Flucht in die Arme des Bodyguards - Amanda Cinelli - E-Book

Flucht in die Arme des Bodyguards E-Book

Amanda Cinelli

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Beschreibung

"Schenken Sie mir eine Woche Freiheit." Prinzessin Olivias flehende Bitte erweicht den Security-Experten Roman Lazarov. Eigentlich sollte er die flüchtige Prinzessin nur finden und zurück zum Königspalast von Monteverre begleiten, wo ihr ungeliebter Verlobter auf sie wartet. Stattdessen bringt Roman sie gegen jede Vernunft an einen geheimen Ort, auf eine einsame Insel. Sinnlich beweist der breitschultrige Bodyguard der adeligen Schönheit: Egal, wie streng sie erzogen wurde - in ihr schlummert eine Leidenschaft, die sie nie einer Zweckehe opfern darf!

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Seitenzahl: 204

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2018 by Amanda Cinelli Originaltitel: „One Night with the Forbidden Princess“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 2395 - 2019 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Kara Wiendieck

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 07/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733712297

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Noch diese Woche wirst du einen Heiratsantrag bekommen.

Unaufhörlich hallten die Worte ihres Vaters in Olivias Kopf wider, während sie mechanisch die Gäste zu dem feierlichen Lunch begrüßte. Schließlich passierte, es nicht jeden Tag, dass dein Vater dich darüber informiert, dass du bald einen gänzlich Fremden heiraten wirst.

Aber andererseits war ihr Vater der König.

Und offenbar hielt der König dreißig Sekunden, bevor sie den Auserwählten zum ersten Mal sah, für den richtigen Zeitpunkt, Neuigkeiten dieses Ausmaßes zu verkünden. Es glich einem Wunder, dass es ihr danach überhaupt gelungen war, ihren zukünftigen Ehemann angemessen zu begrüßen, bevor sie sich hastig entschuldigte und die Flucht ergriff.

Normalerweise war es Prinzessinnen nicht erlaubt, sich während offizieller Feierlichkeiten zu entfernen. Trotzdem durchquerte Olivia jetzt zielstrebig den Saal auf der Suche nach einem Ausgang.

„Noch ein Glas Champagner, Eure Hoheit?“

Olivia blieb stehen und nahm das Kristallglas entgegen. Dabei fiel ihr auf, wie die Hände des Kellners zitterten, mit denen er sein Tablett balancierte. Er war noch ziemlich jung – bestimmt hatte er gerade erst die Schule beendet.

„Ist das Ihr erstes Königliches Rennen?“, fragte sie, froh über die Ablenkung. Gleichzeitig ließ sie ihre Blicke unauffällig durch den Saal wandern, um ihr weiteres Vorgehen zu planen.

„Heute ist mein erster Tag überhaupt“, erwiderte er.

„Sie machen Ihren Job ganz wundervoll.“

Aufmunternd lächelte sie ihn an und hoffte, ihre Worte würden ihm helfen, seine Nervosität in den Griff zu bekommen. Es war kein leichter Start ins Arbeitsleben, wenn man sofort unter den Augen der reichsten und berühmtesten Menschen Europas Champagner in unbezahlbaren Kristallgläsern servieren musste.

„Danke, Prinzessin Olivia … ich meine, Eure Hoheit. Äh … vielen Dank“, brachte er stotternd heraus. Dann lächelte er nervös, wobei seine Zahnspangen sichtbar wurden.

Voller Wärme erwiderte Olivia das Lächeln. Der Junge wagte sich an eine unbeholfene Verbeugung und ging. Seufzend nippte sie an ihrem Glas. Am liebsten hätte sie den Rest des Tages mit dem Teenager geplaudert, um nicht an die Neuigkeiten denken zu müssen, die völlig überraschend über sie hereingebrochen waren. Als wäre es nicht schon schwierig genug, eine königliche Veranstaltung zu meistern.

