Frauchen ist die Beste! - Cornelia Dunker - E-Book

Frauchen ist die Beste! E-Book

Cornelia Dunker

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Beschreibung

Der Unterschied zwischen meinem Frauchen und mir besteht im Wesentlichen darin, dass sie eine respektlose Person ist und dieses Büchlein mit spitzer Feder verfasste. Sie sagt, dass jedes Leben ein wahres Hundeleben wäre, nähme man es nicht hin und wieder auf die Schippe. Deshalb eignet sich dieses Büchlein auch für Menschen, die keinen Hund haben. Vielleicht wollen sie dann einen oder, falls sie einen wollen, überlegen sie es sich noch einmal anders. Mein Frauchen besaß nicht solch hilfreiche Lektüre, sondern hat immer nur die ernsthaften Erziehungsbücher über Hunde gelesen. Diese sind genauso nützlich wie Erziehungsbücher über Kinder. Deshalb haben mein Frauchen und ich dieses Buch gemeinsam geschrieben. Zur Warnung! Der Leser kann dann nicht mehr behaupten, er wäre auf den Hund gekommen, ohne zu wissen, was ihm da bevorsteht.

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Frauchen ist die Beste

Ein tierisch menschlicher Lesespaß für Hundefreunde und andere humorvolle Zeitgenossen

Cornelia Dunker

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Impressum

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet - www.herzsprung-verlag.de

© 2022 – Herzsprung-Verlag GbR

Mühlstr. 10, 88085 Langenargen

Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchauflage erschienen 2022.

Cover: © Papierfresserchens MTM-Verlag mit Bildern von ra2studio (Adobe Stock lizenziert) und Cornelia Dunker.

ISBN: 978-3-98627-018-6 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-98627-019-3 - E-Book

*

Inhalt

Das Licht der Hundehütte

Der Sankt Nimmerlein

Meine neue Familie

Alle Schuhe

Es ist verboten

Kater Eisenherz

Das Studium der Hundeliteratur

Ein Mischlingshund

Diese schöne bunte Welt

Wildschweine

Eines Tages

Besuch

Durch meine Aufmerksamkeit

Hund

Der moderne Mensch

Frauchen ist die Beste

Es ist an der Zeit

Mit ihrem Nachwuchs

Jedes Wetter ist gut

In einem Viersternehotel

Unsere Nachbarn

In jeder Lebenslage

Viele Jahre später

In achtungsvoller Erinnerung

Buchtipp

*

Das Licht der Hundehütte

... das ich erblickte, war dunkel und kalt, denn es war Februar und Nacht.

Meine neue Familie, von der ich zu dieser Zeit noch keinen blassen Schimmer habe, war lange schon aus ihrer städtischen Behausung aufs Land gezogen. Dieser Umzug stellte für die Kinder, die nun nicht mehr die nächste Disco, ihre Freunde und ihre gewohnte Umgebung um die Ecke hatten, eine besondere Härte dar.

Wenn auch sonst nicht viel aus dem Geschichtsunterricht hängen bleibt, den einen Satz aus dem Studium mittelalterlicher Historie haben alle Teenies bewusst oder unbewusst verinnerlicht: „Stadtluft macht frei!“ Und ist deshalb der Landluft, trotz ihres höheren Sauerstoffgehaltes, vorzuziehen. Das aber wird von den Eltern einfach ignoriert, weil diese sich mit der Leibeigenschaft nicht mehr so auskennen.

Um die jugendlichen Antlitze wieder durch ein Lächeln verziert zu sehen, erinnerte die Mutter den Vater gelegentlich an seine Zusage, einen Hund zu besorgen. Bei solch einer Ansprache hüllte sich der Mann hartnäckig in Schweigen. Aber da hatte er die Rechnung ohne seine Wirtin gemacht. Sie verkündete ihrem Ehemann, nachdem er auch beim zweiten Weihnachtsfest, das die Familie im neuen Heim feierte, nicht mit der einzig wirklich ersehnten Überraschung aufgetaucht war, dass sie von nun an diese Sache selbst in die Hand nehmen würde.

