Frauen über 50 – Ganz SCHÖN alt - Manuela Thoma-Adofo - E-Book
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Frauen über 50 – Ganz SCHÖN alt E-Book

Manuela Thoma-Adofo

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Beschreibung

Frauen über 50 sind welk, verbittert, nicht mehr konkurrenzfähig, leidlich attraktiv und verbissen auf der Suche nach Anerkennung des anderen Geschlechts? Weit gefehlt! Manuela Thoma-Adofo, die 2018 Miss 50plus Germany wurde, räumt mit Vorurteilen und Ansichten über das Leben nach der für Frauen oft magischen Schallgrenze von 50 Jahren auf. So erfährt man, dass das Leben von gestandenen Frauen nicht annähernd so trist oder eingefahren ist, wie es sich die ein oder der andere vorstellt. Mit ihrem Buch macht sie Mut, das Leben nach der großen 5 weniger kritisch und fatal zu betrachten, und vermittelt Freude auf das, was uns jenseits der Faltengrenze erwartet.

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Seitenzahl: 190

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Manuela Thoma-Adofo

Frauen über 50 – Ganz SCHÖN alt

Roman

Thoma-Adofo, Manuela: Frauen über 50. Ganz SCHÖN alt. Charles Verlag, 2021

Originalausgabe

ePub-eBook: ISBN 978-3-948486-50-1

Dieses Buch ist auch als Print erhältlich und kann über den Handel oder den Verlag bezogen werden.

Print-ISBN: 978-3-948486-48-8

Lektorat: Martin BlathUmschlaggestaltung: © Annelie Lamers, HamburgUmschlagmotiv: © Annelie Lamers, Hamburg

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Der Charles Verlag ist ein Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH,Hermannstal 119k, 22119 Hamburg _______________________________

© Charles Verlag, Hamburg 2021

Alle Rechte vorbehalten.

www.charlesverlag.de

Die Leiden der jungen M. oder der Beginn der Diät

Ich fühl mich fett und auch ganz kläglich,

bin heut mir selber unerträglich.

Ich schwabbel hier und fühl mich welk.

Es knarzt und knackt in dem Gebälk.

Bin frustig, launisch, fühl mich klein.

Dann hilft nur eins,

ich trink ’nen Wein.

Ist dann der Jammer nicht vorbei,

dann werden’s mehr, vielleicht auch drei.

Denn Alkohol mich heiter stimmt

oder frustriert, wie man’s halt nimmt.

Bin träge dann und fühl mich schlapper,

dann hilft nur eins, der Griff zum Grappa.

Erfasst mich nun der Schönheitswahn,

schau ich mal nach der Murmelbahn.

Denn nichts die Stimmung mir versaut,

wie Schenkel mit Orangenhaut.

Und wenn nix mehr zu retten ist,

dann hilft’s, wenn man Nutella frisst.

Nun bin ich blau und mir ist schlecht.

Ich mach mir grade gar nichts recht.

Wollt ich nicht heut’ beginn’ mit Fasten?

Ans Wunschgewicht heran mich tasten?

Doch im Gefrierfach – so ein Scheiß!

Find ich noch ein Vanilleeis.

Jetzt ist mir auch noch grässlich kalt.

Es hilft heut nix, ich fühl mich alt.

Doch morgen, ja, da fang ich an.

Mit Laufband, Hanteln und sodann

schlaf lächelnd ein. Und mir ist klar,

dann wird nichts sein, wie’s vorher war.

Dann werd ich fit und drall und knackig.

Den ganzen Tag am liebsten nackig.

Und sollt es wieder anders sein,

dann macht das nichts,

ich hab noch Wein.

aus »33 Grausamkeiten – (Alp-)Träume für jedermann«

Vorwort

»Warte mal ab!«

Ein Satz, den man meist ungefragt, dafür aber außer­ordentlich häufig hört. Vor allem, wenn es ums Altern geht.

Und mit jedem »Warte mal ab« läuft es darauf hinaus, dass künftig alles viel, viel schlimmer wird.

Die Antwort?

Alles Käse! Warte nicht ab. Wenn die einzige ­Prognose ist, auf das Knacken deiner Gelenke zu warten, entgeht Dir nämlich ein ganzer wunderbarer Reifeprozess. Schlechtes erwarten, heißt Schlechtes empfangen. Und wenn man ganz genau hinhört, kann man den Sand im Getriebe auch schon hören, wenn da noch alles prickelnd im Saft steht.

