arm« und »reich« unter den Deutschen fest. Der Anteil der Haushalte mit höherer Bildung, höherem Alter und größerer Arbeitserfahrung ist gewachsen, wovon alle Einkommensschichten profitierten. Obwohl die Armen, die weniger als die Hälfte des durchschnittlichen Einkommens verdienen, nur elf Prozent der Bevölkerung und die sehr gut Verdienenden mit einem Netto- Haushaltseinkommen von mehr als 5.000 Euro nur neun Prozent ausmachen, schätzen die Befragten den Anteil der Armen auf ein Drittel und den der Reichen auf ein Viertel der Bevölkerung. 80 Prozent glauben sogar an eine zunehmende Armut in den nächsten fünf Jahren und über 60 Prozent an eine Zunahme des Reichtums. Der paradoxe Befund: Obwohl die Armut in den letzten Jahren in Deutschland deutlich zurückgegangen und die Einkommen in allen Schichten gewachsen ist, steigt die subjektive Angst vor Arbeitslosigkeit.1

Wir leben in der besten aller möglichen Welten und lassen uns dennoch von dem Grundgefühl des Immerschlimmerismus leiten. Das Leiden an diesem Widerspruch ist die zentrale Ursache für das negative Bild, das wir von unserer Zukunft haben. Der Mediziner Hans Rosling spricht von »Megatrugschlüssen«, die dazu beitragen, dass wir die Welt falsch wahrnehmen. Unsere Neigung zum Denken in Gegensätzen führt dazu, dass wir die Dinge versuchen in zwei unterschiedliche Gruppen einzuteilen: »Arm gegen Reich«, »Alt gegen Jung«, »Gut gegen Böse«, »Natur gegen Menschen«. Das binäre Denken hat gravierende Folgen für uns alle, persönlich wie politisch. Die Einbildung von der Verschlechterung wird zur immer größer werdenden Belastung und bringt viele dazu, alle Hoffnung aufzugeben. Die Krankheiten unserer Zeit sind zunehmend mentale: Erschöpfung, Depressionen und Ängste. Doch wo die Gefahr steigt, wächst das Rettende. Die Coronapandemie hat gezeigt, dass wir über uns hinauswachsen können und dass vieles möglich ist, wenn wir es wollen – und weil wir es können.

Corona: Alles ist möglich!

Corona verändert unser Denken und Handeln, die Art und Weise, wie wir Realität konstruieren, radikal. Und zwar zum Positiven. Das Gefühl von Unsicherheit und Kontrollverlust sind einer neuen Energie und einer gemeinsamen Anstrengung gewichen: »Wir gegen Corona«. Mit menschlicher, sozialer und künstlicher Intelligenz lernen wir das Virus in den Griff zu bekommen und machen die Erfahrung, dass wir mit radikalen Veränderungen und Unsicherheiten umgehen können. Es ist diese Krisenerfahrung, die zu einem Mehr an Selbstsicherheit, Selbstkontrolle und Selbstwirksamkeit und damit auch zu einem Mehr an gesellschaftlicher Resilienz (Widerstandskraft) führt.

Plötzlich gibt es ein altes und ein neues Normal. Eine alte, vermeintlich sichere und eine neue, unsicher anmutende Wirklichkeit. Wie entsteht ein Bild von Zukunft, das von möglichst vielen verstanden und akzeptiert wird? Die Antwort liegt in der Frage, wie wir als Menschen und Gesellschaften auf Krisen reagieren. Wir werden diese Frage nur beantworten können, wenn wir unsere innere und unsere äußere Zukunft in Beziehung zueinander setzen: Denn Zukunft ist einerseits unsere Vorstellung, unsere Vision von ihr. Andererseits speist sie sich aus unserer bereits jetzt konkret erlebbaren Realität, aus der Welt um uns herum. Unsere externe Zukunft werden wir also nur verändern, wenn wir uns selbst in unserem Inneren verändern. Zusammen bilden das innere und äußere Zukunftsbild das sogenannte »öffentliche Bewusstsein«. Es ist unser Radar für nötige Änderungen und gehört zu den »vier Reitern des Optimisten«, auf die Andrew McAfee in seinem Buch Mehr aus weniger setzt. Die drei anderen sind technologischer Fortschritt, Kapitalismus und bürgernahes Regieren. Für die Zukunft nach der Pandemie werden wir alle vier Reiter brauchen im Kampf gegen die Klimakrise und Umweltzerstörung, gegen Hunger, Kriege, Hass und Populismus. Entscheidend für eine bessere Zukunft sind aber unser öffentliches Bewusstsein und unsere gemeinsame Hoffnung. Letztere ist eine geteilte positive Zukunft, Wertschätzung und Anerkennung. Nur über das Zusammenspiel beider kann echter Wandel entstehen: Wenn wir unsere innere Angst und damit die Vergangenheit überwinden, die uns für das Neue blind macht. Es geht um eine neue Beziehung zur und eine Entscheidung für die Zukunft.