Der dachte: „Ach, vertell du man, du rüchst so schön nach Köm!“ Was so viel heißt wie: „Lass die mal ruhig quasseln! Das wird eh nix!“ Denn er stammte aus einem Landstrich, wo er nicht hatte lernen können, dass man eine Frau ernst nehmen sollte. Dort war die Welt noch in Ordnung. Die Männer hatten die Hosen an und Grüne und Emanzipierte konnte man schon gar nicht leiden.

Die Frau aber hatte bereits ihr bockiges Gesicht aufgesetzt, was ihm eigentlich hätte zu denken geben müssen. Das Bockgesicht sah er jedoch wieder einmal nicht und konnte folglich nichts ahnen.

Denn in mehr als zwanzig Ehejahren kommt es mitunter vor, dass ein Mann einen Teil seiner Seh- und Ahnungsfähigkeit einbüßt. Außerdem glauben Männer, sie würden ihre Frauen kennen, was unter die Rubrik schwerer Irrtum fällt. Weil Männer jedoch niemals irren, denn sonst wären sie ja keine Männer, konnte er nicht einmal vermuten, was seine Weibsleute nun für ein Süppchen kochten.

Die beiden Mädchen dachten nicht im Traum daran, das Vaterversprechen zu vergessen. Und die Mutter wollte die Chance, sich endlich einen Kindheitstraum zu erfüllen, schon gar nicht sausen lassen.

Also erschien an einem Sonntag vor Ostern die weibliche Einwohnerschaft als Übermacht an seinem Lieblingsplatz (vor dem Computer), um ihm mitzuteilen, dass in einer Woche ein kleiner Hund in das schöne neue Haus einziehen würde.

Der Hausherr erblasste und suchte krampfhaft nach Argumenten: „Wir sind noch nicht so weit! Wir haben noch sooo viel anderes zu tun! Wenn euch langweilig ist, dann mäht den Rasen! Ihr könnt auch Unkraut zupfen! Wer braucht denn hier einen Hund?“

Aber die Mauer blieb undurchdringlich und so gewannen die drei Frauensleute den Kampf. Das kleine Bild jedoch mit dem Verslein Trautes Heim, Glück allein hing nun reichlich schief an der Wand.

Dass die Mutter die einzige Chance, ihre ewig fernsehguckenden, stubenhockenden Mädels aus dem Haus zu locken, beim Schopfe gepackt hatte, war für sie sonnenklar. Diese Kinder würden sich wohl um ein Tier kümmern, aber niemals freiwillig Unkraut jäten – nicht mit und nicht ohne Hund!

Woher aber sollte ihr Vater das wissen? Was Teenager betraf, weilte er im Tal der Ahnungslosen, denn er war nie einer gewesen, sondern war bereits als Erwachsener zur Welt gekommen. Von Hunden wusste er nur, dass sie stinken, bellen, Abfälle fressen und im Zwinger oder an der Kette liegen müssen. Was wiederum auf seinen Herkunftsort zurückzuführen war.

Seine Frau dagegen liebte alles, was kräucht und fleucht. So war sie entschlossen, zu verhindern, dass der Hund, also ich, jemals mutterseelenallein und schutzlos aufwachsen sollte. Sie fragte ihren Ehemann, der, nachdem er die erste Runde verloren hatte, einen Zwinger bauen wollte, ob es ihm nicht auch ans Herz ginge, wenn der junge Hund des Nachbarn tagaus, tagein belle und jaule, weil er im Zwinger hocken müsse?

Herz ...?! Wer braucht denn ein Herz, wenn er etwas viel Besseres besitzt, nämlich das Testosteron!

Außerdem war er der Ansicht, dass seine schon erwähnten Kenntnisse über Hunde völlig ausreichen würden, während sie dünne und dicke Hundebücher verschlang.

Einen wichtigen Satz in den schlauen Büchern hatte sie allerdings einfach mal so übersehen: Einen Hund soll sich eine Familie nur anschaffen, wenn alle Familienmitglieder damit einverstanden sind! Aber da hätte sie wohl bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten müssen.

*

Der Sankt Nimmerlein

... muss ein bedeutender Heiliger gewesen sein, denn er kommt am Karfreitag und verschafft mir dauerhaften Eintritt in die Welt der Menschen.

