Emmas Herzdilemma - Stefanie Gerstenberger - E-Book

Emmas Herzdilemma E-Book

Stefanie Gerstenberger

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Beschreibung

Eine amüsante, witzige und romantische Liebesgeschichte voller Witz und italienischem Sommerferien-GefühlEmma ist fast 16 und chattet am liebsten stundenlang mit ihren Freundinnen – wehe, es stört sie jemand dabei! Für so etwas Banales wie Mithilfe im Haushalt ist da keine Zeit. Doch als Emma richtig Mist baut, platzt ihren Eltern der Kragen. Sie canceln ihre Ferienreise und verdonnern sie zu sechs Strafwochen in Rom, wo Emma in der Pension ihrer Tante arbeiten soll: putzen, Frühstück machen, Sklave für alles sein. Emma sträubt sich mit Haut und Haaren …♥ … und dann verpasst sie den Flug! Sie kann in Köln bleiben und mit dem coolen Skater Oscar abhängen. Emma ist überglücklich. Wenn sie mit Oscar in der Eisdiele sitzt, schmilzt nicht nur das Eis in der Waffel, sondern auch ihr Herz …♥ … denn Rom ist laut, dreckig und einfach nur furchtbar. Doch dann läuft ihr immer wieder derselbe hübsche Junge über den Weg: Leo. Leo zeigt ihr ein ganz anderes Rom — ein Rom mit verwunschenen Gärten, romantischen Plätzen und der besten Eisdiele der Welt. Und plötzlich will Emma gar nicht mehr zurück …Eine, nein, zwei amüsante, witzige und romantische Liebesgeschichten für alle, die an das Schicksal glauben: Egal wie das Leben so spielt, der Richtige für dich läuft dir ganz bestimmt über den Weg — irgendwann, irgendwo.- Eine zauberhafte Sommergeschichte mit zwei möglichen Verläufen, zwei süßen Jungs und einem Happy End- Für Leserinnen von Dagmar Bach, Yvonne Struck und Kerstin Gier- Perfekte Sommerlektüre für die Ferien am Strand oder in der Stadt- Sonnengelbes Cover mit einer lustig-leichten Liebesgeschichte für einen unvergesslichen Sommer

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Seitenzahl: 377

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Stefanie Gerstenberger

Emmas Herzdilemma

Alle Umwege führen zu dir

 

 

Über dieses Buch

 

 

Oscar, Leo, Emma – großes Herzdilemma!

Euer Ernst?! Ausgerechnet an dem Tag, an dem der megacoole Oscar aus dem Skaterpark sie so süß angelächelt hat, beschließen Emmas Eltern, sie zu ihrer Tante nach Rom zu schicken. Emma will unbedingt in Köln bleiben, um keinen Moment mit Oscar zu verpassen – Sommer, Sonne, große Liebe, so stellt sie sich das vor!

Würde Emma nach Rom fliegen, würde sie dort auf Leopold treffen, der total romantisch und mindestens so süß wie Oscar ist. Sommer, Sonne, große Liebe … Moment mal, was denn nun: Oscar oder Leo? Sommerliebe in Köln oder Sommerliebe in Rom?

Eine zauberhafte Sommergeschichte mit zwei möglichen Verläufen – und Emma muss sich nicht entscheiden! Oder vielleicht doch?

 

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.fischerverlage.de/kinderbuch-jugendbuch

Biografie

 

 

Stefanie Gerstenberger, geboren 1965 in Osnabrück, hat sich immer gefragt, wie ihr Leben wohl verlaufen wäre, wenn sie in bestimmten Situationen eine andere Entscheidung getroffen hätte. Aber Autorin, da ist sie sich sicher, wäre sie in jedem Fall geworden! Nach dem Studium und Stationen unter anderem bei Film und Fernsehen begann sie, selbst zu schreiben. Neben zahlreichen erfolgreichen Romanen für Erwachsene hat sie sich längst auch einen Namen als Kinder- und Jugendbuchautorin gemacht. Stefanie Gerstenberger lebt zurzeit in Köln, aber vielleicht schon bald in Rom und anderswo.

Inhalt

1. Kapitel In dem alles bescheuert normal anfängt

2. Kapitel Katastrophen und noch mehr Katastrophen

3. Kapitel Emma fährt (nicht) nach Rom

4. Kapitel Gartenschlauch-Boy und Lilly-Baby

5. Kapitel Große und kleine Fluchten

6. Kapitel In dem die Liebe so richtig wichtig wird

7. Kapitel Lebensretter Club-Limonata und Gedichte

8. Kapitel Nicht die Vespa anfassen!

9. Kapitel Espresso im Orangengarten

10. Kapitel Postkarten und Kaninchenställe

11. Kapitel Vom Schwitzen, Küssen und Dichten

12. Kapitel Finire la storia, die Geschichte beenden

13. Kapitel Ein siebzehnjähriger Junge aus Rom

14. Kapitel Wo ist das Problem?

15. Kapitel Lido di Ostia

16. Kapitel Warum ein Einzelzelt Einzelzelt heißt

17. Kapitel Wahrheit, Schuld und Ehrlichkeit

18. Kapitel Der Tag, der alles ändert

19. Kapitel Todesanzeigen und Probefahrt

20. Kapitel Ein doppelter Geburtstag

21. Kapitel Experimente

22. Kapitel Das tollste Mädchen der Welt

23. Kapitel Hier und jetzt am Baggersee

1. KapitelIn dem alles bescheuert normal anfängt

Ich schlich mich hinaus. Im Flur nahm ich die ausziehbare Leine vom Haken. »Komm, Ringo«, sagte ich leise. »Wir hauen ab und machen was komplett Neues.«

Was man eben manchmal so aus Spaß sagt.

Eigentlich glaubte ich zu dem Zeitpunkt noch, es würde sich niemals etwas in meinem Leben ändern.

Ringo erhob sich aus seinem Korb und stakste mit steifen Beinen auf mich zu. Er war schon alt und nicht gerade der hübscheste Hund, keiner, auf den ich draußen auf der Straße angesprochen wurde, kein: Oooch, ist der aber süß! Nur kniehoch, schmal, dunkelbraunes, etwas verblasstes glattes Fell, Beine wie Stöcke, flappige Fledermausohren. Aber er war trotzdem ein toller Hund. Er hatte einen stolzen, wissenden Blick und wollte immer frei herumlaufen, das gefiel mir so an ihm. In diesem Moment schaute er allerdings misstrauisch. Wusste er, dass ich ihn leider gerade nur benutzte, um hier rauszukommen?

»Ja, sorry, nun sei nicht beleidigt, du bist nun mal der beste Alibi-Hund hier im Haus. Echt.«

Kein Wunder, gibt hier ja nur einen Hund, schienen seine schwarzen Murmelaugen zu antworten. Ich zog die Wohnungstür hinter uns zu und stand jetzt an der Treppe. Der Vater von Papa wohnte oben im Dachgeschoss, mein Zimmer war im ersten Stock. Meine Eltern hatten das Haus in Köln-Junkersdorf vor zehn Jahren gekauft, und Mama hatte es umbauen lassen, hier noch ein Betonwürfel dran und da noch einer aus Glas. Mama konnte das, sie war ja schließlich Architektin. Papa war nicht so praktisch wie sie. Dafür konnte er besser kochen, weil er es einfach liebte und genau las, was in den Rezepten stand. Mama improvisierte in der Küche meistens, das ging dann manchmal schief.

