Geld und Schulden - Wilhelm Jans - E-Book

Geld und Schulden E-Book

Wilhelm Jans

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Beschreibung

Geld entsteht durch Schulden. Es kann unbegrenzt hergestellt werden. Die Schulden können folglich unbegrenzt steigen, was die weltweit zu hohe Verschuldung und die Instabilität des Finanzsystems erklärt. Die Verschuldung muss abgebaut werden, was durch eine Inflation möglich wäre. Die Inflation ist eines der Themen des Buches. Weitere Themen sind unter anderen: Der Euro, die Zinsen, die Banken und Finanzunternehmen, die Abschaffung des Bargeldes, die Verantwortung des Staates für das Finanzsystem und für den Geldwert. Im Zusammenhang mit den Themen werden die Grundsätze des Finanzsystems dargestellt, sodass sich das Buch auch als Einstieg in die komplexe Welt der Finanzen eignet, sowohl für den interessierten Leser als auch für den angehende Studenten der Rechts- und der Wirtschaftswissenschaften. Es ist in einer allgemein verständlichen Sprache geschrieben. Unvermeidbare Fachbegriffe, meist englischer Herkunft, werden nicht als bekannt vorausgesetzt, sondern übersetzt oder erläutert. Finanzabläufe werden anhand von anschaulichen Fallbeispielen dargestellt, sodass sich der Leser eine konkrete Vorstellung machen kann. Wichtige finanzwirtschaftliche Entwicklungen werden anhand von langfristigen Statistiken aufgezeigt.

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Seitenzahl: 187

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Meiner lieben Frau

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitung

Die geschichtliche Entwicklung des Geldes

Geld ist nicht gleich Geld

Was ist „Geld“?

Der Staat und das Geld

Die Zentralbank

Die Verschuldung durch die Geldschöpfung der Banken

Der Buchgeldtransfer

Zins und Gewinn

Die Finanzunternehmen

Das Wirtschaftswachstum

Die Inflation

Der Vermögenszuwachs

Die Blase oder die Inflation der Vermögenspreise

Die Realwirtschaft und die Finanzwirtschaft

Die Finanzinnovationen

Die Spekulation

Die Zahlungsunfähigkeit einer Bank

Die Globalisierung und die fremde Währung

Der Euro – Ein Projekt mit Problemen

Das Europäische System der Zentralbanken (ESZB)

Zusammenfassung der bisherigen Überlegungen

Die Finanzkrise 2008

Die Eurokrise 2010

Euro-Nachbesserungen

Die Folgen im Falle der Beendigung der Währungsunion

Zum Vergleich: Die japanische Krise 1990

Das ungelöste Problem der übermäßigen Verschuldung

Inflation durch die Zentralbank?

Negativer Zins, Helikoptergeld, Abschaffung des Bargeldes

Eine kritische Betrachtung

Gedanken zum Schluss

Stichworte

Quellenverzeichnis

Vorwort

Das Geld ist existenziell für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Dass der Staat ohne Finanzsystem nicht existieren kann, zeigte sich 2008, als er es vor dem Kollaps bewahren musste.

Wenn Lenin gesagt hat, um eine Gesellschaft zu zerstören, brauche man keinen Krieg zu führen, man müsse nur ihr Geldwesen ruinieren, so hat er in diesem Punkt Recht. Ein Staat ohne Finanzsystem ist ebenso undenkbar wie ein Staat ohne Regierung oder ohne Behörden. Der Staat, seine Institutionen und damit das Finanzsystem dienen dem Allgemeininteresse und nicht den Interessen einzelner. Dies ist in Erinnerung zu rufen, wenn eine wichtige Institution wie das Finanzsystem instabil geworden ist, weil der für das Finanzsystem verantwortliche Staat sich durch die Deregulierung weitgehend zurückgezogen hat.

