For strong Ladies only: Nell & Ice - Ea Devlin White - E-Book
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For strong Ladies only: Nell & Ice E-Book

Ea Devlin White

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Beschreibung

Ice liebt sein Bike, unverbindlichen Sex und seine Chesterfields. Mehr hat er nie gewollt. Doch der Präsident der First Riders muss sich nicht nur mit den Niedergang seines Clubs herumschlagen, sondern er muss auch mit dem Chaos fertig werden, das sein Cousin Jonny hinterlassen hat. Die Spielschulden interessieren Ice wenig. Der Vollidiot hat dafür schon mit seinem Leben bezahlt. Doch Jonnys Witwe Nell ist in akuter Gefahr und das kann Ice auf keinen Fall hinnehmen. Abgeschlossener Roman mit explizit erotischen Szenen, einem kräftigen Schuss Romantik und einem Happy End.

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Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

1

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5

6

7

8

9

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11

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14

15

Epilog

Impressum

1. Auflage – Copyright © 2020 Ea Devlin White

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf nur mit Genehmigung der Autorin wiedergegeben werden – das gilt auch für Teile daraus.

Redaktion und Layoutgestaltung: editio historiae

Titelbild: pixabay

1

Seine Augenbrauen wanderten immer höher, während Ice das Gekrakel las, das ihm sein Cousin Jonny geschickt hatte. … stecke in verdammten Schwierigkeiten … Nervös spielte Ice mit seinem Zippo, das er immer wieder aufklappte und zuschnappen ließ. „Erzähl mir etwas, das ich nicht schon weiß, du verdammter Vollidiot“, murmelte er und griff nach seiner Zigarettenschachtel. Angewidert ließ er den Fetzen Papier auf seinen Schreibtisch segeln und zündete sich eine Chesterfield an. Das „Begräbnis“ lag Ice auch nach zwei Tagen noch im Magen. Von Jonny war nur ein Arm und ein Ohr gefunden worden. Trotzdem hatte Marlies, Jonnys Mutter, auf einen Sarg und allen Pomp bestanden. In ihrer Realität war ihr wertvoller Sohn das Opfer einer Verschwörung gewesen und sie hatte nicht davor zurückgescheut, Ice‘ Beteiligung daran herbei zu fantasieren. Sie hatte sich nicht davon abbringen lassen, auch wenn ihr schrecklicher Neffe zu keinem fraglichen Zeitpunkt im Lande gewesen war. Die Polizei hatte Ice stundenlang in die Mangel genommen, doch auch die Bullen konnten nichts daran ändern, dass er in den Staaten gewesen war. Der Stempel in seinem Pass hatte es bewiesen. Deswegen hatte Jonnys Brief ihn auch erst jetzt im Club erreicht. Eben dieses Dasein als Rocker und Präsident eines dubiosen Motorradclubs, während der tolle Sohn von Marlies ein sauberes Leben geführt hatte – Ha! Das war der beste Witz von allen! – hatten schon genügt, um Ice ins Licht ihrer Verdächtigungen zu rücken. Doch Marlies hatte ihre ganz eigenen Vorstellungen. Sie hatte es sogar geschafft, Jonnys Frau Nell vor allen Anwesenden eine Mitschuld zu geben. „Wenn du dich nur besser um meinen geliebten Jonny gekümmert hättest …“, hatte sie gezetert und erst aufgehört, als Ice sich neben Nell gestellt und seinen Arm um sie gelegt hatte. „Nell war die ganzen Jahre für Jonny da, Marlies.“ Ice weigerte sich schon seit Kindertagen, diese schreckliche Frau als Tante zu titulieren. „Sie hat nur ein paar Stunden in diesem Tanzstudio gearbeitet.“ „Ja, um die Böden aufzuwischen. Anderer Leute Dreck wegzuputzen ist unsereins unwürdig.“ Ice hatte nur eine Augenbraue gehoben. „Wieso war es dann in Ordnung, dass sie ständig hinter Jonny weggeräumt hat?“ Marlies hatte ihn wutschnaubend stehen lassen und ihrer Schwiegertochter keinen Blick mehr geschenkt.

Ice fragte sich kurz, was Nell jetzt vorhaben könnte. „Sie hat ja meine Nummer, wenn sie etwas braucht“, murmelte er und beugte sich vor, um nach dem nächsten Brief auf dem Stapel Post für den MC zu greifen, als sein Blick bei einem Satz in Jonnys Brief hängenblieb. … Nell in Gefahr gebracht … Fuck! Die netteste Frau, die Ice je kennengelernt hatte, war in Gefahr? Dieser Vollpfosten Jonny hatte sie offensichtlich nicht nur zur Witwe gemacht, sondern auch … Ice nahm den Brief noch einmal zur Hand. Devil könnte seine Drohung wahrmachen und Nell in sein Bordell zwingen, damit sie meine Schulden abarbeiten kann. Vor Schreck wäre Ice fast die Zigarette aus der Hand gefallen. Die Drohung an sich war schon absurd genug, denn Devil hatte noch nie eine Frau zur Prostitution gezwungen. Aber die Vorstellung, dass Nell irgendwelche Konsequenzen durch Jonnys Blödheit zu fürchten hatte, ließ ihm graue Haare wachsen.

