Feuervogel - Peter Schmidt - E-Book

Feuervogel E-Book

Peter Schmidt

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Beschreibung

Thriller um das "OMEGA-Team", eine private Ermittlertruppe, die sich dem Kampf gegen die organisierte Kriminalität verschrieben hat. Oder handelt es sich bei "Feuervogel" gar nicht um einen Code, sondern um den Decknamen eines bezahlten Killers? Erste Indizien deuten auf die venezolanische oder kolumbianische Drogen-Mafia hin. Puslowa, tschechische Überläuferin zu Zeiten des Kalten Krieges, zeitweilig "verstorben" und wieder auferstanden, dreimal die Fronten gewechselt, aber nun seit vielen Jahren im Ruhestand, wandelndes Lexikon der Nachrichtendienste, polizeiliche Datenbank ohne offiziellen Auftrag, lebt plötzlich in Angst vor einem Attentat, als Klinger aus dem Team sich an die Arbeit macht, um das Rätsel zu lüften ...

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Peter Schmidt

Feuervogel

Thriller (Pseudonym: Mike Jaeger)

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

ZUM BUCH

PRESSESTIMMEN

ÜBER DEN AUTOR

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WEITERE TITEL

Impressum neobooks

ZUM BUCH

Pájaro de fuego – "Feuervogel" ist der geheimnisvolle spanische Code, der Hamburg in Angst und Schrecken versetzt, weil ein obdachloser Alkoholiker gehört haben will, man wolle ein Kaufhaus im Zentrum mit Raketenwerfern in Schutt und Asche legen ...

Nur die Ausgeburt seines Delirium tremens? Oder handelt es sich um den Decknamen eines bezahlten Killers? Erste Indizien deuten auf die venezolanische oder kolumbianische Drogen-Maffia.

Puslowa … tschechische Überläuferin zu Zeiten des Kalten Krieges, zeitweilig "verstorben" und wiederauferstanden, dreimal die Fronten gewechselt, aber nun seit vielen Jahren im Ruhestand, wandelndes Lexikon der Nachrichtendienste, polizeiliche Datenbank ohne offiziellen Auftrag, lebt plötzlich in Angst vor einem Attentat, als Klinger sich an die Arbeit macht, um das Rätsel zu lüften ...

Erstausgabe erschienen im Rowohlt Verlag, Reinbek

Überarbeitete, erweiterte Neuauflage und Rekonstruktion der ursprünglichen Fassung nach dem Originalmanuskript

Copyright © 2013 Peter Schmidt

____________________________

Action-Thriller von Peter Schmidt aus der Reihe „DAS OMEGA-TEAM“ (Rowohlt-Verlag), in der verschiedene Autoren unter dem Pseudonym Mike Jaeger Romane mit demselben Ermittlungsteam verfassten.

DAS OMEGA-TEAM ist eine private Ermittlertruppe, die sich dem Kampf gegen die organisierte Kriminalität verschrieben hat:

Der Chef: Victor Jacobi

Techniker und Schwerathlet: Beck

Feinmechaniker in allen Lebenslagen: Klinger

Intellekt und Charme:

PRESSESTIMMEN

http://autor-peter-schmidt-pressestimmen.blogspot.de/

„Der Westfale Peter Schmidt ist als erster deutscher Autor erfolgreich ins angloamerikanische Thriller-Monopol eingebrochen.“

(Capital)

„Thriller mit Tiefgang.“

(Rheinischer Merkur)

„Sage noch einer, die Deutschen könnten keine guten Krimis schreiben. Und wie sie können: Spannend, hochaktuell und eine gehörige Portion Ironie.“

(Gießener Anzeiger)

„Unter den deutschen Kriminalschriftstellern ist der Westfale Schmidt fraglos einer der wenigen, die wirklich erzählerisches Format besitzen.“

(Hamburger Abendblatt)

„Schmidt hat es geschafft, in eine angloamerikanische Domäne einzubrechen.“

(Westdeutsche Allgemeine)

ÜBER DEN AUTOR

Peter Schmidt, geboren im westfälischen Gescher, Schriftsteller und Philosoph, gilt selbst dem Altmeister des Spionagethrillers John le Carré als einer der führenden deutschen Autoren des Spionageromans und Politthrillers. Darüber hinaus veröffentlichte er Kriminalkomödien, aber auch Medizinthriller (zuletzt „Endorphase-X“), Wissenschaftsthriller, Psychothriller, Detektivromane und SF-Thriller.

