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Eine Castingshow, (k)ein Prinz und ein Rapunzel ... Haarmodel Fiona McGee fühlt sich wie in einem schlechten Märchen, als sie als Jurymitglied an einer Castingshow teilnimmt. Sie findet sich in einer Welt aus Missgunst und Intrigen wieder. Der einzige Lichtblick ist Alan Roderick. Normalerweise öffnet sie ihr Haar, doch diesmal ist es ihr Herz. Aber Alan ist kein Prinz Charming, sondern eine düstere Figur, mit einer zweifelhaften Vergangenheit. Dennoch scheint das Happy End zum Greifen nah, leider gehört zu jedem Märchen auch eine böse „Hexe“ ... 20.000 Wörter lang
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Rapunzel
in Love
© 2020 Ivy Paul, alle Rechte vorbehalten
© Covergestaltung: Linda Mignani
Bildnachweis ©CS Stock, www.shutterstock.com: Ironika
© Vektorgrafik: Bigstockfoto.com,
In diesem Buch sind sämtliche Personen frei erfunden. Dieses eBook darf weder auszugsweise oder vollständig ohne die ausdrückliche Genehmigung der Autorin weitergegeben werden.
Haarmodel Fiona McGee fühlt sich wie in einem schlechten Märchen, als sie als Jurymitglied an einer Castingshow teilnimmt. Sie findet sich in einer Welt aus Missgunst und Intrigen wieder. Der einzige Lichtblick ist Alan Roderick.
Normalerweise öffnet sie ihr Haar, doch diesmal ist es ihr Herz. Aber Alan ist kein Prinz Charming, sondern eine düstere Figur, mit einer zweifelhaften Vergangenheit.
Dennoch scheint das Happy End zum Greifen nah, leider gehört zu jedem Märchen auch eine böse „Hexe“ ...
Die Sonne schien, als die Limousine vor dem Hintereingang der Fernsehstudios anhielt.
Fiona McGee blieb einen Moment auf der Rückbank sitzen, sammelte sich für das Bad in der Menge und das Blitzlichtgewitter der Fotografen.
Dass sie Jurorin bei der Castingshow Britain’s Beauties sein sollte, hatte in der Presse eingeschlagen wie eine Bombe. Bis dahin war sie eher eine Randerscheinung gewesen, was das allgemeine Medieninteresse anging. Dabei war sie ebenso gefragt wie die anderen Modelgrößen der Branche. Nur eben in ihrem speziellen Segment.
Sorgsam legte sie ihren geflochtenen Zopf über die Schulter. So hatte sie bessere Kontrolle über ihr Haar, aber für gewöhnlich vermied sie, derartige Frisuren zu tragen. Meist wagte sie sich nur in die Öffentlichkeit, wenn sie einen Dutt trug.
Noch einmal holte sie tief Luft und sah zum Chauffeur, der sie im Rückspiegel beobachtete, und nickte ihm ein „Dankeschön“ zu. Als wäre dies ein Signal gewesen, wurde in diesem Moment von einem Angestellten der Studios die Autotür geöffnet.
Sie stieg aus und schob sich die Sonnenbrille auf die Nase. So blendete die plötzliche Helligkeit sie nicht, und sie musste sich nicht über Fotos in der Presse ärgern, die sie mit Krähenfüßen und Grimasse darstellten.
„Rapunzel!“, riefen ein paar Stimmen, und ein Witzbold johlte: „Lass dein goldenes Haar herunter!“
An den Spitznamen Rapunzel war sie nach all den Jahren gewöhnt, dass man deswegen Witze riss, ebenfalls. Stolz war sie auf den Grund: Ihre üppige goldblonde Haarpracht, die ihr glatt und unfrisiert bis in die Kniekehlen reichte.