Die Deregulierung der Finanzwirtschaft seit den 1990er Jahren ist eine Zäsur im Finanzsystem. Es ist eine neue Finanzindustrie entstanden, die es notwendig macht, zwischen der Realwirtschaft, in der die meisten Arbeitsplätze geschaffen werden, und der Finanzwirtschaft mit ihrer Finanzindustrie, deren Geschäft die Veranstaltung von Wetten ist, zu unterscheiden. Diese Unterscheidung unterbleibt meistens, wenn in den Medien von Märkten oder von Wirtschaft die Rede ist.

Dieses Buch ist kein Ratgeber für die Geldanlage. Es zeigt Zusammenhänge auf, um Informationen besser verstehen und einordnen zu können und behandelt Fragen, die nicht immer einfach zu beantworten sind. Zu den Fragen kann man unterschiedlicher Auffassung sein. Ich erwarte nicht, dass der Leser meine Auffassung teilt. Er ist aufgefordert, sich seine eigenen Gedanken zu machen.

Das Finanzsystem ist, da es viele Themen betrifft, sehr komplex. Damit der Überblick über den Gesamtkomplex nicht verloren geht, habe ich die einzelne Themen so kurz wie möglich dargestellt.

Von Hause aus Jurist und wie in der Juristerei üblich habe ich wichtige Finanzabläufe anhand von Fallbeispielen beschrieben, sodass der Leser eine konkrete Vorstellung erhält.

Die Protagonisten des Finanzsystems sind die USA und Großbritannien. Die Welt der Finanzen ist daher angelsächsisch geprägt. Ihre Sprache ist englisch. Auch in Deutschland haben sich vielfach Begriffe der englischen Finanzsprache eingebürgert. Soweit ich diese Begriffe verwende, habe ich sie übersetzt bzw. erläutert.

Ich danke für die Erlaubnis der Copyright-Inhaber (u.a. boerse.de Finanzportal, Standard & Poors, Nikkei Inc.), Daten und Grafiken zur Darstellung langfristiger Statistiken nutzen zu dürfen.

Gifhorn, im Oktober 2016

1. Einleitung

Zum Einstieg in die Welt des Geldes lassen Sie mich einleitend einige Aspekte nennen, die für das Verständnis wichtig sind und die ich später ausführlich behandeln werde.

Geld entsteht im heutigen reinen Papiergeldsystem durch Schulden. Daher der Titel des Buches. Wirtschaftsaktivitäten erfordern Geld und somit Schulden, für die ein Zins zu zahlen ist. Die Tilgung der Zinsschuld erfordert eine zusätzliche Geldmenge bzw. Verschuldung, die wiederum eine Zinsschuld auslöst. Das Finanzsystem ist ein Aufwärtsspiral-System steigender Geldmenge und damit steigender Verschuldung. Entscheidend ist, dass die Verschuldung in Grenzen gehalten wird.

Eine Abwärtsspirale – häufig die Gegenreaktion auf eine übermäßige Aufwärtsspirale bzw. Verschuldung - ist systemwidrig. Sie führt zu Störungen im Finanzsystem. Ziel muss es daher sein, eine Abwärtsspirale und damit eine Rezession zu verhindern. Bei einer Rezession fehlt, da der Schuldner nicht genügend Einnahmen hat, das Geld, damit die Schulden bezahlt werden können. Dadurch haben auch die Gläubiger ein Problem, da sie ihrerseits ihre Schulden nicht bezahlen können. Kritisch wird es, wenn es zu einer Kettenreaktion von Zahlungsfähigkeiten kommt.

Wer einen Kredit gibt, glaubt an die Zahlungsfähigkeit des Kreditnehmers (credere lateinisch glauben). Das Finanzsystem ist wesentlich Glaubenssache. Wenn die Gläubiger an die Zahlungsfähigkeit ihrer Schuldner glauben, steigt die allgemeine Bereitschaft, einen Kredit zu geben oder den Kaufpreis zu stunden bzw. zu kreditieren. Damit steigen die Wirtschaftsaktivitäten. Der Glaube schafft Fakten.

Schulden werden durch Arbeitsleistung, für die der Schuldner Geld erhält, getilgt. Durch die Arbeitsleistung wird die Verschuldung in Grenzen gehalten. Die Arbeitsleistung ist daher ein wichtiger Aspekt des Finanzsystems.

