Geteilte Welten 2 - Unzertrennlich - Ray Rainbow - E-Book

Geteilte Welten 2 - Unzertrennlich E-Book

Ray Rainbow

0,0
1,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2019
Beschreibung

Endlich – der letzte Schultag! Ein letztes Mal vor den großen Ferien pellte Tim sich in seine Schuluniform, zog die Krawatte zurecht und putzte noch mal mit einem Tuch über seine Schuhe. Standesgemäß fuhr Robert ihn zur Schule – die schwere Limousine hielt direkt vor dem Eingang. Robert stieg aus und öffnete Tim die Tür. "Danke Robert – ich weiß noch nicht genau, wann ich Schluss habe; ich komme dann zu Fuß nach Hause!" "Sehr wohl, junger Herr!" grinste Robert. Tim wollte sich gerade darüber beschweren, dass Robert nun auch immer öfter "Junger Herr" zu ihm sagte; doch der war schon wieder eingestiegen und losgefahren. Er musste lachen. Richtigen "Unterricht" im eigentlichen Sinne gab es an diesem Tag nicht mehr, alles ging sehr locker zu. In der dritten Stunde war es dann soweit: der Vertrauenslehrer betrat den Klassenraum. "So, Herrschaften, die Zeugnisse sind da!" verkündete er. Eine gewisse Unruhe machte sich im Raum breit. Für einige von Tims Klassenkameraden stand es doch auf der Kippe, ob sie in die Abiturklasse kommen oderdie Elfte wiederholen müssen. Tim selbst machte sich überhaupt keine Sorgen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ray Rainbow

Geteilte Welten 2 - Unzertrennlich

Ein homoerotischer Liebesroman

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Zeugnisse

Endlich – der letzte Schultag! Ein letztes Mal vor den großen Ferien pellte Tim sich in seine Schuluniform, zog die Krawatte zurecht und putzte noch mal mit einem Tuch über seine Schuhe. Standesgemäß fuhr Robert ihn zur Schule – die schwere Limousine hielt direkt vor dem Eingang. Robert stieg aus und öffnete Tim die Tür. „Danke Robert – ich weiß noch nicht genau, wann ich Schluss habe; ich komme dann zu Fuß nach Hause!“ „Sehr wohl, junger Herr!“ grinste Robert. Tim wollte sich gerade darüber beschweren, dass Robert nun auch immer öfter „Junger Herr“ zu ihm sagte; doch der war schon wieder eingestiegen und losgefahren. Er musste lachen. Richtigen „Unterricht“ im eigentlichen Sinne gab es an diesem Tag nicht mehr, alles ging sehr locker zu. In der dritten Stunde war es dann soweit: der Vertrauenslehrer betrat den Klassenraum. „So, Herrschaften, die Zeugnisse sind da!“ verkündete er. Eine gewisse Unruhe machte sich im Raum breit. Für einige von Tims Klassenkameraden stand es doch auf der Kippe, ob sie in die Abiturklasse kommen oder

die Elfte wiederholen müssen. Tim selbst machte sich überhaupt keine Sorgen. Alphabetisch wurden sie aufgerufen – da Tim ja das „von“ in seinem Namen trug, war er einer der Letzten. Schließlich war auch er an der Reihe. „von Hochbergen, Tim“ rief der Lehrer ihn auf. Tim stand auf und ging nach vorne zum Lehrerpult. „Ein prima Zeugnis – nur an Latein solltest Du noch etwas arbeiten. Glückwunsch – Du hast das zweitbeste Zeugnis des Kurses!“ Ein kurzer Applaus seiner Mitschüler, dann durfte er sich wieder setzten. „Ach so – Tim?“ rief ihm der Lehrer hinterher, als er schon wieder auf dem Weg zu seinem Platz war. Tim blieb stehen und drehte sich um. „Wenn Du gleich noch ein paar Minuten Zeit hast, würde ich gern noch mal kurz mit Dir sprechen!“ Tim nickte, dann ging er zu seinem Platz und setze sich hin. Er dachte an Marko – wie war er eigentlich zur Schule gekommen, mit seinem Gipsbein? War er überhaupt in der Schule, oder würde man ihm das Zeugnis nach Hause bringen? Hat er den Abschluss geschafft? Und – vor Allem: geht es ihm gut? So viele Fragen rasten durch Tims Kopf…

