Gegen Liebe wächst kein Kraut - Ivy Paul - E-Book

Gegen Liebe wächst kein Kraut E-Book

Ivy Paul

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Beschreibung

Eine bittersüße Challenge zwischen zwei irischen Dickköpfen, bei der bald mehr auf dem Spiel steht als der ursprüngliche Wetteinsatz: Die toughe Geschäftsfrau Freya O’Hanlon erhält ein verführerisches Angebot: Sollte sie die verschollene Kräuterbibel der Familie Hampton finden, bekommt sie deren viel gerühmte Kräutergärten. Einziger Wermutstropfen: Dem irischen Starkoch Luke Sheehan gesteht man die gleiche Chance zu. Als sie undercover in einem Nobelinternat nach dem Folianten sucht, trifft sie fast der Schlag: Ihr Rivale hatte dieselbe Idee! Statt sich stressfrei auf die Suche zu begeben, muss Freya mit falschen Identitäten, Hinweisen zum Buchversteck und einer Horde ungezogener Teenager jonglieren. Als sie Lukes leidenschaftlichen Kuss erwidert, ist das Chaos perfekt!

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Ivy Paul

Gegen Liebe wächst kein Kraut

Romantic Comedy

© 2025 Ivy Paul, alle Rechte vorbehalten

© Covergestaltung: Coverdesign by Renee Rott, Dream Design - Cover and Art, [email protected]

© 1. AdobeStock_321606097

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In diesem Buch sind sämtliche Personen frei erfunden. Dieses eBook darf weder auszugsweise oder vollständig ohne die ausdrückliche Genehmigung der Autorin weitergegeben werden, es darf nicht weiterverkauft, verschenkt oder kopiert werden.

Vielen Dank, dass Du die Arbeit der Autorin wertschätzt!

Inhalt

Klappentext

PrologFreya

Kapitel 1Freya

Kapitel 2Freya

Kapitel 3Freya

Kapitel 4Freya

Kapitel 5Luke

Kapitel 6Freya

Kapitel 7Freya

Kapitel 8Luke

Kapitel 9Freya

Kapitel 10Freya

Kapitel 11Freya

Kapitel 12Freya

Kapitel 13Freya

Kapitel 14Luke

Kapitel 15Luke

Kapitel 16Freya

Kapitel 17Luke

Kapitel 18Freya

Kapitel 19Freya

Kapitel 20Freya

Kapitel 21Freya

Kapitel 22Freya

Kapitel 23Freya

Kapitel 24Luke

Kapitel 25Freya

Kapitel 26Freya

Kapitel 27Freya

Kapitel 28Freya

Kapitel 29Freya

Kapitel 30Freya

Kapitel 31Freya

Kapitel 32Freya

Kapitel 33Freya

Kapitel 34Freya

Kapitel 35Freya

Kapitel 36Luke

Kapitel 37Luke

Kapitel 38Freya

Kapitel 39Freya

Kapitel 40Freya

Kapitel 41Luke

Kapitel 42Freya

Kapitel 43Freya

Kapitel 44Freya

Kapitel 45Freya

Kapitel 46Freya

Kapitel 47Freya

EpilogMs Hampton

Klappentext

Eine bittersüße Challenge zwischen zwei irischen Dickköpfen,

bei der bald mehr auf dem Spiel steht als der ursprüngliche Wetteinsatz:

Die toughe Geschäftsfrau Freya O’Hanlon erhält ein verführerisches Angebot: Sollte sie die verschollene Kräuterbibel der Familie Hampton finden, bekommt sie deren viel gerühmte Kräutergärten. Einziger Wermutstropfen: Dem irischen Starkoch Luke Sheehan gesteht man die gleiche Chance zu.

Als sie undercover in einem Nobelinternat nach dem Folianten sucht, trifft sie fast der Schlag: Ihr Rivale hatte dieselbe Idee!

Statt sich stressfrei auf die Suche zu begeben, muss Freya mit falschen Identitäten, Hinweisen zum Buchversteck und einer Horde ungezogener Teenager jonglieren.

Als sie Lukes leidenschaftlichen Kuss erwidert, ist das Chaos perfekt!

Prolog

Freya

Wenn es einen Ort gab, der für Freya die Schönheit Irlands verkörperte, dann war dies die Gärtnerei Hampton’s Herbal Gardens. Wann immer sie aus ihrem Auto stieg, wurde sie von den herrlichen Düften der Gewürz- und Heilpflanzen umschmeichelt.

Sie hätte das gesamte Grundstück mit geschlossenen Augen beschreiben können: Inmitten der üppigen Lavendelbüsche fand man wiederholt rote und gelbe Duftrosen sowie steinerne Sitzbänke, die zum Verweilen einluden. Ein kurvig angelegter Weg wurde von Currykraut, Kamille, Rosmarin und Oregano umrahmt. Ein Stück weiter befand sich eine gigantische Kräuterspirale mit Salbei, Thymian, Ysop und Melisse, alle Sorten so üppig, dass sie sogar in den Mauerfugen wucherten. Überall steckten antik wirkende Schildchen in der Erde und verrieten die Namen der Gewächse. Wenn man sich tiefer und abseits des Hauptweges in die Reihen vorwagte, entdeckte man die spezielleren Arten wie Bronzefenchel, duftende Ananasminze und bunten Salbei. Wo man hinsah, fand man in den einzelnen Bereichen sogenannte Duftwege, die von aromatisch riechenden Kräuter gesäumt waren. Zwischen den Fugen der Gehwegplatten wucherten bodendeckende oder niedrig wachsende Pflanzen, die sich ebenfalls dadurch auszeichneten, einen betörenden Geruch zu verströmen.

