Frühlingserwachen auf Gracewood Hall - Sandra Rehle - E-Book

Frühlingserwachen auf Gracewood Hall E-Book

Sandra Rehle

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Beschreibung

Du willst die große Liebe, aber bitte ohne Märchen? Und du hast genug von Dramen und den vielbeschworenen Bad Boys? Dann ist "Frühlingserwachen auf Gracewood Hall" genau das Richtige für dich! Tauche ein in die wundervolle Welt von Beddingsham. Sandra Rehle schreibt zeitgemäßige Liebesromane, für moderne und selbständige Frauen, die ihre Träume und Visionen leben (wollen). Sie schafft es eine Welt voller Entspannung, Humor und Wertschätzung zu kreieren, so dass du dich gut unterhalten UND inspiriert fühlst. Die junge Annie Taylor liebt ihr Leben hat große Pläne. Doch mit den ersten warmen Sonnenstrahlen zieht der Frühling auf Gracewood Hall ein und wirbelt alles gehörig durcheinander. Plötzlich sieht Annie ihren alten Freund Matt mit ganz anderen Augen. Und dann steht auch noch ihr Ex überraschend vor der Tür und bittet um eine zweite Chance.

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Sandra Rehle

Frühlingserwachen

auf

Gracewood Hall

 

Das Buch

 

Die junge Annie Taylor hat sich gut in ihrem Leben als alleinerziehende Mama eingerichtet. Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen zieht der Frühling auf Gracewood Hall ein und wirbelt alles gehörig durcheinander.

 

Plötzlich sieht Annie ihren alten Freund Matt mit ganz anderen Augen.

 

Und dann steht auch noch ihr Ex mit großen Plänen vor der Tür und bittet um eine zweite Chance.

 

Die Autorin

Sandra Rehle schreibt zeitgemäße Liebesromane, für moderne Frauen und Männer, die ihre Träume und Visionen leben (wollen). In ihrer Gracewood-Hall-Reihe kreiert sie eine Welt voller Entspannung, Humor und Wertschätzung, so dass du dich gut unterhalten UND inspiriert fühlst. Die Autorin lebt mit ihrer großen Liebe und den zwei gemeinsamen Kindern im wunderschönen Hamburg.

 

 

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet unter dnb.dnb.de abrufbar.

Impressum

 

Impressum

© 2019 Sandra Rehle, Minsbekweg 17,22399 Hamburg

[email protected]

Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand, Norderstedt

Covergestaltung: Sandra Rehle & Digitale PrePress GmbH, Ludwigshafen

Covermotiv: ©Shutterstock.de

ISBN: 978 - 3 - 7481 - 9018 - 9

Personenverzeichnis

 

Hauptpersonen

 

Annie Taylor, Matheass, alleinerziehende Mum von Poppy, arbeitet aushilfsweise auf Gracewood Hall

 

Matthew (Matt) Gardner, Stallbursche und “Mädchen” für alles, der für die Liebe seines Lebens nahezu alles tun würde

 

Mrs. Mildred Cuthbert, Haushälterin, Köchin und gute Seele des Hauses

 

Mr. Walter Cuthbert, ihr Mann und Forstwirt

 

Laura und Robert Taylor, Annies Eltern, wollen nur das Beste für ihre Tochter, sind sich aber manchmal uneins darüber was das genau ist

 

Edward Dunbar, Poppys treuloser Vater, der sich ändern möchte

 

Rebecca Hunter, umwerfende Brünette mit wenig Glück in der Liebe

 

Jess Slater, die beste Freundin von Annie und Mutter der kleinen Daisy

 

Connor McGregor, der beste Freund von Matt, mit einer großen Klappe und einem noch großeren Herzen

 

Bettina McCarthy, früher Betty Andrews, die gutaussehende Dorfschreckschraube

 

Michael O ҆ Brien, ein gutmütiger Pubbesitzer

 

Melinda Miller, genannt Mindy, will auf Gracewood

Hall heiraten und treibt Nigel an den Rand des Wahnsinns

 

Lauren Miller, Melindas geduldige und einfühlsame #Mutter

 

Familie Bedford 

Richard Bedford, Oberhaupt der Familie mit Wikingergenen

 

Vivien Bedford, seine Frau, erfolgreiche Künstlerin aus Louisiana mit ganz eigenen Vorstellungen von Traditionen und Kindererziehung

 

Nigel Bedford, ältester Sohn mit roten Haaren und einem eigenwilligen Kleidungsstil

 

Arthur Hayes, Nigels große Liebe, kümmert sich um die Besitzungen der Familie

 

Nora Parker, geborene Bedford, die Tochter, begnadete Sängerin, Mutter von Claire und Henry

 

Timothy (Tim) Parker, ihr Ehemann und liebender Vater von Claire und Henry, arbeitet im Londoner Finanzwesen

 

Nicholas (Nick) Bedford, das jüngste “Kind”, leidenschaftlicher Fotograf und Weltreisender mit viel Charme

Maxwell Thompson, Nigels Schulfreund aus Internatszeiten, ist praktisch auf Gracewood Hall aufgewachsen

 

Liz Sommer, lebhafte Bloggerin aus Deutschland

 

Kapitel 1

 

„Und Annie, hast du schon alles für Poppys Geburtstag beisammen?“, erkundigte sich Mrs. Cuthbert beim gemeinsamen Betten beziehen. Es war Mitte April und der Frühling hielt langsam Einzug auf Gracewood Hall.

„Mehr oder minder. Es werden ja deutlich mehr Erwachsene als Kinder kommen. Außer ihrer kleinen Freundin Daisy habe ich noch zwei Kinder aus der Krabbelgruppe eingeladen.“ Annie zuckte mit den Schultern und knöpfte den Kissenbezug zu. „Meine Mutter macht sich schon ganz verrückt. Schließlich ist an diesem Wochenende auch Ostern! Am liebsten würde sie eine schicke Dinnerparty daraus machen! Die halbe Nachbarschaft kommt sowieso schon.“ Annie verdrehte die Augen. „Als ob Poppy sich dafür interessieren würde!“

Mrs. Cuthbert lachte: „Naja, in ungefähr zwölf Jahren sieht das sicher anders aus!“

„Bestimmt, aber bis dahin halten wir uns an Schokokuchen und Papierschlangen.“ Energisch klopfte Annie das Kissen glatt und griff nach dem Nächsten.

„Keine Luftballons?“, wunderte sich Mrs. Cuthbert.

„Die sind auch aus Plastik“, erinnerte Annie sie.

Mrs. Cuthbert guckte ein wenig schuldbewusst. „Ach, stimmt. Ich bewundere dich, wie konsequent du das machst.“

„Einer muss ja anfangen nachhaltiger zu leben.“ Annie zuckte mit den Schultern. „Kommen Max und Liz eigentlich auch zum Osterfest?“, fragte sie dann. Maxwell und Liz hatten sich letztes Weihnachten auf Gracewood Hall kennen und lieben gelernt. Nigel und Arthur hatten sich mit der lebenslustigen Bloggerin Liz in ihrem letzten Urlaub angefreundet. Maxwell war ein alter Schulfreund von Nigel und gehörte schon fast zur Familie Bedford.

Mrs. Cuthbert schüttelte den Kopf: „Nein, sie meinten die Feiertage seien eine gute Gelegenheit, Zeit mit Liz Familie in Deutschland zu verbringen.“

„Dann ist es ihnen also ernst?“

„Soweit ich weiß, suchen sie wohl eine größere Wohnung in London...“ Schwungvoll streckte Mrs. Cuthbert ihre Arme nach oben, damit der Bettbezug über die Decke gleiten konnte. „Ich weiß gar nicht, wozu sie eine größere Wohnung brauchen. Mein Walter und ich haben es, gerade in der ersten Zeit, nie weit voneinander entfernt ausgehalten.“

„Tatsächlich?“, Annie wackelte mit den Augenbrauen und grinste.

