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Eine junge Frau wird tot im Schnee aufgefunden. Die Polizei geht von einer Selbsttötung aus, aber ein ehemaliger Kollege der Beamten glaubt nicht, daß sie sich das Leben genommen hat. Also macht er sich auf die Suche nach der Wahrheit und gerät dabei in die Abgründe der menschlichen Existenz.
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Seitenzahl: 110
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Pseudo Nym
Freitod im Morgenrot?
Ein Fall für Kommissar Zufall
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Kein Fall für Zwei
Die Alte
Totart
Selbstmord mit Aufsicht
Der Mixer
Impressum neobooks
Es war einer jener kalten Winterabende, an denen sich die meisten Menschen daheim in ihrer warmen Stube verkrochen hatten und sich vor dem Computer oder dem Fernseher fläzten. Andere Zeitgenossen befanden sich an der eiskalten, klaren sowie erfrischenden Luft und erfreuten sich dort an der klirrenden Kälte. Wieder andere Personen saßen in Theatern, Kinos, Konzertsälen oder Kneipen, um dort auf ihre Kosten zu kommen. Also entweder um unterhalten zu werden oder um sich selbst zu unterhalten. Reiner und Levina hatten sich in einem Restaurant getroffen, wo sie zusammen zu Abend speisten und sich danach noch ein wenig über dies und das unterhielten. Sie waren mal Arbeitskollegen bei der Polizei gewesen, zusammen auf Streife waren sie eine Weile lang sogar gegangen und deswegen war Reiner für Levina so etwas wie ein väterlicher Freund, den sie um Rat fragen konnte, wenn sie selbst nicht mehr weiter wußte oder bei dem sie sich einfach nur auskotzen konnte. "Sei froh, daß Du im Ruhestand bist, denn was bei uns mittlerweile abgeht, das ist unbeschreiblich", jammerte die junge Polizistin ihrem älteren ehemaligen Kollegen vor. "Was ist denn so schlimm?" wollte er mitfühlend wissen. Sie schaute ihn für einen Moment etwas geknickt schweigend an, bevor sie loslegte: "Überall diese Extremisten! Uns würden die ganzen Rechten und Linken aus unserem eigenen Land schon völlig genügen, aber da sind ja dann auch noch überall diese Salafisten, die immer mehr werden und einfach keine Ruhe geben wollen." "Ja, dieses Problem wird unseren Staat noch viele Jahre lang beschäftigen", pflichtete ihr Reiner bei. "Wieso kann man die nicht einfach ausweisen? Ich meine, die führen hier doch eh nichts Gutes im Schilde, akzeptieren unser Wertesystem und unsere Gesellschaftsordnung nicht und ich glaube kaum, daß diese Leute sonderlich viel zum Bruttosozialprodukt beitragen", mischte sich der Kellner, der gerade an ihren Tisch gekommen war, um die leeren Teller abzuholen, ungefragt ein. "Das sind auch Menschen und deswegen gelten für die genauso wie für uns alle die Menschenrechte. Abschieben können wir diese Leute leider nicht, weil ihnen in ihren Heimatländern Tod oder Verfolgung drohen würden", klärte der alte Ex-Polizist den ungebetenen Fragesteller auf. "Aber das ist doch völlig lächerlich! Natürlich will die keines ihrer Heimatländer zurückhaben, weil sie Terroristen sind und selbstverständlich werden sie dort verfolgt, weil sie auch die dortige Gesellschaftsordnung bekämpfen würden. Was ist denn das für ein beschissenes Argument?" echauffierte sich der Kellner und verschwand. "Wir leben hier nun mal in einem Rechtsstaat!" rief ihm Levina noch hinterher, doch der junge Mann schüttelte nur verständnislos und verärgert seinen Kopf, bevor