Egal, wie oft Freya die Gärtnerei aufsuchte, jedes Mal wanderte sie erneut mit der unbeschwerten Freude eines Kindes durch die Areale. Sie bestaunte die Heilkräuter, die Küchenkräuter und las mit Interesse die Beschilderungen. Vor allem aber genoss sie die Farben und Düfte. Dann und wann streckte sie die Hände aus, streichelte Blätter und Blütenblätter, kniete oder bückte sich und schnupperte an den Kräutern. Schon seit Langem träumte sie davon, diese Herrlichkeit ihr Eigen zu nennen.

Bisher waren all ihre Verkaufsangebote am Geschäftsführer der Gärtnerei gescheitert.

Zähneknirschend akzeptierte Freya Absage um Absage. Aber sie würde nicht aufgeben. Genauso wenig wie damals, als sie sich den kleinen heruntergekommenen Laden abseits der üblichen Shoppingmeilen von Dublin gemietet hatte. Dort hatte sie sich mit ihren selbst gerührten Hautpflegeprodukten und Kosmetika selbstständig gemacht. Kaum jemand hatte an ihren Erfolg geglaubt und heute war sie eine der erfolgreichsten Geschäftsfrauen Irlands. Ihre Produkte wurden sogar nach Paris und Hollywood versandt. Heutzutage lachte niemand mehr über Freya O’Hanlon. Sie hatte bewiesen, dass harte Arbeit, unerschütterlicher Glaube an sich selbst, feste Vorsätze und Hartnäckigkeit ans Ziel führten. Und durch diese Charaktereigenschaften würde sie in den Besitz der Hampton’s Herbal Gardens gelangen.

Kapitel 1

Freya

Freya öffnete ihren Kühlschrank, um ihn sofort wieder zu schließen. Wie so oft hatte sie vergessen, einzukaufen. Dennoch war er gut gefüllt, wenn auch nicht mit Lebensmitteln.

Kokosöl, Shea- und Mangobutter befanden sich ebenso darin wie die Tenside Betain und Zetesol. Außerdem standen ein bisschen Sole, ein paar Kräuterextrakte, ein Fläschchen Konservierungsmittel, Bakuiol, Panthenol, Retinol und Vitamin C in den Kühlfächern. Was man eben benötigte, um all die Essenzen und Seren und Cremes herzustellen, die Haut und Haar pflegten und verschönerten. Im Gewürzregal sah es ähnlich aus. Dort steckten Phiolen mit ätherischen Ölen statt Gewürzen und Kräutern für den Gaumen. Und die Ringelblumen sowie die Arnika in den Teedosen waren keinesfalls zum Aufbrühen eines Tees gedacht. Ebenso wenig wie die getrockneten Wurzeln, Blätter und Blüten in den Behältern daneben. Allerdings ließ sich dazwischen eine Packung Tetleys finden.

»Sorry, ich habe einen Abstecher zu den Hampton’s Herbal Gardens gemacht und vergessen einzukaufen.«

Im Wohnzimmer wurde eine Chipstüte geräuschvoll geöffnet.

»Ich kenne dich doch! Damit habe ich gerechnet und auf dem Weg hierher ein Sandwich verdrückt.«

Schmunzelnd verließ Freya die Küche mit zwei Weingläsern und einer Flasche Rotwein.

Im Wohnzimmer rekelte sich ihre älteste und beste Freundin Roisin Graiogir auf dem weißen Ledersofa und beäugte vorwurfsvoll die Chips und Knabbereien. Mit einem Achselzucken griff sie nach einer Handvoll Paprikachips.

Das Kaminfeuer prasselte lustig vor sich hin und aus dem eingeschalteten Fernseher drang der Jingle einer Shampoowerbung.

»Werde ich es je erleben, dass du für mich kochst?«, spöttelte Roisin, während Freya die Weingläser abstellte und die Flasche entkorkte. Gluckernd lief die purpurne Flüssigkeit in die Gläser.

»Wenn du hungrig bist, kann ich uns was bestellen, drüben auf der Sandyford Road hat ein neuer Italiener aufgemacht …«

Roisin winkte ab. »Das Sandwich hat mir gereicht. Ich werde nur nie im Leben verstehen, wie jemand Stunden am Herd stehen und komplizierte Cremes, Tinkturen und Gele mischen kann, aber unfähig ist, ein Spiegelei zu braten!«

»Ich hasse es, zu kochen, deswegen habe ich eine Kosmetikfirma gegründet und kein Restaurant«, entgegnete Freya automatisch, diese und ähnliche Frotzeleien tauschten die Freundinnen seit Jahren. Im Gegensatz zu ihr war Roisin eine begeisterte Köchin. In der Theorie zumindest. In der Realität mangelte es ihr an Energie, all die Rezepte, die sie sammelte, auch zu testen. Dafür hegte sie eine fast obsessive Leidenschaft für Kochshows und Freya besaß einen großen Fernseher, auf dem es besonderen Spaß machte, diese anzusehen. Deshalb hatte sich Roisin für diesen Abend eingeladen.

Freya suchte eine bequeme Stellung auf dem Sofa. Längst achtete Roisin nicht mehr auf ihre Freundin. Sie quietschte, nahm die Fernbedienung an sich und drehte sie die Lautstärke hoch. Über den Bildschirm flackerte ein Intro, das einem Horrorfilm entsprungen zu sein schien. Der Schriftzug wirkte, als wäre er mit Blut geschrieben, an einigen Stellen bildeten sich Rinnsale, während sich die Buchstaben formten: Last meal with Luke Sheehan.

»Der Typ ist so sexy!«

Auf dem Bildschirm erschien der Moderator der Sendung und jonglierte übermütig mit einigen Tomaten.

