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Freude ist kein Luxus; es ist unser Geburtsrecht. Das ist der „goldene Faden“, der sich durch dieses Buch über Emotionale Durchsetzungsstärke zieht. Fore-Play, Fair-Play & Foul-Play gibt Einblick, was Emotionen sind und bietet ein praxisnahes Modell, wie wir Emotionen bewusst und wirkungsstark für gelingende Beziehungen nutzen können – für mehr Freude, Erfolg und Produktivität und für weniger energieraubende Beziehungen und destruktive Konflikte.
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Seitenzahl: 404
Veröffentlichungsjahr: 2025
EmotionaleDurchsetzungsstärke: die Formel für Freude
von John Parr Prof, MSc, CMT, CQSW
Deutsche Übersetzung vonFrank Schöfisch und Uta Nachbaur
Fore-Play & Fair-Play - erlebt und gelebt, von John, Frank & Uta:
3 Blitzlichter auf unsere Geschichte von Kennenlernen und Freundschaft
Fore-Play: unsere Entdeckerreise oder wie alles begann …
John: alles fing mit dem beruflichen Kontakt an, zuerst mit Frank und dann mit Uta. Wir sind alle 3 Experten für Kommunikation, die mit dem Process Communication Model® arbeiten, und haben uns aufgrund unseres gemeinsamen Interesses und Engagements für PCM kennen gelernt. Während des „Fore-Play“ verbanden wir uns auf die übliche englische Art und Weise, mit etwas Smalltalk und einer kräftigen Prise Necken, Scherzen und Witzen.
Frank: Wir stellten fest, dass wir einen ähnlichen Sinn für Humor haben. Darüber hinaus schätzten uns wir uns nicht nur als Experten, sondern erlebten auch, dass wir gleichermaßen hohe ethische und moralische Werte haben – dass wir uns einfach vertrauen können. Wir spürten und erlebten, dass wir uns mit allen Fragen öffnen und eigene Positionen ohne Vorbehalte vertreten können.
Uta: Diese Mischung aus Neugierde aufeinander, Offenheit und Lernfreude mit einer kräftigen Prise Leichtigkeit und Humor, das zeichnet uns 3 aus und machte unsere Entdeckerreise als Menschen zwischen GB und Deutschland spannend, und machte es leicht, sich einfach miteinander wohl zu fühlen. In jeder Begegnung war Freude. In dieser Atmosphäre gab jeder von uns dreien bereitwillig etwas von sich selbst, immer bereit zu teilen und zu experimentieren.
Fair-Play: Freundschaft leben oder wie wir die Reise gestalten
John: Unsere Begegnungen und Interaktionen waren immer respektvoll und wir drei arbeiteten sehr gerne zusammen als Kollegen und Freunde. Und dann begannen unsere Familien Zeit miteinander zu verbringen. und meine Frau und ich nahmen sehr gerne euren Sohn bei uns zu Hause auf, als er nach Großbritannien kam, um seine Englischkenntnisse zu verbessern.
Frank: So wie wir Erwachsenen einander kennen lernten, knüpften dann auch unsere Jungs Kontakte. Euer Sohn machte mit uns Urlaub und Uta und ich genossen mit den 2en eine aufregende Tour durch Deutschland und Frankreich.
Uta: Als unser Sohn dann für zwei Jahre an eine Schule nach GB kam, war es für ihn und uns wunderbar, dass Du John mit Deiner Frau die Rolle des Guardian übernahmt und er auch Schulferien bei Euch verbringen durfte. So wurde auch unser Kontakt immer stärker, und Frank und ich zählen Dich zu unseren engen Freunden.
Kein Foul-Play:
John, Frank, Uta: Wir erleben unser Verhältnis als geprägt von Fair-Play und völliger Abwesenheit von Foul-Play. Es ist eine Freude, jetzt auch zusammenzuarbeiten, um Johns Bücher ins Deutsche zu übersetzen. Und wir freuen uns, neben der engen Freundschaft auch diese neue Dimension einer Geschäftsbeziehung hinzuzufügen.
Wertschätzung für John Parr und Fore-Play, Fair-Play & Foul-Play
„John destilliert seine 38 Jahre lange Erfahrung als Psychotherapeut und macht diese für uns in einfacher Sprache zugänglich. Den Übungen kann man einfach folgen. Wenn Sie praktisches Werkzeug suchen, das Ihre Art, auf Beziehungen zu schauen und diese zu führen, verändern kann, dann suchen Sie nicht weiter. Kommen Sie mit Stift und Papier und machen sich auf intensive Aha-Momente gefasst!“
—Parul Banka, Career Coach, Speaker und Autor
„Ich empfehle dieses Buch. Es fasst das Modell zusammen, das John bei meiner erfolgreichen Genesung von Morbus Crohn vor über dreißig Jahren verwendet hat. Johns Modell der Emotionalen Durchsetzungsstärke war mitentscheidend, dass ich lernte, meine Emotionen zu erkennen und zu nutzen, um psychologisches, emotionales und körperliches Wohlbefinden zu erreichen. Ich brauche jetzt keine Medikamente mehr, um meine Symptome zu behandeln. Wenn ich einen Schmerz in meinem Bauch spüre, nutze ich diesen, um mich darauf aufmerksam zu machen, das anzuwenden, was ich weiß. Der Schmerz verschwindet dann, er ist mein Barometer.“
—Julie Guest MSc Psychotherapy
„Bevor mein Mann und ich uns kennenlernten, hatte das Leben uns beide mit einigen ziemlich stressigen Ereignissen konfrontiert, die tiefe Emotionen auslösten. Als ich seine Lebensgeschichten hörte, wurde ich auch Zeuge davon, wie er sich von authentischen Emotionen in Verbindung mit manchen vergangenen Erfahrungen abgekoppelt hatte. John hatte einige Jahre zuvor eine entscheidende Rolle in meinem eigenen Leben gespielt und ich wusste, wenn es eine Person gab, die meinem Mann helfen konnte, seinen tiefen Schmerz nicht mehr unbewusst zu unterdrücken, sondern seine Gefühle zu akzeptieren und vollständig anzunehmen, dann war es John. Ich schlug meinem Mann vor, gemeinsam Johns Seminar zu Emotionaler Durchsetzungsstärke zu machen.
Durch Johns liebevolles Wesen, seine Klarheit und Transparenz schafft er authentisch und auf leichte Art eine unglaublich sichere Umgebung, die es jedem im Raum erlaubt, tiefer zu gehen und zu erkunden. Als wir Johns Programm erlebten, öffnete sich mein Mann für eine 40 Jahre alte, tiefe emotionale Verletzung und erlaubte es sich, seine authentischen Emotionen zu fühlen, zu akzeptieren, Frieden zu machen und sie vollständig anzunehmen. Die Erschließung dieses einen besonderen Moments seines Lebens hat seine Gefühlswelt befreit, was unsere Beziehung auf wunderbare Weise bereichert hat.
