Geteilte Welten 1 - Gesucht und gefunden - Ray Rainbow - E-Book

Geteilte Welten 1 - Gesucht und gefunden E-Book

Ray Rainbow

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2019
Beschreibung

Tim war gerade 17 geworden – und seine Freunde planten eine Überraschungsparty für ihn. Dass die Überraschung dann ganz anders ausfallen sollte als gedacht, ahnte bis dahin noch niemand….

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Ray Rainbow

Geteilte Welten 1 - Gesucht und gefunden

Ein homoerotischer Liebesroman

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Tims Welt

Tim war gerade 17 geworden – und seine Freunde planten eine Überraschungsparty für ihn. Dass die Überraschung dann ganz anders ausfallen sollte als gedacht, ahnte bis dahin noch niemand….

 

Aber fangen wir von vorne an: Tims vollständiger Name war eigentlich Timotheus Bartholomäus von Hochbergen – nach seinem Ur-Ur-Großvater – doch das mochte er überhaupt nicht gerne hören. Tim war ja doch so viel einfacher! Nur, wenn sein Vater       ihn mit dem ganzen Namen rief, wusste er, dass etwas im Busche war… Tim war der einzige Sohn von Prof. Dr. Albertus Thimotheus von Hochbergen, einem angesehenen Wirtschaftswissenschaftler und Autor zahlreicher Bücher, und seiner Gattin Sybilla. Die Familie lebte in einer sündhaft teuren Villa und verkehrte in den höchsten Kreisen. Er besuchte die 11. Klasse eines Privatgymnasiums, und nach dem Wunsch seines Vaters sollte auch er studieren und die Unternehmensberatungsfirma übernehmen. Doch im letzten Halbjahr ließen Tims Leistungen in der Schule erschreckend nach; er interessierte sich mehr für seine Freunde und für „echte“, geile Parties, auf denen richtig was abgeht – nicht so „künstliche“, wie sie mehr oder weniger regelmäßig bei seinen Eltern stattfanden; einfach nur ohne krampfhaftes Getue abfeiern und Spaß haben, mit seinen Freunden abhängen und den Alltags-Schulstress vergessen. Kurz und gut: Tim war auf eine Schiene geraten, die seinen Eltern überhaupt nicht gefiel. Auch seine so genannten „Freunde“ passten seinen Eltern gar nicht. Es waren keine Kommilitonen aus dem Gymnasium, sondern Jungs aus dem Ort, die um die Häuser zogen, und bestimmt auch ein Alkohol-, wenn nicht sogar ein Drogenproblem hatten. Doch das war Tim egal. Er wollte raus aus dem strengen Elternhaus und endlich sein eigenes Leben führen. Geld war Tim nicht wirklich wichtig – obwohl seine Eltern ja genug davon hatten und er bisher weiß Gott nicht schlecht gelebt hatte. Nun aber hatte sein Vater ihm jegliches zusätzliche Taschengeld gestrichen; wenn nicht seine Mutter ihm hin und wieder ein paar Euro zustecken würde, ginge es ihm ziemlich dreckig.

 

Drei Tage nach seinem Geburtstag, es war ein Freitag, traf sich Tim wieder nach der Schule mit seinen Freunden. „Hey Tim, alles im Lack?“, begrüßte ihn Marko, der ihn zuerst gesehen hatte. Marko war nur 3 Monate älter als er, er saß wie immer auf der Rückenlehne der Parkbank, die Füße auf der Sitzfläche. Irgendwie bewunderte Tim ihn: Punk-Frisur, der Kamm je nach Laune rot, grün, blau oder blond gefärbt, coole Klamotten, Turnschuhe… Tim selbst hatte sich nach der Schule leidlich aller Anzeichen seiner Schul-Uniform entledigt, Krawatte und Jackett verschwanden schnell in seinem Spind. Die obersten beiden Knöpfe seines weißen Hemdes hatte er geöffnet. Dennoch war ihm anzusehen, dass er eigentlich nicht so recht hier hin gehörte. Die glatt gekämmten Haare, das saubere Hemd, die Stoffhose, die schwarzen, polierten Schuhe – rein äußerlich war er keiner von den Anderen. Aber sie mochten ihn, und er fühlte sich wohl in diesen Kreisen. „Hi Marko! Wo sind denn Mike und Willy?“ „Die mussten noch schnell etwas erledigen, kommen gleich. Ein Bier?“ „Klar, gerne!“ antwortete Tim und fing die Dose auf, die Marko ihm zuwarf. „Warste in der Penne?“ fragte Marko und sah Tim von oben bis unten an. Tim nickte. „Was soll ich machen, zwischendurch muss ich mich ja doch mal dort blicken lassen“ antwortete er resigniert und nahm einen großen Schluck aus der Bierdose. „Ah, das tut gut!“ Marko grinste.