Bereits dreimal erhielt er den Deutschen Krimipreis („Erfindergeist“, „Die Stunde des Geschichtenerzählers“ und „Das Veteranentreffen“). Für sein bisheriges Gesamtwerk wurde er mit dem Literaturpreis Ruhr ausgezeichnet.

Schmidt studierte Literaturwissenschaft und sprachanalytische und phänomenologische Philosophie mit Schwerpunkt psychologische Grundlagentheorie an der Ruhr-Universität Bochum und veröffentlichte rund 40 Bücher, darunter auch mehrere Sachbücher.

AUTORENINFO

http://autoren-info-peter-schmidt.blogspot.de/

1

Hansen genoss es, den blauen Himmel mit seinen Wolkenbergen durch das Schiebedach vorüberfliegen zu sehen …

Er hatte eine große Woche gehabt – drei Abende Nachrichtensendung – vorzüglich gelaufen –, Talkshow mit dem Außenminister – perfektes Timing, ausgeklügelte Fragen – und eine Redaktionskonferenz, in der es ihm gelungen war, seinen Vorstellungen von einem neuen Trend im Sender durchzusetzen:

Weg vom Bildzeitungsjournalismus der Konkurrenz, von der Jagd nach Quoten und Werbeaufträgen.

Außerdem war Sarah zu ihm zurückgekehrt!

Wenn er etwas genauso wie den Erfolg als TV-Moderator liebte, dann war es Sarahs Lachen. Er schob auf dem morgendlichen Weg ins Badezimmer seine Nasenspitze durch die offene Küchentür – diese Nase, die sie so oft geküsst hatte –, sah ihr lächelndes Gesicht, während sie das Frühstück anrichtete – und der Tag war auf der sicheren Seite für ihn.

Obwohl er sich viel auf seine Menschenkenntnis einbildete, hatte er nie ergründen können, was sie beide so glücklich machte.

Gab es nicht genug Elend auf der Welt?

Er brauchte dieses Lächeln bei seinen Auftritten wie andere ihre Prise Koks oder das halbe Glas Brandy.

Er sah sie so leibhaftig vor sich stehen, wenn er an sie dachte, dass er versucht war, mit ihr zu sprechen. Um ein Haar hätte er dabei die Zufahrt zum Flughafen verpasst. Das rechte Hinterrad des Wagens rumpelte hart über die Bordsteinkante, als er in letzter Sekunde das Lenkrad herumriss.

Hansen parkte am Straßenrand und stieg aus. Er sog tief die kühle Morgenluft ein und betrachtete kopfschüttelnd sein Hinterrad.

Die Felge hatte einen kräftigen Schlag abbekommen …

Als er sich aufrichtete, sah er einen roten Jaguar mit vier jungen Männern an sich vorüberrollen.

Sie waren dunkelhäutig und trugen geblümte Sommerhemden. Der Mann auf dem Beifahrersitz hatte einen schmalen Oberlippenbart und lächelte ihm so freundlich zu wie Sarah in der Küche.

Hansen versuchte das, was er in solchen Situationen schon fast schon automatisch:

Er lächelte zurück.

Er hatte nicht die Absicht, sich von einem demolierten Stück Alluminiumspritzguss den Tag verderben zu lassen …

Dann stieg er ein und fuhr den Wagen in die vom Sender angemietete Parkbucht der Tiefgarage.

In der Abflughalle ging es an diesem Feiertag ungewohnt beschaulich zu. Der Kellner am Büfett kannte seine Hamburg-Berlin-Pendler für die 7-Uhr-Lufthansa-Maschine und stellte Hansen ungefragt seinen zweiten Morgenkaffee und ein warmes Croissant hin.

Die vier jungen Männer aus dem Jaguar hielten sich vor einem der kleinen Geschäfte mit Importartikeln auf. Zwei studierten die Schaufensterauslage, die beiden anderen blickten in Richtung des Lufthansa-Schalters.

Südamerikaner … dachte Hansen.

Sein Instinkt für Menschen war untrüglich. Das machte den Erfolg seiner Sendungen aus.

Hansen blickte auf die Armbanduhr und zahlte. Er hatte noch kein Ticket gezogen. Aber am frühen Morgen, und erst recht an Feiertagen, waren die Maschinen selten ausgebucht.