Bislang hatte sie den Nachmittag mit den üblichen übereifrigen Gästen und den vorhersehbaren höflichen, aber banalen Kon­versationen verbracht. Ihre Eltern, König Fabian und Königin Aurelia von Monteverre, standen auf der gegenüberliegenden Seite des Saals – umgeben von Gästen und ihren Leibwächtern. Ihr eigenes Sicherheitsteam hatte sich an strategischen Punkten in einiger Entfernung um sie herum aufgestellt und versuchte, trotz ihrer schwarzen Anzüge und blütenweißen Hemden nicht in der Menge aufzufallen.

Eine volle Woche feierte der internationale Jetset die König­lichen Rennen von Monteverre. Hier versammelte sich alles, was Rang und Namen hatte und Glamour und Flair in das kleine Königreich brachte. Auch die Einwohner des Landes liebten die Pferderennen und versammelten sich in ihren feinsten Sonntagsanzügen entlang der Rennstrecke.

Aber es gab niemanden, dessen Garderobe genauer beobachtet wurde als ihre eigene. Heute Morgen hatte sie drei Stunden damit zugebracht, sich von ihrem Styling-Team verwandeln zu lassen. Die natürlichen Wellen ihrer roten Haare waren bis zur absoluten Perfektion geglättet, ihre helle Haut mit Cremes und Pudern bearbeitet und ihre Gesichtszüge an den exakt richtigen Stellen akzentuiert worden.

Die Öffentlichkeit nahm sie als natürliche Schönheit wahr, aber Olivia wusste nur zu gut um die Anstrengungen, die es bedurfte, dieses Bild aufrechtzuerhalten. Und die hatten mit Natürlichkeit nichts zu tun. Sie war eine öffentliche Marke, ein Symbol für ein ganzes Land.

Selbst ihrer älteren Schwester, Kronprinzessin Eleanor, wurde nicht dieses Maß an Aufmerksamkeit zuteil. Vielleicht lag es daran, dass diese bereits verheiratet war. Die Presse stürzte sich lieber auf die Singles. Doch im Gegensatz zu ihr selbst war es ihrer jüngeren Schwester hingegen gelungen, ihr Studium in London als Vorwand zu nutzen, sich aus dem Scheinwerferlicht zurückzuziehen.

In den vergangenen fünf Jahren hatte Olivia sehr im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit gestanden, seit sie mit einundzwanzig eine offizielle Rolle im Palast übernommen hatte. Der Druck schreckte sie nicht, schließlich war sie genau darauf jahrelang vorbereitet worden. Ihr war klar gewesen, dass man sie genauestens beobachten würde. Und doch fühlte sie sich bei solchen Veranstaltungen unendlich einsam, wenn alle Leute sie wie ein hübsches Schmuckstück behandelten, das man am besten aus der Ferne bewunderte.

Ein plötzlicher Krach riss sie aus ihren Gedanken. Sie schaute auf und erblickte den jungen Kellner, der offenbar das Gleichgewicht verloren und mit einem Paar zusammengestoßen war.

„Du Schwachkopf!“

Die Beschimpfung kam von einem älteren Herzog, einem engen Freund ihres Vaters, der offenbar eine Champagnerdusche abbekommen hatte. Auf dem Boden, in einer Lache aus Champagner, lagen die Scherben des unbezahlbaren Kristalls verstreut. Inmitten des Chaos stand wie versteinert der junge Kellner.

„Lasst diesen ungeschickten Idioten zurück in die Schule bringen. Geh mir aus den Augen!“, wütete der Herzog weiter, während seine ebenso empörte Frau eilig versuchte, sein durchnässtes Hemd mit einer Serviette trocknen zu tupfen.

Erschrocken beobachtete Olivia die Szene. Unvermittelt löste sich ein Leibwächter aus der Menge und fasste den Jungen grob an der Schulter.