Ice seufzte und griff nach seinem Telefon. Er suchte den Kontakt von Martin Teufl, vulgo Devil, und wählte die Nummer. Er ließ es eine halbe Ewigkeit läuten. „Scheiße, Ice, weißt du, wie spät es ist? Schläfst du eigentlich nie?“, grunzte Devil ungehalten ins Telefon. Ice lachte leise. „Es ist Mittag und du musst deinen Arsch sowieso aus dem Bett kriegen. Dein Haupthaus sperrt um 14 Uhr auf oder machen das deine Speichellecker? Ich dachte immer, dass nur der Chef persönlich die großen Kredite genehmigt. Und, so wie du klingst, hattest du deinen Morgenschuss schon.“ Einigen Freunden und Feinden des Casinobesitzers war bekannt, dass Devil mittlerweile schwere Aufputschmittel benötigte, um in die Gänge zu kommen. „Ja, ja, ist ja schon gut, Arschloch. Also, ich bin wach. Was willst du, Ice?“ „Jemand schuldet dir Geld…“ Devil lachte freudlos. „Da gibt es viele. Du musst schon konkreter werden.“ „Wie sieht es mit Jonny, dem Vollpfosten, aus?“ „Scheiße, Mann. Jonny hat ein Riesenglück, dass er schon tot ist. Hast du überhaupt eine Ahnung, mit welcher Summe er bei mir in der Kreide stand?“, flippte Devil aus. „Er hat mir sein Haus verpfändet. Die Bruchbude ist aber nicht viel wert. Ich kriege vielleicht die Hälfte von dem, was mir dieser Hurensohn am Ende geschuldet hat. Da gibt sogar seine Fotze mehr her.“ Ice musste seinen Ärger mit Gewalt hinunterschlucken. Niemand hatte das Recht, Nell als Fotze zu bezeichnen. Er zwang sich zu einem Lachen. „Soll sie etwa deine Villa putzen?“ „Nette Idee, aber nein. Wenn man auf alte Weiber steht, macht sie sogar noch etwas her. Milf soll ja ziemlich gefragt sein. Schade, dass niemand weiß, wer dieser Pornoking in Wirklichkeit ist. Jack telefoniert nur. Niemand kennt ihn. Sonst könnte ich bei einem Treffen versuchen, ihm Jonnys Frau gegen eine fette Provision zu vermitteln.“ „Und, wenn der sie nicht nimmt?“, fragte Ice gepresst. „Dann bleiben immer noch die Russen. Die nehmen jede. Jonnys Alte könnte denen sogar einiges wert sein – die haben alle irgendeinen Haarfetisch.“ Devil holte rasselnd Luft. „Aber, den habt ihr Scheißtypen ja auch. Eure Bitches und Old Ladies haben alle lange Haare und irre Titten.“ Er lachte dreckig. „Sind lange Haare beim Ficken irgendwie geil?“ Ice schnaubte. „Find’s selbst raus, Arschloch.“ „Ich könnte mich ja einmal in eurem Club umsehen“, sagte Devil aufgekratzt. „Oder ich probiere Jonnys Frau zuerst selbst aus. Vielleicht kriege ich ja auch den Kick. Wenn ich genug habe, kann ich sie immer noch abschieben. Irgendeiner wird sie schon noch ficken wollen.“ Ice fühlte sich, als hätte man ihm in den Magen geboxt. Nell war das einzige, wenn auch angeheiratete, Familienmitglied, das er mochte. Bei allen Zusammenkünften hatte sie immer auch an ihn gedacht und ihn eingeladen. Selbst gegen Marlies‘ Willen, die nichts von der Scheiße ahnte, in der ihr ach so feiner Sohn bis zum Hals gesteckt hatte. „Gut, Devil. Kommen wir ins Geschäft“, sagte Ice und drückte seine Zigarette aus. Dabei stellte er sich vor, dass er es auf Jonny, Devil oder irgendeinem dieser Wichser tat, die Nell wehtun wollten.

Nachdem er aufgelegt hatte, zündete er sich die nächste Chesterfield an und ließ sich das Gespräch durch den Kopf gehen. Abgesehen davon, dass ihm Devil kräftig auf den Sack gegangen war, hatte eine seiner Aussagen einen Umstand bestätigt, der Ice sehr wichtig war und an dessen Konstruktion er jahrelang gearbeitet hatte. Nur seine engsten Mitarbeiter wussten, dass er selbst der geheimnisumwitterte Pornoking war. Die Filme und Videos von Jacks Studio 4 6 fanden reißenden Absatz, weil Ice auf Details und gute Qualität achtete. Der Mist mit Jack als Pornoking war irgendwann einmal im Internet aufgetaucht, nachdem eine Marktanteilsstudie gezeigt hatte, dass er in der obersten Liga mitspielte. Wie die Firmenkonstruktionen dahinter tatsächlich aufgebaut waren, wusste nur eine Person - seine ehemalige Ziehmutter Glenna Knott, auf deren Namen auch alle Geschäftspapiere liefen. Jacks Studio war nur die Geschäftsbezeichnung für ein schmuddelig wirkendes Ecklokal in einem Haus in der Innenstadt, in dem man Jack aber nie antraf. Die einzige Verbindung zum Besitzer des Hauses, einer Gesellschaft mit dem Namen I.C.E. Productions, war ein Mietvertrag. Von der Pornofilmmaschinerie auf drei Stockwerken des Gebäudes drang nichts an die Außenwelt. In den vier Wänden des riesigen Filmstudios war er für alle Ice. So stand es ja auch auf seiner Kutte, mit der er häufig aufkreuzte. Seine Mitarbeiter mussten damit leben, dass er eine Harley fuhr und mit Leib und Seele ein finster aussehender Rocker war. Er konnte gar nicht anders und widmete auch sein ganzes Privatleben seinem Club, den First Riders. Die Patches auf seinem geliebten Leder wiesen ihn nicht nur als Ice, sondern auch als Präsidenten des Clubs aus. Obwohl die First Riders schon bessere Tage gesehen hatten und nur mehr am Rande in Wiens Unterwelt mitmischten, war Ice voll bei der Sache. Bei den First Riders kursierte die Version, dass er den Clubnamen seinen eisblauen Augen schuldete. Nell hatte gemeint, dass es von seinem Nachnamen Eisheuer abgeleitet war, weil Eisi nicht grimmig oder cool genug klang. Die süße Nell. Ihre Art, mit ihm umzugehen, war einzigartig, denn sie akzeptierte ihn so, wie er war und hatte ihn nie kritisiert. Deshalb nannte sie ihn auch immer Ice, während Marlies bei den wenigen Gelegenheiten, bei denen sie miteinander sprachen, auf Ivo-Christian bestand und Jonny alle möglichen Bezeichnungen für ihn gefunden hatte. Nur, wenn er Geld gewollt hatte, hatte er Ice verwendet.

