Fear Street 34 - Das Geständnis - R.L. Stine - E-Book

Fear Street 34 - Das Geständnis E-Book

R.L. Stine

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Beschreibung

Wahrheit oder Pflicht? Auf dieses Spiel lassen sich sieben Jugendliche aus Shadyside in einer abgelegenen Skihütte ein. Als April dabei ein lang gehütetes Geheimnis preisgibt, ahnt sie nicht, was sie damit heraufbeschwört. Denn am nächsten Morgen liegt ihre Freundin Dara ermordet im Holzschuppen. April will nur noch weg, doch draußen wütet ein gefährlicher Schneesturm, und die Telefonleitung ist tot. Dann entdecken sie einen verdächtigen Brief – ein Geständnis des Mörders? Bereits erschienen unter dem Titel "Zugeschneit". Mit den Horror- und Thriller-Büchern aus der Fear Street schuf Bestsellerautor R.L. Stineeine Reihe, die inzwischen zu den Klassikern derHorrorliteratur für Jugendliche zählt. Seit über 20 Jahren gibt es seine Geschichten schon auf Deutsch und seitdem begeistern sie gleichermaßen Jungs und Mädchen ab 12 Jahren und alle Fans von Gruselgeschichten. Ab 2021 zeigt Neflix den Klassiker Fear Street als Horrorfilm-Reihe!

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Seitenzahl: 160

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Inhalt

Kapitel 1 – Die weiße lang …

Kapitel 2 – Ich wich langsam …

Kapitel 3 – Dara wich keinen …

Kapitel 4 – „Tony, wollt ihr …

Kapitel 5 – Dara schrie vor …

Kapitel 6 – Im Fallen kratzte …

Kapitel 7 – Im letzten August …

Kapitel 8 – Auf den ersten …

Kapitel 9 – „Vielleicht sind die …

Kapitel 10 – Mein entsetzter Aufschrei …

Kapitel 11 – „Aber da hat …

Kapitel 12 – Ich packte Ken …

Kapitel 13 – „Was redest du …

Kapitel 14 – Die anderen scharten …

Kapitel 15 – Zitternd setzte ich …

Kapitel 16 – Der Skistock rutschte …

Kapitel 17 – Durch meine Schreie …

Kapitel 18 – „Du lügst!“, warf …

Kapitel 19 – „Josh, was machst …

Kapitel 20 – Es war die …

Kapitel 21 – Mit einem leisen …

Kapitel 22 – Der Stift verschwamm …

Kapitel 23 – Ken drückte mich …

Kapitel 24 – Ich schaffte es …

Kapitel 25 – Ich zog in …

Kapitel 26 – „Neieiein!“ Ich schrie …

Kapitel 27 – Die Seilwinde über …

Kapitel 28 – Es ging alles …

Kapitel 29 – Ich drehte mich …

Alle Einzelbände der Reihe „Fear Street“ als eBook:

Über den Autor

Weitere Infos

Impressum

1

Die weiße lang gezogene Limousine rollte über ein tiefes Schlagloch in der kurvenreichen Landstraße, aber wir spürten nur ein winziges Holpern. Meine Freunde und ich hatten es uns hinten im Wagen bequem gemacht und genossen den ungewohnten Luxus in höchsten Zügen.

„Dieser Schlitten ist einfach sagenhaft!“, sagte Ken Knight bewundernd. „Wenn ich mit der Schule fertig bin, werde ich mir auch so einen zulegen.“

„In deinen kühnsten Träumen vielleicht!“, meinte Jenny Byrd trocken. „Du musst dir ja schon Geld pumpen, um dein Fahrrad reparieren zu können!“ Sie kicherte und schubste ihn so fest, dass er gegen mich krachte.

Jenny, Ken und ich lümmelten uns in den weichen schwarzen Ledersitz. Ken saß in der Mitte und uns gegenüber Josh Berman. Wir kannten Josh nicht näher, denn er ging nicht mit uns auf die Highschool in Shadyside, sondern wohnte in einer anderen Stadt.

Josh machte einen stillen, schüchternen Eindruck. Er hatte noch keine zwei Worte gesagt, seit wir unterwegs gehalten und ihn eingesammelt hatten.