Mir war immer noch flau im Magen. Das kam nicht nur von den drei Waffeln mit Kirschen und Kakao, sondern auch von der Angeberei meiner Tante Dette und der getrockneten Sahne in ihrem Mundwinkel.

»Emma!« Ich hörte meinen Namen selbst durch die geschlossene Tür, die in diesem Moment aufgerissen wurde. Meine Mutter erschien. »Was hast du vor?«

Stumm zeigte ich auf Ringo, der schon auf der ersten Stufe nach unten saß.

»Musst du immer weglaufen? Wir haben doch gerade so schön über alles geredet.«

Ach ja?! »Dette gibt übertrieben mit Amalia an, und Papa kann es nicht lassen und erzählt Sachen über mich, die nicht stimmen.«

Mama zuckte mit den Schultern. »Ach, komm. So oft sehen wir sie ja nicht.«

Immer noch oft genug, dachte ich.

»… na ja, jetzt, wo sie den Erfolg im Sport nicht mehr hat, mangelt es Emma natürlich an Selbstbewusstsein«, hörten wir Dettes hohe Stimme in diesem Moment klar und deutlich von Opa Edgars Wohnzimmertisch.

Ich krümmte mich. »Echt jetzt, Mama? Was redet sie da? Das mit dem Turmspringen und den Schwimmturnieren ist doch schon drei Jahre her, da war ich zwölf!«

Mama zog Augenbrauen und Schultern hoch und tat, als habe sie nichts gehört. »Und außerdem hat Opa Edgar es gar nicht so gerne, wenn du mit Ringo rausgehst.« Sie schnalzte mit der Zunge. »Er sagt, du passt nie auf …«

»Klar passe ich auf!« Ich verdrehte die Augen. »Soll der Arme denn immer nur im Garten kacken müssen? Der will doch auch mal raus! Also nicht Opa, du weißt schon.«

Ringo sah mich zustimmend an, ja, er machte sogar eine Bewegung, als ob er nickte. Guter Hund!

»… ihr müsst sie einfach konsequenter einbinden, wie kann sie sonst jemals Verantwortung übernehmen?«, hörten wir Dette, schrill und gleichzeitig rostig wie eine Fahrradklingel. »Ein Mädchen mitten in der Pubertät sollte Regeln kennen …«

Mama zog die Tür hinter sich ran. »Sorry, meine Schwester ist einfach …«

… nur blöd, dachte ich, sagte aber nichts.

»Na ja. Nicht sehr diplomatisch.«

Ich schluckte und rollte mit den Augen. Konnte ich jetzt endlich gehen?

»Ich weiß, sie ist fürchterlich, aber manche Punkte, die sie erwähnt, stimmen auch.« Meine Mutter seufzte. »Du machst eben nichts zu Ende und hältst dich nie an unsere Verabredungen …«

Ja, ja, ja, Dette hatte irgendwie recht. Aber ich konnte doch nichts dafür, wenn mir was Blödes dazwischenkam. Ich machte das doch nicht aus Spaß!

»Sorry, aber Tante Dette soll mir nichts über mein Leben erzählen! Ich misch mich ja auch nicht in ihres!«, rief ich. Dann ging ich die Treppe hinunter.

»Emma! Komm sofort wieder nach oben! Opas Feier ist noch nicht beendet!« Mamas Stimme wurde richtig giftig, so als wollte sie ihrer Schwester etwas beweisen. Hatte sie eine Wette verloren, wenn sie mich nicht zurück an den Kaffeetisch schleppte?

»Dem ist doch egal, ob ich da bin«, rief ich. Allen ist doch egal, ob ich da bin, dachte ich. Vielleicht war das ungerecht, aber so kam es mir eben vor.

»Das stimmt doch gar nicht«, sagte meine Mutter. »Aber du könntest dich wirklich ein bisschen mehr einbringen und auch mal was für die Allgemeinheit tun, etwas, was dir vielleicht nicht so angenehm ist!«

Ich drehte mich um und schwenkte den knallorangenen Plastikbeutel, der an der Leine hing. »Ich tu doch etwas nicht so Angenehmes.«

»Emma! Du kannst jetzt nicht einfach …«

Doch. Konnte ich. »Ich pass schon auf!« Die Krallen von Ringos Pfoten klickerten neben mir auf den Holzstufen, wir sprangen die Treppe hinunter und verließen das Haus.

 

Auf dem Bürgersteig atmete ich tief durch, für einen 15. Juli war es nicht besonders warm. Der Himmel war auch heute grau und bewölkt, schon seit Wochen ging das so, aber die Luft war besser als oben im Wohnzimmer. Ich zückte sofort mein Handy (das war am Kaffeetisch natürlich verboten gewesen) und ging auf Snapchat. Wer hatte mir was geschickt, wem musste ich antworten?

Erst mal ein Selfie: Von unten lächeln, mit dem Filter sah das eigentlich ganz okay aus, und dann noch ein Foto von dem, was ich sah. Und das war in diesem Fall Ringo, der vor mir auf dem Bürgersteig an der Leine zog und sich gerade vorwurfsvoll nach mir umdrehte. Das sah richtig witzig aus! Ich schickte es an alle. Doch stopp – bevor wir losgingen, war noch eine weitere Sache wichtig.

»Du musst mal eben warten, sorry!«, entschuldigte ich mich bei dem Hund. Wo war Oscar? Ich rief die Karte auf und suchte nach seinem Bitmoji. Ich fand es sofort: blonde kurze Haare, schwarze Hose, weißes Shirt ohne Ärmel. Mein Herz klopfte los. Wie ich gehofft hatte: Er war im Bode-Park, dem kleinen Streifen zwischen dem Kiefernwäldchen und der Jahnwiese, gegenüber dem großen Fußballstadion. Mit der Halfpipe für die Skater und, ganz wichtig, mehreren Bänken, Mauern, Recks und Baumstämmen für die Sportstudenten, die hier in der Gegend herumliefen und Parkour machen wollten. Die Sporthochschule war nur hundert Meter entfernt.

Jetzt da ich wusste, dass Oscar ganz in der Nähe war, hatte ich es eilig, doch mein Alibi-Hund wollte plötzlich nicht mehr vorwärtslaufen, sondern an jedem Laternenpfahl schnuppern, und zwar lange. Sehr lange.

»Mann, Ringo«, rief ich, »gleich kannst du rumschnüffeln, so viel du willst, aber jetzt gehen wir erst mal los, und zwar schnell, nicht dass er wieder weg ist, wenn wir ankommen!«

Ich war echt aufgeregt. Oscar gleich am ersten Tag der Ferien zu treffen, war ein Glücksfall. So wie es auf der Karte aussah, waren auch keine der Mädchen aus meiner Klasse da; Lea war bei Holly, Antonia war bei May zu Hause. Die beiden hatten sich ganz ähnliche Bitmojis entworfen: eine in einem rosa Bademantel, die andere in Hellblau. Die Bademäntel standen in der Chlodwigstraße Nummer 4, bei May.