Natürlich lassen sich viele unangenehme Dinge im Leben nicht verhindern. Mit denen setzen wir uns auseinander. Eben dann, wenn sie eintreffen und nicht dann, wenn irgendeine Frauenzeitschrift oder eine demoralisierende Nachbarin dieses heranwachsende Debakel prognostiziert.

Meine Erfahrung ist, wenn man aufhört, über Unnötiges zu jammern, hat man mehr Energie fürs Genießen. Und das geht eigentlich immer. Ohne abzuwarten.

Was kommt, das kommt und heute wird gelebt!

In diesem Buch möchte ich darüber berichten, dass mein Leben im Speziellen und das Leben von Frauen um und über fünfzig im Allgemeinen überaus spannend und lebenswert ist. Geschichten aus der Perspektive Ü50. Immer augenzwinkernd, nie als General­auftrag. Nimm mit, was Du für Dich verwenden kannst. Und vergiss nie:

Wann, wenn nicht jetzt?

Ist ja nicht so, dass ich mich drauf gefreut hab

Ansichtssache

– Alles halb so schlimm

Mit jugendlichen siebzehn Jahren ging ich davon aus, dass ich ab dreißig nur noch leben werde, um etwaige Kinder groß zu kriegen. Mindesten zwei, höchstens vier. Mit zweiunddreißig Jahren hatte ich dann zwei davon, stand am Ende meiner Ehe und wusste, wie es klingt, wenn Lebensträume platzen.

Da stand ich nun, zweiunddreißig Jahre alt, zwei kleine Kinder, kein Mann mehr und zu allem Überfluss auch noch das erste und zweite graue Haar. Mein inneres jugendliches Alter Ego schüttelte den Kopf und hakte mein Leben als erwartete Herbststimmung ab. Was sollte jetzt noch kommen? Lebensglück sah anders aus.

Also zumindest im Fernsehen.

Das Glück schien irgendwie Angst zu haben vor Frauen, die sich versehentlich in den Elternbeirat des Kindergartens haben wählen lassen und nun alleine im Jogginganzug auf dem Sofa sitzen, Sex and the City gucken und dabei einen 500-ml-Becher Häagen Dazs auslöffeln.

Aber kaum hatten meine Tochter und mein Sohn das Interesse an Steckdosen und anderen kleinkindlichen Gefährdungen verloren, bemerkte ich, dass es für mich immer noch außerordentlich viel zu entdecken gab.

Also verlängerte ich meine mental gesetzte Frist für fröhliches Leben vorerst bis auf Weiteres.

Ab vierzig ging es mir dann – entgegen der Prognose, die ich als Teenager hatte – unerwartet und überraschend prächtig.

Ich zog nicht in Sack und Asche, mit dritten Zähnen und Tena Lady im Schritt zum Sitztanz.

Ich überlegte, warum ich in jungen Jahren mein Ü50–Ego so schrecklich unweiblich und negativ gesehen hatte, aber es fiel mir nicht mehr ein.

Kann am Alter liegen oder einfach an der gewonnenen Erkenntnis, dass es völlig wurscht ist.

Da ich mich mittlerweile schon recht weit in meiner zweiten Lebenshälfte befinde, habe ich keine Zeit mehr für so unnötige Gedanken. Aus meiner heutigen Perspektive würde ich auch nicht gerne wieder siebzehn sein.

Wir sind also quitt.

Und die beste Entscheidung war, mir an meinem Ü40- und nun auch Ü50–Hintern vorbeigehen zu lassen, was andere Menschen über mich denken. Ich genieße jeden Tag mehr als den davor. Zumindest gebe ich mir hierbei größte Mühe. Und am besten gelingt es mir, wenn ich nicht darüber grübele, wie alt ich bin und ob ich mich entsprechend verhalte.

Ich bin jetzt selbstbewusster denn je, fühle mich sexy, interessant und bin – an den meisten Tagen – unfassbar zufrieden mit mir. Und ich bin über fünfzig! Hurra!

Wie gesagt, es war nicht immer so.

Also so, dass ich mit Hinblick auf mein Alter Hosianna singend aus dem Bett springe und mich in den Alltag stürze. An schlechten Tagen dauert das Aus-dem-Bett-Springen heute tatsächlich deutlich länger als noch vor zehn oder zwanzig Jahren und Hosianna steht nur noch selten auf meiner Playlist.