Er ging langsam zu Automaten hinüber. Ein unerklärliches Gefühl veranlasste ihn kurz vor dem Ticketschalter, sich umzuwenden.

Drei der Südamerikaner waren hinter den großen Betonpfeilern der Abflughalle verschwunden.

Nur der Mann mit dem schmalen Oberlippenbart starrte aufmerksam in seine Richtung. Hansen hatte den Eindruck, als sehe er nicht sehr glücklich dabei aus. Eher wie jemand, der eine ungeliebte Arbeit zu erledigen hatte.

Trotz der Entfernung – zwanzig oder dreißig Meter –, schien es ihm, als wenn der schlanke Körper des Mannes in seiner hellen Hose und dem geblümten Seidenhemd vor Anspannung zitterte.

Was ist bloß los mit mir? dachte Hansen ärgerlich.

Ängstlichkeit war nicht das, was sich ein Fernsehmoderator erlauben durfte. Er hielt seine E-Tix-Karte vor das Erkennungsfeld des Ticketautomaten – und den Bruchteil einer Sekunde später verwandelte sich die Wand des Automaten in ein Feuerfeld …

Merkwürdigerweise war das letzte, was er spürte, nicht die Druckwelle der Detonation, sondern sein Bein – als schleudere ihn eine gewaltige Hand auf dem rechten Standbein schräg zur Hallendecke …

2

Hamburg trauerte um seinen populären Fernsehmoderator. In den Abendnachrichten hatte es eine Sondersendung über den Anschlag gegeben.

Die Lokalzeitungen sprachen von der Tat eines Verrückten.

Ein Kommentator stellte Vermutungen darüber an, ob Hansen vielleicht wegen seiner – wie die Morgenpost es genannt hatte – „offenen und differenzierten Art“ einem der immer aktiver werdenden „Stadtneurotiker“ zu nahegetreten war.

An Hansen hatten sich die Geister geschieden. Für manche war er ein rotes Tuch gewesen. Außer enthusiastischer Zustimmung hatte der Sender auch eine Flut von Protesten erhalten, darunter zwei Briefe aus der psychiatrischen Abteilung der Universitätsklinik.

Victor Jacobi frühstückte wie fast jeden Morgen im Büro seines Hauses auf der Uhlenhorst. Er legte die Morgenpost beiseite und strich sich nachdenklich über seinen drei Tage alten Bart. Sieht verdächtig nach lancierter Information aus, dachte er. Alle Lokalzeitungen sprachen von „der Tat eines Verrückten“. Und das, obwohl die Polizei vorgab, noch keinerlei konkrete Hinweise zu besitzen.

Jacobi hatte ein feines Gespür dafür, ob man die Öffentlichkeit an der Nase herumführen wollte.

Seitdem er selbst Opfer einer Entführung gewesen war, widmete er sein Leben dem Kampf gegen die Organisierte Kriminalität, soweit ihm sein Lehrauftrag an der Universität und seine übrigen Verpflichtungen noch Zeit dazu ließen. Leider hatte ihn die Vorsehung – oder das Zufallsspiel der Gene – mit überreichlich viel Interessen ausgestattet.

Er drückte den Knopf der Sprechanlage, um sich zum Überseeclub fahren zu lassen. Dort wusste man am ehesten, was in der Stadt vorging.

„Wir nehmen den alten Opel, Paul“, sagte er. „Der ist unauffälliger. Rufen Sie Elisabeth im Golfklub an und sagen Sie ihr, dass ich nicht zum Essen komme.“

Um einen Lufthansa-Ticketautomaten in die Luft zu jagen brauchte es etwas mehr, als eine Bombe in einem Abfalleimer zu placieren. Offensichtlich war der Sprengkörper mit der Elektronik verschaltet gewesen.

Pawel Störtebecker bekleidete das Amt des Innensenators nun schon seit über drei Jahren. „Bekleidete“ war ein durchaus angemessener Ausdruck für die Art und Weise, wie er seine Geschäfte handhabte. Er galt als einer der elegantesten Politiker der Republik, und das nicht nur, was seine Anzüge anbelangte.

Als Sohn einer tschechischen Schauspielerin und eines Hamburger Reeders verkörperte er eine gelungene Mischung aus Prager Charme und hanseatischem Pragmatismus.