 

„Schau mal, da sind die Beiden ja!“ Von der anderen Seite näherten sich Willy und Mike. Mike trug einen alten Koffer, Willy hielt eine Palette Dosenbier in den Armen. „Da seid ihr ja – wurde auch Zeit!“ meinte Marko und deutete auf die leeren Bierdosen im Papierkorb neben der Bank. Willy setzte – sichtlich erleichtert - die Palette ab, und Mike hob mit viel sagenden Blicken den Koffer auf die Parkbank. „Mach ihn auf!“ forderte er Tim auf. Tim blickte in die Runde; was wird das denn jetzt?   Dann öffnete er den Koffer. Zum Vorschein kamen: eine Jeans, ein T-Shirt, und ein Paar noch ziemlich neu aussehende Turnschuhe. „Für Dich, damit Du nicht immer aussiehst wie so`n reicher Schnösel!“ grinste Mike. „Da hinter dem Busch kannste Dich umziehen.“ „Wo habt ihr die Klamotten denn her? Doch nicht etwa…“ setzte Tim an. „Nee, Ich hab mit meiner Mom meinen Schrank ausgemistet – müsste Dir eigentlich passen.“ Stimmt schon, Mike hatte ungefähr Tims Statur… „Und die Latschen?“ Tim deutete auf die Turnschuhe. „Sind mir zu klein. Hab ich erst zweimal getragen“ antwortete Mike. „Ich lebe halt auf etwas größerem Fuß als Du!“ fügte er grinsend hinzu. Mit dankbarem Blick nahm Tim den Koffer und verschwand hinter dem Busch; doch ihm fiel auf, dass Marko ihm wohl hinterher sah. Schnell hatte er sich bis auf Slip und Socken ausgezogen und zwängte sich in die recht enge Jeans. Scheinbar war sie gerade frisch gewaschen worden…. Dann zog er das Shirt über und schlüpfte in die Schuhe. Sie passten wie angegossen! Seine Schulkleidung legte er ordentlich zusammen und verstaute sie im Koffer. Zum Schluss fuhr Tim sich noch schnell mit beiden Händen durch die Haare – fertig! Breit grinsend trat er hinter dem Gebüsch hervor und präsentierte sich seinen Freunden. Marko stieß einen leisen Pfiff aus. „Hey Alter, geil siehste aus! Jetzt passte zu uns!“ Noch während Tim damit beschäftigt war, den Koffer abzustellen, warf ihm Willy eine neue Dose Bier zu. Tim hatte Mühe, beides gleichzeitig zu bewerkstelligen, doch es gelang ihm. Genüsslich öffnete er die Dose und nahm einen Schluck. „Auf euch, Jungs –   ihr seid Spitze!“ Es war Tim anzumerken, dass er sich in dieser Kleidung wesentlich wohler fühlte als in dem edlen Zwirn, den er aus der Schule und von zuhause gewohnt war.

 

Auch Tim setzte sich auf die Lehne der Bank, trank noch einen Schluck Bier und fragte dann: „Und – was ist noch so angesagt am Wochenende? Gibt’s irgendwo ne Party?“ Marko sprang von der Bank, und stellte sich vor ihn, wie ein Redner, dessen große Stunde nun gekommen war. „Jepp – Deine Birthday-Party! Heute Abend!“ Verblüfft sah Tim ihn an. „Eine Party? Für mich? Wie geil ist das denn? Wann? Wo?“ Er freute sich wie ein Schnee-König – dagegen würden alle Parties im Garten seiner Eltern bestimmt verblassen. „Jepp“, betonte Marko noch einmal, „heute abend um Acht am Baggersee! Ich hoffe, Du hast zufällig Zeit?“ „Klaro! Jungs, ihr seid einsame Klasse!“ Tims Herz schlug bis zum Hals. Ein Problem gab es allerdings: Wie sollte er aus dem Haus kommen, ohne dass seine Eltern es bemerken? Mike schien seine Gedanken zu erraten. „Pass auf“, sprach er Tim an, „um halb acht warte ich mit dem Moped vor der Pizzeria von Paolos Vater auf Dich; Willy schellt dann an Eurer Haustür und läuft weg – dadurch sind Deine Eltern abgelenkt. Ich gehe mal davon aus, dass bei diesem Wetter Eure Terrassentür noch offen steht – dann brauchst Du nur durch die Lücke in der Hecke hinter Eurem Haus schlüpfen, bei mir aufspringen und schon biste weg!“ „Das passt!“ Tim war begeistert von der Idee – die Jungs hatten wirklich an alles gedacht! Mike (eigentlich Michael) war bisher der Einzige, der das Haus der von Hochbergens kannte – sein Vater war ein angesehener Geschäftsmann, und er hatte Mike einmal zu einer der Gartenparties in der Villa mitgebracht. „Gepennt wird übrigens bei uns im Strohschuppen – Du brauchst Dich also nicht wieder ins Haus schleichen“ ergänzte Willy. „Hey, geil! Das wird ne Sause!“ freute sich Tim. Die Anderen grinsten breit.