»Wer ist das gleich nochmal?«

»Luke Sheehan, Irlands neuer Stern am Kochhimmel!«, erklärte Roisin verträumt. »Sogar die Limeys sind scharf auf ihn.«

Freya verdrehte die Augen. »Es sind Engländer, nenn‘ sie nicht immer Limey!«

»Ich mag den Spitznamen, außerdem ist das kürzer als Die-mit-dem-Stock-im-Arsch, oder nicht?« Roisin mochte die Engländer nicht sonderlich, was sie weder begründen konnte noch wollte. Vorurteile waren Freya zuwider, aber ihre Freundin war in dieser Beziehung unbelehrbar. Also ging Freya nicht darauf ein und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Bildschirm zu.

Tatsächlich erwies sich Last meal als unterhaltsame Kochsendung, was Freya vor Roisin nie zugegeben hätte. Und dieser Luke Sheehan war wirklich heiß. Stahlblaue Augen und sandfarbenes Haar mit einer verwegenen Surferfrisur. Auch trug er Karohemd und Jeans, statt, wie es sich gehörte, einen weißen Kochkittel.

»Er ist einfach toll!«, meinte Roisin, dann riss sie ihren Blick sichtlich mühsam von der Mattscheibe los und sah zu Freya. »Vielleicht solltest du dir einen Koch als Mann suchen«, schlug sie vor.

»Bestimmt«, schnaubte Freya. »Einen Kerl brauche ich ungefähr so dringend wie eine Lobotomie!«

***

6 Monate später

Die großzügige Villa lag inmitten einer grünen Landschaft. Das Haus war eine Nachbildung von Hampton House, wenn auch ohne die Seitenflügel und um etliches kleiner. Freya kannte das Original von Fotos, deswegen wusste sie die Detailverliebtheit des Architekten zu schätzen. Offenbar hatte man das ehemalige Herrenhaus nicht aufgegeben, weil das Aussehen missfiel. Hinter dem Gebäude erkannte sie schwarzgraue Steinmauern und, innerhalb dieser Begrenzungen, grasende Schafe auf der Wiese. In einiger Entfernung erhob sich ein Burgfried, der wie eine in die Natur gerammte Zigarre wirkte. Daneben befand sich eine Bienenkorbhütte, die wie ihr Pendant seit der Jungsteinzeit Wind und Wetter getrotzt hatte.

Freya stieg aus ihrem Wagen und sah sich um. Kaum zu fassen, dass sie nach all den fruchtlosen Versuchen, die Hampton’s Herbal Gardens zu kaufen, eine Einladung zu einem Gespräch mit Ms Hampton erhalten hatte. Aufgeregt zupfte sie ihre Kleidung zurecht, ehe sie den Kopf wandte und die weitere Umgebung inspizierte. In der Ferne entdeckte sie eine Ansammlung von Häusern, zu denen von ihrem Standort aus weder Straßen noch Feldwege führten. Vermutlich musste man einen großzügigen Umweg über die Landstraßen in Kauf nehmen, um dorthin zu gelangen. Sie wusste, dass die nächste Ortschaft dreißig Minuten entfernt war. Das hatte sie an der letzten T-Kreuzung gesehen. Da das dort hängende Ortsschild relativ neu wirkte, konnte man davon ausgehen, dass sich noch keine Jugendlichen daran ausgetobt und es gedreht hatten. Das geschah oft in ländlichen Gegenden, um Ortsfremde zu foppen und in die Irre zu führen.

Freya straffte sich. Solange sie hier herumstand, würde sie nicht erfahren, weshalb Ms Hampton, die betagte Tochter des letzten Viscounts sie hergebeten hatte. Entschlossen ging sie zur Eingangstür und wurde eingelassen, kaum dass der Hall der Glocke verklungen war.

Das Hausmädchen führte sie in den ersten Stock. Dort verteilten sich Stühle um einen runden Cafétisch. Die Dienstbotin deutete darauf. »Ms Hampton hat in wenigen Minuten Zeit für Sie.« Mit diesen Worten entfernte sich die Angestellte.

Verwirrt nahm Freya auf einem der Stühle Platz, die in diesem Flur standen.

Irgendwo weiter unten, in der Diele vermutlich, wurde eine Tür zugeschlagen und Schritte eilten über Fliesenboden.

Freya hüstelte, setzte sich wieder aufrecht und strich über den ohnehin glatten Rock, ehe sie ihre Hände faltete. Das Ticken der großen Uhr am Ende des Ganges besaß etwas Hypnotisches. Deren Optik erinnerte an eine Bahnhofsuhr aus viktorianischen Zeiten. Überhaupt wehte der Geist Queen Victorias durch dieses Haus. Dabei war es als größenreduzierte Kopie des ehemaligen Stammsitzes erst in den späten Neunzehnhundertachtzigern erbaut worden.

Die Hamptons galten als die reichste Familie Irlands und ihr Ruf war legendär. Eine Vorfahrin hatte sich dem Kräuteranbau verschrieben, riesige Gewächshäuser errichten lassen und ein gigantisches Grundstück mit Heilpflanzen angelegt. Seit dem siebzehnten Jahrhundert waren die Erzeugnisse aus der Gärtnerei der Hamptons weit über Irlands Grenzen hinaus begehrt. Dank ihrer ausgezeichneten Qualität waren die Hamptons sogar Hoflieferant des britischen Königshauses geworden.

Mittlerweile bezog auch Freya sämtliche Pflanzen, die sie für ihre Kosmetikprodukte benötigte, aus der Großgärtnerei der Hamptons. Die meisten Kräuter fanden Anwendung in den Produkten ihrer Pure-Green-Linie, die speziell darauf abzielte, puristische und Kräuterkosmetikliebende Damen anzusprechen. Die Produkte waren fast die beliebtesten ihres gesamten Sortiments.