Nur Oscars Freunde Noah und Meckes sah ich bei ihm auf der Snap-Map. Meckes hieß so, weil er sich fast nur von Burgern ernährte, er war trotzdem super trainiert und machte Oscar alles nach. Echt peinlich.

Vielleicht hatte Oscar ja Lust, irgendwas mit mir zu unternehmen. Ich wusste zwar nicht, was, aber wenn ich bisschen auf einer der Bänke rumsäße und in mein Handy schaute, würde er vielleicht rüberkommen. Hoffte ich jedenfalls. Ja, ich hatte einen crush auf ihn, das würde ich zwar niemals zugeben, höchstens vor Jana, aber die wusste es eh schon, ohne dass ich was sagen musste. Und ich hoffte, dass er auch in mich … denn irgendwas war da zwischen uns. Er guckte manchmal so. Und manchmal schrieb er mir. Aber nur selten. Wie waren Jungs, wenn sie verliebt waren? Ich wurde bald sechzehn, aber ich hatte keine Ahnung.

Ich musste mich beeilen, in einer Woche fuhren wir in die Bretagne. Einsames Haus, oft Regen, langweilig. Ich musste trotzdem mit, hatte also nur noch sieben Tage Zeit, um meinen Plan, Oscar endlich näherzukommen, zu verwirklichen. Er blieb die ersten vier Wochen in Köln, weil er für ein Parkour-Turnier trainierte. Sagte Jana, und die wusste eigentlich immer alles. Sie war meine beste Freundin, und dann gab es noch die Zwillinge Paula und Sophia.

Die beiden kannte ich schon aus dem Kindergarten. Früher hatten wir alles zusammen gemacht, sie waren wie Geschwister für mich gewesen. Meine Eltern hatten manchmal aus Witz gefragt, ob sie drei Kinder auf einen Schlag bekommen hätten. Weil Paula und Sophia so oft bei uns geschlafen haben. Seit der vierten Klasse war das mit dem Übernachten etwas weniger geworden, die Familie war in die Innenstadt gezogen, und die Zwillinge gingen auf eine andere Schule, aber Freundinnen waren wir geblieben.

Oscar war noch immer im Bode-Park, zeigte die Map auf Snapchat. Ich musste da hin und ihn auf mich aufmerksam machen. Mehr Plan hatte ich nicht. Ich hatte nur mich und meine komische Verliebtheit. Und Ringo, den ich jetzt vorwärtszog.

Schon von weitem hörte ich das Rollen der Skateboards und das Knallen, wenn sie nach einem Sprung auf dem Beton der Halfpipe aufschlugen. Es wimmelte nur so von Typen mit Käppis, die oben an der Kante des großen U standen und sich abwechselnd in die Tiefe stürzten. Auch einige Mädchen waren dabei. Aber die Skater interessierten mich nicht. Mich interessierte nur einer, logisch!

Und da war er auch schon. Er stand auf einem der Mauerabschnitte, die in verschiedenen Abständen und Winkeln über das Gelände verstreut waren, und sah an diesem Nachmittag auch noch ganz besonders gut aus. Er trug wieder eins dieser ärmellosen Unterhemden, die seine Oberarme zeigten, dazu eine glänzend schwarze Trainingshose und Sneaker mit dünner Sohle, extra für Parkour, ich kannte mich damit schon ein bisschen aus. Oscar holte mit den Armen Schwung, ging in die Knie, sprang von einer Betonkante zur nächsten, von dort aus auf die hohe Reckstange vor ihm, konnte sich aber nicht halten und landete auf dem weichen, rötlichen Gummiboden. Noah und Meckes johlten rum, klatschten sich ab. Niemand sah mich. Ringo zog an seiner Leine und wollte mich in das Kiefernwäldchen dirigieren, klar, er fand Bäume interessanter als Betonwände. Ich tat ihm den Gefallen, ging ein paar Schritte mit, drehte mich dabei aber unauffällig um. Auch ohne Sonne glänzte Oscars Haar wie Gold, es war an den Seiten kurz rasiert, oben lang und fiel ihm dauernd in die Stirn. Noah und Meckes trugen graue Wollmützen. So grau, wie der Himmel schon seit Tagen war. Sie versuchten es, waren aber längst nicht so cool wie Oscar.

Mein wunderbarer Alibi-Hund hockte sich hin und verrichtete zitternd vor Anstrengung sein Geschäft. Ich stellte mich als Sichtschutz vor ihn. Bisschen Privacy bitte für Mr. Ringo! Einen Moment später versuchte ich, den orangenen Beutel mit Inhalt unauffällig in einen der Mülleimer zu werfen, doch so viel Mühe hätte ich mir nicht geben müssen, die drei Jungs waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Ich setzte mich auf eine der Bänke, weit genug weg, um nicht als Fangirl zu gelten, und sprach leise mit Ringo.

»Was meinst du – sollen wir mal da vorne langgehen?« Ich seufzte. Tja, vielleicht eher, wenn du jetzt ein wuscheliger Hirtenhund oder ein edler Ridgeback wärst, wie Matthes ihn zu Hause hat. Aber das sagte ich ihm nicht, denn ich schämte mich ein bisschen für meine Gedanken. Und schließlich hat so ein Hund auch Gefühle.

Ringo zog an seiner Leine, sie spulte sich ab, immer weiter und weiter. Und was machte dieser geniale Hund? Lief zielstrebig auf die mit Graffiti besprühte Mauer zu, ausgerechnet die Mauer, auf der gerade groß und durchtrainiert mein Oscar stand, und setzte sich wie ein aufmerksamer Zuschauer davor.

Oscar sah den Hund, er verfolgte die rote Leine mit seinem Blick und dann sah er mich! Er lächelte kurz. Wow, das schönste Lächeln überhaupt!

»Hey, da ist Emma«, rief er den anderen zu. Er wusste meinen Namen! Also, klar wusste er den, aber er sprach ihn auch vor seinen Freunden aus! »Deiner?«, rief er und zeigte auf den Hund.

»Nee«, antwortete ich lachend. »Ich führe den nur aus.«

»Was starrt der dich so an, Ozz? Der will unbedingt zu dir auf die Mauer, ey, der Hund liebt dich«, rief Meckes auf seiner Reckstange. Ich wusste schon immer, dass Meckes nicht sonderlich clever war.

»Lass ihn doch laufen!«, rief Oscar mir zu.

»Nee, sorry, aber der haut sonst ab.« Das stimmte gar nicht, meistens schnüffelte er nur irgendwo in meiner Nähe herum, er hatte viel zu viel Angst, um wegzulaufen. Aber ich hatte Mum ja versprochen, besonders gut aufzupassen.

»Ach komm, wir spielen mit ihm, dann passiert schon nichts, oder? Ich mag Hunde, und Hunde mögen mich.« Er lächelte wieder, nur ganz wenig, aber das sah bei ihm umso schöner aus. »Wie heißt er denn?«

»Ringo.«

»Komm her, Ringo!« Oscar klopfte einladend auf seine Oberschenkel, und nun ging ich doch hinüber und machte den Hund los. Oscar hatte recht, was sollte schon passieren, wir waren ja alle in der Nähe.