Natürlich erscheint er, wie alle Engel, nicht persönlich, sondern schickt eine Abordnung in einem roten Gefährt mit Geschenken für meine bisherigen zweibeinigen Spielgefährten. Geld schickt er keins, denn er weiß, dass ich unbezahlbar bin.

Erfreut nimmt mich die engelhafte Abordnung auf den Arm und stellt fest, dass der mitgebrachte Korb bereits zu klein ist. Deshalb darf ich während der Fahrt auf einem Schoß sitzen und aus dem Fenster gucken. Indessen fährt der andere Engel, als wäre ich ein rohes Ei, das man nicht erschrecken darf, weil es sonst das Vertrauen in das wichtigste neuzeitliche Verkehrsmittel verliert.

Das hatte ihre Mutter den beiden sehr ans Herz gelegt, denn es stand in einem der Hundebücher. In diesem Fall wird die mütterliche Autorität ausnahmsweise nicht angezweifelt, was sie als ersten Hinweis deutet, dass ein Hund für Harmonie im Haus sorgt. Jedenfalls fahre ich bis zum heutigen Tag gerne Auto und kotze auch nicht wie mein Freund Bruno.

Die Delegierten des Sankt Nimmerlein sprechen mit freundlichen Vokabeln auf mich ein, was ich zwar nicht verstehe, aber als beruhigend empfinde. Außerdem sagt die heilige Abordnung ständig Kira zu mir, was nur heißen kann, dass ich kein namenloses Etwas mehr bin.

An diesen vier Buchstaben haben die Mädels lange gefeilt, denn so etwas bedeutet lebenslänglich. Viele Individuen müssen täglich an ihren Namen leiden, weil ihre Eltern das nicht beachteten. Das sollte mir erspart bleiben.

*

Meine neue Familie

... hatte beschlossen, dass mein Schlafkörbchen im Keller stehen solle, damit der schicke Flur nicht durch den Anblick eines

Hundeschlafdomizils entstellt würde.

Natürlich ist das reine Diplomatie, damit der Vater nicht täglich daran erinnert wird, dass er für mich einen Zwinger bauen will.

Ich habe von diesen menschlichen Winkelzügen keine Ahnung und heule, als es Nacht wird, laut nach dem weichen, warmen Fell meiner Mutter und Geschwister, bis ich nicht mehr heulen kann. Damit gestalte ich die Nacht abwechslungsreich: heulen, schlafen, heulen, schlafen ... Niemand kommt. Auch das hat mein Frauchen in einem dieser Hundebücher gelesen: Dass man von Anfang an konsequent sein muss, wenn man nicht will, dass der Hund letztlich schläft, wo er will. Daran ist erkennbar, dass viele Hundebuchverfasser nicht über ausreichende Kenntnisse verfügen, denn sonst hätten sie schreiben müssen, dass der Hund vor allem nicht dort schläft, wo er nicht will.

Bereits am nächsten Abend, als meine Familie der Meinung ist, dass es für kleine Hunde Schlafenszeit wäre, klettere ich wie eine Katze über das Lattengitter, welches mein Frauchen als Absperrung vor die Kellertreppe gestellt hat.

Na, in welchem Hundebuch findet ihr eine Anmerkung über derart sportliche Leistungen von Hundewelpen?

Damit beeindrucke ich erstmalig das Herrchen. Es ruft sogleich seine Frau herbei und teilt ihr mit, dass mir im Keller zu kalt wäre. Dabei blickt er sie an, dass sie ein Gefühl bekommt, als ob sie nicht nur kein Testosteron, sondern auch kein Herz hätte und er dafür nun beides besäße. Aber dieser Zustand währt nur den Bruchteil einer Sekunde. Dann erklärt sie dem Herrchen mit dem neu erworbenen Hundeherzen, dass einem Hundi, das bis vor zwei Tagen draußen in einer Hütte gelebt hätte, wohl kaum in einem geschützten Vorkeller kalt sein dürfte. Zumal, und das spricht sie so seltsam betont, der Hund doch eigentlich draußen im Zwinger leben müsste.

