Falschspiel - Silvia Stolzenburg - E-Book

Falschspiel E-Book

Stolzenburg, Silvia

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Beschreibung

Nachdem Mark Becker aus dem Dienst bei der Bundeswehr ausgeschieden ist, entscheidet er sich dazu, in die Securityfirma eines ehemaligen Kameraden einzusteigen. Die Auftragsbücher sind voll. Unter anderem muss ein Sicherheitskonzept für den Cannstatter Wasen erstellt werden. Als Mark durch Zufall eine Wanze in seinem Wagen entdeckt, keimt ein Verdacht in ihm auf. Galt ein eben erst vereitelter Anschlag ihm? Mit Hilfe eines Freundes beschließt er, den Lauschern eine Falle zu stellen. Da explodiert eine Handgranate in einem Festzelt auf dem Wasen …

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Silvia Stolzenburg

Falschspiel

Thriller

Impressum

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Autoren- und Projektagentur Gerd F. Rumler (München)

Bisherige Veröffentlichungen im Gmeiner-Verlag:

Die Salbenmacherin und der Engel des Todes (2019); Die Meisterbanditin (2018); Das Erbe der Gräfin (2018); Das dunkle Netz (2018); Die Launen des Teufels (2018); Die Salbenmacherin und die Hure (2017); Blutfährte (2017); Die Salbenmacherin und der Bettelknabe (2016); Die Salbenmacherin (2015)

Personen und Handlung sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

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Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch

Telefon 0 75 75 / 20 95 - 0

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten

1. Auflage 2019

 

Lektorat: Claudia Senghaas

Herstellung: Julia Franze

E-Book: Mirjam Hecht

Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

unter Verwendung eines Fotos von: © Andrey Kuzmin / shutterstock.com

und © Nicolas / fotolia.com

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany

ISBN 978-3-8392-6006-7

Widmung

Für Effan, Schmetterling und Sonnenschein

Kapitel 1

In der Nähe von Stuttgart, September 2017

»Bitte! Ich habe verstanden, was ihr wollt. Lasst mich gehen!« Die Stimme des jungen Mannes überschlug sich vor Furcht. Er hob flehend die Hände und sah sich angstvoll um. Das Waldstück, in das man ihn geführt hatte, lag verwaist da. Nichts rührte sich in der Dämmerung, nicht einmal die Vögel in den Wipfeln der Bäume gaben ein Geräusch von sich. Hie und da segelte ein Blatt auf den Boden, der vom Regen der vergangenen Nächte feucht und aufgewühlt war.

»Halt dein Maul!«, blaffte ihn einer der Kerle an, die ihn mit vorgehaltener Waffe aus seinem Wagen gezerrt hatten. »Grab weiter.«

»Das kann nicht euer Ernst sein!«, protestierte der junge Mann und warf die Schaufel auf den Boden.

»Wir machen keine Witze«, war die Antwort, die ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Einer der Bewaffneten trat auf ihn zu, holte aus und rammte ihm die Faust in den Magen.

Er sackte mit einem gepressten Laut auf die Knie.

»Du kannst es auf die harte Tour haben oder auf die schnelle«, knurrte der Schläger. Er trat dem am Boden Liegenden mit dem Stiefel in die Seite.

Der Schmerz war so heftig, dass er sich erbrach. Keuchend versuchte er sich aufzurappeln, bevor ihn ein weiterer Tritt traf. »Bitte«, wimmerte er.

»Du hättest früher daran denken sollen, was passiert, wenn man sich Dinge nimmt, die einem nicht gehören«, sagte der zweite Entführer kalt. Er musterte ihn mit ausdrucksloser Miene, während er mit der Pistole auf seinen Kopf zielte. »Und jetzt grab weiter.«

Er wurde grob auf die Beine gezerrt.

»Mach schon!«

Obwohl es für einen Abend im September noch ziemlich warm war, schlugen seine Zähne aufeinander. Seine Arme fühlten sich an, als seien sie aus Gummi, als er den Griff der Schaufel umfasste und das Blatt in den schlammigen Boden trieb. Da ihm nichts anderes übrig blieb, als dem Befehl zu folgen, grub er, bis ihm die Muskeln brannten.

»Das sollte reichen«, ertönte schließlich die Stimme des Mannes, der die Waffe auf ihn gerichtet hatte.

Die Angst verstärkte sich. Meinten sie es wirklich ernst? Oder wollten sie ihm nur einen Schrecken einjagen, ihm klarmachen, dass er einen unverzeihlichen Fehler begangen hatte? Er warf die Schaufel auf den Boden und fiel auf die Knie. Vielleicht genügte es, wenn er sich vor ihnen erniedrigte. »Bitte!«, flehte er erneut. »Ich …«

Ein Schuss schnitt ihm das Wort ab. Die Kugel grub sich neben ihm in den Boden, das Echo des Knalls wurde von den Bäumen zurückgeworfen.

