Games of love – Entfesseltes Begehren - Rachel van Dyken - E-Book
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Games of love – Entfesseltes Begehren E-Book

Rachel van Dyken

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Beschreibung

Prickelnde Romantik im Finale der erfolgreichen "Games of Love"-Reihe von Bestseller-Autorin Rachel van Dyken: Wieso ausgerechnet Jace?, fragt sich Beth, als sie ihn auf der Hochzeit ihrer Schwester wiedersieht und sich auf den ersten Blick in ihn verliebt. Schon zu Schulzeiten hatte sie starke Gefühle für ihn, doch damals wie heute stand ihr ihre Schüchternheit im Weg. Zum Glück gibt es Oma Nadine! Die resolute alte Lady verfrachtet Beth und Jace kurzerhand in ein Pärchen-Hotel im Ferien-Paradies Hawaii, damit sie endlich der knisternden Anziehung nachgeben, die zwischen ihnen herrscht. Aber Beth muss erst lernen, sich selbst zu vertrauen, ehe sie mit Jace glücklich werden kann. Alle Bände der "Games of Love"-Reihe von New York Times Bestsellerautorin Rachel van Dyken: Band 1 - "Bittersüße Sehnsucht" Band 2 - "Unendliches Verlangen" Band 3 - "Entfesseltes Begehren"

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Seitenzahl: 384

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Rachel van Dyken

Games of Love – Entfesseltes Begehren

Roman

Aus dem Amerikanischen von Silvia Gleißner

Knaur e-books

Über dieses Buch

Wieso ausgerechnet Jace?, fragt sich Beth, als sie ihn auf der Hochzeit ihrer Schwester wiedersieht und sich auf den ersten Blick in ihn verliebt. Ausgerechnet er, den sie seit der Highschool kennt und der so gut aussieht, dass ihr bei seinem Anblick der Atem stockt. Beth ahnt nicht, dass Jace sie genauso sexy findet, denn die hoch angesehene Chemikerin wurde zu oft wegen ihrer Intelligenz zurückgewiesen. Ein Fall für Oma Nadine, die schon viele junge Liebende ins Glück geführt hat. Kurzerhand verfrachtet sie Beth und Jace in ein Pärchen-Hotel, damit sie endlich der gegenseitigen Anziehung nachgeben. Doch leider erweisen sich die beiden als weit störrischer als gedacht!

Inhaltsübersicht

WidmungVorwortPrologKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Kapitel 30Kapitel 31Kapitel 32Kapitel 33Kapitel 34Kapitel 35Kapitel 36Kapitel 37Kapitel 38Epilog
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Für Oma Nadine, weil sie praktischerweise immer wieder vergisst, sich selbst zu zensieren, seit sie achtzig geworden ist ;)

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Vorwort

Ich denke, es versteht sich von selbst … diese Serie wäre nicht möglich ohne meine echte Großmutter, Oma Nadine. Sie ist einfach wunderbar, und wenn ich groß bin, möchte ich – ganz ehrlich – so sein wie sie. Ich habe noch nie eine Frau von siebenundachtzig Jahren gesehen, die roten Lippenstift und High Heels so unglaublich souverän trägt. Ich schwöre, die Frau hat mehr Energie als ich. Bei unserer letzten gemeinsamen Signierstunde war ich diejenige, die auf der Bank sitzen bleiben wollte, als sie mich am Arm packte und mich dazu bringen wollte, mit ihr auf Besichtigungstour zu gehen. Natürlich habe ich mich mit beiden Händen an der Bank festgehalten und versucht, nicht von der Stelle zu weichen – aber gegen Oma Nadine kämpft man nicht an. Sie besitzt geheime Kräfte, die es unmöglich machen, mit ihr zu streiten, also tat ich am Ende, was sie wollte, und hatte am nächsten Tag Blasen an den Füßen.

Bis heute habe ich in dem Notizheft neben meinem Telefon eine spezielle Rubrik für »Grandmaismen«, und es freut mich, kundzutun, dass sie immer, wenn sie etwas Unangebrachtes sagt, kurz stutzt und dann meint: »Das schreibst du jetzt aber nicht in ein Buch, oder?« lol Ich bin so froh, dass Ihr sie ebenso sehr liebt wie ich.

Dieses Buch wird das letzte in der Games of Love-Serie sein … oder? Ich lasse alle Fäden hübsch zusammenlaufen, aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob Grandma schon gewillt ist, sich zur Ruhe zu setzen. Ich kann mir vorstellen, dass sie mich, wie Alice im Wunderland, in ein neues Kaninchenloch zerrt, wo ich dann am Ende drei weitere Bücher schreibe.

Vielen Dank für Eure Unterstützung bei dieser Serie!

Wie immer könnt Ihr meine Abenteuer auf Facebook (Rachel van Dyken), Wattpad (Rachel van Dyken), Twitter (@RachvD) verfolgen, oder Ihr könnt Euch meiner Gruppe Rachel’s New Rockin Readers anschließen, um kurze Vorschauen und Bonusmaterial zu bekommen und Euch an Diskussionen zu beteiligen!

Und auch wie immer: Wenn Euch das Buch gefällt, schreibt eine Rezension, wenn es Euch nicht gefällt, schreibt auch eine Rezension. Rezensionen helfen mir, auch wenn sie nicht überragend sind. :)

Ich liebe Euch alle!!

Drück Euch,

RVD

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Prolog

Highschool-Abschlussball 2000

Ich presste die Hände auf das glatte weiße Kleid, das meine Mutter mir gekauft hatte. Char sah mir zu und musterte mit skeptischem Blick erst das Kleid und dann mein Gesicht.

»Bist du sicher, dass er dich gefragt hat?«

»Char!« Ich verdrehte die Augen. »Zum zweiten Mal … ja, er hat mich gefragt, letzte Woche im Biologiekurs.«

Als würde ich ernsthaft einen der coolsten Momente meines Teenagerlebens vergessen. Mein heimlicher Schwarm hatte mich doch tatsächlich angesprochen, und es ging gar nicht um etwas Dummes wie etwa, ob ich seine Hausaufgaben für ihn machen oder dem heißeren Mädchen eine Nachricht rüberreichen könnte. Weil er mich bemerkt hatte.

Ich wusste, dass sich die neuen Klamotten auszahlen würden. Das war die einzige Erklärung. Ich hatte meine alten Jeans gegen neue Designerjeans ausgetauscht und dazu ein paar T-Shirts von Abercrombie gekauft.

»Und du bist dir sicher?« Chars Stimme klang sehr hoch, was bedeutete, dass sie ziemlich gestresst war.

»Wieso fragst du ständig?«

Char drehte eine Strähne ihres dunklen, welligen Haares um den Finger. »Es ist nur so, dass ich schwören könnte, ich hätte gehört, dass er mit Jessica geht.«

»Tja« – ich sprühte mir etwas Parfüm an den Hals und seufzte –, »da hast du eben falsch gehört. Also, wie sehe ich aus?«

Char lächelte. »Wundervoll. Wie eine Märchenprinzessin.«

Leicht schwindelig klatschte ich in die behandschuhten Hände. Das Motto des Abschlussballs war Schwarz und Weiß. Ich trug ein trägerloses weißes Kleid wie Cinderella, mit Glitzer am Oberteil, und dazu schwarze Handschuhe.