Worauf er murmelt: „ ... noch so klein und ... keine warme Mutter mehr und ... keine warmen Geschwister mehr.“

Nun klärt sie ihn kurz über das Rudelverhalten auf und dass mir keinesfalls kalt wäre, sondern dass ich unter Verlassensängsten leiden würde und die Familie nun mein Rudel darstelle.

Das ist zu viel für einen männlichen Menschen, der gerade die ersten Gehversuche im Mitgefühl für eine andere Kreatur unternimmt. Rudel soll er sein? Er schaut seine Frau befremdet an, betont, es wäre zu kalt für mich im Keller und ich würde mich auf der warmen Fußbodenheizung sichtlich wohlfühlen. Dabei deutet er auf das winzige Fellbündel zu seinen Füßen. Ich hatte mich, während die Menschheit über mich diskutierte, dort ausgestreckt, was er als Beweis für die Richtigkeit seiner These deutet.

Nun hätte mein Frauchen wiederum mit ihrem Hundebuchwissen protzen und ihm erklären können, dass ich lediglich Schutz beim Leithund suchen würde. Aber das unterlässt sie aus taktischen Gründen. Sie steigt in den Keller, holt das kleine Schafwollkissen, das ich vom ersten Augenblick an lieb gewonnen habe, herauf, bettet mich darauf und alle sind zufrieden.

Diese Zufriedenheit währt bis Mitternacht. Dann bin ich der Ansicht, dass es wieder an der Zeit wäre, dem Frauchen recht zu geben und meine Verlassenheit kundzutun. Meine wölfischen Urahnen haben mir die richtigen Laute dafür in die Gene gelegt.

Diesmal klappt die Verständigung. Sie fährt aus dem Schlaf, pfeift auf alle Hundebücher dieser Welt und eilt die Treppe herab in der Hoffnung, schneller zu sein als meine leiblichen Bedürfnisse. Aber die Pfütze ist bereits gemacht. Ich wackele ihr erfreut entgegen. Resigniert wirft sie ihre Kleidung, die sie sich schnell gegriffen hat, weil es sich nicht schickt, nur mit einem Nachthemd bekleidet in einer kalten Märznacht spazieren zu gehen, auf den Fußboden. Mit Lappen und Eimer beseitigt sie mein Machwerk, worin sie in den nächsten Wochen ungeahnte Übungsmöglichkeiten erhalten soll.

Auch hier klafft in der Aufklärung durch die verschiedenste Hundeliteratur eine gewaltige Lücke. Ein Hundebaby pinkelt ins Haus, wo es geht und steht. Von einer Pfütze zur nächsten benötigt es mitunter kaum fünf Minuten. Das geht so lange, bis es den Wert der Reinlichkeit erkennt und seine menschlichen Mitbewohner durch gelbe Flecken draußen auf Herrchens gepflegtem Rasen erfreut.

Doch erst einmal lernt mein Frauchen in besagter Nacht, dass ich ganz still und friedlich bis zum nächsten Morgen schlafe, wenn sie mir ein Kleidungsstück überlässt. Während sie mit Wasser und Reinigungsmitteln hantierte, habe ich mich auf ihren Jeans zusammengerollt und bin fest eingeschlafen. Sie guckt gerührt auf ihren Hundewinzling und überlässt ihm ihre Hose, denn im Bett kann sie diese sowieso nicht gebrauchen.

Von nun an erhalte ich jede Nacht eine Kleiderspende und wecke niemanden mehr durch mein Geschrei.

*

Alle Schuhe

... derer ich habhaft werden konnte, probierte ich.

Am besten schmecken Frauchens Gummistiefel, die ich mit einem gezackten Rand verziere, damit sie nicht so eintönig aussehen. Auch Jules neue italienische Flipflops, die ich kurzerhand kräftig kürze, sodass ihre rechte Ferse von nun an barfuß gehen kann, und Omas teure Sandaletten aus besonders feinem Leder, deren Riemchen ich ein bisschen häute, waren nicht übel. Nun bin ich auf der Suche nach anderen Kostbarkeiten, denn die Familie wird plötzlich so ekelhaft ordentlich und räumt die interessantesten Exemplare fort.