Andere sagten ihm ein wenig zuviel Wesensverwandtschaft mit seinem berühmten Namensvetter nach. Die meisten hüteten sich jedoch davor, es „Piratenblut“ zu nennen.

Victor Jacobi steuerte mit so unbewegtem Gesicht auf den schweren Ledersessel neben Pawel Störtebecker zu, als sei es reiner Zufall.

Er räusperte sich verhalten, während er sich umblickte. Die Ledersessel im Klub waren bequemer als manche Betten. Vielleicht war das der Grund dafür, dass einige Klubmitglieder trotz der frühen Stunde bereits aussahen, als seien sie sanft entschlummert?

Pawels Gesicht blieb hinter der Frankfurter Allgemeinen verborgen.

„Verteufelt gutes Segelwetter diesen September, seufzte Jacobi beinahe unhörbar.

Pawel Störtebecker wusste, dass Jacobi eine Yacht besaß, die gewöhnlich am Mittelmeer lag, sich aber momentan zur Reparatur auf einer Hamburger Werft befand.

„Und Sie sind nicht draußen auf einer dieser verrückten Eierfeilen, Victor, um sich die Falten mit Salzwasser auswaschen zu lassen?“, murmelte Pawel. „Hat Omega vielleicht irgend etwas auf der Schippe, wovon ich wissen sollte?“

„Sie meinen den Anschlag auf Hansen?“

Pawel senkte die Zeitung. „Nein, das war nur irgendein überdrehter Irrer.“

„So? Warum glauben Sie?“

„Sie wissen doch, dass die Verrückten und die Neurotiker der Stadt Kai Hansen zu ihrem Intimfeind erkoren haben? Er verkörperte alles, was sie niemals waren und niemals sein können: Weltoffenheit, Einfühlungsvermögen, Toleranz …“

„Dann müsste es ein Irrer gewesen sein, der sich mit der komplizierten Elektronik eines Lufthansa-Ticketautomaten auskannte.“

„Na wenn schon …“

„Und die Polizei?“

„Tappt noch im dunkeln.“

„Hat man das Flughafenpersonal überprüft?“

„Ohne Ergebnis, ja.“

„Wurde der Automat von der Abflughalle oder vom Büro der Lufthansa aus manipuliert?“

„Vom Büro aus.“

„Irgendwelche Spuren am Türschloss?“

„Hören Sie, Victor“, sagte Pawel Störtebecker und faltete mit übertriebener Sorgfalt seine Tageszeitung zusammen. „Ich möchte nicht, dass sich Ihre private Ermittlungsgruppe Omega mit dem Fall befasst. Falls man es überhaupt einen Fall nennen kann. Weder mit diesem noch mit irgendeinem anderen Fall.“

„Immer noch die alten Vorbehalte, Pawel?“

„Der Senat hat nicht die Absicht, die Grillen eines überdrehten Milliardärs zu unterstützen. Ihre Eskapaden wären der Öffentlichkeit kaum plausibel zu machen. Omega arbeitet außerhalb der Legalität …“

„Sie wissen genauso gut wie ich, Pawel, dass es unsere Maxime ist, sich streng an die Gesetze zu halten. Aber es gibt auch kein Gesetz, das Ermittlungen von privater Seite verbietet. Und wenn sich diese Ermittlungen gegen die Organisierte Kriminalität richten, dann sollte uns der Staat für jede Hilfe dankbar sein.“

„Organisierte Kriminalität … da haben wir’s wieder! Ihr Spleen bringt Sie früher oder später ins Kittchen. Hören Sie auf meine Worte, Victor. Sie denken vielleicht, weil Sie einen Lehrstuhl für Rechtswissenschaften innehaben, gibt Ihnen das auch das Recht, sich Lücken im Gesetz für Ihre privaten Rachefeldzüge nutzbar zu machen?“

„Die Organisierte Kriminalität bedroht uns alle.“

„Ich sagte schon, Victor, dass es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die Tat eines Geistesgestörten handelt.“

„Wahrscheinlichkeit, hm. Lässt sich diese Wahrscheinlichkeit in Zahlen ausdrücken?“

„Ich philosophiere nicht mit Ihnen über Wahrscheinlichkeit. Ich werde den Teufel tun, und das nicht nur, weil Sie einen Doktor in Philosophie haben.“

„Danke für Ihren Respekt vor meiner Ausbildung. Ich bilde mir nichts darauf ein. Ich glaube, gesunder Menschenverstand reicht in solchen Fällen völlig aus.“