Ich konnte meine Aufregung nicht verbergen. Ich würde mit Brett Xander auf den Schulball gehen. Grundbegrifflich der heißeste Typ meiner Schule. Er hatte mich gefragt! Ich meine, ich war keine totale Streberin, aber es war auch nicht gerade so, dass ich ganz oben auf der Hitliste stand. Ich war Abschiedsrednerin und Vorsitzende der Studentenorganisation »Future Business Leaders of America«. Aber er hatte mich zur Kenntnis genommen, und er hatte mich gefragt, und als er gestern anrief, um die Details zu besprechen, wäre ich fast tot umgefallen.

Es klingelte.

Ich sauste die Treppe hinunter und rutschte auf der letzten Stufe beinahe aus, bevor ich tief Luft holte und die Tür öffnete.

»Beth.« Bretts Lächeln blendete mich, und meine Knie wurden weich. »Du siehst wunderschön aus.«

Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen, gab einen Laut von mir, der sich sehr nach mädchenhaftem Seufzen anhörte, und bot ihm den Arm. Meinen Eltern hatte ich ausdrücklich gesagt, wenn sie auch nur ein einziges Foto machten, würde ich mich weigern, jemals zu heiraten und ihnen Enkelkinder zu schenken. Also waren sie widerstrebend im Arbeitszimmer geblieben und gönnten mir diesen einen Augenblick nur für mich selbst.

»Also, bist du so weit?« Brett geleitete mich zu der wartenden Limousine.

Tatsächlich, eine Limo.

Ich seufzte wieder.

Ich nickte, als er die Tür öffnete, unfähig, einen Satz zu formulieren. Der vornehme Ledersitz lockte. Vielleicht bekam ich meinen ersten Kuss? Oder einen Schluck Wein? Oder …

»Hey, Beth!«, rief ein Chor mehrerer Mädchen.

Was …? Ich stieg in die Limo und verschluckte mich fast an meiner Zunge. Vier Mädchen saßen gesittet da und tranken Brause. Sie alle waren mit mir im selben Biologiekurs, und keine von ihnen war sonderlich beliebt. Wenn überhaupt, waren sie noch unbeliebter als ich.

Verwirrt sah ich mich nach Brett um, um eine Erklärung von ihm zu verlangen, aber da schlug er mir auch schon die Tür vor der Nase zu.

»Er fährt nicht mit uns?«, fragte ich, während ein ausgewachsener Anfall von Panik bei mir einsetzte.

»Du machst Witze, oder?«, fragte eines der Mädchen lachend. »Brett Xander? Mit uns? Dieselbe Luft atmen? Ähm, nein, das hier ist seine gute Tat für dieses Jahr. Ihm fehlte noch ein Schein für Biologie, und wie es aussieht, hat Miss Sims eine Schwäche für uns, nachdem wir so viel Arbeit in unserem Advanced-Program-Kurs hatten. Sein zusätzlicher Schein besteht darin, etwas Nettes für die Abteilung Biologie zu tun, und da es sich hier ja um Brett Xander handelt, nun ja, kannst du dir vorstellen, was dieses ›etwas Nettes‹ ist.«

»Wir«, murmelte ich. »Also, wie? Er geht mit uns allen zum Abschlussball?«

»Nein.« Das Mädchen schlürfte an seiner Limo. »Er holt uns in einer Limousine ab, trifft seine Freundin in der anderen Limo und läuft mit uns in der Turnhalle ein. Aber zumindest bekommt jede von uns einen Tanz mit ihm. Ich meine, er wird König des Abschlussballs. Sagen alle.«

»Richtig.« Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen und debattierte mit mir selbst, ob ich wieder aus der Limo aussteigen solle oder nicht. Doch gerade als ich die Tür öffnen wollte, fuhr der Wagen los.

Plötzlich fühlte sich das Kleid zu eng an, und ich kam mir wie eine Närrin vor. Schließlich, welcher Typ stand schon auf eine superlangweilige Streberin mit Kontrollzwang und einer Vorliebe für Katzen? Jedenfalls nicht Brett Xander. Ich machte mir doch nur selbst etwas vor, wenn ich dachte, er würde mich auch nur zweimal ansehen.

»Hey, willst du auch was trinken?« Eines der Mädchen warf mir eine Pepsi zu. Ich fing sie auf, stellte sie aber auf den Sitz.

»Nein danke.« Ich sparte mir den langen Vortrag darüber, dass dieses Zuckerwasser Krebs verursachte, und konzentrierte mich stattdessen auf meine schwarzen Handschuhe. Dieselben schwarzen Handschuhe, für die meine Mutter über dreißig Dollar ausgegeben hatte, weil sie so aufgeregt war, dass ich ein Date hatte.

Ich konnte jetzt keinen Rückzieher machen. Ich konnte nicht einfach nach Hause gehen und ihnen die Wahrheit sagen.

Also würde ich tapfer sein und gute Miene machen müssen. Aber eines Tages …

Eines Tages würde ein Typ, noch viel heißer als Brett, mich bemerken. Dafür würde ich sorgen. Aus mir würde keine verrückte Katzen-Lady werden oder das Mädchen, das in seiner gesamten Collegezeit nicht wenigstens mit mehr als einem Jungen herummachte.

Ich musste nur den Richtigen finden.

Einen, der mir nicht das Herz in eine Million Stücke brach.

Einen, der nicht zu gut aussah.

Kommando zurück – einen, der nicht besser aussah als ich.

Und einen, dem ich vertrauen konnte.

Also im Prinzip hieß das: kein Date mit einem Rechtsanwalt, Arzt, Model, Promi oder Feuerwehrmann. Und absolut unbedingt: Ich durfte nie einen Politiker heiraten.

Ich meine, wer war denn je derart verzweifelt?

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Kapitel 1

»Ihnen wird vorgeworfen, einen US-Senator entführt zu haben. Wie bekennen Sie sich?«

Oma Nadine schmunzelte. Amateure. Sie zwinkerte dem FBI-Agenten zu und antwortete keck: »Nun, schuldig natürlich.«

Beth

Mir taten die Beine ziemlich weh. Ich presste mein Gesicht in ein weiches Kissen, das schwer nach reichem Politiker roch, und erinnerte mich deutlich daran, dass ich mindestens drei Plätzchen gegessen hatte – oder waren es vielleicht vier?

Stöhnend versuchte ich, mich zu bewegen, aber mein ganzer Körper, gar nicht zu reden von meinem Gehirn, erklärte mir, dass das eine schmerzhaft schlechte Idee sei. Ich versuchte es trotzdem. Und schrie auf.

Noch mal, nicht meine Schuld.

»Was, zum Teufel …?«, grummelte eine tiefe Stimme irgendwo unter mir.

Ich schloss die Augen.

»Du kannst die Augen nicht zumachen. Ich weiß doch, dass du wach bist.«

»Das ist nur ein Traum«, murmelte ich, und meine Stimme klang ungewohnt rauh. »Ich bin nur ein Phantasiebild. Schwöre. Noch zwei Sekunden, und du fühlst dich …«

»Beschämt«, sagte die Stimme. »Das wolltest du doch sagen, oder? Absolut niederschmetternd beschämt?«

Ich öffnete die Augen. »Was?« Ich hätte sie zu lassen sollen.

Wirklich. Es sind die Kleinigkeiten im Leben, die einen drankriegen. Mund zu. Augen zu. Tu so, als würdest du das nicht sehen. Mist. Manches kann man einfach nicht vergessen.

Und dieses Gesicht?

Diese Lippen?

Strahlend blaue Augen?

Blondes Haar, das gerade bis über die Ohren geht?