Aber wenn ich erst mal draußen bin, habe ich Zeit, mich ausgiebig zu entfalten. Mein Gesicht. Meine Gelenke. Und nach einer Weile komme ich da an, wo ich sein mag. Ich bin zufrieden. Der Weg hierher – also nicht der aus dem Bett – war ein langer Prozess. Das Altern wird einem in der Regel nämlich stets mit Grausen präsentiert. Treppenlift. Krankheit. Verfall.

Das Lesevergnügen rutscht – folgt man den bösen Prognosen – von der Cosmopolitan über die Bäckerblume bis hin zum Sudoku der Apotheken Umschau.

Wer glaubt denn mit zwanzig daran, dass manche Dinge jenseits der vierzig, fünfzig oder auch sechzig viel besser sein können?

Das Genießen? Das Leben an sich? Der Sex? Und ganz einfach die allgemeine Zufriedenheit? Mit mir zufrieden zu sein, heißt nicht, dass ich mich jeden Tag wie Superwoman fühle. Mir schwindet im Alter ja nicht der Realitätssinn. Es heißt lediglich, dass ich mein Leben nicht an unmöglichen Wünschen oder anderer Leute Vorstellungen orientiere.

Kaum hatte ich diese Entscheidung für mich getroffen, rutschten Bäckerblume und Apotheken Umschau in weite Ferne. Und der Blick war frei auf ein geniales Leben als Frau über fünfzig.

Der große Schritt

– Dekaden-Wechsel

Große Dinge werfen ihre Schatten voraus. Bei großen Zahlen und runden Geburtstagen sind diese Schatten vermeintlich schon mal richtig finster.

»Wie lange hast du noch?«

Die Frage einer Bekannten klang so, als ob mir beim Gang zum Schafott nur noch wenige Meter blieben. Wie lange noch? Bis was? Bis ich anfange, meine Jahre rückwärts zu zählen, weil auf der anderen Seite die Zahlen kleiner werden?

Ich wollte mich nicht irremachen lassen. War ich doch über dieses »Altersding« ziemlich hinaus. Dachte ich. Und dennoch.

Wie lange hatte ich noch?

Es ist viel passiert in den vergangenen Jahren. Viele Menschen hatten mein Leben verlassen – im schlimmsten Fall sogar das ihre (nichts Besonderes, wenn man als Hospizhelferin tätig ist, sollte man meinen) und ein paar Menschen sind hinzugekommen.

Ich lebe mit Kind 1.0 und 2.0 in einem schönen Häuschen am Rande der Stadt und habe mein Familienleben vor einer Weile um eine Handvoll Menschen ergänzt.

Manche Dinge lassen sich ja nicht vermeiden. Sie lassen sich auch nicht ernsthaft verdrängen und lauern geradezu darauf, zu passieren. In diesem Fall, genau gesagt, über neunundvierzig Jahre lang.

Wenn jemand nach meinem Alter fragte, überlegte ich selten, ob ich nun lügen, aggressiv werden, lässig abwinken oder es einfach ignorieren sollte.

Es war für mich kein großes Thema.

Trotz aller Lässigkeit und dem Wissen, dass die Kerzen schon lange nicht mehr alle auf eine Torte passten, fühlte ich mich dieses Mal ein bisschen komisch.

Es würde mein fünfzigster Geburtstag sein.

Natürlich war mir klar, dass ich nicht über Nacht die Farbe wechseln würde oder schlagartig krater­tiefe Falten ins Gesicht gemeißelt bekäme. Auch würde keiner kommen und aus Sicherheitsgründen die Absätze meiner Highheels abbrechen. Niemand würde unaufgefordert einen gut geölten Rollator in den Flur stellen.

Es war einfach nur so eine große Zahl. Fünfzig. Halbvoll oder halbleer? An den meisten Tagen war es mir wurscht, an schlechten war mir eher nach randvoll. Aber Prosecco und Cocktails halten den Lauf der Zeit ja nun nachweislich auch nicht auf.

Wie machten es denn die anderen?

Meine ältere Schwester ist locker rübergerutscht. Aber die machte auch Yoga.