„Was denn?“, wunderte sich Mrs. Cuthbert und griff nach dem nächsten Bettbezug. „Das wird ja wohl heutzutage nicht anders sein!“

„Mich brauchen Sie da nicht so fragend angucken!“, rief Annie. „Meine Erfahrungen sind mehr als übersichtlich. Dass ich ein Kind habe, heißt noch gar nichts!“ Wieder half Annie beim Beziehen der Decke.

„Ach Mädchen, deine Zeit kommt schon noch!“ Mrs. Cuthbert sah sie mitfühlend an. Auch wenn man es Annie nicht anmerkte, mit 22 Mutter zu werden, war nicht ihr ursprünglicher Plan gewesen. Zusätzlich hatte sie der Vater des Kindes mit der Verantwortung allein gelassen. Also hatte sie ihr Studium unterbrochen und war zurück zu ihren Eltern nach Beddingsham gezogen. Seither arbeitete Annie aushilfsweise im Herrenhaus, während ihre Mutter auf Poppy aufpasste. Annie schüttelte lachend den Kopf.

„Sie brauchen sich um mich keine Gedanken machen! Ich vermisse das gar nicht.“ Sie holte die Tagesdecke und gemeinsam legten sie sie über das Bett. Den fragenden Blick von Mrs. Cuthbert bemerkte sie nicht.

„Außerdem habe ich überhaupt keine Zeit mir den Kopf verdrehen zu lassen. Schließlich habe ich Pläne!“ Annie griff nach zwei kleinen Kissen und warf sie schwungvoll in die Mitte des Bettes. „Die hat Liz sicherlich auch und daher braucht sie ihr eigenes Arbeitszimmer!“

„Da wirst du recht haben!“ Mrs. Cuthbert ließ einen letzten, prüfenden Blick durch das Zimmer schweifen. „Es geht mich ja auch überhaupt nichts an.“

„Mrs. Cuthbert, niemand würde je auf die Idee kommen, Sie würden tratschen!“

„Weil es nicht so ist“, bestätigte die Haushälterin und öffnete die Tür zum nächsten Schlafzimmer. „Jetzt erzähl, was machen deine Pläne?“

„Ach, es wird großartig! Seit gestern weiß ich, dass ich für Poppy ab August einen Platz im Kindergarten haben werde!“ Schwungvoll stellte Annie ihren Korb ab.

„Das sind gute Neuigkeiten!“, freute sich Mrs. Cuthbert. „Das ging jetzt doch schneller als gedacht!“

„Ja, nicht wahr? Ich stand auf der Warteliste für die Vorzugsplätze. Alleinerziehend zu sein hat anscheinend auch Vorteile!“ Annie grinste schief. Mrs. Cuthbert schnaubte nur, während sie begann die Bezüge aufzuknöpfen.

„Ach Mrs. Cuthbert, ich freu mich so. Ich dachte, ich müsse noch ein Jahr länger warten. Aber nun kann ich schon früher zurück an die Uni.“ Annie drehte sich einmal schwungvoll um sich selbst und die Tagesdecke wirbelte wie ein Ballkleid um sie herum. Mrs. Cuthbert schüttelte grinsend den Kopf und stülpte den Bezug über das erste Kissen. „Kannst du dein Studium denn genau so wieder aufnehmen?“

„Das steht noch nicht hundertprozentig fest. Da spielen noch so viele Faktoren rein.“ Annie zuckte mit den Achseln. „Ich muss sehen, wie flexibel die Stundenpläne sind, ob ich eventuell in Teilzeit studieren kann, wie viele Punkte ich machen muss und so weiter.“

„Und was wird mit der Arbeit hier?“

„Naja, ich brauche das Geld. Also werde ich wohl versuchen, alles unter einen Hut zu kriegen.“ Annie verschloss die Knopfleiste. „Die Bewerbungsphase ist im Sommer und das Semester beginnt erst im Oktober. Bis dahin habe ich noch genug Zeit mir einen Schlachtplan zurechtzulegen.“ Zuversichtlich klopfte sie das Kissen auf.

 

***

 

Matthew Gardner war gerade mit dem Ausmisten der Ställe fertig geworden. Es war der erste schöne Tag seit Wochen und die Pferde waren auf der Koppel. So beschloss er spontan, dem Stall einen großen Frühjahrsputz zu gönnen. Im Laufe des Winters hatte sich in allen Ecken ordentlich Staub angesammelt. Nachdem er jeden Winkel gefegt hatte, holte er den Hochleistungsreiniger aus dem Schrank. Den Reiniger konnte er nicht einsetzen, wenn die Tiere im Stall waren. Auch er mochte den Lärm nicht sonderlich. Aber damit schaffte er es, das ganze Gebäude an einem Tag zu reinigen, denn selbst die Fenster bekam er mit dem Gerät sauber. Energisch setzte Matt sich den Gehörschutz auf. Das Schöne am Putzen war, dass man dabei seine Gedanken schweifen lassen konnte und am Ende hatte man das Resultat seiner Arbeit direkt vor Augen.

Poppys zweiter Geburtstag stand vor der Tür. Er hatte schon das perfekte Geschenk! Im Internet hatte er tolle Sortierspiele gesehen und sofort nachgebaut. Es war genau das Richtige!

Unglaublich, dass es schon zwei Jahre her war, dass er Annie zufällig ins Krankenhaus gefahren hatte. Er hatte die Zäune der äußeren Koppel repariert, als sie hochschwanger um die Ecke stapfte. Matt waren fast die Augen ausgefallen, als er sie sah. Schon etliche Male hatte er ihr gesagt, sie solle nicht so weite Strecken alleine laufen. Aber sie wollte ja nicht hören. Er fand es unverantwortlich von ihr. Das hatte er ihr natürlich auch diesmal gesagt!

„Das geht dich gar nichts an!“, hatte Annie patzig erwidert. Und dann war ihre Fruchtblase geplatzt!

Er hatte sie in seinen Wagen verfrachtet und ins Krankenhaus gefahren. Auf der Entbindungsstation war sofort hektische Betriebsamkeit ausgebrochen, denn Annie hatte bereits heftige Wehen gehabt. Eigentlich hatte er unauffällig verschwinden wollen, aber sie hatte einfach nicht seine Hand losgelassen. Die Hebamme hatte ihn sowieso für den Kindsvater gehalten und so war er unversehens bei dem größten Wunder seines Lebens dabei gewesen.

Poppy hatte es ziemlich eilig gehabt auf die Welt zu kommen. Mit ihrem knallroten Gesicht und dem dichten schwarzen Haar hatte sie wie eine kleine Mohnblüte ausgesehen, eben wie eine kleine Poppy. Matthew seufzte wieder, er hatte sich sofort und unsterblich in die Kleine verliebt.

 

***

 

Auch Laura Taylor nutzte das milde Wetter zum Großreinemachen. Sie hatte schon die erste Ladung Wäsche in dem kleinen Reihenhausgarten aufgehangen, nun putzte sie die Fenster im Erdgeschoss. Laura genoss die milde Frühlingsluft, die hereinwehte. Währenddessen wuselte ihre fast zweijährige Enkeltochter um sie herum. Poppy war ein ruhiges Kind, das sich fast von Anfang an immer gern mit sich beschäftigt hatte. Ein wenig erinnerte Poppy sie an ihren Mann Robert. Auch der liebte es, still zu sitzen und die Welt um sich herum zu betrachten. Gerade untersuchte die Kleine einen ihrer Holzbausteine. Dieser hatte innen ein Prisma und warf durch den Sonnenschein bunte Lichtflecken auf den Fußboden. Der Anblick der versunkenen Kleinen ließ Laura lächeln und gleich darauf seufzen. Sie hatte sich für ihre Tochter ein leichteres, sorgloseres Leben gewünscht. Annie sollte nicht wie sie selbst zehn bis zwölf Stunden-Schichten im Krankenhaus schieben oder wie ihr Vater von früh bis spät nach anderer Leute Pfeife tanzen müssen.

