Geheime Liebschaften der Pariser Hofdamen - Roger de Bussy-Rabutin - E-Book

Geheime Liebschaften der Pariser Hofdamen E-Book

Roger de Bussy-Rabutin

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Beschreibung

Ein erotisches Geschichtenbuch aus der Welt des 17. Jahrhunderts.

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Geheime LiebschaftenPariser Hofdamen

Roger de Bussy-Rabutin

Inhalt:

Roger de Bussy-Rabutin – Biografie und Bibliografie

Geheime Liebschaften Pariser Hofdamen

Geschichte der Gräfin von Olonne

Geschichte des Herrn und der Frau von Chastillon.

Geschichte der Frau von Sevigny.

Geschichte der Frau von Montglas und von Büssy.

Geheime Liebschaften Pariser Hofdamen, R. de Bussy-Rabutin

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849606879

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Roger de Bussy-Rabutin – Biografie und Bibliografie

Franz. Schriftsteller. geb. 13. April 1618 zu Epiry im Nivernais, gest. 9. April 1693 in Autun, zeichnete sich früh durch glänzenden Witz und geistreiche Epigramme, auch als Krieger während der Fronde durch Tapferkeit aus; aber seine Anmaßung und Spottsucht, die ihn selbst die höchsten Personen nicht schonen ließ, brachte ihn 1665, einen Monat nach seiner Aufnahme in die Akademie, in die Bastille, die er nach einem Jahr nur verließ, um mit strenger Verbannung auf seine burgundischen Güter bestraft zu werden. Diese Strafe hatte er sich durch seine »Histoire amoureuse des Gaules« zugezogen, die, schon länger auszugsweise bekannt, 1666 zuerst in Lüttich gedruckt wurde. Es werden darin die galanten Abenteuer einiger vornehmen Damen des Hofes in geistreicher und pikanter Weise erzählt und eine Menge von Personen mit maliziöser Genauigkeit und Rücksichtslosigkeit geschildert. Das Buch hat zahlreiche Auflagen erlebt, zuletzt von Boiteau (Par. 1856–76, 4 Bde.), von Poitevin (das. 1857, 2 Bde.) und mit Einleitung von Sainte-Beuve (1868, 2 Bde.). Vergeblich suchte B. Ludwig XIV. zur Aufhebung der Strafe zu vermögen; nur zu kurzem Aufenthalt in Paris erhielt er die Erlaubnis. Außer einigen Poesien und kleinern Schriften sind am wichtigsten seine interessanten »Mémoires« (Par. 1696, 2 Bde.; hrsg. von Lalanne, das. 1857, 2 Bde.) und seine höchst sorgfältig verfaßten, oft ausgelegten »Lettres« (das. 1697–1709, 4 Bde.; beste Ausg. von Lalanne, 1858–59, 5 Bde.), letztere besonders wertvoll durch die große Zahl bedeutender Persönlichkeiten, an die sie gerichtet sind (an Frau v. Sévigné, seine Cousine, allein 150).

Geheime Liebschaften Pariser Hofdamen

Geschichte der Gräfin von Olonne

Unter der Regierung Ludwigs XIV. hinderte nicht der Krieg, der seit zwanzig Jahren dauerte, daß man bisweilen der Liebe pflegte. Da jedoch der Hof mit alten unempfindlichen Cavalieren angefüllet war, oder mit jungen Leuten, geboren unter dem Geräusche der Waffen, und welche dieß Handwerk roh gemacht hatte, so wurden dadurch die meisten Damen etwas weniger züchtig, und da sie sahen, daß sie in Unthätigkeit verschmachtet wären, wenn sie nicht die ersten Schritte gethan, oder wenigstens nicht ihre Grausamkeit gemildert hätten, gab es unter ihnen viele Barmherzige und einige Freche.