Das Schöne an der Zukunft ist, dass wir gemeinsam an ihr noch etwas ändern können. In diesem Buch geht es um »Protopien« – Visionen für die Zukunft, die bereits heute mitten unter uns sind. Wir müssen diese Zukünfte aufspüren, entdecken und zu einem neuen Zukunftsbild entwickeln. Helfen kann uns dabei das Rüstzeug der Zukunftsforschung.

Zukunftsforschung für das Leben

Der Politikwissenschaftler Ossip K. Flechtheim definiert Zukunftsforschung in seinem Werk Futurologie als vernetzte Wissenschaft. Dabei ist sie keine reine, sondern eine universelle Wissenschaft. Zukunftsforschung hat immer auch einen politischen Effekt, weil es ihr um »drei P« geht: The Possible, the Probable and the Preferable – das Mögliche, das Wahrscheinliche und das Wünschenswerte.

Das Werkzeug der Zukunftsforschung sind Megatrends. Sie sind die treibenden Kräfte des Wandels und besitzen drei Eigenschaften: sie dauern mindestens 30 Jahre, wirken global und sind ubiquitär, das heißt sie betreffen alle Lebensbereiche: Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur. Jeder Trend führt irgendwann zu einem Gegentrend. So erzeugt die Globalisierung einen Reflex zum Lokalen, zur Heimat. Die Individualisierung führt zu einer neuen Suche nach Gemeinschaft. Erst im Wechselspiel von Trend und Gegentrend entsteht eine neue Dynamik, die als Katharsis (Befreiung) oder als Regression (Rückschritt) enden kann. Zukunftsforscher sind kritische Optimisten. Sie setzen sich positiv mit Krisen auseinander, lieben die Komplexität und leisten so einen konkreten Nutzen für unser Leben. Wo andere Gegensätze sehen (wollen), suchen Zukunftsforscher nach dem Verbindenden und lösen so vermeintliche Widersprüche auf.

Veranschaulichen lässt sich dies am Beispiel des neuen Populismus. Wie viele andere Trends ist auch dieser ein kulturelles und mentales Phänomen und damit ein Reibungspunkt an dem wir als Gesellschaft wachsen können. Populisten sind so gesehen wichtige Störer für eine bessere Zukunft. Ob sie Erfolg haben, entscheidet sich in unseren Köpfen. Der Populismus ist vor allem ein Erregungsphänomen. Das heißt: Es geht gar nicht um »den Populismus« an sich. Es geht um uns. Seine Versprechen setzen an unserem inneren Misstrauen gegenüber dem Fortschritt an. Er will uns den realen Fortschritt als Fake News verkaufen und uns somit verunsichern. Aber damit entstehen neue Immunreaktionen. Resilienzen. Der Populismus ist ein Phänomen, das kommt und geht. Die eigentliche Herausforderung ist die Komplexität der Politik. Damit moderne Politik, Wirtschaft und Gesellschaft funktionieren können, braucht es Störungen von außen, Herausforderungen, an denen komplexe Gesellschaftsordnungen sich weiterentwickeln können. Der Populismus hält uns den Spiegel vor. Das Schüren von Unsicherheit und Ängsten ist sein Überlebenselixier. Er will uns die Hoffnung nehmen, dass etwas besser werden kann. Dabei wird vieles besser, wenn wir genau hinsehen und uns mit den Störungen unserer Zeit konstruktiv auseinandersetzen.