—Nicole Heimann, CEO Coach und Autorin
„Ich habe an einem Seminar zu EmotionalerDurchsetzungsstärke teilgenommen, das von John geleitet wurde. Dort habe ich viel darüber gelernt, wie ich meine authentischen Emotionen erkenne, anstatt auf ungesunde Deckgefühle zurückzugreifen, die zu unproduktiven Konflikten führen. Dank der auf dem Seminar gebotenen Lösungen setze ich jetzt meine Emotionen auf gesunde Weise ein. Innerhalb nur einer Woche gab es positive Ergebnisse in meinem persönlichen Leben, ich öffne mich mir selbst gegenüber. Außerdem hat mir das Modell in meiner Rolle als Personalmanagerin geholfen. Ich kann das Training und die Beschreibung des Modells in diesem Buch nur empfehlen. Sie wie auch die Menschen, mit denen Sie zu tun haben, werden von den Fähigkeiten profitieren, die Sie lernen.“
—Fanny Carouge, Director of Commercial Data and Insights
„Humorvoll, authentisch, klug, herzlich!“ - wir schätzen John als Mensch, als Kollege und Freund und als brillanten Kopf und Experten für Relevanz und Kraft der Emotionen, der überzeugend und lebensnah eine Brücke zwischen Bewusstsein und Tun schlägt. Als Executive Coach und Führungs-und Kommunikationstrainer erleben wir in unserer täglichen Arbeit mit unseren Kunden, welchen unschätzbaren Wert authentisches Erleben von Emotionen und ein befreiter Zugang und Umgang damit für eigene Wirksamkeit und für gelingendes Miteinander hat. Wir sind dankbar, dass wir durch die Übersetzungsarbeit tiefer in Johns Denken einsteigen konnten und dieses jetzt auch dem deutschsprachigen Publikum zugänglich machen dürfen.“
—Uta Nachbaur & Frank Schöfisch, Coach, Trainer, Consultants
Ich möchte vielen Menschen Dank sagen für ihre Geduld, Hilfe, Ermutigung und Unterstützung, während ich mit dem Schreiben dieses Buches gerungen habe. Ich nenne hier einige und bedauere, dass ich nicht alle nennen kann. An erster Stelle möchte ich meiner Supervisorin Biljana van Rijn danken, die den ersten Entwurf meiner Masterarbeit gelesen und mich ermutigt hat, diese umzuschreiben. Ich möchte auch Joseph LeDoux für seine Bereitschaft danken, E-Mails über seine Arbeit zum Thema Angst auszutauschen und für seine unterstützenden Kommentare zu meiner Arbeit. Ein besonderer Dank geht an Dr. Liz Chye, die mir über die Ziellinie geholfen hat. Ihr Geschick im Umgang mit dem geschriebenen Wort ist herausragend und ich weiß das sehr zu schätzen. Ich danke Kim Payne, der Englischlehrerin meines Sohnes, für ihren Beitrag. Ich habe ihrem Unterricht gebannt zugehört und von ihr in ein paar Stunden mehr über englische Grammatik gelernt als von meinen Lehrern in der High School. Sie hat mich ebenso ermutigt, dieses Buch zu schreiben.
Mein lieber Freund und Kollege Dr. Kalman J. Kaplan war mir eine große Stütze. Kal redigierte Kapitel 13 und erlaubte mir freundlicherweise, seine Begriffe für das Thema anzupassen. Er erlaubte mir auch, sein Diagramm zu reproduzieren und seine Arbeit zu beschreiben, um die vielen Möglichkeiten zu veranschaulichen, wie man verschiedene Theorien miteinander verknüpfen kann, um neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Danke auch an meine Tochter Sarah, die die Vorab-Korrektur der englischen Ausgabe des Buches genau unter die Lupe genommen hat und den Prozess mit Korrekturen, Fragen und Klarstellungen sehr unterstützte. Das war ein starkes Zeichen von Liebe, Sarah.
Ich schulde auch meinen Kolleginnen und Kollegen der Transaktionsanalyse (TA) Gemeinschaft Dank, dafür dass sie meinen frühen Ideen zugehört haben, die ich mit so viel Begeisterung erklärte! Ihre Unterstützung, ihr Feedback und ihre Fragen waren von unschätzbarem Wert für die Entwicklung meiner Theorien und inspirierten mich, dieses Buch zu schreiben.
Ich danke meinen zertifizierten Trainerinnen und Trainern und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern meiner Workshops, für Feedback, Austausch und Hinterfragen meiner Hypothesen. Ihre bohrenden Fragen haben mich oft dazu angeregt, tiefer zu denken und meine Ideen und Annahmen zu hinterfragen. Ich sage gerne, dass ich bei jedem Seminar, dass ich leite, immer noch von meinen Teilnehmern und Teilnehmerinnen lerne.
Ich danke meinen Therapieklientinnen und -klienten, die bereit waren, mit dem Material zu experimentieren, und die mir die Erlaubnis gaben, ihre Arbeit als Beispiele zu verwenden. Ihre Großzügigkeit hat es mir ermöglicht, Fallbeispiele aus dem wirklichen Leben einzubeziehen.
Schließlich danke ich meiner Frau, meinen Kindern, meiner Großfamilie und meinen Freundinnen und Freunden für ihre Liebe, ihre Beziehungen und ihr Engagement. Sie sind der lebende Beweis dafür, dass Kommunikation, die Bereitschaft, Intimität zu teilen, und die Offenheit unseren Gefühlen gegenüber, die wirksamsten Mittel sind, um nahe, verbunden und lebendig zu sein.
„The Circle of Life“1
von Elton John und Tim Rice aus „The Lion King“
Meine Reise in dasFeld der Emotionalen Intelligenz, begann mit meinerZertifizierungsausbildung zumtransaktionsanalytischen Psychotherapeuten. Mitte der 1990er Jahre wählteich Emotionale Intelligenz als Schwerpunktbereich imMaster—StudiumPsychotherapie, und das motivierte mich tiefer zu graben. Mir fiel auf, dass alle Bücher, die ich zu diesem Thema las, auf die Bedeutung der Emotionalen Intelligenz hinwiesen, aber keines klare Hinweise darauf gab, wie man diese Fähigkeiten entwickeln kann. Mir war wichtig,das zu ändern und praktische Werkzeuge zu entwickeln, und als Therapeut stieß ich schnell aufInstrumente.
Ich merkte, wie wichtig es ist, mit den eigenen Gefühlen in Kontakt zu sein und begann, Techniken zu entwickeln, die es meinen Klienten ermöglichen, Lösungen zu finden, indem sie Denken und Fühlen zusammen nutzen. Ich nenne es spaßeshalber „Denken und Fühlen im Duett“. Manchmal kann auf spielerische Art Abwehrhaltung umgehen.
Dieses Buch basiert auf meiner quantitativen und qualitativen Forschung über Emotionen, ihre Funktion und Ausdrucksformen und wie diese mit kognitiven Prozessen zusammenhängen. Der Inhalt umspannt mehr als dreißig Jahre praktischer Anwendung meiner Theorien als Therapeut, Berater, Coach und Trainer.
Die formale Forschung diente dazu, meine Hypothesen zur Emotionalen Intelligenz zu überprüfen. Es handelte sich um eine eingehende Betrachtung, um meine Theorien zu klären, zu testen und, wenn möglich, zu validieren, und damit den Master in Psychotherapie zu erlangen. 2003 habe ich meine Arbeit eingereicht.
Mein Buch hat seine Wurzeln in meiner Masterarbeit, ergänztum aktuelle Erkenntnisse aus meiner seitherigen Arbeit. Es enthält Fallstudien, als Praxisbeispiele aus meiner Arbeit als Psychotherapeut. Dazu kommen Erfahrungen aus meinem persönlichen Leben. Ich teile auch Feedback und Beispiele meiner Therapieklient:innen und Seminarteilnehmer:innen, wie diese die Theorie praktisch angewendet haben.Alle Erlebnisberichte zeigen Anwendung und Wirksamkeit meines Modells derEmotionalenDurchsetzungsstärkeund sollen in die Methodik einführen und praktisches Werkzeug an die Hand geben. Wo ich Fallstudien oder Erfahrungsberichte verwende, habe ich die Identität dereinzelnen Person durch Umstellen persönlicher Daten geschützt, ohne theoretischen Aspekte zu ändern.