Frau von Olonne war eine von den letztern. Sie hatte ein rundes Gesicht, eine wohlgeformte Nase, einen kleinen Mund, glänzende und feine Augen, und zarte Züge. Das Lachen, welches Jedermann verschönert, brachte bei ihr eine ganz entgegengesetzte Wirkung hervor. Sie hatte kastanienhellbraune Haare, einen wunderschönen Busen, Hals, Hände und Arme wohl gebildet. Ihr Wuchs war plump, und ohne ihr Gesicht hätte man ihr die Gestalt des Körpers nicht verziehen; dieß veranlaßte ihre Schmeichler, wenn sie sich sehen ließ, zu sagen, daß sie ganz gewiß einen gut gebauten Leib habe, was gewöhnlich jene sagen, welche die Frauen entschuldigen wollen, die zu viel Wohlbeleibtheit haben; sie war jedoch zu aufrichtig in dieser Hinsicht, um die Leute im Irrthume zu lassen- vom Gegentheile überzeugte sich, wer wollte, und es lag nicht an ihr, daß sie nicht Jedermann den Irrthum benahm. Frau von Olonne hatte einen lebhaften und muntern Geist, wenn sie frei war. Sie war wenig aufrichtig, ungleich, unbesonnen, nicht böse. Sie liebte die Vergnügungen bis zur Schwelgerei, und ihr Ungestüm erstreckte sich selbst auf ihre kleinern Ergötzlichkeiten. Ihre Schönheit eben so sehr als ihr Vermögen, obwohl es nur mittelmäßig war, bewogen den Herrn von Olonne, um ihre Hand zu werben; diese Werbung dauerte nicht lange; Herr von Olonne, ein Mann von Ansehen und großen Glücksgütern, wurde von der Mutter der Frau von Olonne freundlich aufgenommen, und er durfte seine Muße nicht um Reize verseufzen, welche zwei Jahre lang die Wünsche des ganzen Hofes gewesen waren. Nach vollzogener Ehe zogen sich die Liebhaber, die geheirathet seyn wollten, zurück, und andere kamen, die nur lieben wollten. Einer der Ersten, der sich einfand, war der Marquis von Beuvron, dem die Nachbarschaft der Frau von Olonne mehr Bequemlichkeit gab, sie zu sehen, und dieser Umstand war Ursache, daß er sie sehr lange Zeit liebte, ohne daß man es bemerkte, und ich glaube, daß diese Liebe immer verborgen geblieben wäre, wenn der Marquis von Beuvron niemals Nebenbuhler gehabt hätte; aber der Herzog von Candale, verliebt geworden in Frau von Olonne, entdeckte bald, was verborgen war aus Mangel an betheiligten Personen. Nicht als ob Herr von Olonne seine Frau nicht liebte; sondern die Ehemänner werden zahm, aber nie die Liebhaber, und die Eifersucht dieser ist tausendmal scharfsichtiger, als jene der Andern. Daher kam es, daß der Herzog von Candale Dinge sah, die Herr von Olonne nicht sah, und die er niemals gesehen hat; denn man muß noch wissen, daß der Marquis von Beuvron seine Frau liebte. Der Marquis von Beuvron hatte schwarze Augen und eine wohlgeformte Nase, einen kleinen Mund, ein langes Gesicht, und sehr schwarze, lange und dichte Haare, einen schönen Wuchs. Sein Geist war hinlänglich. Er gehörte nicht zu den Männern, die in Gesellschaften glänzen, aber er war ein Mann von gesundem Verstande und von Ehre, obgleich er eine natürliche Abneigung vor dem Kriege hatte.

In Frau von Olonne sohin verliebt geworden, suchte er Mittel, ihr seine Liebe zu entdecken. Die Nachbarschaft von Paris bot ihm dazu Gelegenheiten genug, aber die Flüchtigkeit, welche sie in allen Dingen an den Tag legte, ließ ihn fürchten, sich mit ihr einzulassen. Als er endlich eines Tages sich ihr allein gegenüber befand, sprach er: »Wollte ich Ihnen, gnädige Frau, nur zu wissen machen, daß ich Sie liebe, so hätten Ihnen meine Bemühungen und meine Blicke schon genug gesagt, was ich für Sie fühle, aber da es nöthig ist, gnädige Frau, daß Sie einst meine glühende Liebe erwiedern, so ist es auch nöthig, daß ich sie entdecke, und daß ich Ihnen zugleich versichere, daß ich, Sie mögen mich nun lieben, oder nicht, entschlossen bin, Sie mein ganzes Leben hindurch zu lieben.« –

