Führen in der Altenhilfe - Mercedes Stiller - E-Book

Führen in der Altenhilfe E-Book

Mercedes Stiller

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Beschreibung

Vom Kollegen zum Vorgesetzten. Für alle Wohnbereichsleitungen, die den Rollentausch meistern müssen oder nach längerer Tätigkeit neue Impulse zum Thema Führung suchen: Dieses Handbuch bietet Orientierung, praxisnahe Werkzeuge und Lösungsvorschläge. Zum Einstieg, zur Führungsrolle, zum eigenen Rollenverständnis, zu Führungstechniken. Nutzen Sie den "Werkzeugkoffer", um für die verschiedensten Situationen gewappnet zu sein. Gewinnen Sie Sicherheit für die Herausforderungen der ersten 100 Tage als Wohnbereichsleitung. Profitieren Sie von vielen Praxistipps und Fallbeispielen. Denn so machen Sie sich "fit für die Führung".

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Seitenzahl: 186

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Dr. Mercedes Stiller, Frank von Pablocki

Führen in der Altenhilfe

Werkzeugkoffer für die Wohnbereichsleitung

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Sämtliche Angaben und Darstellungen in diesem Buch entsprechen dem aktuellen Stand des Wissens und sind bestmöglich aufbereitet.

Der Verlag und die Autoren können jedoch trotzdem keine Haftung für Schäden übernehmen, die im Zusammenhang mit Inhalten dieses Buches entstehen.

© VINCENTZ NETWORK, Hannover 2019

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Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.

Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen.