„Stopp!“ Bevor sie wusste, was sie tat, eilte sie an die Seite des Jungen. „Ich glaube, es gibt einen besseren Weg, die Situation zu lösen, nicht wahr?“, wandte sie sich an den Leibwächter, bevor sie ihre Aufmerksamkeit auf den Herzog und seine Frau richtete. „Duque L’Arosa, dieser junge Mann ist ein Freund von mir. Ich bin sicher, dass er Ihre Großzügigkeit an seinem ersten Arbeitstag sehr zu schätzen weiß.“

Die Augen des Herzogs weiteten sich kurz, sein Gesicht wurde noch röter. Doch Olivia blieb standhaft und setzte ihr bestes königliches Lächeln auf, als die Wache den Jungen freigab. Ohne sie anzusehen, griff der junge Kellner eilig nach seinem Tablett und hastete Richtung Küche davon.

Auf einmal wurde Olivia sich der Stille bewusst, die sie umgab. Aber niemand wagte es, etwas zu sagen oder auch nur zu flüstern, während sie in ihrer Mitte stand.

Ein seltsames Gefühl breitete sich über ihre nackten Schultern aus. Instinktiv wandte sie den Kopf und entdeckte einen Mann, der sie aus kurzer Entfernung unverwandt musterte. Er war auffällig groß, größer als die meisten anderen Männer im Raum.

Sie versuchte wegzuschauen, weil sie sich unter seinem offenkundig prüfenden Blick zunehmend unbehaglich fühlte, aber irgendetwas in seinen Augen zog sie an. Angestarrt zu werden, war sie gewöhnt. Immerhin stand sie ständig in der Öffentlichkeit. Doch seine dunklen Augen schienen ihre volle Aufmerksamkeit geradezu einzufordern. Das ist absolut unangemessen, musste sie sich eingestehen. Eigentlich hätte sie verärgert sein sollen. Doch obwohl etliche Meter zwischen ihnen lagen, ließ sein Blick ihr Herz schneller schlagen.

Ein merkwürdiges Kribbeln breitete sich in ihrem Körper aus. Am liebsten wäre sie zu ihm gegangen, nur um zu hören, wie seine Stimme klang. Herausfordernd zog sie eine Augenbraue hoch. Abermals beschleunigte sich ihr Herzschlag, als daraufhin ein sündiges Lächeln auf seinen sinnlichen Lippen erschien, das ihn noch viel verwegener und gefährlicher erscheinen ließ.

Kein Mann hatte sie jemals so angeschaut – als sei sie ein leckerer Snack, den er gerne probieren würde. Sie schüttelte den Kopf, weil ihre Gedanken eine so absurde Richtung eingeschlagen hatten, und zwang sich, endlich den Blick abzuwenden.

Als sie wieder zu ihm hinüberschaute, war er verschwunden.

Sie brachte ihre Mimik unter Kontrolle, nickte dem Herzog und der Herzogin höflich zu und schlenderte langsam und anmutig aus dem Saal. Ihr persönliches Sicherheitsteam löste sich aus der Menge und folgte ihr. Nie hatte sie sich mehr über die kürzlich erhöhten Sicherheitsmaßnahmen geärgert als in diesem Moment. Es gab keine unmittelbare Bedrohung. Also bestand auch keine Notwendigkeit für die lächerlichen neuen Maßnahmen, die ihr Vater vor einer Woche angeordnet hatte.

„Ich fühle mich nicht gut“, verkündete sie den Männern, sobald sie sich in einem leeren Flur außerhalb des großen Saals befanden. „Bestimmt besteht kein Grund, mich ins Badezimmer zu begleiten?“

Die Männer reagierten vorhersagbar, hüstelten unbehaglich und machten ihr dann Platz, sodass sie allein die Damentoilette betreten konnte. Rasch schaute sie sich um. Ihr Blick fiel auf eine zweite Tür auf der gegenüberliegenden Seite.

Ein triumphierendes Lächeln umspielte Olivias Mundwinkel. Manchmal war ein wenig Rebellion notwendig.