»Hä?«, rief Meckes. »Was is’n das für’n komischer Name?«

Oscar sprang federnd von der Mauer. »Na, Kleiner?« Er streichelte kurz über den Hundekopf. »Ringo, wie Ringo Starr, der Schlagzeuger?«, fragte er mich. Ich nickte, und in mir explodierte etwas vor Freude. Oscar war einfach schlau, sogar das, was niemand mehr wusste, wusste er!

»Genau. Mein Opa Edgar findet die Musik der Beatles immer noch toll, ihm gehört der Hund.« Ich traute mich kaum, Oscar in die Augen zu schauen, so verlegen war ich plötzlich. Also redete ich weiter. »Er nennt ihn immer mit vollem Namen Ringo Starr, aber ich finde, Ringo reicht.«

»Cool.« Oscar war total entspannt. »Komm, wir suchen auf der Wiese nach einem Stock für ihn!« Zusammen gingen wir los. Ich lächelte selig, behielt meinen Lieblings-Alibi-Hund aber immer im Blick.

»Ringo ist übrigens einer von den Beatles, Ringo Starr, der Schlagzeuger, du Harro!«, rief Oscar Meckes dabei über die Schulter zu.

»Beatles? Voll alt«, antwortete der.

»Voll letztes Jahrhundert«, beschwerte sich jetzt auch Noah über den Namen.

Oscar fand einen Stock und warf ihn. Wow, er konnte wirklich weit werfen. Ringo setzte seine alten Gelenke in Bewegung und apportierte mit Begeisterung. Einmal, zweimal, ich sah den beiden grinsend zu. Dann warf ich auch mal, und wieder flitzte der Hund los, froh, endlich mal richtig Auslauf zu haben.

Immer wieder schickten wir Ringo zwischen uns hin und her. Bis Oscar besonders weit warf. »Oh, das dauert«, sagte er, und wir schlenderten gemeinsam auf meine Bank zu. Ich freute mich total. Oscar wollte lieber mit mir auf der Bank sitzen, als Stöckchen zu werfen oder weiter zu trainieren. Der Hund kam zurück, aber anstatt zu uns zu laufen, blieb er mit seinem erbeuteten Schatz im Maul vor der Mauer sitzen. Wir lachten. Oscar sprang mit beiden Füßen auf die Lehne der Bank, balancierte da oben herum, setzte sich dann aber.

»Der liebt die Mauer, nicht dich!«, rief Meckes, denn Ringo saß immer noch in seiner Position. Meckes hüpfte von seiner Stange und kam leider mit Noah zu uns rüber.

Wir unterhielten uns. Über die Zeugnisse, wir hatten es alle in die elfte Klasse geschafft, über die Ferien, wer wo hinfuhr. Wir lachten über den immer noch die Mauer anbetenden Ringo, und Noah holte zwei Flaschen Energydrinks aus seinem Rucksack, die wir teilten. Oscar trank direkt nach mir und hielt meine Finger bei der Übergabe ein bisschen zu lange mit der Flasche fest. Hatte das jemand außer mir überhaupt bemerkt? Er turnte inzwischen wieder auf der Lehne der Bank herum, doch er sah mir oft ins Gesicht und in die Augen, und ich schaute sogar immer öfter zurück, und er nickte, wenn ich etwas sagte, und irgendwann saß er neben mir, ziemlich dicht sogar. Er roch lecker, obwohl er geschwitzt hatte. Wirklich.

»Ich bin jetzt jeden Tag hier im Park.« Er lächelte und legte seine Hand ganz leicht, ganz kurz auf mein Bein. Yesss! »Vielleicht sehen wir uns ja manchmal, wenn du den dünnen Schlagzeuger-Hund …«

Wir schauten zu der Mauer, doch der dünne Schlagzeuger-Hund saß nicht mehr da, wo er eben noch gesessen hatte. In diesem Augenblick quietschten Bremsen, und ich hörte etwas jaulen, so schrecklich gequält und schmerzlich, dass mir eiskalt im Magen wurde.

»Fuck, ey. Der ist hinüber«, sagte Meckes.

»Alter!«, rief Oscar und schlug fest auf den Oberschenkel seines Freundes. »Sag doch nicht so einen Scheiß vor ihr!« Dann sprangen wir alle zusammen auf. Doch ich wusste, der blöde Meckes hatte recht, und fing an zu laufen und zu weinen.

2. KapitelKatastrophen und noch mehr Katastrophen

Das darf nicht sein, dachte ich, während wir rannten, bitte, bitte, lass ihn leben!

Doch Ringo machte seinem Nachnamen Ehre, er lag starr auf der Straße. Tot. Absolut tot sah er aus.

»Es tut mir so leid!«, wiederholte die Frau, der er vor das Auto gelaufen war, immer wieder. Wir sahen alle auf den braunen Körper auf dem Asphalt. Andere Autos hielten, Menschen blieben stehen.

»Sie haben nicht auf die Straße, sondern auf Ihr Handy geschaut!« Ein alter Tüpi zeigte anklagend mit seinem Walking-Stock auf die Fahrerin. »Ich habe das genau beobachtet. Ich werde bei der Polizei eine Aussage machen! Es hätte auch ein Kind sein können, das Sie überfahren! Hier ist Zone 30!«

Ich warf mich schluchzend auf die Knie und betastete den leblosen Hundekörper. Mein lieber Fledermausohr-Ringo-Starr, das Fell so abgewetzt wie bei einem uralten Stofftier, aber doch so süß! Er war noch warm, aber er atmete nicht mehr. Er wird mich nie mehr anschauen, und ich bin schuld!, war alles, was ich dachte. Die Frau hockte sich neben mich.

Ich kann nie mehr nach Hause zurück, nie mehr, ging es mir durch den Kopf, während ich verzweifelt über Ringos Brustkorb strich – da hob er sich plötzlich und senkte sich wieder! Ein Wunder! »Ich glaube, er lebt noch!«, rief ich aufgeregt.

»Yeah!«, riefen die Jungs im Chor, und die Menschen, die im Kreis um uns standen, applaudierten.

»Ich fahr dich zum Tierarzt«, sagte die Fahrerin mit krächzender Stimme. Sie hatte offenbar auch ein schlechtes Gewissen, so wie ich, und wollte schnell weg von dem alten Mann, der immer noch was von Polizei brabbelte.

Wir wickelten Ringo vorsichtig in eine Decke, die sie aus dem Kofferraum geholt hatte, die eine Pfote hing komisch herunter. War sein Bein etwa gebrochen? Mit ihm im Arm setzte ich mich auf den Beifahrersitz.

»Schreib mir, was mit ihm los ist, ja?«, flüsterte Oscar in mein Ohr. »Ich möchte das wissen, ich muss das wissen, unbedingt!«

»Der Mauergucker wird es schaffen, das Biest ist zäh!«, brüllte Meckes und kassierte dafür einen Kick in die Rippen von Oscar, bevor der sanft die Autotür zuschob. Trotz meiner Angst um den Hund und den Tränen in meinen Augen musste ich kurz lächeln. Natürlich würde ich Oscar schreiben!

Als ich vor unserem Haus aus dem Auto stieg, war es schon sieben. Ich hatte Mama zwischendurch geschrieben, dass ich bald nach Hause komme, aber nicht, was passiert war.