Der Marquis hatte aufgehört zu sprechen. »Ich gestehe Ihnen, mein Herr, erwiederte Frau von Olonne, daß ich nicht erst seit heute weiß, daß Sie mich lieben, und obwohl Sie mir früher nie davon sprachen, so unterließ ich doch nicht, Ihnen Rechenschaft von Allem zu geben, was Sie für mich gethan haben, von dem ersten Tage an, da Sie mich sahen, und dieß möge mir zur Entschuldigung dienen, indem ich Ihnen bekenne, daß ich Sie liebe. Achten Sie mich deßwegen nicht minder, weil es schon sehr lange ist, daß ich Sie seufzen höre, und wenn man selbst an meinem geringen Widerstande etwas zu tadeln finden könnte, so wäre dieß mehr ein Beweis von der Macht Ihres Verdienstes, als von meinem Flattersinne.«

Nach diesem Vorgange kann man wohl schließen, daß die Dame nicht lange zögerte, dem Cavalier die höchsten Gunstbezeigungen zu gewähren, und dieß dauerte vier bis fünf Monate von beiden Seiten ohne irgend eine Störung. Doch zuletzt machte die Schönheit der Frau von Olonne zu viel Aussehen, und diese Eroberung verhieß dem, der sie machen würde, zu viel Ruhm, um den Marquis in Frieden zu lassen, und der Herzog von Candale, der gewandteste Hofmann, glaubte, daß seinem Rufe nichts mehr fehle, als dieß. Er entschloß sich also, drei Monate nach dem Ende des Feldzuges, sich in sie zu verlieben, sobald er sie sehen würde, und zeigte durch eine große Leidenschaft, die er hernach für sie hatte, daß die Liebe nicht immer eine Fügung des Himmels oder des Glückes sey.

Dieser Herzog hatte blaue, wohlgestaltete Augen, unregelmäßige Züge, einen großen unangenehmen Mund, aber sehr schöne Zähne, goldgelbe Haare in größter Menge. Sein Wuchs war vortrefflich. Er kleidete sich gut, und die Elegantesten ahmten ihm nach. Er hatte das Ansehen eines vornehmen Mannes, und war einer der Ersten am Range in Frankreich, als Herzog und Pair des Königreiches. Außerdem war er Generalgouverneur von Auvergne, und von Burgund gemeinschaftlich mit seinem Vater Bernhard von England, und General der französischen Infanterie. Sein Genie war mittelmäßig, aber in seinen ersten Liebschaften war er einer Dame in die Hände gefallen, die unendlich viel Geist besaß, und, da beide sich sehr liebten, hatte sie sich so viel Mühe gegeben, ihn zu bilden, und er, dieser Schönen zu gefallen, daß die Kunst die Natur übertraf, und er ein weit feinerer Mann wurde, als Tausende, die mehr Geist hatten, als er. Nach seiner Rückkehr von der spanischen Gränze, wo er das Heer unter der Obergewalt des Prinzen, als nächsten Verwandten des Königes, befehliget hatte, begann er der Frau von Olonne durch tausend eifrige Bemühungen, die Liebe zu bezeigen, die er für sie fühlte, in der Meinung, daß sie noch nie geliebt habe, und als er sah, daß sie seine Neigung nicht erwiederte, entschloß er sich, sie davon auf eine solche Weise zu verständigen, daß sie nicht mehr sich stellen konnte, nichts davon zu wissen. Weil er jedoch gegen alle Frauen eine Achtung hatte, die ein wenig an Scham gränzte, wollte er lieber an Frau von Olonne schreiben, als mit ihr spreche; hier folgt, was er ihr schrieb:

»Ich bin in Verzweiflung, gnädige Frau, daß alle Liebeserklärungen sich gleichen, und daß es einen so großen Unterschied unter den Gefühlen giebt. Ich fühle wohl, daß ich Sie mehr liebe, als die ganze Welt gewohnt ist zu lieben, und wüßte es Ihnen nicht anders zu sagen, als es Ihnen Jedermann sagt. Merken Sie also nicht auf meine Worte, die schwach sind, und trügerisch seyn können, sondern erwägen Sie mein Benehmen Ihnen gegenüber, und wenn es Ihnen bezeuget, daß man, um es immer mit derselben Stärke fortzusetzen, lebhaft ergriffen seyn müsse, so vertrauen Sie diesen Zeugnissen, und glauben Sie, daß ich, da ich Sie so sehr liebe, ohne von Ihnen geliebt zu seyn, Sie anbeten werde, wenn Sie mich zur Dankbarkeit werden verbunden haben.«

Frau von Olonne gab nach Empfang dieses Briefes sogleich diese Antwort:

»Wenn es etwas giebt, was Sie verhindert Glauben zu finden, wenn Sie von Ihrer Liebe sprechen, so ist's nicht, daß Sie mir beschwerlich fallen, sondern daß Sie allzu wohl davon sprechen. Gewöhnlich drücken sich große Leidenschaften verworrener aus, und es scheint, daß Sie wie ein Mann schreiben, der viel Geist hat und nicht verliebt ist, aber der es glauben machen will, und weil es mir nicht so scheint, die ich doch vor Sehnsucht vergehe, daß Sie wahr sprechen möchten, urtheilen Sie, wie es Andern scheinen möchte, welchen Ihre Leidenschaft gleichgültig wäre. Sie würden nicht anstehen zu glauben, daß Sie scherzen wollen. Was mich betrifft, die ich niemals verwegene Schlüsse machen will, ich nehme Ihren Antrag an, und werde aus Ihrem Benehmen auf die Gefühle schließen, die Sie für mich haben.«

Dieser Brief, welchen die Kenner sehr zärtlich gefunden hätten, schien's nicht zu sehr dem Herzoge von Candale. Da er viel Eitelkeit besaß, hatte er minder verhüllte Zärtlichkeiten erwartet, dieß hinderte ihn, so sehr in Frau von Olonne zu dringen, als sie es wohl wünschen mochte. Er vernachläßigte sein gutes Glück zu ihrem eigenen Aerger, und dieß wäre noch lange Zeit so geblieben, wenn diese Schöne es nicht über ihre Sittsamkeit gewonnen hätte, ihm so sehr zuvorkommend zu seyn, daß er einsah, er könne bei ihr alles unternehmen, ohne zu viel zu wagen. Da sein Anliegen abgethan war, gewahrte er bald den Handel mit dem Marquis von Beuvron. Ein gewöhnlicher Bewerber schaut nur vor sich hin, aber ein begünstigter Liebhaber bleibt rechts und links, und braucht nicht viel Zeit, seinen Nebenbuhler zu entdecken. Der Herzog von Candale beklagt sich hierüber, seine Geliebte behandelt ihn als einen Wunderlichen, und einen Tyrann, und nimmt einen so hohen Ton gegen ihn an, daß er sie um Verzeihung bittet, und sich überglücklich schätzt, sie besänftiget zu haben. Diese Stille dauerte nicht lange. Der Marquis von Beuvron seinerseits macht eben so unnütze Vorwürfe, wie jene des Herzogs von Candale, und da er sieht, daß er seinen Nebenbuhler nicht stürzen könne, läßt er unter der Hand dem Herrn von Olonne Nachricht geben, das heißt, er verdoppelt die Liebe dieser beiden Liebenden, die seit dem Verbote mehr Lust bekamen sich zu sehen, und tausend bequemere Mittel ersannen, als jene, die sie zuvor hatten. Da inzwischen der Marquis Herr des Schlachtfeldes geblieben war, erneuerte der Herzog seine Klagen gegen ihn. Er macht neue Anstrengungen, ihn zu verdrängen, aber vergebens.

Frau von Olonne sagt ihm, daß er nur sein Interesse berücksichtige, und daß es ihn nicht kümmere, sie zu verlieren, da, wenn sie dem Marquis verböte, sie zu sehen, ihr Gatte und Jedermann an dem Opfer nicht mehr zweifeln würden. Frau von Olonne, die den Marquis nicht so sehr liebte, wie den Herzog, will ihn doch nicht verlieren, sowohl weil eins und eins zwei machen, als weil die Koketten ihre Liebhaber besser durch eine kleine Eifersucht, als durch eine große Ruhe zu fesseln glauben.