„Dann sollte Ihnen Ihr gesunde Menschenverstand auch sagen, wann es ratsam ist, sich vornehm zurückzuhalten.“

„Was mich nachdenklich an der Geschichte macht ist die Übereinstimmung der Zeitungskommentatoren. Sie sprechen alle von ‘der Tat eines Verrückten’ – als habe ihnen jemand diese Worte in den Mund gelegt. Sieht verdächtig nach offizieller Sprachregelung aus, oder?“

„Sie hören wieder einmal die Flöhe husten, Victor!“

Pawel Störtebecker nahm wieder seine Zeitung auf und verschwand hinter ihren aufgeklappten Seiten wie jemand, der in der nächsten Stunde für niemanden mehr zu sprechen sein würde.

3

Am frühen Abend detonierten zwei Sprengsätze im Restaurant Top-Air über dem Terminal vier. Sie deckten einen Teil des Dachs über der Küche ab und rissen einen vier Meter langen Spalt in die Wand zum benachbarten Ladenlokal.

Bei dem Anschlag starb ein unbekannter Mann. Das Personal und die übrigen Gäste kamen mit dem Schrecken davon.

Ein glücklicher Zufall hatte es gewollt, dass sie sich wegen der Geburtstagsfeier des Chefs im Saal nebenan aufhielten: Das Anschneiden der Geburtstagstorte hatte ihnen das Leben gerettet …

Die Polizei ordnete eine Nachrichtensperre an. Vermutlich sei ein geistesgestörter Einzeltäter für die Anschläge verantwortlich. Keine Angaben zu seiner Identität.

Die Nachrichtensperre enthob sie der Verpflichtung, sich konkreter zu dem Verdacht zu äußern. In den Medien tauchten schon bald Vermutungen auf, dass es sich um Erpressung handele. Allerdings sickerte aus eingeweihten Kreisen durch, es gebe bisher weder ein Bekennerschreiben noch Geldforderungen.

Victor Jacobi beschloss das Omega-Team zu aktivieren.

Er sah Elisabeths zierliche sportliche Gestalt durch die offene Tür im Nebenzimmer telefonieren. Sie sprach mit einem ihrer Golfpartner – Gimblan, ein smarter Engländer, der ihr nach Victors Geschmack etwas zu unverhohlen den Hof machte.

Aber vielleicht war das ja die beste Gewähr dafür, dass Elisabeth ihm die Treue hielt? Nein, sie war nicht der Typ, um ihn mit Gimblan zu hintergehen. Er führte eine glückliche Ehe.

Jacobi winkte ihr kurz zu, als er die Tür seines Büros schloss. Dann genehmigte er sich eine seiner seltenen Havannas und ein Gläschen Mouton Cadet Rothschild.

Er hielt das Glas so gegen das Licht der Deckenlampe, dass die rote Farbe einen warmen gelblichen Einschlag bekam.

Der Mann, der beim Anschlag im Restaurant ums Leben gekommen war, hatte eine Menge Blut verloren, ehe er starb. Jacobi dachte an seine Entführung. Damals hatte er ebenfalls viel Blut verloren. Manche glaubten sogar, er habe noch ein wenig mehr dabei verloren: seinen inneren Halt.

Aber da unterschätzten sie seine Verfassung. Er hatte seine Gefühle besser unter Kontrolle als jeder andere. Nein, die Entführung hatte ihm nur noch einmal auf handgreifliche Weise vor Augen geführt, wozu eine private Ermittlergruppe wie das Omega-Team von Nutzen war …

Jacobi wählte Jensens Nummer, damit sie sich mit den anderen in Verbindung setzte. Obwohl erst Mitte Zwanzig, war sie in der Gruppe „für Diplomatie und Intrigen“ zuständig. Wenn Victor Schwierigkeiten hatte, Beck von seinen Gewichten im Verein oder Klinger aus seiner Stammkneipe in Ottensen loszueisen, dann setzte er Jensen ein.

„Ich glaube, Klinger ist ins Kino gegangen. Stirb langsam 4 mit Bruce Willis – oder irgend so ein Stuss …“

„Hol ihn bitte aus der Vorstellung, ja? Auf die Weise kapiert er am ehesten, dass wir es eilig haben.“

„Irgend etwas, das ich wissen sollte?“, fragte Jensen.