Es klopfte an der Tür. Ice faltete Jonnys Brief zusammen und steckte ihn in seine Kutte, bevor er „Herein“ brummte. Sein Vize steckte den Kopf herein. Gery war ein in die Jahre gekommener Rocker, der sich mittlerweile nur mehr durch seine Statur und seine Stellung als Vizepräsident Respekt verschaffte. An eventuellen Kämpfen hätte Ice ihn nicht mehr teilnehmen lassen. Seine Knie machten es nicht mehr mit und Gerys Old Lady Elsa hatte Ice einmal zur Seite genommen, um ihn zu bitten, Gery aus der Schusslinie zu nehmen. Zu bitten? Wohl kaum. Elsa war die erste Old Lady im Club und hatte das Sagen. Erst, wenn Ice sich eine Old Lady nahm, dann würde sie den Platz in der vordersten Reihe abgeben müssen. „Hi, Boss.“ Gery richtete sein Stirntuch und ließ sich auf den Sessel vor dem Schreibtisch fallen. „Liegt irgendetwas an, Ice?“

Ice nahm einen Stapel Blätter und hielt ihn dem Vizepräsidenten hin. Gery blätterte die zahlreichen Anzeigen wegen Ruhestörung, Erregung öffentlichen Ärgernisses und Geschwindigkeitsübertretungen durch. „Echt jetzt, Mann?“, schnaufte er genervt. „Und, es interessiert von denen keinen, dass wir zuerst hier waren?“ Ice zuckte mit den Schultern. „So, wie es aussieht nicht. Unsere schöne Stadt wächst und wächst. Die Zeiten, dass unser Clubhaus mitten in einem aufgelassenen Industriegelände gestanden hat, sind vorbei. Unsere Umgebung ist längst Ansiedlungsgebiet geworden.“ Er formte die Augen zu Schlitzen. „Du hast ja auch davon profitiert.“ Gery knurrte etwas Unverständliches. „Ja, ja, gieße nur Salzsäure in meine Wunden.“ Er schüttelte den Kopf. „Mein eigen Fleisch und Blut lebt in einem Reihenhaus und macht auf brave Mama. Ich darf Lukas nicht einmal eine Kutte schenken.“ Ice lachte. „Autsch! Das schmerzt deine Rockerseele natürlich, Opa.“ „Fuck, Ice! Er soll jetzt auch in diesen Kindergarten Sonnenschein gehen. Ich habe fast einen Herzinfarkt gekriegt, als er meinte, er käme in die Mäusegruppe.“ Der Präsident brüllte nun vor Lachen, während sein Vize immer weiter im Sessel versank. Ice hatte sich etwas eingekriegt. „Ich nehme nicht an, dass du ihn mit deinem Bike abholen kannst?“ Zur Antwort streckte Gery Ice den Mittelfinger raus. Ice griff ungerührt zu seiner Zigarettenschachtel. „Von diesem Kindergarten ist übrigens auch eine Anzeige dabei. Einige von uns hätten die Kinder angeblich am Überqueren der Fahrbahn gehindert, trotz Zebrastreifens.“ Ice zog nachdenklich an seiner Chesterfield und inhalierte den Rauch tief. „Es wird nicht mehr lange dauern und sie werden uns die Bude dichtmachen.“ „Niedergestreckt vom Spießbürgertum. Scheiße, Mann.“ „Tja, wer hätte das gedacht?“ Ice lachte bitter. „Ich frage mich nur, wann unsere lieben Nachbarn schnallen werden, dass unsere Anwesenheit auch ihre guten Seiten hat. Alle Sprayer, Dealer und sonstigen Wichser halten sich hübsch von dem Viertel fern. Unser Kontakt von den Bullen hat mir mal gesteckt, dass sie hier kaum Streife fahren und noch nie ein Einbruch gemeldet wurde.“ „Ja, mit uns will sich keiner anlegen. Wie das wohl aussieht, wenn wir den Abflug machen?“ Ice zuckte mit den Schultern und griff zu einem anderen Zettel. „Zum Glück gehört uns das Gebäude und das Gelände, auf dem die Werkstatt steht.“ Er reichte Gery den Zettel mit einem Kaufangebot. Der Vize der First Riders stieß einen leisen Pfiff aus. „Das sollte den Jungs den Abgang versüßen.“ Ice nickte. „Ja, aber es könnte schwierig werden, ein neues Quartier zu finden. Jedes noch so abgefuckte Grundstück ist mittlerweile im Fokus der Immobilienhaie. Und mit denen lege ich mich nicht an.“ Gery drehte sich eine Zigarette. „Und weiter draußen?“ Ice stand auf und schaute auf die Stadtkarte, die in seinem Büro hing. Darauf waren alle Territorien der Clubs und Banden unauffällig vermerkt. Für einen Uneingeweihten sah es aus, als wären Tankstellen und Schnellrestaurants markiert. „Dann haben wir unser Gebiet nicht mehr so gut im Blick“, sprach Gery den Gedanken des Präsidenten laut aus. „Ja“, sagte Ice und ließ sich wieder in seinen abgewetzten Sessel fallen. „Wir könnten unsere Prospects noch mehr einsetzen, aber es stellt sich dann die Frage, wie attraktiv unser Club dann noch ist. Kaum eine Bitch kommt dorthin, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Und die gehören zu einer geilen Party eben dazu. Wenn wir unseren Anwärtern und Hangarounds nicht genug willige Muschis bieten können, werden sie sich einen anderen Club suchen.“ Ice fuhr sich genervt über die Stirn und zog wieder tief an seiner Zigarette. „Wir sind langsam zu alt für diesen Scheiß“, murmelte er und wartete auf den wütenden Protest seines Vizepräsidenten, doch erstaunlicherweise kam von dort nichts. Er sah zu Gery, der aus dem Fenster starrte, und an seiner Zigarette zog. „Ich wollte immer nur mein Bike fahren – live to ride, Bro. Mehr wollte ich nicht. Aber ohne Kohle geht das auf Dauer nicht. Du brauchst Sprit, ‘ne Versicherung und natürlich auch was zum Futtern. Am Anfang ist das Ficken gratis, aber mit ‘ner Old Lady und einer Familie sieht die Sache schon ganz anders aus. Du fängst in einer Werkstatt an.“ Gery schnaubte. „Aber, wie viele Harleys gibt es schon zum Reparieren oder abgefuckte Typen, die dir ihre Karre freiwillig geben? Da lockt der schnelle Kies …“ Ice nickte. Er hatte Glück gehabt, dass er rechtzeitig die rechte Hand eines Clubmitglieds, das billige Pornos produzierte, geworden war. Mit seinem Talent für Zahlen und dem richtige Gespür für das, was der Markt wollte, war aus Jacks schmuddeligem Studio bald eine solide Einnahmequelle geworden. Ice stützte den Club schon die längste Zeit mit einem Teil dessen, was Jacks Studio einbrachte. Die beiden Striplokale und der gelegentliche Alkoholschmuggel sollten nur den Schein nach außen wahren. Mit Drogen, Waffen oder Auftragsmorden hatten die First Riders nichts am Hut. Ice wusste, dass sein Ruf als gnadenloser Rocker nur daher stammte, weil er mit jedem Boxer der Schwergewichtsklasse locker mithalten konnte und nach wie vor bei illegalen Wettkämpfen in den Ring stieg. Es war nicht nur für die Imagepflege gut, sondern für ihn war und blieb es einfach die beste Möglichkeit, um Stress abzubauen. Es war auch ein Anreiz, in Form zu bleiben. Gery riss ihn aus seinen Gedanken. „Wann wirst du dir endlich eine Old Lady nehmen?“, fragte Gery ihn zum gefühlten hunderttausendsten Mal. „Vom Präsidenten wird das erwartet, Mann. Du bist nur ein paar Jahre jünger als ich.“ Der Vize beugte sich vor. „Oder fickst du einfach zu gern junge Muschis?“ Ice grinste. „Ja, warum sollte ich etwas daran ändern wollen. Sie stehen nach wie vor Schlange. Du hast mit deiner Elsa unheimliches Glück gehabt. Gutes Material für eine Old Lady ist verdammt selten. Und ich weiß, dass ihr Arschlöcher schon Wetten darauf abgeschlossen habt, wann ich meinen Schwanz an die goldene Leine legen lasse. Du hast mir ja sogar schon das Leder für meine zukünftige Old Lady besorgt mit Property of Ice auf dem Rücken.“ Er schnaubte und verengte seine Augen zu Schlitzen. „Und, wem soll ich sie deiner Meinung nach anziehen? Irgendeiner jungen Tussi, die mich nur tierisch nervt? Glaub mir, Mann, mein Zug ist abgefahren.“ Gery verzog das Gesicht. „Auf keinen Fall kommt eine von den Bitches, die bei uns rumhängen, infrage.“ Ice wischte das Thema mit einer unwirschen Handbewegung vom Tisch. „Ich werde eine Clubversammlung einberufen. Eine Umsiedlung betrifft alle, nicht nur die First Nine“, sagte Ice und drückte seine Kippe wieder aus. Er musste dringend etwas essen, bevor er seinem Körper die nächste Nikotindosis zumutete. Gery nickte langsam. „Ich schicke die Info raus. Wann? In drei Wochen?“ „Ja, mach das.“

