Games of Love - Bittersüße Sehnsucht - Rachel van Dyken - E-Book
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Games of Love - Bittersüße Sehnsucht E-Book

Rachel van Dyken

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Beschreibung

Der heiße Auftakt der "Games of Love"-Reihe von Bestsellerautorin Rachel van Dyken: Jakes Ruf als Frauenheld gefährdet seine Position im Familienunternehmen. Also fasst er einen Plan, der für viel Wirbel in der Familie sorgt ... Kacey und Jake sind zusammen aufgewachsen, doch auf dem College brach der gutaussehende Frauenheld ihr das Herz. Trotzdem haben sie es geschafft, Freunde zu bleiben. Nun bittet er sie, sich als seine Verlobte auszugeben, denn Jakes energische Großmutter fürchtet um seine Zukunft. Kacey lässt sich auf das Spiel ein. Doch als sie das Wochenende bei seiner Familie verbringt, trifft sie auch sie auf Jakes attraktiven Bruder Travis. Und obwohl sie sich von ihm fernhalten will, kann sie nicht verhindern, dass zwischen ihr und Travis die Funken sprühen. Alle Bände der "Games of Love"-Reihe von New York Times Bestsellerautorin Rachel van Dyken: Band 1 - "Bittersüße Sehnsucht" Band 2 - "Unendliches Verlangen" Band 3 - "Entfesseltes Begehren"

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Rachel van Dyken

Games of Love – Bittersüße Sehnsucht

Roman

Aus dem Amerikanischen von Silvia Gleißner

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Wer ist ihr Mr Right?

Kacey und Jake sind zusammen aufgewachsen, doch auf dem College brach der gutaussehende Frauenheld ihr das Herz. Trotzdem haben sie es geschafft, Freunde zu bleiben. Nun bittet er sie, sich als seine Verlobte auszugeben, denn Jakes energische Großmutter fürchtet um seine Zukunft. Kacey lässt sich auf das Spiel ein. Doch als sie das Wochenende bei seiner Familie verbringt, trifft sie auch auf seinen Bruder Travis, der sie in Jugendtagen stets gepiesackt hat. Zu dumm, dass der schweigsame Einzelgänger inzwischen eine unwiderstehliche Anziehung auf sie ausübt.

Inhaltsübersicht

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Epilog

Prolog

Portland, Oregon, 1997

Kacey, jetzt warte doch!« Travis rannte hinter ihr her und lachte Tränen. Kacey war seine beste Freundin, aber das nur in seinem Herzen. Im wirklichen Leben hasste sie ihn, aber er hatte absolut keine Ahnung, wieso. Mit seinen acht Jahren tat er sein Bestes, um ihr zu zeigen, dass er sie mochte, aber das endete jedes Mal damit, dass ihre Gefühle verletzt wurden.

Mädchen waren eben doof.

Schließlich holte ihn sein jüngerer Bruder Jake ein. »Wieso hast du das gemacht, Travis«, fragte er und boxte ihn in die Seite.

Plötzlich fühlte sich Travis’ Zunge viel zu schwer in seinem Mund an. Er wollte erklären, wieso er Kacey zum Stolpern gebracht hatte, ganz ehrlich, aber die Worte wollten nicht heraus. Er hasste es, zu stottern. Das machte das Sprechen schwierig, und es passierte nur, wenn er unbedingt etwas sagen wollte oder wenn Kacey dabei war.

»Ugh!« Jake kickte mit dem Fuß den Dreck über den Boden. »Jetzt will sie mich nicht mal mehr küssen!«

»Dich küssen?«, brüllte Travis. Er war entsetzt darüber, dass sein Bruder überhaupt das Wort küssen in den Mund nahm, geschweige denn, dass er so etwas mit Kacey machen wollte. Und überhaupt, wieso sollte sein sechsjähriger Bruder noch vor ihm einen Kuss kriegen? »Sie mag dich doch gar nicht genug für so was.« Er verschränkte die Arme.

Zumindest so viel wusste Travis – Mädchen konnten Jungs nicht leiden, sie mochten Männer, und er war auf dem besten Weg, ein Mann zu werden. Tatsächlich hatte er erst vor kurzem ein Haar an seinem Kinn entdeckt. Wahrscheinlich würde er sich bis Ende der Woche zum ersten Mal rasieren müssen. Er warf sich in die Brust und schaute seinen Bruder finster an.

»Ach ja? Tja, dich hasst sie.« Jake streckte Travis die Zunge heraus. »Hat sie mir gesagt, und außerdem« – er schob die Hände in die Hosentaschen und holte tief Luft – »werde ich sie heiraten.«

»Machst du nicht!«

»Mach ich doch!«

»Machst du nicht!« Travis schubste seinen Bruder, so dass er zu Boden fiel. »Ich bin älter als du. Also heiratet sie mich.«

Jake streckte ihm wieder die Zunge heraus und klopfte sich dann den Schmutz von der Hose. »Willst du wetten?«

»Au ja!«, meinte Travis und grinste spöttisch. »Will ich. Eine Million Dollar!«

»Schön!« Jake spuckte in seine Hand und streckte sie ihm hin. »Handschlag drauf. Blutschwur.«

»Aber da ist gar kein Blut«, wandte Travis ein.

»Dummkopf! Mom würde uns umbringen, wenn wir echtes Blut nehmen. Aber so gilt es genauso. Hat Kacey gesagt.«

»Na schön.« Travis spuckte ebenfalls in seine Hand und schlug sie gegen die seines kleinen Bruders.

Jake zog eine Grimasse. »Eklig.«

»Werde endlich erwachsen.« Travis verdrehte genervt die Augen und suchte den Garten nach Kacey ab. Er hatte nicht vorgehabt, Kacey zum Stolpern zu bringen. Na ja, eigentlich schon, aber dafür hatte er einen echt guten Grund.

Er wusste ganz sicher, dass Kacey Geschichten über Prinzessinnen liebte. Sie redete ständig davon, dass Mädchen wie Prinzessinnen behandelt werden sollten und dass Jungs Prinzen sein sollten.

Aber wie sollte er denn ein Prinz sein, wenn es keine Drachen gab, die man erschlagen konnte?

Wie konnte er sich beweisen, wenn es keine Monster gab?

Nur gut, dass er der Schlaueste in seiner Klasse war. Er wusste genau, was zu tun war: Er musste sie einfach in Schwierigkeiten bringen, und dann konnte er sie retten.

Als Erstes hatte er ihre Puppe in Brand gesetzt, aber das hatte nicht so funktioniert, wie er es geplant hatte. Sollte heißen, die Puppe lag jetzt in der Mülltonne. Was konnte er denn dafür, dass der Feuerlöscher defekt war?