»Ich habe gesagt, du sollst dein Maul halten!« Der Mann mit der Waffe gab ihm zu verstehen, sich neben das Loch zu stellen.

Oh Gott! Die Furcht, die ihn zu lähmen drohte, verwandelte sich in Panik. Ohne nachzudenken, griff er mit beiden Händen in den Dreck und schleuderte ihn den beiden Kerlen entgegen. Sein Instinkt übernahm die Kontrolle. Während sein Herzschlag davonraste, kam er auf die Beine und stolperte weg von der Grube.

»Scheißkerl!« Mehrere Schüsse pfiffen ziellos durch die Luft.

»Verdammt!«

»Oh Gott!«, keuchte er und schlug Haken wie ein Hase. Als er sich nach wenigen Metern umsah, verfing er sich in einer Wurzel und wäre beinahe lang hingeschlagen. Mit einem verzweifelten Laut kämpfte er um sein Gleichgewicht und floh weiter, während die beiden Männer die Verfolgung aufnahmen.

Ein weiterer Schuss peitschte dicht an ihm vorbei und riss ein Loch in einen Stamm.

Die Verzweiflung gab ihm seine Kraft zurück. So schnell, wie er noch nie in seinem Leben gerannt war, stürmte er auf eine kleine Lichtung zu, an deren Ende ein Feldweg aus dem Wald zu führen schien. Außerdem meinte er, einen Schuppen oder eine Hütte erkennen zu können. Wenn er Glück hatte, gab es dort jemanden, der ihm helfen konnte. Er hatte die Mitte der Lichtung noch nicht ganz erreicht, als ihn ein gewaltiger Schlag in den Rücken traf. Wenig später hallte ein weiterer Schuss durch den Wald.

Fassungslos griff er sich an die Brust, sackte in die Knie und rang röchelnd um Atem. Was war passiert? Hatten sie auf ihn geschossen? Warum spürte er dann keinen Schmerz? Wie im Traum sah er die beiden Männer auf sich zukommen und den Größeren von ihnen erneut die Waffe heben.

»Das reicht«, hörte er den anderen sagen. »Wenn du noch mehr rumballerst, läuft hier bald die ganze Gegend zusammen.«

Der Kerl mit der Waffe schnaubte. »Die denken bestimmt, hier wird gejagt.«

»Das Risiko dürfen wir nicht eingehen. Schnapp dir seine Beine.«

Der junge Mann spürte, wie er vom Boden aufgehoben wurde. Wenig später wurde er unsanft fallengelassen und mit dem Fuß in die Grube gestoßen.

»Nimm die Schaufel!«, befahl einer der Kerle dem anderen.

Als die ersten Erdklumpen auf ihn fielen, wurde es dem Angeschossenen schwarz vor Augen.

»Beeil dich! Da kommt ein Auto«, war das Letzte, was er hörte, ehe er das Bewusstsein verlor.

Als er wieder zu sich kam, war es stockdunkel. Zuerst dachte er, er sei tot. Doch dann raschelte es dicht an seinem Ohr und er vernahm den gedämpften Ruf einer Eule.

Etwas kitzelte ihn in der Nase. Ein dumpfer Schmerz pochte in seinem Rücken. Mühsam schlug er die Augen auf, aber die Dunkelheit blieb. Voller Panik öffnete er den Mund, um nach Luft zu schnappen, und fing an zu husten. Auch mit dem nächsten Atemzug kam Dreck in seine Lunge, so dass sich die Panik verstärkte. Die Erinnerung an das, was vorgefallen war, traf ihn wie ein Faustschlag. Sie hatten ihn bei lebendigem Leib begraben! Bevor sein Verstand reagieren konnte, schoss ihm Adrenalin in die Adern und er begann zu strampeln und wild um sich zu schlagen. Vollkommen kopflos, wühlte er sich durch lockere Erde und eine Schicht Blätter, zog sich aus der Grube und brach schließlich entkräftet daneben zusammen. Sein Herz schlug so heftig, dass er das Gefühl hatte, es wolle ihm die Rippen sprengen. Während der Schmerz ihm Tränen in die Augen trieb, begriff er, was passiert sein musste. Offenbar waren die Kerle gestört worden, bevor sie das Grab hatten zuschaufeln können, weshalb sie ihn nur notdürftig mit Blättern bedeckt hatten. Vermutlich würden sie bald zurückkehren, um ihr angefangenes Werk zu vollenden. Er musste fort von hier! Mit der Kraft der Verzweiflung zwang er sich aufzustehen und im Dunkeln den Weg zu der kleinen Lichtung zu suchen. Immer wieder brach er dabei in die Knie, doch die Todesangst trieb ihn weiter. Wenn er in diesem Wald nicht elendig verrecken wollte, musste er so schnell wie möglich Hilfe finden!