Ich leite heute Seminare dazu, das Verstehen von Emotionen und ihre gesunde Anwendung in Beziehungen praktisch umzusetzen. Ziel meiner Seminare und Workshops ist es, durch angewandte Emotionale Intelligenz Kommunikation zu verbessern, gesunde Beziehungen zu entwickeln und Vertrauen aufzubauen. Das Modell funktioniert. Es ist leicht zu erfassen und anzuwenden und basiert darauf, Vertrauen über Respekt aufzubauen. Therapeutischen Fallstudien zeigen, dass das Modell sowohl in therapeutischen Beziehungen als auch im täglichen Leben angewendet werden kann.
Ich sehe das Leben als Reise, durch die uns unsere emotionalen Erfahrungen begleiten und führen. Das Modell beschreibt Emotionen als Energie, die fließt und verebbt und den Kreislauf des Lebens sichtbar macht. Wir werden also genauauf dieses Abebben und Fließen, auf unseren emotionalen Kreisläufe und Bewegungen schauen. Es geht nicht um ein statisches oder starres Modell, sondern um etwas, das wir an unsere Lebenserfahrung anpassen können. Wenn wir unsere Emotionen erkennen und regulieren, sind sie die Fäden, die sich gleichsam durch unseren persönlichen Wandteppich, unseren Kreislauf des Lebens weben.
Die gute Nachricht zu emotionaler Intelligenz: Im Gegensatz zum Intelligenzquotient, dem IQ, kann man Emotionale Intelligenz entwickeln und lernen, Emotionen gesund und selbstsicher einzusetzen. Emotionale Intelligenz ist eine Eigenschaft, während Emotionale Durchsetzungsstärke die praktische Anwendung dieser Eigenschaft ist.
„Getting to know you“2
von Rogers und Hammerstein aus „The King and I“
Warum lautetder Titel „Fore-Play, Fair-Play und Foul-Play“? Ich sage es ungern und möchte doch zum Startklarstellen, dass der Begriff ‚Fore-Play‘ (Vorspiel) in diesem Buch keine sexuelle Bedeutung hat. Für mich haben alle Beziehungen Aspekte dieser drei Erfahrungen menschlicher Verbindung. Zwei davon - ‚Fore-Play‘ und ‚Fair-Play‘ – drücken Bindungsverhalten aus, während Foul-Play‘ Verhalten beschreibt, das Beziehungbricht.
Im Allgemeinen beginnen wir alle Beziehungen zunächst mit Verhalten, das ich als ‚Fore-Play‘ bezeichne. Wir lernen uns kennen und beginnen, uns gegenseitig zu entdecken, indem wir unbewusst sozial und kulturell übliches Verhalten zeigen. Dieser kulturell programmierte Austausch hat fast rituellen Charakter. Im Erkunden klären wir langsam und vorläufig das Terrain, bevor wir darüber entscheiden, ob es passt, mit dieser Person Zeit zu verbringen. Dies ist eine informelle und weitgehend unbewusste Bestandsaufnahme, bei der Risiken und Vorteile gegeneinander abgewogen werden. Es geht um heikle Themen, u.a. um die Frage, wie viel von unserem wahren Selbst wir anderen gefahrlos zeigen können.
Schließlich bewegen wir uns über die ‚Fore-Play‘-Phase hinaus, indem wir uns als gleichberechtigt respektieren und eine Beziehung des ‚Fair-Play‘ eingehen. Dafür ist gegenseitiger Respekt wesentlich. Wir kommen später im Buch auf dieses Thema zurück.
Je mehr Zeit wir in unserer zwischenmenschlichen Beziehung mit ‚Fair-Play‘ verbringen, d. h. indem wir uns mit Respekt behandeln, bereit sind zuzuhören, Kompromisse einzugehen und uns gegenseitig zu unterstützen, desto mehr wächst und entwickelt sich die Beziehung. ‚Fair-Play‘ umfasst so unterschiedliches Verhalten wie den geliehenen Rasenmäher pünktlich zurückgeben oder jemandem eine Mahlzeit anzubieten, der sich um kranke Verwandte kümmert und sich nicht leicht selbst versorgen kann. Es geht darum, klare Vereinbarungen zu treffen und diese einzuhalten, intimere persönlichere Informationen zu teilen und Wort zu halten. Solche Taten menschlicher Freundlichkeit helfen, Vertrauen aufzubauen und emotionale Bindung zu vertiefen. Schließlich beginnen wir, intime bedeutungsvolle Information miteinander zu teilen. Dies sind dann unsere engen Freundschaften im Gegensatz zu eher oberflächlichen Freundschaften, die während des ‚Fore-Play‘ entstehen. Tatsächlich haben viele von uns nur sehr wenig tiefe Freundschaften, dafür aber viele Menschen, die wir als Freunde oder Bekannte bezeichnen. Das sind Menschen, mit denen wir uns gut verstehen, mit denen wir uns treffen oder mit denen wir arbeiten. Dennoch erfordern diese eher oberflächlichen Beziehungen alle regelmäßiges bedeutsames ‚Fair-Play‘-Verhalten. Nur solange wir die Beziehungen durch gegenseitiges WinWin, kooperatives und respektvolles Verhalten im Gleichgewicht halten, erweisen sich diese als erfüllend und für beide Seiten zufriedenstellend. Solche Beziehungen brauchen wir am Arbeitsplatz, wo Teamarbeit auf Vertrauen und Verpflichtung für gemeinsame Ziele und Vorhaben aufbauen sollte. Einige dieser Bekanntschaften entwickeln sich zu langfristigen, festen Freundschaften und Partnerschaften. ‚Fair-Play‘ ist daher zentral, um Bindung und Beziehung zu schaffen.
Wenn wir in unseren Beziehungen dagegen ‚Foul-Play‘ erleben, wenn wir uns gegenseitig respektlos behandeln, Unterschied oder Vielfalt nicht tolerieren, Vorurteile zeigen, Vertrauen brechen, unhöflich, manipulativ oder aggressiv sind, dann wird die Beziehungwahrscheinlich nicht überleben. Wir zeigen nicht nur kein ‚Fair-Play‘, sondern verfallen wahrscheinlich in negative Formen des ‚Fore-Play‘, bei denen wir unbewusst versuchen, negative Überzeugungen zu beweisen. Dies führt in der Beziehung unweigerlich zu einer Unterbrechung der Beziehung. ‚Foul-Play‘ ist Herzstück negativer, unproduktiver menschlicher Konflikte und von Leid. Konflikte an sich sind nicht schädlich und führen nicht notwendigerweise zu Respektlosigkeit. Solange wir in der Zone von ‚Fair-Play‘ bleiben, können Konflikte sehr produktiv sein, und zu Kreativität führen oder Freundschaftsbande stärken. Wenn wir aktiv in der OK-OK-Haltungmiteinander bleiben, einander zuhören und nach tragfähigen Kompromissen3 suchen, nutzen wir die Energie, die in Konflikten steckt, um unsere Streben nach Zusammenarbeit voranzubringen. In jeder gut funktionierenden Beziehung gibt es Konflikte, wenn wir feststellen, dass unsere persönlichen Bedürfnisse nicht immer kompatibel sind. Wenn Konflikte nicht mit EmotionalerDurchsetzungsstärke ausgetragen werden, enden sie in ‚Foul-Play‘. Deshalb ist es wichtig, ‚Foul-Play‘ zu erkennen und Strategien zu entwickeln, um dieses Verhalten zu vermeiden und um effektiv damit umzugehen, wenn andere es zeigen.
Das vorliegende Buch befasst sich mit emotional durchsetzungsstarkenKomponenten aller drei Formen sozialer Interaktion, von ‚Fore-Play‘, ‚Fair-Play‘ und ‚Foul-Play‘. Ich biete Werkzeuge, mit denen wir unser Verhalten in jeder Phase analysieren und steuern können.So können wir unsere zwischenmenschlichen Beziehungen proaktiv gestalten,damit unsere Interaktionen mit anderen zufriedenstellender verlaufen und wir die Zeiten, in denen Dinge schief gehen, minimieren.