               

Nach zwei weiteren Dosen Bier machte sich Tim – leicht angesäuselt – auf den Weg zurück zur Schule, den Koffer in seiner linken Hand. Nach Hause wollte er heute irgendwie heute nicht mehr – und er wusste, dass er auch außerhalb der Schulzeiten in den Spindraum gelangen konnte. Dort angekommen, öffnete er den Koffer, hängte seine Schulkleidung fein säuberlich in den Spind und wuchtete den leeren Koffer auf den Schrank. Tim dachte nach – wenn er jetzt hier bleiben würde bis…. dann hätte sich das Problem mit daheim ja von alleine erledigt und er könnte direkt an der Pizzeria auf Mike warten….genial! Ein Blick auf die teure Armbanduhr, die er zum Geburtstag von seinem Vater bekommen hatte – zehn nach sechs… also hatte er noch eine gute Stunde Zeit; das Gymnasium lag auch nur eine Viertel Stunde vom Treffpunkt entfernt. Noch einmal öffnete er seinen Spind, nahm ein Handtuch und Duschgel heraus und ging in den Duschraum der Sporthalle. Alles war menschenleer – der Unterricht war für heute schon längst beendet, und auch die Reinigungskräfte hatten die Schule bereits wieder verlassen. Trotzdem fühlte er sich irgendwie beobachtet, als er sich auszog und in die Duschwanne stieg. ‚Quatsch, Du bildest dir was ein’ sagte er zu sich selbst, schaute sich aber dennoch um. Es war niemand zu sehen. In Gedanken versunken sah er an sich herab, während das Wasser auf seiner Haut abperlte. Eigentlich sah er doch ganz gut aus – komisch, dass sich kein Mädchen so wirklich für ihn interessierte… vielleicht war er ja doch bisher in seiner Schule als Streber abgestempelt worden? Nach dem Unterricht sah man ihn oft in der Bibliothek oder an einem der PC `s im Gruppenraum – immer   auf der Suche nach Erklärungen, Erläuterungen und Kommentaren zum Unterrichtsstoff. Aber warum versuchte auch er nicht, sich an ein Mädchen heranzumachen? Könnte es einfach daran liegen, dass er Angst davor hatte, seinen Eltern nicht die „Richtige“ vorzustellen? Immerhin würden sie sicher gewisse Ansprüche an ihre „Schwiegertochter“ stellen….

 

Nachdem er sich gründlich abgeseift hatte, genoss Tim noch einmal kurz den warmen Strahl des Wassers aus der Dusche, trocknete sich ab und ging – nur das Handtuch um die Lenden gebunden und die Klamotten in der Hand – barfuss zurück zu seinem Spind. Sorgsam legte er die Kleidung auf der Bank ab, als würde es sich um seine Schulkleidung handeln, öffnete seinen Spind, entnahm eine Dose Deo und sprühte sich gründlich ein. Dann zog er sich an – nicht ohne wieder das Gefühl zu haben, beobachtet zu werden -, schaute in den Spiegel auf der Innenseite der Spindtür, zerzauste mit den Händen seine noch feuchten Haare und betrachtete sich eingehend. Plötzlich meinte er, im Spiegel einen Schatten erkannt zu haben… Schließlich schloss er seinen Schrank, sah noch einmal auf die Uhr…. inzwischen war es viertel vor sieben. Erneut schaute Tim sich um – und wieder glaubte er, einen Schatten gesehen zu haben. Unwillig schüttelte er den Kopf – Blödsinn, hier ist niemand! Tim trat aus dem großen Hauptportal der Schule und schlenderte gemütlich in Richtung Pizzeria. Inzwischen fühlte er sich wieder einigermaßen nüchtern; sicher auch ein Resultat seiner fixen Idee, noch einmal duschen zu gehen.

 

Giovanni, der Pizzabäcker, erkannte Tim schon von weitem. „Ciao Timo!“ rief er ihm zu, noch bevor Tim den Laden richtig betreten hatte. „Ciao Giovanni, come stai? “ Giovanni grinste. “Alles Paletti, Timo! Willst Du eine Pizza? Wie immer? Mit Schinken und Peperoni?“ „Nein danke, Giovanni, heute nicht. Ich warte hier nur auf Mike. Gibst Du mir bitte eine Cola?“ „Naturalmente – subito!“ Und schon hatte Giovanni ihm ein Glas Cola vor die Nase gestellt…. Über dem Backofen hing eine große Wanduhr – sie zeigte gerade mal zwanzig nach sieben, als Tim das vertraute Geräusch von Mikes Moped hörte. Mike hielt vor der Tür an, zog den Helm aus und nickte Giovanni kurz zu, der am Pizzatisch stand und durch die große Scheibe schaute. Giovanni drehte den Kopf zu Tim. „Ich glaube, Du wirst abgeholt! Geht ihr feiern?“ „Ja, die Jungs haben eine Geburtstagsparty für mich geplant“, antwortete Tim. „Du hast Geburtstag? Congratulazione! Die Cola geht natürlich aufs Haus!“ „Ich hatte – vor drei Tagen“ antwortete Tim. „Trotzdem – danke Giovanni! Bis bald!“ Damit verließ er die Pizzeria und ging zu Mike. „Hey, bist aber früh dran!“ „Na ja, ich möchte ja nicht Schuld sein, dass Du zu spät zu Deiner eigenen Party kommst! Steig auf und halt Dich fest!“