Als Nächstes hatte er eine Schlange in ihren Schlafsack gesteckt. Als sie schreiend aufgewacht war, war er an ihre Seite geeilt, um die Schlange einzufangen, aber er konnte sie nicht finden! Dann hatte Jake ihn auch noch verpetzt, und Kacey hatte vor Wut geheult.

In einem letzten Versuch, sie zu beeindrucken, band er ihr die Schnürsenkel zusammen, damit sie hinfiel, und dann war er auf die Knie gegangen, um ihr zu helfen.

Aber sie war so wütend, dass sie seine Hände beiseitegeschlagen und ihre Schuhe weggeworfen hatte, und dann war sie heulend davongerannt.

Mädchen.

Er würde sie nie verstehen.

Schließlich versuchte er doch jedes Mal, ihr zu helfen.

Und jedes Mal stieß sie ihn noch heftiger von sich weg.

Was nur eines bedeuten konnte. Um diese Wette zu gewinnen, musste er sich eben noch mehr anstrengen. Und er wusste auch schon genau, wie er das anstellen würde.

»Hey, Jake, weißt du, wo wir hier Steine finden?«

Kapitel 1

Gegenwart

Kacey suchte nach irgendeinem Anzeichen von Belustigung in seinen Augen. Das konnte er doch nicht ernst meinen, nicht Jake. Jake nahm nie irgendetwas ernst. Sie legte ihm kurz die Hand auf die Stirn und schauderte innerlich. Warum Gott einen derart arroganten Kerl auch noch mit dem Gesicht eines Filmstars gesegnet hatte, ging ernsthaft über ihren Verstand.

Aber da war er, ein regelrechter Adonis, und erwiderte ihren Blick, als machten seine Augen nicht jede normalsterbliche Frau nervös.

»Bist du betrunken?«, flüsterte sie, beugte sich zu ihm und verfluchte dabei den Duft nach teurem Aftershave, der von ihm ausging.

Jake schlug ihre Hand beiseite. »Nein, ich bin nicht betrunken. Mensch, Kacey, du tust ja, als würde ich Sex von dir verlangen oder so was.«

»Ausgerechnet das musst du als Beispiel bringen? Sex? Im Ernst? Denn, mal ganz ehrlich, Jake, das hier ist ja noch viel schlimmer!« Ihre Hände zitterten, während sie versuchte, ihre Atmung wieder auf Normalgeschwindigkeit zu senken. Wenn sie weiter so hyperventilierte, bekäme sie hundertprozentig noch eine Panikattacke.

»Wieso ist das noch schlimmer?« Seine Stimme wurde um einiges lauter, und andere Stammgäste im Coffee-Shop schauten zu ihnen herüber.

Seufzend lehnte sich Kacey in dem Ledersessel zurück.

»Ich meine es todernst, Kacey. Das ist die einzige Möglichkeit, sie zu überzeugen.« Jake beugte sich vor, und die Muskeln seiner gebräunten Unterarme spielten unter den aufgerollten Ärmeln, als er die Hände über den Tisch streckte.

»Dir ist schon klar, dass deine Eltern mich kennen, seit ich drei Jahre alt war? Außerdem bin ich überzeugt davon, dass deine Mutter in der Lage wäre, uns auf der Stelle zu durchschauen. Und von deiner Großmutter will ich gar nicht erst anfangen.«

Jakes steinerne Miene verzog sich zu einem Lächeln.

»Lach nicht! Ich meine es ernst, Jake! Diese Frau hätte für das FBI arbeiten sollen.«

»Es liegt an ihren Augen«, meinte Jake schulterzuckend. »Die fangen mich immer ein.« Er schauderte. »Aber du schweifst ab, Kacey. Ich bin verzweifelt.«

»Oh, wow. Tja dann, wenn du es so sagst, wie sollte ich da ablehnen? Du bist verzweifelt! Romantiker bist du jedenfalls keiner. Ich habe echt keine Ahnung, wie du es geschafft hast, der begehrteste Junggeselle der Stadt zu werden, und das mit einundzwanzig Jahren. Beeindruckend.« Ungläubig schüttelte sie den Kopf.

»Echt jetzt, das weißt du nicht?« Er beugte sich vor, und sein Bizeps unter dem grauen Hemd spannte sich an, als wolle er es jeden Augenblick sprengen. Sein glattrasiertes Gesicht zeigte einen Anflug von Bartschatten, und das dunkle gewellte Haar fiel ihm in die Stirn. Klare grüne Augen sahen sie an, und sie konnte einfach nicht die innere Stärke aufbringen, den Blick von seinen Lippen abzuwenden, als er sich mit der Zunge darüberleckte.

Mist. Sie musste den Typen nur ansehen und geriet tatsächlich schon ins Schwitzen. Da half es auch nicht, dass sie heute zum ersten Mal wieder von ihm gehört hatte, seit dem Vorfall. Nicht, dass jetzt der Augenblick wäre, um selbigen zur Sprache zu bringen.

»Schön.« Kacey befahl ihrem Herzen, nicht mehr so schnell zu schlagen, und schloss wieder die Augen. »Jake, das wird niemals klappen. Wieso überredest du nicht eine von diesen Stripperinnen, mit denen du immer gehst, da mitzumachen?« Und bitte, um der Liebe Gottes willen, lass mich in Ruhe. Zu viele Erinnerungen starrten sie durch seine Augen an, und sie war nicht sicher, ob sie das ertragen konnte. Nicht, nachdem sie gehört hatte, dass das Restaurant, das einst im Besitz ihrer Eltern gewesen war, erst kürzlich zwei neue Standorte eröffnet hatte, einen davon in Seattle. Die Wunde schien überall wieder aufzureißen. Sie schauderte und ließ Jake sein Plädoyer fortsetzen.

»Ähm, weil das Stripperinnen sind?« Jake hob die Hand und schüttelte den Kopf. »Willst du meine Großmutter umbringen? Denn ich versichere dir, das wird ihr nur noch einen Schlaganfall bescheren.«

Kacey stutzte. »Noch einen Schlaganfall? So wie in ›sie hatte schon ein paar‹?« Hat Oma Nadine mir deshalb seit einem Monat nicht mehr geschrieben?

