Evidenzbasierte Leitlinie zur Psychotherapie von Schizophrenie und anderen psychotischen Störungen - Tania Lincoln - E-Book

Evidenzbasierte Leitlinie zur Psychotherapie von Schizophrenie und anderen psychotischen Störungen E-Book

Tania Lincoln

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Beschreibung

Die evidenzbasierte Leitlinie gibt Empfehlungen für die Diagnostik und die Psychotherapie von Schizophrenie und anderen psychotischen Störungen wie wahnhaften und schizoaffektiven Störungen. Die Behandlungsleitlinie wurde von einem Expertenteam der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) entwickelt. Sie basiert auf dem aktuellen Wissensstand zu wirksamen psychotherapeutischen Interventionen bei psychotischen Störungen. Der Band bietet eine knappe Beschreibung der Störungen, gibt Empfehlungen zur Diagnostik und Differenzialdiagnostik und stellt mögliche Risikofaktoren und ätiologische Modelle vor. Die derzeit vorliegende Evidenz für verschiedene psychotherapeutische Ansätze wird unter Berücksichtigung der Verbesserung verschiedener Symptombereiche, der Rückfallraten sowie des psychosozialen Funktionsniveaus vorgestellt und bewertet. Somit bietet die Leitlinie eine transparente Entscheidungshilfe bei der Frage, welcher psychotherapeutische Ansatz bei welchem Symptomprofil am besten geeignet ist. Zudem werden mögliche Strategien zum Umgang mit typischen Praxisfragen dargestellt, wie z. B. zum Umgang mit Misstrauen und mangelnder "Krankheitseinsicht" von Betroffenen, zur ambulanten Krisenintervention, zur Behandlung von komorbiden Störungen, aber auch zum Setting (Einzel- versus Gruppensitzungen), zur Behandlung in einem interdisziplinären Team und zur Antragstellung. Weiterhin enthält der Band auch Empfehlungen zur Ausbildung von Psychologischen Psychotherapeuten sowie zu Weiterbildungsmöglichkeiten und zur Supervision im Bereich Psychosentherapie. Eine kritische Auseinandersetzung mit sich hartnäckig haltenden Mythen und Empfehlungen für die weitere Forschung runden die Leitlinie ab.

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Tania Lincoln

Anya Pedersen

Kurt Hahlweg

Karl H. Wiedl

Inga Frantz

Evidenzbasierte Leitlinie zur Psychotherapie von Schizophrenie und anderen psychotischen Störungen

Evidenzbasierte Leitlinien Psychotherapie

Band 5

Evidenzbasierte Leitlinie zur Psychotherapie von Schizophrenie und anderen psychotischen Störungen

Tania Lincoln, Anya Pedersen, Kurt Hahlweg, Karl H. Wiedl, Inga Frantz

Herausgeber der Reihe:

Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs)

Mitglieder des Lenkungsausschusses:

Prof. Dr. Alexandra Martin, Prof. Dr. Alexander Gerlach, Prof. Dr. Annette Schröder

Prof. Dr. Tania Lincoln, geb. 1972. Seit 2011 Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Hamburg.

Prof. Dr. Anya Pedersen, geb. 1968. Seit 2013 Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Kiel.

Prof. Dr. Kurt Hahlweg, geb. 1947. 1988 – 2012 Professor für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Diagnostik an der Technischen Universität Braunschweig.

Prof. Dr. Karl H. Wiedl, geb. 1944. 1982 – 2011 Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Osnabrück.

Dr. Inga Frantz, geb. 1983. 2015 – 2018 Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Psychotherapeutischen Hochschulambulanz der Universität Hamburg.

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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37085 Göttingen

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Tel. +49 551 999 50 0

Fax +49 551 999 50 111

[email protected]

www.hogrefe.de

Satz: Matthias Lenke, Weimar

Format: EPUB

1. Auflage 2019

© 2019 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen

(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-8409-2883-3; E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-8444-2883-4)

ISBN 978-3-8017-2883-0

http://doi.org/10.1026/02883-000

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Anmerkung:

Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Zitierfähigkeit: Dieses EPUB beinhaltet Seitenzahlen zwischen senkrechten Strichen (Beispiel: |1|), die den Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe und des E-Books im PDF-Format entsprechen.