 

Marko war zuhause. Seine Mutter hatte in der Schule angerufen und von seinem Unfall berichtet. Seine Vertrauenslehrerin wollte nach der Schule vorbeikommen und ihm das Zeugnis vorbeibringen. Marko war nervös – hatte er den Abschluss geschafft? Ganz sicher war er sich nicht…. Er lag auf seinem Bett und dachte an Tim, der wahrscheinlich gerade sein Zeugnis bekommen hatte; aber er war sich sicher: sein „kleiner Streber“ hat es bestimmt in die Abi-Klasse geschafft! Noch ein Jahr, dann würden sie tun können, was sie wollten - vielleicht könnten sie sich sogar schon bald eine eigene Bude leisten? Aber erstmal freute er sich auf die Woche mit seinem Schatz in London! Bis dahin wäre er auch den Gips los, und er war sich sicher: das würde genial werden! Eine ganze Woche, nur allein mit seinem Engel! Ohne Eltern, ohne dass ihnen jemand reinredete – ein toller Gedanke! Gegen Mittag klopfte es an seiner Zimmertür, die Vertrauenslehrerin war da. Marko wurde immer un-ruhiger. Sie setzte sich neben ihn auf einen Stuhl und sah ihn nur an, wie er da im Bett lag, mit seinem Gipsbein. Ein paar Minuten lang herrschte quälendes Schweigen, doch dann begann die Lehrerin: „Hallo Marko! Wie geht es Dir?“ „Danke, soweit wieder einigermaßen gut – es tut zwar noch weh, aber ich werd wohl nicht gleich dran sterben!“ feixte Marko. Er war furchtbar neugierig, doch sie spannte ihn auf die Folter. „Ich habe Dir Dein Zeugnis mitgebracht“, sagte sie nur, öffnete aber noch nicht ihre Tasche. „Was meinst Du denn – hast du es geschafft?“ Marko zuckte ratlos mit den Schultern. „Ehrlich gesagt: ich hab keine Ahnung!“ antwortete er ihr wahrheitsgemäß, „ich weiß, dass es in mehreren Fächern hapert, aber ich habe versucht, was ich kann!“ Die Vertrauenslehrerin lächelte ihn an. „Na, dann will ich dich nicht weiter quälen. Du hast Deinen Abschluss, Durchschnittsnote 2,8. Ich wünsche Dir alles Gute für Deinen weiteren Lebensweg! Damit hast Du sehr gute Chancen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen!“ Sie übergab ihm das Zeugnis. 2,8? Das haute Marko um. Sie fügte noch hinzu: „Seit Du mit Deinem Freund zusammen bist, hast Du Dich deutlich in Deinen schulischen Leistungen gesteigert. Daher auch das gute Ergebnis. Was damals auf dem Schulhof passiert ist, war sicher nicht schön; aber wenn ihr Euch wirklich liebt, dann kämpft – und passt gut auf Euch auf! Das kann ich Dir nur noch mit auf den Weg geben!“ Marko hatte einen dicken Kloß im Hals, als die Lehrerin sich von ihm verabschiedete. Seine Mutter hatte nur die ganze Zeit daneben gestanden und gelächelt, aber sie sagte nicht ein Wort. Sie war so stolz auf ihren Jungen…

 