Die Party

Nach etwa zwanzig Minuten Fahrt (Mike fuhr wie der Teufel, und Tim musste sich gut an ihm festklammern) erreichten sie den Baggersee. Das letzte Stück mussten sie Mikes Moped schieben, an fahren war nicht mehr zu denken. Als sie ankamen, fielen Tim bald die Augen aus: rund um den Platz, an dem die Feier stattfinden sollte, waren brennende Fackeln in den Sand gesteckt worden; in der Mitte loderte ein Lagerfeuer, daneben stand ein Tisch mit einem Fass Bier und diversen anderen Getränken. Marko kam ihm entgegen, nahm ihn an die Hand und führte ihn zu seinem „Ehrenplatz“, der aus einem mit Wiesenblumen umrahmten und mit einer dicken Wolldecke bedeckten Felsbrocken bestand, so dass er einen einigermaßen weichen Sitzplatz hatte. Tim nahm Platz und wartete nun ungeduldig darauf, was weiter geschehen würde. Mit einem Tablett mit Plastikbechern bewaffnet, ging Willy zuerst zu Tim, dann zu den Anderen, die im Kreis um ihn herum saßen. Jeder von ihnen bekam einen Becher Bier. Wie auf ein Stichwort standen seine Freunde auf und erhoben ihre Becher; Marko stellte sich direkt vor ihn. „Wir wünschen Dir alles Gute zu Deinem 17. Geburtstag – und nun lasst uns feiern!“ Plötzlich hatte Tim das Gefühl, als müsse er gleich anfangen zu weinen, so gerührt war er. Ohne dass er es bemerkt hatte, war Marko kurz hinter der Runde seiner Freunde verschwunden und stand nun wieder vor Tim; in den Händen einen großen Karton. „Das ist für Dich – herzlichen Glückwunsch von uns allen!“

 

Tim wurde rot – bisher war er es nur gewohnt, Geschenke von seinen Eltern zu bekommen, oder von den geladenen Gästen, die im Garten der Villa an seiner „Geburtstagsfeier“ teilnehmen durften; das hier war ein völlig neues Gefühl für ihn. Mit zitternden Händen öffnete er den Karton – und fand zunächst nur jede Menge Füllmaterial in Form von Zeitungspapier. Irgendwo dazwischen lagen eine kleine Schatulle und ein Brief. Tim entschloss sich, zunächst den Brief zu öffnen. Darin stand: „Hallo Tim, wir wünschen Dir alles Gute zu Deinem Geburtstag! In dem Etui findest Du etwas, das Dich immer daran erinnern soll, dass Du zu uns gehörst und dass Du auf ewig unser Freund bist und bleibst!“ Darunter die Unterschriften aller seiner Freunde, die nun um ihn herum saßen: Marko, Willy, Mike, Olaf, Stefan, Andre, Rico, Paolo, der Sohn von Giovanni dem Pizzabäcker, Marcel, Holger, Lars und Dominik. Tim wusste nicht, wie ihm geschah – er zitterte nun dermaßen, dass er kaum das Etui zu öffnen vermochte. Schließlich gelang es ihm doch. Darin lag ein Amulett, in das am oberen Ende ein Loch gestanzt war. Wie zum Beweis zogen die Anderen aus der Runde ihre Schlüssel aus der Hosentasche oder die Halsketten unter den Pullis hervor – und an allen war als Anhänger dieses Amulett befestigt. Das Feuer prasselte, und einer der Jungs hatte begonnen, Fleischspieße vorzubereiten   und ins Feuer zu halten. Tim wusste nicht so recht wohin mit seinen Gefühlen – das Ganze überwältigte ihn einfach. Doch so langsam aber sicher wirkte wieder das Bier, und ein gewisses Hungergefühl wurde auch immer stärker. Als „Ehrengast“ stand ihm bestimmt der erste Spieß zu – dessen war er sich sicher. Und so war es auch: Marko überreichte ihm feierlich den ersten fertigen Grillspieß.

 