Nach diesen einleitenden Bemerkungen wollen wir nun der Reihe nach vorgehen. Das Buch ist so konzipiert, dass ein Kapitel auf dem anderen aufbaut. Die späteren Kapitel setzen also die Kenntnis der vorangehenden voraus. Um gegebenenfalls die vorangehenden Kapitel nachzulesen, habe ich zahlreiche Rückverweisungen angebracht.

Wir beginnen mit dem Geld als Grundlage unserer Überlegungen. Wir erörtern zunächst, was wir unter Geld verstehen wollen. Der Leser mag sich wundern und fragen, was das soll. Schließlich weiß er, was Geld ist, da er täglich mit Geld umgeht. Aber ganz so einfach ist es nicht. Im Verlaufe der Geschichte hat es unterschiedliche Formen von Geld gegeben. Die Geschichte kann helfen, das Geld besser zu verstehen. Wir wollen daher einen kurzen Blick in die Geschichte des Geldes werfen.

2. Die geschichtliche Entwicklung des Geldes

Am Anfang steht der Tauschhandel. Der Tauschhandel findet ohne Geld und Schulden statt. Der Tauschhandel ist schwerfällig, da der Erwerber eines Gegenstandes einen Tauschgegenstand benötigt, den sein Vertragspartner wünscht. Er muss sich den Tauschgegenstand wiederum durch einen Tausch besorgen. Der Tauschhandel erschwert den Austausch von Gütern (Waren und Dienstleistungen) und damit die wirtschaftliche Entwicklung. Er wurde durch den Handel mit Geld abgelöst.

Als Geld wurden zunächst Sachen verwendet, unter anderem wertvolle Muscheln oder Perlen, aber auch Vieh. Muscheln, Perlen und Vieh wurden zum Wertmaßstab. Geld war also etwas, was durch eine Arbeitsleistung hergestellt wurde. Die Münze, deren Herstellung ebenfalls eine Arbeitsleistung erforderte, war ein großer Fortschritt. Das Münzgeld war leicht zu handhaben und zu transportieren.

Der Zusammenhang zwischen dem Münzgeld und dem Vieh als Form des Geldes in einer archaischen agrarischen Gesellschaft zeigt sich an den Münzen im alten Rom. Auf den Münzen war ein Stück Vieh dargestellt. Vieh heißt auf lateinisch pecus, woraus sich das Wort pecunia (Geld) herleitet. Das deutsche Wort pekuniär (geldlich) stammt aus dem Lateinischen und stellt eine Verbindung zu einer frühen Form des Geldes her.

Der hohe Wert der Goldmünze beruht darauf, dass Gold nur in geringen Mengen vorhanden und seine Gewinnung mit einer extrem hohen Arbeitsleistung verbunden ist. Auf der anderen Seite ist Gold sehr begehrt. Das glänzende Edelmetall hat schon immer die Menschen fasziniert. Obwohl es auch andere wertvolle Edelmetalle gibt (Platin), gilt Gold auch heute noch als der Inbegriff des Wertvollen. Die Zentralbanken legen Goldreserven an, um den Wert des von ihnen ausgegebenen Geldes zu dokumentieren.

Das Geld in der Form der Goldmünze wurde abgelöst durch eine verbriefte Forderung auf eine Goldmünze. Die Goldmünzen wurden aus Sicherheitsgründen bei den Goldschmieden, die über Tresore verfügten, in Verwahrung gegeben. Die Goldschmiede, die für die Aufbewahrung eine Gebühr erhielten, stellten eine Quittung über die eingelagerten Münzen aus. Die Quittung beinhaltete eine Forderung gegen den Goldschmied, gegen Vorlage der Quittung die in dieser bezeichnete Summe an Goldmünzen auszuhändigen. Es entstand der Brauch, dass die Inhaber der Quittungen, wenn sie Geld brauchten, ihre Münzen nicht zurückholten, sondern der Einfachheit halber mit den Quittungen bezahlten. Da die Quittungen allgemein akzeptiert wurden, wurden sie zu Zahlungsmittel bzw. zu Geld. Sie wurden Zettel genannt.