Eine bessere Zukunft ist möglich

Flechtheim beschreibt in seinem Buch Ist die Zukunft noch zu retten? sieben große Megakrisen, vor denen die Menschheit in diesem Jahrhundert steht: »Rüstungswettlauf und Krieg, Bevölkerungsexplosion und Hunger, Bedrohung und Zerstörung der Umwelt, Wirtschaftskrise und Überplanung, Demokratiedefizite und Repression, Kulturkrise und Krise der Familie, Identitätsverlust des Individuums«. Auch wenn wir diese Krisen inzwischen anders benennen, gelten sie bis heute. Trotzdem mache ich aus dem Fragezeichen in Flechtheims Buch ein Ausrufezeichen und ich wette mit Ihnen, liebe Leser: Die Zukunft ist zu retten, sie wird sogar besser!

Flechtheim verweist am Ende seines Buches auf die Errettung von Goethes Faust aus der Verstrickung im Pakt mit dem Teufel. Wir sind nur durch ein Wunder zu retten, so lautet die Botschaft. Das Wunder liegt in uns allen, in unserer evolutionären, geistigen und moralischen Kraft, unserem selbstorganisierten und verantwortlichen Handeln. Es sind unsere Fehler, die uns befähigen nach dem Guten zu streben. Ohne Fehler gibt es weder Fortschritt noch ein besseres Leben. Am Schluss des zweiten Teils von Faust singen die Engel: »Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.« Faust aber will weiter nach Freiheit streben: »Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muss!« Nur jener gehört dem Teufel und hat versagt, der im Augenblick des sinnlichen Genusses geistig zum Stillstand kommt. Wer dagegen immer nach neuen Wegen und Freiheiten strebt, wird erlöst. Wir haben unsere Erlösung also selbst in der Hand: Bemühen wir uns, unsere Welt in Zukunft besser zu machen.

Zukunft ist Kopfsache!

Unser Zukunftsvertrauen und Sicherheitsgefühl bedingen sich. Der soziale Kitt für Vertrauen ist Empathie. Für den Hirnforscher Achim Peters sind positive Einflussfaktoren von Empathie Autonomie, Information und soziale Gleichheit. In Gesellschaften mit einer größeren sozialen Gleichheit ist das Misstrauen untereinander geringer. Eine Gesellschaft, in der jeder Einzelne seine Unsicherheit durch eigenes, autonomes Handeln verringern kann, ist eine weniger ängstliche Gesellschaft.

Lassen wir uns von der Lust am Untergang nicht verrückt machen! Hans Rosling setzt in seinem wunderbaren Buch Factfulness auf einen mutigen Possibilismus: Wir können die Welt so sehr verändern, wie wir frei sind, wenn wir den Umgang mit scheinbar paradoxen Trends lernen. Meine Wette: Bis zum Jahr 2050 werden wir den Hunger besiegt, die Armut weitgehend reduziert und den Klimawandel beherrschbar gemacht haben. Die Welt wird sicherer, freier und demokratischer.

Wie das möglich ist, möchte ich anhand von fünf Thesen erläutern. Erstens: Die Weltbevölkerung wird älter und dennoch fühlen wir uns immer jünger (Kapitel 1). Wir werden älter und bleiben dabei kreativ und innovativ. Ursachen sind nicht nur der medizinische Fortschritt und die gestiegene Lebenserwartung, sondern vor allem ein Wertewandel, der das Thema Lebensqualität in den Mittelpunkt rückt. Zweitens wird die Welt friedlicher, auch wenn unser Gefühl von Unsicherheit und Kontrollverlust zunimmt (Kapitel 2). Das liegt daran, dass die Welt immer mehr zum Dorf wird. Aus fernen Ländern werden Nachbarn, die zugleich fremde bleiben, die wir nicht kennen und die uns Angst machen. Drittens: Damit wachsen globaler Wohlstand und Migration (Kapitel 3). Aus einer umweltzerstörenden wird eine ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft, aus Flüchtlingen werden Touristen und Fachkräfte. Viertens: Es wird uns gelingen, die Wirtschaft klimaneutral zu machen und Ökonomie und Ökologie zu versöhnen (Kapitel 4). Nachhaltiges Wachstum wird zum Gewinn für alle auf der Welt. Und fünftens wird die Zahl der Demokratien trotz Populismus und Protektionismus steigen (Kapitel 5), weil liberale Systeme widerstandsfähiger und innovativer sind als autoritäre Systeme und Diktaturen.