Jake zuckte zusammen. »Ja, es ist schlimmer geworden.« Er fuhr sich mit der Hand durch sein dichtes Haar. »Hilfst du mir oder nicht? Ich bezahle dir auch …«

»Du willst mich bezahlen?« Kacey schnaubte. »So, wie du deine Stripperinnen bezahlst? Wieso habe ich das Gefühl, dass ich davon gar nichts haben werde?«

Jake grinste. »Wow, also, ich hasse es ja, schwere Geschütze aufzufahren, aber du schuldest mir was.«

»Ich schulde dir was?«, wiederholte Kacey. »Oh, dann bitte sehr, kläre mich mal auf, wie es sein kann, dass ich dem großen Jake Titus einen Gefallen schulde. Darauf bin ich wirklich furchtbar gespannt.« Sie hob fragend die Augenbrauen und tippte mit einem manikürten Fingernagel gegen ihre Tasse mit dem inzwischen kalten Kaffee.

»Na gut.« Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »In der fünften Klasse wolltest du einen Hund. Deine Eltern sagten nein. Also bin ich, als der gute Freund, der ich bin, in den Laden gegangen und habe dir einen gekauft.«

»Das zählt nicht«, warf Kacey ein. »Du hast ihn nach dir benannt.«

»Er hatte dunkles Fell«, argumentierte Jake. »Und außerdem hast du jede Nacht mit ihm in einem Bett geschlafen.« Sein Grinsen war schamlos, und Kacey wollte ihm dafür am liebsten eins auf die Nase hauen.

Sie öffnete den Mund, um ihm das zu sagen, aber er schnitt ihr das Wort ab.

»In der achten Klasse …«

»Oh, Herr im Himmel.«

»In der achten Klasse«, wiederholte er mit einem Augenzwinkern, »warst du in Stevenson Merrit verknallt. Und ich als dein guter Freund habe ihm erzählt, dass du die beste Küsserin der ganzen Schule wärst. Ihr beide seid ein Jahr lang miteinander gegangen, bis du ihn für grünere Weiden sitzenlassen hast.«

»Ach, so nennst du dich also heutzutage. Grünere Weiden.« Kacey lächelte herablassend.

»Tja nun, stimmt ja auch.«

»Aber das reicht nicht.« Kacey seufzte. Er war so nahe, dass sie sein Shampoo riechen konnte. Eine würzig-männliche Mischung aus Minze und Zimt, die ihre Sinne mit der Vision eines Mannes quälte, den sie nie wieder haben konnte. Stopp – Kommando zurück. Den sie von vornherein nie hatte.

»Also gut.« Jake schüttelte den Kopf. »Eigentlich wollte ich das nicht tun.«

Kacey sah ihn gespielt gelangweilt an und wartete.

»In deinem ersten Jahr am College hattest du einen Fisch, den du Stuart getauft hast. Der hässlichste Fisch, der je existierte.«

»Hey!« Sie funkelte ihn an. »Er war mein bester Freund.«

»Den du zwei Wochen lang in der Schule zurückgelassen hast, in der Annahme, dass deine Zimmergenossin mit Mutter-Teresa-Komplex sich schon um ihn kümmern würde.«

»Sie hat diesen Fisch tatsächlich immer gehasst«, grummelte Kacey.

»Also, wer hat deinen Fisch zu sich geholt?«

Kacey starrte auf ihre Hände.

»Wer hat den Fisch bei sich aufgenommen, Kacey?«

Mit einem tiefen Seufzer antwortete sie: »Du hast den Fisch aufgenommen, Jake.«

»Also habe ich gewonnen. Noch einmal, du schuldest mir was. Außerdem, willst du wirklich, dass meine Großmutter stirbt? Dieselbe Großmutter, die dir dabei geholfen hat, beim jährlichen Absolvententreffen zur Ballkönigin gewählt zu werden? Die Oma, die allen Ernstes deine Makkaroni-Halsketten getragen hat? Es ist wirklich ganz einfach. Mach mit, nur für ein Wochenende, und du bist mich los.«

Kacey starrte auf den Tisch und weigerte sich, ihm zu antworten. Vielleicht, wenn sie bemitleidenswert genug dreinschaute, würde er sie dann einfach in Ruhe lassen. Es genügte schon, sich im selben Raum mit ihm aufzuhalten, dass sich ihr das Herz zusammenkrampfte.

»Kace«, seufzte Jake, »du hast keine Ahnung, wie wichtig mein Image für mich ist.«

»Wow, das hilft dir ja mal überhaupt nicht dabei, mich umzustimmen«, antwortete Kacey ungehalten.

»Ich brauche das.« Jake griff über den Tisch und nahm ihre Hand. Seine Hände waren so groß und so warm, als könnte er ihr allen Schmerz nehmen, wenn sie sie nur festhielt. Aber sie kannte die Wahrheit. Dieselben Hände hatten sie vernichtet, sie zerstört, und letztendlich hatten diese egoistischen Hände ihr nie ihr Herz zurückgegeben. »Ich werde deine Studiendarlehen bezahlen.«

»Woher weißt du überhaupt von meinen Studien…«

»Ich weiß alles.« Er grinste. »Das ist mein Job. Komm schon, du musst dein Abschlussjahr am College bis zum Ende durchziehen, Kace. Die Abschlussprüfung liegt schon drei Monate zurück. Willst du wirklich hier versauern, während alle anderen da draußen sind und etwas aus sich machen?«

Der Typ sollte bloß nie versuchen, Anwalt zu werden. Kacey wäre echt überrascht, wenn sie beim Verlassen des Coffee-Shops noch ein Mindestmaß von Selbstachtung hätte. So wie die Dinge gegenwärtig lagen, würde sie gern feststellen, ob es wohl machbar wäre, mit dem Kopf hart genug auf den Tisch zu schlagen, um sich dabei eine Gehirnerschütterung zu holen.

»Bitte«, flehte Jake und drückte ihre Hände, »tu es für mich. Tu es für Oma. Hölle noch mal, tu es für dich. Du musst die Schule zu Ende machen, Kace, und nachdem deine Eltern …«

»Wage es ja nicht, sie da mit hineinzuziehen.«

Jake schluckte schwer und ließ ihre Hand los. Seine Finger wanderten über ihr Kinn und drehten ihren Kopf zu ihm herum, so dass er ihr direkt in die Augen sehen konnte. »Es ist nur für das Feiertagswochenende. Wie schlimm kann es schon sein? Wir waren schließlich immer die besten Freunde.«

Mit Betonung auf waren. Seit dem Abschluss hatte er ihr nicht mal eine Textnachricht geschickt.

»Herzloser Milliardär …«, murmelte Kacey. Der Kerl hatte echt keinerlei Schamgefühl. Das Üble dabei war, dass sie wirklich dringend die Schule zu Ende machen musste, und sie konnte ihre Darlehen nicht mehr lange zurückbezahlen. Alles Geld, das ihre Eltern ihr hinterlassen hatten, war in die Tilgung der Schulden ihrer Eltern geflossen, und, nun ja, die Seattle University war auch nicht gerade billig.