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Methode

1.1 Hintergrund, Ziele und Adressaten der Leitlinie

1.2 Vorgehen

2 Die Störungsbilder

2.1 Symptomatik schizophrener Störungen

2.1.1 Wahnsymptomatik

2.1.2 Halluzinationen

2.1.3 Formale Denkstörungen

2.1.4 Negativsymptomatik

2.1.5 Verhaltensauffälligkeiten

2.2 Diagnosestellung

2.2.1 Diagnostische Kriterien in verschiedenen Diagnosesystemen

2.2.2 Differenzialdiagnostik

2.2.3 Diagnostische Verfahren

2.3 Komorbide psychische Störungen

2.4 Komorbide somatische Erkrankungen

2.5 Epidemiologie

2.6 Verlauf

2.7 Prognose

2.8 Risikofaktoren

2.8.1 Genetische Risikofaktoren

2.8.2 Psychosoziale Risikofaktoren

2.9 Ätiologische Modelle

3 Individualisierte psychotherapeutische Ansätze

3.1 Kognitive Verhaltenstherapie

3.1.1 Beschreibung des Ansatzes

3.1.2 Auswertung der Evidenz

3.1.3 Bewertung der Evidenz

3.2 Neuere Entwicklungen der KVT („Dritte-Welle“-Ansätze)

3.2.1 Beschreibung des Ansatzes

3.2.2 Auswertung der Evidenz

3.2.3 Bewertung der Evidenz

3.3 Psychodynamische Therapieansätze

3.3.1 Beschreibung des Ansatzes

3.3.2 Auswertung der Evidenz

3.3.3 Bewertung der Evidenz

3.4 Gesprächspsychotherapie

3.4.1 Beschreibung des Ansatzes

3.4.2 Auswertung der Evidenz

3.4.3 Bewertung der Evidenz

4 Psychoedukation

4.1 Beschreibung des Ansatzes

4.2 Auswertung der Evidenz

4.2.1 Metaanalytische Auswertungen (Ebene I)

4.2.2 Evidenz zu Formaten und Settings

4.3 Bewertung der Evidenz

5 Fertigkeitentrainings

5.1 Soziales Kompetenztraining

5.1.1 Beschreibung des Ansatzes

5.1.2 Auswertung der Evidenz

5.1.3 Bewertung der Evidenz

5.2 Kognitive Remediation

5.2.1 Beschreibung des Ansatzes

5.2.2 Auswertung der Evidenz

5.2.3 Bewertung der Evidenz

5.3 Integriertes Psychologisches Therapieprogramm

5.3.1 Beschreibung des Ansatzes

5.3.2 Auswertung der Evidenz

5.3.3 Bewertung der Evidenz

5.4 Metakognitives Training

5.4.1 Beschreibung des Ansatzes

5.4.2 Auswertung der Evidenz

5.4.3 Bewertung der Evidenz

6 Familieninterventionen

6.1 Beschreibung des Ansatzes

6.2 Auswertung der Evidenz von Familieninterventionen im Allgemeinen

6.2.1 Metaanalytische Auswertungen (Ebene I)

6.2.2 Evidenz zu Formaten und Settings

6.2.3 Bewertung der Evidenz zu Familieninterventionen im Allgemeinen

6.3 Psychoedukative Familieninterventionen

6.3.1 Auswertung der Evidenz zu psychoedukativen Familieninterventionen

6.3.2 Bewertung der Evidenz zu psychoedukativen Familieninterventionen

6.4 Psychoedukative Familieninterventionen mit Fertigkeitentraining

6.4.1 Auswertung der Evidenz zu psychoedukativen Familieninterventionen mit Fertigkeitentraining

6.4.2 Bewertung der Evidenz zu psychoedukativen Familieninterventionen mit Fertigkeitentraining

6.5 Systemische Familientherapie

6.5.1 Auswertung der Evidenz zur Systemischen Familientherapie

6.5.2 Bewertung der Evidenz zur Systemischen Familientherapie

7 Empfehlungen zur Wahl des Therapieansatzes

8 Praxisfragen

8.1 Behandlungssetting

8.2 Beziehungsgestaltung

8.3 Behandlung von komorbiden Störungen

8.4 Patienten mit neurokognitiven Defiziten

8.5 Kriseninterventionen

8.6 Medikation

8.7 Psychotherapie ohne Medikation

8.8 Einbindung weiterer Beteiligter in die Betreuung

8.9 Schwierigkeiten bei der Bewilligung von Psychotherapieanträgen

8.10 Aus- und Weiterbildung

9 Mythen und Fakten zur ambulanten Therapie