Auf einmal warf Poppy ihren Baustein in die Ecke und zupfte ihrer Oma am Hosenbein. „Na, mein Schatz, hast du Hunger?“ Laura legte den Lappen aus der Hand und beugte sich zu ihrer Enkeltochter herunter. Die Süße sah sie strahlend an. „Unga!“, sagte sie und streckte die Arme nach Laura aus.

„Na, dann werden wir uns etwas Feines machen!“ Laura nahm ihre Enkeltochter hoch. „Das Putzzeug räumt Oma weg, wenn du dein Schläfchen machst.“ Wie zur Bestätigung kuschelte sich Poppy an sie und legte ihren Kopf auf ihre Schulter.

„Ach meine Süße, Oma hat dich lieb!“ Mit dem Kind auf dem Arm ging Laura in die Küche, um die Reste vom gestrigen Dinner aufzuwärmen.

 

***

 

„Also wann kommt nochmal die Braut?“, fragte Nigel Bedford seinen Lebensgefährten Arthur. Beide saßen in Arthurs Arbeitszimmer und sprachen die anstehenden Aufgaben der Woche durch. Es war fast zwei Jahre her, dass Nigel die Idee hatte, das Herrenhaus seiner Familie für Veranstaltungen zu vermieten. Denn es war immer schwieriger geworden, das Haus allein durch den umliegenden Wald und dessen Nutzung für die Holzwirtschaft zu erhalten. Vorher hatten beide bereits Lehraufträge an der Universität angenommen, was aber dauerhaft keine zufriedenstellende Lösung gewesen war.

„Morgen um 11 Uhr. Den Termin wirst du aber allein machen müssen, da bin ich unterwegs“, antworte Arthur und blätterte dabei durch den Kalender.

„Irgendwelche Sonderwünsche von denen ich wissen muss?“ Nigel tippte auf seinem Smartphone herum.

„Das kann ich dir nicht sagen. Die Braut heißt Mindy Miller, mehr weiß ich nicht. Sie schien irgendwie abgelenkt.“ Arthur zuckte mit den Achseln. „Am Donnerstag kommt Katie Webster, gemeinsam mit ihrem Verlobten. Ihr Termin steht wohl schon fest, sie wollen am 2. September heiraten.“

„Gut, ist notiert. Was ist mit Ostern? Brauchen wir noch irgendwelche Geschenke für die Kinder?“ Nigel schaute hoch.

Arthur schüttelte den Kopf. „Soweit ich weiß, wollte deine Mutter sich um die Geschenke für Claire und Henry kümmern. Sie wollten übermorgen aus Berlin wieder zurück sein.“

„Es ist so unglaublich, was Liz Blogbeiträge alles bewirkt haben!“ Nigel strahlte. „Wir haben viel mehr Anfragen und dass Mum jetzt auch noch eine Ausstellung in Deutschland bekommen wird, damit hätte ich nie gerechnet!“

„Das ist ja noch nicht alles, was Liz bewirkt hat!“

„Keine Sorge, ich vergesse schon nicht, dass sie es war, die Max aus seinem emotionalen Eisloch geholt hat!“ Nigel seufzte tief. „Es wäre so wundervoll, wenn wir ihre Hochzeit hier auf Gracewood feiern würden!“

Arthur lachte. „Immer langsam Schatz! Seit Weihnachten sind gerade mal vier Monate vergangen. Andere Paare heiraten erst nach Jahren.“

„Ach was!“ Nigel wischte Arthurs Einwand beiseite. „Die Zwei sind füreinander bestimmt. Das sieht ein Blinder! Seinem Schicksal kann man sich nicht entziehen“, sagte er entschieden und schaute Arthur auffordernd an „oder hast du vergessen, wie schnell das bei uns damals ging?!“

Arthur lächelte und rückte näher an Nigel heran. „Wie könnte ich das vergessen?“, sagte er und schaute ihm tief in seine blaugrünen Augen. „Du bist die Liebe meines Lebens. Mit dir möchte ich steinalt werden.“ Zärtlich griff Arthur nach Nigels Hand und küsste ihn sacht.

Nigel seufzte abermals und lehnte sich an Arthur. „Aber du musst zugeben, dass es ganz wundervoll wäre, wenn Max und Liz hier auf Gracewood heiraten würden.“

„Ja, das wäre es!“, stimmte Arthur ihm lächelnd zu. Er drückte Nigel einen Kuss aufs Haar. „Aber bis es soweit ist, üben wir mit Mindy Miller!“

„Sie heißt nicht wirklich Mindy Miller, oder?“, Nigel konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen.

„Sei nicht so!“, entgegnete Arthur, musste aber unwillkürlich ebenfalls schmunzeln. „Keiner kann etwas für seinen Namen. Sie ist bestimmt sehr nett! Außerdem wird sie bald einen anderen Nachnamen haben.“ Wie immer versuchte Arthur, in allem das Gute zu sehen. Sein Respekt und seine Liebe für alle Menschen waren Teil seiner Persönlichkeit. Es war diese Eigenschaft, in die Nigel sich als Allererstes verliebt hatte. Er bewunderte Arthur für sein aufrichtiges Interesse und Mitgefühl, das dieser jedem den er traf, entgegenbrachte. Dennoch konnte er sich ab und zu eine kleine Lästerattacke nicht verkneifen.

„Bestimmt!“, sagte Nigel daher und grinste noch breiter. Arthur schüttelte nur nachsichtig den Kopf. „Du weißt, dass wir jeden Auftrag brauchen, den wir kriegen können“, erinnerte er Nigel sanft.

„Und du weißt, dass ich diese Hochzeiten wirklich will.“ Nigel sah Arthur in die Augen. „Ich bin ein Profi. Ich werde jeder Braut alle Wünsche von den Augen ablesen, weil es mir Spaß macht und weil es hilft Gracewood Hall zu behalten.“

Arthur lächelte Nigel warm an und gab ihm einen leichten Kuss. „Sollen wir weitermachen?“

Nigel nickte.

„Ich habe überlegt, eine Nacht länger in London zu bleiben und deine Eltern vom Flughafen abzuholen.“

„Das ist eine gute Idee. Darüber freuen sie sich bestimmt. Außerdem hättest du dann noch Zeit meine Hemden vom Schneider zu holen“, freute sich Nigel.

Arthur musste lachen. „Wusste ich es doch, dass dir meine Idee gefallen würde! Brauchst du sonst noch etwas?“

 

***

 

Es war bereits Mittag, als Matthew die Putzmittel wegräumte. Während er sich zufrieden in dem nun deutlich sauberen Stallgebäude umschaute, bemerkte er, wie hungrig er in der Zwischenzeit geworden war. Matt beschloss, bei Mrs. Cuthbert vorbei zu schauen. Sie hatte immer irgendeine Köstlichkeit parat. Ganz in Gedanken nahm er die Ecke des Gewächshauses besonders eng und prallte unversehens gegen Annie. Er fing den Wäschekorb auf, bevor er ihr runterfallen konnte.

„Ann! Was machst du denn hier?“, rief er aus. „Musst du nicht längst zu Hause sein?“

„Ja, und solltest du nicht bei den Pferden sein?“, erwiderte Annie grummelig, auch sie hatte nicht mit ihm gerechnet.