Das einzige lebende Familienmitglied, Ms Eugenia Hampton war inzwischen alt und vermutlich gab es keine Erben. Da Freya seit langem vermutete, dass der Betrieb in diesem Fall verkauft werden würde, hatte sie in ihren Bemühungen, ein Angebot unterbreiten zu dürfen, nie aufgegeben. Offenbar zahlte sich ihre Beharrlichkeit nun aus. Wenn alles nach ihren Wünschen ablief, konnte sie ihre Kosmetiklinie künftig damit bewerben, die biodynamischen Kräuter selbst anzubauen. Das würde ihrer Kundschaft gefallen und ihre Verkaufszahlen steigern.

Sie zog ihr Mobiltelefon heraus und öffnete die Galerie.

Allein der Gedanke, dass die Hampton’s Herbal Gardens ihr gehören könnten, erfüllte sie mit einem Hochgefühl. Sie bemerkte, dass sie sekundenlang auf ein Foto der Kräutergärten gestarrt hatte, und ließ das Smartphone peinlich berührt in ihre Tasche fallen. Wie gut, dass niemand sie beobachtet hatte!

Rastlos rutschte Freya auf ihrem Platz herum. Sie wusste nicht, wann sie zuletzt so nervös gewesen war. Vielleicht, als sie einen Kredit für die Erweiterung ihres damaligen winzigen Ladengeschäfts am Rand des Dubliner City Centre hatte beantragen wollen. Mittlerweile war aus der Kosmetikküche, in der sie ihre selbst gemischten Gesichts- und Körperpflegeprodukte verkauft hatte, eine etablierte Firma mit hundertfünfzig Angestellten geworden. Das hatte sie nur erreicht, weil sie sich nie unterkriegen hatte lassen, hartnäckig ihre Ziele verfolgt und niemals erlaubt hatte, von anderen ausgebremst zu werden.

Freya hob den Blick und sah auf das Ziffernblatt der gediegenen Wanduhr am Ende des Flurs. Sie hätte bereits seit fünf Minuten bei Ms Hampton sitzen müssen. Langsam wurde sie unruhig. Wenn bei der Lady weitere Termine anstanden, bedeutete jede Verzögerung, dass sie weniger Gelegenheit für ihre Unterredung haben würde. Gewöhnlich brachte sie so etwas nicht aus der Ruhe. Kein echter Ire ließ sich von Unpünktlichkeit die Gelassenheit rauben, immerhin hatte Gott am Anfang der Welt ausreichend Zeit erschaffen. Aber da es schwierig gewesen war, überhaupt mit Ms Hampton sprechen zu dürfen, war sie nervös. Freya blickte sich blinzelnd um. Niemand war zu hören oder zu sehen. Sie hockte mutterseelenallein auf einem Stuhl, der genauso gut im Wartebereich eines Arztes oder Anwalts hätte stehen können, und hoffte darauf, endlich vorgelassen zu werden.

Kapitel 2

Freya

Nach einer schier endlos scheinenden Wartezeit öffnete sich die Tür. Ein distinguiert wirkender Herr um die siebzig trat heraus. In jungen Jahren musste er ausgesprochen gut aussehend gewesen sein. Seine klaren, blauen Augen nahmen Freya auf Anhieb für sich ein. Er begrüßte sie mit einem Kopfnicken und streckte ihr die Hand entgegen.

Der Griff seiner manikürten Finger war fest und männlich. »Ms O’Hanlon? Mein Name ist Hershel Stuggs, ich bin der Anwalt der Familie. Wenn Sie eintreten wollen?« Er zog die Tür einladend auf und ließ Freya den Vortritt.

Sie befand sich in einem weiteren winzigen Vorraum und nicht wie erwartet im Arbeitszimmer der Hausherrin.

»Bevor ich Sie zu Ms Hampton vorlasse, ein Hinweis: Sie ist gesundheitlich in schlechter Verfassung. Wir verheimlichen das wahre Ausmaß ihres Befindens soweit es geht, und wollen vermeiden, dass die Presse davon Wind bekommt. Ich muss darauf bestehen, dass Sie kein Wort über den Gesundheitszustand verlauten lassen. Zu niemandem.«

Freya stimmte irritiert zu. »Selbstverständlich, ich verspreche es, Mr Stuggs.«

Er musterte sie reglos, ehe er nickte, dann griff er hinter Freya und öffnete die Tür.

Das Piepsen medizinischer Apparate erfüllte den tageslichtdurchfluteten Raum. In der Mitte eines großen, weißen Krankenbettes lag eine alte Dame, so zart und filigran wie ein Vögelchen. Trotz ihres offensichtlich besorgniserregenden Zustands, der von der Kanüle im Ellenbogen und dem Clip am Finger untermauert wurde, sah sie Freya lächelnd entgegen.

»Ms O’Hanlon, willkommen! Schön, dass Sie es einrichten konnten. Hatten Sie eine gute Fahrt?« Die Stimme wirkte klar und fest, ein irritierender Kontrast zur fragilen Erscheinung der alten Lady und seltsam, da sie nicht so klang, als gehörte sie zu einer Sterbenden.

Freya trat näher. »Sehr freundlich, dass Sie fragen, Madam. Ich hatte eine angenehme Autofahrt.«

Die Dame nickte und sah kurz aus dem großen Fenster zu ihrer Rechten. Freya folgte ihrem Blick und ließ die Aussicht auf sich wirken. Grün, so weit das Auge reichte, Grün in allen Schattierungen und Farbintensitäten. Am Horizont bewegten sie ein paar weiße Kleckse, vermutlich Schafe. Etwas weiter östlich, einen Steinwurf vom Haus entfernt, erhob sich der Bergfried aus grauem Stein, den sie bereits bei ihrer Ankunft gesehen hatte. Nun hatte sie einen besseren Blick darauf. Bis auf einige Schießscharten viele Meter über dem Erdboden waren keine weiteren Öffnungen im Mauerwerk zu erkennen. Rechts, gerade noch in Freyas Sichtfeld, konnte man einen kleinen Ausschnitt des Treibhauses sehen, das im Garten hinter dem Wohngebäude stand.