9.1 Cannabis verursacht Schizophrenie

9.2 Patienten mit Schizophrenie sind gefährlich

9.3 Wahn kann man psychotherapeutisch nicht behandeln

9.4 Patienten mit Psychosen lassen viele Sitzungen ausfallen

10 Ausblick

11 Zusammenfassung der Empfehlungen

Danksagung

Literatur

Abkürzungsverzeichnis

|9|1 Einleitung und Methode

1.1 Hintergrund, Ziele und Adressaten der Leitlinie

Die psychotherapeutische Behandlung von Schizophrenie und anderen psychotischen Störungen wurde lange Zeit stiefmütterlich behandelt. In den klinisch-psychologischen und psychotherapeutischen Lehrbüchern war Schizophrenie für viele Interventionen als Kontraindikation gelistet und auch in den Psychotherapie-Richtlinien wurde Psychotherapie bis vor kurzem zumindest für akut psychotische Patienten ausgeschlossen. So war in den Richtlinien Psychotherapie bei Schizophrenie auf die Behandlung der Residual-, Folge- oder Begleitsymptomatik eingeschränkt.

Erfreulicherweise hat die Entwicklung neuer Therapieansätze für psychotische Störungen und ihre wissenschaftliche Erforschung innerhalb der letzten 20 Jahre Aufwind erhalten. Zahlreiche Therapiemanuale wurden entwickelt und in randomisiert-kontrollierten Studien evaluiert. Als Reaktion auf die zunehmend klarer werdende Evidenz für psychotherapeutische Behandlungen, insbesondere der kognitiv-behavioralen Ansätze, passte der Gemeinsame Bundesausschuss im Oktober 2014 die Psychotherapie-Richtlinie dem aktuellen Forschungsstand an und erklärte Psychotherapie bei Schizophrenie, schizotypen oder wahnhaften Störungen für uneingeschränkt indiziert1.

Dennoch ist es in Deutschland bis heute für Patienten2, die an einer Schizophrenie oder anderen psychotischen Störungen leiden, nicht einfach, einen Zugang zu ambulanter Psychotherapie zu finden. Vor diesem Hintergrund wurde die Entwicklung dieser Behandlungsleitlinie von der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Auftrag gegeben. Mit der Erstellung dieser wissenschaftlich begründeten, evidenzbasierten und praxisbezogenen Handlungsempfehlungen für die Diagnostik und Behandlung von psychotischen Störungen sollen Hilfestellungen für eine möglichst optimale Versorgung von Patienten gegeben werden. Damit ist zudem die Hoffnung |10|verbunden, dass zukünftig mehr Patienten Zugang zu evidenzbasierter Psychotherapie in einem ambulanten Einzelsetting erhalten.

Die in der Leitlinie für Schizophrenie und andere psychotische Störungen zusammengestellten Informationen bieten eine Basis, auf der Leistungserbringer, insbesondere Psychotherapeuten in der ambulanten Versorgung, behandlungsrelevante Entscheidungen treffen können. Hauptadressaten sind daher approbierte psychologische und ärztliche Psychotherapeuten. Weitere Adressaten sind Fachgesellschaften, relevante Berufsverbände, Psychotherapeuten- und Ärztekammern sowie Hochschulen und Institutionen der Aus-, Fort- und Weiterbildung, Leistungserbringer (in Kliniken) sowie Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen.

Der Schwerpunkt der Leitlinie liegt auf der psychotherapeutischen Behandlung von Schizophrenie, aber auch andere psychotische Störungen wie Wahnhafte Störungen, Schizoaffektive Störungen und Kurze psychotische Störungen sind mitberücksichtigt. Bipolare Störungen oder Affektive Störungen mit psychotischen Symptomen sind hingegen nicht Gegenstand dieser Leitlinie.