Mein Bruder war schon nervöser. Vielleicht hätte er es auch mit Yoga versuchen sollen.

Mein Freund hatte fünf Monate vor mir diese Schallgrenze überschritten, ohne sich wesentlich zu verändern, und bei einigen Bekannten änderte sich das Geburtsdatum und somit das Alter ohnehin quasi wöchentlich. Hier waren Aussagen eher unzuverlässig.

Während ich meinen Gedanken nachging, ­breitete meine Tochter lachend ein schwarz-rot-goldenes Band vor mir auf dem Schreibtisch aus. Genau genommen war es kein Band, sondern eine Schärpe.

»Mama, du warst bei einer Miss-Germany-Wahl?«

»Tja … Äh, ja. War ich!« Einen Moment überlegte ich, ob das nun rückwirkend meine Erziehung versaut, entschied mich aber dagegen. Die Wahl lag gute dreißig Jahre zurück. Das war Ausrede genug.

Tochterkind hatte das Relikt meiner Jugend im Keller gefunden. »3. Miss Germany 1986/87« war auf der Schärpe vermerkt. Lang, lang war’s her.

Wir sprachen kurz über die damalige Zeit, über Misswahlen und wie es seinerzeit war.

Dass wir es heute immer noch nicht mit dem Weltfrieden hingekriegt haben, obwohl jede zweite Miss offensichtlich danach strebte, ließen wir aus.

Dann legte sie meine Schärpe zurück in den Keller.

Während ich noch meinen Erinnerungen nachhing und die dazwischenliegenden Jahre zählte, kam sie wieder zu mir und brachte mich auf eine Idee, die meine Perspektive völlig verschieben sollte.

»Die Wahl gibt es übrigens auch für Senioren.«

Hatte sie da wirklich Senioren gesagt? War es schon so weit? »Also, es gibt da die Wahl zur Miss 50 plus Germany. Ist derselbe Veranstalter. Wäre doch was für dich, oder?«

Ich zuckte mit den Schultern. War das was für mich? Ich recherchierte im Internet. Tatsächlich. Miss 50plus. Veranstaltet von der Miss Germany Corporation. Genau wie meine Misswahl damals. Zwischen einer Tasse Kaffee und einem Glas Prosecco reifte die Idee. Nicht vor dem Unausweichlichen ausweichen, sondern es feiern. »Hurra, ich werde fünfzig!«

Nach einem weiteren Glas Prosecco konnte ich das schon beinahe laut sagen. Und es brauchte auch kein drittes mehr, bis ich das Formular ausgefüllt und die Bilder verschickt hatte. Ich würde daran teilnehmen. An der Wahl zur Miss 50plus Germany 2018. Party statt Panik!

Am 9. September war es dann soweit. Über Nacht verlor ich die Vier. Aber ansonsten verlor ich nichts. Selbstgebackener Kuchen, Umarmungen von meinen Lieben und das Happy Birthday-Gesinge klang genauso schräg wie in den Jahren zuvor. Sie würden es nicht mehr lernen, selbst wenn ich hundertzwanzig werden sollte.

Keiner nahm Maß oder pflanzte eine Eiche, um mir in naher Zukunft eine Holzkiste zu bauen. Keine plötzlich einsetzende Depression. Kein Hadern.

Wenige Wochen später erfuhr ich, dass ich bei der Endwahl zur Miss 50plus Germany dabei sein sollte.

Oha, brauchte es das nun noch? Ich hatte die Schallgrenze ja bereits ohne größere Schäden überstanden. Aber was soll’s, ich hatte mich beworben, wurde eingeladen und würde meinen Geburtstag dann halt noch mal auf der Bühne feiern. Umgeben von lauter anderen Frauen meiner 50er-Liga.

In der Nacht zum 26. November wusste ich, dass ich alles richtig gemacht hatte. Und während das Krönchen neben der Sieger-Schärpe auf meinem Hotelnachtkästchen glitzerte, war ich mir sicher, dass es kein spannenderes Alter geben konnte. Herzlich Willkommen in den 50ern. Das fängt ja klasse an!

Es lässt sich nicht aufhalten

– Keine Chance

In Zeiten, in denen nahezu alles käuflich zu erwerben ist, könnte man fast meinen, man könnte mit genügend gutem Willen und einem ordentlichen Lottogewinn auch das Rad der Zeit ein bisschen manipulieren. Aber sobald man drüber nachdenkt, steht zweifellos fest: Vergiss es! Keinen einzigen Tag kannst du dir kaufen. Nicht eine Minute! Kauf dir lieber einen ordentlichen Chianti und stoße auf die Zeit an, die du noch hast.