Demokratie und Marktwirtschaft, Freiheit und Frieden, Solidarität und Individualität sind keine Antithesen, sondern bedingen sich. Wir werden all das, was uns lieb und teuer ist, bewahren und retten können, weil wir uns und die Welt neu erfinden werden.

Was die Zukunft von der Vergangenheit unterscheidet? Wir können gemeinsam an ihr noch etwas ändern! Was unterscheidet den Menschen von Tieren, Maschinen und Robotern? Nur wir Menschen sind Zukunftswesen und können langfristig denken. Nur wir haben ein Bewusstsein von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Und nur wir Menschen (und nicht die Maschinen) können unser Handeln für eine bessere Zukunft einsetzen. Zukunft braucht mutige Bürger und Helden: Menschen, die Populisten und Verschwörungstheoretikern den Wind aus den Segeln nehmen, im Netz, auf den Straßen, in den Schulen, in den Parlamenten. Die Zukunft braucht Sie, liebe Leser! Mit der Zukunft ist es wie mit der Gesundheit: Wir wissen sie erst zu schätzen, wenn wir sie verloren haben. Machen wir uns gemeinsam auf die Suche. Zukunft ist Kopfsache. Wir haben die Wahl und müssen uns entscheiden. Oder wie der berühmte Reiseschriftsteller Joseph Conrad bereits vor mehr als 100 Jahren schrieb: »Die weitesten Reisen unternimmt man mit dem Kopf.« Herzlich willkommen an Bord!

Erste Zukunftswette: Wir bleiben so jung wie wir wollen!

Wir schaffen das Alter ab und entscheiden selbst, wie alt wir sein wollen. Statt um Anti- geht es um Pro-Aging: eine Gesellschaft des langen Lebens ist eine der Vitalität und der Lebensfreude.

1. Wir werden jünger und nicht zu viele

Wenn du älter wirst, verlierst du dein Interesse an Sex, deine Freunde sterben weg und deine Kinder ignorieren dich. Es gibt natürlich noch andere Vorteile, aber die genannten sind wohl die wichtigsten!

Richard Needham

Seit mehr als 200 Jahren sagen Zukunftspessimisten eine Überbevölkerung und Überalterung unseres Planeten voraus. Damit geht die Befürchtung einher, dass die Menschheit der Zukunft weniger innovativ und produktiv sein wird und dem Untergang geweiht ist. Im Jahr 2100 wird ein Viertel der Menschheit 65 Jahre oder älter sein. Vorher jedoch wird der »demografische Peak« erreicht: Die Geburtenrate sinkt weltweit. Die größten Herausforderungen sind nicht »Überbevölkerung« und »Überalterung«, sondern die Überwindung von Einsamkeit und mehr Vitalität für alle.

Nie zuvor haben so viele Menschen ein so hohes Alter erreicht. Die durchschnittliche Lebenserwartung hat sich innerhalb von 150 Jahren allein in Deutschland verdoppelt.2 Die Chance 65 oder älter zu werden, hat sich sogar verdreifacht und die globale Lebenserwartung lag 2020 bei 71,5 Jahren. Die Zahl der Geburten wird indes ab dem Jahr 2045 weltweit sinken, wobei der Höhepunkt des globalen Bevölkerungswachstums nach einer Projektion von US-Wissenschaftlern der School of Medicine der University of Washington spätestens 2064 erreicht sein wird.3 Nach dieser Projektion wird die Bevölkerung von dann 9,7 auf 8,8 Milliarden Menschen bis zum Jahr 2100 zurückgehen. Besonders drastisch fällt der Rückgang in China, Südkorea, Japan und Thailand aus, wo sich die Bevölkerung halbiert. Ähnliches gilt für Spanien und Italien. Der derzeitige Anstieg der globalen Bevölkerung liegt weniger an hohen Geburtenraten, sondern an der deutlich steigenden Lebenserwartung und der gesunkenen Kindersterblichkeit. Bekam eine Frau im Jahr 1963 noch im Schnitt fünf Kinder, sind es heute nur noch die Hälfte (2,5 Kinder).4 Überall auf der Welt geht der Trend zur Zweikind-Familie.