In der Pubertät hatte sie beschlossen, auszuprobieren, ob ihr damals taillenlanges Haar weiter wachsen würde, wenn sie es nicht schnitt. Zu ihrer Überraschung erreichte es Oberschenkellänge. Beeindruckt von der Länge und dem gepflegten Haar, hatte ein Talentscout sie eines Tages angesprochen. Damit wurde ihre Karriere als Haarmodel begründet, und sie wurde rasch für ihr überlanges Haar bekannt, das, wie das ihrer Namensgeberin, im Sonnenschein wie goldene Seide glänzte.
Dass sie nun Teil der neuen Jury der beliebten Show des Fernsehsenders EBC wurde, war der bisherige Höhepunkt ihrer Karriere.
Sie bahnte sich, umgeben von einigen Bodyguards, die der Sender zur Verfügung stellte, den Weg durch die Reporter, Schaulustigen und Fans. Ihr Herz schlug schneller, und sie schenkte einem der Aufpasser, der eben in ihre Richtung sah, ein nervöses Lächeln. Er blinzelte nicht mal.
Fiona fragte sich, ob dies antrainiert war oder ob Personenschützer so geboren wurden – so gefühlsreduziert. Sie wandte sich ab und hielt inne, als ihr ein Mikrofon unter die Nase gehalten wurde. „Was ist das Geheimnis Ihrer Haarpflege?“
Sofort schoss einer der Leibwächter herbei und drängte die Reporterin beiseite.
Erleichtert betrat Fiona das Gebäude des Fernsehsenders und wurde von einer Frau mit unzähligen blonden Kringellocken in Empfang genommen. Sie trug ein Headset und ein Klemmbrett unter dem Arm. „Miss McGee?“ Sie reichte ihr die Hand. „Ich bin Amy Tyler, die Disponentin. Ich bin für die Abläufe, Drehpläne und Termine zuständig. Ich soll Sie herumführen und einweisen.“ Sie warf den Bodyguards einen scharfen Blick zu, worauf diese sich umdrehten und davongingen. Sie lächelte Fiona zu. „Diese Pitbulls brauchen wir nicht. Bitte kommen Sie mit.“ Amy streckte auffordernd den Arm aus und Fiona fühlte sich sofort zu der selbstbewussten Frau hingezogen.
Amy führte sie durch die Halle. „Hier hat alles Ähnlichkeit mit einer gewöhnlichen Lagerhalle, nicht wahr?“, meinte sie munter. „Das kommt daher, dass hier alles angeliefert wird. Die Aufnahmestudios sind ein paar Minuten Fußweg entfernt am anderen Ende des Geländes, aber ich will Ihnen heute alles zeigen. Morgen können Sie durch den Vordereingang hereinkommen, dann fährt der Chauffeur zwar ein bisschen länger, dafür sind Sie sofort in den Studios“, plapperte Amy drauflos. „Die Abendshows werden im Voraus gedreht, die Finalshow ist live.“ Sie warf Fiona einen prüfenden Blick zu und hielt inne, sodass Fiona die Chance hatte, die bisherigen Eindrücke und das Gesagte zu verarbeiten.
„Entschuldigung“, meinte Amy. „Ich rede und rede. Haben Sie Fragen?“
Fiona zuckte mit den Schultern. „Was erwartet man von mir?“, wollte sie wissen.
„Ihr erstes Mal beim Fernsehen?“, fragte Amy interessiert.
„Das allererste Mal.“ Sie strich über ihr Haar und überlegte, ob sie diesen wieder über den Rücken baumeln lassen sollte. Sie riskierte es. Man würde ihr nicht ausgerechnet hier den Zopf abschneiden oder ähnliches.
Fiona hatte panische Angst davor, jemand könnte ihr einen Kaugummi ins Haar kleben oder daran herumschneiden, während sie in der Öffentlichkeit war. Dagegen war ihr Unbehagen Friseuren gegenüber fast schon unbedeutend.
Coiffeure und sie waren natürliche Feinde.