Wir werden alt! Zack! Nun ist es raus.

Und es gibt kein Entkommen. Wir alle werden älter. Du, ich, Opa, die Kassiererin vom Edeka, die Queen und der Papst. Jeden Tag, vierundzwanzig Stunden. Unabhängig von Jahreszeit und Sonneneinstrahlung. Ob es uns passt oder nicht. Bei allem Geld, aller Macht, die man haben könnte, ist diese Tatsache nicht zu ändern. Also sollten wir eines tun: Wir sollten uns nicht an dieser Kleinigkeit aufhalten.

Älter werden ist eigentlich auch gar nicht so schlimm, denn wenn man Glück hat, steigt mit jedem Tag der Reifegrad. Und ab einem gewissen Reifegrad sind so unerhebliche Dinge wie die Nachteile des Alterns zunehmend wurscht.

Man arrangiert sich und nutzt seine Zeit für Wichtigeres. Ich zum Beispiel hörte auf, mich über das erste, zweite und dritte graue Haar zu grämen. Ganz einfach, weil das Zählen der grauen Haare zu viel Zeit einnahm und ich davon ja nun nicht mehr unbegrenzt viel hatte.

Ich ging in die Drogerie oder zum Friseur und schon war der Ansatz entgraut.

Andere wiederum stellen fest, dass graue Strähnen gar nicht so übel aussehen, die lassen dann auch das mit der Drogerie sein.

Ab einem gewissen Alter erkennt man den Sympathiefaktor in Lachfältchen und das Interessante in einem Gesicht, das vom Leben geprägt ist. Nicht aus Verzweiflung, sondern weil es ganz einfach so ist.

Der Begriff »vom Leben gezeichnet« sagt da schon richtig viel aus. Heute fühle ich mich geradezu ständig vom Leben gezeichnet.

An manchen Tagen ein weichgezeichnetes Werk von Monet, an anderen eher Picasso. Je nach Laune, Schlafstunden und Gesamtverfassung, aber nie eine leere Leinwand.

Ist es nicht so, dass, wenn es um Schönheit geht, der Begriff »schön« viel zu oft mit »jung« verwechselt wird?

Der Schönheitskult wird an dem Standard der Jugend gemessen. Man will dann also gar nicht bloß schön aussehen, sondern jung.

Reif sein und jung aussehen. Innen fünfzig, außen vierundzwanzig. Ein Spagat, der kaum hinzukriegen ist. Streichen wir das »kaum«. Es haut einfach nicht hin!

Jugendlich, der Spannkraft einer blühenden Birke und nicht der Trägheit einer Weide gleichen? Ist das nicht ein fulminant großer Blödsinn?

Mit zwanzig war ich Birke, jetzt tendiert das Bindegewebe eher in Richtung Weide. Es ist so und es bringt nix, wenn ich meine Zweige mithilfe eines versierten Gärtners nach oben stecken lasse. Dann sehe ich nämlich aus wie eine sehr, sehr eigenartige Weide. Nicht schön, nur eigenartig.

Und seitdem ich das begriffen habe, fühle ich mich erwachsen. Nicht alt, nur erwachsen. Und Erwachsens­ein ist ganz schön sexy.

An dieser Frau stimmt alles

– Und sonst? Na und!

Es gibt Sätze, die können einem den Tag versauen (»Das mit der Diät wird nix mehr, oder?«), Freundschaften beenden (»Ja, klar hatte ich was mit deinem Ex, aber da wart ihr schon eine Woche auseinander.«) oder das Leben kosten (»Nee, den Lottoschein habe ich diese Woche vergessen. Echt unsere Zahlen?«)

Und es gibt Sätze, die einem sagen, »Du brauchst für den Rest deines Lebens keinen Therapeuten mehr.«

Der Artikel erschien in der Zeitung »Die Welt«. Und er war über eine halbe Seite groß. In der Mitte prangte ein Foto von mir in Siegerpose.