Da meine Erkenntnisse aus meiner jahrelangen Forschung während meiner Arbeit als Psychotherapeut stammen, sind sie praxiserprobt, und ich weiß, dass sie funktionieren. Ich habe die klinische Validität meiner Hypothesen und die Wirksamkeit von Emotionaler Durchsetzungsstärke überprüft. Ich bin sicher, dass es auch bei Ihnen funktioniert. Ich beziehe auch Material aus meinen Seminaren ein, das dazu dient, Menschen mehr und mehr zu befähigen, Emotionale Intelligenz anzuwenden.
Wer sich für Theorien interessiert wird sehen, dass ich Verbindungen zwischen dem Modell der Emotionalen Durchsetzungsstärke und verschiedenen anderen Konzepten herstelle, u.a. der Transaktionsanalyse (TA, Dr. Eric Berne), dem Process Communication Model® (PCM, Dr. Taibi Kahler), Teaching Individuals to Live Together - TILT (Dr. Kalman Kaplan), dem Dramadreieck (Dr. Stephen Karpman) und Theoretikern der Kindesentwicklung wie Erickson, Mahler und Bowlby. Wenn ich auf Modelle anderer zurückgreife, nutze ich Laien-Terminologie, um das Material für alle zugänglich zu halten, und verweise auf weitere Lektüre für diejenigen, die tiefer einsteigen möchten. Wenn Fachausdrücke unvermeidlich sind, biete ich Erklärungen an und verwende Fußnoten. Ich sehe keine Notwendigkeit, das Thema zu verkomplizieren; mein Buch richtet sich nicht unmittelbar an Fachleute im Feld Therapie und Psychologie. Ich möchte mitall denen kommunizieren, die Hinweise, Tipps und Tricks suchen, mit Emotionen umzugehen. Ich vertraue darauf, dass Fachleute, die mein Buch lesen, es im Umgang mit Patienten hilfreich finden. Ich weiß aus Erfahrung, wie viele meiner Klienten dieses Material als wertvoll empfanden und es nutzten, um ihre Heilung zu unterstützen.
Ich werde mein Modell und seine Anwendung über Fallstudien diskutieren, um das Thema lebendig zu machen. Wie erläutert nutze ich dabei Alltagssprache statt reine Fachterminologie, um ein breiteres Publikum anzusprechen.
Ich lade den Leser ein, alle psychologischen Beschreibungen menschlichen Verhaltens lediglich als Modell und nie als Wahrheit zu verstehen. Das Modell, das ich vorstelle, ist in dieser Hinsicht nicht anders. Es ist als Wegweiser in die innere Welt unserer Emotionen und die äußere Welt von Kommunikation und Beziehung gedacht. Emotionen sind komplex, und ich könnte niemals alle ihre Farben und feinen Nuancen auf ein paar hundert Seiten darstellen. Ich hoffe jedoch, etwas Licht in das Thema zu bringen, so dass Sie mit Hilfe des Buches einige nützliche Informationen und Einsichten4 gewinnen - ähnlich einem Prisma, das weißes Licht in seine Bestandteile zerlegt. Das Buch unterteilt die Komplexität der Emotionen in „handlichere“ Elemente, die Grundkomponenten der Emotionen. Sie werden feststellen, dass Emotionen uns kleine Informationsschätze präsentieren, die uns erklären, was mit uns los ist und was wir tun müssen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Dies geschieht in der Regel im Zusammenhang mit zwischenmenschlichen Beziehungen, und in diesem Kontext kann uns Emotionale Durchsetzungsstärke am meisten helfen.
„I’d Rather Go Blind“5
vonEtta James, geschrieben von Ellington Jordan und Billy Foster „The world is a tragedy to those who feel, but a comedy to those who think.“6
Horace Walpole (1717 – 1797)
Warum sind Emotionen für uns ein Fluch, und warum haben wir Emotionen? Ich starte jedes meiner Seminare zu Emotionaler Durchsetzungsstärke mit dieser Frage, und ich finde die Antworten meiner Teilnehmer:innen interessant. Meist blicke ich in leere Gesichter, als ob diese Frage völlig abwegig ist. Manche scheinen über die Sache nachzudenken. Dabei ist es eine gute Frage, oder? Abgesehen von Forschern scheinen sich nur wenige Menschen diese Frage zu stellen oder darüber nachgedacht zu haben - wir haben die Emotionen einfach.
Auf den ersten Blick mag die Frage nach ihnen seltsam klingen, aber im Laufe der Jahre haben mir viele Menschen gesagt, dass sie das Gefühl haben, das Leben wäre besser für sie, wenn sie keine Emotionen hätten. Sie sagen, „Meine Emotionen kommen mir in die Quere und vernebeln nur meine Sicht.“ Sie glauben, sie könnten klar denken, wenn sie nicht von ihren Emotionen überwältigt werden. Dies ist oft zentrales Thema, das die Menschen in die therapeutische Sprechstunde brachte. Logik ist eine hohe Spielkarte, die manchmal von Emotionalität übertrumpft wird.
Im zwanzigsten Jahrhundert wurden Figuren wie Spock und später Data aus Star Trek7Beispiele für Individuen mit reinem Denken. Diese Typen waren nicht mit Emotionen beladen, sondern arbeiteten und lösten Probleme mit purem Denken. Dieses Vorbild wurde immer beliebter, als ob es etwas wäre, das man anstreben sollte. Interessanterweise stammte die Figur Spock in der ersten „Raumschiff Enterprise“-Serie von einer Ethnie ab, die unfähig gewesen war, mit destruktivem Ärger umzugehen und gelernt hatte, alle Emotionen zu unterdrücken, um sich so zu schützen. Für sie wurde die Unterdrückung von Emotionen zu Überlebensfrage, bis sie schließlich keine mehr empfanden.
In einer späteren Folge von Star Trek gibt es den Androiden mit Namen Data, der ebenfalls nur über reines Denken verfügt. Im Gegensatz zu Spock sehnt sich Data jedoch danach, Mensch zu sein und Emotionen zu empfinden. Aus der Bewunderung, die viele diesen Figuren entgegenbrachten, lässt sich schließen, dass es vielen schwer fällt, klar zu denken, während sie Emotionen erleben und ausdrücken. Dies scheint besonders für Emotionen zu gelten, die wir negativ bewerten, wie Ärger, Traurigkeit und Angst. Beim weiteren Lesen werden Sie feststellen, dass nicht die Emotion selbst positiv oder negativ ist, sondern die Art und Weise, wie wir diese ausdrücken. Emotionen können auf gesunde oder ungesunde Weise ausgedrückt werden. Wenn ein und dieselbe Emotion sowohl positiv als auch negativ genutzt oder kommuniziert werden kann, bedeutet dies, dass Emotion an sich neutral ist.
Wofür sind Emotionen also da?