Foto Titelseite: AdobeStock_megaflopp

Satz: Heidrun Herschel, Wunstorf

E-Book-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

E-Book 978-3-86630-799-5

Dr. Mercedes Stiller, Frank von Pablocki

Führen in der Altenhilfe

Werkzeugkoffer für die Wohnbereichsleitung

Inhalt

Einleitung

1 Und plötzlich bin ich Wohnbereichsleitung – Ihre ersten 100 Tage

1.1 Der Start

1.1.1 Die Rollentheorie von Erving Goffman

1.1.2 Die Antrittsrede

1.1.3 Der Umgang mit dem „Du“: duzen oder siezen?

1.1.4 Do’s und Don’ts in den ersten 100 Tagen

1.2 Der Einarbeitungsprozess für die Wohnbereichsleitung

1.2.1 Der Sinn und Zweck im Umgang mit Einarbeitungskonzepten und Checklisten

1.2.2 Die Einarbeitung im zeitlichen Verlauf

1.2.3 Übergeordnete Strukturen der gesamten Einrichtung

1.2.4 Management und Steuerungsaufgaben auf Ihrem Verantwortungsbereich

1.2.5 Der weitere Verlauf

1.3 Die Phasen einer Gruppe und die daraus folgenden Konsequenzen für die neue Wohnbereichsleitung

1.3.1 Das Phasenmodell von Tuckman

1.3.1.1 Die Phasen im Einzelnen

1.3.1.2 Wichtige Ansatzpunkte bei der Konfliktlösung

2 Die Möglichkeiten der Positionierung

2.1 Die Hierarchie in der Gruppe und deren Auswirkungen auf die Teamleistung

2.1.1 Die psychodynamische Grundformel von Schindler

2.1.2 Die Gruppendynamik im Alltag

2.2 Das Verhalten der Wohnbereichsleitung und die Motivation der Mitarbeiter

2.2.1 Motivation, was ist das?

2.2.2 Motivationales Handeln als Prozess

3 Rolle und Identität finden

3.1 Aufgabenbeschreibung einer Wohnbereichsleitung

3.1.1 Das Konstrukt der Führungseigenschaften

3.1.2 Stellenbeschreibung versus Aufgabenbeschreibung

3.1.3 Der Start in den Frühdienst

3.1.4 Wiederkehrende Aufgaben

3.1.4.1 Das Ende des Frühdienstes

3.1.4.2 Ausgewählte Aufgaben der Wohnbereichsleitung im Überblick

3.2 Der symbolisch interaktionistische Rollen- bzw. Führungsansatz

3.2.1 Die symbolisch interaktionistische Rollentheorie

3.2.2 Beurteilungsfehler und deren Konsequenzen in der Führung

4 Durch Struktur zum Erfolg

4.1 Delegation

4.1.1 Richtig delegieren – Und: Nicht nur „Arbeit verteilen!“

4.1.2 Die 4 Ebenen der Delegation

4.2 Vom Coachingprozess zur Gesprächskultur

4.2.1 Coaching als Führungsansatz

4.2.1.1 Grenzen dieses Ansatzes

4.2.1.2 Die Haltung im Coaching als Führungsansatz

4.2.2 Die Methoden beim Coaching als Führungsansatz

4.2.2.1 Zielfindung: Eine gemeinsame Zukunftsidee entwickeln

4.2.2.2 Fragetechniken: Eine an dem Menschen interessierte Gesprächsführung entwickeln

4.2.2.3 Angeln: Den Hintergrund für das eigene Handeln verstehen

4.2.2.4 Ankern: Dem Mitarbeiter bei seiner Zielumsetzung helfen

4.2.2.5 Feedback geben: Das hohe Gut der Ehrlichkeit

4.2.2.6 Wahrnehmungspositionswechsel: Die Wünsche und Bedürfnisse des jeweiligen Gegenübers verstehen

4.2.2.7 Das Innere Team: Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeiten

4.2.3 Die fünf Prozessphasen

4.2.3.1 Beziehung und Situationsanalyse

4.2.3.2 Zieldefinition

4.2.3.3 Lösungssuche

4.2.3.4 Risiken und Nebenwirkungen

4.2.3.5 Aktionsplan

5 Zusammenfassung und Ausblick

Literatur

Die Autoren

Einleitung

Kommt Ihnen die folgende Situation bekannt vor? Auf einmal sind Sie Wohnbereichsleitung auf Ihrem Wohnbereich bzw. in Ihrer Einrichtung! Und dies ist quasi „so einfach über Nacht passiert“. Sie wissen gar nicht, wie schnell es ging, dass Sie nun ab sofort die Verantwortung für mehrere Mitarbeiter und Bewohner in einem klar definierten Bereich übernommen haben bzw. übernehmen sollen.

Oder aber: Sie werden in die Funktion der Wohnbereichsleitung eingearbeitet und durften vorab eine Weiterbildung besuchen. Vielleicht haben Sie auch schon als stellvertretende Wohnbereichsleitung gearbeitet. Beide Ausgangssituationen treten in vollstationären Einrichtungen auf. Beide Varianten werden von Führungskräften auf verschiedene Art und Weise bewertet. Somit werden auch beide Personenkreise in dem vorliegenden Buch angesprochen. Des Weiteren soll dieses Buch auch Pflegedienstleitungen dazu bewegen, mit ihren jeweiligen Wohnbereichsleitungen eine Reflexion über die Inhalte dieses Buches vorzunehmen.

Sie halten also eine Art „Werkzeugkoffer“ in Ihren Händen, aus dem Sie sich bedienen können, um für unterschiedliche Situationen „gewappnet“ zu sein. Situationen, die sich mit der Übernahme Ihrer veränderten Rolle bereits ergeben haben bzw. noch ergeben werden und die Ihr tägliches Handeln sowie den Erfolg in diesem Bereich garantieren. Dieses Buch versucht Ihnen sozusagen einen „Königsweg“ aufzuzeigen.

Im ersten Kapitel erfahren Sie etwas über die Voraussetzungen Ihrer neuen Position und den hürdenreichen Weg der ersten 100 Tage in Ihrem Amt. Sie werden Hinweise zur Einarbeitung und zu dem Prozess der Integration Ihrer Person auf dem Wohnbereich erhalten.

Im zweiten Kapitel werden wir uns mit der Position der Wohnbereichsleitung und deren motivationalem Verhalten beschäftigen. Denn, erst wenn die Wohnbereichsleitung ihren Platz im Team gefunden hat, kann sie auch erfolgreich mit den Mitarbeitern agieren.

Das dritte Kapitel geht der Frage danach nach, welches Rollenverständnis Sie als Wohnbereichsleitung verinnerlichen sollten, um Ihre positiven Eigenschaften in den Vordergrund stellen zu können. Des Weiteren werden Sie sich mit den Aufgaben beschäftigen, die eine Leitungskraft im mittleren Management – wie Sie als Wohnbereichsleitung – täglich zu erledigen hat.