er aus ihrem Blickwinkel verschwand. "Was gibt es denn Neues auf dem Revier? Irgendwelche Morde in den letzten Wochen?" erkundigte sich Reiner interessiert. "Nicht wirklich. Es gab da nur so einen Selbstmord von einer jungen Frau", erwähnte Levine. Ihr Gesprächspartner horchte auf. "Tatsächlich? Und worum ging es da genau?" "Ach, eigentlich nichts Spektakuläres, aber etwas ziemlich Tragisches. Eine 35jährige Mutter zweier kleiner Kinder hat sich das Leben genommen, indem sie sich in einer Kneipe vollaufen ließ und danach in den Schnee legte. Ihr wurde natürlich warm, weil sie so viel gesoffen hatte, sie zog einen Teil ihrer Klamotten aus, legte sich in den Schnee und schlief ein. Also alles ohne Fremdeinwirkung." "Seid Ihr Euch da auch ganz sicher? Außerdem solltest Du lieber Suizid statt Selbstmord sagen, denn es handelt sich dabei ja im juristischen Sinne um keinen Mord", belehrte er sie. "Wenn das so ist, dann kann ich das Ganze auch gleich Freitod nennen. Ja, wir sind uns ganz sicher. Die Frau war psychisch krank und litt immer wieder unter schweren Depressionen. Da steckt kein anderer Mensch dahinter", beteuerte Levina und sah ihn aufmerksam an. "Also gut, ich weiß ja, daß Ihr Profis seid und immer Euer Bestes gebt, deshalb will ich auch nicht an Eurem Urteil zweifeln. Aber hättest Du was dagegen, wenn ich trotzdem eigene Nachforschungen anstelle?" begehrte er zu wissen. "Du kannst tun und lassen was Du willst. Bist halt immer noch einer von uns. Ein Polizist im Unruhestand", fand sie und lächelte ihn an. "Was macht Ihr hier eigentlich jeden Monat?" forschte der Kellner, nachdem er ihnen neue Getränke auf den Tisch gestellt hatte. "Ach, im Grunde ist das hier so eine Art Supervision", antwortete die Polizistin. "Ach so. Aha. Ich weiß zwar nicht, was an einer Vision so super sein soll, aber egal. Es gab da doch mal einen berühmten Typen, der behauptet hat, wer Visionen hätte, solle besser zum Arzt gehen", fiel dem Getränkebringer ein. "Ja, aber eine Supervision ist keine Vision, sondern eher eine Reflexion", erklärte der ältere Herr. "Ich verstehe nur Wahn doof. Wie dem auch sei, unser Koch hat fast jeden Tag eine Suppenvision, denn er träumt davon, einmal die perfekte Suppe zu kreieren. Leider ist ihm das bisher noch nicht geglückt, aber irgendwann wird es ihm bestimmt gelingen", versprach der Kellner, bevor er sich wieder verzog. "Was für ein fürchterlicher Kerl, dieser Typ", urteilte Levine gnadenlos und rümpfte die Nase. "Allerdings. Aber der Koch hier ist einsame Klasse und dummerweise bildet er mit dem Kellner ein eingeschworenes Team. Das bedeutet, daß man, wenn man die hervorragenden Speisen hier genießen möchte, halt leider den schrecklichen Speisenträger ertragen muß", erläuterte der ehemalige Gesetzeshüter. Die Beiden plauderten noch eine Weile lang weiter, aber die Gedanken von Reiner hatten sich längst vom Gespräch abgewandt und beschäftigten sich bereits mit dem Fall, der seiner werden würde, weil ihn seine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen bereits zu den Akten gelegt hatten. Er war gespannt darauf und überzeugt davon, daß es kein Freitod im eigentlichen Sinne gewesen war. Woher er diese Überzeugung nahm, wußte er zwar selber nicht genau, aber trotzdem glaubte er fest an seine Intuition, gepaart mit einem kriminalistischen Spürsinn, der auch nach so vielen Jahren im Dienst nichts von seiner enormen Qualität verloren gehabt hatte.