Kapitel 2

Heidenheim, September 2017

Der Morgen war so warm wie der eines Hochsommertages. Die Sonne strahlte aus einem makellos blauen Himmel, an dem sich Schwalben tummelten. Bienen summten um den Rosenbusch, der auf Mark Beckers Terrasse in einem Kübel vor sich hin welkte, und eine Armee von Ameisen wuselte zwischen den Betonplatten hin und her. Aus dem Nachbarsgarten wehte der Duft von Weichspüler herüber, der Mark verriet, dass dort Wäsche aufgehängt wurde. Auf dem Gehweg gegenüber rumpelte ein Bobby Car den kleinen Abhang hinab.

»Nicht so schnell!«, hörte er die Mutter des Dreikäsehochs rufen, der lauthals »Wiuwiuwiu« krähte.

Obwohl er sich am liebsten fürs Joggen fertig gemacht hätte, ging Mark von der Terrasse zurück ins Haus und stellte seinen Kaffeebecher in die Spüle. Dann machte er sich auf den Weg nach oben, stieg in die Dusche, putzte Zähne und zog sich ein letztes Mal seinen Feldanzug an. Auf das rote Barett der Feldjäger verzichtete er, da er es ohnehin bald nicht mehr tragen durfte. Die Vorstellung machte ihn wütend, aber er unterdrückte den Zorn. Er war selbst schuld an seiner Lage. Hätte er auf seinen Chef gehört …

Nachdem sein Hauptmann vor fast einem halben Jahr eine Ermittlung gegen ihn eingeleitet hatte, hatte die Drohung eines Disziplinarverfahrens über ihm geschwebt. In scheinbar endlosen Sitzungen waren Zeugen vernommen und Tatorte untersucht worden und am Ende hatte sein Chef ihn vor die Wahl gestellt: Entweder Mark schied freiwillig aus dem Dienst aus oder sein Hauptmann würde bei dem Verfahren für eine Entfernung aus dem Dienstverhältnis plädieren. Das Ganze hatte sich wochen- und monatelang hingezogen, bis Marks Anwalt ihm vor zehn Tagen schließlich ein Formular vorgelegt hatte.

»Unterschreiben Sie das«, hatte er gesagt. »Dann kommen Sie mit einem blauen Auge davon.« Er hatte ungeduldig auf die gestrichelte Linie getippt. »Sie haben Riesenglück, dass Ihr Fall nicht an die Staatsanwaltschaft abgegeben worden ist. Hätte Frau Schäfer nicht zu Ihren Gunsten ausgesagt …«

Mit gemischten Gefühlen hatte Mark den Wisch unterzeichnet, mit dem er seine Entlassung aus der Bundeswehr verlangte.

»Du gibst alles ab, klar?«, hatte sein Chef die Vorlage des Dokuments kurz angebunden kommentiert. Nachdem der Anwalt das Büro verlassen hatte, hatte er sich von seinem Drehstuhl erhoben und den Kopf geschüttelt. »Ich wünschte mir, du hättest es nicht so weit kommen lassen.«

Mark schnitt eine Grimasse, als er sich an das Gespräch erinnerte. Ein Teil von ihm war froh, endlich dem stinklangweiligen Schreibtischdienst zu entkommen, zu dem er verdonnert worden war. Ein anderer Teil von ihm trauerte schon jetzt dem Dienst als Feldjäger hinterher.

Mit einem Seufzen klemmte er sich das rote Barett unter den Arm und ging zurück nach unten. Dort schnappte er sich seine Tasche, verließ das Haus und stieg in seinen Passat. Da er nicht pünktlich um sieben zum Antreten in der Kaserne sein musste, ließ er sich auf dem Weg nach Ulm Zeit. Als schließlich die Einfahrt der Wilhelmsburg-Kaserne in Sicht kam, grüßte er den Wachmann, hielt seine Karte an den Kartenleser und tippte einen Code in das Pinpad. Sobald sich die rot-weiße Schranke öffnete, fuhr er auf das Gelände und parkte direkt vor dem Dienstkommando der Feldjäger. Missmutig erklomm er die Metallstufen zum Eingang des flachen Backsteingebäudes. Auch hier gab er einen Code ins Pinpad ein und ging hinauf in den ersten Stock, in dem sich sein Büro befand.

Seine Kameraden nickten ihm beklommen zu, einige murmelten ein »Guten Morgen«. Sie alle wussten, was vorgefallen war, doch keiner wollte sich etwas anmerken lassen.