»Milliardär? Noch nicht, Babe. Herzlos?« Jake strich ihr mit der Hand übers Gesicht. »Ich glaube, darauf kennen wir beide die Antwort.«

Erinnerungen an seine Berührung überschwemmten Kaceys Sinne, bis sie glaubte, sie könne nicht mehr atmen. Das war ein Weg, den sie einmal zu oft mit diesem Mann gegangen war. Zuerst in der Highschool und dann noch einmal auf dem College. Sie hätte nie gedacht, dass das Leben den einzigen Mann, dem sie je ihr Herz geschenkt hatte, so verändern könnte. Aber Jake hatte sich verändert, und das würde sie ihm nie verzeihen. Kacey starrte auf ihren Schoß und schloss die Augen. Wie konnte er immer noch so viel Macht über sie haben? Eine einzige Berührung, ein Köder, und sie war bereit, genau das zu tun, was er wollte.

Gut, sie hatte schon immer eine Schwäche für seine Großmutter gehabt, so unheimlich die auch sein konnte. Außerdem war Oma Nadine die Einzige gewesen, die Kacey geholfen hatte, eine Zeit in ihrem Leben zu überwinden, in der es ihr egal gewesen war, ob sie im Schlaf starb oder weiterlebte. Die finsteren Jahre waren genau das: finster. Kacey schauderte, als sie daran dachte, wie schlimm es gewesen war. Wenn Oma Nadine jetzt krank war und Jake ihr helfen wollte und wenn er das wirklich durchzog und ihre Schulden bezahlte – das wäre es wert.

»Nur übers Wochenende?«, fragte Kacey schwach. »Und du sagst, Oma war die ganze Zeit sentimental und fühlte sich nicht gut?«

Jake nickte. »Sie sagt, sie will dich sehen, und meine Eltern müssen endlich aufhören, mich mit diesem Pressefiasko wegen dieser Stripperin zu nerven. Wenn ich dich mit nach Hause bringe, mit meinem Ring am Finger, dann ist alles vergeben und vergessen. Dad wird nicht denken, dass er aus dem Ruhestand zurückkehren muss, und Oma wird mich nicht erschießen. Jeder hat was davon. Außerdem, wie ich schon sagte, Image ist alles, und ich will immer noch am Ende des Monats Omas Firma komplett übernehmen. Der Vorstand macht dabei aber nicht mit, wenn ich weiterhin schlechte Presse kriege. Also brauche ich alle Leute zu meiner Unterstützung. Danach gehen wir getrennte Wege, ich täusche eine Trennung vor, weine im Fernsehen, und, na ja, dann werden zumindest die Vorstandsmitglieder, die mich hassen, Mitleid mit mir haben.«

Er wartete nicht erst auf ihre Zustimmung, sondern griff in seine Tasche. »Es geht um mehr als nur um mich. Es ist für Oma, Kace. Es geht ihr nicht gut. Und das hier könnte vielleicht das Einzige sein, das in ihr den Wunsch weckt, weiterzuleben.«

Kacey sah ihn aus schmalen Augen an. Verlogener Bastard. In den einundzwanzig Jahren seines Lebens hatte Jake nicht besser lügen gelernt? Sein Lächeln war angespannt, und er atmete schwer. Aber er hatte Oma ins Spiel gebracht.

Plötzlich fühlte Kacey sich unwohl. Am liebsten wollte sie direkt ins Flugzeug steigen. Jake wusste nicht, dass sie noch immer mit seiner Oma Kontakt hatte, und sie wollte auch nicht, dass er es erfuhr. »Also gut, aber Oma darf nichts von den Studiendarlehen erfahren. Okay?« Kacey hielt ihm die Hand hin und hoffte, dass Jake das leichte Zittern nicht bemerkte.

Jake atmete hörbar aus und lächelte. »Danke, dass du das für mich tust.«

Kacey sah ihm in die Augen. »Für Oma. Ich tue das für Oma und für mich.« Nicht für dich, nie wieder für dich, Jake. Der Rest des Gedankens hing in der Luft. Plötzlich erschien ihr der Coffee-Shop viel zu klein, um hier Dämonen der Vergangenheit auszugraben. Kacey gab ein zittriges Lachen von sich und rieb die schweißfeuchten Hände an ihren Jeans ab. Sie fürchtete, dass er es irgendwie noch schlimmer machen würde, indem er lächelte oder ihr eine mitleidige Umarmung anbot, also nahm sie einen großen Schluck Kaffee.

Jake stieß sich vom Tisch ab. »Richtig, okay. Tja dann, danke, dass du meine falsche Verlobte bist.« Damit holte er einen Drei-Karat-Goldring hervor und steckte ihn ihr siegessicher an den Finger.

»A-aber …«, stotterte sie. »Woher kennst du meine Größe?«

Er lächelte und stand auf. »Kein Mann könnte je diese Hände vergessen, Kacey.«

»Egal, wie viele Hände die männliche Hure schon gehalten hat?«, fragte Kacey zuckersüß.

Jake schmunzelte. »Absolut. Ich sehe dich dann am Freitagmorgen, okay?«

Kacey seufzte. »Okay.«

»Danke, Kace …«

»Nicht der Rede wert.«

Gequält sah Kacey zu, wie der Mann, der immer noch ihr Herz besetzte, pfeifend die Hände in die Hosentaschen schob und den Coffee-Shop verließ. Seattles berühmtester Junggeselle hatte ihr soeben einen Heiratsantrag gemacht. Zwar nur vorgetäuscht – aber trotzdem ein Antrag. Sie sollte wahnsinnig aufgeregt sein.

Aber es war schwer, aufgeregt zu sein, wenn die Liebe ihres Lebens, der Junge, der Schlammkuchen mit ihr gebacken und sie auf die Knie geküsst hatte, wenn sie hingefallen war, nichts weiter in ihr sah, als eine Möglichkeit, aus einer üblen Lage herauszukommen.

Und plötzlich wünschte sie, sie wäre in einer Bar und nicht mitten in der Stadt auf dem Pike Place Market.

Kapitel 2

Jake schob die Hände in die Hosentaschen. Verdammt, sie sah gut aus. Er hatte nicht erwartet, dass er so stark auf sie reagieren würde. Er hatte erwartet, dass sich alles anfühlen würde wie früher. Doch leider war das nicht der Fall. Es fühlte sich verdammt schwierig an. Diese Frau war die personifizierte Sünde, mit Rundungen an den Stellen, wo Jungs sie am liebsten hatten. Ihr Outfit hatte ihre Kurven nur noch mehr zur Geltung gebracht und lustvolle Gefühle in ihm geweckt, was bei einem Mann, der gerade in einem Coffee-Shop saß, gänzlich unangebracht war.