Ice polterte mit seinen schweren Stiefeln die Stiegen zum großen Clubraum hinunter. Es war erst nach Mittag, doch es hingen schon einige Members und Prospects herum, die ihrem Präsidenten respektvoll zunickten. Die Hangarounds wurden als geduldete Freunde des Clubs erst am späten Nachmittag reingelassen. Eine Bitch, namens Cherry, stand hinter der Bar und polierte Gläser. Sie trug ein enges Mieder und ihre Titten sprengten fast das dünne Etwas, das sie darüber trug. Ice wusste, dass sie einen ziemlich kurzen Minirock trug, der keine Zweifel an ihrer Ablehnung von Unterwäsche ließ. „Hi, Ice. Na, heute schon gefrühstückt?“ Sie stellte ein Bein auf die Sprosse eines Barhockers und gewährte ihm so einen Blick auf ihre rasierte Muschi. „Später vielleicht, Cherry. Ich brauche zuerst wirklich etwas zum Beißen.“ Ice ignorierte ihr Schmollen. Sollte sich doch ein Prospect mit ihr vergnügen. Er hatte schon länger keine Lust mehr auf einen schnellen Fick am Billardtisch, Cherrys bevorzugtem Möbel. Ice ging in die Clubhausküche und entdeckte Elsa, die einen frisch gebackenen Kuchen aus dem Rohr zog. Er schnappte sich ein belegtes Brot vom Tablett, das Elsa für die Bar hergerichtet hatte und verputzte es mit drei Bissen. Ohne Gerys Old Lady und Glenna, die auf ihn schauten, wäre er wahrscheinlich schon verhungert oder von zu viel Fast Food an verstopften Arterien krepiert. Er umarmte Elsa von hinten und drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel. „Schönste aller Ladies, gibt es da gleich ein Stück für mich?“ Er gab ihr einen Klaps auf den Po. Sie kicherte. „Unser ewig hungriger Präsident.“ Sie ließ einen Blick über seinen flachen Bauch gleiten. Ice brachte sicher über 100 Kilo auf die Waage, aber die bestanden aus definierten Muskeln. „Wann verbrennst du die ganzen Kalorien eigentlich?“ Plötzlich hielt sie sich die Ohren zu. „Nein, Ice, ich will es gar nicht wissen.“ Er hob belustigt die Augenbrauen. „Na, die heißeste Frau des ganzen Clubs ist auf einmal prüde geworden?“ Elsa schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich gestehe, dass ich viele Dinge heute anders sehe. Als Großmutter. Ich könnte mir nie vorstellen, dass Lukas das zu sehen bekommt, womit unsere Tochter aufgewachsen ist.“ Elsa wurde rot. „Es ist ein Wunder, dass sie uns nicht vom Jugendamt weggenommen wurde.“ Ice nickte und grinste dann. „Beim Training, meine Süße. Ich verbrenne alles beim Training.“ Elsa gab ihm einen Klaps auf den Unterarm. „Nun, setz dich schon. Willst du auch einen Kaffee?“ Sie stellte ihm eine Tasse mit einem Espresso hin und schnitt den Blechkuchen an. Nachdem sie Ice ein Stück hingestellt hatte, setzte sie sich zu ihm. Sie ließ ihren Blick über seine dunklen Haare gleiten, die an den Schläfen erste graue Stellen zeigten. Doch anstatt ihn älter aussehen zu lassen, machten sie ihn nur noch attraktiver. Ice trank einen Schluck Kaffee und zwinkerte Elsa dabei zu. Seine gletscherblauen Augen und die Lachfältchen ließen dabei auch das Herz der glücklichsten Ehefrau auf und ab hüpfen. „Ah, Süße, du weißt einfach am besten, wie ich meinen Kaffee mag.“ Elsa winkte ab. „Das sind zwei Knöpfe auf der Maschine, Ice.“ Sie lehnte sich vor und sah ihn ernst an. „Das würde DEINE Old Lady auch ziemlich schnell kapieren.“ Ice verschluckte sich an seinem Kaffee und musste husten. Mit einem Zungenschnalzen stellte Elsa ihm ein Glas Wasser hin. Als Ice seine Stimme wiedergefunden hatte, krächzte er: „Was ist denn mit euch los? Zuerst Gery und jetzt du?“ Elsa ließ den Kopf hängen und zeichnete Kreise auf die Tischplatte. „Es …“ „Weinst du etwa, Elsa?“, fragte Ice und sah die Old Lady seines Vize verblüfft an. Elsa schniefte und strich sich verlegen über die Augen. „Ich … ich bin nicht blind, Ice. Der Club steckt in verdammten Schwierigkeiten. Ich weiß nicht, wo du das Geld auftreibst, um den Betrieb am Laufen zu halten. Aber die Aktionen der Jungs bringen es sicher nicht ein. Dann die ständigen Anzeigen …“ Elsa holte Luft und sammelte ihren ganzen Mut. „Ich will ein Standing Out, Ice. Und ich werde Gery mitnehmen.