Mit gesenktem Kopf trottete Mark den Korridor entlang und verschwand in seinem Büro. Bevor er sich das letzte Mal bei seinem Hauptmann meldete, musste er seine Privatsachen zusammensuchen. Die Sonne schien durch das Fenster auf den bereits aufgeräumten Schreibtisch. Winzige Staubkörnchen tanzten im Licht. Mit einem Brummen pfefferte Mark seine Tasche auf das Sofa neben der Tür und fing an, die überall verstreuten Sportklamotten zusammenzusuchen. Ein Handtuch, das noch feucht war von seiner letzten Dusche, hing über einem Kleiderbügel am Schrank. Hinter dem Schreibtisch stapelte sich auf einem kleinen Aktenwagen Papier, darauf lag ein Helm. In der anderen Ecke stand ein Blecheimer mit hölzernem Toilettensitz. Außerdem lagen dort Wüstenanzüge und schusssichere Westen mit Bleiplatten im Brustbereich. Da Mark weder die Akten noch die Ausrüstung mitnehmen durfte, wandte er sich dem Kleiderschrank zu und packte die Zivilkleidung ein, die sich dort angesammelt hatte. Den Sachen folgten ein paar gerahmte Fotos von Einsätzen in Afghanistan, dann schälte er sich aus dem Feldanzug und schlüpfte in Jeans und Pulli.

»Das war’s jetzt also?« Einer seiner Kameraden hatte sich doch ein Herz genommen und steckte den Kopf in den Raum.

Mark ging auf ein Knie, um sich die Turnschuhe zu binden. »Jepp«, gab er kurz angebunden zurück. Er hatte keine Lust, darüber zu reden.

»Wenn du mal was trinken gehen willst, ruf an«, sagte der Feldwebel.

Mark kam auf die Beine und schulterte seine Tasche. »Mach ich«, versprach er.

»Ist echt Scheiße«, murmelte der Kamerad.

Die Bemerkung war nicht gerade hilfreich.

Mark zuckte die Achseln. »Shit happens.« Er klopfte dem anderen auf die Schulter. »Haltet den Laden in Schwung«, scherzte er. Dann nickte er zum Abschied und ging ein letztes Mal den Korridor entlang.

Im Erdgeschoss wandte er sich nach rechts und stand wenig später im Büro seines Chefs. »Ich bin fertig«, sagte er.

Der Hauptmann sah von einer Akte auf, in der er geblättert hatte. Seine Miene verriet keine Gefühlsregung.

»Mein Dienstausweis.« Mark legte die laminierte Plastikkarte auf den Tisch. »Ich habe alles ausgeräumt.«

Sein Chef kam auf die Beine. »Schade«, sagte er nach einigen Augenblicken des peinlichen Schweigens. »Wirklich schade. Du hättest es sicher bis zum General gebracht.«

Die Worte trafen Mark wie Messerstiche. Die Karriere als Berufssoldat aufgeben zu müssen, war für ihn beinahe wie eine Armamputation. Seine Laufbahn war bis ins Kleinste geplant gewesen. Der Job hatte ihm Spaß gemacht und er hatte keine Ahnung, was er als Zivilist anfangen sollte. Trotzdem versuchte er, sich nichts anmerken zu lassen, und scherzte: »Das ganze Lametta auf der Uniform hätte mir vermutlich sowieso nicht gestanden.«

Der Hauptmann schüttelte den Kopf. Er kam auf Mark zu und streckte ihm die Hand entgegen. »Ich wünsche dir viel Glück.«

Mark schlug ein.

»Versuch, deinen Hitzkopf unter Kontrolle zu kriegen«, sagte sein Chef. »Sonst landest du irgendwann im Knast.« Er bedachte Mark mit einem warnenden Blick. »Was hast du jetzt vor?«

Mark zuckte die Achseln. »Erst mal Urlaub machen«, gab er zurück. Er wollte nicht zugeben, dass er keine Ahnung hatte, wie sein Leben ohne die Bundeswehr aussehen sollte.

»Ich wünschte wirklich, es wäre anders gelaufen.«

Ich auch, dachte Mark. Nachdem sie noch ein bisschen sinnlosen Smalltalk gemacht hatten, verabschiedete er sich endgültig und verließ das Dienstkommando. Draußen atmete er ein paar Mal tief durch, ehe er zu seinem Passat ging und seine Sachen in den Kofferraum warf. Er war gerade eingestiegen, als sein Handy klingelte. Ein Blick aufs Display verriet ihm, wer der Anrufer war. »Michael«, begrüßte er den Mann am anderen Ende.

»Hi, Mark. Alles klar?«

Mark blies die Wangen auf. »Nicht wirklich«, sagte er. »Ich hab gerade meinen Dienstausweis abgegeben.«

»Hast du dir mein Angebot durch den Kopf gehen lassen?«, kam Michael Kuhn zur Sache. Vor ein paar Wochen hatte er Mark kontaktiert und ihn gefragt, ob er bei ihm einsteigen wollte. Der ehemalige Mitarbeiter des MAD, des Militärischen Abschirmdienstes, hatte sich in Stuttgart mit einer Sicherheitsfirma selbstständig gemacht und war auf der Suche nach Führungskräften. Oder Partnern, wie er Mark hatte wissen lassen. Da seine Firma für den Veranstaltungsschutz des Cannstatter Wasens angeheuert worden war, suchte er händeringend neue Mitarbeiter. Mark sollte ihm dabei helfen, da die Zeit drängte.