Mittlerweile verliebte sich Herr Paget, ein ziemlich bejahrter Mann, von geringer Herkunft, aber sehr reich, in Frau von Olonne, und da er entdeckte, daß sie das Spiel liebe, glaubte er, daß sein Geld ihm statt des Verdienstes dienen würde, und baute seine schönsten Hoffnungen auf die Summe, die er ihr anzubieten beschloß. Er hatte hinreichend Zutritt zu ihr, um sie persönlich zu sprechen, wenn er's gewagt hätte, besaß jedoch nicht die Kühnheit, ein Gespräch anzufangen, das verdrießliche Folgen nach sich ziehen konnte, wenn es nicht gut aufgenommen würde, er nahm sich daher vor, ihr zu schreiben, und schrieb ihr diesen Brief.

»Ich habe wohl schon öfter geliebt in meinem Leben, gnädige Frau, aber ich habe nie etwas so sehr geliebt, wie Sie. Was in mir den Glauben daran erhält, ist, daß ich niemals einer von meinen Geliebten mehr als hundert Pistolen gegeben habe, um ihre Gunst zu erlangen, und für die Ihrige stieg ich bis auf zweitausend. Denken Sie, ich bitte Sie, hierüber nach, und erwägen Sie, daß das Geld seltener ist, als es jemals war.«

Quinette, Kammerfrau der Frau von Olonne und deren Vertraute, überbrachte ihr diesen Brief des Herrn Paget. Unverzüglich gab ihm diese Schöne folgende Antwort:

»Ich habe allerdings bemerkt, daß Sie Geist besitzen, in den Unterredungen mit Ihnen, aber ich wußte noch nicht, daß Sie so gut schreiben, wie es der Fall ist; nie sah ich etwas so Angenehmes, als Ihren Brief, und ich wäre entzückt, wenn ich oft diesem ähnliche empfinge. Inzwischen würde es mich sehr freuen, mich diesen Abend um sechs Uhr mit Ihnen zu unterhalten.«

von Olonne.

Herr Paget fehlte bei dem Rendezvous nicht, und erschien in schicklicher Tracht, das heißt, mit seinem Bündel. Quinette führte ihn in das Kabinet ihrer Gebieterin, und ließ sie allein. »Hier, gnädige Frau, sagte er zu ihr, indem er ihr zeigte, was er trug, bring' ich, was sich nicht alle Tage findet; wollen Sie es nehmen?« – »Ich bin es zufrieden, erwiederte Frau von Olonne, und dieß soll uns unterhalten.« Als sie nun die zweitausend Pistolen gezählt hatte, worüber sie übereingekommen waren, schloß sie dieselben in eine Schatulle, und sprach, indem sie sich auf ein kleines Ruhebett neben ihn setzte: »Niemand, mein Herr, schreibt in Frankreich wie Sie: ich sage dieß nicht, um den schönen Geist zu spielen, aber es ist gewiß, daß ich wenige Leute kenne, die dessen haben. Die Meisten sagen Ihnen nur Dummbeiten, und wollen sie zärtliche Briefe schreiben, so denken sie es recht wohl getroffen zu haben, indem sie Ihnen sagen, daß sie Sie anbeten, und daß sie für Sie sterben wollen, wenn Sie sie nicht lieben, daß sie, wenn Sie ihnen diese Gunst bewilligen, Ihnen ihr ganzes Leben hindurch dienen würden, als bedürfe man sehr ihrer Dienste.«

»Es freut mich herzlich, antwortete Herr Paget, daß meine Briefe Ihnen gefallen, gnädige Frau. Ich werde nicht viel Wesens damit machen; meine Briefe kosten mir nichts.«

»Das ist aber schwer zu glauben, unterbrach sie ihn, es sey denn, daß Sie ein sehr großes Vermögen besitzen.« –

Nach einigen andern Wechselreden, welche die Liebe zwei oder dreimal unterbrach, kamen sie über eine andere Zusammenkunft überein, und nach diese noch über eine, so, daß dem Herrn Paget drei Zusammenkünfte zweitausend Pistolen kosteten. Aber Frau von Olonne, welche sich die Liebe dieses Bürgerlichen, und sein Vermögen zu Nutze machen wollte, hat ihn bei dem vierten Besuche, wieder anzufangen ihr solche artige Briefe zu schreiben, wie jener, den sie von ihm empfangen hatte.