Offiziell in meinem permanenten Speicher abgelegt, bis an mein Lebensende, allein mit all meinen Katzen.

»War nur ein Scherz.« Mr. … Sexy lachte leise. »Ich dachte nur, ich werfe das mal ein, damit du dich wohler fühlst.«

Ja klar, denn wenn man barfuß bis zum Hals auf einem vollkommen Fremden lag, dann schrie das ja förmlich nach: Hey, lass uns Witze erzählen. Ich bin dabei. Hastig grapschte ich nach dem Laken und machte, dass ich von ihm wegkam, wobei ich dem armen Kerl noch das Knie in den Leib rammte.

Er stieß ein paar Kraftausdrücke aus und brachte seinen Luxuskörper auf der anderen Seite des Bettes in Sicherheit vor der Katastrophe, die ich darstellte. »Das darfst du niemandem erzählen, weißt du.«

Als sei ich wirklich scharf darauf, meinen gegenwärtigen Zustand der Nacktheit öffentlich zu machen.

»Was denn?« Ich versuchte, meine Stimme hoch und schrill klingen zu lassen wie die der dummen Tussis im Fernsehen. Also, im Prinzip stellte ich mich gerade dumm.

»Echt jetzt?« Er drehte sich um. Ein Grübchen zeigte sich schüchtern auf seiner rechten Wange, als er mich belustigt ansah.

Ich kicherte.

Hey, ich sagte nicht, dass ich gut darin wäre, mich dumm zu stellen. Ich war schließlich Chemikerin, um Himmels willen! Meine Version von »sich dumm stellen« bestand darin, dass ich dem anderen Geschlecht die Gelegenheit gab, den Aufzugknopf für mich zu drücken, in der Hoffnung, dass er für so viel Ritterlichkeit mit mir im Bett landen würde. Ich glaube, mit meinem Haar spielen und mehr als einmal blinzeln gehörte auch dazu.

Ja, das war mein Spiel.

»Tja …« Ich zuckte mit den Schultern. »Ich sollte, ähm, dann mal gehen.« Wieso, zum Henker, konnte ich mich an gar nichts von letzter Nacht erinnern? So etwas passierte doch niemals mir, das war so überhaupt nicht ich. Hastig schnappte ich mir den BH vom Boden, mein Brautjungfernkleid vom Stuhl – und, o Mist, meine Pumps aus dem Badezimmer, obwohl sie aussahen, als hätte sich jemand darauf übergeben. Na toll, war das von mir? War ich betrunken gewesen?

»Machst du das oft?«

Sexy Zuckerstückchen hielt mich an den Armen fest, und das war der Augenblick, in dem es passierte. Nein, nicht das, was Ihr denkt. Liebe Güte, ich wünschte, es wäre so einfach: Er packt mich an den Armen, ich gerate in Verzückung, verliebe mich hoffnungslos, und am nächsten Tag ist Hochzeit in Las Vegas mit dem Doppelgänger von Chris Hemsworth.

Nö. Nicht meine Realität.

Also noch mal zurück zum Thema.

Ich mache solche Sachen nicht.

Ich schlafe nicht mit Typen.

Korrektur: Ich habe noch nie mit einem Typen geschlafen. Nie. Nie. Nie. Niemals. Waren das jetzt zu viele Nies? Bei Batman und Robin, fing ich jetzt auch noch zu schwitzen an? Wie unattraktiv konnte ich mich denn noch für den Sexgott machen? Und wieso, zum verdammten Teufel, drang er in meine persönliche Distanzzone ein?

Ich schloss die Augen, um Erinnerungen an die vergangene Nacht heraufzubeschwören.

Brautjungfernkleid, gutaussehende Trauzeugen, Oma Nadine gibt mir etwas zu trinken. Kuchen, Tanzen, noch etwas zu trinken von Oma Nadine, und dann Jace und ich beim Tanzen, wir lachen, steigen in ein Auto und … o je. Plätzchen.

Verdammt noch mal, Politiker Jace!

Er war erwachsen geworden, seit ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Korrektur: Er war zu dem Typ männliches Zuckerstück herangewachsen, das einen zum Weinen bringen kann. Ich hatte nie irgendjemandem von jener Nacht erzählt – von der Nacht, in der er im Grunde genommen meine Seele davor bewahrt hatte, vom Quarterback unseres Footballteams zerschmettert zu werden. War das jetzt die Art, wie ich es ihm dankte? Ich war ihm nur einmal im Leben begegnet. Ein Mal! Von allen schmutzigen Politikern, mit denen ich ins Bett fallen könnte, wieso musste es ausgerechnet Jace sein?

Derselbe Jace, der laut Oma Nadines Überredungskünsten Trost brauchte, nachdem meine Schwester ihm angeblich das Herz gebrochen hatte.

Tja, getröstet hatte ich ihn wohl. Und Oma Nadine hatte bestimmt nicht im Sinn gehabt, dass ich den Trauzeugen verführte und dann ASAP verließ.

Mit einem Politiker zu schlafen, das machte mich im Grunde genommen zu einer Nutte.

Na toll, dann hatte ich also meine Unschuld an einen Mann verloren, der eines Tages Präsident werden würde. Monica Lewinsky und ich sollten Facebook-Freunde werden. Andererseits bezweifelte ich, dass sie noch Jungfrau war, als sie und Bill …

»Hast du mich gehört?«

»Jawohl.« Ich nickte. »Laut und deutlich.« Ich würde so was von in der Hölle landen dafür, dass ich ihm ins Gesicht log.

»Prima, dann lass uns einfach alles zusammenpacken.«

Alles zusammenpacken? Was? So als hätten wir in diesem Hotelzimmer einen Undercover-Einsatz absolviert? Was war mit dem Jace aus der Highschool passiert? Dem, der auf einem weißen Pferd ritt und Jungfrauen in Nöten rettete?

»Ich denke, das ist das Beste.« Jace fluchte und hob sein Handy auf. »Geh nur nicht nach draußen. Um der Liebe Gottes willen, geh nicht raus. Ich muss den Sicherheitsdienst rufen. Aber vorher muss ich duschen. Iss ein Plätzchen. Ich weiß ja, dass du die magst.«

»Was?« Ich drehte mich zu ihm um. Zu ihm in all seiner nackten Pracht. Noch so ein Punkt in meinem Leben, an dem ich lieber die Augen hätte schließen sollen, anstatt zu glotzen.

Ein Paar schwarze Boxershorts – das war das Einzige, was seinen Körper bedeckte. Alles andere von ihm? Auf dem Präsentierteller. Und ich sah ganz genau hin. Hey, kein Urteil über mich, bitte. Außerdem, wann würde ich je die Chance bekommen, Perfektion aus dieser Nähe zu betrachten? Noch nie hatte ich einen Typen gesehen, der so viele harte Muskeln um die Körpermitte herum hatte, oder jemanden, dessen Arme tatsächlich größer wirkten als mein Kopf. Offenbar hatte Mr. Senator eine leichte Obsession für körperliche Fitness – nicht dass mich das störte.

An dem Sixpack, das sich mir da in aller Modelschönheit präsentierte, würde sich vermutlich niemand stören.