“ Sie hob die Hand, um Ice davon abzuhalten, etwas zu sagen. „Ich will einfach nicht dabei sein, wenn es zu irgendeiner Art von Showdown kommt.“ Ihr Blick ruhte auf Ice und ließ bei ihm keine Zweifel aufkommen, wie ernst sie es meinte. Er runzelte die Augenbrauen. „Wenn du tatsächlich befürchtest, die Angels oder die Türken wollten einen ihrer Konkurrenten von der Erdoberfläche ausradieren, geht mir der Grund ab, aus dem ich mir meine Old Lady nehmen sollte.“ Ice lehnte sich zurück und sah Elsa aufgebracht an. „Gerade du solltest wissen, dass wir unsere Old Ladies aus Liebe nehmen.“ Er zog seine Augenbrauen finster zusammen. „Sie ist DIE Frau in unserem Leben. Diejenige, mit der ich jeden Tag aufwachen und mein Leben verbringen möchte. Diejenige, derentwegen ich nicht einmal mehr auf die Idee käme, an eine andere Frau zu denken geschweige denn mehr. Diese EINE liebt auch mich und es ist meine vorrangige Aufgabe, sie glücklich zu machen und sie zu beschützen. Mit meinem Leben.“ Ice fuhr sich durch die Haare. „Wenn ein Club den anderen hochnimmt, ist immer zuerst der Präsident dran. Geht es fair zu, stellen sie sich einem ordentlichen Kampf. Dann hätte ich vielleicht eine Chance. Andernfalls knallen sie mich wie meinen Vater einfach ab.“ Er sah, dass Elsa zusammenzuckte. „Auf einmal so empfindlich, Süße?“, fragte er mit einer Stimme, die Stahl geschnitten hätte und er lehnte sich vor. „Meine Old Lady wäre also ziemlich schnell Witwe und den Scheißtypen des anderen Clubs vollkommen ausgeliefert. Übrigens ist nach mir der Vize dran. Es ist nur gut, wenn ihr euch vorher absetzt.“ Über Elsas Wangen strömten die Tränen in Bächen. „Scheiße, Ice. Das war nicht meine Absicht.“ Sie funkelte ihn zornig an. „Du wirkst in letzter Zeit so rastlos auf mich. Ich … ich dachte, eine Old Lady könnte dir vielleicht helfen …“ Ice‘ Augenbrauen schossen in die Höhe. „Was? Sesshaft zu werden? Mich mehr auf mein Leben zu konzentrieren?“ Er schüttelte den Kopf. „Ist es dir noch nie in den Sinn gekommen, dass ich unsere Jungs schon die längste Zeit absichtlich aus irgendwelchen Schwierigkeiten heraushalte? Unsere 1%-Patches haben schon lange nichts mehr von der ursprünglichen Bedeutung zu tun. Jeder Knabenchor baut mittlerweile mehr Scheiß als wir“, fuhr er sie aufgebracht an. „Weißt du auch warum, Elsa?“ Da sie ihm die Antwort schuldig blieb, sprach er weiter. „Wir sind mittlerweile ein gottverdammter Seniorenclub, Elsa. Bis auf einige Prospects haben alle Members Kinder, in eurem Fall sogar ein Enkelkind. Unsere Partys sind nicht nur wegen des Lärmverbots, das uns auferlegt wurde, zu Kinderfesten verkommen. Unsere Altherrenrunde bringt es einfach nicht mehr. Es fehlt nur, dass wir irgendeinen Scheißkurs im Sockenstricken anbieten.“ Elsa sah den Präsidenten mit weit aufgerissenen Augen an. Ice streckte die Hand nach oben und begann mit einer Aufzählung. „Dein Gery, Speed, Razor, Hank und Dazzle sind schon über vierzig. Dann kommen schon ich und Knight. Der Großteil der Members kommt nur mehr zu den Jahresfesten und gelegentlich zu ein paar Treffen. Nicht, weil sie nicht wollen, aber sie sind alle in unserer Scheißrealtität angekommen.“ Ice holte zornig Luft. „Das heißt einer geregelten Arbeit nachgehen, Rechnungen zahlen, zu Elternsprechstunden gehen und, was weiß ich“, bremste er sich ein. „Gery und Speed sind die einzigen, die noch durch den Club ein Einkommen haben. Aber Speed hat seinen Sohn, den er eigentlich als Nachfolger für die Werkstatt aufgebaut hatte, wegschicken müssen. Viktor gondelt jetzt durch die ganze Weltgeschichte, ist auf Montage und ich weiß, dass er seinem Vater regelmäßig Geld schickt. Oder nimm unseren Treasurer. Numbers reißt sich mit zig Jobs den Arsch auf, um seine Tochter Sam beim Studium zu unterstützen. Ich bin hier fertig“, stieß er hervor, rammte den Sessel nach hinten und polterte rasend vor Wut aus der Clubküche. „Scheiße, das ging ja voll in die Hose“, murmelte Elsa.