Mark lehnte den Kopf an die Kopfstütze und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Ich weiß nicht …«

»Das wäre genau das Richtige für dich. Komm schon. Ich brauche Leute wie dich.« Dass Michael Kuhn so schnell von Marks Dilemma erfahren hatte, sprach für seine immer noch exzellenten Beziehungen.

»Sicherheitsfuzzi? Echt?« Mark war wenig begeistert von der Vorstellung.

»Hast du schon was anderes?«

»Vielleicht«, log Mark. Er brauchte Zeit, um sich die Sache durch den Kopf gehen zu lassen.

Michael Kuhn seufzte. »Ich kann beim Gehalt noch ein bisschen höher gehen«, sagte er. »Aber viel Spielraum habe ich nicht mehr. Du weißt, dass wir noch nicht lange im Geschäft sind. Der Auftrag für den Wasen ist echt wichtig.«

»Hör zu, ich muss jetzt erst mal nach Hause«, sagte Mark nach einigen Sekunden des Schweigens. Er wusste, warum er zögerte. Auch wenn Michael Kuhn ihm etwas anderes versprochen hatte, befürchtete er, früher oder später als Türsteher oder Kindermädchen für verwöhnte reiche Gören zu enden. Außerdem war der Grund für seine Entlassung aus dem Dienst eine private Sicherheitsfirma gewesen, die nicht nur Söldner anheuerte, sondern auch Profikiller auf der Gehaltsliste hatte. Ein Teil von Mark befürchtete, dass schwarze Schafe in der Branche nicht die Ausnahme waren.

»Überleg es dir nicht zu lange«, unterbrach Michael Kuhn seine Gedanken. »Du kannst nicht einfach irgendeinen Bürojob machen. Glaub mir, da würdest du dich zu Tode langweilen.«

Mark lachte freudlos. »Ich melde mich«, versprach er halbherzig, dann legte er auf. Er warf das Telefon auf den Beifahrersitz und schloss die Augen. »Fuck!«, schimpfte er. Was für eine verdammte, beschissene Scheiße!

Kapitel 3

Ulm, September 2017

Sobald Marks Passat das Gelände der Kaserne verlassen hatte, startete der Fahrer, der auf dem Gehweg gegenüber geparkt hatte, seinen Wagen. Die ganze Zeit über hatte er den Parkplatz vor dem Dienstkommando im Blick behalten, während er vorgab, mit dem Handy zu telefonieren. Die Wache hatte zwar ein paar Mal zu ihm hinübergesehen, sich allerdings nicht weiter für ihn interessiert. Kein Wunder, da er in einem langweiligen grauen Anzug steckte und eine Oberklasselimousine fuhr. Wer würde hinter so einer Fassade jemanden wie ihn vermuten?

Hätte der Wachposten genauer hingesehen, wäre ihm aufgefallen, dass der Beobachter gebaut war wie ein Panzer. Auf einem bulligen Nacken saß ein runder Kopf mit stoppelkurzem Haar. Obwohl der Mann sich bemühte, wie ein ganz normaler Geschäftsreisender zu wirken, war ihm klar, dass die Täuschung keiner genaueren Überprüfung standhalten würde.

Er hätte einen seiner Männer schicken können. Allerdings war Mark Becker in den vergangenen Monaten zu einer Art Besessenheit für ihn geworden. Immerhin war der verantwortlich dafür, dass ein paar seiner besten Männer aus dem Verkehr gezogen worden waren und sie die Firma, die als Fassade fungierte, verloren hatten. Noch immer kochte die Wut in ihm, doch er zwang sich, einen kühlen Kopf zu bewahren.

Er war ein Profi.

Der Druck auf den Feldjäger schien immer größer zu werden. Nicht mehr lange, dann war die Zeit reif. Mit einem kalten Lächeln wartete er, bis sich zwei Autos zwischen ihm und Mark befanden, ehe er vom Gehweg fuhr. Es wäre nicht nötig gewesen, vor Ort zu sein, da er Marks Wagen mit einem GPS-Tracker versehen hatte. Außerdem klebte im Fußraum des Beifahrersitzes eine winzige Wanze. Sein Haus war ebenfalls verwanzt, weshalb der Bullige genau über alles Bescheid wusste, was sich in Mark Beckers Leben abspielte.

Was am anderen Ende des Telefons gesagt worden war, hatte er nicht hören können. Das war auch nicht nötig, weil ihm klar war, mit wem Mark gesprochen hatte. Die Ironie der Situation war beinahe komisch.

Obwohl der Drang, Marks Wagen zu überholen, die Waffe zu ziehen und ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen, beinahe unwiderstehlich war, zwang er sich zur Ruhe. Geduld, schärfte er sich ein. Wenn sich die Dinge weiter so entwickelten … Er presste die Lippen aufeinander und folgte Mark in Richtung Autobahn.