Alle drei oder vier Jahre überkam sie das Verlangen, die Spitzen nachschneiden zu lassen. Diesem Bedürfnis gab sie dann nach, nur um hinterher jedes Mal zu schwören, nie wieder zu einem dieser sogenannten Haarkünstler zu gehen. Entweder wollte man ihr die supertollen Produkte andrehen, die im Laden standen, oder man versuchte, sie zu einer schicken Frisur zu überreden, die um so vieles schöner und unkomplizierter zu pflegen wäre als ihre aktuelle Haarmähne.
Besonders dreist waren die Versuche des letzten Friseurs gewesen, ihr weismachen zu wollen, sie habe Spliss bis zu den Schulterblättern hinauf und müsse unbedingt alles rausschneiden lassen. Da der Mann in den Nebenräumen eine Perückenmacherin sitzen hatte, war Fiona sofort klar gewesen, was er im Schilde führte. Daraufhin war sie aufgestanden und gegangen, um noch in derselben Nacht eine Haarschere aus einer Manufaktur in Japan zu bestellen, die den Ruf besaß, so scharfe Klingen zu schmieden, dass man mit ihnen sogar Stein schneiden könnte.
Mutig warf sie ihren Zopf über die Schulter, sodass er auf ihrem Rücken baumelte.
„Es ist wirklich unglaublich“, meinte Amy bewundernd. „Für solches Haar würde sicher jede Frau töten!“
Fiona lächelte über das ernst gemeinte Kompliment. „Vielen Dank, aber Ihre Frisur ebenfalls. Ihre Locken sehen toll aus! Sind das Naturlocken?“
Verlegen strich Amy über ihre eigenen Strähnen. „Ja, sind sie.“ Sie deutete in einen Gang, damit Fiona dorthin ging. „Sie wollten wissen, was Ihre Aufgabe ist. Sie sind Teil der Jury. Aufgrund Ihrer Karriere als Model können Sie die Bewerberinnen entsprechend Ihren Erfahrungen und Kenntnissen beurteilen. Ich denke, man wird Ihnen gegebenenfalls über den Knopf im Ohr Regieanweisungen erteilen.“
„Und wer sind die anderen Jurymitglieder?“
„Der Gottvater der Branche natürlich, Carl Kronberg von der Crown Models Agentur. Die Siegerin wird dann auch von ihm einen Vertrag in Aussicht gestellt bekommen …“
„Carl Kronberg“, rief Fiona beeindruckt aus. Sie war so weit über die Sendung informiert, dass zwei der Jury-Mitglieder in jeder Staffel wechselten. Dass Mr Kronberg mit ihr Teil der Fernsehsendung sein würde, begeisterte sie, denn es war aussichtslos, an den Mann heranzukommen, der meist unerreichbar in seinem Elfenbeinturm saß.
„Ja, es hat uns alle überrascht, als er zusagte“, erklärte Amy stolz. „Dann haben wir wie immer Ludmilla Petrowja, die ehemalige Starfotografin, dabei und ausnahmsweise einen dritten neuen Mann: Alan Roderick.“
Fiona nickte höflich und versuchte, sich zu erinnern, wer dieser Alan sein mochte, da ihr weder ein Gesicht noch eine Verbindung zur Modelszene einfiel.
„Er ist nach dem Tod seines Bruders Patrick der Erbe von Powell Cosmetics.“
„Wow“, entfuhr es Fiona. Wirklich eine illustre Runde.
Powell Cosmetics war ein international agierender Kosmetikkonzern, so einflussreich und berühmt, dass ein Model, das zum Gesicht des Unternehmens berufen wurde, ab da zwischen den verlockendsten und lukrativsten Jobs wählen konnte. Nicht wenige der Powell-Mädchen waren hinterher bekannte Namen in Hollywood geworden oder hatten es in der Modebranche an die Spitze geschafft.
„Wenn ich das sagen darf: Er ist, was solche Dinge angeht, genauso unerfahren wie Sie, Fiona“, verriet Amy mit gedämpfter Stimme.