Mit einer Scheißlaune stieg Ice auf sein Bike. Er zerrte seine Bandana mit dem stilisierten Unterkiefer eines Totenkopfs hoch und setzte seinen Helm auf. Immer noch wütend trat den Motor an. Er lenkte die schwere Maschine auf die Straße und spürte beim ersten Beschleunigen, dass sein Puls wieder zu seinem normalen Level fand. Er fuhr zu dem Haus in der Innenstadt, in dem Jacks Studio und I.C.E. Productions ihren Sitz hatten. Im vierten Stock war seine Wohnung, doch im restlichen Gebäude gab es ausschließlich Büros, Filmstudios, Schneideräume, Aufenthaltsbereiche für die Schauspieler und unzählige weitere Räume, die für eine professionelle Filmproduktion notwendig waren. Ice hatte im Erdgeschoss neben Jacks Studio eine kleine Personalvermittlung untergebracht, um I.C.E. Productions noch mehr Tarnung zu geben. Er stellte sein Bike etwas weiter weg ab und entdeckte beim Abnehmen seines Helms vor dem Eingangsbereich zwei Frauen. Beide trugen hochgeschlossene Blusen und verklemmt aussehende Röcke. Ice hob amüsiert die Augenbrauen, als er sah, was die größere Frau so verzweifelt umklammerte. Sex nur in der Ehe! In großen Lettern, wobei das Wort Sex so aussah, als hätte die Hand der Autorin etwas gezittert, wurde der Welt die heilsame Botschaft vermittelt. Wahrscheinlich war das Schild für das Wort Geschlechtsverkehr nicht groß genug gewesen. „Das wird jetzt lustig“, murmelte Ice und schlenderte in bester Biker-Manier auf die Heilsverkünderinnen zu. Er sah, dass sich die kleinere und, wie es schien jüngere Frau, hinter die andere schob. Die andere war mutiger und hielt ihr Schild mit grimmiger Miene hoch, doch ihre Stimme klang etwas piepsig. „Wollen … wollen Sie zu diesem Sündenpfuhl?“ Seine Augenbrauen schossen nach oben. Sündenpfuhl? Ja, es war schon amüsant. Er beugte sich vor, wobei die Damen einen Schritt zurückwichen. Um eins draufzusetzen, spannte er seine Brustmuskeln an. „Jaaa“, sagte er gedehnt. „Und heute gibt es eine besondere Produktion: Das Biest verführt die züchtige Jungfrau und fickt sie hart.“ Die jüngere Frau quiekte entsetzt auf und lief feuerrot an. Die Schildträgerin fuhr sich an die Kehle und die hektischen roten Flecken an ihrem Hals verrieten, dass sie ebenfalls schockiert war. Ice fixierte sie mit seinen gletscherblauen Augen. „Na, schon feucht im Höschen?“, fragte er leise und grinste dann breit. „Sie … sie sind ein Teufel“, wimmerte sie. Er nickte. „Ja, das mag wohl stimmen. Wenn Sie mich weiter so ansehen, werden sich meine Hörner bald materialisieren.“ Er beugte sich noch weiter zu ihr. „Aber, wenn dem so ist, dann geht es erst richtig hart her, Zuckerpuppe.“ Sie schüttelte irritiert den Kopf. „Sie reden Schwachsinn. Wir meinen damit, dass Sie das Schlechte in dieser Welt verkörpern. Unser Anliegen ist es, dass diese schrecklichen Filme nicht mehr gemacht werden“, schleuderte sie ihm trotzig ins Gesicht. Respekt, dachte Ice und richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf. Er überragte die Damen um Haupteslänge. „Hören Sie. Wenn ihr zwei Süßen es euren Ehemännern so richtig besorgen würdet, wäre ich schon in ein paar Tagen arbeitslos.“ Er schnalzte mit der Zunge. „Ihr könnt ja euren Schöpfer interviewen, wieso er uns Männer so gebaut und mit einem so mächtigen Trieb ausgestattet hat. Und, solange sie sich an den Filmen mit und für Erwachsene aufgeilen, gibt es doch Chancen, dass sie sich nicht für Kinder interessieren. Denn das, wenn Sie es so ausdrücken wollen, ist die Verkörperung alles Schlechten. Alles klar, Schätzchen?“ Er gab der jüngeren Frau einen kräftigen Klaps auf den Po. „Nimm’s mal locker, Zuckerschnecke. Und schieb‘ dir mehr in die Kiemen. Echte Männer stehen auf pralle Ärsche.“ Mit einem tiefen Lachen verschwand er im Eingang. Er winkte Glenna vom Personalvermittlungsbüro durch die Glasscheibe zu und fuhr mit dem Lift direkt in seine Wohnung. Er vermied es lieber, dass die Empfangsdame Sarah von seiner Anwesenheit erfuhr. Sie würde ihm sofort die Post aufhalsen und mindestens 37 Telefonnotizen. Musste alles warten.