Er war nicht sehr groß und ziemlich dünn, sah aber irgendwie gut aus. Er hatte schwarze, lockige Haare, dunkle Augen und trug eine Brille, die er sich dauernd auf der Nase hochschob – eine Angewohnheit, die einen richtig nervös machen konnte.

Während der Fahrt schaute er dauernd aus dem Fenster und betrachtete interessiert die Landschaft. Ab und zu lachte er über das, was wir sagten, machte aber selbst keine Bemerkungen dazu.

„Er ist wohl einfach sehr schüchtern“, sagte ich mir.

„Dir kaufe ich später auch so eine Limousine, April“, verkündete Ken und sah mich mit einem frechen Grinsen an. „Welche Farbe hättest du denn gern?“

„Lindgrün“, antwortete ich. „Und außerdem noch eine himmelblaue für die Wochenenden. Mit heller Innenausstattung, passend zu meinen Haaren.“

„Okay. Eine lindgrüne Limousine für Mrs. April Leeds“, sagte Ken. „Wenn Dara eine hat, sehe ich nicht ein, wieso wir anderen nicht auch eine haben sollten.“

„Weil Dara als Einzige von uns das nötige Kleingeld hat“, erinnerte ich Ken, obwohl das eigentlich überflüssig war. Denn dass Dara die Tochter reicher Eltern war, wusste nun wirklich jeder. Schließlich schmierte sie es uns oft genug aufs Butterbrot.

„Wo ist Dara denn eigentlich?“, meldete sich Josh plötzlich zu Wort. Er hatte so lange nichts gesagt, dass ich mich richtig erschreckte. „Soweit ich weiß, wollte sie doch im selben Wagen mit uns zum Skilaufen zu ihrem Haus in den Bergen fahren“, meinte er.

„Was? Machst du Witze? Es wäre doch total unter ihrer Würde, mit uns armen Schluckern zusammen zu fahren!“, rief Ken mit gespielter Entrüstung aus.

Jenny und ich prusteten los, Josh dagegen verzog keine Miene.

„Dara fährt mit ihren Eltern zusammen im Jeep“, erklärte ich. „Damit wir im Schnee einen Wagen mit Vierradantrieb zur Verfügung haben.“

„In welchem Schnee?“, jammerte Jenny und warf einen Blick aus dem Fenster.

Es wurde langsam dunkel, und die vorbeifliegenden Farmhäuser und Felder waren in einen dunstigen grauen Schleier gehüllt. Silbrig glitzernder Raureif bedeckte die dunklen, winterkahlen Felder. Den winterlichen Temperaturen nach hätte es längst Schnee geben müssen, aber bisher war nicht eine einzige Flocke gefallen.

„Ich hab vor der Abfahrt noch mal den Wetterbericht gehört“, sagte Jenny, fuhr sich mit der Hand durch ihre kurzen braunen Haare und zog sich die Ärmel ihres Pullovers über die Hände. „Das mach ich jedes Mal, wenn ich für ein paar Tage wegfahre. Sie haben gemeldet, die Chancen stünden fifty-fifty …“

„… dass es schneit. Aber wahrscheinlich wird daraus höchstens Schneeregen“, bemerkte Ken.

Ich stöhnte laut auf. Jenny und Ken gingen jetzt schon so lange miteinander, dass sie immer gegenseitig ihre angefangenen Sätze zu Ende sprachen. Ich fand das wirklich nervig. Manchmal benahmen sie sich wie ein altes Ehepaar.

Sie stritten sich auch wie ein altes Ehepaar, brüllten sich an und beschimpften sich mit allen nur denkbaren Schimpfwörtern. Kurz darauf küssten sie sich, vertrugen sich wieder und taten, als wäre nichts gewesen.

Das hab ich nun schon oft genug miterlebt. Jenny ist zwar meine beste Freundin, aber ich finde dieses Spielchen einfach widerlich.

Aber vielleicht bin ich auch einfach nur neidisch auf Jenny. Könnte ja sein. Neidisch auf ihr unverschämt gutes Aussehen, ihren dunklen Typ.

Ich finde jedenfalls, dass sie die Hübscheste von allen Mädchen an unserer Schule ist. Ihre dunkelbraunen Haare, die immer seidig glänzen, trägt sie in einem schicken Kurzhaarschnitt, und ihre strahlend blauen Augen sind perfekt geformt. Außerdem hat sie diese wunderschöne, immer leicht gebräunte Haut.

