ENNEAS - Das Enneagramm von Delphi - Wolfgang W. Liebelt - E-Book

ENNEAS - Das Enneagramm von Delphi E-Book

Wolfgang W. Liebelt

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Beschreibung

"Im Jahr 2000 verbrachte ich ein Einkehrwochenende in der Abbaye de Fontaine André im Schweizer Jura, oberhalb von Neuchâtel (Neuenburg). Bei einem meditativen Spaziergang in der Nähe der Abbaye war ich baff erstaunt, als ich an einer kleinen Strasse im Wald auf ein Denkmal stiess, welches ich so und hier nicht erwartet hatte; und zwar handelte es sich um einen grossen Granitfelsen, in dessen Vorderfront drei Reihen griechischer Buchstaben eingemeisselt waren. An der linken Seitenfläche des Felsens war eine Bronzetafel angebracht, die unter anderem eine französische Übersetzung der griechischen Inschrift bot:

  1. prends pour guide la divinité (lasse dich stets vom Göttlichen bzw. von höchsten Werten leiten)
  2. connais-toi toi même (erkenne dich selbst)

  3. n’outrepasse en rien la mesure (überschreite in nichts das (rechte) Mass)

Diese drei Leitsätze fasste ich, von unten nach oben gelesen, als Phasen eines Entwicklungsprozesses auf und bildete sie im prozessorientierten Enneagramm ab. Dieses "delphische Enneagramm" mit Gurdjieffs sieben Entwicklungsstufen des Menschen zu ergänzen, war dann nur konsequent."

Das Essay beschreibt die besondere Kombination antiker Weisheit mit der Lehre Gurdjieffs auf der Grundlage der Enneagramm-Logik.

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Veröffentlichungsjahr: 2017

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Wolfgang W. Liebelt

ENNEAS - Das Enneagramm von Delphi

Die 3 delphischen Weisheiten und die 7 Menschen Gurdjieffs

Für G. I. Gurdjieff, dessen Leben, Lehre und Werk mich seit mehr als 20 Jahren faszinieren und inspirieren.BookRix GmbH & Co. KG81371 München

1. Eine unerwartete Entdeckung

Zu Beginn möchte ich eine kleine Geschichte erzählen, die ich im Jahr 2000 erlebte, als ich ein Einkehrwochenende in der Abbaye (Abtei/Kloster) de Fontaine André (Andreasquelle) im Schweizer Jura, oberhalb von Neuchâtel (Neuenburg), verbrachte.

Bei einem meditativen Spaziergang in der Nähe der Abbaye war ich baff erstaunt, als ich an einer kleinen Strasse im Wald auf ein Denkmal stiess, welches ich so und hier nicht erwartet hatte; und zwar handelte es sich um einen grossen Granitfelsen, in dessen Vorderfront drei Reihen griechischer Buchstaben eingemeisselt waren (siehe Abbildungen am Ende des Buches).

Ich entdeckte an der linken Seitenfläche eine Bronzetafel in französischer Sprache (der Kanton Neuenburg liegt in der westlichen, französischen Schweiz), die Auskunft darüber gab, dass das Denkmal einem Georges Méautis (1890-1970) gewidmet war, einem Professor für griechische Sprache und Literatur, Klassische Archäologie und Alte Geschichte an der Universität Neuenburg, der sich um die engagierte Vermittlung griechischer Geschichte, Sprache und Kultur verdient gemacht hatte. Er war es, der die drei Inschriften im Jahr 1960 in den Felsen meisseln liess, um die Weisheit der griechischen Antike zu ehren und dauerhaft zu bezeugen.

Erstaunlich und neu für mich war die Information auf der Tafel, dass im Apollotempel von Delphi nicht nur das allgemein bekannte „Erkenne dich selbst“ zu lesen war, sondern zwei weitere Sinnsprüche. Eben diese drei Weisheiten und Lebensleitlinien der alten Griechen waren auf der Vorderseite des Denkmals eingemeisselt!