»Beth?« Jace schmunzelte. »Bist du wach, oder schlafwandelst du gerade?«

Mein Kopf ruckte hoch, und ich nahm seinen belustigten Blick wahr. »Bin wach. Tut mir leid, wie war noch mal die Frage?«

»Plätzchen?« Er schmunzelte wieder. »Du hast gestern Nacht über einer ganzen Dose von den Dingern geweint.«

Ich wollte offiziell die Zeit zurückdrehen. Ich verliere meine Unschuld an einen schmutzigen Politiker, und dann heule ich auch noch in eine Plätzchendose? Wo bleibt denn da die Gerechtigkeit, Herrgott! Die Fairness! Die …

»Ich glaube, da in der Ecke sind noch welche.« Er zeigte auf die Minibar.

Urplötzlich hatte ich Heißhunger, also marschierte ich hinüber, immer noch halb nackt wohlgemerkt, und schnappte mir die kleine Dose. Na toll, ich hatte also offiziell mein halbes Körpergewicht von etwas verputzt, von dem ich wusste, dass es mir in fünf bis sieben Jahren höchstwahrscheinlich Krebs bescheren würde. Großartig. Ich warf die Dose zu Boden. »So hungrig bin ich nicht.«

»Solltest du aber sein, nach so viel Körpereinsatz.«

»Wie bitte?« Ich wirbelte so schnell herum, dass ich mich an dem Minikühlschrank festhalten musste.

Jace schnappte sich ein T-Shirt und zog es sich über den gebräunten und getrimmten Körper. »Nur die Ruhe, Beth, nicht das, was ich meinte.« Seine Augen blitzten vor Belustigung.

Ha, ich bin’s, Scherzkeks. Ich runzelte beharrlich weiterhin die Stirn und stemmte sogar die Hände in die Hüften, um meine Missbilligung auszudrücken.

Zwinkernd schnappte Jace sich die halbleere Dose, nahm ein Plätzchen heraus und hielt es mir vor die Nase. »Du hattest Hunger. Ich sagte dir, iss ein Plätzchen. Du sagtest nein.«

»Und?«, fragte ich schulterzuckend.

»Und, der Grund für dein Nein war, dass du keine Zeit für Fitnesstraining hättest, also bot ich dir an …«

»Ich bin ziemlich sicher, wohin diese Geschichte führt.« Ich hob abwehrend die Hand.

»Richtig.«

Jace aß das Plätzchen, dann noch eines und machte mir den Mund wässrig. Mieser, fieser Clinton-Fan!

»Aber du hast mich abblitzen lassen und gesagt, Kniebeugen wären genauso gut wie … du weißt schon.« Er räusperte sich. »Also bist du dazu übergegangen …« Er wedelte schmunzelnd mit dem Plätzchen vor meiner Nase herum.

»O bitte.« Ich biss mir auf die Lippe und schloss die Augen. »Bitte sag mir, dass ich nicht nackt Gymnastik gemacht habe, um Plätzchen essen zu können.«

»Okay.« Er verdrückte noch ein Plätzchen und marschierte dann ins Badezimmer.

Als ich hörte, dass das Wasser in der Dusche lief, stieß ich einen Seufzer der Erleichterung aus.

Ich war noch etwa fünf Sekunden davon entfernt, mich in Fötalposition zusammenzurollen, als er rief: »Du hast fünf Plätzchen gegessen und, dank deiner außerordentlichen mathematischen Kompetenz, entschieden, dass dreißig Kniebeugen pro Plätzchen den aufgenommenen Kalorien entsprechen würden. Allerdings hast du noch einigen Unsinn von dir gegeben, dass Gymnastik den Krebs nicht besiegt, und dann hast du noch eine ganze Menge Quatsch erzählt und bist schließlich mit dem Schlachtruf sterbt, mutierte Zellen, sterbt umgekippt.« Daraufhin folgte Gelächter. »Oh, und du hast die Faust in die Luft gereckt. Ich denke, du wolltest dramatisch wirken.«

Und dann – ohrenbetäubende Stille.

Ich wollte am liebsten tot umfallen.

»That’s what you get for waking up in Vegas«, sang der Mann unter der Dusche.

Na toll, und jetzt sang er auch noch mokant Katy Perry.

Schlimmer konnte es gar nicht mehr werden.

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Kapitel 2

»Schuldig?« Der FBI-Agent seufzte schwer und griff nach seiner Kaffeetasse. »Ihnen ist klar, dass Sie im Gefängnis landen?«

Oma Nadine zuckte die Schultern. »Wäre nicht das erste Mal, dass ich für das Wohl der Allgemeinheit einfahre.«

»Das Wohl der Allgemeinheit?«, fragte der Mann und kniff die Augen zusammen.

»Aber natürlich. Nach dem Kalten Krieg saß ich ein paar Monate lang in einem russischen Gefängnis. Ich war Spionin und schuldig, einen Regierungsbeamten vergiftet zu haben. Allerdings konnten sie es nie beweisen. Ich schmuggelte ihm bei einem heißen Kuss etwas in den Mund.« Sie griff in ihre Leopardenmuster-Handtasche. »Minzbonbon gefällig?«

Jace

Na toll, und auf meinem Grabstein steht mal: ›Sie ließ sich mit viel zu jungen Männern ein‹«, rief Beth und übertönte damit meine Darbietung von Katy Perry, als sie ins Badezimmer kam.

Ich wollte die Situation etwas aufheitern, doch dann bekam sie mitten im Zimmer eine Panikattacke. Ich fragte mich immer noch, wie lange es wohl dauern würde, bis ihr bewusst wurde, dass ich gerade duschte – nackt –, und sie stand da und wiegte sich vor und zurück wie jemand, der sich kurz vor einem Nervenzusammenbruch befindet.

»Ich kann es nicht fassen, dass ich mit dreißig immer noch keine vernünftigen Entscheidungen treffen kann!«

Irgendwas – ich denke, es war ein Schuh – knallte an die Wand. Noch mehr Schimpfen. Wow, das war ja richtig sexy.

»Wieso, zur Hölle, kann mir nicht so was wie ›betrunken SMS schreiben‹ passieren? Moment. Gibt’s das überhaupt noch? Sohn eines …« Noch mehr Getöse. Und dann – Stille.

Um ehrlich zu sein, ging mir die Stille mehr an die Nieren als der Nervenzusammenbruch. Mit Gebrüll konnte ich umgehen. Schließlich war ich Politiker. Leute, die jeden einzelnen Tag ihres Lebens mit Gebrüll und Gemecker verbrachten, waren mein täglich Brot. Aber Stille? Reines Kryptonit. Also, wenn Beth sich nicht zusammenriss, würde Superman ganz offiziell auf dem Mond abstürzen.

Ihre Augen waren grüner, als ich sie in Erinnerung hatte. Andererseits war mein Gedächtnis nicht so großartig; es war über zehn Jahre her. Zehn Jahre, und diese verdammten Augen gingen mir immer noch nicht aus dem Kopf. Instinktiv fuhr ich mir mit der Hand hinters Ohr, an die Narbe. Ebenso gut hätte sie ein leuchtend rotes Warnschild sein können, auf dem stand: Gefahr. Bei meinem letzten Zusammentreffen mit Beth war ich im Krankenhaus gelandet.

Wir hatten also einen One-Night-Stand gehabt. Mordsding. So etwas machten Leute doch dauernd.

Ich meine, ich nicht. Aber Leute. Mussten sie ja, oder? Woher sonst wüsste Hollywood den ganzen Müll über One-Night-Stands, Aufwachen in Vegas und all die Ashton Kutchers, die sich in all die Cameron Diazes verliebten?