Warum also haben wir auf der USS Enterprise von Star Trek, oder auf der Erde Emotionen? Welchem Zweck dienen sie? Um die erste Frage zu beantworten, stelle ich zunächst eine andere Frage, die leichter zu beantworten ist: „Warum haben wir körperliche Empfindungen? Wäre es nicht toll, niemals Schmerz zu empfinden?“ Menschen haben dazu eine klare Haltung und sagen mir: „Schmerz schützt uns; er sagt uns, wenn mit unserem Körper etwas nicht stimmt.“ Wir wissen, dass wir ohne Schmerzen ein hohes Risiko haben, aus unterschiedlichsten Gründen zu sterben, u.a. an unbehandelten Infektionen, weil Krankheitenohne Schmerzen unbemerkt bleiben und tödlich enden können. Eine unbehandelte Wunde kann zum Verlust von Gliedmaßen oder sogar zum Tod führen. Körperlicher Schmerz sagt uns, dass wir geschädigte Körperteile nicht nutzen sollten, um unserem Organismus Zeit zur Heilung zu geben. Ein Bruch der nicht ruhiggestellt wird, ist äußerst schmerzhaft und kann zu Komplikationen führen, die ohne Behandlung lebensbedrohlich werden können. Wir haben Empfindungen, die helfen, uns in derphysischen Weltzurechtzufinden. Unsere Nervenenden geben uns Informationen, um zu gehen, zu schmecken, zu riechen, zu hören, zu fühlen und um uns so in relativer Sicherheit durch unsere physische Umgebung zu bewegen.
Wenn wir angenehme Empfindungen erleben, schüttet der Körper im Gehirn Chemikalien aus, die zu unserem Wohlbefinden beitragen, so dass wir angeregt werden, weiterhin Freude zu empfinden. Wenn wir Schmerz empfinden, werden im Gehirn ebenfalls Chemikalien freigesetzt, die helfen, mit dem Schmerz umzugehen, uns zu beruhigen und uns auf Heilen vorzubereiten. Wenn wir an den Evolutionsprozess denken, haben diejenigen, die ihre Sinnesorgane nicht gut nutzen, nicht überlebt. Darwin beschrieb die Fähigkeit, aktive funktionale Empfindungen zu haben, als „Überleben des Stärkeren“, und die Überlebenden gaben diese Fähigkeit an ihre Nachkommen weiter. Beim Überleben des Individuums geht es um Gesundheit und Resilienz, und dafür ist die Fähigkeit, eine Reihe von Empfindungen zu erleben, unerlässlich. Da ein Organismus darauf programmiert zu sein scheint, nach Gesundheit zu streben und zu heilen, wenn er geschädigt ist, liegt es nicht fern zu sagen, dass Gesundheit und Wohlbefinden unser Grundzustand ist und unsere körperliche Empfindungen dazu da sind, Gesundheit und Heilung zu fördern. Wir können daher die Hypothese aufstellen, dass der Grundzustand für unseren Körper darin besteht, ständig nach diesen Status zu streben. Während Schmerz uns sagt, dass wir innehalten und uns Zeit für die Heilung nehmen sollen, sagen uns angenehme Empfindungen, dass wir weitermachen sollen, weil es gut für uns ist.
Ähnlich verhält es sich mit Emotionen. Sie haben eine vergleichbare Funktion. Allerdings geht es bei ihnen eher darum, sich in unserer Gefühlswelt oder unseren zwischenmenschlichen Beziehungen zurechtzufinden, als in unserem körperlichen Zustand. Emotionen sagen uns, wenn etwas in unseren Beziehungen ungesund ist und geheilt werden muss, oder ob alles in Ordnung ist und wir den Moment genießen können.
Hängt das auch mit der Evolution und dem Überleben zusammen? Aufgrund der Indizien würde ich sagen, dass die Antwort Ja lautet! Als Spezies haben wir die Spitze der Nahrungskette erreicht, doch wie haben wir das geschafft? Ja, wir sind sicherlich schlauer als andere Lebewesen, auch wenn mich einige menschliche Verhaltensweisen dazu veranlassen, diese Annahme manchmal in Frage zu stellen. Unser Intellekt allein wird jedoch nicht der entscheidende Faktor sein, wenn wir auf Nahrungssuche einem großen Raubtier gegenüberstehen. Viele Raubtiere sind stärker, schneller und mit Zähnen und Klauen besser ausgestattet als wir. Ich kann meine verbale Bewältigungsstrategie nicht einsetzen, um mit einem Tiger zu verhandeln: „Friss mich nicht, lass uns lieber darüber reden.“ Diese verbale Bewältigungsstrategie aus der Verhandlung funktioniert nicht. Letztendlich bin ich Frischfleisch für die vielen mächtigen Raubtiere, denen auch schon unsere Vorfahren täglich ausgesetzt waren.
Unsere Spezies hat gelernt, effektiv zu sein, indem sie in Gruppen zusammenarbeitet. Wir haben uns entwickelt, um Bindung und Beziehung einzugehen und zu kooperieren, um so Ergebnisse für das Überleben der Gruppe zu erzielen. Daraus schließe ich, dass Emotionen untrennbar mit dem Überleben verbunden sind, da wir Beziehungen durch Emotionen steuern. Indem wir Gruppen bilden, deren Mitglieder effizient kommunizieren und zum Wohle des Ganzen zusammenarbeiten, werden wir zu Überlebenskünstlern und schaffen in Zeiten des Überflusses sogar einen Nahrungsüberschuss. Auf diese Weise ist es wahrscheinlicher, dass die Spezies lange genug überlebt, um Nachkommen aufzuziehen. Durch Bildung von Stammesgruppen und Zusammenarbeit in Teams haben wir unsere hohe Stellung in der Nahrungskette erreicht. Um zusammenzuarbeiten, andere Gruppenmitglieder zu erkennen und bereit zu sein, sich für die Gruppe aufzuopfern,benötigen wir Mittel, um Bindung aufzubauen und zu halten.
Die meisten Rudeltiere wie Wölfe, Hunde, Erdmännchen, Pferde und Wiederkäuer nutzen Geruch und Reviermarkierung, um Bindungen aufzubauen. Und sie nutzen weiteres Bindungsverhalten wie Berührung und rituelle Begrüßung. Uns Menschen bieten Emotionen zusätzliche ausgefeilte Werkzeuge dafür. Wir können mitfühlen, füreinander sorgen, die Kinderbetreuung teilen und diejenigen unterstützen, die Hilfe brauchen. Von dieser Form einer kooperativen Lebensweise profitiert die gesamte Gruppe. Wir haben auch die Fähigkeit erworben, mit Freude voneinander zu lernen, Wissen und Entdeckungen weiterzugeben und erfolgreiches Verhalten unserer Kolleginnen und Kollegen zu kopieren. Wir bauen auf unseren Erfolgen auf und entwickeln uns mit exponentieller Geschwindigkeit. Wir haben uns von Jagen und Sammeln zu Ackerbau, Managen unserer Umwelt und Anlegen von Vorräten für den Winter und schwere Zeiten entwickelt. All dies hing von unserer Fähigkeit ab, kooperativ zusammenzuarbeiten.
Emotionen sind das Fundament der menschlichen Evolutionsgeschichte. Früheste archäologische und paläoanthropologische Funde zeigen, dass die Menschen nicht nur gelernt haben, zusammenzuleben, sondern unsere frühesten Vorfahren sich für Aktivitäten interessierten, die nicht direkt mit dem Überleben zu tun hatten. Sie schufen detailreiche Höhlenmalereien, stellten Schmuck her, trugen Körperbemalung und kümmerten sich um ihre Toten. All diese Aktivitäten zeigen deutlich die Rolle von Emotionen, Bindung und Verbundenheit seit den Anfängen des Homo sapiens. Beweise für Emotionen in unserer Frühgeschichte sind in vielen Formen erhalten.