Im vierten Kapitel werden Führungstechniken beleuchtet, die Sie als Wohnbereichsleitung bereits mitbringen bzw. erwerben sollten. Hierbei wird unter anderem auf den Unterschied zwischen „Arbeit verteilen“ und „richtig delegieren“ eingegangen. Darüber hinaus werden Coaching-Tools vorgestellt, die handlungsleitend für den Führungsprozess auf der Wohnbereichsleiterebene sind. Dies einmal im Hinblick auf die erfolgreiche Führung von Mitarbeitern auf dem Wohnbereich als auch mit Blick auf das Hinzuziehen eines externen Coaches, der die Wohnbereichsleitung „fit für die Führung“ machen sollte, womit sich der Kreis Führungskräfteentwicklung schließt.

Am Ende des Buches erfolgt ein Ausblick auf die Situation der Wohnbereichsleitung in den nächsten zehn Jahren. Hierbei werden Visionen dargestellt, wie sich die Wahrnehmung dieser Rolle in Zukunft besser gestalten lässt.

Seien Sie gespannt auf die Inhalte des Buches und die damit verbundenen Praxistipps, die jeweils anhand von Fallbeispielen zweier sehr unterschiedlicher Personen und „möglicher Diskussionsrunden“ illustriert werden. Es sei in diesem Zusammenhang bereits an dieser Stelle darauf verwiesen, dass es sich bei „Lisa“ und „Leonie“ um keine real existierenden Menschen handelt. Sie sind mit ihren Beiträgen eher die Zusammenfassung eines jahrzehntelangen Kontaktes zu herausragenden Führungspersönlichkeiten und solchen, die es im Laufe der Zeit geworden sind. Weitere Informationen geben Ihnen an der einen oder anderen Stelle noch einmal einen Aufschluss darüber, über welche Themen Sie vertiefend nachdenken sollten.

Viel Spaß beim Lesen!

1 Und plötzlich bin ich Wohnbereichsleitung – Ihre ersten 100 Tage

KOMMT IHNEN DIE FOLGENDE SITUATION BEKANNT VOR?

Lisa hat vier Jahre lang als Pflegefachkraft im Pflegeheim „Musterland“ in einer Kleinstadt in Norddeutschland auf dem Wohnbereich „Nordsee“ gearbeitet.

Nach dem Ausscheiden der alten Wohnbereichsleitung hat sie deren Position auf dem Wohnbereich „Nordsee“ vor genau vier Wochen übernommen. Seitdem ist alles ganz anders: Im Kreis der neuen Wohnbereichsleiter-Kollegen fühlt sie sich unsicher.

Auf der anderen Seite hat sich das Verhältnis zu ihren ehemaligen Kollegen verändert. Lisa vermisst die zwanglose und selbstverständliche Art des Umgangs. Und die ehemaligen Kollegen verhalten sich anders: Es kommt vor, dass Gespräche im Dienstzimmer verstummen, wenn sie eintritt.

Auch spaßige Bemerkungen wie „Sollen wir dich jetzt siezen?“ nimmt sie mit gemischten Gefühlen auf. Irgendwie fühlt sie sich außen vor.

ODER: KOMMT IHNEN DIESE SITUATION BEKANNT VOR?

Die Pflegefachkraft Leonie bekleidet ihre neue Position als Wohnbereichsleitung im Pflegeheim „Musterland“ in einer Kleinstadt in Norddeutschland auf dem Wohnbereich „Ostsee“ seit zwei Monaten. Zuvor hat sie ein halbes Jahr lang als Wohnbereichsleiterin in einem anderen Seniorenzentrum gearbeitet.

Ihren neuen Wohnbereich empfindet sie als „schwierig“.

Ihre Mitarbeiter reagieren stets abweisend, wenn sie Veränderungen vornehmen möchte: Sie berichten ihr, dass sich in der Einrichtung sowieso nichts ändern wird, egal, welche Ideen sie auch „von draußen“ mitbringen würde.

Auch von ihren Vorgesetzten ist Leonie sehr enttäuscht: Die Einrichtungsleitung und Pflegedienstleitung hatten ihr beide versprochen, dass sie sie umfassend einarbeiten würden. Leider hat ihre Einarbeitung bis dato kaum bis gar nicht stattgefunden.