Inzwischen war auch Tim wieder zuhause eingetroffen. Stolz präsentierte er seinen Eltern das Zeugnis – immerhin das Zweitbeste aus dem Kurs! „Gut gemacht, mein Sohn!“ bestä-tigte ihn sein Vater, und seine Mutter nahm ihn einfach nur in ihre Arme. Tim würde seinen Weg gehen, da waren sie sich sicher. Aber Tim hatte jetzt ganz andere Gedanken. „Mama, Papa, jetzt hab ich doch Ferien, oder? Darf ich zu Marko? Er wartet bestimmt schon darauf, dass ich mich bei ihm melde!“ „Sieh zu, dass Du wegkommst, Junge!“ antwortete sein Vater lachend. „Viel Spaß! Aber ruf uns nachher noch mal an, damit wir wissen, ob Du nach Hause kommst oder wo du bist!“ „Sicher Paps, mache ich! Aber ich glaub ja nicht, dass ich da bleiben darf.“ Dankbar sah er seine Eltern an, drehte sich um und lief in sein Zimmer. Er hatte das dringende Bedürfnis, sofort bei Marko anzurufen. Seine Mutter war am Telefon. „Ach Tim – Du bist es! Moment, ich bringe den Apparat zu Marko ins Zimmer!“ Kurz darauf hatte er endlich seinen Schatz an der Leitung. „Na, wie geht’s Deinem Fuß?“ war seine erste Frage. „Soweit ganz gut, tut kaum noch weh – aber unter dem blöden Gips juckt es, und ich komme nicht dran! Das macht mich wahnsinnig!“ Tim grinste; er hatte sich mit 15 den Arm gebrochen und kannte das Gefühl nur zu gut… „Was hältst Du davon, wenn ich Dir einen Krankenbesuch abstatte? Vielleicht geht’s Dir dann ja besser!“ „Ja, gerne! Wann kannst Du hier sein? Ich kann’s kaum erwarten!“ In Gedanken war Tim schon auf dem Sprung – er brauchte eigentlich nur noch auflegen. „Bin schon unterwegs! Bis gleich!“ posaunte er raus und hätte das Gespräch abrupt beenden können, wartete aber dann doch noch die Antwort ab. „Ok, bis gleich! Ich freu mich auf Dich!“ Tim meinte, den Glanz in Markos Augen durchs Telefon sehen zu können. Schnell zog er seine Schuhe an, und bevor seine Eltern verstanden, was geschehen war, hatte er schon die Haustür hinter sich zugezogen. Sybilla von Hochbergen lächelte – ach ja, noch einmal so jung und verliebt sein wie ihr Timi!

 

Im Büdchen

Tim hatte es furchtbar eilig; so schnell wie es nur ging wollte er jetzt bei seinem Schatz sein. Doch ausgerechnet heute liefen ihm alle möglichen Freunde und Bekannten über den Weg, die wenigstens ein paar kurze Worte mit ihm wechseln wollten. Endlich hatte er es geschafft und war vor Markos Haus angekommen. Seine Mutter öffnete ihm die Tür. „Hallo Tim, Marko wartet schon auf Dich! Geh mal gleich rüber!“ Als Tim das „Büdchen“ betrat, saß Marko auf der Bettkante; er wollte gerade aufstehen, um zur Toilette zu gehen. „Hi Schatz – da bin ich!“ begrüßte Tim seinen Liebsten und gab ihm einen Kuss. „Hi – ich wollte nur grad aufs Klo! Bin gleich zurück!“ Marko stützte sich zwar immer noch auf die Krücken, aber er setzte schon den verletzten Fuß auf. Das sah ja schon richtig gut aus! Tim setzte sich auf die Bettkante und wartete geduldig darauf, dass Marko zurückkam. „Hey, Du kannst ja schon wieder auftreten!“ stellte er zufrieden fest. „Ja – und wenn alles gut geht, bin ich übernächste Woche den Gips schon wieder los! Ist das nicht klasse?“ „Genau passend für unsere Reise nach England! Perfekt!“ bestätigte Tim. „Süßer, haste mal nen Edding?“ fragte er, nachdem Marko sich wieder hingelegt hatte. „Na klar, schau mal in die oberste Schublade!“ Marko zeigte mit der Hand auf seinen Schreibtisch. „Welche Farbe willst Du denn haben?“ „Alle!“ Tim hatte die Lade geöffnet und zog ein Paket Filzschreiber in verschiedenen Farben hervor. Dann setzte er sich wieder aufs Bett und besah sich Markos Bein. „So - was male ich denn?“ dachte er laut nach. Und dann konnte Marko nur noch staunen: Tim zeichnete auf seinen Gips ein sich küssendes Pärchen, darüber ein paar kleine Herzen. Unter die Figuren schrieb er ‚Tim’ und ‚Marko’ und ‚4ever’ „Das sind wir!“ gab er stolz bekannt. „Boah Schatz, Du bist ja ein Genie! Das ist ja richtig toll geworden!“ Tim grinste verlegen. Marko klopfte mit der flachen Hand auf die Matratze. „Komm her, mein Schatz, ganz dicht zu mir!“ hauchte er Tim zu. Schnell hatte Tim die Schuhe aus und lag neben Marko, den Kopf auf seiner Schulter. Sanft strich er mit der Fußsohle über Markos Gipsbein.