Sicher gehen nicht nur Menschen Bindungen ein und leben in Gruppen. Pferde, Elefanten, Wölfe, Delphine, Wale, Erdmännchen und Affen leben alle in Gruppen und zeigen Verhaltensweisen, die auf Verbundenheit, Bindung und Emotion hinweisen. Die alte Annahme, dass sich Tiere von Menschen unterscheiden, weil sie keine Emotionen haben, ist inzwischen widerlegt. Forschungsergebnisse zeigen eindeutig, dass viele Tiere Gefühle haben und emotionale Bindungen eingehen. Auch wenn wir Tiere nicht nach ihren Gefühlen fragen können, so können wir doch ihr Verhalten beobachten und daraus Schlussfolgerungen ziehen. Die Existenz von Emotionen bei Tieren ist ein ausführlich diskutiertes Thema und war lange nur schwer zu zu beweisen. Wer einmal einen Hund besessen hat, weiß, wie empathisch diese Tiere sein können, wie sie die Stimmung „ihrer Menschen“ spüren und Unterstützung und Fürsorge zeigen. Sie zeigen uns auch durch ihre Gesten, ihre Körperhaltung und ihr allgemeines Verhalten, was sie fühlen. Aufgrund der zentralen Rolle, die Bindung und Beziehung für unser Überleben und unsere emotionale Stabilität spielen, werden wir dieses Thema in Kapitel 3 näher beleuchten.
Neuere Forschungen zeigen, dass die Emotionen von Affen und Menschen sehr ähnlich sind; sie trauern, sie spielen, sie kooperieren und sie verstehen sogar Fair-Play8 - was also unterscheidet uns von ihnen? Es scheint, dass Menschen über einige Fähigkeiten verfügen, die diesen Tieren fehlen, und dass entscheidende Unterschiede eher in der Impulskontrolle als im Erleben von Emotionen selbst zu finden sind. Menschenaffen scheinen nicht lernen zu können, nicht einfach nach dem zu greifen, was sie wollen, während wir Menschen gelernt haben, uns zurückzuhalten, unsere emotionalen Triebe zu zähmen und dafür belohnt zu werden. Außerdem haben wir die Fähigkeit erworben, zu lehren und zu lernen, indem wir die Aufmerksamkeit anderer auf das lenken, was für uns wichtig ist. Wissenschaftler nennen das das Dreieck. Wenn ich möchte, dass Sie sich etwas ansehen, zeige ich darauf. Sie schauen hin und wir machen eine gemeinsame Erfahrung, daher der Begriff Dreieck. Menschen schauen dorthin, wohin wir zeigen, während Tiere, wie z.B. Hunde, auf den zeigenden Finger schauen.
Elternbringen ihren Kindern diese Fähigkeiten spielerisch bei. Unsere Emotionen sind der Kompass, der uns hilft, zu Partnerschaft und Gruppen zu gehören, und wenn Emotionen durch Impulskontrolle gesteuert werden, werden wir als Individuen und in Gruppen weiser und effektiver. So wie uns körperliche Empfindungen helfen, uns in unserer physischen Umgebung zurechtzufinden, helfen uns Emotionen, uns in unserer Beziehungsumgebung zurechtzufinden. Damit haben Emotionen eine wichtige Überlebensfunktion.
In seinem TED-Vortrag „Moral Behavior in Animals“9 erläutert Frans de Waal die Säulen der Moral. Sie sind der Schlüssel zu gesundem Bindungsverhalten, zu Gegenseitigkeit (Fairness) und Empathie (Compassion10 ). De Waal erklärt, dass Menschen nicht die einzigen Lebewesen sind, die diese beiden Säulen zeigen, dass wir aber die Gruppe sind, die am konsequentesten nach diesen Merkmalen handelt. Emotionale Durchsetzungsstärke dreht sich um Einfühlungsvermögen und Gegenseitigkeit, und beide sind Herzstück von Selbstrespekt und Respekt für andere. Respekt ist zentral für Zivilisation, Kooperation, Partnerschaft, produktive Konflikte, Konfliktlösung und Teamarbeit. Ohne Respekt verfallen wir schnell in unproduktive Konflikte. Mangelnder Respekt ist der Mechanismus für Energieverlust durch Streit, für das Scheitern von Zusammenarbeit und schließlich für das Scheitern von Beziehungen.
Mit meinem Modell zeige ich, wie jede unserer Emotionen in einzigartiger Weise mit grundlegenden zwischenmenschlichen und psychologischen Bedürfnissen zusammenhängt. Diese wiederum stehen in Bezug zu Aufbau und Aufrechterhaltung emotionaler Bindungen.
Im Allgemeinen sagen uns angenehme Empfindungen, dass in unserem Körper alles in Ordnung ist, während Schmerzen ankündigen, dass es ein Problem gibt, das gelöst werden muss. Das Gefühl der Freude sagt uns, dass in unserer zwischenmenschlichen Beziehung alles in Ordnung ist. Die anderen Emotionen wie Ärger, Traurigkeit und Angst, zeigen uns, dass wir uns mit einem Problem im Beziehungskontext auseinandersetzen müssen, und dass wir, wenn wir das Problem authentisch angehen, die Chance erhöhen, wieder Freude zu empfinden. Es geht darum, kooperative und effektive Verbindungen zu wichtigen Menschen in unserem Leben aufrechtzuerhalten.
Warum Beziehungen zu erhalten für Ihr Wohlbefinden und Ihren Erfolg wesentlich ist, werden Sie verstehen, je mehr Sie sich mit diesem Konzept befassen. Wenn Sie das Thema auf einer tieferen Ebene verstehen möchten, dann lohnt es sich, sich mit der Rolle der Spiegelneuronen zu beschäftigen. Spiegelneuronen sind Strukturen im Gehirn, die es uns ermöglichen, uns mit anderen zu identifizieren und mit ihnen mitzufühlen, wenn sie in Not oder freudig und aufgeregt sind. Lesen Sie dafür die Arbeit von Dr. Jaak Panksepp, einem Pionier der affektiven Neurowissenschaften, der eine enge Verbindung zwischen menschlichen und tierischen Emotionen bei Bindungsaufbau und Wohlbefinden entdeckt hat.
Es gibt zahlreiche experimentelle Belege dafür, dass der Mensch dazu veranlagt ist, sich gesellschaftlich akzeptierten Normen anzupassen. Es gibt Zentren im Gehirn, die dafür sorgen, dass wir uns gut fühlen, wenn wir uns anpassen, und dass wir uns schlecht fühlen, wenn wir gegen soziale Normen verstoßen. Das sind die Mechanismen, die hinter Gruppenzwang und der Tendenz stehen, mit dem Strom zu schwimmen, manchmal sogar wider besseres Wissen. Zum Thema Konformität wurden diverse Experimente durchgeführt. Eines bestand darin, eine kleine Gruppe Straße zu einem Baum hochschauen zu lassen. Als andere vorbeikamen, schauten diese ebenfalls zum Baum hinauf. Dann sagten die Probanden den Neuankömmlingen, sie würden eine Schlange beobachten; bald sahen die Neuankömmlinge die Schlange, obwohl es in Wirklichkeit keine Schlange im Baum gab.