In Abgrenzung zur S3-Behandlungsleitlinie Schizophrenie der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (Gaebel, Falkai, Weinmann & Wobrock, 2006), die sich gerade in Überarbeitung befindet, legt die vorliegende Leitlinie den Fokus vor allem auf die Empfehlung von Behandlungsansätzen für die ambulante Psychotherapie. Für diesen Fokus werden die therapeutischen Ansätze und ihre Evidenz mit einem höheren Auflösungsgrad dargestellt als es im Rahmen der breiter angelegten S3-Leitlinie möglich ist. Hierzu gehört auch eine genauere Darstellung der Evidenz für verschiedene Zielvariablen. Somit bietet die Leitlinie eine transparente Entscheidungshilfe bei der Frage, welcher psychologische Therapieansatz bei welchem Symptomprofil am besten geeignet ist, wobei unter den Praxisfragen auch die Frage nach der Behandlung von komorbiden Störungen aufgegriffen wird. Es erfolgte hingegen keine Evidenzrecherche zu Fragen der Medikation, soziotherapeutischen Maßnahmen oder strukturellen versorgungsrelevanten Aspekten. Für diese Aspekte wird an den entsprechenden Stellen auf die in Bälde erscheinende Neuauflage der S3-Leitlinie Schizophrenie und auf andere Quellen verwiesen.

Wenngleich der Schwerpunkt auf einzeltherapeutischen Ansätzen im ambulanten Setting liegt, wird auch auf gruppentherapeutische Interventionen eingegangen, die bislang vor allem in stationären oder teilstationären Settings durchgeführt wurden. Dabei wurden etablierte deutschsprachige Programme gesondert berücksichtigt. Alle bewerteten Therapieformen werden inhaltlich kurz beschrieben, für detaillierte Schilderungen der Interventionen wird jedoch auf entsprechende Therapiemanuale verwiesen. Daneben werden Hinweise zur Diagnostik gegeben, praxisrelevante Fragen zur Therapiedurchführung erörtert sowie potenzielle Probleme in der Behandlung aufgegriffen.

|11|1.2 Vorgehen

Der aktuelle Stand der Wirksamkeitsstudien für psychotherapeutische Ansätze für Schizophrenie und andere psychotische Störungen wurde systematisch gesichtet und dient als Entscheidungsgrundlage für diese Leitlinie. Berücksichtigt wurden sowohl Originalstudien zur psychotherapeutischen Behandlung von Personen mit Schizophrenie und anderen psychotischen Störungen als auch Zusammenfassungen solcher Studien, vor allem Metaanalysen und systematische Reviews. Die Recherche erfolgte in den Datenbanken Web of Science, Psyndex, PsycInfo und Medline und folgte in ihrer Systematik den von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und der Ärztlichen Zentralstelle für Qualitätssicherung (ÄZQ) herausgegebenen Richtlinien. Bei der Wirksamkeitseinstufung hat sich die Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie jedoch entschieden, den stärker differenzierten Empfehlungen der American Psychological Association (American Psychiatric Association, 2013; Chambless & Hollon, 1998) zu folgen. Diese fordern mindestens zwei randomisierte kontrollierte Studien (RCTs; Heinrichs, Stangier, Gerlach, Willutzki & Fydrich, 2010) für die Einstufung als wirksam. Die Einteilung der hier genutzten Evidenzgrade ist in Tabelle 1 dargestellt, wobei wir in der vorliegenden Leitlinie die Evidenzgrade nach Zielvariablen differenziert haben. Ein Ansatz kann also im Hinblick auf eine Zielvariable (z. B. psychotische Symptomatik) beispielsweise den Evidenzgrad I erreichen, aber im Hinblick auf eine andere Zielvariable (z. B. Veränderung des Funktionsniveaus) einen geringeren Evidenzgrad aufweisen.

Bei der Bewertung der Evidenz verschiedener Behandlungsansätze mithilfe des APA-Schemas (Chambless & Hollon, 1998) wählten wir ein gestuftes Vorgehen: Sofern Metaanalysen vorlagen, wurden diese berichtet. Wenn nicht, wurden randomisiert-kontrollierte Studien, gut angelegte kontrollierte Studien ohne Randomisierung bzw. quasi-experimentelle und schließlich nicht experimentelle deskriptive Studien herangezogen. Evidenzbelege geringer Qualität (beispielweise nicht randomisierte Studien) wurden nur dann berichtet, wenn keine aussagekräftigen Studien höherer Qualität (beispielsweise Metaanalysen) vorlagen. Wenn die Studienlage auf einer Evidenzebene für die Beantwortung der jeweiligen Fragestellung bezüglich der Empfehlungen ausreichte, wurde die Studienlage auf der nächstniedrigeren Evidenzebene nicht mehr berücksichtigt.