„Entschuldige bitte, ich habe mich nur erschrocken!“, gab Matt zurück. „Aber normalerweise bist du um diese Uhrzeit wirklich auf dem Heimweg“, fügte er hinzu.

„Wenn du noch länger im Weg rumstehst, komme ich tatsächlich zu spät, um meine Ma abzulösen.“

„Ich helfe dir“, sagte er.

„Danke, das ist nett von dir!“

„Nett? Na, vielen Dank auch! Nett ist die kleine Schwester von...“, spöttelte Matt, aber Annie unterbrach ihn lachend.

„Du weißt genau, wie ich das meine!“ Sie überholte ihn und öffnete die Tür zum Trockenraum. Es war ein altes Gewächshaus, das er selbst umgebaut hatte, um dort auch bei schlechtem Wetter Wäsche energiesparend trocknen zu können.

Matt stellte den Korb ab und zog das erste Bettlaken hervor. Annie tat es ihm gleich. „Ann, was hältst du davon, wenn ich Poppy in den nächsten Tagen mit zu den Lämmern nehme? Ich weiß doch, wie gern sie Tiere mag und das Wetter soll sich halten“, fuhr Matt fort.

„Das musst du nicht machen.“

„Weiß ich doch. Aber ich bin gern mit Poppy zusammen. Ich mag die Süße. Außerdem dachte ich, dass du auch mal wieder einen freien Tag gebrauchen könntest.“

„Dann heißt das also, dass du mal wieder nur Zeit mit meiner Tochter verbringen willst!“, erwiderte Annie prompt und ihre Augen blitzten herausfordernd.

„Du kannst uns sehr gern begleiten. Ich würde mich freuen.“ Er blickte sie offen an und zwinkerte. „Wenn du allerdings etwas zu erledigen hast, dann verstehe ich das sehr gut.“

Annie rang mit sich, einerseits wäre ein wenig freie Zeit verlockend, andererseits würde sie gern sehen, wie Poppy auf die kleinen Lämmer reagierte. Sie befestigte das letzte Wäschestück an der Leine. „Ich gebe dir Bescheid“, sagte sie und bückte sich nach dem Korb.

„Ich freue mich drauf.“ Matt lächelte wieder.

„Danke für deine Hilfe! Ich muss jetzt wirklich los.“ Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln. „Sehen wir uns nachher noch?“

„Bestimmt, aber ich muss dringend einkaufen.“ Matt schloss die Tür und sah ihr hinterher. Wie gern würde er ihr öfter helfen!

 

***

 

Eilig radelte Annie den Hügel ins Dorf hinab. Wenn Matt nicht gewesen wäre, würde sie wirklich zu spät kommen und ihre Mutter auch. Ein schneller Blick auf ihre Armbanduhr verriet ihr, dass sie noch drei Minuten hatte. Also trat sie fester in die Pedale. Sie begann zu schwitzen, aber ihr blieb keine Zeit sich vom Schal zu befreien oder den Mantel aufzuknöpfen. In ihrer Hast sah sie weder, dass die Bäume zu blühen begonnen hatten, noch nahm sie den köstlichen Duft des Frühlings wahr. Die alte Uhr am Marktplatz zeigte 12.44 Uhr an. Sie hatte noch eine Minute, dann musste ihre Mutter los, um ihre Spätschicht im Krankenhaus anzutreten. Annie nahm die nächste Kurve haarscharf und bog falsch in die Einbahnstraße ein. Gott sei Dank war Beddingsham nicht so groß. So kam ihr auch diesmal bei dem gewagten Manöver kein Auto entgegen. Anderthalb Minuten später blieb sie mit quietschenden Bremsen stehen. „Bin da!“, keuchte sie, als sie ihre Mutter fertig angezogen in der offenen Tür stehen sah.

„Endlich!“ Genervt drückte Laura ihr das Babyphone in die Hand und rannte los zum Bus.

„Entschuldige!“, rief Annie ihr keuchend hinterher. Laura winkte ohne zurückzublicken ab und rannte weiter. Während Annie ihr hinterher sah, zerrte sie sich den Schal vom Hals und legte ihn zusammen mit dem Babyphone in ihren Fahrradkorb. Ihr Mantel wanderte direkt hinterher. Deutlich entspannter schob sie ihr Rad in den Garten und schloss es an. Sie musste wirklich pünktlicher Feierabend machen! Sie hatten ein solches Glück, dass die Klinikleitung ihrer Mutter so verständnisvoll war und ihre Wünsche bei der Planung der Dienste berücksichtigte. Annie kramte ihr Handy hervor und schrieb ihrer Mutter eine Nachricht.

Im Haus angekommen, hatte sich ihr Atem bereits wieder normalisiert. Eine gute Sache hatten diese rasanten Fahrten zwischen ihrem Zuhause und dem Herrenhaus, sie war nach der Schwangerschaft wieder recht gut in Form. Ein Blick in den Flurspiegel zeigte ihr eine junge Frau mit geröteten Wangen und wachem Blick. Seit Poppys Geburt war sie nicht sehr oft dazugekommen, zum Friseur zu gehen und ihre schwarzen Locken waren länger denn je. Gut, ein paar Pölsterchen waren an Bauch und Po noch zu erkennen, aber die würden auch noch verschwinden. Auch wenn sie ihr nicht unbedingt gefielen, machte Annie sich deshalb keine großen Sorgen. Aktuell war eben kaum Zeit für Sport. Sie zuckte mit den Schultern und zog endlich ihre Schuhe aus.

Auch wenn ihr das Babyphone anzeigte, dass ihre Tochter noch schlief, schlich sie auf leisen Sohlen in ihr Zimmer, um einen Blick auf die süße Maus zu werfen. Vorsichtig schob Annie die Tür einen Spalt auf und lugte hinein. Poppy lag gemütlich eingemummelt in ihrem Kinderbett und schnuffelte ein wenig. Im Zimmer war es frisch, ihre Mutter hatte das Fenster geöffnet. Das erklärte auch, warum die Zuckerschnute noch schlief. Als sie ganz klein gewesen war, hatte sie stundenlang im Kinderwagen draußen im Garten geschlafen. Annie seufzte leise, als sie spürte wie die Liebe zu ihrer Tochter in ihr aufwallte. Mittlerweile war ihr so egal, unter welchen Umständen Poppy in ihr Leben getreten war. Dieses Kind war ein Geschenk!

Ebenso leise wie sie gekommen war, ging Annie in die Küche hinunter. Geschenk hin oder her, die Chance in Ruhe einen Kaffee trinken zu können, wollte sie sich nicht entgehen lassen. Dabei könnte sie auch noch mal auf der Homepage der Uni schauen, ob sich nicht noch ein paar offene Fragen klären ließen.

 

***

 

Völlig abgehetzt ließ sich Laura auf einen Platz im Bus fallen. Immer noch genervt pellte sie sich aus ihren verschiedenen Kleidungsschichten. Auch wenn die vielbeschriebenen Hitzewallungen noch auf sich warten ließen, für solch eine Hetze war sie wirklich zu alt! Ausgerechnet heute war ihr alter Mini in der Werkstatt. Leider ließ der sie in letzter Zeit öfter im Stich. Laura schloss die Augen und sandte ein Stoßgebet zum Himmel, dass er ihr noch eine Weile erhalten bliebe und die Werkstattrechnung milde ausfallen möge. Dabei kramte sie in ihrer Tasche nach ihrem Wasser und nahm einen großen Schluck. Langsam beruhigte sich ihr Atem wieder und sie schwitzte nicht mehr so. Wenigstens musste sie sich im Krankenhaus sowieso umziehen. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, so erhitzt im Büro sitzen zu müssen. Manchmal hatte das Schwesterndasein doch Vorteile.