Ihre drei anderen Wohnbereichsleiterkollegen haben auch nie Zeit für sie, wenn sie eine Frage hat: Sie vertrösten sie stets mit den Worten: „Du hast doch schon Erfahrung als Wohnbereichsleitung. Da wirst du dich doch hier alleine organisieren können!“

An manchen Tagen fragt sich Leonie, ob sie wirklich geeignet ist für ihre neue Wohnbereichsleiterposition oder ob sie sich zeitnah beruflich neu orientieren muss.

Sollten Sie ähnliche Erfahrungen wie Lisa oder Leonie gemacht haben? Dann erfahren Sie im folgenden Kapitel etwas über die einzelnen Schritte, die Sie als „junge Führungskraft“ beachten sollten, wenn Sie die Position der Wohnbereichsleitung erstmalig oder neu übernehmen. Hierbei kann es sich, wie bei Lisa, um eine interne Neubesetzung, oder aber, wie im Fall von Leonie, um eine externe Neubesetzung handeln. Die Parameter für die Übernahme der Position der Wohnbereichsleitung sind hier und da vergleichbar.

Die unterschiedliche Entwicklung von Lisa und Leonie wird Ihnen im Rahmen des vorliegenden Buches entlang von Fallbeispielen im Verlauf von allen Kapiteln dargestellt. Ziel ist es hierbei, aufzuzeigen, welche Reaktionsmuster sich mit Blick auf die professionelle Übernahme der Rolle als Wohnbereichsleitung als angemessen bzw. weniger angemessen erweisen.

In diesem Kapitel erfahren Sie zunächst etwas über die „Rollentheorie“. Im Anschluss daran werden Ihnen hilfreiche Empfehlungen gegeben, welche Vorgehensweise Sie in den ersten 100 Tagen nach der Übernahme Ihrer neuen Position als Wohnbereichsleitung wählen sollten.

1.1 Der Start

1.1.1 Die Rollentheorie von Erving Goffman

Erving Goffman war einer der führenden amerikanischen Soziologen, der sich bereits in den 60er-Jahren sehr ausführlich damit auseinandergesetzt hat, was es bedeutet, eine Rolle (in Ihrem Fall die der Wohnbereichsleitung) in einem vorgegebenen sozialen System (in Ihrem Fall in einer Pflegeeinrichtung) angemessen auszufüllen.

Goffman (vgl. 2017) vertrat die Auffassung, dass jedes soziale System spezielle Erwartungen an einen sozialen Akteur (eine Person) hat, der eine Position in dem jeweiligen System übernimmt. Zudem muss der soziale Akteur die Werte des sozialen Systems erkennen, verinnerlichen und seine Handlungsmuster und Verhaltensweisen darauf abstimmen.

Die von Goffman (vgl. 2017) entwickelte Rollentheorie beschreibt und erklärt somit einerseits die Rollenerwartungen und -festlegungen und andererseits, welche Spiel- und Handlungsfreiräume dem Individuum in seiner Rollenfunktion offenstehen.

Folglich gilt es für Sie als Wohnbereichsleitung, die Rollenerwartungen und Festlegungen, die an Sie geknüpft sind, zu kennen, zu verstehen und danach zu handeln. Mit anderen Worten: „Was genau wird von Ihnen erwartet?“ und „Was genau wird von Ihnen nicht erwartet?“

Hiermit einhergehend sollten Sie auch die Spiel- und Handlungsräume ermitteln, die Ihnen als Wohnbereichsleitung gewährt werden: „Was darf ich alleine entscheiden?“ und „Wo muss ich andere Personen in meine Entscheidungen mit einbeziehen?“ Laut Goffman (vgl. 2017) gilt es jedoch noch einmal genau zwischen den Begriffen „Rolle“ und „Position“ zu unterscheiden: Eine Rolle wird von einer Person (hier: die Wohnbereichsleitung) zu einem bestimmten Zeitpunkt und in einer bestimmten Situation (hier: Übernahme eines Wohnbereichs) eingenommen.

Die Rolle steht jedoch im engen Zusammenhang mit der Position innerhalb einer Einrichtung: Eine Wohnbereichsleitung muss sich erst in ihre neue Position einfinden, um dann ihre Rolle angemessen ausfüllen zu können sowie den damit verbundenen Rollenerwartungen gerecht zu werden. Die Wohnbereichsleitung muss sich also an bereits bestehende Rollenerwartungen anpassen bzw. diese selbst herausfinden.