Nach dem Essen rief Mike: „So, und jetzt ist Partytime!“ Plötzlich ertönte Musik, und ausgerechnet Marko zog ihn hoch, und begann, sich im Rhythmus zu bewegen. Trotz       der fortgeschrittenen Uhrzeit – inzwischen dürfte es mindestens 21 Uhr geworden sein   (Tim hatte nicht mehr auf die Uhr geschaut) – war es noch angenehm warm; und Tim   wurde übermütig. Noch einmal setzte er sich hin, zog Schuhe und Strümpfe aus, entledigte sich dann auch noch seines Shirts und begann im Takt der Musik zu hüpfen. So gut hatte   er sich schon lange nicht mehr gefühlt! Ehe er sich versah, gesellte sich Marko zu ihm –   und schaute ihm tief in die Augen. Tim verstand nicht – er wollte einfach nur tanzen und   das Leben genießen. Doch Marko wollte mehr – er wollte Tim! Aber Marko hielt sich zunächst zurück – niemand bemerkte etwas. Doch als Tim in die Büsche verschwinden wollte, folgte Marko ihm. Während sie nebeneinander standen und pinkelten, sah Marko immer wieder zu Tim herüber – es war nun nicht mehr zu übersehen. „Hey, was is?“ Marko wurde rot – er fühlte sich erwischt. „Nix – alles im grünen Bereich“ antwortete er, weil ihm nix Besseres einfiel. „Biste schwul, oder was?“ Die Röte in Marko`s Gesicht verstärkte sich noch mehr und er biss sich verlegen auf die Unterlippe, aber er antwortete nicht. Die Party war nun in vollem Gange – zeitweise wurde ein wenig abgetanzt, wenn gerade ein besonders gutes Stück aus dem Ghettoblaster dröhnte, oder man saß nebeneinander im Sand, trank und unterhielt sich. Ein Teil der Fackeln war bereits erloschen, und auch das Lagerfeuer ließ nun zu wünschen übrig. Marcel legte noch die letzten bereitliegenden Äste   in das Feuer und auch das Zeitungspapier und der Karton wurden auf diese Weise entsorgt. Das Amulett! fiel es Tim ein – er zog es aus der Tasche seiner Jeans, nahm seine Halskette ab und befestigte es daran. Dann drehte er sich stolz in die Runde, so dass jeder es sehen konnte. Als Reaktion der Anderen erschall ein Applaus. Tim deutete eine Verbeugung an und grinste breit.

 

„Wer kommt mit ins Wasser?“ rief Mike plötzlich und begann, sich auszuziehen. Schnell hatten auch die Anderen nur noch ihre Unterhosen an und rannten johlend in den Bagger-See. Paolo wollte es besonders gut machen – er lief los, stieß sich vom Boden ab und versuchte, mit einem lang gezogenen Kopfsprung ins Wasser zu einzutauchen. Als Erfolg dieser – etwas misslungenen - Aktion erntete Paolo allerdings nur die Lacher der anderen Jungs; denn als er auftauchte, hingen seine Shorts nicht mehr dort, wo sie hingehörten, sondern in seinen Kniekehlen. „Huch – da wird ja wohl ein neues Gummiband fällig“ meinte er nur trocken, während er die Hose wieder hochzog. Es musste wohl schon weit nach Mitternacht gewesen sein, als die letzten Fackeln und dann auch das Lagerfeuer erloschen. Zur Vorsicht schaufelten sie noch etwas Sand auf die Glut, und jeder schnappte sich ein Teil der mitgebrachten Utensilien. Mikes Moped blieb am letzten Laternenpfahl vor dem See angekettet stehen. Mehr schwankend als gerade gehend erreichten sie den Bauernhof von Willys Eltern. „Pssst, leise jetzt!“ mahnte Willy seine Freunde. Wie an einer Kette schlichen sie hintereinander quer über den Hof und in den Stall, der als Strohmiete diente. Tim warf seine Sachen in eine Ecke (sie hatten sich nach dem Bad im See nicht wieder angezogen) und ließ sich auf einen der Strohballen fallen. Jeder der Jungs suchte sich nun einen Platz zum Schlafen aus, und nach ein paar kurzen, leisen Gesprächen wurde es schnell ruhig im Stall.  

In der Villa

„Wo ist eigentlich Tim?“ Tims Mutter zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht – er war nach der Schule noch nicht zuhause.“ „Dieser Bengel – wenn der so weiter macht, fliegt er noch von der Schule! Bestimmt ist er wieder bei seinen so genannten Freunden“, schimpfte Tims Vater. „Ach, lass ihn doch, Albert“, versuchte seine Frau ihn zu beruhigen. „“Er möchte was erleben – und außerdem ist doch Wochenende, da hat er ja keine Schule.“ „Dann soll er gefälligst hier auf seinem Zimmer lernen, damit aus ihm etwas wird, und sich nicht mit so zwielichtigen Gestalten herumtreiben!“ Tims Vater war außer sich, während seine Mutter inzwischen eher begonnen hatte, sich Sorgen um ihren Sohn zu machen. „Wenn er morgen noch nicht zurück ist, suchen wir ihn, in Ordnung?“ versuchte sie Tims Vater zu beruhigen. Albertus von Hochbergen sah seine Frau an „In Ordnung, aber wenn ich das Früchtchen in die Finger bekomme - der kann was erleben!“ tobte er noch immer. Unruhig lief er im Salon auf und ab. „Sei nicht zu streng mit ihm – Du hast ihm doch schon das Taschengeld gestrichen“ mahnte ihn seine Frau. „Das Du ihm hinten herum dann doch wieder zusteckst“ donnerte er sie an, was er sofort wieder bereute. „Bitte verzeih, ich bin nur fürchterlich aufgebracht“ versuchte er sich zu entschuldigen.   ‚Er hat es also doch bemerkt’ dachte sie bei sich und ihr entfloh ein leichtes Grinsen. Dann wandte sie sich wieder an ihren Mann: „Schon gut. Albert, der Junge ist 17 – es ist ja schon ein Wunder, dass er noch nicht mit einer Freundin angekommen ist. Lass ihm doch ein wenig Freiheit! Sein Leben kann doch nicht nur aus Schule und Lernen bestehen!“ Allmählich beruhigte sich auch Tims Vater wieder ein wenig. „Du hast ja Recht, wie fast immer, wenn es um unseren Sohn geht. Aber schließlich soll doch was aus ihm werden, und er soll meine Firma übernehmen.“