Roman Lazarov hatte sich nie sonderlich wohl auf den Veranstaltungen der High Society gefühlt. Reine Neugier hatte ihn dazu gebracht, die Einladung des Scheichs von Zayyar anzunehmen und die Königlichen Rennen zu besuchen, da er ohnehin in Monteverre weilte. Kleine europäische Königreiche gehörten zu den wenigen Nischenmärkten, in denen er mit seiner Sicherheitsfirma noch nicht Fuß gefasst hatte, denn Monarchien neigten dazu, an ihren jahrhundertealten Traditionen festzuhalten. Außerdem hegte der alte Geldadel mehr oder minder offen Verachtung für neureiche Menschen aus Russland.

Unwillkürlich ballte er die Hände zu Fäusten, als er an die kleine Szene zurückdachte, deren Zeuge er vorhin geworden war. Nichts erinnerte ihn stärker an seine bescheidenen Anfänge als ein reicher Mann, der seine Untergebenen schlecht behandelte. Viele, die mit immensem Reichtum geboren wurden, besaßen einen sehr hässlichen Charakter. Als glaubten sie, die Welt sollte sich ihrem Willen beugen und dass diejenigen, die weniger besaßen, auch weniger wert waren. Natürlich war das eine unzu­lässige Verallgemeinerung, trotzdem traf sie seiner schmerzhaften Erfahrung nach sehr häufig zu.

Doch die junge rothaarige Frau hatte ihn überrascht. Ganz offensichtlich gehörte sie zur Oberschicht – das verriet ihm ihre Kleidung. Diamanten und edle gelbe Seide. Sie war ihm aufgefallen, kaum dass er den Raum betreten hatte. Stolz und unnahbar hatte sie ganz allein in der Mitte des Saals gestanden und mit feingliedrigen Fingern das Champagnerglas umklammert, als würde ihr Leben davon abhängen. Und doch hatte sie für den Kellner Partei ergriffen und damit einen kleinen Skandal verursacht.

Er sollte sich wirklich bei ihr bedanken. Sie hatte ihm die perfekte Ablenkung geboten, damit er sich seinem eigentlichen Ziel widmen konnte.

Am liebsten jedoch wäre er auf der Party geblieben, um herauszufinden, ob die Dame seinen Erwartungen gerecht würde. Dabei musste er sich eingestehen, dass sein kurzer Abstecher zu den Rennen in Wahrheit ein Fehler gewesen war. Schließlich war der Faktor Zeit von entscheidender Bedeutung, wenn man einen Einbruch in den Königspalast plante …

Der Frühsommertag fühlte sich sehr angenehm an, als Roman um die letzte Kurve des Waldwegs bog und endlich die hohen Mauern des Palastes in Sichtweite kamen. Der überwucherte und verlassene Weg war nicht die einfachste Route, aber wenn man in das Heim der königlichen Familie von Monteverre einbrechen wollte, benutzte man normalerweise nicht das Hauptportal.

Abgesehen von den Geräuschen der Tierwelt war es ruhig im Wald. Gelegentlich war das Knacken von Ästen zu hören, die er methodisch aus seinem Weg bog. Als er die mittelalterliche Steinmauer erreichte, blickte Roman auf. Sie musste mindestens fünf Meter hoch und drei Meter breit sein. Damit wirkte sie sehr eindrucksvoll und war unmöglich zu überwinden … vor allem dann nicht, wenn man für diesen Anlass nicht entsprechend gekleidet war. Er überprüfte seine Smartwatch und zoomte einen kleinen Punkt auf einer Karte heran.

In seinem früheren Leben hatte es Roman Lazarov Vergnügen bereitet, das Gesetz zu brechen. Das Überwinden selbst der modernsten Sicherheitssysteme hatte sich für den immer hungrigen und innerlich abgehärteten Waisenjungen mit der Neigung zum Unruhestiften als Kinderspiel erwiesen. Doch während seiner gesamten Zeit in der verkommenen Unterwelt von St. Petersburg war er nie in einen echten Palast eingebrochen.