Eine halbe Stunde später setzte sich Ice den Helm wieder auf und trat sein Bike an. Sein Safe war um 300.000 Euro leichter, die nun in seiner Kutte steckten. Das war die Summe, die Devil für die Pfandauslösung verlangt hatte. Ice juckte das wenig. So viel war ihm Nells Wohlergehen in jedem Fall wert. Während er zu Devils Hauptquartier fuhr, kreisten seine Gedanken um Elsas Vorwürfe. Fuck! Er war so wütend. Auf Elsa? Nein, eigentlich nicht. Eher auf sich selbst. Ohne die Geldflüsse aus der I.C.E. Productions wäre den First Riders ihre Spielwiese schon vor einigen Jahren abhandengekommen. Ice hatte gute Lust, das Licht eher heute als morgen auszuknipsen. Warum hatte er es nicht schon längst getan? Während er an einer roten Ampel anhielt, ruhte sein Blick auf einer müde aussehenden Mutter, die ein Baby im Kinderwagen vor sich herschob und zwei weitere Zwerge im Schlepptau hatte. Mann, die sah vielleicht fertig aus. Doch dann sagte das ältere Kind etwas zu seiner Mutter, sie drehte den Kopf und lächelte den kleinen Kerl in einer Art und Weise an, wie es nur eine Mutter konnte.