Kapitel 4

Stuttgart, September 2017

»Mann! Das nimmt gar kein Ende«, stöhnte Lisa Schäfer. Entnervt lehnte sie sich in ihrem Schreibtischstuhl zurück und raufte sich die kurzen blonden Haare. Der Berg an Papierkram schien jeden Tag größer zu werden. »Wenn nicht bald ein neuer Fall reinkommt, werde ich verrückt«, schimpfte sie.

Jonas Kling, der Kollege, mit dem sie sich das Büro teilte, stand auf, legte eine weitere Akte in ihre Inbox und grinste. Wie immer steckte er in einer verwaschenen Jeans, einem weißen Hemd und Turnschuhen. Obwohl er nicht viel älter als Mitte 30 war, hatte er so gut wie keine Haare. Deshalb rasierte er sich jeden Morgen den Kopf und trug seit neuestem eine schicke rote Brille, die ihm vermutlich seine Freundin ausgesucht hatte. Seine dunklen Augen funkelten Lisa belustigt an. »Gleich kommt: Kann sich der Scheiß nicht von alleine erledigen?«, lästerte er.

Lisa warf einen alten Radiergummi nach ihm. »Ja. Warum nicht?«, brummte sie. »Sag bloß, dir macht der Mist Spaß!«

Jonas nahm einen Apfel aus der Schale auf dem Fensterbrett und warf ihn Lisa zu. »Iss. Vitamine sind gut gegen schlechte Laune.«

Lisa musterte den Apfel wie ein giftiges Insekt. Dann legte sie ihn auf den Schreibtisch und verzog das Gesicht. »Ehrlich, ich brauche dringend einen Fall. Ich habe den Eindruck, Thomas schleust immer noch alles an mir vorbei.« Seit dem letzten Fall mit Mark Becker, der beinahe in einer Katastrophe geendet hatte, parkte ihr Chef sie auf dem Abstellgleis.

»Wundert dich das?«, fragte Jonas. Er bedachte Lisa mit einem Blick, der sie die Augen verdrehen ließ.

»Meine Güte! Es war doch nicht mein Fehler! Diesen verdammten Mark Becker hättest du auch nicht aufgehalten!«

»Ich hätte aber gewartet, bis das SEK vor Ort ist«, gab Jonas Kling trocken zurück.

»Ach!«, schnaubte Lisa. »Das ist jetzt lange genug her. Ich hab’s kapiert. Keine Alleingänge mehr.«

»Das solltest du vielleicht lieber Thomas sagen als mir«, gab Jonas Kling zurück.

»Was soll sie mir sagen?«, ertönte die Stimme ihres Chefs in Lisas Rücken.

Lisa drehte sich mit ihrem Stuhl um. »Musst du dich immer so anschleichen?«

Thomas Fuchs lachte. Er hielt einen gelben Aktendeckel in der Hand. »Du willst einen Fall?«, fragte er.

Lisa stand auf und riss ihm die Akte förmlich aus der Hand. Nach einem kurzen Blick hinein runzelte sie die Stirn. »Ein versuchtes Tötungsdelikt?«

Thomas Fuchs nickte. »Gestern Abend wurde ein Mann von einem Bauern, der noch mal nach seinen Schafen sehen wollte, auf einem Waldweg gefunden. Offenbar hat jemand versucht, ihn zu erschießen. Das Opfer, nicht den Bauern.« Er sah sich nach einem Stuhl um. »Beaker und ein paar Kollegen von der Spusi suchen gerade die Umgebung des Auffindeortes ab.« Er schob sich mit einer Pobacke auf den Schreibtisch und verschränkte die Arme. »Das Opfer liegt im Robert-Bosch-Krankenhaus. Ich dachte mir, ihr beide könntet versuchen, ihn zu vernehmen.«

»Ist er denn vernehmungsfähig?«, wollte Jonas wissen.

Thomas Fuchs zuckte die Achseln. »Das erfahrt ihr im Krankenhaus. Soviel ich weiß, ist er sofort notoperiert worden.«

»Kann’s ein Jagdunfall gewesen sein?«, fragte Lisa.

»Keine Ahnung. Das Projektil ist noch im Krankenhaus.«

»Toll«, brummte Lisa. »Haben wir keinen richtigen Fall?«

Ihr Chef lachte. »Der ist richtig genug, finde ich. Es tauchen nicht jeden Tag Angeschossene mitten im Wald auf.«

Lisa blies die Wangen auf und ließ die Luft durch die gespitzten Lippen entweichen. Dann zuckte sie die Achseln. »Besser als Papierkram.« Als ihr Chef etwas sagen wollte, kam sie ihm zuvor. »Wir halten uns strikt an die Vorschriften, keine Angst.«

»Das höre ich gern«, gab er zurück. »Aber ich wollte was Anderes sagen. Versucht zuerst rauszufinden, wie er heißt. Er hatte weder eine Brieftasche noch ein Handy dabei.«

»Also vermutlich kein Jäger«, bemerkte Jonas.