Das Herrchen streicht ein großes Blech mit einer appetitlich duftenden schwarzen Masse. Ich warte, bis er zum Abendessen im Haus verschwindet. Einsam lehnt das Blech am Baum und riecht so vor sich hin. Es glänzt feucht. Ich schlecke daran herum. Es schmeckt seltsam, aber nicht übel. Mein Frauchen ruft mich nun herein und weil ich mich darüber freue, lecke ich ihre Hand und hinterlasse eine schwarze Spur darauf. Sie beschnuppert misstrauisch ihre Hand und gleich darauf mein Schnäuzchen, denn die Sache kommt ihr spanisch vor.

Nun erkundigt sie sich bei ihrem Ehemann, ob er mit Teer gearbeitet habe. Der brummt etwas von Vorstreichfarbe und das diese wasserlöslich sei, wenn man sie gleich entfernt. Während sie versucht, mit einem nassen Tuch meine Schnauze zu putzen, ärgert sie sich laut über ihn, weil er doch wissen müsse, dass kleine Hunde neugierig wie Babys sind und alles in den Mund nehmen würden. Und ob er sein Sch...blech nicht gefälligst hätte hochstellen können?!

Das Herrchen schweigt dazu ein Loch in die Luft, denn er hat genug Arbeit und kann nicht nebenbei auf ihren kleinen Sch...köter aufpassen, der den ganzen Tag um ihn her wuselt.

Während sie in seinem Gedankenloch liest, wird sie noch wütender und mir wird schlecht. Ich kotze meinem Frauchen eine schwarze schleimige Brühe vor die Füße. Das hätte sie eigentlich vom Herrchen ablenken müssen. Aber sie kann – wie alle Frauen – beides: Die Brühe wegwischen und mit ihm schimpfen, weil ja nun nicht er die Schweinerei am Halse hat, sondern wieder einmal sie. Das ist eine Unrichtigkeit, denn ich habe auf den Boden gespuckt und nicht an ihren Hals. Aber das interessiert mich nicht, denn mir wird immer übler. Ich spucke und spucke. Mein Frauchen wischt und wischt. Sie sagt gar nichts mehr, sondern macht ein kummervolles Antlitz. Ich habe mich vergiftet wie Schneewittchen am Apfel. Das Herrchen aber spielt die Rolle der bösen Königin – und mit der bösen Königin betreibt sie keinerlei Konversation.

Ich zittere, obwohl mir heiß ist, und lehne mich an die kühle Haustür. Da befeuchtet sie mein Näschen und denkt über einen Tierarztbesuch nach. Ich kann Tierärzte nicht ausstehen. Außerdem habe ich alles ausgespuckt, sodass mein Frauchen der Meinung ist, dass mir der Magen nicht mehr ausgepumpt werden müsse. Sie schläft in dieser Nacht neben mir und lauscht auf jeden meiner Atemzüge, falls ich doch noch zur Tierklinik gebracht werden muss.

Um Mitternacht will ich hinaus und sie begleitet mich auf das reifbedeckte Feld. Ich lege mich auf die weiße Glitzerdecke und will nie mehr aufstehen, derweil mein armes Frauchen die Sterne am Nachthimmel anguckt. Nachdem ich vergiftet war, soll ich doch bitte nicht auch noch erfrieren!

Die Sterne sind kalt und fern und wenig hilfreich. Aber eine Katze streunt neugierig näher. Da kann ich keinesfalls liegen bleiben und sterben, denn ich will noch viele Katzen jagen. Ich stehe auf, etwas wackelig noch, aber auf jeden Fall erkennt die Miezekatze, dass es sich um einen lebenden Hund handelt und türmt. Ich will liebend gerne hinterher flitzen. Nach einigen Sprüngen glaube ich, dass Frauchen recht hat, wenn sie sanft spricht, ich solle lieber mit ihr nach Hause gehen. Langsam schlendern wir zurück und legen uns zu friedlicher Nachtruhe wieder hin.

Mit dem Herrchen meckert sie nicht mehr, denn er ist ein Hundemörder und nicht wert, dass man das Wort an ihn richtet.

*

Es ist verboten

... Katzen zu jagen!