Plötzlich wusste Ice, warum er den Club nicht schon längst aufgegeben hatte. Er hatte die letzten Jahre um den Erhalt gekämpft, weil die Members, ihre Ladies und die Kinder die einzige Familie waren, die er hatte. Gäbe es keine First Riders mehr, wäre er verdammt alleine. Fuck! Das gibt es doch nicht. Wieso werde ich auf einmal sentimental?, fragte sich Ice, während er Gas gab, um endlich von dieser verdammten Kreuzung wegzukommen. Rastlosigkeit hatte Elsa ihm bescheinigt. Was weiß sie schon? Oder ist sie jetzt Frau Superpsychologin? Doch Ice brauchte keine Antwort. Elsa kannte ihn einfach schon verdammt lange. Aber eine Old Lady? Eine Frau in seinem Leben sollte ihn zur Ruhe kommen lassen? Was sollte dieser Mist? Das Gesicht von Nell tauchte so unvermittelt vor seinem inneren Auge auf, dass er seinem Vordermann um ein Haar reingefahren wäre. Fuck, Ice, Alter! Reiß dich am Riemen!

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Ice stellte sein Bike mit der Rückseite nach hinten vor dem Lieferanteneingang von Devils Spielhölle ab. Er hatte keinen Bock darauf, mit dem Gorilla zu diskutieren, der den Vordergang überwachte. Ice ließ den Helm bei seinem Bike und rief Devil auf dem Mobiltelefon an. „Ich bin da“, knurrte er ins Telefon, als Devil sich endlich gemeldet hatte. „Beweg deinen Arsch gefälligst durch den Scheißvordereingang“, kam es umgehend von Devil zurück. „Dann sag deinem Bullterrier vor der Tür, dass er mich auch reinlassen soll. Wenn er mit der Wimper zuckt, knall ich ihm eine rein.“ Der Casinobesitzer lachte leise. „Na, na, vergisst da jemand, wer am längeren Hebel sitzt?“ Ice stürmte um die Ecke. „Das bin ja wohl ich“, blaffte er ins Telefon und kappte die Verbindung.

„Dein Dresscode ist ein schlechter Witz.“ Ice hatte einen Blick auf die kaputten Existenzen geworfen, die wohl nur mehr das Hemd und die Krawatte besaßen, die beim Besuch in Devils Haus Vorschrift waren, und stand nun in Devils Büro. „Setz dich, Ice. Ich verrenke mir nur ungern den Hals. Welche Laus ist dir auf der Leber herumgetanzt?“ Devil griff zu einer Flasche Jack Daniels. „Auch einen?“ Doch, dann lachte er leise. „Verzeih, ich vergaß. Die edlen Herrn Biker trinken ja nichts.“ Ice grunzte etwas Unverständliches und ließ sich in den Ledersessel fallen, der vor Devils pompösen Schreibtisch stand. Dann sah er kurz zu dem Mann, der am Besprechungstisch saß und einen aufgeklappten Aktenkoffer neben sich stehen hatte. „Wer ist das halbe Hemd?“, wollte Ice wissen und ignorierte die eingeschnappte Miene des Mannes. Devil verdrehte die Augen. „Notarsubstitut Herr Dr. Schandl.“ „Wozu brauchen wir einen Rechtsverdreher?“, fragte Ice unhöflich. „Die Schulden von Herrn Johannes Meinhard wurden grundbücherlich gesichert“, meldete sich der Notar zu Wort. „Ich dachte, das Haus sei das kaum wert?“ Ice sah Devil herausfordernd an. Der Spielhöllenbesitzer wetzte auf seinem Sessel hin und her. „Ja, aber der Wichser hat mich reingelegt und ist mit einer gefälschten Bewertung hier aufgetaucht.“ Ice brach in schallendes Gelächter aus. „Dem Herrn Oberchecker ist ein Fehler unterlaufen? Kann es sein, dass du zu alt für das Geschäft wirst?“ „Halt die Klappe, Arschloch.“ Er winkte ungeduldig mit der Hand. „Her mit dem Geld.“ Ice stand auf und schlenderte zum Besprechungstisch. „Zuerst die Papiere“, forderte er Herrn Dr. Schandl auf. „Ich kann lesen“, meinte Ice amüsiert, weil ihn der Notar mit einem skeptischen Blick bedachte. Für einen Augenblick verwandelte sich Ice in den Geschäftsmann Ivo-Christian Eisheuer und ging nicht nur den Grundbuchseintrag sorgfältig durch, sondern auch den Verpfändungsvertrag. Alle Achtung. Wenn man davon absah, dass Jonnys Haus den Betrag nicht wert war, war die ganze Sache wasserdicht.

Nachdem 300.000 Euro den Besitzer gewechselt hatten und das Pfandrecht zur Löschung eingereicht werden konnte, verabschiedete sich der Notar und Devil lud Ice auf eine Zigarre aus seinem Humidor ein. „Wie oft bist du jetzt eigentlich schon für deinen Cousin geradegestanden?“, wollte der Spielhöllenbesitzer wissen. Ice zuckte mit den Schultern. Er wusste es genau, doch wollte er nicht über Jonny reden. „Seine Frau sollte ihm keine Träne nachweinen“, sagte Devil, nachdem er einen gekonnten Rauchring abgesetzt hatte. „Es gehört sich nicht, seine Partnerin so einer Situation auszusetzen. Er hätte wenigstens eine Lebensversicherung abschließen können.“ Ice merkte auf. „Hast du das etwa für Bella gemacht?“ Obwohl sie dich ständig betrügt, fügte er im Geiste hinzu.

---ENDE DER LESEPROBE---