Euro-Tsunami - Patrick Bernau - E-Book

Euro-Tsunami E-Book

Patrick Bernau

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Beschreibung

Inflationsbekämpfung, Sparanreize, Unabhängigkeit der EZB - all das scheint im Zuge der jüngsten Euro-Rettungsbemühungen nicht mehr so wichtig. Schließlich steht der Euro vor dem Abgrund, da muss man eben Anleihen kaufen, ohne Rücksicht auf Verluste. Doch was, wenn das Geld die Welt erst richtig in die Bredouille bringt? Wenn all die Liquidität das falsche Mittel ist - wenn die Eurozone nicht brennt, sondern jetzt schon im Geld ertrinkt? Das klingt paradox, zugegeben, fehlt es doch den meisten Euro-Staaten gerade am Geld. Doch tatsächlich gibt es in der Eurozone eigentlich genug Geld, ja sogar zuviel. Und darin liegt die eigentliche Gefahr.

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Patrick Bernau

Euro-Tsunami

Europa wird im Geld ertrinken

Campus Verlag Frankfurt/New York

Inhalt

Eine große Gefahr: Europa ertrinkt im Geld

Gefährliche Zeiten: Von Inflation und Blasen

Die Ölkrise und die Inflation

Die Blasen von Alan Greenspan

Die Finanzkrise

Die Eurokrise

Gefährliches Geld

Was Geld ist

Die zwei Gesichter der Inflation

Was Geld mit Blasen zu tun hat

Riskante Kredite

Das Problem der Kreditklemme

Gefährliche Blasen: Was das Geld jetzt auslösen kann

Gold und Rohstoffe

Immobilien

Deutsche Staatsanleihen

Die Gefahr bekämpfen: So geht’s

Dank

Über den Autor

Impressum

Eine große Gefahr: Europa ertrinkt im Geld

Die Eurokrise ist noch nicht vorbei. Ihre Zuckungen werden dem Kontinent noch eine Weile erhalten bleiben. Doch Spanien, Italien und andere Krisenländer müssen auf ihre Schulden längst nicht mehr so hohe Zinsen zahlen wie auf dem Höhepunkt der Krise. Wie ist das passiert? Das Zaubermittel war: Geld. Seit Jahren schon flutet die Europäische Zentralbank die Wirtschaft mit immer neuem Geld – und unter ihrem neuen Chef Mario Draghi hat sie die Rohre noch mal extra weit aufgedreht. In zwei riesigen Verleihaktionen durften sich die Banken mehr als eine Billion Euro an neuen Euro leihen, und zwar zu niedrigen Zinsen und gegen miese Sicherheiten.

An der Börse ist das Manöver bereits als »Sarko-Trade« bekannt, weil der französische Präsident Nicolas Sarkozy es den Banken so schön erklärt hat: Sie müssen sich nur das Geld von der Zentralbank leihen, und zwar zu einem Zins von einem Prozent. Dann kaufen sie damit Peripherie-Staatsanleihen, die vier oder fünf Prozent Rendite bringen. Die Differenz streichen die Banken als Gewinn ein. Auch die Staaten freuen sich, weil sie wieder Abnehmer für ihre Staatsanleihen finden.

Doch was, wenn die Probleme damit nur scheinbar gelöst sind? Wenn das viele Geld die Welt erst richtig in die Bredouille bringt? Wenn all die Kredite der Notenbank das falsche Mittel sind – wenn wir damit keinen Brand löschen, sondern das Fass zum Überlaufen bringen? Weil die Eurozone jetzt schon im Geld ertrinkt? Das klingt paradox, zugegeben, fehlt es doch den meisten Euro-Staaten gerade am Geld. Doch diese Sorge ist nur zu berechtigt.

Beginnen wir mit den Fakten: In den vergangenen zehn Jahren, ungefähr seit das Euro-Bargeld eingeführt worden ist, sind Billionen von Euro geschaffen worden. Ökonomen sagen: Die Geldmenge ist mit enormem Tempo gewachsen – viel schneller als das Bruttoinlandsprodukt.

[Bild vergrößern]

Abbildung 1: Die Geldmenge zieht davon

Zugelassen hat das die Europäische Zentralbank. Sie kontrolliert die Geldschöpfung, zumindest deren Obergrenze. In den vergangenen Jahren allerdings hat sie zu viel Geld entstehen lassen.

Normalerweise bemerkt eine Notenbank diesen Fehler schnell. Wenn es zu viel Geld gibt, dann steigt die Inflation. Doch dieses Mal geschah nichts. Denn auf der anderen Seite der Welt schickte sich China an, zur Industrienation zu werden. Hunderte Millionen Menschen wollten arbeiten, auch zu niedrigen Löhnen, und die chinesische Regierung hielt ihre Währung künstlich billig. Dazu kamen technische Innovationen rund um Computer und Internet, die die Preise drückten. Das Ergebnis ist deutlich: Eine klassische Inflation, wie die Deutschen sie aus den 70er-Jahren kennen, ist bis heute nicht aufgekommen.