Ich schloss die Augen, um die Erinnerungen auszublenden. Verflixt. Es war das dumme Kleid gewesen, das mich zur Strecke gebracht hatte. Es hatte mich an den Abschlussball erinnert, an ihren süßen Duft, und nach ein paar Drinks war ich fällig.

»Ich werde sterben. Und dann brenne ich in der Hölle«, jammerte Beth.

Na ja, zumindest sprach sie jetzt wieder.

Ich räusperte mich und schüttelte die Reue über Vergangenes ab, verbannte sie tief in den Teil meines Gedächtnisses, in dem ganze Schachteln mit Spinnweben daran standen. »Moment, wieso stirbst du?«

Die Dusche musste meine Frage übertönt haben, denn Lady Durchgeknallt plapperte einfach weiter.

»Nein, Kommando zurück. Darüber schreiben sie noch: Sie liebte ihre Katzen sehr, das Flittchen mit den viel zu jungen Männern.«

Ich stellte die Dusche ab, nahm ein Handtuch, wickelte es mir um die Hüften und stieg heraus.

»Ich kann dir immer noch nicht folgen.« Ich zuckte zusammen, als sie fast in einer Pfütze ausrutschte, die ich auf dem Boden hinterlassen hatte. Ups.

»Ach …« Beth holte einige Male tief Luft und presste die Fingerspitzen an ihre Schläfen. »Hilf mir einfach, die Dusche anzustellen, dann kannst du gehen.«

»Etwa kein Fan von persönlicher Hygiene? Wenn du nicht weißt, wie man eine Dusche bedient? Heißes Wasser: diese Richtung.« Ich zeigte nach rechts. »Kaltes: die andere.« Ich zeigte nach links. »So einfach wie Apfelkuchen backen.«

Beth’ Magen grummelte, und ihr Gesicht wurde flammend rot.

»Ah, dann mag die Dame nicht nur Plätzchen, sondern auch Apfelkuchen?«

»Die Dusche ist zu ausgefallen«, brummelte Beth und wechselte das Thema. »Hilf mir einfach, damit dieser Alptraum ein Ende hat und ich nach Hause gehen und Wein trinken kann, bis ich tot umfalle.«

»Tod durch Alkoholismus. Der Klassiker. Du würdest eine großartige Politikerin abgeben.«

Beth kniff die Augen halb zusammen. »Nur die Dusche, keine Karriereberatung. Ich bin absolut zufrieden damit, Krebs zu heilen, vielen Dank.«

»Und wie kommst du voran?« Ich lehnte mich an den Türrahmen, und irgendwie genoss ich diese Unterhaltung mehr, als ich sollte.

»W-was?« Ihr Blick glitt zwischen meinem nackten Oberkörper und meinem Mund hin und her.

»Mit Krebs heilen.«

»Ich, ähm …«

»Wow, ich sehe schon, die Menschheit ist in guten Händen. Kann nicht mit der Dusche eines schicken Hotels umgehen und antwortet auf meine Fragen mit ›ähm‹.«

»Macht nichts.« Sie seufzte ärgerlich. »Geh aus dem Weg, ich mache sie selbst an.«

»Na, das Kunststück möchte ich gern sehen.« Ich lachte und sah zu, wie sie in die Dusche stieg.

»Was?«

»Wie du dich selbst anmachst«, witzelte ich.

»Warst du gestern Abend auch schon so ein Blödmann, oder habe ich dich derart schöngetrunken?«

»Schöngetrunken?« Ich stieg zu ihr in die Dusche und legte meine Hände auf ihre. »Das erweckt den Eindruck, als hättest du ohne Alkohol gar nicht mit mir geschlafen.«

»Also«, hauchte sie, und ihre Hände unter meinen zitterten.

»Also« – ich drehte den Hebel langsam nach rechts und trat zur Seite –,»Alkohol hatte gar nichts damit zu tun.«

Heißes Wasser strömte aus dem Duschkopf, direkt auf Beth und ihr blütenweißes Laken. Als das nasse Laken an ihrem nackten Körper klebte, machte sie ein derart entsetztes Gesicht, dass ich mir auf die Lippe beißen musste, um nicht laut loszulachen.

»Raus!«, rief sie hysterisch.

»Bin schon weg.« Ich hob die Hände und stieg, immer noch lachend, aus der Dusche.

Ich hätte schwören können, dass ich hörte, wie sie Selbstgespräche führte, während ich meine Klamotten einsammelte und anfing, mich anzuziehen. Vielleicht war es ja gut, das alles seelisch zu verarbeiten.

Die ganze Sache, sich zu betrinken und auf der Hochzeit meines guten Freundes mit einer Brautjungfer zu schlafen?

Ja, so etwas hatte ich noch nie gemacht, aber vielleicht gab es ja Bonuspunkte dafür, dass ich die Brautjungfer tatsächlich schon gekannt hatte, bevor ich mit ihr ins Bett gestiegen war. Ja? Nein?

Meiner begrenzten Erfahrung nach bedeutet ein One-Night-Stand für gewöhnlich einen peinlichen Morgen danach, wenn die Realität wieder einsetzt und man erkennt, dass man nicht bereit für eine Beziehung ist. Dazu gehört dann für gewöhnlich, dass der Typ versucht, aus dem Bett zu schlüpfen, ohne die Bestie zu wecken. Diese wiederum, wenn sie hört, dass ihr Bettgenosse sich regt, ist sofort hellwach und klammert sich an ihm fest, ohne dabei zu bedenken, dass der Mann gar nicht fähig ist, etwas anderes zu fühlen als die scharfen Klauen der Frau, die sich in seine Haut bohren.

Fast immer fließen Tränen, gefolgt von Geschrei; und wenn der Typ Glück hat, räumt das Mädchen die jeweiligen Räumlichkeiten und stößt dabei lautstark Obszönitäten aus. Falls er überhaupt kein Glück hat, endet er für gewöhnlich mit einem Beutel Tiefkühlerbsen, die er fest an seinen besten Freund presst.

Seinen anderen besten Freund.

Ich musste kurz lachen.

Tja, also dieser One-Night-Stand war verdammt perfekt.

Zwar hätte ich schwören können, dass Beth im Badezimmer immer noch Selbstgespräche führte – aber zumindest kreischte sie nicht herum und kratzte mir auch nicht die Augen aus. Andererseits … Ich zuckte zusammen, als ich die Schulter bewegte und ein Knacken durch meinen ganzen Körper vibrierte. Was in aller Welt war letzte Nacht passiert? Alles war so verschwommen. Das Einzige, woran ich mich erinnerte, war der Alkohol, und dann Beth, die Plätzchen aß. Und an die Plätzchen erinnerte ich mich nur deshalb, weil sie so verflucht wunderschön aussah, als sie sie aß. Klingt verrückt, aber es ist die Wahrheit. Sie hatte sie nicht einfach in sich hineingestopft, sondern sich mit jedem einzelnen Zeit gelassen. Und jedes Mal, wenn sie von einem Plätzchen abgebissen hatte, hätte ich schwören können, dass ich diesen Biss bis in die Zehenspitzen spürte.

Sie hatte schon immer dieses ganz besondere Etwas an sich gehabt, abgesehen von ihrem offensichtlich guten Aussehen, dem glänzenden dunklen Haar und diesen Katzenaugen. Sie zog mich magisch an. Und das, seit ich siebzehn Jahre alt war. Mist, ich kam mir vor, als wäre ich wieder siebzehn. Mein Körper jedenfalls reagierte eindeutig dementsprechend.