Wie immer, wenn ich einen dieser Artikel über mich sah, befand ich mich in einem Dilemma. Zum einen war ich tatsächlich ein bisschen verschämt und irritiert ob der Aufmerksamkeit und zum anderen hätte ich gerne jeden Passanten mit einer Kopie des Magazins versorgt. Ganz einfach, damit er es nicht verpasst.

In dicken Lettern stand über diesem Artikel der Satz, der mein Ego auf Lebenszeit mit Adrenalin und Endorphinen versorgte: »An dieser Frau stimmt einfach alles«.

Und er stammte von Wolfgang Bosbach.

Bosbach gehörte zur Jury, die mich gewählt hatte. Er war Rechtsanwalt, Politiker und in fast jeder aktuellen TV-Show vertreten. Außerdem hatte er die Miss­wahlen für sich entdeckt. Bei zahlreichen Jury-Teilnahmen hatte er wahrscheinlich mehr Frauen im Bikini gesehen als jeder Bademeister. Das heißt, der Mann hatte Ahnung.

»An dieser Frau stimmt einfach alles«, war das wirklich so? Ich wollte Bosbach ja nicht Lügen strafen oder Übertreibung unterstellen, und so nickte ich den Satz innerlich ab.

Bosbach hatte recht. An mir stimmt einfach alles.

Na ja, jedenfalls, wenn man es ganzheitlich betrachtet. Also nicht nur die positiven Seiten akzeptiert, sondern auch die Fehler und Schwachstellen als stimmig mit einbezieht.

Der Weg zu diesem Selbstbewusstsein war ja nun nicht gerade kurz und unsteinig. Über sich selbst zu behaupten, dass alles an einem stimme, klingt ja auf Anhieb reichlich überheblich.

Nobody is perfect. Und ich gleich mal gar nicht. Aber wenn es darum geht, dass ich mir selbst entspreche, passt es wieder. Ich bin unfassbar weit entfernt von jedem perfekten Ideal. Und noch viel weiter, um mich zu jeder Tages- und Nachtzeit für das Maß aller Dinge zu halten.

Auch wenn es mir nicht passt – mein Körper gibt sich der Schwerkraft und den Jahren hin. Na und?

Ich bin bei der Misswahl als Manu auf die Bühne gegangen und als Manu wieder runtergekommen. Jetzt allerdings mit Schärpe und Krönchen. Ansonsten hatte sich an mir nichts verändert. Ich wollte Spaß haben und hatte Spaß gehabt.

Um so wie auf dem Foto auszusehen, bedurfte es allerdings nicht nur eines Glätteeisens für die Haare. Ich brauchte an diesem Abend neben meinem Make-up auch noch eine gehörige Portion von »Na und?!« im Gemüt.

Die Nacht vor der Veranstaltung hatte ich kaum geschlafen, weil ich ständig mit meiner kranken Freundin geschrieben oder telefoniert hatte. Na und?

Ich wurde vom extra eingeflogenen Haare- und Make-up-Team übersehen und schminkte mich in der Küche des Veranstaltungsortes selbst, während meine Tochter mich zum ersten Mal frisierte. Na und?

Und – oder gerade deswegen – trug ich dieses große »Na und?« in mir. Das hier war schließlich kein Welt entscheidendes NATO-Treffen. Jede von den Teilnehmerinnen hatte die gleiche Chance. Natürlich bis auf die, die permanent das »Ich-muss-das-Ding-hier-unbedingt-gewinnen«-Charisma ausstrahlten oder bei den Hobbys »Selfies machen« und »Poledancen« angaben. So etwas ging immer daneben. Es ging um Show, um Spaß und darum, mal der kleinen Rampensau, die hin und wieder in einem schlummert, Ausgang zu gewähren. Wenn ich hier als Letztplatzierte von der Bühne gegangen wäre, na und?

Und so erzählte ich kurz aus meinem Leben und meiner Tätigkeit als Hospizhelferin. Eigentlich kein Glamour-Thema, aber na und? Es machte mich doch aus.

Das Abendkleid, welches mir eine befreundete brasilianische Designerin auf den Leib geschneidert hatte, glitzerte wild und wirkte aufregender, als ich dachte.

Ich hatte es bei der Anprobe im Laden und beim Vorführen während eines Familienfestes meiner Mutter, meinen Geschwistern, Nichten und Neffen gezeigt. Alle fanden es toll und passend. Zu keinem Zeitpunkt war zu ahnen, dass es sich im Scheinwerferlicht quasi in ein transparentes, schwarz glänzendes Nichts verwandeln könnte, aber na und?