 

Sie saßen vor dem Kamin, und Margret, das Hausmädchen hatte ihnen eine Flasche Wein und zwei Gläser auf den Tisch gestellt. Sybilla von Hochbergen lehnte sich an ihren Mann an. „Ein wenig Sorgen mache ich mir ja doch um Timi“, meinte sie leise, und sah ihn an. Tim mochte es gar nicht, wenn man ihn Timi rief, und seine Mutter benutzte diesen Kose-namen nur, wenn er nicht zugegen war. „Aber heute Abend finden wir ihn wohl doch nicht mehr; hoffentlich ist ihm bloß nichts passiert!“ Nun war es an Albertus, seine Frau zu beruhigen. „Na ja, immerhin ist er schon 17, und hier im Ort brauchen wir uns wohl nicht so all zu große Sorgen machen. Er wird wahrscheinlich mit seinen Freunden irgendwo abhängen“. Das Wort „Freunde“ hatte Albert von Hochbergen allerdings mit einem sehr scharfen Unterton ausgesprochen; man merkte es ihm an, dass ihm dieser Umgang seines einzigen Sohnes überhaupt nicht gefiel. Um Punkt 22 Uhr klopfte das Hausmädchen und öffnete leise die Tür. „Haben Sie noch einen Wunsch?“ „Nein danke, Margret, gute Nacht! Wir gehen auch gleich zu Bett. Ach, doch: Haben Sie heute unseren Sohn gesehen?“ „Nein, Herr Professor, zuletzt sah ich ihn heute früh, als er zur Schule gefahren wurde.“ Obwohl das Gymnasium nur 15 Minuten entfernt lag, wurde Tim selbstverständlich morgens zur Schule gefahren. „Danke, gute Nacht.“ „Gute Nacht.“ Leise zog das Hausmädchen sich zurück, und Tims Eltern waren wieder allein. „Vielleicht sollten wir doch…“ begann Sybilla von Hochbergen erneut, brach den Satz aber dann ab. „Was? Ihn suchen? Nein, heute nicht mehr, das hast Du doch selbst gesagt. Außerdem soll er doch zusehen, wo er heute Nacht bleibt. Ins Haus kommt er jedenfalls nicht!“ Die erzürnte Stimme von Tims Vater war noch immer herauszuhören. „Ich habe alles abgeschlossen, und die Alarmanlage ist auch an.“ „Aber gleich morgen früh rufen wir seinen Lehrer an – und fragen auch im Pizzaladen nach“ antwortete sie ihm in einem bestimmenden Ton. „Ja Schatz, das machen wir. Und nun lass uns schlafen gehen.“ Schnell trank Albertus von Hochbergen noch den letzten Schluck Wein aus und stand auf.

 

Sybilla von Hochbergen konnte nicht schlafen – zu sehr beschäftigte sie es, wo ihr Timi jetzt wohl sein möge. Ihr Mann lag neben ihr und schnarchte. Trotz aller Sorge brachte dieser Anblick sie zu einem leisen Lächeln. ‚Albertus, mein Lieber, ich mache mir große Sorgen und Du schläfst den Schlaf der Gerechten’ dachte sie. Dann seufzte sie tief und starrte an die Zimmerdecke. ‚Wo mag er jetzt wohl sein? Er hätte ja wenigstens anrufen können’ kam es ihr in den Sinn. Schließlich öffnete sie ihr Nachtschränkchen, nahm eine Schlaftablette heraus, und spülte sie mit Mineralwasser hinunter. Eine Zeit lang dauerte es noch, bis die Tablette ihre Wirkung zeigte; Sybilla von Hochbergen lag auf dem Rücken im Bett und schaute sich im dunklen Schlafzimmer um, neben ihr hörte sie das gleichmäßige Schnarchen ihres Mannes. Der Wecker zeigte 01:30 Uhr, als sie endlich einschlief.