Doch das Geld ist trotzdem da. Und es hat sich noch jedes Mal irgendwie bemerkbar gemacht. Der ehemalige EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark hat das prägnant in Worte gefasst: »Liquidität findet immer ihren Weg, sagen wir Notenbanker«, so formulierte er es in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zum Ende seiner Amtszeit. »Entweder steigen die Verbraucherpreise – oder die Vermögenspreise.« In Europa sind in den vergangenen Jahren die Vermögenspreise gestiegen: für Aktien, Immobilien, Staatsanleihen. Billionen von Euro schießen an der Börse hin und her. Sie trieben mal hier, mal dort die Preise in die Höhe. Die Folgen waren noch schlimmer als die einer normalen Inflation.

Die meisten Menschen haben ein gutes Gespür dafür entwickelt, dass etwas nicht in Ordnung ist. »Das Finanzkapital hat sich von der Realwirtschaft gelöst«, sagen sie. Und formulieren ein Unbehagen, das einen klaren Grund hat: Es ist das Geld selbst, das den Bezug zur Wirtschaft verloren hat. Anders ausgedrückt: Die Geldmenge ist schneller gewachsen als die tatsächliche Wirtschaftsleistung in Europa.

Darum stiegen die Preise für einige Vermögensgüter in ungekannte Höhen. In Irland und Spanien wurden Wohnhäuser teuer wie nie. Die Kurse für Staatsanleihen von Griechenland, Portugal, Italien und Co. kletterten über Jahre hinweg nach oben. Als sich herausstellte, dass die enormen Preissteigerungen nur eine Blase waren, brach die Eurokrise aus – und die Wirtschaft in Europa wäre fast in den Abgrund gestürzt.

Es stellte sich heraus: Das Wachstum der europäischen Peripheriestaaten war nur geliehen – mit dem vielen Geld, das die Notenbank so fleißig bereitgestellt hat. Geld, das wird später noch deutlich werden, ist nämlich auch nur ein Kredit.

Das Problem: Bis jetzt haben sich die Gefahren nicht verringert, das Geld ist immer noch da. Diese Geldschwemme hat Folgen, und sie sind nicht positiv. Dabei wissen Wirtschaftsforscher inzwischen sehr viel über die Risiken des Finanzsystems und die Folgen, die eine Geldschwemme haben kann. Doch konkrete Maßnahmen bleiben bislang aus. Wenn Europa Pech hat, kommt bald eine neue Blase, und die könnte noch viel größer und schlimmer werden als alles, was bisher kam. Noch können wir handeln. Doch die Zeit drängt.

Gefährliche Zeiten: Von Inflation und Blasen

Die Ölkrise und die Inflation

In den ersten 20 Jahren nach dem zweiten Weltkrieg hatten die westlichen Länder einen erstaunlichen Aufschwung erlebt. Zwar hatte nicht jedes Land so ein Wirtschaftswunder hingelegt wie die Bundesrepublik, aber im Wesentlichen war die Wirtschaft stetig und ohne größere Rückschläge gewachsen – bis zum Jahr 1973. Dann drosselten die Ölförderländer angesichts des Jom-Kippur-Kriegs ihre Fördermenge und trieben den Ölpreis um 70 Prozent in die Höhe.

Das teure Öl machte den Unternehmen enorme Schwierigkeiten, die Wirtschaft stürzte ab. Da kam es gerade recht, dass die akademischen Volkswirte nach John Maynard Keynes inzwischen ein Zaubermittel zur Krisenbekämpfung erfunden hatten: Der Staat macht Schulden, die Zentralbank stellt billiges Geld zur Verfügung und lässt zu, dass die Inflation steigt. Mit dem vielen Geld können Firmen investieren und Arbeitsplätze schaffen. »Mir scheint, dass das deutsche Volk – zugespitzt – fünf Prozent Preisanstieg eher vertragen kann als fünf Prozent Arbeitslosigkeit«, sagte Bundeskanzler Helmut Schmidt; er formulierte damit eine allgemeine Haltung. Doch mit dem neuen Instrument konnten Politiker und Notenbanker nicht richtig umgehen. Sie bekamen beides, Inflation und Arbeitslosigkeit. Im Versuch, die Arbeitslosigkeit einzudämmen, ließen sie die Preise immer schneller in die Höhe schießen, unterstützt vom teuren Öl, das die Inflation noch zusätzlich antrieb. Gleichzeitig wurden immer mehr Menschen arbeitslos. So konnte es nicht weitergehen.