Freelander - Miljenko Jergović - E-Book

Freelander E-Book

Miljenko Jergović

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Beschreibung

"Freelander" nimmt den Leser - wie schon der Roman "Buick Rivera" - mit auf eine rasante Fahrt. Der pensionierte Gymnasiallehrer für Geschichte Karlo Adum erhält ein Telegramm, das ihn zu einer Testamentseröffnung in seine Geburtsstadt Sarajevo zitiert. Widerwillig und eigens mit einer Pistole bewaffnet, verlässt er Zagreb und begibt sich auf eine abenteuerliche Reise. Je näher er in seinem treuen alten Volvo dem Ziel seiner Reise kommt, desto mehr Erinnerungen steigen in ihm auf: an seine hübsche, grausame "Mama Cica", die gern mit deutschen und italienischen Offizieren flirtete; an den verrückt gewordenen Vater; an die von der Ustascha erhängten Kommunisten vor der Kathedrale; an die Fahrt zum Meer in einem Bus mit geistig behinderten Kindern und an seine eigenen Verfehlungen in einer Welt voller nationaler Animositäten. Miljenko Jergović zeigt sich erneut als Sprachkünstler von fulminanter Erzählfreude. Inspiriert von der Landschaft, durch die die Reise geht, sinniert er mal melancholisch, mal urkomisch über die menschliche Dummheit und den Sinn des Lebens.

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Seitenzahl: 257

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Inhalt

[Cover]

Titel

Freelander

Dank

Autorenporträt

Übersetzerporträt

Über das Buch

Impressum

Freelander

Da sieht man, wie sich alles gegen einen kehrt!«, sagte Professor Karlo Adum, als der Postbote gehen wollte. Der hätte sich nur verabschieden brauchen, mit der Rechten wie ein Fähnrich a.D. an die Schläfe tippen und zum Aufzug drehen müssen, aber der Professor gab sich nicht geschlagen, sondern wiederholte die Formel zum dritten oder vierten Mal: »Da sieht man, wie sich alles gegen einen kehrt!«, und danach konnte der Postbote nicht fortgehen, sondern musste warten, bis die Zeit wieder reif war, bis sich Seufzer und Achselzucken aneinandergereiht hatten, Augenbrauen und Mundwinkel wenigstens drei Mal in die Höhe geschnellt waren, so wie alte Männer ihr Beileid bekunden oder die Neuigkeit von einem Tumor in der Prostata erzählen, der vielleicht keiner ist, die Ärzte haben ja keine Ahnung, trotzdem gehen die Augenbrauen hoch, wenn es ein Tumor ist und wenn der Tumor wächst und wenn es da unten auf- und wieder zugemacht wird, denn dafür gibt es keine Worte, und Worte lassen sich nur vermeiden, indem sich die Augenbrauen heben und senken, und wenn Augenbrauenzucken olympische Disziplin würde, wären unsere Leute Olympiasieger, vor allem die Bewohner der Hochhäuser in Novi Zagreb und unter denen wiederum vor allem die Rentner.

Der Postbote, der Adum seit gut fünfundzwanzig Jahren kannte, weil er seit fünfundzwanzig Jahren die Post in Zapruđe austrug, hatte ihm nie seinen Namen gesagt, und es interessierte Karlo Adum auch nicht. Falls ihm je der Gedanke gekommen sein sollte, dass dieser schnauzbärtige Mann aus dem Dorf Tržić, Vuk Karadžićs Geburtsort, einen Namen haben musste, hätte er es wohl für unanständig gehalten, ihn danach zu fragen. Vor allem nach 1990. Einem aus Tržić konnte die Frage nach seinem Namen nur unangenehm sein. Deswegen blieb der Postbote besser der Postbote, als den er ihn all die Jahre kannte, ihn und Ehefrau Štefa aus Križ sowie die drei Töchter Dubravka, Jadranka und Planinka, die er noch nie gesehen, von denen er aber gehört hatte, und zwar nicht nur vom Postboten, sondern auch von den Nachbarn, denen es nicht passte, dass der Postbote mit Štefa für zwei Monate wegen seiner Knieprobleme zur Kur ging und von einem Alkoholiker vertreten wurde, der jeden Brief falsch einwarf und sich damit herausredete, auf den Briefkästen stünden nicht die Namen der jetzigen Bewohner, sondern von Menschen, die 1968 hier eingezogen waren, manchmal sogar von Menschen, die hier nie gewohnt hatten, aber weil der Postbote auch so wusste, wo wer war, waren die Namen nicht notwendig; den eigenen Namen am Briefkasten empfanden die Leute als Gipfel der Indiskretion. Kehrte der Postbote jedoch nicht aus der Kur zurück, müsste er wegen der Knie in Frührente, dann wäre jeder Bewohner des Hochhauses gezwungen, seinen Nachnamen für alle sichtbar anzubringen. Davor grauste den Leuten. Herr Apostolovski aus dem zweiten Stock, ein pensionierter Arzt, der früher im Militärkrankenhaus gearbeitet hatte, bat auf der Hauptpost um die Adresse des Briefträgers für den Bezirk Zapruđe. Eine Beschwerde? Nein, keinesfalls! Also eine Indiskretion, bekam er zu hören. Lazari, der Taxifahrer, klapperte mit dem Auto auf der Suche nach dem Postboten und seiner Štefa an einem Wochenende sämtliche Kurbäder ab, um dem Mann alle erdenkliche Unterstützung der Bewohner des Hochhauses sowohl in medizinischer wie in jeder anderen Hinsicht anzubieten, auch jedwede finanzielle Unterstützung, damit er nur ja nicht die Erwerbsunfähigkeit beantragte. Natürlich fand er ihn nicht, denn der Postbote war in Bizovačke Toplice, und wie hätte er ihn da finden sollen, wo doch Apostolovski gesagt hatte, Bizovačke Toplice sei nicht für Knieprobleme. Am Ende kehrte der Postbote gesund und wie neugeboren zurück. Alle freuten sich. Auch Karlo Adum und seine Frau Ivanka, obwohl die Beschriftung ihres Briefkastens– Adum-Schwartzer– die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelte und sie nichts zu befürchten hatten, sollte eines Tages ein anderer Briefträger eingesetzt werden.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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