 

Der nächste Morgen

Tim erwachte auf einem Strohballen – nur mit seiner Unterhose bekleidet. Sein Kopf brummte und er hatte Schwierigkeiten, sich zu orientieren. Direkt neben ihm lag Marko, ebenfalls nur in Unterhose, und schlief. Marko lag auf der Seite, und sein Arm ruhte auf Tims Brustkorb. Was hatte das nun zu bedeuten? Tim schaute sich um: etwas verstreut   sah er seine anderen Freunde, teils noch schlafend, teils auf ihren Strohballen sitzend, im Versuch, wach zu werden und sich zu orientieren. Vorsichtig umfasste Tim Markos Hand-gelenk und hob den Arm an, um sich befreien zu können. Genau in diesem Augenblick wurde Marko wach und lächelte ihn an. „Guten Morgen!“ Doch als Marko sich aufrichten wollte, fasste er sich an den Kopf. „Das letzte Bier war wohl schlecht“, meinte er grinsend. „Was macht Dein Schädel?“ „Na ja, geht so“ antwortete Tim knapp. Dann stand er auf, und ging in die Ecke, in der er gestern Nacht seine Kleidung abgelegt hatte. Aus der Jeanstasche kramte er seine Armbanduhr heraus. Schon 10 Uhr! Zwar hatte er inzwischen registriert, wo er sich befand, und um ihn herum wurde es langsam aber sicher auch immer lebendiger, doch dass es ihm wirklich gut ginge konnte er wahrlich nicht behaupten. Außerdem fragte er sich noch immer, was Markos Hand auf seiner Brust zu suchen hatte; auch Markos Unterhose hatte sich sichtbar gewölbt. ‚Ist er vielleicht doch schwul und will sich an mich heranmachen?’ schoss es Tim durch den Kopf.

 

Auch Tims Eltern waren schon lange wach – seine Mutter lief nervös auf und ab, während sein Vater alle Adressen abtelefonierte, die ihnen bekannt waren. Außer Giovanni, dem Pizzabäcker, in dessen Laden Tim ja gestern Abend noch war, hatte niemand ihren Sohn gesehen. Doch auch Giovanni konnte nicht wirklich helfen – er wusste nur, dass Tim mit dem Moped abgeholt worden war und er irgendwo feiern wollte. „Sollten wir nicht lieber die Polizei holen?“ schlug Sybilla vor. „Nun warte doch erstmal ab, Liebes, ich rufe jetzt erstmal den Hausmeister der Schule an“. „Ja, Tim war gestern Nachmittag noch einmal hier – er hat geduscht, und trug eine Jeans, ein rotes Shirt und Turnschuhe, als er die Schule verließ“, antwortete der Hausmeister. „Wann war das?“ Gestochen scharf schoss der Professor diese Frage ab. „Gegangen ist er so gegen 19 Uhr; aber wohin, kann ich Ihnen nicht sagen“. Also gab es auch hier keine befriedigende Antwort; aber immerhin wussten sie nun, was er zuletzt an hatte. Professor von Hochbergen hatte gerade aufgelegt, als das Telefon erneut schellte. Es war Willys Mutter. „Verzeihung Herr Professor, Sie kennen mich nicht. Ich bin die Mutter von Willy, einem von Tims Freunden. Wir wohnen am anderen Ende vom Ort auf dem großen Bauernhof. Tim ist hier bei uns – es geht ihm gut.“ In Tims Vater stieg ein Gefühl zwischen Erleichterung und dem Verlangen, sofort dorthin zu fahren, auf. Doch seine Frau hielt ihn zurück. Und auch Willys Mutter schien zu ahnen was der Professor beabsichtigte. „Bitte, Herr Professor, kommen Sie nicht her – die Jungs frühstücken jetzt noch bei uns, dann kommt Tim heim. Sie haben gestern am Baggersee seinen Geburtstag nachgefeiert, und bei uns in der Strohmiete geschlafen. Bitte seien Sie nicht zu streng mit ihm!“ Damit legte sie auf. Sybilla von Hochbergen fiel ein Stein vom Herzen. „Gott sei Dank, es ist alles in Ordnung!“ strahlte sie ihren Mann an. Wenn Timi nachher heim kommt, nimm ihn bitte nicht gleich auseinander!“ Lächelnd sah Albertus seine Frau an: „Na, ich will es versuchen. Mal sehen, wie er sich benimmt!“

 

Während in der Villa das Telefon nicht mehr still stand, waren die Jungs inzwischen alle aufgewacht, hatten sich –einer nach dem Anderen- im engen Badezimmer des Bauern-hofes etwas frisch gemacht und saßen nun angezogen in der großen Küche vor einem üppigen Frühstück, das Willys Mutter zubereitet hatte. Marko hatte sich den Platz neben Tim gesichert, doch noch immer ahnte niemand etwas von seinen Absichten, auch Tim nicht. So langsam machte Tim sich Vorwürfe – er hätte sich schon lange bei seinen Eltern melden müssen; Vater war bestimmt stinksauer, und seine Mutter kam sicher halb um vor Sorgen. So super wie es gestern gewesen sein mag, es war nicht richtig, was er getan hatte. Unruhig rutschte er auf seinem Stuhl hin und her. Willy Mutter sah ihn lange an, dann fragte sie: „Tim, was ist los mit Dir? Du bist ja der reinste Zappelphilipp!“ Ein breites Grinsen ging durch die Runde, das aber ebenso schnell wieder verflog, als Tim seine Sorgen äußerte. Er hatte Angst – Angst vor seinem Vater! Doch noch bevor Tim zu Ende gesprochen hatte, nahm Willys Mutter das Telefon. „Ich rufe ihn an und erkläre ihm Alles!“ Neben sich hörte er die Stimme von Marko. „Hey, Alter, mach Dir keinen Kopp!“ Gleichzeitig spürte er seine Hand auf der eigenen. Das tat so gut! Und – es gefiel ihm!   Als Willys Mutter mit Tims Vater telefonierte, war es totenstill in der Küche; niemand biss in sein Butterbrot, niemand nahm seine Kaffeetasse auf oder klapperte mit dem Messer. Und niemand sprach ein Wort. Marko schaute Tim an; der Blick hatte etwas sehr Beruhigendes. Als die Bäuerin aufgelegt hatte, flammte gleich wieder Leben in den Jungs auf. „Alles in Ordnung Timi, Deine Eltern wissen nun Bescheid. Sie erwarten Dich nach dem Frühstück.“ Irgendwie machte es Tim überhaupt nichts aus, dass sie „Timi“ zu ihm gesagt hatte…