Ich war wegen meiner unerwarteten Entdeckung ziemlich aufgeregt und lief zur Abbaye zurück, um Papier und Bleistift zu holen (Fotoapparat hatte ich leider keinen dabei) und die Schriftzeichen abzumalen. Hier das Ergebnis, das nunmehr (2017) genau 17 Jahre alt ist und sich in einem glücklicherweise oder in weiser Voraussicht aufbewahrten Moleskine (Notizbuch) erhalten hat:

 

Da ich nicht Griechisch gelernt hatte, war ich froh, dass die Tafel eine Übersetzung - wenn auch auf Französisch - enthielt (auf dem Stein von oben nach unten gelesen und frei übertragen):

 

1. prends pour guide la divinité (lasse dich stets vom Göttlichen bzw. von höchsten Werten leiten)

2. connais-toi toi même (erkenne dich selbst)

3. n’outrepasse en rien la mesure (überschreite in nichts das (rechte) Mass)

 

Genau genommen stellen die drei Leitsätze einen Entwicklungsprozess dar. Das lässt sich im Enneagramm sehr schön darstellen. Bevor ich jedoch näher darauf eingehe, ist es erforderlich, auf zwei relevante Teile der Enneagramm-Theorie einzugehen.

2. Das Enneagramm

 

 

Die Abbildung des Enneagramms wurde den folgenden Ausführungen zum besseren Verständnis vorangestellt.

 

3. Enneagramm-Grundlagen

Für das Verständnis der folgenden Betrachtungen sind zwei Grundlagen aus der Theorie des Enneagramms erforderlich.

 

Erstens: Vom Scheitelpunkt des Kreises, dem Punkt 9, kann ein Lot gefällt werden, welches das Enneagramm in zwei Hälften bzw. zwei Welten teilt. Die rechte Hälfte steht für Körperliches, für Fakten, die linke Seite für Geistiges, für Werte.

 

 

Zweitens: Das gleichseitige Dreieck teilt den Kreis in drei Segmente, die für die drei Phasen eines jeden Prozesses stehen: Der Kreis besteht aus einer Initialisierungs-, einer Transformations- und einer Abschlussphase. Der eigentliche Transformationsprozess liegt im unteren Drittel des Kreises. Er bildet die Brücke zwischen der Welt des Körperlichen/Materiellen und der Welt des Geistes/der Werte. Der Gesamtprozess transformiert also im Uhrzeigersinn "Materielles" in "Spirituelles".

 

4. Das delphische Enneagramm

Der Bezug zu den delphischen Leitsätzen kann nun sehr leicht hergestellt werden, da sie den drei Prozessphasen des Enneagramms entsprechen.

Der erste Satz, der sich auf das rechte Mass bezieht, hat einen offensichtlichen Bezug zum Körperlichen. Ihn allerdings nur auf Essen und Trinken zu beziehen, greift zu kurz. Hier müssen wir einen Ausflug in Gurdjieffs Lehre von den sieben (Entwicklungsstufen des) Menschen machen, von denen die ersten drei dem ersten Kreisdrittel zugeordnet werden können und sozusagen die Starttypen für den Entwicklungsprozess am Punkt "Null" bilden. Ouspensky, ein Meisterschüler Gurdjieffs, gibt dessen 7-Menschen-Lehre in seinem Buch "Auf der Suche nach dem Wunderbaren" wie folgt wieder:

 

"Mensch Nummer eins, Nummer zwei und Nummer drei sind Leute, welche die mechanische Menschheit ausmachen und auf der gleichen Stufe stehen, auf der sie geboren wurden.

"Mensch Nummer eins bedeutet, dass der Schwerpunkt … im Bewegungszentrum liegt. Dies ist der Mensch des physischen Körpers, der Mensch, in dem die Bewegungs- und instinktiven Funktionen fortwährend die Gefühls- und Denkfunktionen überwiegen.

"Mensch Nummer zwei bedeutet einen Menschen auf der gleichen Entwicklungsstufe, aber einen Menschen, bei dem der Schwerpunkt … im Gefühlszentrum liegt, das heisst der Mensch, bei dem die Gefühlsfunktionen alle anderen überwiegen; der Gefühlsmensch, der emotionale Mensch.