Nicht »zu viele Kinder«, sondern »zu viele Ältere« werden ab Mitte dieses Jahrhunderts zur neuen Herausforderung. Der Club of Rome, der in den 1970er Jahren mit den Grenzen des Wachstums die globale Knappheitsdebatte in Gang gebracht hat und seine ökologischen Prognosen später berichtigen musste, tappt in die nächste Alarmismus-Falle. Zwei seiner prominentesten Vertreter, der norwegische Zukunftsforscher Jørgen Randers und der britische Ökonom Graeme Maxton, forderten 2016 sogar einen Verzicht auf Kinder: Wer bis zum 50. Geburtstag höchstens ein Kind großzieht, solle eine Prämie von 80.000 US-Dollar bekommen. Nicht »Überbevölkerung«, sondern unser Umgang mit einer weltweit stark älter werdenden Bevölkerung ist das demografische Thema der Zukunft. 2100 werden rund 2,5 Milliarden Menschen im Alter von über 65 Jahren rund 1,7 Milliarden Menschen unter 20 Jahren gegenüberstehen. Die Zahl der über 80-Jährigen wird sich im Jahr 2100 im Vergleich zu heute versechsfachen: von 141 Millionen auf dann 866 Millionen. US-Wissenschaftler veröffentlichten diese Projektion im Sommer 2020 in der renommierten Fachzeitschrift TheLancet. Deren Chefredakteur Richard Horton bezeichnet die Entwicklung als »Revolution in der Geschichte der Menschheit« und sagt voraus: »Afrika und die arabische Welt werden unsere Zukunft gestalten, während Europa und Asien an Einfluss verlieren werden.« Horton schließt seine Prognose mit den Worten: »Dies wird eine neue Welt sein, auf die wir uns vorbereiten sollen.«5

Hemmt eine zunehmend älter werdende Bevölkerung das wirtschaftliche Wachstum, wie viele Ökonomen annehmen? Oder setzt es nicht vielmehr neue Kräfte und Ressourcen frei? Hier könnte Deutschland zum Labor werden, wo der Höhepunkt der Alterung bereits ab dem Jahr 2040 einsetzen wird, wenn die geburtenstarken Jahrgänge im Rentenalter sind.

Die demografische Revolution

Zu den größten Zukunftsirrtümern gehört die Prognose, dass die Weltbevölkerung bis auf 15 Milliarden Menschen in diesem Jahrhundert anwachsen werde. Zu den bekanntesten Zukunftspessimisten im Hinblick auf Bevölkerungsprognosen gehörte der britische Ökonom und Inhaber des ersten Lehrstuhls für politische Ökonomie in England Thomas Robert Malthus. Seine dystopischen Prognosen aus den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts6 haben sich als falsch erwiesen. Seine Grundannahme lautete: Eine zu stark wachsende Bevölkerung wird durch Ressourcenknappheit dezimiert. Zu Malthus Zeit lebten etwa eine Milliarde Menschen auf der Erde und die Bevölkerung wuchs damals aufgrund einer niedrigen Lebenserwartung nur langsam. Die weltweite Lebenserwartung betrug 1800 im Durchschnitt etwa 28,5 Jahre und erreichte in keiner Region der Welt mehr als 35 Jahre.7 Die Menschen wurden damals weder alt noch reich. Das Pro-Kopf-Einkommen stieg bis dahin innerhalb von 800 Jahren nur um 50 Prozent.8