Kacey hatte langes braunes Haar mit honigblonden Strähnchen, wunderschön betont von ihren tiefbraunen Augen. Dazu nehme man noch die niedlichsten zwei Grübchen auf Gottes schöner Erde, und er war drauf und dran, sie auf den Tisch zu legen und über sie herzufallen.

Wenn irgendeine sein Junggesellendasein beenden konnte, dann wäre es Kacey gewesen – nicht, dass er das je zuließe. Den Weg war er mit Kacey einmal zu oft gegangen. Schon in der Highschool waren sie miteinander ausgegangen, hatten aber rasch herausgefunden, dass sie besser nur Freunde sein sollten. Oder lag es vielleicht daran, dass er seinen kleinen Freund einfach nicht in der Hose behalten konnte? Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem, aber mal im Ernst, wer ging denn in der Highschool mit nur einem Mädchen?

Doch der letzte Sargnagel zu ihrer Beziehung war das Ende einer feucht-fröhlichen Nacht im College gewesen. Sie hatten miteinander geschlafen. Es war eine tolle Nacht gewesen – ausgenommen die Tatsache, dass er sich selbst nie verzeihen würde, wie er ihr am nächsten Tag weh getan hatte. Aber was hätte er denn tun sollen? Einfach »Danke schön« sagen? Mit seiner besten Freundin ins Bett zu gehen, das war nicht gerade die weiseste seiner Entscheidungen gewesen. Unglücklicherweise hatte er das erst kapiert, als es zu spät war. Er war ihr Erster gewesen.

Kacey zu verlassen, das war eine der dümmsten und zugleich notwendigsten Entscheidungen gewesen, die er je getroffen hatte. Sie waren immer noch nett zueinander, aber ihre Freundschaft war nie wieder dieselbe, nachdem sie miteinander geschlafen hatten. Gerade das, was Gerüchten zufolge angeblich immer ein Weg war, das Band zwischen zwei Menschen zu stärken, erwies sich letzten Endes als der Auslöser, der eine lebenslange Freundschaft ruinierte.

Die nächsten paar Jahre gingen sie sich so weit wie möglich aus dem Weg. Bei seinem Abschluss umarmte er sie flüchtig und schaute nie wieder zurück.

Noch hatte er sich je bei ihr entschuldigt. Nicht, dass es ganz allein seine Schuld gewesen wäre, aber trotzdem.

Dass er sie jetzt wiedersah, machte ihm zu schaffen, aber das war ein notwendiges Übel.

Der Vorstand hatte darauf beharrt, dass die Firma darunter leiden würde, wenn er sein Image nicht aufpolierte. Nach deren Worten hatte die Firma durch ihn bereits Schaden genommen. Aber woher sollte er denn wissen, dass das Mädchen, mit dem er schlief, zufällig eine Stripperin war? Das hier war immerhin Seattle, und sie war schön. Er hätte nicht gedacht, dass sie damit an die Öffentlichkeit gehen würde oder dass vor dem Hotel in der Stadt passenderweise Fotografen warteten, nach einem nächtlichen Liebesabenteuer, an das er sich immer noch nicht so ganz erinnern konnte. Aber die absolute Krönung des Ganzen war dann der Anruf seiner Mutter gewesen, in dem sie ihm mitgeteilt hatte, seine Großmutter hätte einen Schlaganfall erlitten wegen seiner Herumhurerei. Dass seine Oma ein Blutgerinnsel hatte, war nun definitiv nicht seine Schuld – aber trotzdem.

Eine Woche später hatte Grandma angerufen und ihm ein Ultimatum gestellt. Er sollte Kacey herbringen, damit sie sie noch einmal sehen konnte, bevor sie starb – ihre Worte, nicht seine –, und alles sei vergeben. Sie bestand so sehr darauf, dass Kacey zum Labor-Day-Wochenende nach Hause kommen sollte, dass Jake einfach nicht nein sagen konnte. Und rein zufällig stellte sich noch heraus, dass auch eine Fotografin der Seattle Times ihre Familie in Portland besuchen wollte. Sie versprach Jake, ein paar Fotos von ihm und Kacey im Flugzeug zu machen, und dazu ein paar tolle Aufnahmen von dem riesigen Klunker an Kaceys Finger.

Jake grinste. Manchmal war er so brillant, dass es ihm schon selbst Angst machte. Was konnte da noch schiefgehen? Er war als Nächster an der Reihe für den Posten des Firmenchefs von Titus Enterprises. Das war ein hübsches Sümmchen wert, und sobald er sein Image aufpoliert hatte, würde seine Großmutter nicht nur hinter ihm stehen, sondern dem Vorstand auch noch den kleinen Schubs geben, der nötig war, um ihn zu einem der jüngsten Firmenchefs der Welt zu machen.

Kacey würde es verstehen. Sie war genau der richtige Typ Frau dafür. Er musste ihr einfach nur logisch erklären, wieso das auch in ihrem besten Interesse war. Schließlich würde es nicht nur ihrer Karriere helfen, wenn man sie mit ihm sah, sondern damit investierte er quasi in ihre Zukunft.

Im Grunde genommen sollte sie ihm dankbar sein!

Das Handy klingelte, und Jake schaute prüfend auf die Uhr und schüttelte den Kopf. Er hatte viel zu viel Zeit damit verbracht, dieses umwerfende Mädchen dazu zu überreden, seine Verlobte zu spielen. Jetzt musste er länger als nötig vom Büro wegbleiben.

Mit einem Schulterzucken marschierte er zu seinem Range Rover und stieg ein. Endlich musste er sich wegen seiner Großmutter und der Firma keinen Stress mehr machen.

 

»Tut mir leid. Könntest du das bitte wiederholen? Es klang, als hättest du gerade gesagt, du wärst verlobt.« Char saß Kacey gegenüber, im Lieblingsrestaurant der beiden in Belltown.

»Yep.« Kacey nippte nur an ihrem Wein, auch wenn sie einen kurzen Moment lang überlegt hatte, ob sie nicht einfach die Flasche nehmen und austrinken sollte. »Das habe ich gesagt.«

»Mit Jake?«

»Yep.«

»Jake Titus?«, fragte Char noch einmal, um auch ganz sicherzugehen, und nahm einen kräftigen Schluck von ihrem Wein.