 

Im Hausflur hörten sie Stimmen, dann klopfte es. „Timi, bist Du mal so lieb?“ Tim sprang auf und öffnete die Tür. Davor standen Paolo und Mike. „Hallo ihr beiden, wir wollten doch mal nach unserem Patienten sehen!“ rief Mike. „Der ist in besten Händen, wie ihr erkennen könnt. In Privatpflege sozusagen!“ feixte Tim. Er hatte sich wieder Marko gelegt; Mike und Paolo setzten sich auf die Bettkante. „Hier, Marko, wir haben was mitgebracht – von uns Allen!“ Marko nahm das Geschenk und packte es aus. „Geil! Die neue Paradieso – CD! Danke!“ „Hey, wer hat das denn gemalt? Das sieht ja spitze aus!“ wollte Paolo wissen und zeigte auf das Bild auf dem Gips. „Das war Timi – hat er toll gemacht, nicht?“ Die Jungs nickten. „Dürfen wir denn wenigstens auch unterschreiben?“ Grinsend sahen sich Tim und Marko an. „Klar, jetzt ist er zum Bekritzeln freigegeben!“ lachte Marko. „Und“, fragte Mike, „tut’s noch weh?“ Wenn ich ihn bewege, ja!“ Fast zwei Stunden blieben die Jungs; natürlich kamen sie auch schnell auf das Thema Schule, Zeugnisse und Zukunftspläne. Jeder von ihnen berichtete wie sein Zeugnis ausgefallen war und wie es nach der Schule weitergehen sollte. Mike erzählte, dass Domi hängen geblieben war und die Klasse nun wiederholen müsste. „So’n Scheiß!“ schimpfte Tim. „Sagt mal, was ist denn jetzt eigentlich mit der Radtour? Habt ihr noch mal drüber geredet?“ erkundigte sich Marko. Paolo antwortete mit einer Gegenfrage: „Ja – aber wo wart ihr eigentlich am Montag? Wir haben auf Euch gewartet!“ Mist – sie waren so mit ‚Spannerfangen’ beschäftigt gewesen, dass sie das Treffen glatt verschwitzt hatten. „Wir – wir.. konnten nicht, wir hatten was zu tun!“ stotterte Tim. „Und da kann man nicht mal kurz Bescheid sagen?“ schoss Mike gleich den nächsten Vorwurf ab, „na, ihr seid mir Freunde!“ „Tut uns Leid – aber wir hatten was wirklich Wichtiges zu erledigen!“ „Was denn? Schon mal das Aufgebot bestellen?“ frotzelte Paolo. Alle lachten – die Spannung war weg. Kurz berichtete Mike von dem Treffen – viel Neues war nicht dabei herausgekommen. Man war sich weder über den Zeitraum noch über das Ziel einig geworden. „So, wie es aussieht, wird das wohl nix!“ schloss er seine Ausführungen. Dann gingen ihnen so langsam die Themen aus, und Mike und Paolo verabschiedeten sich. „Gute Besserung!“ rief Mike noch, als sie schon in der Tür standen. Tim war endlich wieder mit seinem Marko allein.