Unsere kurze Begegnung auf dem Abschlussball hätte nicht so kurz sein sollen, und das wiederum vermittelte mir eine Ahnung davon, wieso ein One-Night-Stand mit ihr eine schlechte Idee war. Unser letztes Zusammentreffen? War nicht gut ausgegangen. Meine Gefühle hatten eindeutig nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Ich hatte mich in jener Nacht wie ein glotzäugiger, faszinierter Teenager verhalten, und sie war absolut nicht beeindruckt gewesen. Gut, dass ich es nie geschafft hatte. Sie jetzt wiederzusehen, das ließ die alten Gefühle wieder aufleben. Verdammt! Sie sollten doch sicher weggesperrt bleiben. Ich war inzwischen achtundzwanzig Jahre alt. Ein erwachsener Mann. Senator, um Himmels willen. Ich kniff mir in den Nasenrücken. Mein Problem? Die Details unserer heißen gemeinsamen Nacht waren mehr als schwammig.

Das musste doch ein schlechtes Zeichen sein.

Andererseits, ich hatte absolut keinen Kater. Nicht einmal Kopfschmerzen.

Genau genommen fühlte ich mich, abgesehen von einem Muskelkater, phantastisch.

Was auch immer. Schulterzuckend machte ich mich auf die Suche nach meinem Koffer. Dann stutzte ich.

Wieso, zum Teufel, war mein Koffer nicht hier? Erinnerungen kamen zurück. Ich war für die Hochzeit bei Familie Titus untergekommen. Das bedeutete, mein Koffer stand immer noch dort, und ich war … hier? In wessen Hotelzimmer befand ich mich denn eigentlich? Denn es war eindeutig nicht meines!

Ich kratzte mich am Kopf und gab mir dann selbst eine Ohrfeige, um irgendwelche Erinnerungen zurückzuholen. Aber – nichts. Immer noch keinen Schimmer. Vielleicht wusste Beth mehr?

Richtig. Das will doch jede Frau hören: »Hey, du bist echt heiß, aber ich habe absolut keine Erinnerung daran, wie du nackt aussiehst. Auch wenn wir hier zusammen aufgewacht sind. Danke für die schöne Zeit. Oh, und übrigens – in wessen Zimmer sind wir eigentlich?«

Da konnte ich mir auch gleich Jake Titus auf die Stirn schreiben und einen Walk of Shame hinlegen.

Ich war kein Milliardär und Playboy wie Jake. Ich war ein verantwortungsvoller Mensch. Ich hatte mich unter Kontrolle. Himmel noch mal, ich war der jüngste Senator, den Oregon je gesehen hatte.

Und das war der Moment, in dem die Realität zuschlug.

Und zwar mit solcher Kraft, dass ich mit den Augen fieberhaft nach einer Papiertüte zum Überstülpen suchte.

Heilige Scheiße.

Ich würde Schlagzeilen machen.

Wenn ich mich nicht daran erinnern konnte, ob ich betrunken gewesen und wie ich in dieses verdammte Hotelzimmer gekommen war, dann bedeutete das, dass ich in Bezug auf jedes einzelne Detail des Geschehens nachlässig gewesen war.

Ich sah auf meine Uhr. Sechs Uhr morgens. Mit einem Kraftausdruck nahm ich mein Handy und zuckte zusammen. Fünfzehn Anrufe in Abwesenheit.

Ich stellte mein Handy nie auf Vibrationsalarm.

Andererseits hatte ich auch noch nie einen One-Night-Stand gehabt, ein Mädchen geküsst, dessen Nachnamen ich nicht einmal buchstabieren konnte, oder einen Walk of Shame im Stile eines Jake Titus absolviert. Also, vielleicht schlug ich hier ein neues Kapitel auf. Oder vielleicht war der Playboy von Jake abgefallen, sobald er seine Ehegelübde gesprochen hatte, und hatte sich in mein Bewusstsein eingeschlichen.

Mist. Bekam ich jetzt Panik, dass ich besessen sein könnte? Von was? Dem Drang, jedes weibliche Wesen im Umkreis von zehn Meilen flachzulegen?

Ich hörte ein Räuspern und sah auf. Beth stand da, eingewickelt in ein flauschiges weißes Handtuch, und das nasse Haar klebte ihr an Hals und Schultern.

Korrektur: Nicht jedes Mädchen im Umkreis von zehn Meilen. Sie. Nur sie allein.

»Wie ist dein Nachname?«, fragte ich. Ich brauchte etwas Ablenkung, als sie von einem eleganten Fuß auf den anderen trat.

»Du machst Witze, oder?« Beth kniff die Augen zusammen.

»Ja?«

O ja. Heute war definitiv ein Tag für erste Male. Zum Beispiel war ich nicht nur der Erste in meiner Familie, der es in die Politik geschafft hatte, sondern auch der erste Mann in meiner Familie, der seinen dreißigsten Geburtstag nicht erleben würde.

Wie würde sie es anstellen, fragte ich mich, Tod durch Ersticken? Oder würde sie mich aus dem Fenster schubsen?

»Wieso bist du so blass?« Langsam kam Beth auf mich zu.

»Ich, ähm …« Verdammt. Nichts. Meine Karriere bestand sozusagen aus ständigem Reden, und jetzt brachte ich absolut nichts heraus. Mir fehlten die Worte. Stattdessen konzentrierte ich mich auf ihre Lippen, die sich bewegten. Phantastisch. Zuerst will ich doch allen Ernstes das Plätzchen sein, in das sie beißt, und dann bin ich auch noch besessen von ihren Lippen.

Aber sie hatten diesen natürlichen Pinkton.

Er erinnerte mich an Kaugummi.

Ich hatte eine Schwäche für Kaugummi. Er half mir, bei Ansprachen nicht nervös zu werden.

Und ich hatte das Gefühl, Beth hätte dieselbe Wirkung auf mich, wenn ich nur die Chance auf eine einzige kleine Kostprobe erhielte.

One-Night-Stand. One-Night-Stand. Wenn ich mir das immer wieder vorsagte, vielleicht würde mein Körper es dann begreifen. Wenn ich mich in diesen wundervollen grünen Augen verlor oder diesen bezaubernden Hintern betrachtete, würde mich das in keiner Weise weiterbringen. Ich brauchte eine solide, verbindliche Partnerschaft, von der beide Seiten profitierten. Keine feurige, grünäugige Verführerin, die um drei Uhr morgens Plätzchen aß und über der Keksdose heulte, nachdem sie herausgefunden hatte, dass die Plätzchen aus Erdnussbutter statt Schokolade waren.

»Jace?« Beth legte mir die Hand ans Kinn und sah mir in die Augen.

»Was machst du da?« Ich trat einen Schritt zurück.

»Ich bin Doktor.« Beth verdrehte die Augen.

Doktor, von wegen. Sie verdiente ihren Lebensunterhalt damit, mit Krankheiten herumzuspielen; ich erinnerte mich deutlich, das gehört zu haben. Keine Chance, dass ich ihre Hände irgendwo an meinem Gesicht haben wollte. Andererseits – wahrscheinlich hatten sich ihre Hände die ganze letzte Nacht noch an ganz anderen Teilen meiner Anatomie befunden.

Merke:Unter der Dusche kräftiger abschrubben.

»Du bist Chemikerin. Das ist was anderes.« Ich schob ihre Hand zur Seite.