»Genau dem.« Wieso konnte Kacey nicht aufhören zu zittern? Es war nur ein Wochenende. Ein Wochenende schaffte sie. Du liebe Güte, es war ja nicht so, als müsste sie mehr machen, als vorzugeben, in ihn verliebt und heiß auf ihn zu sein und aufgeregt und …

Also musste sie im Grunde genommen gar nicht schauspielern. Sie musste nur dafür sorgen, dass ihr Herz nicht von besagtem Milliardär in zigtausend Stücke zerfetzt wurde.

»Ich kann das nicht.«

»Natürlich kannst du das nicht«, wiederholte Char, und ihre Stimme wurde um einiges lauter. »Weißt du denn nicht mehr, was dieser Kerl dir im College angetan hat? Ist dein Erinnerungsvermögen diesbezüglich immer noch getrübt? Denn ich bin mir ziemlich sicher, dass er damals mit dir geschlafen und danach so getan hat, als sei es gar nicht passiert.«

»Ich weiß.« Kaceys Stimme zitterte. »Aber zu seiner Verteidigung: Ich habe nie versucht, mit ihm zu reden …«

»Spiel jetzt bloß nicht den Advokatus Diaboli, Kace. Im Ernst. Ihr beiden wart euer ganzes Leben lang die besten Freunde! Weißt du noch? Ich war das fünfte Rad am Wagen. Ich habe eurem Liebesdrama direkt von der ersten Reihe aus zugesehen, und dann war ich in jener Nacht mittendrin, als hätte mich ein Bus gestreift. Tu es nicht.«

Kacey wusste, dass das, was Char sagte, Sinn ergab, aber trotzdem … »Ich habe ihm schon gesagt, dass ich es mache.«

»Dann sag ihm, du hast es dir anders überlegt!«

Kacey schüttelte den Kopf und erwiderte kleinlaut: »Ich kann nicht.«

Char kniff die Augen zusammen. Sie holte dreimal tief Luft und winkte dann der Kellnerin.

»Ja bitte?«, fragte diese.

»Wir brauchen Tequila, sofort.«

»Char, jetzt ist wohl kaum die richtige Zeit für Tequila«, protestierte Kacey.

»Ach wirklich? Du hast dich gerade mit dem berühmtesten Junggesellen in Seattle verlobt, um nett zu sein und ihm einen Gefallen zu tun. Noch mal, bestes Beispiel: Er hat dich verlassen!«

»Nicht so laut!«, zischte Kacey ihrer Freundin zu und warf den Leuten, die aus ihren Nischen zu ihnen herüberstarrten, ein entschuldigendes Lächeln zu. »Es ist nur ein Wochenende.« Außerdem hatte Char keine Ahnung, dass Kacey noch so viele Schulden wegen der Schule hatte. Sie hatte, was den Abschluss anging, allen vorgemacht, sie sei nur einen Kurs hinterher, nicht sieben.

»Richtig.« Char schnaubte. »Sofern ich Jake gut kenne, und ich denke, das tue ich, dann wird das nicht nur ein Wochenende. Er hat noch was im Ärmel. Je besser diese Männer aussehen, umso mehr manipulieren sie einen. Glaub mir.«

Der Tequila wurde gebracht, und Char stürzte ihren hinunter, bevor sie weitersprach. »Außerdem, nachdem du dieser Farce von Verlobung zugestimmt hast, wird er denken, dass er dich von Kopf bis Fuß befummeln kann.«

Kacey verdrehte die Augen. »Er geht mit Models aus und offenbar auch mit Stripperinnen. Schau mich an, Char. Sehe ich wie eines von beiden aus? Ich bin keine Nutte. Und ich lasse mich nicht von ihm flachlegen.«

Char schnaubte wieder. »Hm! Seit der Nacht damals hast du dich von niemandem flachlegen lassen, und das weißt du auch. Du stehst immer noch auf ihn, und du hast die ganze Zeit am College gebraucht, um darüber hinwegzukommen! Und jetzt bist du wieder am Nullpunkt.«

Kacey ignorierte Chars offensichtliche Geringschätzung hinsichtlich ihrer Fähigkeit, sich einen Mann zu angeln, wandte den Blick ab und schnaubte. Ihre Finger klopften an den Rand der Tequilaflasche, und Gedanken an Jake purzelten ganz von allein durch ihren Kopf.

»Was zum Teufel tue ich da bloß?«

»Da sagt sie es selbst.« Char schüttelte den Kopf und stürzte noch einen Tequila hinunter.

»Ich meine …« Kacey betrachtete ihre Hände. »Ich muss mehr als drei Tage mit ihm allein sein, und dann muss ich auch noch seine ganze Familie belügen!«

»Und, lass uns mal ehrlich sein«, warf Char, etwas lauter als normalerweise, ein, »du bist so ziemlich die schlechteste Lügnerin auf diesem Planeten.«

»Bin ich nicht.« Der schlechteste Lügner war Travis, Jakes Ausgeburt von einem Bruder. Aber Kacey weigerte sich, an Travis zu denken. Als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, es waren Weihnachtsferien, hatte er sie angebrüllt, weil sie den Briefkasten der Familie umgefahren hatte. Sie hatte geheult, er hatte noch ein wenig weitergebrüllt, und dann hatte er sich für die restliche Zeit ihres Besuches geweigert, mit ihr zu reden. Das war drei Jahre her.

»Bist du doch!« Char zeigte mit ihrem manikürten Finger auf Kacey. »Weißt du noch, damals auf der Highschool, als wir uns aus dem Haus schleichen und auf Jakes Geburtstagsparty gehen wollten?«

»Nein«, log Kacey und versuchte verzweifelt, ihre Schuldgefühle zurückzudrängen.

»Echt jetzt? Von all den Gelegenheiten heute, bei denen du nein sagen könntest, suchst du dir ausgerechnet die aus? Ernsthaft? Was ist mit dem guten alten ›Nein‹ passiert, als du mit Jake geredet hast? Oder als er dich umgarnt hat, um …«

»Das war etwas anderes, und das weißt du auch. Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass ich meiner Mom nicht so sehr die Unwahrheit gesagt habe. Wenn der Hund aufgehört hätte zu bellen, dann …«

Char warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Gib nicht dem Hund die Schuld. Selbst wenn der Hund aufgehört hätte zu bellen, hättest du das als Ausrede genommen, um deiner Mom alles zu beichten. Und später hättest du mir erzählt, dass es ein Zeichen von Gott war, dass du gesündigt hast.«

Kacey wandte den Blick ab. Nur weil ihre Freundin absolut recht hatte, hieß das nicht, dass sie die Tatsache anerkennen musste. Also wenn schon. Ja, sie war ein klein wenig prüde, aber das eine Mal, das eine Mal in ihrem Leben, als sie beschlossen hatte, zur Sache zu kommen …

Sie war so was von am Arsch.