Und eine klasse Figur obendrein. Nicht so knochig und schlaksig wie ich. Mein jüngerer Bruder Jerry behauptet immer, ich sähe eher aus wie ein zehnjähriger Junge.

Ein reizender Knabe, nicht wahr?

Bei ihrem atemberaubenden Aussehen müsste Jenny eigentlich der selbstsicherste Mensch auf der Welt sein. Aber Partys machen sie total nervös, und im Unterricht kriegt sie manchmal keinen Ton heraus. Und sie klammert sich an Ken, als würde sie ohne ihn nicht zurechtkommen.

Keine Ahnung, warum ausgerechnet sie so unsicher ist. Schließlich hat sie sich mit Ken einen der begehrtesten Jungen der ganzen Highschool geangelt. Er ist nicht nur ein netter Typ, sondern sieht auch noch umwerfend aus mit seinen braunen Augen und dem dunklen Lockenkopf. Außerdem ist er ziemlich gut gebaut – groß und muskulös, dabei aber nicht zu massig.

„Was für einen Jeep hat Dara eigentlich?“, fragte Jenny. „Einen Renegade?“

„Der ist doch nicht gut genug für Dara!“, rief Ken und schüttelte den Kopf. „Sie musste natürlich einen Cherokee haben! Es ist der größte Jeep, der überhaupt hergestellt wird. Fast schon ein Lkw!“

„Ohne Schnee werden wir uns da oben bestimmt zu Tode langweilen!“, sagte ich düster.

„Du vielleicht. Wir nicht!“, erwiderte Ken mit einem anzüglichen Grinsen. Er drehte sich um und schmiegte sein Gesicht an Jennys Wange. Sie gab ihm einen zärtlichen Kuss.

„Womit habe ich es bloß verdient, dass ich ständig Jenny und Ken beim Knutschen zusehen muss?“, dachte ich genervt und wandte mich Josh zu.

„In welcher Stadt gehst du eigentlich zur Schule?“, fragte ich ihn.

Er räusperte sich und schob die Brille auf seiner Nase hoch. „In Cumberland“, erwiderte er.

Zu seinen ausgebeulten, verwaschenen Jeans trug er einen dunklen Skipullover. Die Hände hatte er in den Taschen vergraben.

„Und woher kennst du dann eigentlich Dara?“, fragte ich weiter.

„Ihr Vater und mein Vater sind Arbeitskollegen“, antwortete Josh und sah aus dem Fenster. „Sie sind in derselben Anwaltskanzlei angestellt. Manchmal verbringen wir auch die Ferien miteinander, oben in Cape Cod. Ich war in letzter Zeit nicht so gut drauf und brauchte mal Tapetenwechsel, also hab ich Dara gefragt, ob ich an diesem Wochenende zum Skilaufen mitkommen kann.“

„Dann kennt ihr euch ja ziemlich gut“, bemerkte ich.

„Ja, ziemlich gut“, gab er zu und wurde ein bisschen rot.

Verlegen drehte er seinen Kopf schnell wieder zum Fenster hin, und dabei sah ich kurz etwas Silbernes aufleuchten – einen kleinen Ohrstecker in Form eines Blitzes.

Für eine Weile herrschte erst mal wieder Funkstille. Es war wirklich verdammt schwer, sich mit Josh zu unterhalten. Mir gingen so langsam die Fragen aus.

„Warum muss ich ihn eigentlich ständig löchern?“, schoss es mir durch den Kopf. „Warum erkundigt er sich nicht auch mal nach mir?“

„Im Gegensatz zu dir kennen wir Dara noch nicht so gut“, startete ich einen weiteren Versuch. „Sie wohnt schließlich noch nicht lange in Shadyside. Aber wir sitzen in Chemie und Physik nebeneinander, und da hat Dara mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, am Wochenende zum Skilaufen in ihr sagenhaftes Häuschen in den Bergen mitzukommen. Ken und Jenny könnten auch mitfahren. Na ja, das war schon ein super Angebot, und da sind wir jetzt also!“

Josh nickte, sagte aber nichts dazu.

Er ging mir wirklich langsam auf den Wecker. Eigentlich mag ich diese stillen Typen, die ihre Zähne nicht auseinander kriegen, sowieso nicht besonders, aber ich wollte mich nicht einfach so abwimmeln lassen. Ich beschloss, ihn so lange zu löchern, bis er endlich den Mund aufmachte.