»Ach, dann weißt du also, dass ich Chemikerin bin, aber meinen Nachnamen weißt du nicht?«

»Du hast im Schlaf das Periodensystem der Elemente rauf und runter deklamiert und davon gesprochen, Krebs zu heilen? Weißt du noch? Man muss kein Mathegenie sein, um eins und eins zusammenzuzählen, Sonnenschein.«

Außerdem hatte ein Teil meiner Hausaufgaben, aufgetragen von der liebreizenden Oma Nadine, darin bestanden, den Hintergrund von Char und ihrer Familie zu durchleuchten. Diese Frau war echt irre; sie wollte jeden Stein umgedreht haben. Letztendlich hatte ich mindestens vier Gesetze gebrochen, um die Informationen zu beschaffen, die sie gebraucht hatte. Aber ich schuldete ihr etwas. Sie hatte mich aus meiner Krise herausgeholt. An Char erinnerte ich mich noch von der Highschool, da wir uns altersmäßig näher waren. Und Beth? An sie erinnerte ich mich aus vollkommen anderen Gründen …

»Alles in Ordnung«, fragte ich und ging auf das hübsche Mädchen in dem weißen Kleid zu. Normalerweise war ich auf Veranstaltungen einer anderen Schule nicht so mutig. Immerhin spielte ich für das Konkurrenzteam, und ich war Quarterback. Also übte ich mich in Zurückhaltung. Aber meine Cousine hatte einen Begleiter für ihren Abschlussball gebraucht, und ich hatte nicht nein sagen können.

»Ja.« Sie schniefte und sah auf ihre Hände hinab. »Danke.«

Dieser Augenblick machte mich zu dem, was ich bin. Nicht, weil irgendwas Besonderes passierte, wie Feuerwerk, das den Himmel erhellte, oder romantische Musik in der Luft. Sondern weil es das erste Mal in meinem Leben war, dass mir die Tränen eines Mädchens wirklich zu Herzen gingen. Ich wollte das in Ordnung bringen, und dabei kannte ich sie nicht einmal. Es machte mich sauer, dass sie weinte, und es machte mich sauer, dass mir das so viel ausmachte.

»Möchtest du tanzen?« Ich streckte die Hand aus.

Sie beäugte meine Hand, als hätte ich ihr gerade Gras angeboten.

»Nur ein Tanz«, drängte ich. Wieso war mir das wichtig?

»Klar.« Sie stand auf. »Nur ein Tanz.«

Ich hatte nicht gewusst, dass meine eine gute Tat mich eines Tages in den Hintern beißen würde. Wie hätte ich wissen können, dass – sogar damals schon? – Oma Nadines wachsames Auge auf mir ruhte wie das verdammte Auge von Sauron in DerHerr der Ringe?

»Verdammt, Grandma«, sagte ich laut. Ich hatte meine gute Tat für dieses Jahr getan; und jetzt war ich bereit, die gesamte Familie Titus und ihre irrsinnigen Spielchen hinter mir zu lassen. Je früher ich das Weite suchte, umso leichter konnte ich gehen. Vernünftige Logik, war mir klar.

»Wenn du weiter mit mir redest, als wäre ich ein Kind, hast du bald einen guten Grund, mich Sonnenschein zu nennen, denn dann trete ich dir mit meinem Fuß dorthin, wo die Sonne nicht scheint. Kapiert?«

»Bist du morgens immer so umgänglich?« Ich wich einen Schritt vor der Bestie zurück. Ach ja, wir waren wieder dabei, uns zu beschimpfen. »Oder ist das ein speziell für mich reservierter Service?«

»Nur für dich« – sie marschierte zu ihrem abgelegten Brautjungfernkleid und nahm es vom Stuhl – »und für Politiker, die ich nicht wähle.«

»Du hast mich nicht gewählt?« Es war heraus, bevor ich es aufhalten konnte. Zutiefst niedergeschmettert wartete ich auf ihre Antwort.

»Nein.« Beth grinste und genoss meinen Schock. »Allerdings lebe ich ja auch nicht in Oregon.«

Idiot. Letzte Worte gesagt. Fehdehandschuh geworfen. Spiel festgelegt. Und ich sah zu, wie sie wieder ins Badezimmer verschwand.

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Kapitel 3

»Ma’am, mit allem gebührendem Respekt: Sie haben ein Bundesverbrechen begangen. Ich glaube nicht, dass ein Minzbonbon das Problem lösen wird, und zum letzten Mal: Nein, Ihr Hund kann nicht als Leumundszeuge dienen.«

»Weil er Franzose ist, nicht wahr?« Oma Nadine nickte wissend.

Beth

Ich brauchte eine Papiertüte und eine Wiederholung im Sinne von Zurück in die Zukunft. Ich lehnte mich an die Tür und holte einige Male tief Luft, bevor ich die Augen wieder öffnete.

Jace.

Ausgerechnet Jace. Von allen alleinstehenden Männern auf der Hochzeit hatten meine Hormone entschieden, ausgerechnet ihm an die Wäsche zu gehen? Im Ernst? War ich wirklich so verzweifelt? Das ergab keinen Sinn! Den größten Teil unter der Dusche verbrachte ich mit dem Versuch, die Gleichung mit Logik zu lösen.

Lag es daran, dass er mich schon einmal gerettet hatte? Klammerte ich mich immer noch an den Typen, dem ich nachtrauerte? Um fair zu sein: Hätte er damals nicht wie ein verschrecktes Kind die Flucht ergriffen, hätte ich das wahrscheinlich selbst getan. Es hatte mich erschreckt und Gefühle in mir geweckt, die eine Achtzehnjährige nicht haben sollte. Den größten Teil meines ersten Jahres am College hatte ich damit verbracht, an diesen Kuss zu denken. An das Gefühl seiner Lippen auf meinen. Und immer wieder hatte ich mich gefragt, was wohl passiert wäre, wäre er geblieben.

Aber er war geflohen, und ich hatte ihn nie wiedergesehen.

Erst ein Jahr später war mir klargeworden, dass er nicht einmal auf meiner Schule gewesen war.

Verlegen schob ich mir das Haar hinters Ohr. Erkannte er mich überhaupt wieder?

Wusste er, wer ich war?

Wieso hatte ich nicht irgendwas Normales tun können? Jeden anderen hätte ich vergessen können – aber nicht ihn.

Meine Augen brannten, mir tat alles weh, ich war am Verhungern, und ich sah aus, als hätte mich ein Laster ein Stück mitgeschleift. Ich holte tief Luft und konzentrierte mich auf die vergangene Nacht.

Wir beide waren bei der Hochzeit gewesen.

Wir beide hatten etwas getrunken.

Erinnerte er sich an irgendwas? Oder war ich der einzige plätzchenmampfende Loser, dem Teile unserer lustigen gemeinsamen Nacht abhandengekommen waren?

Nein, ich würde jetzt nicht durchdrehen. Ich durfte nicht durchdrehen. Ha, ha. Ich war offiziell dabei, den verdammten Verstand zu verlieren. Meine Schwester anzurufen kam nicht in Frage. Nicht nur, dass sie massiv enttäuscht von mir wäre, sondern sie sollte in diesem Moment ja gerade für ihre Flitterwochen packen.

Ich trat einen Schritt von der Tür weg, legte das Kleid sachte auf die Toilettenschüssel und starrte es an.

Dieses Kleid hatte mich verraten.

Oma Nadine hatte geschworen, es sei magisch. Sie hatte gesagt, und ich zitiere: »Beth, hab nur Vertrauen in Grandma. Sie bringt alles in Ordnung für dich.«

In Ordnung. Meine Fresse.