Ihr Handy brummte. Annie hatte ihr eine Nachricht geschickt.

 

"SORRY! xoxoxo"

 

Laura schüttelte nachsichtig lächelnd den Kopf. Sie hatte den Bus ja noch gekriegt. Sie sandte Küsse zurück und steckte das Handy entschlossen weg. Sie wollte jetzt noch nicht an die Arbeit denken. Dafür war nachher noch genug Zeit. Lieber guckte sie aus dem Fenster oder ging noch einmal die Vorbereitungen für Poppys zweiten Geburtstag durch. Energisch holte sie ihren Kalender aus der Tasche und schlug ihn auf.

 

***

 

Robert Taylor warf einen Blick auf die Uhr. Er würde sich einen Tee holen und versuchen wenigstens einen Teil der Rechnungen zu verbuchen, die sich auf seinem Schreibtisch türmten. Wie so oft, war für den Nachmittag noch ein Meeting geplant. Wie immer sollten die Umsätze gesteigert werden. Warum er als einfacher Buchhalter dabei sein sollte, wusste er beim besten Willen nicht. Es war nicht so, dass er seinen Job nicht mochte. Ganz im Gegenteil, das korrekte Verbuchen von Zahlen kam seinem ruhigen Naturell entgegen. Aber auch er war nur ein Mensch und würde sich über ein wenig Anerkennung von seinem Chef freuen.

Daher hatte er Annie immer dazu angehalten, stets ihr Bestes zu geben. Sie sollte einen guten Beruf erlernen, um unabhängig sein zu können. Da seine Tochter ein Mathe-Ass war, verwunderte es keinen, dass sie sich an der Uni für International Business and Management eingeschrieben hatte. Alles war super gelaufen, bis sie plötzlich mitten im fünften Semester vor ihrer Tür gestanden hatte, sehr traurig und sehr schwanger.

Robert schnaubte. Mehr als seinen Vornamen hatte sie ihnen nicht verraten und dass er von dem Kind wusste, aber augenscheinlich nichts mit ihnen zu tun haben wollte. Über das mangelnde Verantwortungsgefühl des jungen Mannes konnte er wirklich nur den Kopf schütteln. Aber egal wie er es drehte und wendete, seine Tochter war genauso beteiligt gewesen.

Er richtete sich auf und atmete tief durch. Vielleicht war es sogar ein Segen, dass er sie sitzen gelassen hatte, sonst müssten sie sich jetzt mit ihm herumschlagen.

„Robert?“ Sein langjähriger Kollege Martin hatte an den Türrahmen geklopft. „Wollen wir uns noch einen Tee holen, bevor wir los müssen?“

„Gerne.“ Robert stand auf. „Ich komme.“

 

***

 

Der Rechner war gerade hochgefahren, da kratzte es im Babyphone. Annie horchte auf.

Ob Poppy wieder einschlief?

Nein. Die Süße war wach. Anscheinend hatte sie gut geschlafen, denn sie fing an, ein fröhliches Lied zu singen. Annie musste lachen. Wenn das so war, dann konnte sie noch den letzten Schluck von ihrem Kaffee trinken, bevor sie hochging. Sie beschloss außerdem, den Rechner anzulassen. Vielleicht ergab sich später noch die Möglichkeit nach ein oder zwei Dingen zu recherchieren.

Poppy sang immer noch, als Annie mit dem Babyphone in der Hand ins Zimmer trat. „Hey, wer singt denn da so schön?“, flötete sie.

Poppy saß in ihrem Gitterbettchen und streckte grinsend ihre Arme aus. „Mommy! Hoch!“

Annie hob ihre Tochter hoch und begann sie sofort abzuküssen. „Meine Süße! Na, hast du gut geschlafen?“ Die Kleine quiekte vor Vergnügen, als Annie anfing lustige Pupsgeräusche auf Poppys Pausbäckchen zu machen.

„So Sweetheart, dann machen wir dich mal frisch und danach gibt es noch etwas Leckeres!“ Annie setzte sie auf den Wickelplatz. Eine richtige Wickelkommode hatte sie sich nicht leisten können. Deshalb hatte Annie zusammen mit Matt ihr altes Kinderzimmermöbel umgebaut. „Was hältst du von einem Apfel, mein Schatz?“

„Appel!“ Poppy klatschte begeistert in die Hände. Annie begann Poppys Windel zu wechseln.

„Fein! Dann bekommst du einen!“, versprach Annie und verwickelte ihre Tochter in ein Gespräch über Poppys Vormittag mit Oma. Poppy antwortete ernsthaft mit den Worten, die sie bereits sprechen konnte, begleitet von freudigem Nicken oder heftigem Kopfschütteln. Annie staunte immer wieder, wie gut diese Art von Kommunikation klappte. Unvorstellbar, wie es sein wird, wenn sie sich mit ihrer Tochter irgendwann über Kinofilme oder Musik unterhielt!

Kapitel 2

 

Matthew hatte es geschafft. Er hatte zwar nicht pünktlich Feierabend gemacht, aber doch beinahe und beflügelt durch das gute Wetter stand er nun gut gelaunt im Supermarkt und belud seinen Einkaufswagen mit diversen Vorräten. Gerade als er überlegte, sich mal wieder ein Glas Schokocreme fürs Frühstück zu gönnen, stand sie, wie aus dem Nichts, neben ihm.

„Matt! Das ist ja eine Überraschung!“

Zu Tode erschrocken drehte er sich zu ihr um. „Becks!“, stieß er hervor. Sie kam noch einen Schritt näher.

„Habe ich dich erschreckt?“, fragte sie und beugte sich erwartungsvoll zu ihm.

Automatisch kam er näher und küsste sie auf die Wange. Rebecca musste gerade aus dem Büro gekommen sein. Sie sah wie immer fantastisch aus. Irgendwie schaffte sie es, sich sexy und doch stilvoll zu kleiden. „Becks, ich…“

„Matt, ich bin wirklich böse auf dich! Du wolltest dich melden!“ Becks zog einen Schmollmund und legte ihm die Hand auf die Brust.

Oh Mann, da hatte er scheinbar ganz schön was angerichtet. Sie hatten sich vor einem Jahr kennengelernt, es war am Abend nach Poppys erstem Geburtstag gewesen. Das wusste er deshalb noch ganz genau, weil Annie sich an diesem Abend lang und breit darüber ausgelassen hatte, dass sie froh war, sich jetzt nicht auch noch mit einer Beziehung herumschlagen zu müssen. Das waren genau ihre Worte gewesen. Total niedergeschmettert war er danach in den nächstbesten Pub gefahren, um sich volllaufen zu lassen. Etwas, was er sonst nie tat und zu dem es auch nicht wirklich gekommen war. Nach seinem vierten Bier hatte auf einmal Becks vor ihm gestanden. Sie hatten einen tollen Abend gehabt. Er hatte geflirtet wie noch nie in seinem Leben. Es kam ja auf nichts an. Alles war ihm egal. Er wollte nur Spaß haben. Er hatte sich gefühlt, als wäre er Nick Bedford, der jüngste Spross der Bedfords. Seines Zeichens herumreisender Fotograf und Junggeselle, der für seine Frauengeschichten regelrecht berüchtigt war. Ob die alle der Wahrheit entsprachen, interessierte niemanden. Hauptsache es war unterhaltsam.