Zudem haben natürlich auch alle Bezugsgruppen in einem sozialen System spezielle Erwartungen an Sie als Wohnbereichsleitung. Diese können häufig sehr unterschiedlich sein: Ihre Mitarbeiter im Team haben die Erwartung an Sie, dass Sie deren individuelle Wünsche, Interessen und Bedürfnisse (z. B. „Wir benötigen mehr Personal im Frühdienst!“) akzeptieren und ausschließlich danach handeln. Ihre Vorgesetzten wiederum stellen Anforderungen an Sie (z. B. „Setzen Sie das Personal so ein, dass die Einrichtung wirtschaftlich arbeitet!“), die mit den Erwartungen Ihres Teams nicht unbedingt im Einklang stehen müssen. Hieraus entsteht oftmals ein Rollenkonflikt zwischen den beteiligten Bezugsgruppen. Sie als Wohnbereichsleitung stehen dann dazwischen und müssen sich entscheiden, wem Sie in der speziellen Situation folgen: Den Mitarbeitern in Ihrem Team oder Ihren Vorgesetzten? Diese Gedanken werden in dem Abschnitt 2.1.1 „Die psychodynamische Grundformel“ vertieft.

Egal, wie Sie sich entscheiden, Sie werden mit positiven Sanktionen (z. B. Lob vom Team, wenn mehr Mitarbeiter im Frühdienst arbeiten) oder negativen Sanktionen (z. B. ein Kritikgespräch mit Ihrem Vorgesetzten, der Ihre Entscheidung infrage stellt) von der einen oder anderen Seite rechnen müssen.

Gemäß Goffman (vgl. 2017) ist es also unter Bezugnahme auf die Rollentheorie entscheidend, dass sich jeder Mensch, der im beruflichen Kontext eine neue Rolle (hier, die der Wohnbereichsleitung) übernimmt, bereits von vornherein mit den Erwartungen, Verhaltensmustern usw. auseinandersetzt, die an die Übernahme dieser Position geknüpft sind.

Wie Sie hierbei am besten – Schritt für Schritt – vorgehen, wird Ihnen nachfolgend aufgezeigt.

1.1.2 Die Antrittsrede

Egal, ob es sich bei der Übernahme der Wohnbereichsleiterposition um eine interne oder externe Neubesetzung handelt: Sie sollten in jedem Fall eine Antrittsrede halten.

Bedenken Sie, dass Ihre leitende Position auch immer eine Veränderung für alle Mitarbeiter bedeutet. Mit der Antrittsrede stellen Sie als neue Führungskraft einen ersten Kontakt zu den Mitarbeitern her. Vorrangiges Ziel der Antrittsrede ist es, gute Startbedingungen für die Zusammenarbeit zu schaffen. Nutzen Sie die Antrittsrede für Ihre Imagepflege im Unternehmen und zeigen Sie sich im Rahmen der Antrittsrede von Ihrer besten Seite.

Wann sollten Sie die Antrittsrede halten?

Die Antrittsrede sollte am besten innerhalb der ersten Woche nach Antritt Ihrer neuen Stelle erfolgen.

Die Rede sollte dann stattfinden, wenn möglichst viele der Ihnen unterstellten Mitarbeiter anwesend sind, zum Beispiel im Anschluss an eine Übergabe, Dienstoder Teambesprechung usw.

5 bis 15 Minuten sind als Redezeit für die Antrittsrede üblich und ausreichend.

Die nachfolgende Tabelle zeigt Ihnen auf, worauf Sie bei Ihrer Antrittsrede achten sollten.

