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Der vorliegende Mythos von Asturia stammt aus den hinterlassenen Schriften von Merimus, dem Chronisten, der ihn aus bruchstückhaften Erzählungen zusammengefügt hat. In den "Frühen Zeitaltern" von Asturia nahmen die Götter noch Einfluss auf die Geschicke der Menschen. Jedes dieser Zeitalter endete mit Naturkatastrophen, mit Feuersbrünsten, Sintfluten und Eiszeiten. Der Aufruhr der Naturgewalten spiegelte sich auch in den Endzeitschlachten von Göttern und Menschen wider. Von den lichten und den dunklen Göttern wurden Menschen ausgewählt, die als ihre Avatare auf den Schlachtfeldern von Asturia kämpften. Das Kriegsgeschick war wechselhaft, und das Zeitalter, in dem der Mythos des Merimus spielt, erhielt den Namen "Zeitalter der Dämmerung", denn es galt zu entscheiden, ob es eine Abend- oder eine Morgendämmerung werden sollte. Der Mythos des Merimus beginnt an einem Zeitpunkt, als das Zeitalter der Dämmerung sich dem Ende zuneigte. Menschen und Helden warteten verzweifelt darauf, dass sich der Avatar von Adonia, der Göttin im Licht, offenbaren würde, um den Kampf gegen die Mächte der Finsternis anzuführen.
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Seitenzahl: 99
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Die Geschichte dieses Buches
Vorwort zum Mythos von Asturia
Im Ring der Steinriesen
Agilas Glanz
Herbards Hütte
„Zum Bunten Huhn“
Die Roten Falken
Schwert und Magie
Die schwarze Königin
Die neue Gefährtin
Mirkos
Hikarios
Montsin
Der Kampf der Falken
Das Haupt der Weissen Loge
Der Avatar der lichten Göttin
Ein Blick in die Zukunft
Eine unerwartete Begegnung
Es musste mal wieder sein: ‚Keller aufräumen‘ war angesagt. Diesmal wollte ich mir vor allem die zwei Regale vornehmen, voll mit Büchern, die ich in den Keller ausgelagert hatte, weil in den Bücherregalen der Wohnung kein Platz mehr war.
Nun, beim Durchforsten und Aussortieren von überalterter Fachliteratur und Büchern, die ich wohl nie mehr lesen würde (wobei das eine der schwierigsten Entscheidungen ist, denn: wer weiss…?), fiel mir ein alter Schnellhefter in die Hand, gefüllt mit fast fünfzig eng mit Schreibmaschine beschrifteten DIN A4-Seiten (ja, mit Schreibmaschine beschriftet! Die älteren meiner Leser wissen noch, was das ist…).
Ein kurzes Anblättern und Anlesen, und schon war ich gefangen; denn es handelte sich um eine Fantasy-Geschichte aus der Zeit, als ich im Fantasy-Club ‚FOLLOW‘ für die gleichnamige Fan-Zeitschrift und die edlere Club-Publikation ‚Magira‘ schreibend und zeichnend aktiv war.
Das im Keller gefundene Manuskript musste demnach zwischen 1973 und 1975, also vor über 40 Jahren, entstanden sein, als ich 22 (±1) Jahre jung war. Seitdem hatte mich das Manuskript bei 7 Umzügen begleitet, angefangen von Klosterlechfeld, Bayern, bis schliesslich nach Frick in der Schweiz, wo ich es nun im Jahr 2017 beim Kelleraufräumen wiederfand. Ich begann die Geschichte nun ganz zu lesen und erlebte eine nostalgische Zeitreise in meine 40 Jahre zurückliegende Vergangenheit.
Jetzt kamen zwei Dinge zusammen: Erstens empfand ich die Story sprachlich und von den Ideen her immer noch erstaunlich ansprechend und durchaus nicht ‚old fashioned‘. Zweitens hatte ich vor kurzem BookRix entdeckt und damit die Möglichkeit des Self-Publishings.
Also beschloss ich, den Text per Word zu erfassen und, wo erforderlich, sprachlich zu glätten, die Kontinuität der Story sicherzustellen und sie ggf. zu ergänzen. Das überarbeitete Manuskript sollte schliesslich als eBook publiziert werden.