Die Banken stellten über die Einzahlung von Goldmünzen ebenfalls Zettel aus. Sie wurden als Zettelbanken bezeichnet. Sie stellten fest, dass immer nur ein Teil der Münzen zurückgeholt wurde, sodass bei ihnen immer ein gewisser Bestand an Münzen vorhanden war. Sie kamen auf die Idee, wegen dieses Bestandes an Münzen zusätzliche Zettel auszustellen und diese Zettel als Kredite, für die sie Zinsen erhielten, zu vergeben. Die Summe der in allen Zetteln ausgewiesenen Goldmünzen war höher als die bei ihnen vorhandene Menge an Goldmünzen. Die Zettel waren somit nicht voll durch Münzen gedeckt. Hätten alle Zettelinhaber gleichzeitig die Aushändigung ihrer Münzen verlangt, so hätten die Banken zu wenig Münzen gehabt und wären außerstande gewesen, die Münzen auszuzahlen. Sie wären zahlungsunfähig geworden.

Bevor es Zettel als Zahlungsmittel bzw. Geld gab, konnten die Banken Kredite nur durch Aushändigung von Goldmünzen vergeben. Sie konnten nur das verleihen, was sie besaßen. Die Zettel ermöglichten ihnen, Geld unabhängig von Goldmünzen herzustellen. Die bisherige Bindung des Geldes an eine wertvolle Sache (Gold) wurde aufgehoben.

Die Ausgabe von nicht durch Goldmünzen gedeckten Zetteln stellt eine Zäsur in der Entwicklung des Finanzsystems dar. Sie ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum heutigen reinen Papiergeldsystem, in dem das Geld das unabhängig vom Gold hergestellt wird.

Da die Zettelbanken häufig zu viele Zettel ausgaben und sie in vielen Fällen zur Auszahlung von Münzen nicht in der Lage waren, wurde ihnen die Ausgabe von Zetteln untersagt. Die Befugnis zur Ausgabe von Zetteln wurde einer einzigen Bank übertragen, der Notenbank bzw. Zentralbank. Die von dieser Bank ausgegebenen Zettel wurden Banknoten genannt.

Die Banknoten verkörperten ursprünglich eine Forderung auf eine bestimmte Menge Gold. Dieses goldgedeckte Papiergeldsystem wurde 1971 abgeschafft. Die USA, deren Dollar durch Gold gedeckt war, hatten zur Finanzierung des Vietnamkrieges eine zu große Menge an Dollar hergestellt. Sie kündigten ihre Verpflichtung zur Auszahlung des Dollar in Gold. Die Staaten, die ihre Devisenreserven entsprechend dem Bretton-Woods Abkommen von 1944 in Dollar, der praktisch gleich Gold war, angelegt hatten, verloren ihre Ansprüche auf Gold. Seit der Abschaffung des goldgedeckten Papiergeldsystems verkörpert die Banknote keine Forderung auf Gold mehr. Sie verkörpert überhaupt keine Forderung. Sie ist lediglich ein Stück Papier und damit eine an sich wertlose Sache.

Wenn ein Gläubiger die Banknote akzeptiert, so nur deswegen, weil er sie infolge staatlicher Anordnung akzeptieren muss. Sie ist gesetzliches Zahlungsmittel. Der Gläubiger akzeptiert das gesetzliche Zahlungsmittel aus Überzeugung aber auch nur dann, wenn er sich dafür etwas kaufen kann. Er wird keine Arbeitsleistung erbringen, wenn er im Gegenzug nur ein wertloses Stück Papier erhält. Das Papiergeld hat für ihn nur dann einen Wert, wenn es Kaufkraft hat. Es hat nur dann Kaufkraft, wenn alle an die Kaufkraft glauben und das Geld aus Überzeugung akzeptieren. Fehlt der Glaube an die Kaufkraft und an den Wert des Geldes, droht der Rückfall in werthaltige Sachgegenstände als Geld wie nach dem zweiten Weltkrieg, als mit Zigaretten gezahlt wurde („Zigarettenwährung“).