Einige Mitbewerberinnen stellten sich als überaus sympathisch heraus, zwei oder drei brachten mich zum Fremdschämen. Na und?

»Na und?« steht für mich dafür, mich nicht am Urteil anderer zu orientieren. Das klingt natürlich ein bisschen eigenartig, wenn man gerade von einer Bühne kommt, auf der man von einer mehrköpfigen Jury beurteilt wurde. Aber das Urteil hat ja an mir selbst nichts geändert.

Ich kann nur das darstellen und sein, was ich bin. Ich werde niemals die dreißigjährige, 1,60 Meter große, blondgelockte Diva sein.

Egal, wie sehr ich es mir wünschen könnte. Ganz einfach, weil es nicht geht! Wenn das mein Ziel wäre, gute Nacht! Dann hätte ich nämlich nie die Chance, mit mir und meinem Äußeren glücklich zu sein. Ich würde permanent einem Ideal hinterherjagen, das ich auf keiner Ebene erreichen kann.

Das Beste aus dem zu machen, was ich habe und bin, das ist das einzige Ziel, welches mich zufrieden machen kann. Und erst, wenn ich mit mir zufrieden bin, kann ich das auch ausstrahlen. Und das wiederum ist es, was schön macht.

Ein schönes Lachen oder Lächeln stellt für mich jedes noch so glatt gebügelte Gesicht in den Schatten. Es sind doch nicht die 90-60-90, die schön machen (auch hier würde ein Viertel Meter zwischen mir und dem Glück stehen).

Maße, Zahlen und Erwartungen machen in der Regel nicht glücklich. Sie schaffen Ansprüche, die andere an einen stellen. Ziele, die man selbst gar nicht hat.

Es ist nicht jedem gegeben, groß, schlank und langhaarig zu sein. Warum auch? Klein, weiblich und fröhlich ist doch mindestens genauso schön. Vielleicht nicht für die Werbung, sondern für den jeweiligen Menschen.

Glaubt wirklich irgendeine echte Frau, dass ihr Mann, ihre Kinder, ihr Umfeld sie lieber mag, wenn sie aussieht, wie die Topmodels aus den Magazinen? Abgesehen davon, dass die nach eigenen Angaben nach dem Aufstehen selbst nicht aussehen wie Superstars.

Man sollte sein Glück nicht in einer unerreichbaren Optik suchen. Es sei denn, man hat wirklich Spaß daran, Geld, Zeit, Energie und Freude zu verschwenden.

In diesem Sinne hatte Bosbach völlig recht.

»An dieser Frau stimmt einfach alles.« Und wenn nicht, dann na und?

Schöner geht nicht?

– Keine für alle – eine aus vielen

Generalisierungen sollten suspekt sein. Wenn von »der schönsten aller Frauen«, »dem stärksten aller Männer«, »der fürsorglichsten aller Mütter«, »dem klügsten aller Wissenschaftler« oder »der blondesten aller Blondinen« gesprochen wird, können faktisch gar nicht alle gemeint oder betroffen sein. Denn das, was Gruppen, Gruppierungen, Geschlechter und Gesinnungen eint, sind meist nur marginale »Gleichheiten«. Danach ist oft schon Schluss mit »alle«. Vor allem, wenn nicht wirklich jede Frau, jeder Mann, jede Mutter, jede Blondine und jeder Wissenschaftler auf dem Prüfstand war. Und dieser Fall ist sehr unwahrscheinlich.

Ein paar Tage nach der Wahl wurde ich zum Frühstücks­fernsehen nach Berlin eingeladen. Livesendungen machen mich unfassbar nervös. Die halbe Nacht davor habe ich damit verbracht, mich zu der zu machen, die ich in der Sendung sein wollte. Ich habe meine immer dünner werdenden Haare in kleinen Strähnen aufgedreht. Mein Gesicht mit Peelings und Feuchtigkeitsmasken versorgt. Mir – warum auch immer – die Beine epiliert und mich darüber geärgert, dass ich nicht schlafen konnte.

Wie gesagt, Livesendungen regen mich unfassbar auf.

Als ich dann als schönste Frau über fünfzig angekündigt wurde, musste ich schlucken. Eigentlich war das doch Blödsinn.