Gedacht - getan. Das Ergebnis, liebe Leserinnen und Leser, habt ihr nun vor Augen.
Viel Vergnügen beim Eintauchen in die Phantasiewelt von Asturia!
Wolfgang W. Liebelt, Frick im September 2017
Der folgende Mythos stammt aus den hinterlassenen Schriften von Merimus, dem Chronisten, der ihn aus bruchstückhaften Erzählungen zusammengefügt hat. Merimus vernachlässigte es allerdings, auf die Umwelt, in der der Mythos spielt, einzugehen. Das ist aber insofern verständlich, als das Wissen über die Götter- und Sagenwelt für Merimus und seine Zeitgenossen eine Selbstverständlichkeit darstellte, die nicht erklärt zu werden brauchte. Dieses Versäumnis des Merimus soll hier, soweit es aus dieser grossen zeitlichen Distanz möglich ist, ausgeglichen werden.
In der Antike von Asturia gab es die ‚Frühen Zeitalter‘, in denen die Götter noch Einfluss auf die Geschicke der Menschen nahmen. Jedes dieser Zeitalter endete immer dann, wenn die Sonne in das nächste Haus des Tierkreises wechselte, was auch stets mit Naturkatastrophen verbunden war, mit Feuersbrünsten, Sintfluten und Eiszeiten.
Der Aufruhr der Naturgewalten spiegelte sich auch in den Endzeitschlachten von Göttern und Menschen wider. So geschah es alle rund 2.000 Jahre, dass die Heere des Lichts und der Finsternis in diesen Katastrophenzeiten aufeinander trafen.
Von den lichten und den dunklen Göttern wurden Menschen ausgewählt, die als ihre Avatare auf den Schlachtfeldern von Asturia kämpften. Sie waren es letztlich, die den Ausgang der Schlachten entschieden.
Das Kriegsgeschick war wechselhaft, und das Zeitalter, in dem Merimus‘ Mythos spielt, erhielt den Namen ‚Zeitalter der Dämmerung‘, denn es galt zu entscheiden, ob es eine Abend- oder eine Morgendämmerung werden sollte. So oder so war es das letzte Zeitalter der Götter. Wir wissen, dass sie mit Beginn des neuen Zeitalters keinen Einfluss mehr auf die Geschicke der Menschheit nahmen, aber wir wissen nicht, was aus ihnen geworden ist.
Der Mythos des Merimus beginnt an einem Zeitpunkt, als das Zeitalter der Dämmerung begann, sich dem Ende zuzuneigen. Menschen und Helden warteten verzweifelt darauf, dass sich die Prophezeiung von Milanichton, dem Weisen, erfüllte und der Avatar von Adonia, der Göttin im Licht, in Erscheinung trat, um den Kampf gegen die drohenden Mächte der Finsternis anzuführen.
Grimor von Askialf, Erzscriptor der Grossen Bibliothek von Asturia, im Zweiten Zeitalter nach dem Verschwinden der Götter
Es war eine mondhelle Nacht, als sich eine grosse Gestalt auf den Ring der Steinriesen zubewegte. Der Himmel war selten klar, so dass die Szene gut ausgeleuchtet war. Im Licht des Mondes erkannte man einen Mann mit einem roten Haarschopf, dessen Gesicht von einem ebensolchen Vollbart umrahmt wurde. An seinem Gurt hing ein schwerer Dolch mit breiter Klinge; doch der Mann gedachte, sich noch in dieser Nacht eine weitaus mächtigere Waffe zu beschaffen - die Sterne standen günstig!
In der Mitte des Steinkreises angekommen, hob er die Arme zum Himmel und begann, Zauberverse zu murmeln, die seit Urgedenken in seiner Familie vom Vater jeweils an den ältesten Sohn weitergegeben worden waren. Minute um Minute verstrich, wurden zu Viertelstunden… Dem Mann rann der Schweiss in Strömen von der Stirn. Seine emporgereckten Arme begannen zu zittern. Dennoch hörte er nicht auf, seine Beschwörungen zu raunen. Dann endlich! Vor ihm bildete sich eine wabernde Lichtsäule von Menschengrösse. Zwei weitere folgten. Dunkle Schemen bewegten sich im Inneren und gewannen mehr und mehr an Form. Schliesslich erkannte man drei in lange Kapuzenmäntel gehüllte alte Frauen. Jede von ihnen trug einen Gegenstand.