Ms Hampton bemerkte Freyas Neugier. »Eins der zahlreichen Gewächshäuser, die in meinem Besitz sind. Hier auf dem Grundstück pflanze ich vorwiegend Blumen.« Freundlich nickte sie Freya zu und wandte sich an den Anwalt. Dieser stellte einen Lehnstuhl an die Schlafstatt und rückte ihn für die Gästin zurecht, als diese sich setzte.

»Ich bin hocherfreut, dass Sie ein Treffen ermöglichen konnten, Ms O’Hanlon.« Die alte Dame griff nach einer Fernbedienung und drückte ein paar Knöpfe. Daraufhin richtete sich das Rückenteil ihres Betts auf, sodass sie gemütlich an ihre Kissen gelehnt sitzen konnte.

»Mir war es wichtig, den Termin zeitnah wahrzunehmen. Immerhin bemühe ich mich schon eine Weile darum, mit Ihnen sprechen zu dürfen.« Freya räusperte sich. »Sie sind bereit, über einen Verkauf der Kräutergärtnerei zu verhandeln?« Sie wartete nicht, was die Lady sagen wollte, sondern holte sich ihren Geschäftsplaner aus der Tasche. Dann stellte sie die Handtasche neben dem Stuhl auf den Boden und schlug den Planer auf.

Ms Hampton hob amüsiert die Hand. »Nicht so voreilig.«

Enttäuscht ließ Freya den Stift sinken und blickte bettlägerige Dame an, die hinter vorgehaltener Hand hüstelte. »Mr Stuggs, bitte. Ergreifen Sie das Wort.«

Der Anwalt berührte sie sacht am Oberarm. Als sie ihn anblickte, fiel ihr auf, wie liebevoll er Ms Hampton betrachtete, ehe er sich an Freya wandte. »Es geht nicht darum, die Gewächshäuser und die Großgärtnerei zu verkaufen.«

Die Aussage drang wie der Stich mit einem Messer in ihr Herz. Sie wünschte sich so sehr, die Hampton’s Herbal Gardens zu besitzen, dass sie Mühe hatte, ihre Enttäuschung zu verbergen.

»Ich will sie verschenken.« Die Maschinen, an die Ms Hampton angeschlossen war, fiepten leise und waren nach dieser Ankündigung das Einzige, was die Stille im Raum durchbrach.

Freya überspielte ihre Fassungslosigkeit, indem sie ihren Planer schloss und den Stift in die Lasche steckte. Sie neigte überrascht den Kopf. »Wie soll ich das verstehen? Das ist doch ein Scherz?«

Großmütterlich tätschelte Ms Hampton Freyas Hand. Sie entzog der alten Dame ihren Arm, weil ihr die Geste zu vertraulich und überdies unpassend für einen Geschäftstermin erschien.

»Natürlich ist die Schenkung an eine Bedingung geknüpft. Ich werde mit der Geschichte ein wenig ausholen müssen.« Sie nickte Mr Stuggs zu, der zu einem Teewagen ging und diesen ans Bett schob.

»Eine Tasse Tee, Ms O’Hanlon?«

Freya lehnte ab und unterdrückte ihre Ungeduld. Sie beschlich das Gefühl, dass sie länger festsaß. Vielleicht konnte der Verzicht auf den Tee das Ganze beschleunigen.

Ms Hampton und Mr Stuggs sahen einander an, dann wandte sich die alte Dame wieder an Freya.

»Alles beginnt zu Cromwells Zeiten.« Die Frau verzog das Gesicht. Offenbar hegte sie eine persönliche Abneigung gegen den Lordprotektor, einem Mann, der seit über dreihundert Jahren tot war. »Damals war meine Vorfahrin Lady Isadora Hampton die Herrin von Hampton House. Sie war es, die die Gärten anlegte. Für ihre Zeit galt sie als fortschrittlich, noch dazu war sie eine Frau. Damit musste sie für einigen Aufruhr gesorgt haben.« Die alte Dame schmunzelte. »Sie legte die Beete so an, dass es optisch eine Pracht war – Kräuterspiralen, Hügelbepflanzung, was immer möglich war, um das Ganze künstlerisch zu verwirklichen. Isadora tat es.« Ms Hampton hielt inne und räusperte sich. Als Mr Stuggs ihr eine Tasse reichen wollte, verneinte sie kopfschüttelnd, ohne ihre Erzählung zu unterbrechen: »Ihre Liebe zu Heilpflanzen hatte einen Grund. Sie besaß die Gabe, Krankheiten mit Kräutern zu heilen. Um dieses Wissen für die Nachwelt festzuhalten, begann sie, alles aufzuschreiben. Das tat sie bis zu ihrem Tod ausgesprochen gewissenhaft, so heißt es wenigstens. Später erhielt ihre Tochter Margaret die Notizen und setzte die Eintragungen ebenso pflichtbewusst fort wie ihre Mutter. Auch sie gab das Buch, das mittlerweile zu einem regelrechten Nachschlagewerk angewachsen war, weiter. Diesmal ging es an Fiona, die Gemahlin von Margarets ältestem Sohn Patrick. Das muss um die Zeit der Hungersnöte gewesen sein. Die Familie verließ in der Folge wiederholt den Herrensitz und kehrte teils erst nach Jahrzehnten zurück. Endgültig verliert sich die Spur der Kräuterbibel mit dem Aufstand Anfang des achtzehnten Jahrhunderts. Der Familienlegende nach versteckte man das Buch im Herrenhaus, doch über die Dekaden ging das Wissen um den genauen Verbleib verloren.«

Freya unterdrückte ihre Ungeduld nur mühsam. »Und was hat das alles mit mir zu tun, wenn ich fragen darf?« Sie war nicht hergekommen, um einer Geschichtsstunde beizuwohnen. Was interessierte sie die Vergangenheit der Hamptons und deren Erbstücke?