 

Auf Markos Gipsbein prangten nun neben der Zeichnung von Tim auch noch zwei Unter-schriften und das leidlich gelungene Abbild des Amuletts, dass sie alle trugen. Marko betrachtete sein Bein. „Hmm“, meinte er vielleicht solltest du Dein Bild noch signieren, damit ich nicht dauernd gefragt werde, wer das gemalt hat!“ Tim grinste ihn an, nahm sich den Filzschreiber und schrieb unter das Bild seine Initialen: ‚TvH’ und das Datum. „Zufrieden?“ Tim steckte den Deckel wieder auf, legte den Stift beiseite und ließ sich auf die Matratze fallen. „Autsch!“ schrie Marko auf, sei doch vorsichtig!“ Tims Fuß war auf den Verband geschlagen. „Sorry, mein Engelchen, ich wollt Dir nicht wehtun!“ Er schmiegte sich ganz dicht an Markos Körper, ihre Lippen fanden sich. Dann schlossen sie beide die Augen, dösten lächelnd vor sich hin und genossen die Nähe und Wärme des Anderen. Eigentlich ging es ihnen doch richtig gut! Sie schraken auf, als es erneut an der Tür klopfte. Markos Mutter wollte ihm das Abendessen bringen. „Ach, Tim – Du bist ja noch hier! Soll ich dir auch ein Brot machen?“ „Ja, gerne“, antwortete Tim, „wenn es Ihnen – Dir keine Umstände macht!“ Marko musste lachen; sie hatten sich beide noch nicht so recht daran gewöhnt, ihre „Schwiegereltern in spe“ zu duzen. Zehn Minuten später kam sie zurück; in der Hand trug sie einen Teller mit Butterbroten für Tim – und sie hatte eine tolle Nachricht: „Tim, ich habe gerade mit Deiner Mutter telefoniert, wenn Du möchtest, kannst du heute bei Marko bleiben!“ Tim brauchte nicht zu antworten; das Glänzen in den Augen der Jungs war Antwort genug.

 

Computertag

‚Das hätte ich vielleicht mal fotografieren sollen!’ dachte Markos Mutter lächelnd, als sie am nächsten Morgen wieder aus Markos Büdchen schlich; ganz leise, um die Jungs nicht zu wecken, war sie hereingekommen und hatte das Frühstückstablett und eine Kanne Kaffee auf dem Schreibtisch abgestellt. Der Anblick, der sich ihr bot, ließ sie lächeln: Marko lag auf dem Rücken, seine Bettdecke bedeckte seinen Körper nur noch vom Bauchnabel bis zu den Knien. Tim lag auf der Seite neben ihm, fast schon in den Rest der Decke eingewickelt und dicht an Marko gekuschelt; nur ein Stück seines nackten Hinterteils und seine Füße schau-ten heraus. Die Jungs schliefen noch fest. Als sie in der Tür stand, schaute sie noch einmal auf die Beiden zurück – ein schönes Paar! Dann schloss sie ganz leise die Tür hinter sich.

 

Der Kaffeeduft weckte Marko; zärtlich begann er, Tim über das Gesicht zu streicheln. „Guten Morgen, mein Schatz!“ flüsterte er. Tim reckte sich und schlug die Augen auf. „Morgen“, antwortete er schlaftrunken, „wie spät ist es denn?“ Marko tastete neben sich und griff nach dem Wecker. „Viertel nach neun!“ „Ach komm, lass uns noch ein bissel kuscheln! Es sind doch Ferien!“ gähnte Tim und schmiegte sich wieder an seinen „Privatpatienten“. „Aber nur, wenn ich auch wieder ein Stück von der Decke mitbekomme, Du kleiner Bettdeckendieb!“ lachte Marko und zog daran. Noch eine viertel Stunde hielten sie es so aus, dann überkam Marko doch der Hunger. „Timi- Schatz, holst Du uns bitte das Tablett rüber? Hier gibt’s Frühstück im Bett!“ grinste Marko, und deutete dabei auf sein Gipsbein. Erst jetzt sah Tim das Frühstückstablett auf Markos Schreibtisch. Er stand auf und stellte es zwischen sie auf die Matratze. Es gab belegte halbe Brötchen, Frühstückseier und Quarkspeise. Tim war ein wenig enttäuscht – er war gewohnt, zum Frühstück Tee zu trinken; Kaffee war nicht so seine Sache. Trotzdem schüttete er erst seinem kleinen Liebling und dann sich selbst eine Tasse ein. „Und was machen wir heute?“ fragte er mit halbvollem Mund. „Marko zuckte mit den Schultern. „Tja, raus darf ich ja noch nicht – wenigstens nicht so sehr weit. Ist mir auch ehrlich gesagt zu anstrengend, mit den Dingern da!“ Er zeigte auf die Krücken, die am Kopfende seines Bettes an die Wand gelehnt waren. „Haste Spiele auf Deinem Rechner?“ wollte Tim weiter wissen, „dann könnten wir was zocken!“ „Ja sicher hab ich! Wie wär’s mit Formel 1?“ „Hört sich schon mal ganz gut an; mal sehen. Aber erst frühstücken wir zu Ende, und dann bringe ich deiner Mutter das Tablett rüber.“ Gerade kauten sie an den letzten Bissen, als die Tür aufging. „Na Brüderchen, wie isset Dir? Ach, hallo Tim!“ Franko stand im Raum. „Tschuldigung, ich wusste ja nicht, dass ihr nix anhabt. Wollte nur mal kurz nach Dir sehen, bevor ich los muss. Nachher gehe ich mit Pascal ne Runde shoppen, soll ich dir noch irgendwas mitbringen oder so?“ „Nee danke, Franko. Ich brauch nix.“ „Na ok, dann wird ich mal los. Wie ich sehe, bist Du ja bestens versorgt!“ Er grinste Tim an. „Macht’s gut – bis später mal!“ Damit verließ er den Raum.