Alan Roderick hatte sich in der Lagerhalle versteckt. Zwischen den Gabelstaplern und einigen übergroßen Tonnen gab es ein Plätzchen, wo er einen relativ guten Überblick über die Halle hatte, zugleich aber nicht gesehen werden konnte. Der Geruch von Motoröl, Abgasen und hart arbeitenden Männern weckte tröstliche Erinnerungen in ihm.
Tief zog er an seiner Zigarette, das einzige Laster, das er noch besaß und einfach nicht loswerden konnte, so oft er es auch versucht hatte. Letztes Jahr hatte er es dann aufgegeben und seinen Zigarettenkonsum wenigstens reduziert, sodass er täglich nur zwei oder drei Stück rauchte.
Er hasste es, hier zu sein. Eigentlich sollte die Geschäftsführerin des Familienkonzerns an dieser Freakshow teilnehmen, doch dummerweise hatte der Sender festgestellt, dass die Jury zu frauenlastig werden würde. Also musste Alan den Quotenmann geben.
Dabei hatte er mit der Branche nichts am Hut. Zwar verlangten sein Vater und seine Stiefmutter, dass er sich nach außen so gab, als wäre er Teil des Ganzen, aber insgeheim verachtete er die gesamte künstliche Schönheitsbranche. Bis zum Tod seines Bruders Patrick war es ihm gelungen, sich aus allem herauszuhalten: weder Meetings noch VIP-Partys und erst recht keine Galaempfänge.
Dann hatte sich der Trottel mit seiner Cessna um eine Bergspitze gewickelt und war in Flammen aufgegangen. Er und Patrick hatten sich nie nahegestanden und sich, ehrlich gesagt, nicht einmal leiden können. Wie das eben war, wenn man den langersehnten Bruder mit zwölf Jahren überraschend geliefert bekam und dieser sich als vier Jahre älteres, pubertäres Arschloch herausstellte.
Erneut zog Alan intensiv an seiner Zigarette. Die Glut leuchtet auf wie ein hart gespankter Glühwürmchenpopo. Seine Gedanken wanderten zurück in die Zeit, als er sechzehnjährig aus seinem gewohnten Umfeld, einer kleinen Farm in Wyoming, gerissen und nach London zu seinem ihm bis dahin völlig unbekannten Vater gezwungen wurde. Kurz zuvor waren seine Großeltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen, nicht lange nachdem seine Mutter an Krebs gestorben war. Rückblickend musste Alan zugeben, dass es auch für seinen Vater, dessen jetzige Frau Maggie und Patrick nicht leicht gewesen war, als sie plötzlich die Nachricht erhalten hatten, dass es einen Sohn aus einer Liaison gab, die, kurz bevor sein Vater Maggie kennen und lieben gelernt hatte, endete.
Alans Mutter hatte niemals vorgehabt, seinen Vater über die Existenz seines Sohnes in Kenntnis zu setzen. Auch Alan hatte bis dahin nie gewusst, wer sein Erzeuger war. Aber dann stand er auf einmal vor ihm.
Leander Powell hatte ihn trotz allem mit offenen Armen empfangen, und Maggie, seine Stiefmutter, war fabelhaft mit der Situation umgegangen. Erst im Nachhinein begriff Alan, was für ein verdammtes Glück er gehabt hatte, dass er Teil dieser Familie geworden war. Doch damals hatte Alan nur schwer damit umgehen können. Auch der abrupte Reichtum hatte ihn umgeworfen. Er, der zuvor für ein bisschen eigenes Geld in einer Autowerkstatt in Cedar Oaks malochen musste, hatte mit einem Mal mehr Taschengeld zur Verfügung, als seine Mutter und Großeltern in einer Woche verdient hatten. Eine Zeit lang hatte er diesen Umstand seinem Vater aus einer spätpubertären Laune heraus wirklich übel genommen. Obendrein psychisch aus dem Gleichgewicht wegen dem Tod von Mutter und Großeltern, war er in schlechte Kreise gerutscht, hatte Drogen konsumiert und wäre sicher abgestürzt, wenn da nicht seine Stiefmutter gewesen wäre, die um und mit ihm gekämpft hatte.