Und das nicht nur in einer Hinsicht.

Kacey stieß einen tiefen Seufzer aus und bedeutete Char, ihr noch einen Tequila einzuschenken. »Trotzdem, ich habe ja gesagt, und du weißt, wie ich zu Verpflichtungen stehe.«

Char fluchte. »Du bist loyaler als mein Hund, und der ist blind, soll heißen, total von mir abhängig, inklusive der Frage, wann und wo er sein Geschäft machen soll.«

»Deine Unterstützung ist erstaunlich.« Kacey lächelte zuckersüß und ließ ihrem Tequila einen großen Schluck Wasser folgen. Sie brauchte einen klaren Kopf, wenn sie angemessen planen wollte, wie das Wochenende vonstatten gehen sollte. Eines war mal sicher. Jake durfte sie nicht anrühren – er durfte nicht einmal Hand an sie legen. Denn andernfalls war sie nicht sicher, ob sie in der Lage wäre, nein zu sagen.

»… und noch was …«

O Mann! Sprach Char immer noch von ihrem verdammten Hund?

»Wenn du dich von ihm anfassen oder küssen lässt …« Sie schlug mit der Faust auf den Tisch, und ihre Augen schimmerten leicht glasig vom Tequila. »Wenn er mit einer seiner perfekt manikürten Hände deine nackte Haut auch nur streift, dann kastriere ich ihn.«

Kacey presste die Lippen aufeinander und nickte. »Danke, Char. Ich weiß gar nicht, was ich ohne dich machen würde.«

»Ich au’nich’ …« nuschelte Char, und Kacey bat um die Rechnung. Wahrlich, es passierte nicht jeden Tag, dass eine Freundin sich wegen ihr betrank. Aber Kacey wusste es besser. Char war die treueste Art von Freundin. Wenn Kacey weinte, dann weinte Char auch. Wenn Kacey drohte, Jake umzubringen, dann bot Char an, einen Killer anzuheuern, und wenn Kacey schließlich ihr Leben weiterlebte und Jake nur noch erwähnte als den Mann, der nicht genannt werden darf, ging Char noch einen Schritt weiter und nannte ihn um ihretwillen Bastard.

In jedem Fall versuchte Char einfach nur zu helfen, auch wenn ihre Methoden ein wenig extrem waren.

Kacey legte ein paar Geldscheine auf die Rechnung und half ihrer Freundin nach draußen. Und die ganze Zeit über fragte sie sich, wie sie das kommende Wochenende überleben sollte.

Kapitel 3

Bist du übergeschnappt?«, rief Travis. »Du hast Kacey erst erpresst und dann angeheuert? Dieselbe Kacey, mit der du früher gebadet hast? Die Kacey?«

Jake war nicht in der Stimmung, sich vor seinem Bruder zu rechtfertigen. Im Ernst, wieso war das so ein großes Ding? Er hatte einen Gefallen eingefordert – na und? »Tut mir leid, Mann, aber ich habe heute Abend eine Menge Arbeit. Können wir uns später damit beschäftigen?«

Daraufhin schwieg Travis eine ganze Weile, und das war wirklich kein gutes Zeichen. Denn das bedeutete, dass er nachdachte, und das wiederum hieß, dass er wahrscheinlich Kopfschmerzen davon bekommen und dann am nächsten Morgen Jake dafür die Schuld geben würde. Er und Travis hatten in den letzten paar Jahren nicht viel miteinander geredet. Sollte heißen, bis ihre Großmutter letztes Jahr angefangen hatte, sich in das Leben der beiden einzumischen.

Der arme Travis war dabei größtenteils außen vor geblieben, aber sie hatte ihn schon im Visier.

Von den beiden Brüdern der Familie war Travis der Beschützer gewesen, derjenige, der immer nach den Regeln spielte. Wenn Jake und Kacey früher um zwei Uhr morgens Feuerwerkskörper abgebrannt hatten, war Travis derjenige, der die Konsequenzen auf sich genommen hatte. Er konnte es nicht ertragen, Jake oder Kacey in Schwierigkeiten zu sehen.

Doch als Jake dann auf dem College mit seiner besten Freundin so unglaublichen Mist baute, hatte Travis geschworen, er würde seinem Bruder nie verzeihen, dass dieser sich dem einen perfekten Mädchen gegenüber wie ein Arschloch verhalten hatte. Jake hatte Travis zwar nie von den wahren Gründen erzählt, wieso er sich mit Kacey zerstritten hatte, aber er nahm an, sein Bruder dachte wahrscheinlich das Schlimmste. Wenn er nicht so genau über Travis’ Gefühle gegenüber Kacey Bescheid wüsste, könnte er glauben, sein großer Bruder sei ein wenig in sie verknallt.

Aber das konnte gar nicht sein. Im Gegenteil, Travis hatte Kacey noch mehr gepeinigt als Jake, und das sagte eine Menge, denn er selbst hatte in seiner Kindheit an Streichen nicht gespart.

Travis allerdings hatte den Vogel abgeschossen. Es war kein Tag vergangen, an dem er nicht Kacey an den Haaren zog, Steine warf, oder einen ›Mädchen-sind-hässlich-und-doof‹-Klub gründete und dann Kacey zum Maskottchen kürte.

Das Schweigen am anderen Ende der Leitung endete. »Ich bin einfach nicht sicher, ob das die beste aller Ideen ist, Mann. Ich meine, sie ist das Mädchen, das dich nackt gesehen hat, noch bevor du in der Pubertät warst. Mom wird merken, dass da was im Busch ist.«

»Nein.« Jake fluchte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Sie wird nichts merken, weil wir es ihr nicht sagen werden, nicht wahr, Travis?«

»Dir ist schon bekannt, dass ich in unserer Familie der schlechteste Lügner von allen bin?«, fragte Travis.

»Nein, nein, bist du nicht. Das ist Kacey …«

»Oh, na dann …« Travis fluchte.