Dieses alte Leben war jetzt vorbei – ersetzt durch eines mit unermesslichem, selbst erarbeitetem Reichtum. Und doch stand er jetzt hier. Sein Puls beschleunigte sich bei dem Gedanken an das, was vor ihm lag. Die Tatsache, dass diese kleine Übung absolut legal war, machte sie nicht weniger herausfordernd. Der Palast konnte eine Bewachung von einhundert Mann vorweisen. Und alles, was er hatte, war ein digitaler Bauplan der Burgtunnel und seine beiden Hände.

Der Gedanke sandte Adrenalin durch seine Adern. Oh, wie er dieses Gefühl vermisst hatte! Als der Scheich von Zayyar ihn um einen Gefallen gebeten hatte, hatte er vermutet, es würde sich um den Aufbau eines neuen Sicherheitsteams für eine Auslandsreise oder etwas Vergleichbares handeln. Khal war ein gefragter Mann, der viele Reisen unternahm. Seine Leibwache war fast vollständig von Romans Sicherheitsfirma „The Lazarov Group“ zusammengestellt worden. Trotzdem hatte Khals Bitte ihn fasziniert – wahrscheinlich genau wie von dem Scheich beabsichtigt. Die Herausforderung war gestellt und Roman fest entschlossen, sie zu genießen.

Und was Erfolg oder Misserfolg anging … die Frage danach hatte ihn dazu gebracht, seinen ältesten Freund auszulachen.

Roman Lazarov scheiterte nie. Niemals.

Im hellen Tageslicht wirkte es fast so, als würde er einen gemütlichen Spaziergang machen und keinen Akt der Spionage durchführen. Endlich erreichte er die kleine Luke aus Metall, die im Boden versenkt war und somit einen sauberen und völlig unkomplizierten Einstieg ins Schloss bot. Es war das Ende eines alten Versorgungstunnels und stammte vermutlich aus längst vergangenen Kriegszeiten. Roman hatte seinen Augen kaum trauen wollen, als sein Team die Luke auf einem alten Plan entdeckt hatte.

Allerdings sieht sie für eine seit Jahrzehnten verlassene Falltür sehr sauber und fast gepflegt aus, dachte er, als er seine Finger über das von der Sonne erwärmte Metall gleiten ließ.

Plötzlich zerriss ein lautes Geräusch die Stille. Roman erstarrte und hielt instinktiv den Atem an. Ganz automatisch schärften sich seine Sinne – ein Resultat seiner jahrelangen Erfahrung in der Sicherheitsbranche. Er lauschte aufmerksam und suchte seine Umgebung systematisch ab. Dann hörte er Schritte, leicht und schnell, möglicherweise ein Kind. Roman durfte unter gar keinen Umständen gesehen werden, sonst wäre die ganze Übung umsonst.

Ohne weiter nachzudenken, hastete er mit fünf langen Schritten in den Wald und suchte Schutz unter den Bäumen.

Unmittelbar darauf tauchte eine Gestalt hinter den vielleicht fünf Meter entfernten Büschen auf. Sie war zierlich, schlank und unverkennbar weiblich. Und sie bewegte sich schnell. So verdammt schnell, dass er kaum mehr als ein Paar nackter wohlgeformter Beine unter einem sackartigen dunklen Kapuzenmantel sah, bevor die Gestalt sich um die eigene Achse drehte und ohne weitere Anstrengung durch die Luke im Boden verschwand.

Roman runzelte die Stirn. Einen Moment ließ er die Bilder in seinem Kopf Revue passieren. Offensichtlich war er nicht der Einzige, der über den versteckten Eingang Bescheid wusste. Er schüttelte die Überraschung ab und verfluchte sein Zögern. Dann eilte auch er zu der Luke und zog sie auf.

Die eiserne Leiter war rutschig und feucht und endete in einem quadratischen Tunnel aus Beton. In regelmäßigen Abständen erhellten kleine Inseln aus Sonnenlicht, die durch winzige Lüftungsschächte drangen, die ansonsten pechschwarze Umgebung.