 

Sie waren fertig mit frühstücken; Tim zog sich schnell was über und griff nach dem Tablett. Marko hörte, wie er gegenüber an der Wohnungstür schellte. Eine kurze Unterhaltung folgte. Obwohl Tim die Tür offen gelassen hatte, konnte er nicht alles verstehen. Tim kam zurück und schloss die Tür. Marko saß inzwischen auf seinem Bett und hielt die Gehhilfen in der Hand. „Komm, lass uns rüber gehen an den PC!“ Es waren eigentlich nur ein paar Schritte, aber Tim konnte es seinem Marko ansehen, dass es ihm schwer fiel, auf den Krücken zu laufen – und dass er noch immer Schmerzen hatte. Schnell drehte er den Bürostuhl so, dass Marko sich direkt darauf fallen lassen konnte und zog Markos Sitzkissen heran. dazu. Behutsam nahm er sein Bein und legte es auf dem Kissen ab. „Danke Schatz, das ist lieb von Dir – aber jetzt hast Du ja keinen Sitzplatz mehr!“ Tim sah sich um. „Gleich doch!“ In der Schrankecke hatte er eine kleine Trittleiter erspäht. Er zog sie heraus, klappte sie auseinander und setzte sich darauf. „Na bitte – geht doch!“ triumphierte er. Marko sah ihn skeptisch an. „Und wie lange soll das gut gehen?“ „Fürs Erste geht’s schon, Es ist viel wichtiger, dass Du Deinen Fuß schonst!“ „Du bist ein Engel, ich liebe Dich!“ Es wurde ein rasantes Rennen, das sie sich an Markos Rechner leisteten. Keiner der Beiden gönnte dem Anderen auch nur einen Zentimeter Vorsprung. Nach zehn Runden fuhr Marko dann doch um Haaresbreite zuerst ins Ziel. Aber Tim sah Markos verzerrtes Gesicht. „Ok, Süßer, hast gewonnen. Aber ich glaube, Du solltest Dich erstmal wieder hinlegen! Nachher will ich aber ne Revanche, ok?“ „Ok!“ Marko versuchte zu grinsen, was ihm aber wegen der Schmerzen nicht so recht gelang. Tim half ihm aufzustehen, und stütze ihn noch zusätzlich, als er zum Bett zurückhumpelte und sich hinlegte. „Bist Du so lieb und legst mir die Rolle unter das Bein? Nein, tiefer, direkt unter den Knöchel!“ Tim tat, wie ihm geheißen; dann nahm er Markos Hand in seine. „Kann ich sonst noch was für Dich tun, mein Liebling?“ „Ja“, antwortete Marko grinsend, „hoffentlich liegst Du bald hier neben mir – ich möchte kuscheln!“

 