Herr Paget, da er sah, daß dieß zu Folgerungen führe, machte ihr Vorwürfe, die zu nichts dienten, und alles, was er davon erhalten konnte, war, daß er nicht aus dem Hause vertrieben wurde, und zum Spiele Zutritt hatte, wenn sie es verlangte. Frau von Olonne glaubte, daß, indem sie sich sehen ließe, sie seine Wünsche nähren, und er vielleicht Thor genug seyn würde, dieselben befriedigen zu wollen, um welchen Preis es auch sey. Indeß war er verliebt genug, sich nicht enthalten zu können, sie zu sehen, aber er war es nicht genug, um alle Tage ihre Gunstbezeigungen so theuer zu erkaufen.

So standen die Sachen, sey's, daß der Aerger den Herrn Paget sprechen machte, sey's, daß die häufigen Besuche, oder das Geld, um welches Frau von Olonne spielte, den Herzog von Candale zu Erwägungen geführt hatten, als dieser seine Geliebte bat, da er an die Gränzen von Spanien reisete, den Herrn Paget nicht mehr zu sehen, dessen Umgang ihrem Rufe schadete. Sie versprach es ihm, und that nichts in dieser Sache, so, daß der Herzog von Candale, erfahrend von jenen, die Neuigkeiten von Paris meldeten, daß Herr Paget öfter zu Frau von Olonne gehe, als er es jemals gethan, ihr diesen Brief schrieb:

»Indem ich von Ihnen Abschied nahm, gnädige Frau, hat ich Sie, den Schurken Paget nicht mehr zu sehen. Sie versprachen mir's, inzwischen ist er beständig in Ihrem Hause. Schämen Sie sich nicht, mich in die Lage zu versetzen, einen elenden Bürgerlichen bei Ihnen zu fürchten, der nie gefürchtet werden kann, als wegen der Kühnheit, die Sie ihm geben? Wenn Sie darüber nicht erröthen, gnädige Frau, so erröthe ich darüber für Sie und für mich, und aus Furcht die Schande zu verdienen, womit Sie mich überhäufen wollen, will ich es durch Bemühung über meine Liebe gewinnen, Sie nur mehr als eine Ehrlose zu betrachten.«

Frau von Olonne war sehr bestürzt, einen so rauben Brief zu erhalten; da ihr aber ihr Bewußtseyn weit herbere Vorwürfe machte, als ihr Geliebter, so suchte sie keine Gründe sich zu vertheidigen, und begnügte sich in diesen Ausdrücken zu antworten:

»Mein voriges Betragen ist so lächerlich, mein Theurer, daß ich verzweifeln würde, jemals von Ihnen geliebt werden zu können, könnte ich nicht die Zukunft durch die Versicherungen eines ehrbaren Verhaltens retten, die ich Ihnen gebe. Aber ich schwöre Ihnen bei Ihnen selbst, der mir mein Liebstes auf der Welt ist, daß Herr Paget nie wieder mein Haus betreten, und der Marquis von Beuvron, den zu sehen mein Gatte mich zwingt, mich so selten sehen soll, daß Sie wohl einleben werden, daß Sie allein mir alles ersetzen.«