Ein letzter Schritt ist die Entwicklung zum Buchgeld. Bei der Einzahlung von Banknoten bei einer Bank erteilt diese eine Gutschrift durch Buchung auf einem Konto, früher in Papierform, heute in elektronischer Form. Die Gutschrift begründet Buchgeld. Das Geld als Buchgeld ist nicht einmal mehr eine greifbare Sache (Stück Papier) im Besitz des Geldbesitzers. Es hat sich in die Bücher der Banken verflüchtigt. Es kann per Scheck, Anweisung oder Karte über Verrechnungs- bzw. Girosysteme auf andere Banken transferiert werden. Es wird daher auch als Giralgeld bezeichnet. Das Konto, auf dem es gebucht wird, ist das Girokonto.

Das Buchgeld ist genau genommen eine Forderung gegen die Bank auf Auszahlung von Banknoten so wie früher der Zettel eine Forderung gegen die Zettelbank auf Auszahlung von Goldmünzen war. So wie die Zettelbank nicht durch Gold gedeckte Zettel ausgaben, so stellen die Banken heute Buchgeld her, das nicht durch Banknoten gedeckt ist. Im Krisenfall sind die Banken nicht in der Lage, die Forderungen der Buchgeldbesitzer auf Auszahlung von Banknoten zu erfüllen.

Eine Forderung ist immer mit der Unsicherheit der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners behaftet. Ist eine Banken nicht mehr in der Lage, ihre Schuld zur Auszahlung von Banknoten zu erfüllen, ist das Buchgeld verloren. Demgegenüber ist die Banknote im eigenen Besitz von der Zahlungsunfähigkeit der Bank nicht betroffen. Der Unterschied zwischen der sicheren Banknote und dem relativ unsicheren Buchgeld spiegelt sich in der Redensart „Nur Bares (die Banknote) ist Wahres“ wider.

Die neueste Entwicklung könnte auf die Abschaffung der Banknote hinauslaufen. Die Zahlung mit Banknoten ist bereits unter dem Aspekt der Geldwäsche und der Steuerhinterziehung eingeschränkt. Dies mutet insofern etwas seltsam an, als man mit dem vom Staat als gesetzliches Zahlungsmittel bestimmten Geld nicht uneingeschränkt zahlen kann. Die Abschaffung der Banknote wird das Problem der Kriminalität verringern. Dafür gibt es ein anderes Problem, das Problem der Sicherheit des Geldes bei den Banken.

3. Geld ist nicht gleich Geld

Nach der Einrichtung der Zentralbank war nur diese befugt, Banknoten herzustellen. Eine Bank musste nun, wenn sie einen Kredit vergeben wollte, sich die Banknoten durch einen Kredit bei der Zentralbank besorgen. Die Auszahlung des Kredits der Zentralbank an die Bank erfolgte früher mit Banknoten, heute durch Erteilung einer Gutschrift auf dem Zentralbankkonto, dem Konto, das die Bank bei der Zentralbank hat.

Das Buchgeld auf den Zentralbankkonten ist von dem Buchgeld auf den Girokonten zu unterscheiden. Das Buchgeld auf den Girokonten dient dem Geldtransfer zwischen den Unternehmen und den Privathaushalten in der Realwirtschaft. Das Geld auf den Zentralbankkonten dient hingegen dem Geldtransfer zwischen den Banken. Ein großer Teil der Aktivitäten der Banken besteht in Geschäften untereinander, insbesondere in Wertpapiergeschäften. Diese Geschäfte werden mit dem Geld der Banken auf ihren Zentralbankkonten abgewickelt. Erhält eine Bank durch einen Kredit der Zentralbank einen Geldbetrag auf ihrem Zentralbankkonto, so führt dies nicht notwendigerweise zu einer Erhöhung der Buchgeldmenge auf den Girokonten.