Roman blieb stehen und lauschte nach den Schritten der Frau. Obwohl sie sich so schnell und dennoch leise bewegte, konnte er sie weit vor sich im Tunnel hören. Als er die Verfolgung aufnahm, erschien ein kleines Lächeln auf seinen Lippen. Hergekommen war er eigentlich, um auf die Lücken in der Sicherung des Palastes hinzuweisen. Und jetzt gab es sogar einen Eindringling, der ihm als unwiderlegbarer Beweis dienen würde.

Diesem Einbrecher stand eine sehr unsanfte Entdeckung bevor.

Olivia hielt ihre Schuhe fest in einer Hand, mit der anderen stützte sie sich an der Tunnelwand ab. Der Boden unter ihren nackten Füßen war feucht und rutschig – eine Tatsache, vor der sich eine junge Frau ihres Standes eigentlich hätte ekeln müssen. Aber sie hatte das Prinzip der ‚zarten Prinzessin‘ nie verstanden. Es waren nämlich genau diese Momente, wenn sie dem Leben im Palast für eine süße Stunde entkommen war, in denen sie sich am lebendigsten fühlte.

Ihr plötzliches Verschwinden war wahrscheinlich inzwischen bemerkt worden, trotzdem empfand sie keinerlei Reue. Ihre Anwesenheit bei dem Pferderennen war allein dem Ehrengast des Königs, Scheich Khalil Al Rhas von Zayyar, geschuldet. Dem Mann, den sie – wie ihr Vater ihr gerade erst mitgeteilt hatte – heiraten sollte.

Sie blieb einen Augenblick stehen. Zum zweiten Mal in wenigen Stunden schnürte dieser Gedanke ihr die Kehle zu. Seine Worte, dass es ihre „königliche Pflicht“ sei, klangen noch in ihren Ohren. Sie war doch erst sechsundzwanzig. Sie war noch nicht bereit für diese Form von Verpflichtung.

Natürlich wusste sie, dass ihr Vater das Recht besaß, die Ehe seiner Nachkommen zu arrangieren oder abzulehnen. Aber insgeheim hatte sie gehofft, dass der Tag nie kommen würde, an dem er von diesem archaischen Vorrecht Gebrauch machte. Doch nun war dieser Tag gekommen, und der Scheich konnte ihr jeden Moment einen Antrag machen.

Kurz presste Olivia ihre Stirn gegen die Steinmauer. Innerlich fühlte sie sich so kalt, dass sie glaubte, ihr würde niemals wieder warm werden.

Dramaqueen, hallte Cressidas spöttische Stimme durch ihre Gedanken.

Ihre jüngere Schwester war stets die Ruhigere und Besonnenere von ihnen beiden gewesen. Ihr Fels in der Brandung. Vor fünf Jahren war Cress nach England gezogen, um dort ihr Studium aufzunehmen. Es verging kein Tag, an dem sie nicht an sie dachte. Weil ihr Altersabstand nur knapp ein Jahr betrug, hatten sie sich schon immer fast wie Zwillinge gefühlt. Cress würde genau wissen, was sie in diesem Augenblick sagen müsste, um ihre unerträgliche Anspannung zu lindern, die sie seit heute Vormittag verspürte.

Der Tunnel verlief in einer geraden Linie entlang der Südseite des Palastes. Es kam ihr so vor, als sei sie endlose Meilen gelaufen, bevor die Treppe schließlich erschien. In fast völliger Dunkelheit stieg sie die Stufen empor und verließ sich ausschließlich auf ihre Erinnerung, um den Weg zu der halb versteckten Tür in der Steinmauer zu finden. Sie drückte auf einen verborgenen Knopf, schob ein Platte beiseite und schlüpfte durch die Öffnung.

Nach der Dunkelheit wirkten das strahlende Weiß und Gold ihres Ankleidezimmers wie eine willkommene Umarmung auf sie. Sie hielt einen Moment inne und atmete die frische Luft ein, dann wandte sie sich um, um die Geheimtür zu schließen.