„Bereden wir alles in meinem Büro am Hafen.“

Das Hafenbüro war das alte Reederei-Büro seines Vaters. Dort hielt er sich am liebsten auf, weil dort alles beim alten geblieben war (und er achtete darauf, dass es so blieb): kein Kunststoff, keine modernen Möbel. Statt dessen uraltes Holzparkett und englische Tapeten.

Die Segelschiffnachbildungen stammen aus dem vorigen Jahrhundert. In der Vitrine aus geschliffenem Glas im Vorraum stand eines jener kostbaren Schiffschronometer des englischen Uhrmachers John Harrison, mit der es im achtzehnten Jahrhundert zum ersten Mal möglich geworden war, für die Navigation eine brauchbare Längenbestimmung durchzuführen.

Victor Jacobi genoss es, sich in einen der knarrenden Ledersessel zu setzen und die Silhouetten der alten Speicher und den Flug der Möwen über dem Wasser zu beobachten.

Er goss Schwarzen Tee auf, lüftete eine der Rotweinkaraffen, die ihm Angelika morgens bereitgestellt hatte, und versank wie immer in ein kurzes Nickerchen, wenn er sich einen Fall vor Augen führte …

Er wusste, dass er so etwa wie einen sechsten Sinn besaß.

Sein Gespür für Indizien und Vermutungen hatte ihn mehr als einmal davon überzeugt, dass das menschliche Gehirn weitaus leistungsfähiger war, als sich die meisten materialistisch denkenden Buchhalterseelen da draußen vorstellten.

Doch diesmal blieb ihm wenig Gelegenheit dazu. Er hörte ein knarrendes Geräusch von der hölzernen Außentreppe – die lose dritte Planke –, und seine rechte Hand griff automatisch in die Schublade, um die Walther herauszunehmen und auf dem Schoß bereitzulegen.

Der Mann, der seinen Kopf zur Hintertür hereinsteckte, sah aus wie ein alter griechischer Weiser im Pennerlook. Sein markanter Kopf mit dem üppigen grauweißen Haar hätte einem Heraklit oder Aristoteles nicht schlecht angestanden. Doch der lange, etwas muffige Wollmantel mit den ausgebeulten Taschen machte daraus eine Vogelscheuche.

„Boolsen …“, sagte Jacobi erleichtert. „Wer über diese Treppe vom Hafen kommt, ist entweder Killer oder ein guter Freund.“

Harry Boolsen war das schon vor gut dreißig Jahren gestrauchelte Kind einer mexikanischen Hure und eines Hamburger Seemanns.

„Hab’ die letzten Nächte unter den Eisenträgern der kleinen Brücke verbracht.“

„Kein schlechter Platz bei dieser Witterung …“

„Einer der besten.“

Jacobi nickte und zeigte auf den Ledersessel an der Wand. „Tee oder Rotwein?“

„Gern. Ein halbes Wassergläschen Aquavit wäre jetzt genau das Richtige.“

„Ich erinnere mich nicht, von Aquavit gesprochen zu haben?“

„Im Kühlfach Ihres Schreibtischs“, sagte Boolsen mit treuherzigem Augenaufschlag, als sei er sich des Geschäftes, das er gerade im Begriff war abzuschließen, mehr als sicher.

„Wieder mal die Flöhe in der Kanalisation husten gehört, Harry?“

„Diesmal war’s der goldene Griff, Victor.“

„War’s denn nicht schon beim letzten Mal der goldene Griff?“

„Die Sache wird Sie eine Menge kosten. Mindestens zwei Flaschen Aquavit.“

„Immer der Reihe nach, Harry. Erst die Ware, dann das Geld.“

„Sie erinnern sich, was ich über die kleine Brücke sagte?

Hab’ die letzten Nächte unter den Eisenträgern verbracht, weil es da so ein kuscheliges kleines Plätzchen gibt, wo einem niemand auf den Wecker geht. Irgendwann morgens hielt über mir ein Wagen und drei Männer stiegen aus – ich glaube, um sich die Füße zu vertreten oder weilt sie glaubten, sie seien auf dem Wendeplatz am Brückenpfeiler ungestört.“

Harry sah Victor Jacobi erwartungsvoll an.