Die Banken haben eine Zwitterstellung. Sie betreiben einerseits Geschäfte untereinander, andererseits vergeben sie Kredite an die Realwirtschaft. Der Bereich der Banken ist ein anderer als der Bereich der Realwirtschaft und beide Bereiche müssen voneinander getrennt werden. Um die unterschiedlichen Wirkungen des Geldes in beiden Bereichen besser verstehen zu können, sollte man zweckmäßigerweise einen Unterschied in der Bezeichnung des Geldes für die beiden Bereiche machen. Im folgenden bezeichne ich daher das Buchgeld auf den Zentralbankkonten als „Zentralbank-Buchgeld“ und das Buchgeld auf den Girokonten als „Buchgeld“. Die Unterscheidung muss auch hinsichtlich der Banknoten getroffen werden, da sowohl die Geschäfte der Banken untereinander als auch die Geschäfte in der Realwirtschaft mit Banknoten abgewickelt werden können.

Wenn eine Bank von der Zentralbank statt einer Gutschrift auf ihrem Zentralbankkonto Banknoten erhält, so sind die Banknoten, da sie dieselbe Funktion wie die Gutschrift auf dem Zentralbankkonto haben, ebenfalls „Zentralbankgeld“. Erst wenn die Banknoten in den Besitz einer Nicht-Bank bzw. in die Realwirtschaft gelangen, werden sie zu „Geld“.

Somit gilt für die folgenden Ausführungen:

Das Geld der Banken auf Zentralbankkonten und die Banknote im Besitz der Banken sind Zentralbankgeld, das Geld auf den Girokonten und die Banknote im Besitz der Nicht-Banken sind Geld.

4. Was ist „Geld“?

Der Begriff Geld wird recht unterschiedlich verwendet. Im allgemeinen Sprachgebrauch heißt es von jemandem, der ein großes Vermögen, z.B. einen großen Grundbesitz hat, er habe viel Geld. Zwischen Geld und sonstigem Vermögen wird dabei nicht differenziert.

Vermögen kann eine Sache, z.B. eine Immobilie oder eine Forderung, z.B. der Anspruch auf Übereignung einer Immobilie, sein. Ist eine Forderung in einem Wertpapier (engl. security) verbrieft, etwa in einer Schuldverschreibung oder in einer festverzinslichen Anleihe (engl. bond), dann wird die Forderung wie eine Sache behandelt. Wer die verbriefte Forderung erwerben will, muss den Brief bzw. das Wertpapier kaufen. Die im Wertpapier verbriefte Forderung wird am Ende der Laufzeit mit Geld ausgezahlt. Da das Wertpapier die Auszahlung von Geld verspricht, kann es selbst kein Geld sein.

In der Definition der Geldmengen M1 bis M3, die als Grundlage der Entscheidungen der Zentralbank auch Wertpapiere mit kurzer Laufzeit enthalten, wird der Begriff Geld in einem weitem Sinne verwendet. Unter Geld wird hier auch Vermögen verstanden, das in kurzer Zeit zu Geld wird.

Dem Wertpapier fehlt die Eigenschaft, die nur das Geld hat. Das Geld ist Zahlungsmittel, mit dem schuldbefreiend gezahlt wird. Ein Gläubiger ist nicht verpflichtet, eine Schuldverschreibung, einen Scheck oder Wechsel zu akzeptieren. Der Besitzer von Vermögen, der eine Schuld zu bezahlen hat, muss sein Vermögen zu Geld machen bzw. liquidieren, um zahlungsfähig bzw. liquide zu werden. Es gibt Wertpapiere und Forderungen, die leicht zu Geld zu machen sind, etwa Festgeld oder Tagesgeld. Man kann sie als „liquides Vermögen“ bezeichnen, sie sind aber kein Zahlungsmittel und damit kein Geld.