»Spielt keine Rolle. Im Moment bedeutet es Kacey viel. Außerdem, willst du wirklich, dass Oma stirbt?«

»Hm, wenn sie herausfindet, dass du lügst, wird sie mehr tun als nur sterben. Zehn Dollar, dass sie erst der Schlag trifft, und danach bittet sie den lieben Gott, sie noch mal zurückzuschicken, damit sie dich höchstpersönlich kaltmachen kann. Glaub mir, wenn irgendwer mit dem Herrgott auf Du und Du ist, dann Oma. Wahrscheinlich hilft er ihr noch dabei, dein Ableben zu planen …«

»Bist du fertig? Das mit der Arbeit war kein Witz. Wenn wir bis Freitag in Portland sein sollen, dann muss ich diesen ganzen Papierkram hier durchgeackert kriegen.«

Travis seufzte wieder in den Hörer und verwünschte Jake wahrscheinlich noch mal dafür, dass dieser ihn Loyalität und Stillschweigen schwören ließ. »Na schön, aber wenn dir das Ganze um die Ohren fliegt, und das wird es, dann weiß ich von nichts.«

Jake schnaubte. »Vertrau mir, niemand wird glauben, dass du Teil eines derart brillanten Plans warst.«

»Tja, na dann, viel Glück. Du wirst es brauchen.« Damit wurde die Verbindung getrennt, und Jake blieb mit seinen Gedanken allein.

Vielleicht war es das Beste, Kacey nicht zu erzählen, dass der Erzfeind ihrer Kindheit das Wochenende ebenfalls bei der Familie verbrachte. Denn falls sie erfuhr, dass Satan – ihre Worte, nicht seine – auch in Erscheinung treten würde, dann würde sie in null Komma nichts einen Rückzieher machen.

Auf seinem chaotischen Schreibtisch summte der Computer. Er war allein in seinem Büro mit einem Berg an Papierkram. Papierkram, auf dessen Erledigung er nach seinem heutigen Treffen mit Kacey keine große Lust mehr hatte.

Wann war sie nur so erwachsen geworden? Und so kurvenreich? Er stöhnte. Vielleicht war er ja nur erschöpft. Es gab jede Menge andere Frauen, die ihm die Tür einrannten.

Jede Frau, außer der einen, die davongekommen war. Was, zum …? Glaubte er denn wirklich, er hatte sie davonkommen lassen? Er schüttelte den Kopf.

Es spielte keine Rolle mehr. Und es war das Beste so. Nachdem es passiert war, war ihm klargeworden, dass er nicht gut für sie war und sie stets jemanden in ihm sehen würde, der er nicht war. Kacey hatte immer so hohe Erwartungen. Er war ein Kerl, und da sie keine Brüder hatte, war es ihm mehr wie eine Art Heldenverehrung vorgekommen.

Bis sie ihm diesen Blick zuwarf.

Der hatte ihn geschafft. Das einzige Mal in seinem Leben, dass er sich hatte hinreißen lassen, seine beste Freundin ins Unglück zu stürzen, war dieselbe Nacht, in der er das einzige Mädchen verloren hatte, mit dem er sich je eine Zukunft hätte vorstellen können.

Er fluchte und wischte die Papiere von seinem Schreibtisch.

Er hätte ihren Geist abgetötet. Sie wäre langsam neben ihm eingegangen, und er hätte ihr das übelgenommen. Sie hätten sich gegenseitig vorgeworfen, dass sie nicht das waren, was der jeweils andere brauchte.

Also, warum hatte er trotz all seiner Brillanz beschlossen, einen Gefallen von ihr einzufordern? Er hätte Kacey ohne weiteres nach Hause zu Grandma bringen können, auch ohne diese Farce von Verlobung. Klar, seine Eltern wären darüber nicht annähernd so glücklich gewesen, aber es wäre trotzdem noch alles gut. Vielleicht versuchte er damit unbewusst, einen Fehler wiedergutzumachen. Mit ihm zusammen zu sein, konnte ihre Sympathiewerte nur steigern, aber er hätte jede dafür bezahlen können, das Wochenende mit ihm zu verbringen. Verflixt, wahrscheinlich müsste er nicht mal bezahlen.

Jakes Schreibkram starrte ihn unbarmherzig an. Er ließ die Papiere auf dem Boden liegen, machte das Licht aus, sperrte sein Büro ab und schlenderte zu den Aufzügen.

»Wieso habe ich sie ausgesucht?« Jake rieb sich über den Nacken.

Er drückte den Knopf zum Empfangsbereich und beantwortete seufzend seine eigene Frage: »Weil sie die Einzige ist, bei der mir meine Familie glaubt, dass ich total und irre in sie verliebt bin.«

 

»Fertig!« Schwungvoll öffnete Kacey die Tür ihres Apartments. Sie trug enganliegende Laufhosen, ein viel zu großes Sweatshirt, das ihr kokett über die Schulter fiel, und einen unordentlichen Haarknoten.

Der schlimmste Alptraum eines jeden Mannes – ein Mädchen, das tatsächlich gut aussieht, ohne es überhaupt zu versuchen. »Und mach dir keine Sorgen, ich habe wirklich nicht viel gepackt!« Sie ließ ein strahlendes Lächeln aufblitzen und zog zwei kleine Taschen hervor.

Jake nickte anerkennend. »Ich muss sagen, ich bin beeindruckt.«

Kacey machte einen kleinen Knicks. »Ich lebe für deinen Beifall.«

»Solltest du auch.« Jake lachte.

»Und jetzt bring meine Sachen zum Auto. Ich bin deine müde Zukünftige, also los geht’s mit Hofieren.«

»Hofieren?«

»Yep.« Sie zog die Tür zu und sperrte ab. »Du weißt schon, du musst mich behandeln, als sei ich für dich attraktiv, sexy, das Beste, was in deinem Bett gelandet ist, seit …«

Kacey erstarrte mitten im Satz, und ein Ausdruck puren Entsetzens huschte über ihr Gesicht. Jake wusste nicht, was er tun sollte: Sollte er sie umarmen, sie ignorieren oder sich einfach dafür entschuldigen, dass er sich bei allem, was zwischen ihnen vorgefallen war, wie ein kompletter Mistkerl verhalten hatte.

»Ähm, Kace …«

»Also, wir sollten los!« Sie versetzte ihm einen Klaps auf die Schulter und lief an ihm vorbei, so dass die mühsame Aufgabe, ihr Gepäck drei Stockwerke hinunterzutragen, ihm überlassen blieb.

Es war wie eine Buße für seine vielen Sünden. Wirklich, er würde sich lieber erdolchen lassen, als diesen Ausdruck von Schmerz in Kaceys Augen sehen zu müssen. Es war, als hätte ihr gerade jemand erklärt, dass es den Weihnachtsmann gar nicht gab.

Als er beim Auto ankam, wartete Kacey bereits daneben. »Nettes Wägelchen.«

»Ich, ähm …« Wieso fühlte er sich plötzlich so verlegen wegen seines Erfolges? »Ist ganz gut, denke ich.«