Marko hatte seinen Kopf auf Tims Brust gelegt und war eingeschlafen. Sanft streichelte Tim den Arm seines Prinzen. Es klopfte leise an der Tür. „Ja?“ rief Tim gedämpft. „Darf ich reinkommen?“ Es war Hanna, Markos Mutter. Sie hatte die Tür einen Spalt breit geöffnet und steckte den Kopf ins Zimmer. Tim hielt den Zeigefinger vor seinen Mund. „Leise! Er schläft!“ Lächelnd trat Hanna ein. „Ich wollte auch nur fragen, wie es mit Mittagessen aussieht“, sagte sie leise. „Danke, aber lassen Sie – lass mal gut sein, ich hole uns nachher was, wenn Marko wieder wach ist. Bin ja froh, dass er schläft!“ „Ich auch, mein Junge, ich auch – und dass er einen so tollen und lieben Freund gefunden hat!“ bestätigte Markos Mutter. „Du bleibst ja bei ihm, oder? Ich muss noch einkaufen.“ Ohne Tims Antwort abzuwarten, ging sie lächelnd hinaus. Tim seufzte, sah zu seinem Schatz und begann wieder, ihn zu streicheln. Er war so glücklich! Gut eine Stunde hatte Marko geschlafen. Sein Magen knurrte. „Wie viel Uhr ist es? Ich bin wohl eingeschlafen“ murrte Marko. „Halb zwei, mein Schatz! Was denkst Du – soll ich uns schnell was zu essen besorgen?“ „Hat Mama denn nicht…?“ fragte Marko, doch Tim schüttelte den Kopf. „Nein – ich habe ihr gesagt, dass was holen gehe, oder wir bestellen uns einfach ne Pizza. Deine Mutter ist einkaufen gegangen.“ „Lieber Pizza – dann kannst Du wenigstens bei mir bleiben!“ lachte Marko.

 

Nach dem Essen war Marko wieder eingeschlafen, Tim saß am Rechner und sah seine Post durch. Nix wirklich wichtiges dabei. Eine Mail im SPAM - Ordner? Den Absender kannte er nicht – aber er war neugierig. In der Mail standen nur vier Worte: IHR KRIEGT MICH NICHT! Kein Absender, keine Unterschrift –nichts! Tims Herz schlug schneller. Sollte er Marko wecken und ihm das zeigen? Sollten sie vielleicht doch zur Polizei gehen? Er sah zum Bett; Marko schlief noch immer. Er sah so lieb und friedlich aus… Tim beschloss, Marko sofort die Mail zu zeigen, wenn er wieder wach war, und dann würden sie gemeinsam entscheiden, was weiter zu tun wäre. Es dauerte noch eine weitere geschlagene Stunde, bis sein Engel die Augen wieder öffnete. „Hi mein Süßer, da biste ja wieder!“ wurde er von Marko begrüßt. Und dann brannte es ihm unter den Nägeln. „Kannst Du wohl noch mal aufstehen? Ich muss Dir dringend was zeigen! Es ist echt wichtig!“ Mühsam erhob sich Marko und humpelte zu Tim an den Rechner. Als Tim ihm die Mail zeigte, riss er ganz weit die Augen auf und war sofort hellwach. „Scheiße – und was machen wir jetzt?“ fragte er. „Keine Ahnung!“ antwortete Tim, „zur Polizei? Die können doch bestimmt rauskriegen, wer die Mail geschickt hat!“ „Nee Schatz, das bringt nix. Guck die die Addi mal genau an – das ist wieder so ne Einmal-Adresse, die danach sofort wieder weg ist. Da kann auch die Polizei nix machen, denke ich.“ „Hey, hast Du richtig Ahnung davon? Ich hätte das jetzt nicht erkannt!“ staunte Tim. „Na ja, Ahnung ist wohl zu hoch gegriffen – aber ich hab mich ne ganze Zeit lang damit beschäftigt. Wundert mich aber, dass es so was überhaupt gibt, ist doch ein gefundenes Fressen für Stalker!“

 