Das war der Beginn einer ebenso heißen, wie schnelllebigen Affäre gewesen. Matt hatte bald gemerkt, dass er nicht der Richtige für sie war. Rebecca Hunter war schön und mondän und wünschte sich ein Leben wie in einem Hochglanzmagazin. Luxuriöse Reisen um die Welt, genauso wie eine moderne Eigentumswohnung im skandinavischen Design. Er hatte das Gefühl gehabt, sie hätte bereits alles durchgeplant, die große Hochzeit genauso, wie das süße Baby im Arm ihres erfolgreichen Ehemannes. Nur, dass er diese Rolle nicht ausfüllen konnte und wollte. Irgendwie hatte er nicht den Mut gehabt, ehrlich zu ihr zu sein und deswegen nur etwas von einer Pause gemurmelt und dass er sich melden würde. Er hatte wirklich gehofft, ihr nicht mehr über den Weg zu laufen. Schließlich wohnte sie in Canterbury und er in Beddingsham. Matt seufzte innerlich. Sie war wirklich eine tolle Frau und hatte etwas Besseres verdient. Aber das konnte er ihr ja schlecht hier im Supermarkt sagen. Also nickte er schon zustimmend, als sie vorschlug noch etwas trinken zu gehen. Shit, was tat er denn da? „Becks, sorry, ich kann nicht.“

„Wirklich nicht?“

Immerhin probierte sie nicht, ihn zu überreden.

„Ja. Tut mir leid. Ich bin schon verabredet.“ Es war keine Lüge, versuchte er sich einzureden. Er hatte schließlich wirklich vorgehabt, bei den Taylors vorbeizufahren. Trotzdem verkraftete er Becks Enttäuschung schlecht. „Ein anderes Mal! Ich melde mich bei dir!“

Becks lächelte tapfer. „Aber nicht wieder ein halbes Jahr warten!“ Sie küsste ihn zum Abschied auf die Wange und ging.

Mit einem schlechten Gewissen sah er ihr hinterher. Verdammt! Warum hatte sie ihm nicht freudestrahlend einen Verlobungsring unter die Nase halten können? Missmutig blickte Matthew in das Regal. Ihm war der Appetit auf Schokocreme vergangen. Er war ja kein Kind mehr. Schade eigentlich. Erwachsensein wurde ja so dermaßen überschätzt! Matthew schnaubte und stieß seinen Einkaufswagen missmutig in den nächsten Gang.

 

***

 

Gedankenverloren saß Annie am Küchentisch und schaute ihrer Tochter beim Abendessen zu. Der Nachmittag war wie im Flug vergangen, denn Poppy hat der Sinn nach Spiel und Spaß gestanden und Annie auf Trab gehalten. Aus ihrer Internetrecherche war nichts geworden und selbst die Zubereitung des Essens war heute eine Herausforderung gewesen. Dabei hatte Annie nur einen Gemüseauflauf machen wollen. Irgendwann war die Zeit knapp geworden, deshalb gab es jetzt für Princess Pops rohe Paprika und Möhre und dazu ein Butterbrot, während der Auflauf gerade zehn Minuten im Ofen war. Annie seufzte.

„Na Süße, schmeckt es dir?“, fragte sie um die Stille zu füllen. Poppy schenkte ihr ein Grinsen und widmete ihre Aufmerksamkeit wieder dem Abendbrot. „Mommy dachte ja, dass Matt heute noch vorbei kommt. Er war schon eine Weile nicht mehr hier. Findest du nicht?“

Poppy gab ihr keine Antwort. Entweder verstand sie nicht, was sie ihr sagte oder sie fand es überflüssig. Woher sollte man wissen, was genau in ihrem Kopf vorging. Annie überlegte dennoch laut weiter: „Ich schreibe ihm kurz eine Nachricht. Er wollte mit dir einen Ausflug zu den Schafen machen, weißt du?!“ Annie hangelte nach ihrem Handy und begann zu tippen, obwohl sie sich selbst sonst auch an die Regel hielt, dass Handys am Esstisch verboten waren.

 

„Hey Matt, wie geht‘s? Nochmal danke für deine Hilfe heute! Ich war echt spät dran…“

 

Annie ließ das Handy sinken. Sollte sie noch nach dem Ausflug fragen? Unsicher schaute sie auf das Display. Wie sie hatte schwanger werden können, obwohl sie immer ganz genau überlegte und alles drehte und wendete, bis sie sich endlich entschied, verwunderte sie immer noch.

Sie entschied sich, die Nachricht so zu lassen und fügte noch hinzu:

 

„Poppy lässt dich grüßen! Wir sehen uns, Gruß Ann.“

 

„Mommy! Mehr!“, forderte Poppy. Annie lächelte sie an.

„Möchtest du noch ein Brot essen? Wieder mit Butter?“

Poppy nickte begeistert und Annie schmierte los. Als die kleinen Happen auf Poppys Teller lagen, schloss jemand die Haustür auf.

„Horch!“ Annie schaute ihre Tochter an und hob den Zeigefinger. „Wer kommt denn da?“

Da ertönte auch schon die Stimme von Robert Taylor aus dem Flur. „Wo sind denn meine zwei schönen Mädchen?“ Noch im Mantel steckte er seinen Kopf in die Küche und strahlte Poppy an.

„Grannpa!“, rief sie und hob begeistert ihre kleinen Arme. „Grannpa, hoch!“

Robert trat ein und hauchte seiner Enkelin einen Kuss auf den Kopf. „Gleich, mein Schatz. Grandpa muss erst richtig ankommen und sich die Hände waschen.“ Annie bekam auch einen Kuss auf ihre Wange gehaucht. „Ist das Essen schon fertig?“, fragte er und schielte in den Ofen.

„Ich sehe mal nach.“ Annie stand auf und warf einen Blick auf den Auflauf. „Ich glaube, er braucht noch eine Weile“, sagte sie entschuldigend.

Robert war wieder in den Flur gegangen, um seinen Mantel aufzuhängen. „Kein Problem. Dann warten wir.“

„Unsere Prinzessin hatte heute Nachmittag keine Lust alleine zu spielen und da habe ich es einfach nicht schneller geschafft“, erklärte ihm Annie.

Robert musste unwillkürlich lächeln. Genau solche Sätze hatte er vor guten zwanzig Jahren schon einmal gehört, als er von der Arbeit nach Hause kam. Wie sich alles im Leben wiederholte. Immer noch lächelnd trat er wieder in die Küche und wandte sich an seine Enkelin. „Na Poppy-Moppy, wie geht es dir? Bis du schon fertig mit deinem Abendbrot?“ Poppy strahlte ihn an und nickte.

„Süße, erst Hände waschen, dann kann Grandpa dich auf seinen Schoß nehmen.“ Annie hatte schon einen feuchten Lappen in der Hand und begann routiniert die Essensspuren von ihrer Tochter zu entfernen. Robert setzte sich und seufzte. Das Meeting war genauso verlaufen, wie er es sich gedacht hatte.

„Dein Tag war wohl auch nicht so toll“, stellte Annie fest und überreichte ihm eine saubere Poppy.

„Ach“, winkte er ab. „Sprechen wir nicht drüber.“

Während sich ihr Vater mit seiner Enkeltochter unterhielt, checkte Annie ihr Handy. Matthew hatte noch nicht geantwortet. Das sah ihm gar nicht ähnlich. Wenn er nicht gerade mit den Pferden unterwegs war, schrieb er immer sofort zurück. ‚Sei nicht so ein Kontrollfreak!‘, schalt sie sich selbst. ‚Er wird sich schon melden, wenn er Zeit dazu hat.‘ Entschlossen legte sie das Handy weg und begann die Reste von Poppys Abendessen aufzuräumen.