»Es ist mir ein enormes Anliegen, die Bibel wiederzubeschaffen. Ich habe keine Angehörigen, daher möchte ich das Buch, das von beträchtlichem historischen Wert ist, der Republik Irland schenken. Und wenn Sie diejenige sein sollten, die es mir wiederbeschafft, gehören die Hampton’s Herbal Gardens Ihnen.«

Kapitel 3

Freya

Das war so verrückt, dass Freya einen Moment lang erwog, den Vorschlag abzulehnen. Doch dann stutzte sie über Ms Hamptons Formulierung. »Wenn ich diejenige sein sollte? Wem haben Sie das Angebot noch unterbreitet?«

Der unschuldige Blick, den die alte Dame ihr zuwarf, war vordergründig harmlos. Ihr großmütterliches, gebrechliches Erscheinungsbild täuschte darüber hinweg, dass sie mit allen Wassern gewaschen war. Die zerbrechlich erscheinende Ms Hampton sollte man keineswegs unterschätzen. Allerdings hatte sie einen bedeutsamen Punkt offenbart: Ihr war die Wiederbeschaffung des Kräuter-Kompendiums wichtiger als die familiäre Gärtnerei.

Listig fixierte sie Freya. »Es gibt da diesen Koch, der mein Büro ebenfalls ständig mit Kaufangeboten bombardiert. Wie war noch gleich der Name, Mr Stuggs? Er hat diese Sendung mit dem fürchterlichen Intro, das einem Horrorstreifen zuträglicher wäre.«

Der Anwalt hatte auf einem Stuhl in Höhe des Fußendes vom Bett gesessen und trank einen Schluck Tee. In Seelenruhe senkte er die Tasse und stellte sie auf dem Servierwagen ab. Die Untertasse und der darauf liegende Löffel klirrten. Er schnalzte missbilligend und sah seine Klientin vorwurfsvoll an. »Der Konkurrent sollte sich unserer Diskretion ebenso gewiss sein wie Ms O’Hanlon.«

»Ach herrje! Selbstverständlich, mein lieber Mr Stuggs, danke für Ihren Einwand«, meinte Ms Hampton würdevoll. Fragend nickte sie Freya zu. »Sie haben das nicht gehört, meine Liebe. Ja?«

»Machen Sie sich keine Sorgen, Madam, ich werde schweigen. Und Sie haben den Namen nicht genannt.« Vermutlich hätte sie Ms Hamptons Andeutungen nicht verstanden, wenn ihre Freundin Roisin nicht gewesen wäre, dank der Freya über sämtliche Kochsendungen bestens informiert war. Falls die Storys aus den irischen und britischen Boulevardzeitungen, die Roisin so gern zitierte, stimmten und Luke Sheehan der Suche ebenso ausdauernd nachging wie seinen Affären, verlor er sehr bald das Interesse. Das war Freyas Vorteil: Wenn sie etwas wollte, kapitulierte sie niemals, sie verbiss sich darin. Ähnlich strebsame Hartnäckigkeit ging diesem Windhund von Koch offenbar ab. Sie kannte diese Sorte Mann zu gut: Große Klappe, nichts dahinter, solche Macho waren für sie so reizvoll wie ein Dixi-Klo.

Es stand außer Frage, dass sie es sein würde, die die Kräutergärten am Ende besitzen würde. Jetzt kam es darauf an, schneller zu sein als dieser Sheehan! Nicht auszudenken, wenn ihm der Zufall zur Kräuterbibel verhalf.

Zufrieden lehnte sich die alte Dame zurück. »Ich verrate nicht zu viel, wenn ich Ihnen sage, dass wir ihm dasselbe Angebot unterbreitet haben.« Die gebrechliche Hausherrin strahlte und wirkte in diesem Moment alles andere als schwerkrank und dem Tode geweiht. »Ein Wettstreit zwischen Ihnen beiden, weder Tricks noch Helfer oder Dienstleister, die für Sie beide die Suche aufnehmen. Das sind meine Bedingungen.«

»Sie wollen, dass sich der Koch und ich einen Wettstreit darum liefern, wer von uns als Erstes das Buch findet?«

Mr Stuggs schüttelte den Kopf. »Mitnichten, Ms O’Hanlon.« Er sah mitfühlend zu seiner Klientin, die eher unbeholfen versuchte, ein Hüsteln zu unterdrücken. »Wir haben keine Zeit zu vergeuden, aber wir verstehen, dass weder Sie noch Ihr Mitspieler alles stehen und liegen lassen können. Wir geben Ihnen in dieser Angelegenheit absolut freie Hand. Wann Sie sich auf die Suche begeben, bleibt Ihnen überlassen, ebenso, ob Sie dieser allein nachgehen oder sich mit Ihrem Mitbewerber verbünden. Sollten Sie die Kräuterbibel gemeinsam entdecken, teilen wir den Besitz der Gärtnerei zwischen Ihnen beiden auf.«

Teilen? Mit diesem Schönling? Niemals!

»Wann beginnt mein Gegner mit der Suche?« Freyas Hirn arbeitete fieberhaft.

»Oh, er meinte, diese Woche erste Nachforschungen anstellen zu wollen«, erklärte Ms Hampton mit bebender Stimme. Sie hatte ihre Hand auf das Dekolleté gelegt, wirkte mit einem Mal erschöpft und hob mit flatternden Lidern den Kopf, um Mr Stuggs anzublicken, der jetzt neben ihr stand. »Mein Lieber, würden Sie Ms O’Hanlon hinausbegleiten? Ich fühle mich nicht wohl.«

Er beugte sich vor und zupfte die Decke zurecht. »Natürlich, Madam.« Er richtete sich auf.

Freya verabschiedete sich mit einem aufmunternden Lächeln, das mehr ihrer eigenen Beruhigung diente, und einem vorsichtigen Händedruck von Ms Hampton. Deren Haut war kühl und trocken, ihr Griff schwach.