 

InterneNeubesetzung

ExterneNeubesetzung

 

Stellen Sie sich als Person vor

Schaffen Sie Vertrauen für die neue Situation

Räumen Sie Vorbehalte und Vorurteile aus

Skizzieren Sie Ihre bisherigen Erfahrungen und Kompetenzen

Stellen Sie Ihren Führungsstil, Ihre Vorstellungen von Eigenverantwortung, Entscheidungsfindung und der gemeinsamen Zusammenarbeit in kurzen Zügen vor

Vermitteln Sie Ihren Mitarbeitern eine Vorstellung von der künftigen Zusammenarbeit

Nennen Sie die Gründe für die Übernahme der neuen Stelle

Nennen Sie die Gründe für Ihren Jobwechsel

Stellen Sie das Besondere oder Herausfordernde an Ihrer neuen Stelle dar

Definieren Sie die Erwartungen und Wünsche, die sie als Führungskraft an Ihre Mitarbeiter haben

Die nachfolgenden Listen zeigen Ihnen auf, welche „Fettnäpfchen“ Sie bei Ihrer Antrittsrede vermeiden sollten. Ihr Ziel ist es, authentisch und ehrlich zu sein.

 

Bei einer internen Neubesetzung:

■ Vermeiden Sie falsche Bescheidenheit und Aussagen, wie „Ich weiß gar nicht, warum ich die Ehre habe, diese neue Position zu bekleiden!“

■ Im Gegensatz dazu sollten Sie kein unkollegiales Verhalten oder Arroganz zeigen: „Ist doch klar, dass ich die Position bekommen habe und nicht XY“ Dieses wirkt unsympathisch.

■ Sprechen Sie Ihre eigene Unsicherheit bezüglich der neuen Führungsrolle und die damit verbundenen Erwartungen ruhig an.

■ Vermeiden Sie jede Form von Abwertung sowie Floskeln, die als Kritik verstanden werden können: beispielsweise in Bezug auf die Unternehmensführung oder den Teamgeist.

■ Treten Sie selbstbewusst auf, denn Sie sind jetzt ein einflussreicher Entscheider.

Bei einer externen Neubesetzung

■ Erzählen Sie Ihren eigenen Werdegang als persönliche Geschichte: Das schafft eine gute Basis für eine langfristige Vertrauensbeziehung.

■ Treten Sie nicht selbstgerecht auf: Nicht Sie als Person stehen im Vordergrund, sondern die künftige Zusammenarbeit.

■ Versuchen Sie die Sprache und Worte zu wählen, die in dem Team gesprochen werden. Sie werden schnell einen ersten Eindruck von dem jeweiligen Sprachcode erlangen.

■ Vermeiden Sie konfliktträchtige Themen, wie z. B. eine bevorstehende Strukturveränderung innerhalb des Unternehmens. Besonders dann, wenn diese Veränderungen der Grund für Ihre Einstellung sind.

■ Auch wenn Diskussionsbedarf bei den Mitarbeitern besteht, sollten Sie sich als neue Führungskraft in dieser Situation nicht darauf einlassen. Es wird im Nachhinein noch genügend Zeit für Gespräche geben. Die Antrittsrede ist keine Diskussionsrunde.

Für beide Situationen gilt es, dass Sie keine Details in Ihrer Rede nennen sollten, denn: Sie werden später von Ihren Mitarbeitern daran gemessen, was unter Umständen nachteilig sein könnte.

1.1.3 Der Umgang mit dem „Du“: duzen oder siezen?

Unabhängig davon, ob Sie von „drinnen“ oder „draußen“ kommen, Sie müssen klären, wie Sie als Wohnbereichsleitung künftig mit dem „Du“ oder „Sie“ umgehen wollen. Die nachfolgende Tabelle zeigt Ihnen auf, wie Sie bei einer internen Neubesetzung vorgehen sollten, wenn einige Teammitglieder bisher von Ihnen geduzt wurden und andere nicht.

Ferner erfahren Sie, wie Sie sich bei einer externen Neubesetzung verhalten sollten, wenn Ihre Mitarbeiter gleich von Ihnen geduzt werden wollen.

 

„Du“ oder „Sie“ bei einer internen Neubesetzung

„Du“ oder „Sie“ bei einer externen Neubesetzung

Wenn Sie sich mit einigen Mitarbeitern bisher geduzt haben, dann behalten Sie das „Du“ bei.Bieten Sie das „Du“ aber neuen Mitarbeitern gegenüber nicht aktiv an.

Wenn Ihre Mitarbeiter gleich von Ihnen geduzt werden wollen, dann sollten Sie Ihre Mitarbeiter auch mit „Du“ ansprechen.Bieten Sie das „Du“ aber nicht gleich aktiv gegenüber Ihren neuen Mitarbeitern an: Ermitteln Sie zunächst einmal, wie es Ihr Vorgänger in seiner Vorgesetztenfunktion gehalten hat („Sie“ oder „Du“?)