Der Rotbart hatte aufatmend die Arme sinken lassen. Nun betrachtete er aufmerksam die drei Erscheinungen. Die Linke begann zu sprechen:
„Ich bin Van. Ich sass an den Wurzeln des Weltenbaumes, da vernahm ich dein Rufen. Ich komme, um dir den Harnisch zu bringen. Erbe Torhibs, er soll dich schützen.“
Mit diesen Worten legte sie ein feingliedriges Kettenhemd vor seine Füsse und trat wieder zurück. Die zweite Gestalt wartete, bis er das Kettenhemd übergestreift hatte, dann sprach auch sie:
„Ich bin Sivari. Ich sass an den Wurzeln des Weltenbaumes, da vernahm ich dein Rufen. Ich komme, um dir den Helm zu bringen. Erbe Torhibs, er soll dir nützen.“
Der Mann neigte den Kopf und die Frau setzte ihm den Helm auf, der von einem Helmbusch aus kurzem schwarzgefärbten Rosshaar verziert wurde. Sivari trat wieder zurück und Lo, die Dritte, sprach in besonders feierlichem Ton:
„Ich bin Lo. Ich sass an den Wurzeln des Weltenbaumes, da vernahm ich dein Rufen. Ich komme, um dir Angir, den Zauberhammer Torhibs zu bringen. Widulf, Erbe Torhibs, Angir soll, geführt von deiner Hand, das Böse zerschmettern, das die Welt bedroht.“
Lo trat vor und reichte ihm den sichtlich schweren Schmiedehammer mit einer Leichtigkeit, als ob dieser kein Gewicht hätte. Widulf aus dem uralten Geschlecht Torhibs nahm die mächtige Waffe triumphierend entgegen. Auch in seiner Hand schien der Hammer ohne Gewicht zu sein.
„Habt Dank, ihr edlen Frauen von den Wurzeln des Weltenbaums! Wahrlich, habt Dank!“
Van, Sivari und Lo neigten würdevoll den Kopf. Dann umgaben sie wieder die wabernden Lichtsäulen mit den dunklen Schemen der drei Frauen im Innern. Dann waren sie verschwunden, gegangen, wie sie gekommen waren.
Nur knapp hundert Meter vom Ring der Steinriesen entfernt, zügelte Lodur, der Seher, seinen Rappen. Nicht weit vor ihm hatte ein Pferd geschnaubt. Während der Rappe still stand wie eine Statue, schwang sich sein Reiter geschmeidig und geräuschlos aus dem Sattel.
Mit seinen geistigen Fühlern tastete Lodur das Buschwerk vor ihm ab und stellte fest, dass sich niemand in der Nähe des fremden Pferdes aufhielt. Er brauchte nur etwa zehn Schritte zu gehen, um bewundernd zu verharren. Der mächtige braune Hengst, der vor ihm mit den Hufen stampfte, war wohl eines der schönsten Rosse, das er, abgesehen von seinem eigenen Rappen, je gesehen hatte. Lodur ging weiter in der Richtung aus der er Gedanken aufgefangen hatte, menschliche und … andere. Als er den Waldrand erreichte, erblickte er im Mondlicht den Ring der Steinriesen. Lodur schlich hinter eine der riesigen Steinsäulen und konnte gerade noch beobachten, wie ein kräftiger Mann, angetan mit einem rosshaargeschmückten Helm und einem Kettenhemd, einen schweren Hammer in der Hand, zu drei Frauen in langen, dunklen Kapuzenmänteln sprach. Daraufhin verneigten sich die drei Gestalten würdevoll, wurden zu Schemen in wabernden Lichtsäulen und waren plötzlich verschwunden.
Lodur wunderte sich. Die Wächterinnen von den Wurzeln des Weltenbaumes - hier? Doch wurden seine Gedanken unterbrochen, denn eine dunkle Wolke - woher kam sie auf einmal in dieser bisher so sternenklaren Nacht? - hatte sich vor den Mond geschoben und als sie die Sicht auf ihn wieder freigab, hatte er eine blutrote Farbe angenommen.