Auf Zehenspitzen und mit hochgezogenen Schultern betrat ich das Haus. Mir war so schlecht! Der Anblick von Tante Dettes Sahne-Mundwinkel am Nachmittag war nichts dagegen. Nur ein paar Stunden lag das zurück, da war noch alles gut gewesen, ich hatte es nur nicht gewusst.

Wenn ich doch die Zeit zurückdrehen könnte! Und eine winzige Kleinigkeit anders machen dürfte! Ringo nicht mitnehmen, oder einfach an der Leine lassen. Mehr bräuchte es ja gar nicht.

Opa Edgar kam die Treppe herunter, sofort zog sich mein Magen noch mehr zusammen vor Angst.

»Wo ist der Hund?«, fragte er sofort, als er mich mit dem Leinenausroller in der Hand an der Tür stehen sah.

»Also, ich muss dir was erklären, es geht ihm gut, aber …«

»Denise!« Wenn Opa etwas von mir wollte, schaltete er meine Mutter ein. Mit mir sprach er meistens gar nicht.

»Was ist denn?« Mama steckte ihren Kopf aus der Küchentür. Ich hörte Gelächter, und es roch nach Rouladen, Opas Lieblingsgericht, das es jedes Mal an Weihnachten und an seinem Geburtstag gab, seitdem er vor zwei Jahren bei uns eingezogen war. Dabei aß ich doch kein Fleisch mehr. Aber das kümmerte keinen.

Einen Moment später saß ich im Wohnzimmer beim Verhör. Opa stand an der offenen Terrassentür, mit dem Rücken zu mir, doch die restlichen Erwachsenen kreisten vor dem Sofa und ließen die Fragen auf mich niederprasseln:

»Nur die Pfote verrenkt? Und eine Gehirnerschütterung?«

»Und wie lange muss er dort bleiben?«

»Können wir die Ärztin noch anrufen?«

»Wie heißt diese Frau, hast du ihre Adresse?«

»Wie konntest du ihn nur ohne Leine laufen lassen, du weißt doch, dass er …«

Ich weinte, ich schniefte, ich antwortete, so gut es ging, und legte die Visitenkarten von Frau Doktor Degen, der Tierärztin, und von Ellen Grünberg, der Fahrerin, auf den Tisch. »Sie hat auf ihr Handy geschaut, hat sie selbst zugegeben. Und es tut ihr leid, und mir erst mal! Ich werde es wiedergutmachen. Echt jetzt.«

Stille. Sehr ernste Stille. Ich spürte, dass sich etwas verändert hatte, das sah ich an ihren Blicken: der von Dette war mal wieder äußerst selbstgefällig, klar, doch selbst Opa hatte sich umgewandt und schaute mich traurig-vorwurfsvoll an.

»Wir reden morgen darüber«, sagte Mama. »Heute möchte dich hier keiner mehr sehen.«

»Ja, das verstehe ich«, wisperte ich. »Entschuldigung, Entschuldigung, Entschuldigung.« Niemand nickte, niemand lächelte, also stand ich auf und floh hinauf in mein Zimmer.

Ich weinte nicht mehr, sondern aß aus Verzweiflung ein paar Chips und einen Schokoriegel, von denen immer ein ganzer Pack in meinem Schrank lag, und schrieb Jana, was passiert war.

Die wollen mich heute Abend nicht mehr sehen. Das ist so hart, wenn man das hört. Immer passiert mir so was, gerade wenn ich echt aufpasse, dass so was nicht passiert!!!

Hast du dich bei deinem Opa entschuldigt?

Natürlich, ich habe tausendmal gesagt, es tut mir leid.

Vielleicht reicht ihm das nicht, kannst du ihm nicht eine Entschuldigungskarte schreiben und unter der Tür durchschieben?

Gute Idee.

Aber erst mal schrieb ich an Oscar.

Am nächsten Morgen stand ich extra früh auf, um beim Frühstück nicht zu fehlen (ab heute würde ich mich super viel einbringen, hatte Mama das nicht gewollt?), doch bevor ich noch Butter auf meinen ersten Toast schmieren konnte, ging das Strafgericht weiter.

»Also, Emma. Wir haben uns da was überlegt«, begann mein Vater. »Und leg jetzt mal das Handy weg!« Der Tisch war hübsch gedeckt, aber niemand aß.

»In letzter Zeit sind viele Sachen, die dich betreffen, nicht in Ordnung gewesen.« Mama übernahm. »Wir glauben einfach, dass du lernen musst, mehr Verantwortung zu übernehmen.«

»Hä? Was ist denn noch passiert?«, protestierte ich. »Und wegen Ringo habe ich mich doch schon entschuldigt.« Die Karte für Opa fiel mir wieder ein. Mist, warum hatte ich das Ding nicht einfach geschrieben? Das zu erwähnen, wäre jetzt echt hilfreich gewesen. Oscar hatte gestern Abend nicht geantwortet und vor lauter Warten hatte ich das mit der Karte dann vergessen.

»Die Geschichte mit den Hasen?«

»Die Vereinbarung mit der Spülmaschine?«

»Der Vorfall mit dem Kellerschlüssel?«

Ich stöhnte auf. Echt jetzt? Die alten Sachen wollten sie wieder aufwärmen?

Tante Dette schaute mich kopfschüttelnd an. »Und meine Geschenke zu deinem Geburtstag? So viel ich weiß, musste deine Mutter dich mehrfach auffordern, bevor du dich bedankt hast. Dabei sollte das in deinem Alter doch eine Selbstverständlichkeit sein!«

In deinem Alter, in deinem Alter, äffte ich sie in meinem Kopf nach. Du hast doch keine Ahnung von meinem Alter.

»Das mit den Hasen war echt doof von mir, aber ich hatte so viel in der Schule zu tun.« Unsere Nachbarn hatten mich gebeten, in den Osterferien ihre langweiligen Zwergkaninchen zu füttern. Meistens hatte Mama das dann für mich noch mitten in der Nacht erledigt. Sie wären sonst verhungert, hatte sie behauptet. Übertrieben. Die Spülmaschine räumte ich wirklich nie aus, es fiel mir einfach nicht ein, und wenn ich mal daran dachte, war sie wie von Zauberhand schon wieder leer. Okay, den Schlüssel für die Tür, die von außen in den Keller führte, hatte ich verloren. Konnte jedem passieren, oder? Leider mussten sie dann die ganzen Schlösser austauschen, weil das gleichzeitig auch der Haustürschlüssel war. Immer hatte ich so ein Pech. Ich verdrehte die Augen. Als ob ich das absichtlich machen würde …

»Die Tierärztin hat schon angerufen, Ringo ist wach, er bleibt noch bis übermorgen zur Beobachtung, aber es geht ihm gut!«

Ich atmete tief durch, und der schwere Kloß, der gestern zwischen meinen Magen und das Zwerchfell geplumpst war, wurde ein bisschen leichter. Gott sei Dank!

»Da ruft diese Frau Doktor sogar am Sonntag an«, sagte Tante Dette. »Was das alles kosten wird! Ob dein Taschengeld dafür reicht, Emma?«

»Das übernimmt die Frau, die ihn angefahren hat«, sagte ich schnell. »Hat sie jedenfalls versprochen.« Jetzt wurde alles wieder gut! Wir konnten uns wieder beruhigen, oder? Nach einem Blick auf mein Handy sank meine Laune noch mehr. Mist. Oscar hatte immer noch nicht zurückgeschrieben. Dabei war er doch so besorgt um Ringo gewesen.