Geld ist ferner ein Wertmessmittel. Beim Tauschhandel braucht man kein Wertmessmittel. Die Tauschgegenstände werden durch Gegenüberstellung bewertet. Erst durch das Geld wurde es möglich, einen Gegenstand isoliert zu bewerten. Das Geld ist der Wertmaßstab, der an Güter und Vermögensgegenstände angelegt wird, sodass diese einen Preis erhalten. Der Wertmaßstab Geld ist eine Zahl, die den Nenn- oder Nominalwert des Geldes bezeichnet. Die Zahl ist mit der Bezeichnung der Währung verknüpft (früher Deutsche Mark, heute Euro). Jeder Staat legt eine Währung und damit die Bezeichnung für das Geld fest. Im Gegensatz zum Geld haben Güter und Vermögensgegenstände keinen „aufgedruckten“ Nominalwert. Der Wert bzw. Preis für Güter und Vermögensgegenstände wird mit einem Geldbetrag bezeichnet, der durch eine Vereinbarung oder durch eine behördliche Anordnung zustande kommt.

Ein Maßstab muss stabil sein. Was für das Längen- und das Gewichtsmaß selbstverständlich ist, muss im Prinzip auch für das Geld als Wertmaßstab gelten. Beim Geld ist der Nominalwert absolut stabil, da er sich nicht ändert. Anders ist es beim inneren Wert des Geldes. Dieser ändert sich, da seine Kaufkraft infolge Preissteigerungen abnehmen kann. Nur wenn die Kaufkraft stabil ist und es keine großen Preissteigerungen gibt, ist der innere Wert des Geldes und damit das Wertmessmittel Geld stabil. Ohne stabile, verlässliche Maßstäbe und vor allem ohne stabiles Geld ist wirtschaftliches Handeln, das langfristig orientiert ist, nicht möglich. Ziel muss es daher sein, den Geldwert stabil zu halten.

Geld ist schließlich ein Wertaufbewahrungsmittel. Wer Geld durch eine Arbeitsleistung erworben hat, möchte sich auch nach längerer Zeit für sein Geld etwas kaufen können, das dem Wert seiner Arbeitsleistung entspricht. Verliert das Geld seine Funktion als Wertaufbewahrungsmittel, weil es an Wert bzw. Kaufkraft verliert, findet eine Flucht in sichere Sachwerte als Wertaufbewahrungsmittel statt, vor allem in Gold.

Neben dem gesetzlichen Zahlungsmittel können andere Geldformen, die allgemein akzeptiert werden, entstehen. Das Buchgeld ist eine solche Geldform. Es kann per Anweisung oder Karte übertragen werden, was die Zahlungsvorgänge erheblich vereinfacht und beschleunigt. Ein Gläubiger ist nicht verpflichtet, eine Zahlung per Karte oder Anweisung zu akzeptieren. Er ist lediglich verpflichtet, das gesetzliche Zahlungsmittel zu akzeptieren.

5. Der Staat und das Geld

Der Staat hat hinsichtlich des Finanzsystems eine Doppelstellung. Einerseits erlässt er die gesetzlichen Regeln für das Finanzsystem und bestimmt die Währung sowie das gesetzliche Zahlungsmittel. Andererseits tritt er wie ein Privater als Käufer von Waren und Dienstleistungen auf. Er gewährt Sozialleistungen und Subventionen, mit denen die Empfänger Waren und Dienstleistungen kaufen können. Seine Ausgaben finanziert er durch Steuern. Zusätzliche Ausgaben müsste er eigentlich durch Steuererhöhungen finanzieren. Da solche beim Bürger nicht gut ankommen, finanziert er sie durch Kredite, indem er Schuldpapiere bzw. Staatsanleihen emittiert und mit den Einnahmen aus der Emission der Staatsanleihen die zusätzlichen Ausgaben bezahlt. Für die Kredite sind Zinsen zu zahlen, die aber eine Steuererhöhung meistens nicht erforderlich machen, sodass die Kredite für den Bürger nicht spürbar sind.

Schon in früheren Zeiten hatte der Staat Geldprobleme. Die damaligen Herrscher hatten es insofern einfacher, als sie das benötigte Geld selbst herstellen konnten, indem sie Münzen prägten. Vor allem die Führung von Kriegen kostete viel Geld. Friedrich der Große besorgte sich das Geld für den siebenjährigen Krieg durch Münzverschlechterung. Für die Münzen, die er zusätzlich benötigte, fehlte ihm die entsprechende Menge an Gold. Dennoch schuf er zusätzliche Münzen, indem er den Goldmünzen Kupfer beimischte. Die neuen Münzen waren wegen ihres geringeren Goldgehaltes weniger wert, was zunächst unbemerkt blieb, da sie von den echten Goldmünzen kaum zu unterscheiden waren. Erst als der Unterschied auffiel, verlangte der Verkäufer einer Ware eine höhere Anzahl an Münzen, um den vollen Gegenwert in Gold zu erhalten.