1.1.4 Do’s und Don’ts in den ersten 100 Tagen

Egal, ob es sich bei der Übernahme Ihrer Wohnbereichsleiterfunktion um eine interne oder externe Neubesetzung handelt bzw. ob Sie diese Stelle zum ersten Mal bekleiden oder aber ob Sie diese Funktion einfach nur in einem neuen Unternehmen übernehmen: In jedem Fall gilt es in den ersten 100 Tagen – neben dem Einarbeitungsprozess – ein paar Dinge zu beachten, die sich als wesentlich für Ihren Erfolg oder Misserfolg erweisen dürften. Durch ein systematisches Vorgehen Ihrerseits können Sie die notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen, um langfristig Ihre Vorgesetzten, Mitarbeiter und andere Interessensgruppen zu überzeugen.

Die nachfolgenden Empfehlungen zeigen Ihnen auf, welche Does und Dont’s Sie bei einer internen Neubesetzung in den ersten 100 Tagen in jedem Fall beherzigen sollten.

Do’s bei einer internen Neubesetzung in den ersten 100 Tagen

■ Drücken Sie Ihre Freude offen aus: Ihre bisher erbrachten Leistungen wurden gewürdigt und Sie haben die nächste Stufe der Karriereleiter „erklommen“.

■ Nutzen Sie Ihr internes Know-how, denn dann profitiert Ihre Pflegeeinrichtung sowohl von Ihrem fachlichen Wissen als neue Führungskraft als auch von Ihren Kenntnissen in Bezug auf die unternehmenseigenen Abläufe.

■ Behalten Sie die mit Ihrer neuen Position verknüpften Zielvorgaben stets im Blick und suchen Sie hierfür den kontinuierlichen Austausch mit Ihrer Pflegedienstleitung.

■ Fordern Sie von Ihrem Arbeitgeber einhergehend mit der Übernahme Ihrer neuen Position ein prozessbegleitendes Coaching, das Sie auf die speziellen Anforderungen in Ihrer neuen Führungsrolle vorbereitet: Es ist das „Rüstzeug“ für Ihre bisher ungewohnten bzw. neuen Führungsaufgaben (wie z. B. Ziele vorgeben, koordinieren, motivieren, delegieren und kontrollieren). Wie Sie die Methoden des Coachings in Ihrem Arbeitsalltag einsetzen können, zeigen wir Ihnen in dem Kapitel 4.2 „Vom Coachingprozess zur Gesprächskultur“.

■ Distanzieren Sie sich ein Stück weit von Ihren Mitarbeitern bzw. grenzen Sie sich vom Team ab. Distanzieren Sie sich nicht zu weit vom Team, denn das kann Ihnen schnell als Hochnäsigkeit ausgelegt werden.

■ Akzeptieren Sie den Wandel im Umgang mit Ihren Mitarbeitern: Sprechen Sie frühzeitig, wie in der Antrittsrede beschrieben, und offen mit Ihren Kollegen über Ihre neue Position und die damit veränderten Beziehungen und machen Sie Ihrem Team keine Versprechungen (wie z. B.: „Es bleibt alles beim Alten!“), sondern bitten Sie Ihre Mitarbeiter um Unterstützung bei eventuell anstehenden Veränderungen. So bauen Sie die durch Ihren „Rollenwechsel“ möglicherweise im Team entstandene Unruhe und Unsicherheit ab.

■ Kündigen Sie ehemals mit Ihnen befreundeten Kollegen nicht von heute auf morgen die Freundschaft. Treffen Sie stattdessen mit Ihren Freunden eine klare Vereinbarung für den Umgang im Pflegealltag und nach Feierabend.

Don’ts bei einer internen Neubesetzung in den ersten 100 Tagen

■ Unterschätzung bzw. Intransparenz in Bezug auf die neuen Anforderungen, die an die Führungsaufgabe gestellt werden.

■ Ausblenden von unterschiedlichen Erwartungen und Wünschen seitens der Teammitglieder des Wohnbereichs.

■ Ignorieren von Vorurteilen, Missgunst und Neid bei den Kollegen, die selbst auf eine Beförderung gehofft haben und die nun womöglich enttäuscht sind.