»Vermutlich nicht.«

»Alles klar.« Lisa nahm ihre Jacke vom Haken neben der Tür. »Sonst noch was, das wir wissen sollten?«

»Das ist bisher alles, was der Dauerdienst an uns weitergegeben hat.«

»Okay.« Lisa steckte den Apfel, den Jonas ihr zugeworfen hatte, in die Tasche und verließ mit ihm das Büro. »Willst du fahren?«

»Mir egal.«

»Dann hol den Schlüssel aus dem Geschäftszimmer. Ich muss noch kurz aufs Klo und warte im Hof auf dich.« Sie ließ Jonas stehen und machte sich auf den Weg zur Toilette. Dann ging sie die Treppen hinab und trat wenig später auf den Hof hinter dem Präsidium hinaus. Obwohl es noch ziemlich früh war, brannte die Sonne schon mit voller Kraft vom Himmel. Es roch nach der trockenen Erde des Weinberges, der an die Dienststelle angrenzte, nach Abgasen und Zigarettenrauch. Mit einem Prusten zog Lisa ihre Jacke wieder aus und reckte das Gesicht in die Sonne.

»Soll ich dir einen Liegestuhl holen?«, frotzelte Jonas, als er kurz darauf ebenfalls ins Freie trat.

»Da hätte ich nichts dagegen.« In diesem Jahr war Lisas Sommerurlaub ausgefallen, weil sie wie alle anderen Kollegen Überstunden geschoben hatte. In vier Wochen wollte sie auf die Malediven, wusste allerdings immer noch nicht, ob es klappen würde. Statt eines Liegestuhls wartete ein heißer Autositz auf sie. »Mann!«, stöhnte sie und ließ das Fenster runter.

Jonas schaltete das Radio ein, dann fuhr er zur B10 und bog ein paar Meter weiter nach rechts in Richtung Krankenhaus ab, das sie zehn Minuten später erreichten. Der Glas- und Betonkomplex lag wie die Hahma, das Polizeipräsidium, am Rand des Weinberges, in dem der Weinbauer bereits mit der Ernte begonnen hatte. Jonas fuhr direkt ins Parkhaus, dann machten sie sich auf zum Haupteingang.

»Wir sind von der Kriminalpolizei.« Lisa zeigte der Frau an der Rezeption ihren Dienstausweis und erklärte ihr, warum sie da waren.

»Die Intensivstation ist im ersten Stock«, informierte sie die Dame. »Sie müssen den behandelnden Arzt fragen, ob der Patient ansprechbar ist.« Sie beschrieb ihnen den Weg und nannte ihnen den Namen des Arztes.

Anstatt den Lift nahmen sie die Treppen und zogen wenig später die Glastür auf, die in den sterilen Korridor der Intensivstation führte. Lisa fing die erste Krankenschwester ab, die ihnen über den Weg lief. »Wo finden wir Doktor Aydin?« Sie hielt der Frau ihren Ausweis vors Gesicht.

»Im Schwesternzimmer.« Die Frau zeigte mit dem Daumen über die Schulter.

»Im Schwesternzimmer, soso«, kommentierte Jonas.

Lisa verdrehte die Augen. »Manchmal frage ich mich, wie alt du bist«, brummte sie.

Als sie an die Tür des kleinen Kabuffs klopften, öffnete eine schlanke Frau mit rabenschwarzen langen Haaren. In ihrer Tasche steckte ein Stethoskop.

»Doktor Aydin?«, fragte Lisa.

Die Frau nickte.

Jonas gab einen grunzenden Laut von sich, den Lisa ignorierte.

»Wir wollen zu dem Patienten mit der Schusswunde«, erklärte Lisa. »Können wir ihm ein paar Fragen stellen?«

Doktor Aydin schüttelte bedauernd den Kopf. »Wir mussten ihn in ein künstliches Koma versetzen. Die Kugel war ziemlich dicht bei seinem Herzen und hat einen großen Teil der Lunge zerstört.«

»Wird er durchkommen?«, fragte Jonas.

»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Es besteht immer die Gefahr einer Infektion …« Doktor Aydin warf einen Blick nach hinten, als eine der Schwestern ihr auf die Schulter tippte. Die Frau hielt eine Plastiktüte in der Hand. »Oh, das hätte ich fast vergessen«, sagte die Ärztin, nahm der Schwester die Tüte ab und hielt sie Lisa hin. »Das Projektil, das wir aus dem Patienten geholt haben.« Sie runzelte die Stirn.

Lisa nahm ihr die Tüte ab. Beaker würde sicher nicht begeistert sein, weil das Beweisstück zweifelsohne durch mehrere Hände gegangen war. Allerdings verriet ihr ein Blick auf die Kugel, dass es sich ganz sicher nicht um einen Jagdunfall handelte.

»Er wurde von hinten angeschossen«, bestätigte Doktor Aydin ihre Vermutung.