Der Katzenbaron nebenan ist stolzer Eigentümer von acht Miezekatzen und deshalb ein potenzieller Hundehasser. Er besteht auf Leinenzwang für mich und meinesgleichen, derweil seine Katzenviecher den Singvögeln nachstellen. Das würde ein Hund niemals tun, außer dass er ab und zu die dicken Amseln ein bisschen aufmischt. Wenn der Baron sieht, dass ich einer Katze hinterher stürme, petzt er das sogleich meinem Frauchen, das inzwischen mit meiner schicken, roten Leine spazieren geht. Er kann nicht glauben, dass ich Katzen sehr liebe. Allerdings nur von hinten. Vorne sind sie zwar auch recht hübsch, aber da können sie auch stachelig werden. Bleibt die Mieze stehen und starrt mich an, ist eine Vollbremsung angebracht.

Hühner jagen ist ebenfalls verboten. Weil diese Sportart teuer werden kann für die Familie. Denn dieses Federvieh gehört zu den Nützlingen. Sie legen Eier und ergeben einen leckeren Braten, was ein Hundevieh nicht vermag.

An der kleinen Nachbarin hochzuspringen und ihr eine Schramme zu verpassen, ist ganz streng verboten, denn das kann zu einer Phobie führen. Früher sagte man einfach Schiss dazu. Weil das jedoch weder dramatisch noch wissenschaftlich klingt, entspricht es nicht mehr den Erfordernissen der modernen Gesellschaft. Deshalb spricht man vornehm Phobie. Es ist mit Sicherheit nur eine Frage der Zeit, bis dieses wohlklingende Wort zu einem Mädchennamen avanciert.

Quer über den Blumenhang zu toben, ist verboten. Der Anblick blühender Pflanzen ist ein Labsal für das gestresste Herrchen, was man von Hundepfoten nicht behaupten kann. Auch das Buddeln im Garten ist verboten und zieht ernsthafte Erziehungsmaßnahmen nach sich, indem das Herrchen mich anknurrt und wieder einmal mit einem Zwinger droht. Da erscheint es mir besser, seinem Wunsch nachzukommen.

Dafür gehen die Frauen mit mir täglich aufs Feld. Dort kann ich wie eine Verrückte nach Mäuschen graben und aussehen wie ein Erdferkel. Soll doch der Vater zusehen, wie er mit dem frechen Maulwurf, der seinen schönen Rasen unterhöhlt, fertig wird! Die Kira hätte das längst für ihn erledigt. Aber Garten ist Garten, da buddelt nur Herrchen. Und Feld ist Feld, da buddelt anstelle des LPG-Pfluges heutzutage das Hundevolk. So sind die Spielregeln.

Ferner ist es unerwünscht, das nagelneue weiche Schlafkörbchen in seine Bestandteile zu zerlegen, auch wenn man die einzelnen Schaumgummiteile viel gemütlicher findet. Zwar bringe ich mit meiner flockengeschmückten Schnauze meine beste Freundin Jule zum Lachen, aber mein Frauchen ist sauer.

Ein saures Frauchen hat man auch, wenn der Hund selbstständig die Futterlieferung, die der nette dpd-Bote vors Haus gestellt hat, auspackt und sich am teuren Pulver, das die Aufgabe hat, ein gesundes Wachstum zu unterstützen und eigentlich für ein halbes Jahr reichen soll, kugelrund frisst. Das Frauchen schaut mit entsetzten Augen auf meinen Kürbisbauch, der immer mehr anschwillt und weiß nicht, was sie mehr bedauern soll – das gefressene Futter oder den kleinen Hundefrischling. Nun hofft sie inständig, dass ich ihr weder ins Haus kotze noch platze.

Auch schreibt mein Frauchen ungern Entschuldigungsbriefe an den Nachbarn, weil ich der Sonntagsnachmittagsgesellschaft, die gerade gemütlich beim Kaffeetrinken sitzt, ein Häufchen direkt vor die Nase setze.

Die menschlichen Schlafräume oben im Haus aufzusuchen und dem Herrchen vors Bett zu kacken, ist verboten. Eigens zu diesem Zweck hat mein Frauchen ein Brett vor die unterste Treppenstufe gestellt. Dieses Brett kann niemand leiden.

---ENDE DER LESEPROBE---