»Wir möchten, dass du es bezahlst, Emma.«

Was?! Warum das denn? Mein schlechtes Gewissen wog immer noch mehr als tausend Tonnen und sollte als Strafe eigentlich reichen. »Und wie soll ich das bitte schön zusammenbekommen?«

»Deswegen haben wir entschieden, den Sommerurlaub für dich ausfallen zu lassen.« Papa tauschte einen Blick mit Mama, die bestätigend nickte.

Wie, ausfallen zu lassen? Die zwei Wochen Bretagne? War zwar manchmal langweilig dort, aber dennoch gemein, sie zu canceln. »Aber dann habt ihr ja auch keinen Urlaub«, warf ich ein. »Ihr findet das da doch immer so toll.«

»Das lass mal unsere Sorge sein. So geht es jedenfalls nicht weiter.«

Boooah, die waren ja echt sauer auf mich. Aber warum denn auf einmal so lange? Konsequent waren meine Eltern sonst nur in ihren stressigen Jobs. Opa Edgar war zum Glück oben geblieben, sein trauriges Gesicht hätte ich nicht gut ertragen.

Ich zuckte mit den Schultern und versuchte, meine Verwirrung nicht allzu sehr zu zeigen. Na und, umso besser, würde ich eben jeden Tag Oscar im Bode-Park besuchen. »Okay, und wie geht es dann weiter? Wollt ihr mich etwa in so ein Strafcamp für asoziale Kinder schicken? Wo ich für fünfzig Cent Stundenlohn Teller waschen muss?«

»Du musst endlich mal Verantwortung lernen, mit deinen fast sechzehn Jahren, das meinen sie!« Tante Dette tunkte ihr Croissant so heftig in die Aprikosenmarmelade, dass die Spitze abbrach. Ich wusste, dass Mama Krümel in der Marmelade hasste, aber sie sagte nichts.

»Wir haben gestern entschieden, dass du mit Dette nach Rom fliegst.« Papa kreuzte seine Arme vor der Brust.

»Was?! Rom? Nein, mach ich nicht!« Ich schnaubte durch die Nase. Und schon gar nicht mit Dette!

»In der Pension gibt es genug zu tun«, erklärte Mama. »Du verdienst das Geld für die Tierärztin und kannst gleichzeitig beweisen, dass man sich auf dich verlassen kann.«

Ich schüttelte den Kopf und sprang auf. »Ihr seid doch bescheuert! Ich kann das Geld für Ringo auch anders verdienen.«

»Ja, wie denn, wo denn?« Die Augen meiner Tante verengten sich zu zwei Schlitzen. »Die Frau Doktor wird das Tier für zwei weitere Nächte dabehalten, die hat sicher das Bein geschient, hat ihn immer unter Beobachtung, das wird eine Rechnung von mindestens 700 Euro, die spätestens in vier Wochen fällig ist. Das verdienst du nicht mal eben, wenn du drüben in dem piefigen Kiosk Gummischlangen verkaufst.«

Ich zuckte mit den Schultern. Was hatte sie gegen unseren schönen Kiosk? Dann eben woanders, ich würde schon was finden.

»Ich bin deine einzige Chance, meine Liebe!« Sogar im Sitzen gelang es meiner superfiesen Tante, arrogant auf mich herabzuschauen.

Pfff. Du bist garantiert nicht meine einzige Chance, und ich bin nicht deine Liebe, du blöde Kuh!

»Vier Wochen bei mir in der Casa Romolo e Remo als Mädchen für alles, Kost und Logis frei, den Rest der Summe würden deine Eltern dir gnädig erlassen.«

Ich funkelte Papa und Mama an. Nicht euer Ernst, oder? Könnt ihr bitte auch mal was dazu sagen? Die beiden schwiegen, wichen meinem Blick aber nicht aus. Ich wette, sie hielten unter dem Tisch Händchen, um das durchzuhalten. Hand in Hand hatte ich sie schon lange nicht gesehen.

»Okay. Nur mal angenommen, ich arbeite für dich, was machst du dann?!«, fuhr ich meine Tante an. »Stehst zusammen mit der supertollen Amalia hinter mir und passt auf, dass ich alles richtig mache?!«

Tante Dette lächelte ihr falsches Lächeln. »Ich würde dir alles zeigen und mich dann zum Schreiben zurückziehen. Ich habe doch diesen Kurzgeschichtenwettbewerb gewonnen und brauche Zeit, um endlich meinen ersten Roman zu beginnen. Ach, Schwesterherz!« Sie umklammerte den Arm meiner Mum. »Die Literaturstiftung hat übrigens auf mein Schreiben reagiert, sie wollen mir aber immer noch nicht die Reisekosten zur Preisverleihung zahlen …! Bleibt die Hauptpreisträgerin eben zu Hause in Rom, das ist denen anscheinend egal. Unglaublich, oder?«

»Aber du bist doch sowieso hier wegen Edgars Geburtstag«, sagte Mama. »Geh morgen da hin, hol dir deinen Preis ab, in Düsseldorf bist du schnell.«

»Aber das wissen die ja nicht! Nein, nein, ich fliege heute zurück, denn ich möchte schon als Künstlerin ernst genommen werden. Jawohl!«

Ich grinste verstohlen. Ganz schnell waren wir wieder bei Tante Dettes Problemen angelangt. Immer musste sie einen Aufstand machen, diesmal wegen einer albernen Kurzgeschichte … Doch das war mir ganz recht. Wenn ich mich ruhig verhielte, würden die blöde Rom-Idee und das mit dem Geldverdienen wahrscheinlich in Vergessenheit geraten. Und überhaupt war es völlig bescheuert, zu denken, ich würde heute noch nach Rom fliegen, das war doch nach der ganzen Aufregung viel zu knapp.

Ich stand auf und holte den Krug mit dem Orangensaft vom Küchentresen. Seht her, da habt ihr eure Tochter, die Verantwortung übernimmt und etwas für die Allgemeinheit tut.

Doch Papa schien das nicht zu beeindrucken. »Für Dettes Flug um fünf sind noch genügend Plätze frei, ich buche das gleich, du solltest besser nach oben gehen und packen.«

Mir blieb der Mund offen stehen. Wie bitte? Meinte er das wirklich ernst?

»In Rom ist es heiß, nimm luftige Kleider mit. Aber nicht zu kurze!« Dette kaute schon an ihrem zweiten Croissant, was sie nicht davon abhielt, weiterzureden. »Zum Putzen der Zimmer bekommst du einen Kittel von mir, keine Sorge.«

»Ich flieg da nicht hin!«

»Ich glaube, du hast keine andere Wahl«, sagte Mama trocken.

»Nein, hast du nicht.«

Okay, Mum war schon immer die Strengere gewesen, aber Papa!? Der doch nicht. An diesem Morgen hatte er sie allerdings längst überholt.

»So, und jetzt lasst uns schön frühstücken!« Mama tat so, als ob alles in Ordnung wäre. War es aber nicht! Vor allen Dingen, weil jetzt eine Nachricht von Oscar kam.