Lagen für eine Fragestellung mehrere Metaanalysen vor, so wurden ausgehend von der umfangreichen Metaanalyse, die 2009 im Rahmen der britischen NICE- (National Institute for Health and Care Excellence) Leitlinien erfolgte (National Collaborating Centre for Mental Health, NCCMH, 2014), zunächst alle neueren Metaanalysen ab 2010 bis einschließlich 2016 gesichtet und in der Leitlinie genannt. Lagen keine Ergebnisse der NICE-Metaanalyse vor, wurden zunächst alle anderen vorliegenden Metaanalysen gesichtet und genannt. Anschließend wurde für die weitere Darstellung – aus Gründen der Übersichtlichkeit – jeweils eine |12|begründete Auswahl der darzustellenden Metaanalysen getroffen. Dabei wurden neuere, umfangreichere und methodisch höherwertige sowie von unabhängigen Forschern durchgeführte (z. B. im Rahmen von Leitlinienerstellungen oder von der unabhängigen Cochrane Collaboration) Metaanalysen sowie solche, die weitergehende praxisrelevante Fragen beleuchteten, vorrangig berücksichtigt. Lagen für einen Ansatz nur Metaanalysen fraglicher methodischer Qualität vor, so wurden diese zwar ausgewertet, aber methodische Einschränkungen explizit vermerkt.

Tabelle 1: Verwendete Evidenzgrade für klinische Studien nach den Kriterien der Fachgruppe für Klinische Psychologie und Psychotherapie

Evidenzgrad

Evidenzbasis

Klassifizierung

Ia

Metaanalyse(n) über randomisierte, kontrollierte Studien

Wirksam: Überlegenheit gegenüber Kontrollbedingung in zumindest zwei unabhängigen Forschungssettings

Ib

Mindestens zwei randomisierte, kontrollierte Studien (RCT) aus unabhängigen Forschungsgruppen

IIa

Eine randomisierte, kontrollierte Studie (RCT)

Möglicherweise wirksam

IIb

Serie von gut angelegten quasi-experimentellen Studien (Effectiveness-Studie, prospektive Kohortenstudie, Fallkontrollstudie, experimentelle Einzelfallstudie)

III

Nicht experimentelle oder deskriptive Studien (1-Gruppen-Prä-Post-Vergleiche, Korrelationsstudien)

Bislang ohne ausreichende Wirknachweise

IV

Unsystematische Einzelfallstudien, Kasuistiken, Expertenaussagen, Konsensuskonferenzen, klinische Erfahrung

Anmerkungen: Kriterien entwickelt in Anlehnung an ÄZQ (2003) und Chambless und Hollon (1998); Tabelle nach Heinrichs et al. (2010, S. 9) und Segal et al. (2001).

Wenn für einen Therapieansatz mehrere Metaanalysen vorlagen, legten wir fest, dass für die Einordnung in Evidenzgrad Ia in der Mehrheit der vorhandenen Metaanalysen eine Überlegenheit des Therapieansatzes gegenüber den Kontrollbedingungen in Bezug auf das relevante Outcome nachgewiesen werden sollte.

Es wurden Metaanalysen bzw. Originalstudien berücksichtigt, die Aussagen zu Therapieeffekten auf mindestens einem der folgenden Outcomemaße erlaubten: Gesamtsymptomatik, Positiv- oder Negativsymptomatik, Rückfallraten, Rehos|13|pitalisierungen oder soziales und berufliches Funktionsniveau. Weitere Einschlusskriterien waren, dass mindestens 80 % der Stichprobe der jeweiligen Studie die Diagnose einer psychotischen Störung erhalten haben musste, und dass der untersuchte Behandlungsansatz entweder allein oder in Kombination mit Pharmakobehandlung stattgefunden hatte. Dabei wurden Studien an erwachsenen Patienten im ambulanten und stationären Setting sowie im Einzel- und Gruppenformat berücksichtigt. Es musste zudem mindestens ein reliables Instrument zur Erfassung eines der definierten relevanten Outcomemaße (Positivsymptomatik, Negativsymptomatik, Gesamtsymptomatik, Rückfälle, Rehospitalisierung, soziales Funktionsniveau, globales Funktionsniveau) in der Originalstudie eingesetzt worden sein. Die Originalstudien sollten zudem nach der Einführung des DSM-III-R durchgeführt worden sein, um zu gewährleisten, dass es sich bei den untersuchten Patienten um solche handelt, die nach heutigen Kriterien die Diagnose einer Schizophrenie oder Schizophrenie-Spektrum-Störung erhalten würden. Studien und Metaanalysen, die sich nur auf spezifische Subgruppen bezogen (z. B. nur Ersterkrankte), wurden nicht berücksichtigt.