Das leise Geräusch von Schritten unten im Tunnel ließ sie erstarren. Das war unmöglich! In den fünfzehn Jahren, die sie den Tunnel benutzte, hatte sie nie eine Menschenseele dort unten angetroffen. Selbst ihren Schwestern hatte sie ihr Geheimnis nicht anvertraut.

Olivia trat wieder auf den schmalen Treppenabsatz hinaus, stützte die Hände auf der steinernen Balustrade ab und beugte sich vor, um in die Dunkelheit zu lauschen. Hatte einer ihrer Leibwächter sie verfolgt?

Auf einmal verstummten die Schritte. Eine unheimliche Stille breitete sich in der steinernen Unterwelt aus. Noch immer hielt sie den Atem an. Acht, neun, zehn … Ganz langsam atmete sie aus und verfluchte ihre hyperaktive Fantasie. Wenn man zu lange in den dunklen Tunneln unterwegs war, gaukelte einem die Stille manchmal Geräusche vor, die gar nicht da waren.

Olivia wandte sich um. Gerade wollte sie zurück in ihr Zimmer gehen, da fand sie ihren Weg durch eine Wand aus Muskeln versperrt. Warme Muskeln, die nach Sandelholz und Pinien dufteten.

Hände – definitiv männliche – wurden ihr auf die Schultern gelegt und drehten sie zur Wand. Dann wurden ihre Arme nach hinten gezogen. Instinktiv bewegte sie sich rückwärts und versuchte, mit ihrem Kopf die Nase des Angreifers zu treffen. Sogar Prinzessinnen lernten, sich selbst zu verteidigen.

„Nicht schlecht.“

Seine Stimme erschreckte sie. Sein deutlicher Akzent ließ die Bedrohung, die von ihm ausging, noch beunruhigender werden. Zur Palastwache gehörte er definitiv nicht.

Sie atmete scharf ein und versuchte vergeblich, sich aus seinem eisernen Griff zu befreien. Dann blinzelte sie in die Dunkelheit, um sein Gesicht zu erkennen, vielleicht eine Uniform, ein Abzeichen … irgendetwas, das ihr verriet, wer er war und weshalb er hier war. Wenn sie sich an eine Sache aus ihrem Training zu möglichen Entführungen erinnerte, dann das: Sag kein einziges Wort.

Er drückte auf etwas, das eine Armbanduhr zu sein schien. Ein dünner Lichtstrahl ging davon aus, den er jetzt über ihren überdimensionalen Trenchcoat zu ihren nackten Füßen wandern ließ. Vor ihrem Aufbruch hatte sie ihren Designer-Blazer in der Garderobe gegen diesen Mantel ausgetauscht. Das zitronengelbe Cocktailkleid, das sie darunter trug, war nicht sonderlich ideal, um in der Öffentlichkeit unbemerkt unterzutauchen.

Sie wandte den Kopf und erhaschte einen kurzen Blick auf ein markantes Kinn und breite Schultern, bevor der Fremde das Licht wieder ausschaltete. Dunkelheit legte sich über sie.

„Sie sind nicht gerade für eine schnelle Flucht gekleidet“, bemerkte er.

Beinahe hätte sie laut aufgelacht … aber nur beinahe. Doch von einem unbekannten Riesen gefangen gehalten zu werden hatte ihre geradezu berühmte Fähigkeit, immer die positiven Seiten einer jeden Situation zu sehen, beeinträchtigt. An einer Entführung gab es absolut nichts Positives. Denn welche andere logische Erklärung gab es für seine Anwesenheit? Jeden Moment würde er sie erkennen, dann wäre das Spiel vorbei.

Vielleicht würde ihr Vater das Lösegeld bezahlen, schoss es ihr durch den Kopf. Wie viel war ihr Leben wert? Hoffentlich nicht zu viel … das Königreich stand bereits jetzt vor dem finanziellen Ruin. Unwillkürlich zuckte sie zusammen, als sie seine Hand unter ihrer linken Achselhöhle spürte. Ein seltsamer Platz, um sie zu betatschen.