Was geschah hier? Die Gestalt des Rotbarts straffte sich. Auch Lodur vernahm das Rauschen von grossen Schwingen. Und dann sah er, wie sich ein menschengrosses Geschöpf flügelschlagend einige Schritte vor dem Mann mit dem Schmiedehammer niederliess und die fledermausartigen Flügel auf seinem Rücken zusammenfaltete. Die Kreatur war nur schwer zu beschreiben - eine Mischung aus einem Reptil und einem Menschen mit dem Kopf einer Echse.
Es sah aus wie ein perverses Grinsen als sich das Maul öffnete und eine gespaltene Zunge zwischen zwei Reihen spitzer Zähne daraus hervorkam, hin und her züngelnd, als ob sie ein zusätzliches Sinnesorgan wäre.
Der Angriff erfolgte blitzschnell und unvermittelt. Schon war die Kreatur bei Widulf. Ihre Klauen mit den scharfen Krallen schlugen nach ihm, suchten seine Kehle, um sie zu zerfetzen. Aber Widulf drehte sich behende aus der Reichweite der Krallen und schmetterte aus der Drehung heraus Angir mit furchtbarer Wucht gegen den Schädel der Bestie, der wie eine reife Melone zerplatzte. Die Kreatur taumelte kopflos noch ein paar Schritte weiter und brach dann zusammen. Einen Augenblick später sah Widulf, wie sich der reptilienartige Körper in wirbelnde Schwaden auflöste, die im blutroten Licht des Mondes in den Nachthimmel schwebten und sich dort verloren.
Lodur zuckte zusammen. Noch während der Rotbart gebannt den entschwebenden Schwaden nachblickte, waren hinter seinem Rücken zwei weitere Kreaturen aufgetaucht - wie aus dem Nichts. Mit wenigen Sätzen war Lodur mit gezogenem Schwert im Ring der Steinriesen. Aus dem Lauf heraus liess er das beidhändig über seinen Kopf gehobene Schwert auf die Kreatur niedersausen, die ihm am nächsten war. Die Klinge blitzte auf, dann durchtrennte sie die Bestie mühelos - von der linken Schulter bis zur rechten Hüfte.
Während sich der in zwei Teile gespaltene Körper der Bestie auflöste wie der des ersten Angreifers, hatte sich die letzte Kreatur flügelschlagend in die Luft erhoben und versuchte offensichtlich vor den beiden Gegnern zu fliehen. Schon war sie mehr als ein Dutzend Meter über dem Boden, als Angir, von Widulf geschleudert, wie ein Blitz in den Himmel fuhr und die fliehende Bestie im Bruchteil einer Sekunde einholte. Es gab eine Lichtexplosion und dann war der Spuk vorbei. Angir kehrte in die Hand seines Meisters zurück und das Mondlicht nahm wieder seine gewohnte Farbe an.
Da standen sie sich nun schweigend gegenüber, Lodur und Widulf. Der eine schlank, aber athletisch, mit grauen Strähnen durchzogene schwarze Haare und einem schmalen blassen Gesicht, das von eisgrauen Augen dominiert wurde; der andere stämmig, breitschultrig, mit roten Haaren und rotem Bart.
Dessen dunkle Augen funkelten: „Das war wohl kaum ein Zufall, der dich zum richtigen Zeitpunkt hierher führte, und wenn, dann ein glücklicher.“
„Nein.“, antwortete Lodur ernst. „Kein Zufall, auch kein glücklicher. So etwas liegt immer in der Hand der Götter. Und ich nehme an, wie ich, so folgtest auch du dem Ruf von Adonia, der Göttin im Licht.“
„Ja, in der Tat. Auch ich folgte dem Ruf.“
Und wie auf Stichwort ertönte in Lodurs Geist eine sphärische Stimme und durch seinen Mund konnte auch Widulf die Botschaft hören:
„Schon frisst der schwarze Drache an den Wurzeln des Weltenbaums. Die Wächterinnen müssen fliehen. Bald beginnt der Weltenbaum zu dorren. Getötet werden muss der Drache, sonst stirbt die Welt. Nur einer kann das heilige Feuer entfachen, das den Drachen besiegt. Geht zu ihm!“