Hey, alles gut bei dir??? Gehirnerschütterung? Hört sich ja übel an für den Kleinen, wie geht es ihm …

Weiter kam ich nicht. »Handys vom Tisch!«, riefen drei Erwachsene im Chor. Ging’s noch? Sogar Dette mischte sich ein. Die mir gar nichts zu sagen hatte.

»Ey, was denn? Das ist wichtig!«

»Emma!«

Ich schnaubte und legte das Handy weg. Sie wollten das also durchziehen, mich nach Rom schicken, mich einfach meiner Tante mitgeben, die nichts von mir wusste und trotzdem überzeugt davon war, mich erziehen zu müssen? Bitte schön, konnten sie haben. Ich würde mitfliegen, aber mich in dieser ewigen Stadt nicht zusammenreißen, im Gegenteil, sobald ich da wäre, würde ich austicken, ausrasten, streiken, alles! Dette und ihre disziplinierte, ach so sportliche Tochter würden froh sein, wenn sie mich am nächsten Tag in den Flieger zurück nach Köln setzen dürften. Zack, wäre ich wieder hier, Mama und Papa sollten mal sehen, was sie von ihrer Idee hatten. Nichts, außer rausgeschmissenem Geld für umweltbelastende Flüge! Dabei waren sie doch solche Ökos. Ich stand auf, schnappte mein Handy und ging hoch in mein Zimmer. In mir kochte es.

Bin gerade echt wütend auf meine Eltern, die wollen, dass ich nach Rom fliege. Heute noch.

Oscars Antwort kam eine Sekunde später.

Waaas?!

Wie süß! In meinem Bauch wurde es ganz warm vor Freude. Ich beschrieb ihm, was bei mir zu Hause los war.

Alles wegen Ringo? Und schon heute? Dann sehe ich dich ja gar nicht mehr.

Ja eben, genau das ist ja das Allerschlimmste, dachte ich und wusste nicht, ob ich heulen oder lachen sollte, und entschied mich für eine Mischung aus beidem. Ich schrieb mit Oscar, das war bei dem ganzen Drama, das hier gerade stattfand, der einzige Trost und schon ziemlich genial …

Spätestens übermorgen bin ich wieder hier, ich werde meine Tante terrorisieren und Rom verwüsten!

Er schickte mir einen lachenden Smiley und einen Affen, der sich die Augen zuhielt.

Du bringst so was. Da würde ich gerne zuschauen!

Das klang nach Bewunderung und auch flirtig. Mein Herz machte einen Satz, plötzlich fühlte ich mich stark und schön und ziemlich gut.

Muss jetzt trainieren gehen, melde dich.

Sogar ein Smiley dahinter. Ohne Herzaugen, aber immerhin.

Ich schmiss ein paar Klamotten aufs Bett und ging hinunter in den Keller, um meinen Koffer zu holen. Ich bin mal eben für zwei Tage nach Rom geflogen, würde ich nach den Ferien erzählen, bis meine Tante genug von mir hatte. Eine coole Geschichte, und so bin ich dann mit Oscar zusammengekommen. Eine noch coolere Geschichte! Und sie würde wahr werden, ich spürte es! Ich musste nur die richtigen Dinge tun, nur die richtigen Entscheidungen treffen!

3. KapitelEmma fährt (nicht) nach Rom

Um halb drei wurde es hektisch, das hörte ich an den schnellen Schritten auf der Treppe im Haus. Rauf, runter, wieder rauf … Mama riss die Tür zu meinem Zimmer auf und rief übertrieben laut, ob ich denn nun endlich alles beisammen hätte.

»Ich bin ready«, sagte ich nur.

Sie hatte schon Luft geholt, um in einen unserer endlosen Streits abzutauchen, doch nun blieb sie mit offenem Mund stehen. »Sorry, Emma, aber mich stresst das auch alles hier!«

Keine Ahnung, was meinte sie genau? Ringos Unfall? Die drei Tage mit ihrer anstrengenden Schwester? Oder die ernsten Blicke, die sie mit Papa tauschte, von denen die beiden wohl dachten, ich bemerke sie nicht? Zwischen ihnen war irgendwas nicht in Ordnung, ich hatte aber noch nicht herausgefunden, was.

»Dein Ausweis ist bei mir«, sagte sie leise. Mist, ich hatte gehofft, dass sie den vergessen würde, doch sie hatte daran gedacht. Ohne den würde mich keine Airline fliegen lassen, ich hatte das gegoogelt. »Gebe ich dir am Flughafen«, fügte sie hinzu, »den solltest du sowieso ab jetzt immer bei dir tragen.«

Ich nickte und schaute sie ohne zu lächeln an, doch in mir war alles ruhig. Erst in Rom würde meine Stunde kommen. Doch dann richtig. Gewaltig. Mama sah mich misstrauisch an, ging aber ohne etwas zu sagen. Mama!, hätte ich am liebsten gerufen und mich in ihre Arme geworfen, so wie früher, und sie so lange gedrückt, bis alles wieder gut war, aber das ging in letzter Zeit nicht mehr. War das etwa Erwachsenwerden? Zu kapieren, dass manche Sachen nicht einfach wieder gut wurden, nur weil man sich umarmte?

Kurz darauf rief Papa durch das Haus: »Wir fahren!«

Ich rannte in Opa Edgars Dachgeschoss und schob nun doch noch eine selbst gemalte Karte unter seiner Wohnungstür durch. Ein einzelnes Sorry!, mit einem knallroten Herz darum, dann setzte ich den kleinen Rucksack auf und brachte den Koffer hinunter. Mein Portemonnaie hatte ich, Waschlotion und Abdeckstift fürs Gesicht und natürlich Handy und Ladekabel!

Ich stand im leeren Untergeschoss. »Emma!«, rief Papa von draußen. Ja, ja, jetzt warteten die mal wieder alle auf mich und würden deswegen auch gleich auf mir rumhacken.

Ich vertrödelte extra noch einige Sekunden. Auf der Kommode vor dem Spiegel lag eine hässliche rote Geldbörse mit zwei verschlungenen goldenen Buchstaben darauf. Ich ahnte, wem die gehörte. Mamas war es nicht, die Firma war italienisch, und Tante Dette trug meistens Rot. Wahrscheinlich dachte sie, das passt zu ihren dunklen Haaren. Falsch gedacht. Das Rot machte sie nur blass.

Ich sah mich im Spiegel an. Meine dunkelbraunen Haare fielen über meine Schultern, die hellbraunen Augen hatte ich mit Kajal umrandet, die vollen Lippen, die ich selbst ganz gut fand, glänzten vom Lipgloss. »Emma – auf dem Weg nach Rom«, flüsterte ich. Oh no! Wenn mir das gestern jemand um diese Zeit gesagt hätte. Unfassbar.

Später dachte ich noch oft an diesen Moment.

 

Warum hatte ich Dettes blödes Portemonnaie nicht einfach dort liegen lassen?

 

Ich weiß es nicht. Ich griff eben danach und verließ das Haus.