Ich hätte wissen müssen, dass Oma Nadine etwas im Schilde führte. Immerhin mischte die Frau sich in jedermanns Leben ein, weil sie dachte, sie wüsste, was das Beste sei. Sie war wie ein verdammter Cupido, nur dass sie statt Herzchen Leopardenmuster trug, und selbst an ihren schlechtesten Tagen war sie immer noch in der Lage, die CIA aufs Kreuz zu legen.

Das Kleid funkelte mich an.

Ich zog eine Grimasse.

Das weiße Funkeln erinnerte mich an das Kleid meines Abschlussballs. Es war weiß gewesen und hatte ausgesehen wie etwas, das eine Prinzessin tragen würde. Bei der Erinnerung krampfte sich mir der Magen zusammen …

»Tanzt du mit mir?« Brett streckte mir die Hand hin.

Sobald ich meinen Unterkiefer wieder vom Boden aufgesammelt und meine Atmung auf Normallevel gebracht hatte, nahm ich seine Hand und lehnte mich an seine Brust, während »Crazy« von K-Ci & JoJo aus dem Lautsprecher tönte.

Ich konnte nicht glauben, dass ich tatsächlich mit Brett Xander tanzte. Ich versuchte, ganz cool zu wirken, aber mein Herz hämmerte verräterisch. Ich bog den Kopf etwas nach hinten und lächelte. »Danke, dass du das für uns alle tust.«

»Null Problemo«, antwortete er, und er schien es tatsächlich so zu meinen. »Ich meine, wäre echt unangenehm gewesen, beim Schulabschluss durchzufallen.«

»Durchzufallen?«

»Genau.« Er verdrehte die Augen. »Meine Bußübung dafür, dass ich die letzten vier Jahre ein Don Juan war, erschien mir in Gestalt meiner idiotischen Lehrerin, die meinte, ich müsse lernen, weniger egozentrisch zu sein. Leider Gottes waren meine Eltern ihrer Meinung. Also musste ich nicht nur einen Haufen Hausarbeiten erledigen, um meine Noten zu verbessern, sondern ich musste auch noch gemeinnützige Arbeit verrichten.«

»Im Sinne von? Alle Mädchen aus dem AP-Kurs Biologie auszuführen?«

»Du liebe Zeit, nein.« Er lachte.

Ich entspannte mich.

»Ich sollte Mädchen aussuchen, von denen ich wusste, dass sie keine Verabredung bekämen, und mit ihnen zum Abschlussball gehen. Ich meine, nichts für ungut, Beth. Du bist schon sexy, so auf eine Art nerdiger Bücherwurm mit aufgestautem sexuellem Frust, aber du bist viel zu schlau und einschüchternd, als dass ein Typ wirklich mit dir ausgehen möchte.«

»Ich bin zu schlau?«, wiederholte ich fassungslos. Ich meine, ich wusste, dass er ein Dummkopf war, da er tat, was er eben tat, ohne zu begreifen, welche Wirkung das auf den Rest der Mädchen hatte – aber trotzdem? Er sagte mir so etwas ins Gesicht? An einem so besonderen Abend?

»Na ja, schon.« Brett nickte und zog mich enger an sich. »Vielleicht, wenn du dich ein wenig dümmer machen würdest, dann würden die Leute dich mögen.«

»Die Leute?«

»Ja.« Er schien tatsächlich verlegen zu sein. »Ich meine, es sind nicht nur die Typen, die einen Bogen um dich machen, wenn du über den Flur läufst. Die Leute glauben, du wärst in etwa ein Wissenschaftsexperiment davon entfernt, mit der ganzen Schule so was wie in Stephen Kings »Carrie« abzuziehen.«

»Klar.« Meine Unterlippe zitterte. »Sonst noch was?«

Er blinzelte. »Wow, du steckst das ziemlich gut weg.«

»Klar doch.« Lüge. Alles Lüge.

»Mehr Oberweite würde auch nicht schaden. Andererseits wächst du da wahrscheinlich erst noch rein. Das kommt vor.«

Das Lied war zu Ende. Brett beugte sich vor und küsste mich auf die Wange. »Hey, für einen Nerd bist du ziemlich cool. Danke für den Tanz.«

Ich stand reglos mitten auf der Tanzfläche, unfähig, zu weinen, unfähig, irgendetwas zu fühlen, und wirklich unfähig, mehr zu tun, als auf mein weißes Kleid hinabzusehen und mir zu wünschen, dass ich nur ein Mal die Prinzessin wäre und nicht das hässliche Entlein.

»Beth!« Jace klopfte an die Tür. »Wenn du mit Ausflippen fertig bist, müssen wir los.«

»Richtig.« Ich wischte mir die feuchten Wangen ab und hielt das Kleid mit beiden Händen umklammert. Es war nicht magisch. Wenn überhaupt, dann war es nur eine Mahnung, dass ich kein Stück weiter war als bei meinem Abschluss im Jahr 2000. Ich war eine Verliererin. Eine Verliererin mit kleiner Oberweite, der Mathematik und Wissenschaft lieber waren als Facebook.

»Beth, ich meine es ernst. Es sieht nicht gut aus.«

»Nur die Ruhe!«, rief ich laut. Ich war sauer, weil er mich zur Eile antrieb. Schimpfend zog ich das Kleid an, band mein Haar rasch zu einem Pferdeschwanz zusammen und öffnete die Badezimmertür. »Warum die große Eile?«

Jace hielt sein Handy hoch. Auf dem Display stand Oma Nadine.

»Hallo!«, rief eine laute Stimme. »Jace! Beth! Beeilung! Grandma bringt alles in Ordnung.«

»Berühmte letzte Worte.« Jace nickte. »Aber uns bleibt keine Wahl.«

»Keine Wahl?«, echote ich. »Was denn? Ist die Mafia hinter uns her oder so?«

»Schlimmer.«

»Das möchte ich doch sehr bezweifeln.«

»Da.« Er zeigte auf den Fernseher. Vor einem Hotel standen Reporter, und sie waren sichtlich aufgeregt.

»Die Nachrichten?«, fragte ich. »Wieso ist das schlimmer als …«

»Sonderberichten zufolge hat der Senator gestern um Mitternacht eine Prostituierte mit auf sein Hotelzimmer genommen und bisher noch nicht ausgecheckt! Das wirft die Frage auf: Hat der Senator seine dunkle Vergangenheit wirklich hinter sich gelassen? Quellen im nahen Umfeld seiner Ex-Verlobten lassen verlauten, dass der Beziehungsskandal vor zwei Jahren ihn beinahe vernichtet hätte. Noch ein Skandal mehr dürfte nichts Gutes verheißen für den jüngsten Senator in der Geschichte des Staates Oregon. Könnte ein Vertrauensproblem in seinem persönlichen Leben sich auf sein öffentliches Leben auswirken?«

»Das reicht.« Ich nahm Jace die Fernbedienung aus der erstarrten Hand und warf sie aufs Bett. Na toll. Dann hatte ich also nicht nur meine Jungfräulichkeit an einen Politiker verloren, sondern war jetzt auch noch eine Prostituierte. Ich nahm sein Handy und knurrte: »Wir sprechen uns später.«

Oma Nadine schnaubte.

»Aber zuerst hol uns hier raus.«

»Sag die Zauberworte.«

»Ähm, bitte?« Ich stieß Jace an, damit er nicht länger dastand wie eine Salzsäule.

»Doch nicht diese Worte.«