Bei einem anderen Experiment folgten die Menschen in einem Museum einer roten Linie, die offensichtlich nirgendwo hinführte, sie folgten ihr auch im Kreis. Gruppen von Menschen reihten sich einfach ein und folgten der Menge. Warum folgen wir manchmal zwanghaft dem Herdentrieb? Der Grund ist, dass unser Überleben aus evolutionärer Sicht von diesem Verhalten abhängig sein konnte, und wir diesen Urinstinkt nicht verloren haben. Ich halte es zwar für wahrscheinlich, dass wir diese tief verwurzelten Verhaltensweisen im Laufe von Tausenden von Jahren überwinden können. Ich halte es allerdings für unwahrscheinlich, dass wir genetisch verankertes Gruppenverhalten völlig auslöschen können. Bindung ist so tief in Entwicklungsprozesse unserer Spezies eingebettet und ein integraler Bestandteil gesunder Elternschaft, dass ich glaube, dass Bindung für uns menschliche Wesen immer zentral sein wird. Die Forschung zum menschlichen Bedürfnis nach Verbundenheit zeigt, dass Nähe zu anderen Menschen für uns alle sehr wichtig ist. Selbst die härtesten Häftlinge in Hochsicherheitsgefängnissen fürchten Einzelhaft. Es gibt zwar Menschen, die sich anpassen können, um jahrelang in Einsamkeit zu überleben, z. B. Menschen, die durch Umstände gezwungen sind, auf einer einsamen Insel zu leben oder überleben, oder Menschen, die sich bewusst für einen Lebensstil der Einsamkeit entscheiden. Dies sind jedoch die Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Die meisten brauchen einfach andere Menschen um sich herum. Das ist kein neues Konzept. Der englische Dichter John Donne (1572-1631), Dekan der St. Paul's Cathedral in London, schrieb: „No man is an island entire of itself; every man is a piece of the continent, a part of the main; if a clod be washed away by the sea, Europe is the less, as well as if a promontary were, as well as any manner of thy friends or thine own were; any man’s death diminishes me, because I am involved in mankind. And therefore, never send to know for whom the bell tolls; it tolls for thee.“11
Ein gutes Beispiel für Auswirkungen eines langen erzwungenen Alleinseins zeigt der Film ‚Cast Away - Verschollen‘ mit Tom Hanks. Die Hauptfigur Chuck Noland strandet nach einem Flugzeugabsturz auf einer einsamen Insel. Während seiner Zeit allein erschafft sich Chuck einen Gefährten aus einem Ball und nennt ihn Wilson. Jeden Tag führt Chuck lange Gespräche mit Wilson. Als es ihm nach über 4 Jahren schließlich gelingt, auf einem Floß zu entkommen, nimmt er Wilson sogar mit. Irgendwann wird Wilson vom Floß gespült und treibt davon. Zunächst riskiert Chuck sein Leben, um Wilson zu retten, muss sich dann aber geschlagen geben. Er trauert, als der Wind und die Wellen Wilson wegtragen. Diese fiktive Geschichte veranschaulicht, wie wir uns an unbelebte Gegenstände binden können. Wir werden auf dieses Beispiel später im Buch zurückkommen, wenn wir den Trauerzyklus untersuchen.
In Beziehung mit anderen blühen wir auf. Gesunde Beziehungen tragen zur Qualität unseres Lebens bei und bieten eine Dimension, die unschätzbar wichtig für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden ist. Wir finden einen tieferen Sinn im Leben, und wir haben das Geschenk eines vertrauenswürdigen Feedbacks, einer Bestätigung, einer Anerkennung und von Akzeptanz. Untersuchungen zeigen, dass Menschen in einer festen Partnerschaft etwa fünf Jahre länger leben als Menschen, die allein leben. Unglücklicherweise hat die Menschheit eine verallgemeinerte Geschichte der Misserfolge, was gesunde Beziehungen zu anderen Menschen angeht. Von lokalen Stammeskriegen bis zu globalen verheerenden Konflikten, wie die letzten zwei Weltkriege, scheinen wir nicht in der Lage zu sein, respektvolle und produktive Beziehungen zu führen. Warum kommen wir an den Punkt, in unproduktive und zerstörerische Konflikte einzutreten statt mit anderen zu kooperieren? Wir werden später sehen, dass Menschen nicht andere Menschen töten, sondern diese, bevor sie zu diesem Punkt kommen, entmenschlichen. Indem sie als unwürdig wahrgenommen werden, folgt die Rechtfertigung, sie loszuwerden. Es scheint, als könnten wir leicht unzählige Gründe finden, andere zu entmenschlichen und zu dämonisieren, um sie dann zu zerstören. Die Entmenschlichung kann auf Ethnie, Hautfarbe, religiösen Unterschieden, sexuellen Präferenzen, territorialen Argumenten und Gier beruhen, die Liste ist scheinbar endlos. An der Wurzel des Tötens steht der Prozess, andere als nicht OK, als weniger menschlich hinzustellen. Beispiele aus bewaffneten Konflikten sind, dass Briten im Zweiten Weltkrieg die Deutschen als „Krauts“ und andersherum Deutsche die Briten als „Tommies“ bezeichneten. Menschen töten nicht Menschen, die Mütter, Frauen und Kinder haben, sondern schlechte Menschen, die mit einem entmenschlichenden Namen wie Tommies oder Gooks (wie Amerikaner die Nordvietnamesen nannten) versehen werden.
Wie eng wir eigentlich alle miteinander verwandt sind zeigt die moderne Genforschung. Die Menschheit ist eine einzige große erweiterte Familie. Es gibt uns zwar in allen Formen und Größen, und ja, wir haben unterschiedliche Hautfarben, und es gibt oft große Unterschiede in der Entwicklung unserer Gesellschaften und Kulturen. Und doch stammen wir alle aus Afrika und sind entfernte Verwandte, die durch eine einzige Frau, Lucy, verbunden sind. Kulturelle Unterschiede können jedoch um 180 Grad auseinanderklaffen. So basiert die europäische Kultur weitgehend auf dem Konzept der Bedeutung des Individuums, von persönlichen Rechten und Freiheiten, während die japanische Kultur von der Vorstellung ausgeht, dass jeder Mensch für das Wohl des Ganzen existiert. Daher werden Menschen in der einen Kultur ermutigt, für ihre Rechte einzutreten und sich selbst an die erste Stelle zu setzen, während in der anderen Kultur Selbstaufopferung die Norm ist. In beiden Kulturen werden Kinder umsorgt, Menschen verlieben sich, und Bindung und Verbundenheit sind zentrale Themen. Wenn wir klug sind, lernen wir, kulturelle Unterschiede zu respektieren, sogar von ihnen zu lernen und mit anderen auszukommen, ungeachtet geringfügiger Unterschiede.
Wir können daher Krieg mit einer Familienfehde vergleichen; Wir sind Cousins und Cousinen, kämpfen aber bis zum Tod, anstatt über Win-Win-Ergebnisse und die gemeinsame Nutzung von Ressourcen zu verhandeln. Es scheint, als hätten wir die Bedeutung der Emotionalen Intelligenz, des Einfühlungsvermögens aus den Augen verloren, einfach Freunde zu sein, die zusammen arbeiten, um eine bessere Welt für alle zu schaffen. Bei Emotionaler Intelligenz geht es im Grunde um das Überleben der Art. Ist es nicht Zeit für eine Veränderung? Deepak Chopra sagt,„Every time you are tempted to react in the same old way, ask if you want to be a prisoner of the past or a pioneer of the future. The past is closed and limited; the future is open and free.“12
Wenn wir immer auf dieselbe bekannte Art reagieren, wird das unweigerlich immer zum selben bekannten Ergebnis führen. Wenn wir nach unseren Verhaltensmustern handeln, werden wir weiterhin eingefahrene Wege uns emotional auszudrücken, gehen, die uns nicht weiterbringen. In der Paartherapie scheinen am häufigsten auftretenden Probleme wie folgt abzulaufen: „Ich tue dies, und er/sie tut das, und dann, und dann, und dann und schließlich ist das das schlechte Ergebnis.“ Wenn man das Muster aufdeckt und die Frage stellt, „Wenn er/sie das sagt, warum kann man dann nicht etwas anders machen?“, sagen beide Partner: „Nun, so einfach kann es nicht sein.“ In Wirklichkeit ist es oft so einfach: Wenn wir immer nach einem bestimmten Muster vorgehen, kommen wir immer zum gleichen Ergebnis.
Wir müssen anfangen, unsere Verhaltensmuster zu ändern, oder wir werden die Menschheit gegebenenfalls ausrotten.