 

***

 

Matthew saß auf seiner Couch mit einem Bier in der Hand und grübelte. Ganz automatisch hatte er den Fernseher eingeschaltet und seinen Streamingdienst ausgewählt. Über den Bildschirm flackerte nun irgendeine neue Serie. Aber Matt sah gar nicht richtig hin. Er fragte sich, warum er an einem Mittwochabend allein in seinem Cottage saß und das einzige, das auf ihn wartete, die Fertigpizza im Ofen war.

Annie hatte ihm eine Nachricht geschickt, auf die er nicht antworten mochte. Er hatte ein schlechtes Gewissen deswegen. Wieso eigentlich? Er war schließlich zu nichts verpflichtet.

Verdammt, er könnte sich jetzt mit Becks in ihrem Bett vergnügen. Aber irgendetwas hatte ihn davon abgehalten, mit ihr zu gehen. Matthew lachte bitter auf. Er wusste, was ihn abgehalten hatte. Es war die Hoffnung, dass es mit Annie doch noch klappen würde. Dass sie eines Tages aufwachen und in ihm mehr sehen würde als nur ihren guten Freund.

Die Türklingel riss ihn aus seinen Gedanken. Seufzend stand er auf. Das konnte eigentlich nur einer sein.

„Gott sei Dank bist du da, Mann!“ Connor McGregor schob sich vollbepackt an ihm vorbei ins Haus. „Funktioniert dein Netz? Bei mir geht nichts mehr und das Spiel fängt gleich an!“ Matts bester Freund seit Kindertagen hatte schon Bier und Chips auf dem Couchtisch abgelegt und die Fernbedienung in die Hand genommen, noch bevor er seine Jacke ausgezogen hatte. „Hast du ‘ne Pizza im Ofen? Es riecht so. Ich habe so einen Kohldampf, das glaubst du nicht!“

Matthew schnaubte: „Du hast immer Hunger.“

„Jaja, aber jetzt bin ich wirklich kurz vor’ m Verhungern.“ Connor sah ihn zum ersten Mal richtig an. „Ist alles ok mit dir? Du siehst fertig aus.“

„Klar, was soll sein.“ Matt winkte ab und wandte sich Richtung Küche. „Ich hol die Pizza.“

„Prima!“ Connor wandte sich wieder zum Fernseher um und suchte den richtigen Sender. „Kannst du auch noch ‘nen Salat machen? Mit diesem geilen Dressing?“, rief er Matt hinterher.

Matthew verdrehte die Augen. Das war wieder typisch Connor! Er aß sonst immer nur irgendwelches Fertigzeug. Es sei denn, er fand jemanden, der für ihn kochte. Dann wurde er zum Gourmet. Während Matt begann den Salat zuzubereiten, rief Connor ihm den Verlauf des Fußballspiels zu. Matt grinste, der Abend versprach ja doch noch ganz nett zu werden.

 

***

 

Es war spät. Poppy schlief schon längst, Annies Dad schaute sich im Wohnzimmer noch die Spätnachrichten an und Annie saß in der Küche vor ihrem Laptop. Ihre Internetrecherche hatte sie längst erledigt. Jetzt surfte sie nur noch sinnlos vor sich hin.

Matthew hatte noch immer nicht auf ihre Nachricht geantwortet. Unwillkürlich zuckte sie mit den Achseln. Morgen früh sah sie ihn sicherlich auf Gracewood Hall.

Annie ließ ihre Gedanken schweifen. Ihre Mutter hatte sie gebeten richtige Einladungskarten für Poppys anstehenden Geburtstag zu schreiben. Annie hielt das für Zeitverschwendung. Es wussten doch alle bescheid, wann die Party stattfinden sollte. Alle außer Edward. Poppys Vater.

Sie hatte ihn in seinem vorletzten Semester kennengelernt und war sofort hin und weg gewesen. Er war groß und sportlich und auf eine aufregende Art selbstsicher. Das ganze Sommersemester schwebte sie wie auf Wolken. Selbst in der Klausurenphase hatte er ihr ständig Nachrichten geschrieben. Auf einer Sommerparty, als alle Prüfungen vorbei waren, musste es passiert sein, weil sie sich nicht mehr an alle Details der Nacht erinnerte. Außerdem hatten sie sonst immer sehr auf Verhütung geachtet. In den Semesterferien wurden seine Nachrichten langsam immer weniger. Aber das war ihr nicht wirklich aufgefallen, weil sie viele Hausarbeiten schreiben musste und er auch eine Zeitlang im Ausland gewesen war.

Als sie sich das erste Mal übergeben hatte, hatte sie es auch auf den Stress des beginnenden Wintersemesters geschoben. Zwei Tage später saß sie dann heulend auf der Toilette, den positiven Schwangerschaftstest in der Hand. Sehr nervös und doch voller Hoffnung war sie einen Tag später zu ihm gegangen, um ihm von dem Baby zu erzählen. Sie hatte nicht erwartet, dass er sich freuen würde. Aber sie hatte doch gehofft, dass Edward sich genauso souverän verhalten würde, wie sonst auch.

Im Gegenteil, er hatte sich fürchterlich benommen und ihr die schlimmsten Dinge an den Kopf geworfen. Tränenüberströmt war sie aus seinem Zimmer gerannt. Bei der Erinnerung daran wurde Annie heute noch übel.

Monate später war sie zu dem Schluss gekommen, dass sein Ausbruch nur eine Schockreaktion gewesen war. Aber da hatte sie schon in Beddingsham bei ihren Eltern gewohnt und sich nicht mehr getraut zu ihm zu gehen.

Als man begann es ihr anzusehen, hatte sie das Semester abgebrochen, obwohl es eigentlich nicht nötig gewesen wäre. Sie hätte es ganz normal beenden können und sogar noch ein paar Wochen Pause gehabt vor Poppys Geburt. Aber seine gemeinen Worte hatten sie sehr verunsichert. Als wenn sie die Schwangerschaft geplant hatte. Im Gegenteil! Sie machte sich selbst Vorwürfe, dass ausgerechnet ihr das passiert war! Sie war doch immer diejenige mit dem geradlinigen Lebensplan gewesen. Sie mochte sich gar nicht vorstellen, was die anderen jetzt von ihr hielten. Außerdem konnte sie es nicht ertragen, zu sehen, wie er mit den anderen unbeschwert lachend über den Campus schlenderte, während ihr Leben eine völlig neue Richtung eingeschlagen hatte.

Irgendwann begann sie sich auf das Baby zu freuen. Von da an war sie sich sicher gewesen, dass Edward sich ebenfalls freuen würde. Er brauchte nur mehr Zeit. Sie hatte angefangen ihm lustige, kleine E-Mails mit den Ultraschallbildern zu senden. Geantwortet hatte er nie. Aber zur Geburt hatte er Poppy eine wertvolle, silberne Rassel geschickt und zum ersten Geburtstag ein riesengroßes Stoffpferd auf dem sie irgendwann würde reiten können. Es wieherte sogar. Also schickte sie ihm weiterhin E-Mails mit Bildern von ihrer wunderschönen gemeinsamen Tochter.

Sie konnte und wollte einfach nicht glauben, dass es das gewesen sein soll. Schließlich hatten sie sich wirklich gut verstanden, damals an der Uni. Er war immer so selbstsicher gewesen, nie um eine Antwort verlegen. Vor sich selbst, konnte sie es ruhig zugeben. Sie hatte ein bisschen zu ihm aufgeschaut.

Auch wenn sie mittlerweile eine andere war als damals, sehnte sie sich manchmal nach jemanden, der das Zepter übernahm. An den sie sich anlehnen konnte.