Erst dann ließ sie sich von Mr Stuggs nach draußen geleiten. Einladend deutete er in den Flur. »Bitte, ich bringe Sie hinunter.« Er legte seine Hand auf ihren Rücken, wie um sie anzuschieben, senkte seinen Arm aber Sekunden später und lief neben ihr her.

»Ein sehr ungewöhnliches Arrangement, das sich Ms Hampton ausgedacht hat. Wie glaubt sie, dass es rechtsgültig umzusetzen ist?«

Mr Stuggs lachte. »Das ist alles abgeklärt: Wer die Kräuterbibel beschaffen kann, wird die Besitzurkunde erhalten. Ms Hampton ist sehr daran gelegen, dass jemand die Kräutergärten erhält, der diese im Sinne der Hamptons weiterführt. Kein Grund für Misstrauen, Ms O’Hanlon. Es wurde alles sorgfältig durchdacht. Sogar für den Fall ihres Todes hat Ms Hampton Vorkehrungen getroffen. Es wurde testamentarisch festgelegt, dass die Vereinbarung auch dann Gültigkeit behält.«

Die Treppen waren breit und aus blank polierter Eiche. Freya legte ihre Hand auf den Handlauf und nahm das glatte, warme Holz unter ihren Fingern wahr. Ein schönes Gefühl.

»Also gut, und es ist sicher, dass die Kräuterbibel noch existiert und im ehemaligen Herrenhaus der Hamptons verborgen wurde?«

In der Halle erschien ein Dienstmädchen, das, Freyas leichten Sommermantel in der Hand, im Bereich der Haustür wartete.

»Wir sind uns zu neunundneunzig Prozent sicher, dass das Buch im Herrenhaus versteckt sein muss. Es gibt einen Brief, den der damalige Viscount an seinen Enkel sandte. Wortwörtlich schrieb er, das Familienerbe sei dort versteckt, wo es seinen Anfang nahm.« Mr Stuggs wackelte mit dem Kopf, womit er wohl seine Irritation deutlich machen wollte. »Das ist mehr als vage, aber der beste Hinweis, der zu finden war.«

In Gedanken war Freya bereits bei der praktischen Umsetzung ihrer Suche. Sie würde dieses Buch aufstöbern und wollte verdammt sein, wenn dieser Suppentopfpanscher sie ausbootete!

Kapitel 4

Freya

Roisin umarmte ihre Freundin stürmisch. »Ich platze vor Neugier! Dein Bericht klang mysteriös.«

Lachend befreite sich Freya aus der Umarmung und ging mit ihr ins Appartement.

Neben dem cremeweißen Ledersofa stellte Roisin ihre Handtasche ab und ließ sich darauf plumpsen.

»Du hast wirklich die berühmten Hampton’s Herbal Gardens geerbt?« Sie grinste breit. »Das heißt, du oder Luke Sheehan? Oder ihr beide zusammen?«

Die Erwähnung des Namens verdüsterte Freyas Laune augenblicklich. »Diesem Typ werde ich die Gärtnerei nicht überlassen!«, widersprach sie leidenschaftlich. »Ich will sie haben, und ich werde sie bekommen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue!«

Roisin hob die Augenbrauen. »Holla Feenstaub, warum bist du so kratzbürstig? Du kennst Luke Sheehan nicht, vielleicht ist er im realen Leben genauso freundlich und sympathisch wie in seiner Kochshow?«

»Das ist mir ehrlich gesagt egal. Ich teile die Kräutergärten nicht. Sowas bringt nur Probleme.«

»Ich habe nicht behauptet, dass ich es dir nicht gönne.« Roisin seufzte. »Und wozu brauchst du mich genau?«

»Du bist meine Komplizin. Du musst mich begleiten.«

»Süße, mit dir gehe ich überallhin, sogar in die Höhle des Löwen. Was hast du vor? Das klingt, als plantest du etwas Kriminelles. Brauchen wir Alibis? Ich habe einen Cousin in Limerick. Das schwarze Schaf der Familie, aber zuverlässig. Wenn Onkel Fergal auf Feiern zu viel gebechert hat, behauptet er, besagter Cousin habe Kontakte zur irischen Mafia.« Roisin starrte ihre Freundin neugierig an. »Werden wir uns in diesen zwielichtigen Kreisen Unterstützer suchen müssen?«

Freya war sich nicht sicher, ob sie lachen oder entrüstet sein sollte. »Wir gehen nur essen. Sofern das neuerdings nicht kriminell ist, brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Obwohl die Preisgestaltung meiner Meinung nach ein Verbrechen ist.«

Freudig quietschte Roisin. »Ist das dein Ernst? Wir gehen in Luke Sheehans Restaurant Last meal? Wie hast du einen Tisch bekommen? Angeblich muss man ein Jahr im Voraus buchen!«

»Nicht, wenn man die Bekanntschaft mit der Frau des Bürgermeisters auszunutzen versteht. Ein Anruf ihres Büros und sie haben mir einen Platz reserviert.«

Roisin griff nach ihrer Handtasche und starrte Freya erwartungsvoll an. »Worauf warten wir noch? Lass uns aufbrechen!« Im selben Moment runzelte sie die Stirn, weil ihr aufzugehen schien, dass Freya keinesfalls aus kulinarischer Neugier in das angesagteste Restaurant Dublins gehen wollte. »Und was tun wir dort?«

Freya schmunzelte. Ihre Freundin war manchmal etwas überschwänglich und stürmte los, ehe sie die Dinge bedachte, aber gewiss war sie nicht dumm.