„Nein! Wagen Sie es nicht, mich anzufassen“, stieß sie keuchend hervor und bog sich so weit wie möglich von ihm weg. Er hingegen verstärkte bloß seinen Griff und schien von ihren Befreiungsversuchen wenig beeindruckt.

„Von mir droht Ihnen keine Gefahr“, erwiderte er. „Ich muss aber sicherstellen, dass ich dasselbe von Ihnen behaupten kann. Halten Sie still.“

Es musste an der Autorität in seiner Stimme gelegen haben, dass sie tatsächlich erstarrte. Olivia hielt den Atem an, als seine fast mechanisch wirkenden Berührungen sich ihrer Hüfte näherten. Mit ruhigen und zielgerichteten Bewegungen tastete er dann ihre andere Seite ab, kontrollierte ihre Manteltaschen und widmete sich ihrer Taille.

Auf einmal begriff sie, dass er nach einer Waffe suchte! Trotzdem fuhr sie erschrocken zusammen, als sie seine Finger unmittelbar unterhalb ihrer Brüste spürte. Sie konnte sich alle möglichen Situationen ausdenken, in denen man sich für die Berührungen eines Mannes begeistern konnte … aber diese hier gehörte bestimmt nicht dazu. Und doch begann ihr Körper auf die Intensität dieser Begegnung zu reagieren, obwohl ihr das Herz vor Angst bis zum Hals klopfte.

Sein Atem veränderte sich überhaupt nicht. Er zeigte auch keine Anzeichen, dass er ihre Reaktion bemerkte. Als er sich mit seiner Durchsuchung schließlich ihren Oberschenkeln näherte, konnte Olivia es nicht länger ertragen. Denn einerseits schockierte sie seine Kühnheit, auf der anderen Seite bereitete ihr ihre eigene Reaktion großes Unbehagen. „Glauben Sie wirklich, dass ich eine Waffe in meiner Unterwäsche verstecke?“

Der Fremde räusperte sich. „Ich habe Menschen kennengelernt, die Waffen an den absurdesten Orten verborgen haben. Vor allem Frauen neigen zu einer … gewissen Kreativität.“

„Fassen Sie mich nicht noch einmal an!“

Er schwieg einen Moment. Das einzige Geräusch stammte von ihren Atemzügen, die sich in der Dunkelheit vermischten.

Als er weitersprach, war sein Akzent deutlicher hörbar. Seine Stimme klang tief und ein wenig Furcht einflößend. „Sagen Sie mir, wer Sie sind und weshalb Sie versuchen, in den Palast einzubrechen.“

Zunächst verwirrten sie seine Worte. Also hatte er sie noch nicht erkannt. Wenn er ein Entführer wäre, mussten ihm die Gesichter der Königsfamilie vertraut sein … selbst in der Dunkelheit, überlegte sie. Ihre Möglichkeiten waren begrenzt. Hier unten gab es keine Panikknöpfe, keine Leibwächter in Rufweite.

Sie musste hier weg.

Unauffällig drehte sie den Kopf in Richtung Tür. Unwillkürlich beschleunigte sich ihr Atem, als er ihrem Blick folgte und den Lichtschein durch den schmalen Spalt dringen sah.

„Sie haben einen Weg nach drinnen gefunden“, stellte er überrascht fest. „Dann kommen Sie. Finden wir heraus, worauf Sie es abgesehen haben.“

Ohne ihren Unterarm loszulassen, zog er Olivia hinter sich her die restlichen Stufen hinauf und durch die Tür in ihr Ankleidezimmer. Ihre Augen gewöhnten sich rasch an das helle Licht. Abgesehen von ihren vielen Kleidern war der Raum leer. Das würde auch noch eine Weile so bleiben, weil ihre Bediensteten annahmen, dass sie den restlichen Tag bei den Rennen verbringen würde.

Olivia schluckte. Gerade hatte sie einen Eindringling mitten ins Herz des Palastes geführt.