Der Herzog von Candale wurde durch diesen Brief wieder völlig beruhiget. Er faßte sogleich Entschlüsse, seine Geliebte nicht des Scheines wegen zu verdammen, den er vielleicht für trügerisch hielt. Er warf sich nun auf das andere Aeußerste des Vertrauens, und nahm alles zum Besten auf, was sie während sechs Monaten der Gefallsucht und Untreue that; denn sie fuhr fort, Herrn Paget zu sehen und dem Marquis Gunstbezeugungen zu geben, und obgleich man darüber von mehr als hundert Seiten dem Herzoge schrieb, glaubte er, dieß komme von seinem Vater und von seinen Freunden, die ihn von seiner Liebe für sie abwenden wollten, in der Meinung, daß diese Leidenschaft ihn abhalten möchte, an eine Heirath zu denken. Er kam also von dem Heere verliebter zurück, als er jemals war. Auch Frau von Olonne, bei welcher eine ziemlich lange Abwesenheit den Herzog von Candale für einen neuen Liebhaber gelten ließ, verdoppelte ihre Bemühungen für ihn, selbst vor den Augen des ganzen Hofes. Dieser Liebhaber nahm alle Unbesonnenheiten, die sie beging ihn zu sehen, für Zeichen einer Leidenschaft, welche sie nicht mehr zu beherrschen vermöge, obwohl sie nur Beweise einer natürlichen Verwirrung des Verstandes waren. Bei jedem Ausbruche irgend einer Aufwallung für ihn, glaubte er sie lebhaft ergriffen, indeß sie nur närrisch war. Er war von ihrer Leidenschaft für ihn so sehr überzeugt, daß er, wenn er aus Liebe für sie stürbe, noch undankbar zu seyn fürchtete. Man kann wohl denken, daß das Betragen dieser Liebenden großes Aufsehen machte. Beide hatten Feinde, und das Glück des einen, und die Schönheit der andern ihnen viele Neider erregt. Wenn ihnen Jedermann hätte dienen wollen, so hätten sie Jedermann durch ihre Unklugheit zu Grunde gerichtet, und Jedermann wollte ihnen schaden. Sie gaben sich überall Rendezvous, ohne mit irgend Jemand sich benommen zu haben. Sie sahen sich bisweilen in einem Hause, welches der Herzog von Candale unter dem Namen einer Dame vom Lande besaß, welche Frau von Olonne zu besuchen vorgab, am öftersten Nachts bei ihr selbst. Alle diese Zusammenkünfte nahmen nicht die ganze Zeit dieser Treulosen in Anspruch.

Wenn der Herzog von Candale sie verließ, ging sie auf die Eroberung irgend eines neuen Liebhabers aus, oder beruhigte wenigstens den Marquis von Beuvron durch tausend Zärtlichkeiten, aus Furcht, daß der Herzog von Candale ihr entrönne.

So ging der Winter vorüber, ohne daß der Herzog von Candale die argen Stückchen argwöhnte, die sie ihm spielte. Er verließ sie, um zum Heere zurückzukehren, befriedigter von ihr, als er es jemals gewesen war. Er war nicht zwei Monate dort, als er Nachrichten erhielt, die seine Freude trübten. Seine vertrauten Freunde, die das Betragen seiner Geliebten bewachten, hatten ihm nichts davon zu sagen gewagt, so sehr fanden sie ihn von dieser Ungetreuen eingenommen. Da jedoch seit seiner Abreise etwas Außerordentliches sich ereignet hatte, und sie die Eindrücke vernichten wollten, die sie auf ihn gemacht hatte, wagten es alle einmüthig miteinander, ohne daß sie diese Verabredung merken ließen, ihn von ihrer Aufführung in Kenntniß zu setzen. Sie meldeten ihm also, Jeder einzeln, daß Jeannin von Castilien eine sehr große Neigung für Frau von Olonne habe, daß seine fleißigen Besuche nicht blos auf einen Plan, sondern auch auf einen glücklichen Erfolg schließen lassen, und daß endlich, wenn sie auch nicht schuldig wäre, er mit ihr nicht zufrieden seyn sollte, indem er sehe, daß sie bei Jedermann in Verdacht stehe. Aber während diese Nachrichten das Gemüth des Herzogs von Candale mit Wuth erfüllen, ist es zu rechter Zeit, von dem Entstehen, dem Zunehmen und Ende der Leidenschaft des Jeannin von Castilien zu sprechen. Jeannin von Castilien hatte einen schönen Wuchs, ein angenehmes Gesicht, viel Zierlichkeit, sehr wenig Verstand, gleiche Geburt und gleichen Stand, wie Herr Paget, viel Vermögen wie er. Er war hinreichend wohlgestaltet, um glauben zu machen, daß er, mit dem Degen an der Seite, nur durch sein Verdienst gutes Glück gehabt hätte; aber sein Stand und seine Reichthümer ließen argwöhnen, daß alle Frauen, die er geliebt, eigennützig waren, eben so wohl, als, da man in Frau von Olonne ihn verliebt sah; Niemand zweifelte, daß er seines Geldes wegen geliebt würde.