Natürlich würde sie ihn auch diesmal zum Geburtstag einladen. Dabei dachte sie vor allem an Poppy, redete sie sich ein. Ihre Tochter sollte nicht ohne Vater aufwachsen. Am besten, sie schrieb ihm jetzt gleich, dann hatte er genug Zeit um seinen Besuch hier einzuplanen. Er schien immer sehr beschäftigt zu sein. Sie hatte ihn ein paarmal gegoogelt und wusste daher, dass er nach seinem Uniabschluss einen Job in einer renommierten Londoner Anwaltskanzlei angefangen hatte.

 

***

 

„Mann, das war ein klasse Spiel!“ Zufrieden lehnte sich Connor zurück. „Dann erzähl doch mal, was ist dir vorhin so über die Leber gelaufen?“, fragte er interessiert und stopfte sich eine Hand voll Chips in den Mund.

„Ich verstehe nicht, was du meinst“ antwortete Matt betont gleichgültig.

Connor zog lediglich eine Augenbraue hoch und griff wieder in die Chipstüte.

Um Zeit zu schinden, nahm Matt einen Schluck aus seiner Bierflasche. Er seufzte innerlich. Er wusste, dass sein bester Kumpel ihn nicht eher in Ruhe lassen würde, bis er alles erfahren hatte. Er war wie ein Pitbull, hatte er sich einmal festgebissen, ließ er nicht mehr los. „Ich habe Becks getroffen“, sagte Matt dann auch ergeben.

„Was?“ Connor richtete sich auf. „Und dann sitzt du hier und guckst mit mir das Spiel?“

„Ja.“

„Aber – die Frau ist der Wahnsinn!“ Connors Augen begannen zu leuchten.

„Hmm“, bestätigte Matt und nahm einen weiteren Schluck Bier.

„Oh. Du bist immer noch scharf auf Annie.“ Connor ließ sich wieder zurückfallen.

„Ich bin nicht scharf auf Annie!“, gab Matt heftig zurück und wieder zog Connor nur eine Augenbraue hoch.

Matt wand sich. „Ja, okay“, gab er zu, „ich finde sie sexy. Aber ich will mehr, verstehst du?“

„Dann sag es ihr endlich!“

Matt schnaubte ungläubig. „Als wenn das so einfach wäre!“

„So schwer kann es ja nicht sein!“ Connor wandte sich zu Matt um. „Notfalls zeigst du es ihr!“

„Und wie? Soll ich ihr etwa rote Rosen schicken?“, wandte Matt sarkastisch ein.

„Das wäre auch eine Möglichkeit. Ich hatte zwar eher an eine heiße Nummer im Stall…“

Ohne zu zögern, stieß Matt seinen Ellenbogen in Connors Seite.

„Au!“ Connor rückte ein wenig weiter weg. „Du musst nicht gleich grob werden, nur weil ich ausspreche, was du dir vorstellst!“

„Ich will nicht, dass du so über Ann sprichst“, stellte Matt klar. „Tut es sehr weh?“

„Wofür hältst du mich? Für ein Weichei?“ Connor hob angriffslustig die Fäuste. „Wir haben schon lang nicht mehr getestet, wer von uns der Stärkere ist!“

Matt musste lachen und stand auf. „Lass gut sein. Willst du noch ein Bier? Du kannst auch hier schlafen…“

„Ich wusste nicht, dass du sooo einsam bist!“, frotzelte Connor und bekam dafür ein Kissen an den Kopf.

Kapitel 3

 

„Mommy!“ Poppy rüttelte an ihrem Gitterbettchen. „Mommy! MOMMY!“ Benommen rollte sich Annie auf die andere Seite und lächelte ihre Tochter verschlafen an. „Guten Morgen mein kleiner Biowecker!“ Ein Blick auf ihren Digitalwecker zeigte ihr, dass es 5.59h war. Genau wie jeden Morgen.

„Mommy! Hoch!“ Poppy freute sich sichtlich, dass ihre Mutter sie gehört hatte.

Annie stand auf und hob Poppy aus dem Bett, nur um direkt wieder in ihr eigenes zu fallen. Begeistert quietschte die Kleine auf und wollte sofort anfangen zu hüpfen. „Nee, nee, meine Süße.“ Annie zog das Kind zu sich herunter und drückte sie an sich. „Erst wird noch gekuschelt.“ Annie schnupperte an Poppys Haar und streichelte sie. „Wir müssen leise sein. Oma schläft noch.“

Poppy strampelte sich frei und schaute Annie ernst an. „Mommy! Buch!“

„Ja, gut.“ Annie seufzte, sie hätte gern länger mit ihrer Tochter gekuschelt. „Such dir eins aus. Ich lese dir dann vor.“

Poppy rutschte vorsichtig vom Bett und ging zum Regal unter dem Fenster. Dort standen ihre Bücher und daneben eine Holzkiste mit Spielsachen.

Voller Hoffnung, dass ihre Tochter eine Weile beschäftigt sein würde, schloss Annie schnell ihre Augen und versuchte wieder einzuschlafen. Manchmal klappte das.

Meistens nicht.

 

***

 

Pünktlich wie jeden Morgen stand Arthur auch heute um sechs Uhr auf und ging ins Bad. Er beeilte sich, denn er musste nach London. Die britische Kommission für Forstwirtschaft traf sich zu einer Besprechung, an der er teilnehmen wollte. Noch immer machten die Erlöse aus der Nutzung des Waldes einen Großteil der Einnahmen von Gracewood aus und daher war es wichtig, informiert zu sein. Oder auch Entscheidungen der Kommission in die richtige Richtung zu lenken, soweit dies möglich war.

Außerdem wollte er sich auch auf die Suche nach einem Geschenk für Nigel zum Geburtstag machen. Die Möglichkeit, Richard und Vivien Bedford vom Flughafen abzuholen, kam ihm da als Grund für einen längeren Aufenthalt gerade recht.

Als er aus dem Bad kam, schlief Nigel immer noch. Arthur schüttelte lächelnd den Kopf. Sie waren beide wirklich sehr verschieden. So leise wie möglich zog er sich an und ging anschließend zum Frühstück hinunter.

 

***

 

Munter schloss Mrs. Cuthbert die Außentür der Küche auf. Der flotte Spaziergang über die Felder und durch den Wald weckte jeden Morgen ihre Lebensgeister. Jetzt im Frühling war der natürlich besonders schön. Die Luft war erfüllt vom beginnenden Leben. Mrs. Cuthbert hatte auch dieses Jahr wieder das Gefühl das Sprießen der Blüten regelrecht hören zu können. Die Cuthberts wohnten schon seit vielen Jahren in dem Verwalterhaus am anderen Ende des kleinen Wäldchens. Genauso lang lief Mildred Cuthbert jeden Morgen zu Fuß zum Herrenhaus, während ihr Mann Walter Cuthbert sich auf sein Fahrrad schwang und eine erste Strecke durch den Wald fuhr, um nach dem Rechten zu sehen.

Später trafen sie sich in der Küche auf ein kleines zweites Frühstück und um die anstehenden Aufgaben zu besprechen.

Langweilig war die Arbeit ihnen noch nie geworden, sinnierte Mrs. Cuthbert, während sie das Teewasser aufsetzte. Ganz zu Beginn hatte noch die alte Mrs. Bedford, Richards Mutter, hier im Haus gewohnt und auf die Einhaltung der Traditionen des englischen Landadels bestanden. Dass Richard sich ausgerechnet in eine amerikanische Künstlerin verlieben musste, hatte für einigen Unmut gesorgt. Als er sie dann sogar heimlich in Amerika geheiratet hatte, hatte die alte Mrs. Bedford erst getobt, dann wochenlang geschmollt und schließlich auf einer prunkvollen Hochzeit auf Gracewood Hall bestanden.

---ENDE DER LESEPROBE---