Der Ausgabe zusätzlicher geringwertiger Münzen steht es gleich, wenn ein Staat Banknoten druckt, um zusätzliche Ausgaben zu finanzieren. Durch die Erhöhung der Menge der Banknoten verringert sich der Wert der einzelnen Banknote, was ebenfalls zunächst nicht auffällt. Erst wenn die Preise steigen, weil höhere Preise wegen der nun verfügbaren höheren Geldmenge bezahlt werden können und auch bezahlt werden, zeigen sich die Auswirkungen.

Da in einem reinen Papiergeldsystem die Herstellung von Banknoten nicht an vorhandenes Gold gebunden ist und ein Anstieg der Geldmenge unbegrenzt möglich ist, könnte der Staat in unbegrenzter Höhe Ausgaben machen und mit selbst hergestellten Banknoten bezahlen. Um sich bei den Bürgern beliebt zu machen, könnte er mit dem Geld in unbegrenztem Umfang Sozialleistungen und Subventionen gewähren. Das Geld eines solchen Staates "Schlaraffenland“ würde aber nach einiger Zeit wertlos. Niemand würde schließlich mehr arbeiten, da jeder Geld ohne Arbeitsleistung erhält. Da niemand arbeitet, würden keine Güter produziert. Obwohl jeder Geld hat, könnte er sich für sein Geld nichts kaufen, da es nichts zu kaufen gibt. Die Menschen müssten hungern. In dem Märchen vom Schlaraffenland ist es umgekehrt. Die Menschen haben alles und brauchen daher nicht zu arbeiten. Ihnen fliegen die gebratenen Tauben in den Mund. Da sie alles haben, brauchen sie kein Geld, um etwas kaufen zu können. Im realen Leben muss der Mensch eine Arbeitsleistung erbringen, um Nahrungsmittel und Kleidung herzustellen oder er muss durch eine Arbeitsleistung Geld verdienen, mit dem er Nahrung und Kleidung kaufen kann. Daraus folgt: Geld erfordert eine Arbeitsleistung. Es gilt die alte Volksweisheit: "Von nichts (ohne Arbeitsleistung) kommt nichts" – was an den alten Formen des Geldes (Muscheln, Perlen, Vieh, Goldmünzen) deutlich wird, bei denen die Herstellung des Geldes mit einer Arbeitsleistung verbunden war.

Wenn der Staat Sozialleistungen und Subventionen zahlt, so erfolgen die Zahlungen ohne Gegenleistung. Wenn das Geld, das als Sozialleistung bzw. Subvention gezahlt wird, einen Wert bzw. Kaufkraft haben soll, dann muss es durch eine Arbeitsleistung entstanden sein. Diese Arbeitsleistung wird von andern, und zwar von den Steuerzahlern erbracht. Diese müssen einen Teil ihres durch Arbeitsleistung erworbenen Geldes an den Staat abführen. Im Ergebnis erbringen sie eine Arbeitsleistung zugunsten der Empfänger der Sozialleistungen und Subventionen. Die Achtung vor der Arbeitsleistung der Steuerzahler gebietet, dass der Staat mit den Steuereinnahmen sorgsam umgeht. Damit der Staat die Sozialleistungen und Subventionen nicht mit selbst hergestelltem wertlosen Papiergeld bzw. mit der Notenpresse bezahlt, kommt der Tatsache, dass ausschließlich die Zentralbank befugt ist, Banknoten herzustellen, eine außerordentliche Bedeutung zu. Die Zentralbank ist eine Institution, die nicht der Weisung der Regierung unterliegt und insofern unabhängig ist.