»Das Ding kam aus einer Fünfundvierziger«, sagte Jonas, sobald sie die Intensivstation wieder verlassen hatten.

Lisa nickte. »Sieht so aus. Der Fall scheint doch nicht so langweilig zu sein, wie ich dachte.«

Kapitel 5

Heidenheim, September 2017

Als Mark zu Hause ankam, parkte er seinen Passat, holte seine Sachen aus dem Kofferraum und schleppte alles in die Waschküche. Die Sportklamotten und Handtücher stopfte er in die Waschmaschine, dann ging er nach oben und zog sich zum Joggen um. Er wusste, dass er vor einer Entscheidung davonrennen wollte, doch wenn er sich nicht auspowerte, würde es ihn vermutlich zerreißen. Nachdem er seine Trinkflasche gefüllt hatte, steckte er sie in den eigens dafür gedachten Gürtel und verließ das Haus. Ohne sich mit Aufwärmen aufzuhalten, rannte er den steilen Weg zum Schloss hinauf. Schon nach der Hälfte der Treppen brannte seine Lunge, trotzdem zog er das Tempo weiter an. Beim Schloss angekommen, wandte er sich nach links und trabte auf den Wildpark hinter dem Krankenhaus zu. Auf dem Spielplatz neben dem Naturtheater tobten ein paar Jungs, deren Mütter sich auf einer der Holzbänke miteinander unterhielten. Mark ignorierte die Blicke, die zwei von ihnen ihm zuwarfen, und lief auf den Schotterweg zu. Dann legte er noch einen Zahn zu.

Fast zwei Stunden rannte er wie ein Verrückter durch den Wald, bis ihm das Wasser ausging. Klitschnass und mit schweren Beinen trampelte er schließlich die Treppe zu seiner Haustür hinauf und steckte im Bad erst einmal den Kopf unter den Wasserhahn. Dann ging er in die Küche, holte sich eine Flasche Mineralwasser und leerte sie in wenigen Zügen. Sobald er ein wenig abgeschwitzt hatte, stieg er in die Dusche. Als er sich zehn Minuten später mit einem fetten Sandwich und einem Kaffee auf die Terrasse setzte, fühlte er sich wie ein neuer Mensch. Das Laufen hatte ihm den Kopf frei gemacht. Die Leere und Niedergeschlagenheit waren wie weggewischt und er beschloss, das Endorphinhoch auszunutzen. Bevor er es sich anders überlegen konnte, wählte er Michael Kuhns Nummer. »Ich bin’s«, sagte er, als der ehemalige Kamerad sich meldete.

»Du rufst hoffentlich nicht an, um abzusagen.«

Mark biss in sein Sandwich und kaute, bevor er antwortete. »Nein. Ich mache es.«

»Super!«, freute sich Michael Kuhn.

»Aber erst mal auf Probe«, dämpfte Mark seine Begeisterung.

»Ja, klar, kein Problem. Wann kannst du anfangen?«

»Nächste Woche.«

»Wie wär’s mit morgen?«

Mark lachte. Er überlegte einen Augenblick. »Warum nicht? Ist ja nicht so, dass ich momentan was anderes zu tun habe.« Er nahm noch einen Bissen von seinem Sandwich. »Keine Türsteherjobs, keine verzogenen Bälger«, sagte er.

»Versprochen«, lachte Michael Kuhn. »Dafür brauche ich dich nicht. Du musst mir dabei helfen, Bewerber auszuwählen und das Sicherheitskonzept für den Wasen wasserdicht zu machen. Ich brauche jemanden, der die Koordination mit der Polizei, dem Ordnungsamt, den Rettungsdiensten und der Feuerwehr übernimmt. Um den Veranstalter kümmere ich mich.«

Mark zog die Brauen hoch. »Das ist ein ganz schöner Brocken. Wann ist der Wasen?«

»Vom 22. September bis 8. Oktober.«

Mark pfiff durch die Zähne. »Das sind nicht mal mehr drei Wochen.«

»Was denkst du, warum ich dich so dringend brauche.« Michael Kuhn stöhnte. »Zuerst hieß es, dass wir als Subunternehmer angeheuert werden. Aber dann hat sich der Veranstalter plötzlich anders entschieden und mir einen Dienstleistungsvertrag geschickt.«

»Das heißt, wir sind für das ganze Paket zuständig?«, fragte Mark.

»Ja. Personenschutz, Einlasskontrolle, Notausgangbewachung, Bühnensicherung, VIP-Schutz, Zeltsecurity, Mobile Einsatztrupps und Einsatzleitung.«

»Mein lieber Schwan!« Mark legte den Rest seines Sandwiches auf den Gartentisch und rieb sich das Kinn. »Wie viele Leute hast du schon?«

»Noch nicht mal zehn«, gab Michael Kuhn zurück. »Wir haben einen Riesenberg an Bewerbungen, die kann ich alleine nicht abarbeiten.«