„So was soll vorkommen, Harry.“

“Sie unterhielten sich auf Spanisch … Sie wissen, dass ich ganz gut Spanisch spreche?“

„Weil deine Mutter Mexikanerin war.“

„Einer drohte, wenn sie jetzt nicht spuren würden … warten Sie mal, Victor, – Pájaro de fuego, ja, so hieß das Ding, dann würde Feuervogel das Kaufhaus in der Mönckebergstraße mit einem Raketenwerfer in Schutt und Asche legen.

„Wenn wer nicht spuren würde?“

„Keine Ahnung. Darüber haben sie nicht gesprochen.“

„Aber du könntest die Männer identifizieren?“

„Nein.“

„Du hast sie doch gesehen?“

„Sie standen genau über mir. Zwischen den Planken der Fahrbahn ist nicht viel Platz. Aber ich konnte die Farbe ihres Wagens erkennen. Er war rot. Ausländisches Fabrikat, glaube ich.“

„Und was bedeutet ‘Feuervogel’?“

„Hab’ den Namen auch zum erstenmal gehört.“

„Hm …“ Victor Jacobi schüttelte nachdenklich den Kopf. „Das wird nicht reichen, Harry.“

„Sie meinen, die Information, dass man ein Kaufhaus mit einen Raketenwerfer in Schutt und Asche legen will, ist keine zwei Flaschen Aquavit wert?“, fragte Boolsen enttäuscht.

„Wir haben nicht genug Informationen, um irgend etwas zu unternehmen.

Aber vielleicht laufen dir die Burschen ja noch mal über den Weg? Ich gebe dir den Rest der Flasche, Harry. Hör dich mal um. Versuch ein wenig mehr über die Sache herauszufinden, ja?“

4

Beck hatte es sich wie immer auf seinem Platz am Fenster bequem gemacht, angeblich, weil er von dort das Hafenbecken überblicken konnte.

Aber über Jensens Gesicht huschte sofort ein verstehendes Grinsen. Obwohl Beck nach jedem Boxkampf im Verein duschte, wurde sie nicht müde, sich über seine „animalischen Gerüche“ lustig zu machen.

„Was du da riechst, Kleines, sind nur seine Sexualhormone“, juxte Klinger. „Seit seine Ehe in die Brüche gegangen ist, war er nie wieder mit einer Frau zusammen.“

„Unsinn“, widersprach sie. „Hab’ gehört, dass er jede Woche mindestens einmal ins Bordell geht …“

„Also bitte“, mahnte Victor Jacobi. „Wir haben zwei Tote – etwas mehr Takt, ja? Der Innensenator versucht mir weiszumachen, dass es sich um die Anschläge eines Irren handelt.

Die Behörden haben eine Nachrichtensperre verhängt. Angeblich soll es sich bei dem zweiten Opfer um einen aus der Psychiatrie entflohenen Verrückten handeln.“

„Vielleicht der Täter selbst?“, fragte Beck.

„Nein, unwahrscheinlich. Der Mann saß beim Essen. Niemand macht es sich genau da gemütlich, wo er gerade zwei Bomben platziert hat. Die anderen Gäste hielten sich glücklicherweise im Nebenraum auf.“

„Reichlich viele Verrückte, oder?“

„Und warum sollte uns der Innensenator eigentlich hinters Licht führen wollen?“, erkundigte sich Jensen.

„Ihr kennt ja seine Animositäten gegen Omega“, sagte Jacobi.“

„Oder es steckt mehr dahinter als sie zugeben wollen?“, fragte Klinger.

„Möglich, ja.“

„Politische Hintergründe?“

„Durchaus denkbar.“

„Schon irgendeinen Verdacht?“

„Nein, kein Ahnung. Hansen war kein Politiker. In der Politik ist er ein völlig unbeschriebenes Blatt. Ich möchte, dass du zum Flughafen fährst und dich dort umhörst“, sagte Jacobi an Klinger gewandt. „Wen hat man in den Fall eingeschaltet? Sind wirklich nur die örtlichen Polizeibehörden damit befasst? Warum wurde eine Nachrichtensperre verhängt? Wer war der Tote im Restaurant?

Und du, Jensen, beschäftigst dich mit unserem Fernsehmoderator. Lassen sich in Hansens letzten Sendungen Hinweise auf einen möglichen Attentäter finden? Gab es Drohungen? Wie waren seine familiären Verhältnisse. Soviel ich weiß, hatte er eine sehr attraktive Freundin – Sarah. Sie war erst vor kurzem wieder zu ihm zurückgekehrt.