■ Fortsetzung einer weiterhin freundschaftlichen Verbundenheit mit ehemals gleichgestellten Kollegen: Somit vermitteln Sie den Eindruck, dass die mit Ihnen vormals befreundeten Kollegen von Ihnen bevorzugt werden.

Do’s bei einer externen Neubesetzung in den ersten 100 Tagen

■ Schauen Sie erst einmal, wie Ihr neues Unternehmen funktioniert, welchen Gesetzmäßigkeiten es folgt und wie Ihr Team strukturiert ist. „Neue Besen kehren besonders am Anfang nicht immer gut.“ Lassen Sie wesentliche Dinge erst einmal unverändert, um das Vertrauen des Teams zu gewinnen. Planen Sie zunächst nur kleinere Veränderungen, die auch kurzfristig von Ihnen realisiert werden können: So stellen sich Ihre ersten Erfolge zeitnah ein. Schauen Sie auch auf das Positive: Welche Prozesse laufen besonders gut und reibungslos?

■ Thematisieren Sie eine mögliche Ablehnung Ihrer Ideen und Ziele als „neuer Vorgesetzter“ sofort. Denn die Kritik steht nicht unbedingt mit Ihnen als Person in Verbindung: Oft zielt der Widerstand nur auf die Angst vor Veränderungen ab.

■ Überbewerten Sie die Widerstände im Team Ihnen gegenüber nicht (z. B. aufgrund der Nicht-Beförderung eines „übergangenen“ Kollegens, der sich Ihnen gegenüber als neuem Vorgesetzten von draußen wenig kooperativ verhält), versuchen Sie vielmehr, diesen Mitarbeiter mit einer neuen Aufgabe bzw. Herausforderung zu motivieren.

■ Identifizieren Sie in jedem Fall Schlüsselpersonen und gestalten Sie die Beziehungen mit ihnen aktiv und angemessen (Schlüsselpersonen sind z. B. Vorgänger, die Ihre jetzige Leitungsposition übergangsweise kommissarisch und somit vor Ihnen wahrgenommen haben). Zeigen Sie Interesse an den Erfahrungen von Schlüsselpersonen und ermitteln Sie, zu welchen Einschätzungen Ihr Vorgänger kommt bzw. welche Schwerpunkte er in der Arbeit sieht.

■ Gehen Sie vorsichtig vor, wenn Sie „Sorgenkinder“ übernehmen, also Bereiche oder Teams, in denen besonders häufig Fehler gemacht werden, Beschwerden oder negative Vorkommnisse überhandnehmen oder die Personalfluktuation besonders hoch ist: In solchen Bereichen ist die Gefahr besonders ausgeprägt, zwischen einerseits hohen Erwartungshaltungen und einer andererseits starken Frustrationshaltung geradezu „zerrieben“ zu werden.

■ Nutzen Sie unterschiedliche Quellen und Perspektiven, z. B. externe Prüfberichte oder Ergebnisse von Audits oder Mitarbeiter- und Kundenbefragungen, und studieren Sie die vorliegenden Fakten. Welche Innovationen wurden in den letzten Jahren erfolgreich umgesetzt?

Don’ts bei einer externen Neubesetzung in den ersten 100 Tagen

■ Nicht-Informieren über die Vorstellungen und Erwartungen des Teams.

■ Erwecken des Eindrucks, dass Sie ohnehin alles besser wissen, da Sie selbstverständlich davon ausgehen, dass Sie sich und Ihre Kompetenz bereits in einem anderen Unternehmen erfolgreich unter Beweis gestellt haben.

■ Erfolge, die Sie vielleicht in Ihrem alten Unternehmen erzielt haben, einfach eins-zu-eins auf das neue Unternehmen übertragen. Dazu erfahren Sie Genaueres im Kapitel 3.2 „Der symbolisch-interaktionalistische Rollen- bzw. Führungsansatz“.

Do’s für beide Perspektiven in den ersten 100 Tagen

■ Schaffen Sie klare Strukturen, sodass sämtliche Teammitglieder den Eindruck haben, fair behandelt zu werden. Fairness und Berechenbarkeit sind die wesentlichen Grundsteine einer erfolgreichen Führungskraft.

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