Für jeden Therapieansatz erfolgt nach einer kurzen Beschreibung zunächst eine Evidenzauswertung anhand des bereits beschriebenen Vorgehens, wobei auch die Evidenz zu der Frage nach der differenziellen Wirksamkeit verschiedener Settings oder Formate dargestellt wird. Anschließend erfolgt eine Zuweisung der in Tabelle 1 dargestellten Evidenzgrade nach APA. Diese ist gegebenenfalls durch eine Erörterung methodischer Einschränkungen oder weiterer Forschungsbedarfe ergänzt. Im Anschluss an die Darstellung der einzelnen Therapieansätze erfolgt eine vergleichende Gesamtbewertung der Leitliniengruppe mit abschließenden Empfehlungen, die einerseits die Wirkungsbreite eines Ansatzes (d. h. hohe Evidenzgrade über verschiedene Zielvariablen hinweg), aber auch die Zahl der in die Metaanalysen eingeschlossenen Primärstudien sowie methodische Einschränkungen im Hinblick auf die zugrunde liegenden Metaanalysen oder Primärstudien berücksichtigt. In diesem Abschnitt wird auch auf Übereinstimmungen und Unterschiede zu den Empfehlungen der britischen NICE-Leitlinien hingewiesen.

Um die Lesbarkeit der Leitlinie zu erhöhen, wurden verschiedene – aber in der Interpretation vergleichbare – Effektstärken (Cohen’s d, Hedge’s g und die standardisierte Mittelwertsdifferenz) vereinfachend als ES bezeichnet (nähere Erläuterungen sind Tabelle 2 zu entnehmen). Hiervon abweichende Effektstärken (z. B. Odds Ratio, Relatives Risiko, η2, nicht standardisierte Mittelwertsdifferenzen) werden gesondert genannt. Zudem wurde auf eine Angabe des Konfidenzintervalls verzichtet. Um die Verständlichkeit zu erhöhen, wurden – teils abweichend von der Darstellung in den Metaanalysen – alle Effekte zugunsten der jeweiligen Therapieform mit einem positiven Vorzeichen berichtet. Ferner wurden Follow-up-Zeiträume der Einfachheit halber in drei Kategorien eingeteilt: Unmittelbar nach der Therapie (Behandlungsende), bis zu einem Jahr nach dem Therapieende (mittleres Follow-up), mehr als ein Jahr nach Therapieende (langes Follow-up).

Nach Abschluss der Recherchen (letzte Aktualisierung Juli 2017) wurde ein erster Entwurf der gesamten Leitlinie erstellt, der von zwei ambulanten Psychotherapeuten und einem Mitglied der DGPs auf Verständlichkeit und relevante fehlende Aspekte geprüft wurde. Ferner wurden teilweise Experten für die dargestellten Psychotherapierichtungen und Interventionsansätze herangezogen, um auf zusätzliche Literatur hinzuweisen. Der daraus resultierende revidierte Entwurf der Leitlinie wurde den Mitgliedern der DGPs Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie (über den E-Mail-Verteiler der DGPs) im Februar 2018 zur Kommentierung angeboten. Die resultierenden konkreten Rückmeldungen der Fachgrup|16|penmitglieder, des Leitlinienlenkungsausschusses und der Sprechergruppe der Fachgruppe wurden von den Autoren diskutiert und Änderungsvorschläge – abgesehen von kleineren Ausnahmen – umgesetzt. Die überarbeitete Gesamtfassung der Leitlinie wurde schließlich in der Mitgliederversammlung der Fachgruppe (Mai 2018) konsentiert und verabschiedet.

1

siehe http://www.bptk.de/aktuell/einzelseite/artikel/psychotherap-83.html

2

Um den Lesefluss zu erleichtern, wird im Folgenden die männliche Version verwendet. Damit sind beide Geschlechter gleichermaßen gemeint. Gleiches gilt auch für andere Bezeichnungen, z. B. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.