"Mensch Nummer drei bedeutet einen Menschen auf der gleichen Entwicklungsstufe, bei dem aber der Schwerpunkt seines Lebens im Denkzentrum liegt, das heisst den Menschen, bei dem die Denkfunktion die Oberhand über die Bewegungs-, Instinkt- und Gefühlsfunktionen hat, den Menschen der Vernunft, der alles von Theorien, von denkerischen Erwägungen aus anpackt.

"Jeder Mensch wird als Nummer eins, zwei oder drei geboren.“

 

Es ist zu betonen, dass keiner dieser drei Menschentypen "besser" ist, als die anderen. Allen dreien ist - positiv ausgedrückt - Spezialisierung zueigen. Und so finden sich die Menschen eins, zwei und drei auch in den ihnen gemässen Berufszweigen wieder:

Da gibt es die Spitzensportler der unterschiedlichen Sportarten, die Menschen, die in sozialen Hilfseinrichtungen und -funktionen arbeiten (Ärzte, Pfleger, Seelsorger) sowie Gelehrte und Wissenschaftler, die sich den verschiedensten Wissenschaftsdisziplinen und -gebieten widmen.

Soweit, so gut. Auf was uns aber die delphische Ermahnung aufmerksam macht, ist Einseitigkeit und deren Übertreibung.

So sind zuviel exzessiver Sport und zuviel Essen und Trinken dem Menschen ebensowenig zuträglich, wie übermässige Hilfsbereitschaft, die oft mit emotionaler Verausgabung verbunden ist. Und ein Zuviel des Theoretisierens entfremdet den Intellektuellen von der Realität, hält ihn gefangen in seinem Elfenbeinturm des Denkens und Grübelns.

Es wird nun zwar betont, dass sich die drei Menschen auf der gleichen Entwicklungsstufe befinden. Dies bezieht sich jedoch nur auf den Grad des mechanischen Verhaltens. Tatsächlich ist hier von der rein körperlichen zur intellektuellen Orientierung sozusagen fraktal eine Entwicklungshierarchie vorweggenommen, die sich zu der Entwicklung vom Materiellen zum Spirituellen auf der nächsthöheren Ebene isomorph (gleichgestaltig, strukturell ähnlich) verhält.

"Intellektualität" steht in Beziehung zu "Wissen", und auch wenn dieses Wissen des Menschen Nummer drei "auf Worten, auf wörtlichem Verstehen" basiert, so bildet es doch das Sprungbrett zum weiteren Voranschreiten im Prozess der Transformation. Das lässt sich aus Äusserungen Gurdjieffs ableiten, die die Beziehung von Wissen und Willen thematisieren. Wenn ein Mensch etwas weiss, aber den Willen nicht hat, kommt er nicht voran; es fehlt ihm also der Antrieb, die Schwelle des Enneagramm-Punktes 3 zu überwinden. Besitzt ein Mensch zwar den Willen, sich zu verändern, aber er hat das erforderliche Wissen nicht, kann er ebenfalls nichts erreichen. Alle drei, Mensch Nummer eins, zwei und drei können den Willen haben, aber nur Mensch Nummer drei hat das Wissen, das ihn an den Punkt 3 bringt.

 

"N’outrepasse en rien la mesure!" Ein Mensch, sei es Nummer eins, zwei oder drei, der seine Einseitigkeit erkannt hat, und akzeptiert, dass er kein harmonisch entwickelter Mensch ist, hat bereits den ersten Schritt in seinem Entwicklungsprozess getan.

 

"Connais-toi toi même!" (griech.: gnothi seauton). Mir gefällt die französische Version dieser zweiten Maxime sehr gut, weil sie den Übergang von der materiellen Welt zur Welt der Werte sprachlich so schön illustriert. Allerdings müssen die zwei Teile entsprechend dem Uhrzeigersinn getauscht werden.