„Kannst du Ski laufen?“

„Ein bisschen. Es reicht gerade aus, um mir ein paar Knochen zu brechen!“

Wir mussten beide lachen. Wenigstens hatte Josh Sinn für Humor.

Als ich aus dem Fenster sah, stellte ich fest, dass wir inzwischen die Berge erreicht hatten und auf einer schmalen Straße, die sich durch den Kiefernwald schlängelte, steil aufwärts fuhren. Wir nahmen uns jeder eine Cola aus dem kleinen Kühlschrank. Jenny griff zum Autotelefon. Sie rief unseren Freund Corky Corcoran unten in Shadyside an und machte sich damit wichtig, dass sie von einer Luxuslimousine aus telefonierte.

„Wen könnten wir denn sonst noch so anrufen?“, überlegte Ken.

Aber in diesem Moment hielt der Wagen an, und Ken steckte das Telefon wieder in die Halterung. Unser Chauffeur stieg aus und hielt uns die Wagentür auf.

„Hey, wir sind da!“, rief Jenny begeistert.

Ich stieg aus, stand auf dem Kiesweg vor der Garage und atmete tief die kühle, frische Gebirgsluft ein.

Im nächsten Moment fing ich auch schon an zu frieren. Hier oben war es viel kälter als unten in Shadyside. Ich ließ den Blick über die dunklen Tannen wandern, die die Berge bedeckten und sich als schwarze Schatten vor dem sternenlosen schwarzvioletten Nachthimmel abhoben.

„He, war das etwa eine Schneeflocke?“ Ken hielt beide Hände auf.

„Die einzige Flocke weit und breit hier bist du!“, neckte Jenny ihn und schubste ihn mit beiden Händen.

Er tat, als würde er rückwärts taumeln, bis er schließlich auf der Kühlerhaube des Wagens landete. Der Chauffeur war schon dabei, unsere Taschen und Skier aus dem Kofferraum auszuladen, und bekam zum Glück nichts davon mit.

Ich drehte mich um und betrachtete das Haus. „Wow!“, rief ich laut. Das Gebäude war wirklich beeindruckend: Lang gestreckt und mit seinem niedrigen Dach, sah es wunderschön aus.

Jenny und Ken kamen mit knirschenden Schritten zu mir gelaufen. „Es ist ja noch viel größer, als ich gedacht hatte!“, staunte ich.

Das Haus bestand ganz aus Holz und hatte vorn riesige Fenster. Es sah aus wie eine Skihütte, mit dem einzigen Unterschied, dass diese „Hütte“ sich über das gesamte Bergplateau erstreckte.

„Ich war schon öfter hier“, verkündete Josh. „Es ist einfach super. Es gibt rundherum keine anderen Häuser, die einem die Sicht versperren, und auch nach hinten hinaus hat es Glastüren und riesengroße Fenster. Von dort aus hat man einen meilenweiten Blick ins Tal!“

Plötzlich strich ein grelles weißes Licht über die Hausfassade. Wir drehten uns um und sahen ein Auto mit aufgeblendeten Scheinwerfern durch die Dunkelheit langsam näher kommen.

Dara fuhr mit ihrem Jeep dicht neben unsere Limousine, bremste scharf und kam nur zwei, drei Zentimeter vor unseren Koffern zum Stehen. Die Scheinwerfer des Wagens beleuchteten die Vorderseite des Hauses.

Dara drückte zweimal auf die Hupe, dann sprang sie aus dem Wagen und kam auf uns zugestürmt, um uns zu begrüßen. Ihre blond gesträhnten Haare wehten im Wind.

Sie war allein. Keine Eltern in Sicht.

„Wie schnell ihr wart!“, rief sie. „Eigentlich wollte ich ja vor euch hier sein.“ Dara trug ihren blauen Skianorak offen über einem weißen Pullover.

„Dara, wo sind denn deine Eltern?“, fragte ich sie als Erstes.

„Sie haben es einfach nicht einrichten können, auch herzukommen. Aber wir werden sicher auch ohne sie überleben!“, sagte sie und zwinkerte uns verschwörerisch zu.