Der König, wenn er die Sommermonate an den Gränzen zugebracht hatte, kam gewöhnlich im Winter nach Paris, wo alle Ergötzlichkeiten von der Welt seinen Geist nach der Reihe beschäftigten; das Billard, das Ballspiel, die Jagd, das Theater und der Tanz, nahmen ihn, jedes zu seiner Zeit, in Anspruch; damals waren die Lotterien im Gange, und so in der Mode, daß Jedermann deren veranstaltete, die Einen mit Geld, die Andern mit Juwelen und Meublen. Frau von Olonne wollte eine von dieser letzten Gattung errichten, aber anstatt, daß man in den meisten die ganze Geldeinlage dazu verwendete, und das Glück hernach die Theilung machte, waren in dieser Lotterie, die aus zehntausend Thalern bestand, nicht fünf dazu verwendet, und diese fünf wurden nach der Wahl der Frau von Olonne vertheilt. Als sie die ersten Vorschläge zur Lotterie machte, war Jeannin von Castilien gegenwärtig, und da sie von Jedem eine Summe nach seinen Kräften verlangte, und ihm sagte, daß er tausend Franken geben müßte, antwortete er ihr, daß er es thun wolle, und daß er ihr ferner verspreche, unter seinen Freunden ihr noch gegen neun tausend Livres aufzubringen. Einige Zeit darauf, da Alles fortgegangen war, außer Jeannin von Castilien, sagte er: »Ich weiß nicht, gnädige Frau, ob Ihnen meine Liebe schon bekannt ist; denn es ist sehr lange, daß ich Sie liebe, und meine Sorgen vermehren sich schon sehr; da ich nun mich Ihnen völlig ergeben habe, so muß ich Sie um die Bestätigung meines Pachtes bitten; gewähren Sie sie mir, ich bitte Sie, und bemerken Sie, daß ich Ihnen zu den tausend Franken, auf welche Sie mich geschätzt haben, noch neun tausend gebe, um bei Ihnen etwas zu gelten; denn was ich Ihnen von meinen Freunden gesagt habe, sagte ich nur, um jene zu täuschen, die da waren.«

»Ich bekenne Ihnen, mein Herr,« antwortete sie, »daß ich Sie bis auf den heutigen Tag nicht für verliebt hielt. Nicht als hätte ich gewisse Blicke an Ihnen nicht bemerket, die mich etwas vermuthen ließen, aber diese Zierereien sind mir so eckelhaft, und das Seufzen und Schmachten sind nach meiner Ansicht eine so armseelige Waare, und so schwache Beweise von Liebe, daß wenn Sie nicht gegen mich ein ehrlicheres Verhalten angenommen hätten, Ihre Bemühungen Ihr ganzes Leben hindurch verloren gewesen wären. In Bezug auf das, was jetzt Erkenntlichkeit gebietet, dürfen Sie glauben, daß man nahe daran ist, zu lieben, wenn man versichert ist, geliebt zu seyn.«

Mehr bedurfte es für Jeannin von Castilien nicht, um ihm glauben zu machen, daß für ihn die Schäferstunde schlage. Er warf sich der Frau von Olonne zu Füßen, und da er sich dieses Aktes der Unterwürfigkeit als eines Vorwandes zu höhern Unternehmungen bedienen wollte, sagte sie:

»Nein, nein, dieß geht nicht, wie Sie denken. In welchem Lande haben Sie sagen hören, daß die Frauen die ersten Schritte thun? Wenn Sie mir wahrhafte Zeichen einer großen Liebe werden gegeben haben, werde ich dafür nicht undankbar seyn.«