Was wäre geschehen, wenn sich Großbritannien und Argentinien, anstatt einen Krieg um die Falklandinseln zu führen, darauf geeinigt hätten, den Bewohnern der Inseln die Wahl zu lassen, Teil des Vereinigten Königreichs zu bleiben oder argentinische Staatsbürger zu werden? Das hätte den Bewohnern der Falklandinseln Selbstbestimmung ermöglicht und das Leben vieler hundert junger britischer und argentinischer Männer gerettet. Stattdessen kam es zu einem Konflikt, bei dem beide Seiten Soldaten, Piloten, Seeleute verloren. Beide Seiten gaben Millionen aus, um Flugzeuge, Schiffe, Munition, Öl usw. zu finanzieren. Dieses Geld hätte in beiden Ländern besser eingesetzt werden können. Was, wenn beide Länder ein Bündnis geschlossen hätten, um sich gegenseitig beim Bau von Krankenhäusern, Schulen oder bei medizinischer Forschung zu unterstützen? Was für eine Verschwendung von Menschenleben und Ressourcen, und dies ist nur ein Konflikt aus der Vergangenheit. Schauen Sie sich das Kommunikationsversagen auf der ganzen Welt an und das völlige Misslingen, unsere angeborenen Fähigkeiten zu nutzen, Beziehungen aufzubauen. Wir brauchen nicht mehr Bomben, wir brauchen mehr Bindung.
Aktuellere Beispiele dafür sind unter anderem der Bürgerkrieg in Syrien, der mit erbarmungsloser Missachtung von Menschenleben und Sicherheit von Frauen und Kindern weiterzugehen scheint. Widersprüchliche Einflüsse der Großmächte scheinen diesen Konflikt zu verschärfen, und Blutvergießen und Hass reißen nicht ab. Wir werden immer wieder mit Bildern von Kindern konfrontiert, die in den Kriegsgebieten im Elend leben. Die Kampagnen von Wohltätigkeitsorganisationen laden ein, Mitgefühl für diese Kinder zu empfinden und Geld für Decken u.ä. zu spenden. Ich verstehe den Wunsch zu helfen, aber die Kampagnen versuchen, unsere Emotionen so zu beeinflussen, dass wir uns schuldig fühlen und für die Sache spenden. Die Unterstützung mag Bedürftigen etwas Trost spenden, aber sie wird nicht wirklich dazu beitragen, die erforderliche Veränderung herbeizuführen. Wenn wir wegen der Menschen dort traurig sind und Angst davor haben, wie es unseren Kindern in dieser Situation ergehen könnte, verlieren wir leicht aus den Augen, was wir tun können, um etwas zu verändern. Was aus meiner Sicht nötig ist, ist ein „Genug!“ von Bürgern dieser Welt. Wir sollten bei unseren Regierungen beharrlich darauf hinwirken, das Streben nach Einfluss und Macht in der Region aufzugeben, von allen Regierungen verlangen, sich zusammenzutun und zusammenzuarbeiten, um Kriegsparteien die Waffen zu entziehen, sie an den Verhandlungstisch zu bringen, und so den aktiven ehrlichen Wunsch nach Toleranz und Frieden zu fördern. Wenn ich den Hauptakteuren bei Gesprächen zuhöre, scheint klar, dass jede Seite beweisen will, dass sie die moralische Oberhand hat. Wo bleibt bei all dem Reden das Zuhören? Wo ist die Stimme der Vernunft, die klare, nicht verhandelbare Linien setzt, um gemeinsam zu handeln, Kinder zu schützen und kooperative Lösungen zu finden?
Solche Konflikte sind ein deutliches Beispiel dafür, was passiert, wenn es uns nicht gelingt, unsere Emotionen zu nutzen, um gesunde Beziehungen aufzubauen und wir stattdessen, nicht-authentische Emotionen zeigen, die zu Selbstzerstörung führen. Der Weg zu friedlichen Beziehungen ist nicht einfach, aber wenn wir auf dieser Erde überleben wollen, müssen wir unser Verhalten ernsthaft ändern. Emotionale Durchsetzungsstärke zielt auf alle Beziehungen, persönlich, geschäftlich und international.
Bevor wir im Buch tiefer in die Welt der Emotionen und den Bezug zu Kommunikation, Kooperation und Bindung eintauchen, halte ich es für wichtig, etwas zu Erziehung und Impulskontrolle zu sagen. Impulskontrolle scheint uns entscheidend von unseren Cousins, den Affen zu unterscheiden. Wenn Affen wütend sind, bringen sie diese Emotion schnell aggressiv und oft gewalttätig zum Ausdruck. Menschen können lernen, diese Emotionen zu kontrollieren und sie auf sozial verträgliche und hilfreiche Art auszudrücken. Diese Fähigkeit entwickelt sich nicht automatisch in uns; wir lernen sie in unserer Kindheit, wenn wir unsere Bezugspersonen beobachten, wie diese das Ausdrücken von Wut und Ärger rational und ausgewogen managen. Wenn wir als Kinder sehen, wie Ärger auf gesunde Weise ohne Angriff, Schuldzuweisung oder Rückzug in die Opferrolle ausgedrückt wird, lernen wir, bestimmte Grenzen einzuhalten, wenn wir Ärger ausdrücken. Wir lernen dies nicht nur, indem wir beobachten, wie unsere Bezugspersonen mit Ärger umgehen, sondern auch dadurch, wie diese uns dabei unterstützen, unser Ausdrücken von Ärger zu managen. Babys sind im Wesentlichen Mustererkennungsmaschinen; sie lernen mehr durch Beobachten und emotionale Erfahrung, als durch das, was man ihnen sagt. Im Gegensatz zu Erwachsenen haben sie jedoch wenig kontextbezogene Informationen darüber, wie die Welt funktioniert. Ihnen fehlen auch Erfahrungen mit menschlichen Interaktionen und deren Bedeutung. Es ist, als wären sie neu angekommene Außerirdische von einem anderen Planeten, die versuchen, sich nach und nach eine Karte ihrer Welt zusammenzusetzen. Wie stimmig ihre emotionalen Erfahrungen sind, hängt stark davon ab, wie gut angepasst ihre primären Bezugspersonen sind. Welche Muster wir in unseren prägenden Jahren übernehmen, hängt weitgehend davon ab, inwieweit uns Eltern oder Bezugspersonen geholfen haben, gesunde Botschaften zu verinnerlichen. Ein wesentliches Lernfeld ist, Impulskontrolle zu gewinnen.
Andere Menschen zu beobachten und von ihnen zu lernen ist mehr eine Frage von, wie sie sich verhalten habenund weniger davon, wassie gesagt haben. Die Vorbildfunktion der Eltern ist um ein Vielfaches wichtiger als die Regeln, die sie uns beibringen. Leider neigen wir als Eltern, dazu, uns auf Modelle zu verlassen, die wir selbst als Kinder gesehen haben. Wir versäumen es oft zu unterscheiden, ob die Muster hilfreich sind oder nicht, und geben so einige gute und andere weniger gute Informationen an unsere Kinder weiter. In jedem Fall haben diese tief verwurzelten, oft unterbewussten Muster einen starken Einfluss darauf, wie wir uns als Erwachsene und Eltern gegenüber unseren Kindern verhalten. Selbst wenn wir Bücher lesen, die uns andere Modelle anbieten, ist die Wirkung früher elterlicher Verhaltensweisen stark. Das heißt nicht, dass Eltern absichtlich unzuverlässige Botschaften übermitteln; das Ganze wird von unserem Glaubenssatzsystem bestimmt.
Wie gehen wir als Eltern mit unseren Emotionen um, und wie leben wir dies unserem Nachwuchs vor? Fangen wir das Erkunden mit einem Blick auf Ärgeran. Ärger ist die Emotion, die am häufigsten unkorrekt