Ich schluckte schwer. Das würde meinen Eltern aber gewaltig gegen den Strich gehen, dass kein einziger Erwachsener mit von der Partie war. Aber wo ich jetzt schon einmal hier war, beschloss ich einfach, das Beste daraus zu machen und es ihnen gar nicht zu erzählen.

„Wo bleibt bloß der Schnee?“, meinte Dara und schaute in den Himmel. „Wie sollen wir ohne Schnee Ski laufen? Da werden wir hier oben ja verrückt. Womit sollen wir uns dann die Zeit vertreiben? Scharaden sind mir ein Gräuel. Ihr müsst mir hoch und heilig versprechen, dass wir keine Scharaden spielen. Und in Trivial Pursuit bin ich auch miserabel. Ehrlich, das letzte Mal, als ich es gespielt hab, hat es damit geendet, dass ich die Kärtchen ins Feuer geworfen habe!“

Das war wieder mal typisch Dara! Sie redet wie ein Wasserfall, ohne Punkt und Komma und immer ganz aufgeregt. Außerdem hat sie eine heisere, leicht krächzige Stimme, sodass sie sich ein bisschen wie eine Ulknudel anhört.

Dara sieht nett aus, richtig süß, ist aber nicht so eine Naturschönheit wie Jenny. Sie hat eine lange blonde Lockenmähne, in die sie sich weißblonde Strähnchen einfärben lässt. Außerdem hat sie eine kesse kleine Stupsnase. Aber ich hab so den Verdacht, dass da ein Schönheitschirurg kräftig nachgeholfen hat, bevor sie im letzten Jahr nach Shadyside gezogen ist.

Das Schönste an ihr sind ihre Augen. Sie sind groß und rund und von einem wunderschönen, leuchtenden Blau.

Dara kramte in den Taschen ihrer Skijacke und zog die Hausschlüssel heraus. „Ohne Schnee sind wir wirklich aufgeschmissen! Vielleicht hilft es ja, wenn wir später im Mondschein einen Schneetanz aufführen“, sagte sie, als sie die Eingangstür aufschloss und öffnete.

Sie drehte sich zu unserem Wagen um. „Frank, sind Sie so nett und bringen die Taschen ins Haus? Ich zeige Ihnen, wo Sie sie hinstellen können. Die Skier kommen jedenfalls in den Schrank hinterm Haus.“

Der Chauffeur nickte und machte sich schnell daran, das Gepäck ins Haus zu tragen.

„Hi, Dara.“ Josh trat schüchtern und mit linkisch herabhängenden Händen vor.

„Oh, Josh, dich hab ich ja noch gar nicht bemerkt!“, rief Dara. „Ich hatte ganz vergessen, dass du auch herkommst“, fügte sie boshaft hinzu. „Aber natürlich bist du hier jederzeit willkommen. Wie du ja weißt, gibt es jede Menge Platz. Wie geht’s denn eigentlich so?“

Sie wartete Joshs Antwort gar nicht erst ab, sondern ließ ihn einfach stehen und wandte sich stattdessen an mich. „Lass mal deinen Anorak anschauen, April. Hat er ein Fellfutter? Nach genau so einer Jacke suche ich schon ewig.“

Josh war anzusehen, dass er gekränkt war. Offenbar hatte er sich einen freundlicheren Empfang erhofft.

Ich hielt meinen neuen blauen Skianorak auf den Armen und streckte ihn Dara hin, damit sie ihn sich ansehen konnte. „Er ist unwahrscheinlich warm, aber besonders teuer war er nicht.“

Plötzlich schämte ich mich sehr. Dara interessierte es doch gar nicht, ob er mich ein Vermögen gekostet hatte. Anders als meine Familie brauchte ihre nicht jeden Penny zehnmal umzudrehen. Wahrscheinlich warf sie nicht mal einen Blick aufs Preisschild, wenn sie sich einen Mantel kaufte.

„Was für ein Pelz ist das denn?“, fragte sie und strich mit der Hand darüber. „Mmm, ist der schön weich.“

„Ich glaube, Hundefell!“, sagte ich bissig und fügte dann hinzu: „Es ist natürlich nur Kunstpelz.“

Dara lachte. „Herein mit euch.“ Sie hielt die äußere Windfangtür auf. „Hoffentlich geht die Heizung. Letzten Winter hat sie den Geist aufgegeben, und alle Rohre sind zugefroren. Ihr könnt froh sein, dass ihr damals nicht hier wart. Meinen Vater hat es fast in den Wahnsinn getrieben!“

Ich folgte Ken und Jenny ins Haus. Hinter mir hörte ich Josh etwas zu Dara sagen. Aber sie hatte es offenbar nicht mitbekommen, denn sie gab Frank, dem Chauffeur, noch weitere Anweisungen.