In diesem Moment wurde es wahnsinnig hell und ein Blitz schickte seine Zacken über den Himmel. Sie kamen bis zu mir herunter, schienen direkt nach mir zu greifen. Wow, what the … Erschrocken zog ich den Kopf ein und sprang zurück unter das Vordach. Mein Herz klopfte, einen Moment lang bekam ich keine Luft, doch dann entlud sich die Spannung mit einem gewaltigen Donnern über uns, und es ging wieder mit dem Atmen.

»Meine Güte!«, rief Papa, er stand geduckt vor dem Auto. »Komm, Emma, schnell!«

»Was war das denn?!«, rief ich, während ich meinen Koffer zu Papa rollte und mich dann mit einem Satz auf die sichere Rückbank rettete. Ich sah zurück, und beinahe war es, als ob ich noch mal unter dem Vordach stand. Eine zweite Emma. Oder Emma hoch zwei.

»Ein Gewitter?« Mama klang genauso überrascht wie ich. »Das war aber nicht vorhergesagt.«

»Köln eben«, sagte Tante Dette neben mir und streckte ihre Hand nach dem Portemonnaie aus, das ich immer noch in der Rechten hielt.

Ich stand im leeren Untergeschoss. »Emma!«, rief Papa von draußen. Ja, ja, jetzt warteten die mal wieder alle auf mich und würden deswegen auch gleich auf mir rumhacken.

Ich vertrödelte extra noch einige Sekunden. Auf der Kommode vor dem Spiegel lag eine hässliche rote Geldbörse mit zwei verschlungenen goldenen Buchstaben darauf. Ich ahnte, wem die gehörte. Ich sah mich im Spiegel an. Wenn mir gestern jemand um diese Zeit gesagt hätte, dass ich schon am morgigen Tag nach Rom fahren sollte, hätte ich nur gelacht. Unfassbar.

»Ha!«, rief ich leise. »Emma auf ihrem Weg, aber nicht nach Rom. Nein, liebe Leute!«

Später dachte ich noch oft an diesen Moment.

 

Warum hatte ich das Portemonnaie einfach dort liegen lassen?

 

Hatte ich eben. Ich warf nur einen Blick darauf und verließ dann das Haus.

Auf dem Flughafen hetzten wir zum Schalter, gaben Dettes großen und meinen kleinen Koffer auf. Schon hier wollten sie unsere Ausweise sehen. Als meine Tante ihre hässliche Geldbörse zu diesem Zwecke hervorholte, warf sie mir einen Seitenblick zu und presste tatsächlich ein »Danke dir« hervor.

Ich verdrehte nur die Augen. Warum?! Warum um alles in der Welt hatte ich ihr das hässliche Ding auch noch hinterhergetragen? Bereits im Auto hatte ich mich das hundertmal gefragt. Was für ein schöner Moment wäre es gewesen, wenn sie, die gut organisierte, megaschlaue Dette, die ja anscheinend nie etwas falsch machte, plötzlich ohne Papiere dagestanden hätte. Zu spät. Unsere Koffer fuhren auf dem Band davon, und wir bekamen unsere Bordkarten.

Vor der Sicherheitskontrolle verabschiedete ich mich von meinen Eltern. Sie drückten mich und versuchten zu lachen, doch ich lachte nicht zurück und schaute sie kaum an. Als klarwurde, dass mir nicht einmal Papa ein paar Scheine Taschengeld zustecken würde, etwas, mit dem ich trotz allem gerechnet hatte, war ich endgültig so verletzt und durcheinander, dass mir die Tränen in die Augen stiegen. Die drei sollten das natürlich nicht sehen, also ging ich schnell durch die Kontrolle.

Gott sei Dank musste ich dann nicht neben Tante Dette sitzen, sondern weit hinter ihr, in Reihe vierundzwanzig. Ich hatte mich wieder beruhigt. Meine Eltern verstanden mich nicht, und ich verstand meine Eltern nicht. War eben so! Also machte ich lieber Fotos von mir auf meinem Fensterplatz und schickte sie als Snapchat herum. Oscar bekam ein lustiges Bild von der Kotztüte vor mir im Sitz, auf der Alles muss raus stand. Er schickte mir einen Daumen nach oben zurück, und dann:

Bin im Park, wäre echt schön, wenn du jetzt auch hier wärst.

Oh mein Gott! Ich schrieb sofort an Jana.

OMG! Er hat zurückgeschrieben!!!

Eine Stewardess ging durch die Reihen und kontrollierte, ob wir angeschnallt waren. Sie warf einen strafenden Blick auf das Handy. Ja, ja. Ausgerechnet jetzt musste ich das Ding auf Flugmodus stellen.

Beim Start hörte ich Musik, und als wir über der weißen Zuckerwatteschicht aus Wolken waren, streckte ich mein Gesicht in die Sonne. Wenigstens das, nach dem Kölner Grau. Ich wollte nicht nachdenken. Nicht über meine Eltern, nicht über den armen, gehirnerschütterten Ringo, nicht über mein Verhalten, das in letzter Zeit angeblich so furchtbar war. Pfff. Dabei waren sie doch selbst alle furchtbar!

 

Bei der Ankunft in Rom spielte ich kurz mit dem Gedanken, auf dem Flughafen verloren zu gehen, meine Chance stand gut, denn alles war so groß und wahnsinnig viele Menschen liefen an uns vorbei oder kamen uns entgegen. Doch ich war zu müde und spürte, dass ich in der Masse auch leicht Panik bekommen könnte, also trottete ich wie ein Zombie hinter Dette zum Gepäckband. Eine halbe Stunde später folgte ich ihrem roten Koffer, über Rolltreppen und endlos lange Gänge, bis wir an einer Art Bahnhof ankamen. Der Zug stand schon parat, wir ergatterten zwei Sitzplätze, mittlerweile fand ich alles nur noch schrecklich, ich hatte Hunger, und meine Wasserflasche war leer.

Schweigend bot meine Tante mir einen Schluck aus ihrer Flasche an. Nee, lass mal. Niemals. Wir hatten bisher kein Wort miteinander gesprochen. Warum auch?

Ich schaute mir Oscars Bilder auf Snapchat an. Er auf der Mauer, er im Anflug auf eine Reckstange, er auf einem schmalen Geländer. Sah echt toll aus. Ich scrollte mich durch TikTok, doch schon bald hatte ich keinen Empfang mehr. Nach einer halben Stunde mussten wir aussteigen. Draußen war es total warm, ich war viel zu dick angezogen.

»Ab hier sind es nur noch ein paar Minuten, ungefähr eine Viertelstunde.« Dettes erster Satz an mich sollte wohl aufmunternd klingen. Ich stieß nur die Luft aus. Roma Ostiense las ich. Scheinbar war ich noch nicht mal im richtigen Rom gelandet. Treppen runter, Treppen rauf, wir latschten die Straßen entlang und atmeten schön die Abgase von Autos, Bussen und Motorrollern ein. Ich hatte wieder Empfang und versuchte, mit dem Daumen an Jana zu schreiben. Irgendwann hob ich den Blick, um ein Foto für Snapchat zu machen. Überrascht hielt ich die Luft an. Boooah, wie sah es denn hier aus?!

Eine Art Torbogen, ziemlich alt und imposant, zwischen noch älteren Stadtmauern und darüber Bäume mit riesigen, platt gedrückten Kronen, lauter Regenschirme, wie kleine Kinder sie malen. Und so viel Platz!