»Auf jeden Fall essen. Und dann dachte ich, es ist von Vorteil, seinen Feind kennenzulernen, bevor man sich auf einen Krieg mit ihm einlässt. Und wo lernt man ihn besser kennen als auf seinem Terrain?«

Roisin schulterte die Tasche und rollte mit den Augen. »Der arme Mann. Ich hoffe, du lässt noch was von ihm übrig, wenn du fertig bist. Wahrscheinlich ist er nicht halb so versessen auf den Besitz der Kräutergärten und begibt sich gar nicht erst auf Schatzsuche. Aber wir gehen besser kein Risiko ein und sehen uns im hippen Last meal um. Es wäre unverzeihlich, die Reservierung sausen zu lassen. Du bezahlst, nur damit das klar ist.« Sie lief aus der Wohnung und drehte sich im Hausflur um, während Freya die Appartementtür abschloss. »Was hast du eigentlich mit deinem Gesicht angestellt?« Roisin musterte ihre Freundin aufmerksam.

Freya wandte sich ihr besorgt zu. »Was meinst du?« Sie begann, in ihrer Handtasche nach dem Kosmetikspiegel zu kramen.

»Sieht gut aus, nur ungewohnt.«

Aufmerksam überprüfte Freya ihr Make-up im Taschenspiegel. Kurz darauf steckte sie ihn hochzufrieden weg. »Ich habe eine neue Rezeptur entwickelt. Etwas spezielles, um Hautmale und Ähnliches zu verdecken. Jetzt wird die Alltagstauglichkeit geprüft.«

***

Roisin sah sich aufgeregt in dem Restaurant um. Ihre Begeisterung amüsierte Freya.

»Suchst du etwas Bestimmtes?«, fragte sie schmunzelnd.

»Du bist immer so abgeklärt«, meinte Roisin.

So wie Freya sie kannte, hatte sie beim Hereinkommen vor lauter Aufregung nur Blicke für den Rücken des Kellners übrig gehabt, der sie beide an ihren Platz geführt hatte. Freya hingegen hatte sich genau umgesehen. Das Ambiente war ein geschmackvoller Stilmix aus roh gezimmert wirkenden Tischen und Stühlen, weißen Tischdecken und Silberleuchtern. An den Wänden hingen große Gemälde, die zumeist einen drollig aussehenden Henker darstellten, der am Herd oder Grill stand und mit der Nahrungszubereitung beschäftigt war. Leise Musik beschallte den Gastraum und vermischte sich mit den Stimmen der anderen Gäste.

Kurz darauf saßen sie an einem Tisch relativ mittig im Restaurant. Freya blätterte gelassen in der Speisekarte.

Roisin beugte sich ihr über die Tischplatte entgegen. »Hast du ihn schon entdeckt?«

»Wen?« Freya tat so, als wüsste sie nicht, von wem ihre Freundin sprach.

»Luke Sheehan!«

Sie lehnte sich zurück. »Vermutlich ist sich der Herr zu fein, seine Hände noch schmutzig zu machen, jetzt, wo er ein Fernsehstar ist.«

»Wenn man dich so hört, könnte man denken, du wärst eine arrogante Zicke!«, flüsterte Roisin aufgebracht.

»Manchmal bin ich das«, entgegnete Freya ungerührt.

Ein Kellner trat zu ihnen und begrüßte die Frauen mit einem hoheitsvollen Nicken. »Mein Name ist Craig, ich bin für Ihren Tisch zuständig. Darf ich Ihnen etwas zu trinken servieren?« Der Ober reichte die Speisekarten und wartete geduldig, bis die beiden ihre Getränkebestellung aufgegeben hatten.

Roisin beobachtete kurz darauf, wie der Mann davonging. »Toller Laden. Wenn das Essen so gut schmeckt, wie man sagt, bin ich glücklich.«

Maureen hatte in den höchsten Tönen vom Last meal geschwärmt, daher ging Freya davon aus, dass es den Besuch tatsächlich lohnte. Für sie war der Aufenthalt im Restaurant noch interessanter, denn es gab ihr die Gelegenheit, Luke Sheehan zu analysieren. Die Art, wie der Laden geführt wurde, wie er eingerichtet war, wie das Personal aufeinander eingespielt war und wie man mit den Gästen umging, sagte etwas über den Chef aus. Nach diesem Abend konnte sie ihren Konkurrenten ein wenig besser einschätzen.

Mittlerweile waren Getränke und Vorspeisen serviert worden. Hinter Roisins Stirn arbeitete es, das sah Freya ihr an. Gewiss würde sie bald mit ihrer Frage herausplatzen. Im nächsten Moment sprudelten die Worte auch schon über ihre Lippen.

»Weshalb sind wir hergekommen, wenn du nicht das Gespräch mit Luke Sheehan suchen willst?«

Freya hob die Augenbrauen hoch, während sie ihren Löffel in die Gurkenschaumsuppe tauchte und das darin schwimmende Kraut als Dill identifizierte. Unwillig sah sie zu ihrer Freundin, weil sie sich lieber dem Genuss der Vorspeise hingegeben hätte.

»Weil man aus der Art, wie ein Unternehmen geleitet wird, viel über den Chef herausfinden kann.«

»Aha.« Roisin knabberte an einer Scheibe geröstetem Baguette. »Und was hast du herausgefunden?«

Freya rutschte ein wenig kleinlaut auf ihrem Stuhl herum. »Er weiß, was er tut, oder hat jemanden eingestellt, auf den das zutrifft.«

Grinsend biss Roisin in das Brot. »Willst du damit sagen, dass er womöglich nicht der Teufel ist?«

»Worauf du wieder kommst, das habe ich nie behauptet.«

»Du hast aber auch keinen Hehl daraus gemacht, dass du ihn nicht ausstehen kannst, obwohl du ihn nicht kennst.«

Freya beschloss, dass es besser wäre, zu schweigen und nicht auf Roisins Feststellung einzugehen.

Kapitel 5

Luke

---ENDE DER LESEPROBE---