Im Haus war es stockdunkel. Ich tastete die Wand nach dem Lichtschalter ab, fand ihn aber nicht auf Anhieb.

Dann hörte ich, wie die Tür unseres Wagens zugeschlagen wurde. Als die Limousine rückwärts die Auffahrt hinunterfuhr, strich wieder das Scheinwerferlicht über die Hauswand. Frank fuhr mit dem Wagen die gut einhundertfünfzig Kilometer nach Shadyside zurück.

Josh schob sich neben mich. Ken stand vor uns und hatte Jenny einen Arm um die Schultern gelegt.

„Dara, wo ist der Lichtschalter?“, rief ich und ging vorsichtig einen Schritt nach vorne. Es war fürchterlich finster!

„Hey…!“ Jenny schrie vor Überraschung leise auf. „Was war denn das?“, flüsterte sie.

Ich hatte es auch gehört: Der Parkettboden hatte geknarrt.

Wir standen wie angewurzelt im Dunkeln und horchten angespannt.

Als Nächstes war ein Schritt zu hören.

Dann ein lautes Krachen, als ob jemand gegen einen Stuhl oder Tisch gedonnert wäre.

Schließlich ein Hüsteln.

Mir blieb fast das Herz stehen. Da war jemand im Haus. Direkt vor uns in der Dunkelheit!

2

Ich wich langsam zurück.

Die Schritte kamen näher, und wieder war ein Hüsteln zu hören.

In diesem Moment kam Dara ins Haus. Sie konnte die Geräusche also nicht gehört haben.

Wer konnte das nur sein?, fragte ich mich zitternd vor Angst und unfähig, mich zu bewegen. Ein Obdachloser, der Schutz vor der Kälte gesucht hatte?

Einbrecher?

Endlich ging das Licht an.

„Hey …!“ Dara war total baff.

Vor uns standen ein Junge und ein Mädchen, ungefähr in unserem Alter.

Die beiden starrten uns ebenfalls verschreckt und völlig überrascht an.

„Tony, was hast du denn hier verloren?“ Dara kannte den Jungen also, und ihr Tonfall war nicht gerade besonders herzlich.

„Dara … ich … äh … na ja …“, stotterte er. Als er ein paar Schritte näher kam, war nun nicht mehr zu übersehen, dass seine Haare ganz verwuschelt waren und sein Gesicht über und über mit Lippenstift verschmiert war.

Man brauchte wirklich kein Meisterdetektiv sein, um zu erkennen, dass Tony mit dem Mädchen im Dunkeln heftig geknutscht hatte. Sie waren anscheinend so sehr miteinander beschäftigt gewesen, dass sie uns überhaupt nicht hatten kommen hören.

„Äh … Tag, Dara“, brachte Tony schließlich heraus.

Er hatte zwar ein ganz nettes Lächeln, aber ansonsten gefiel mir sein Gesichtsausdruck nicht besonders. Er war eingebildet und hochnäsig, das stand für mich auf den ersten Blick fest.

Außerdem gefallen mir Jungen mit tiefen Kinngrübchen sowieso nicht. Keine Ahnung, wieso. Ich mag sie einfach nicht.

„Das ist Carly Rae“, stellte Tony seine Freundin vor und zog sie näher zu sich heran.

Ihr schien die ganze Sache wirklich mehr als peinlich zu sein. „Nett, dich kennen zu lernen“, murmelte sie mit gesenktem Kopf in Daras Richtung. Carlys Lippenstift war ebenfalls völlig verschmiert. Und auch ihre kastanienfarbenen Haare, und sie hatte wirklich eine unwahrscheinliche Mähne, waren ganz verwuschelt und hingen ihr in die Stirn.

Sie war klein und ziemlich dünn und trug einen roten Pullover, der zu ihrer Haarfarbe nun wirklich nicht gut aussah. Sie hatte eine rote Strumpfhose an und trug dazu einen kurzen schwarzen Rock. Wenn sie lächelte, war ihr Zahnfleisch zu sehen.