 

Markos Hand lag noch immer auf seiner – doch Tim machte keine Anstalten, seine Hand wegzuziehen. Aber in seinem Kopf entstanden wirre Gedanken; ist Marko schwul? Bisher hatte er es ja noch nicht offen gesagt… Bin ich vielleicht sogar schwul? Wenn ja, wie würde ich das bloß meinen Eltern erklären können? Vater würde es bestimmt nicht verstehen… Dennoch war es ein schönes Gefühl, Markos Berührung zu spüren; er hatte nun auch noch begonnen, kaum merklich mit seinen Fingerspitzen seine Hand zu streicheln. Marko war trotz seiner immer deutlicher werdenden Absichten sehr darauf bedacht, dass keiner etwas bemerken würde – denn auch seine Freunde wussten bisher noch nicht, dass Marko auf Jungs stand. Nachdem der letzte Krümel vertilgt und die letzten Tropfen Kaffee und Tee ausgetrunken waren, halfen die Jungs der Bäuerin noch schnell beim Tischabräumen. Dann verabschiedete sich Tim: „Ich glaub, ich sollte mich jetzt doch mal daheim blicken lassen – es war absolute Sahne! Die Fete, das Pennen im Stroh, das Frühstück – und dass Sie bei meinen Eltern angerufen haben, meinte er zum Schluss, zu Willys Mutter gewandt. Danke! Ihr seid die Besten!“ Noch einmal ging er rund, zuerst gab er Willys Mutter die Hand, und sein Blick zeigte tiefe Dankbarkeit. Dann nahm er einen nach dem anderen seiner Freunde in den Arm – zuletzt Marko. Diese Umarmung wollte fast nicht mehr enden, und Tim genoss es. Schließlich drehte er sich zur Tür und verließ das Bauernhaus.

 

Die Höhle des Löwen

 

In der Villa der Familie von Hochbergen herrschte Unruhe: seine Mutter schaute unaufhörlich aus dem Fenster; sein Vater saß in seinem Arbeitszimmer und versuchte, seinen Schreibtisch aufzuräumen, was ihm aber nicht wirklich gelang. „Er kommt!“ rief Sybilla von Hochbergen plötzlich. „Nein, das ist er doch nicht – doch, er ist es!“ Tim hatte ja noch die Klamotten an, die seine Freunde ihm gegeben hatten, und nicht den feinen Zwirn, in dem er normalerweise herumlaufen musste. Zudem war sein Haar zerzaust und nicht glatt gekämmt, und im Gesicht zeigte sich der Ansatz eines flaumigen Bärtchens, obwohl er sich doch erst gestern früh zuletzt rasiert hatte. Schon war Tims Mutter zur Haustür gelaufen – sein Vater blieb im Arbeitszimmer, und wartete zunächst ab. Tim blieb zuerst abrupt stehen, als er seine Mutter in der Tür sah. Doch dann lief er auf sie zu und fiel ihr um den Hals. „Mom“, begann er, doch seine Mutter legte nur einen Finger auf seinen Mund. „Du bist wieder da, und das ist das Wichtigste. Wir haben uns solche Sorgen gemacht!“ Dann trat sie einen Schritt zurück, und sah ihn an. „Alles ok? Geht’s Dir gut?“ Und dann mit gerümpfter Nase, aber einem Lachen: „Ich glaube, Du solltest erstmal duschen gehen!“ Ok, der Abend am See, die Nacht im Stroh und die Katzenwäsche heute morgen auf dem Hof von Willys Eltern trugen nicht gerade dazu bei, dass er gut roch; also lief er schnell hinauf und verschwand im Badezimmer. Als er unter der Dusche stand, dachte er zurück an den letzten Abend, die Nacht im Stall und das Frühstück bei Willys Mutter. Und er dachte – an Marko! Seine vorsichtigen Annäherungsversuche, als er beim Pinkeln am See neben ihm stand, das Erwachen in der Miete, mit Markos Hand auf seiner nackten Brust, das zarte „Händchenhalten“ am Frühstückstisch. Ein wohliges Gefühl durchströmte ihn, doch gleichzeitig erschrak er. Zwischen seinen Beinen zeigte sich eine deutliche Regung bei den Gedanken an Marko… Nein – das kann, das darf nicht sein!