Offenbarung

Das eigentlich geplante Revanche – Rennen am PC rückte in weite Ferne. Jetzt war es erstmal viel wichtiger, zu überlegen, was sie in Sachen Gaffer machen sollten. „Und wenn wir’s unseren Eltern sagen würden? Vielleicht könnten die ja was machen!“ überlegte Marko. „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist“, wehrte Tim ab, „aber wenn, dann vielleicht eher meinem Vater, was meinst Du?“ „Meinste denn, der kann uns helfen?“ „Null Ahnung, aber nen Versuch wär’s doch wert, oder? Irgendwie müssen wir doch an den Typ drankommen!“ Marko zögerte noch, aber für Tim war der Entschluss gefasst. Wenn Marko es nicht sagen wollte, würde er es halt alleine seinem Vater erzählen. Kurzerhand schnappte er sich sein Handy und rief zuhause an. „Hallo Margret, kann ich bitte mal meinen Vater sprechen?“ Marko blickte böse; er war sich noch immer nicht einig, ob das der richtige Weg sei. „Hallo Paps“, vernahm er einen Moment später wieder Tims Stimme, „hättest Du mal einen Moment Zeit für uns? Wir haben ein großes Problem, über das wir gerne mit Dir sprechen würden.“ Ein paar Sekunden lang war Stille. „Super, Papa – also in einer Stunde? Kann Robert uns abholen? Du weißt doch, Marko… Danke Paps! Bis nachher!“ Tim war zufrieden – den ersten Schritt hatten sie getan. Aber Marko sah ihn nur böse an. „Hey, war das jetzt nicht ein bissel schnell? Ich hatte noch nicht ja gesagt!“ „Schatz, sei doch vernünftig! Irgendwem müssen wir es sagen, und wenn wir schon nicht zur Polizei gehen können… Ich bin sicher, Paps kann uns helfen!“ Resigniert gab Marko nach. Tim hatte ja mal wieder Recht, wie schon so oft.

 

Pünktlich stand die Limousine vor Markos Haustür. Tim half seinem Schatz beim Einsteigen, während Robert die Krücken verstaute. Als sie ankamen, stand Tims Mutter in der Haustür; sie hatte den herannahenden Wagen schon gehört. Tim sprang aus dem Fond, öffnete die Beifahrertür und beugte sich herunter, so dass Marko seinen Hals umklammern konnte. Robert stand mit den Gehhilfen in der Hand daneben. Lächelnd beobachtete Tims Mutter die Geschehnisse. Auch im Salon war Tim sofort wieder um seinen Liebsten bemüht; er zog einen zweiten Sessel heran, legte eine Decke darauf und hob vorsichtig Markos verletztes Bein an. Auch Tims Vater musste nun lächeln – wie rührend sich sein Sohn doch um seinen Freund kümmerte! Albert von Hochbergen goss sich ein Glas Wein ein; den Jungs hatte Margret jeweils in großes Glas Cola gebracht. „So Jungs, dann erzählt mal! Was habt ihr für Sorgen?“ begann Albert das Gespräch. Die Jungs sahen sich kurz an, dann fing Tim an, zu erzählen: „Wir werden beobachtet! Irgendein Typ sieht uns zu, wenn wir zusammen im Bett liegen!“ Albert dachte kurz nach; „Erzähl weiter!“ forderte er Tim auf. Und Tim erzählte von ihrem Nest (allerdings erwähnte er nicht, wo und was es war), wie sie beim ersten Mal nur noch jemanden weglaufen sehen konnten, von der Falle, die dann doch nicht zugeschnappt war, und dass da auch das mit Markos Zeh passiert ist. „Und heute habe ich diese Mail bekommen“, schloss er und zeigte seinem Vater den Ausdruck. „Das ist wirklich ein ernstes Problem“, grübelte Tims Vater. „Solchen Leuten gehört das Handwerk gelegt! Habt ihr schon darüber nachgedacht, zur Polizei zu gehen?“ Nun endlich beteiligte sich auch Marko an dem Gespräch; die ganze Zeit über hatte er Tim erzählen lassen. „Ja, haben wir. Aber wir glauben, dass es nicht viel Sinn macht. Die Mail- Adresse hier“, Marko zeigte auf das Blatt, „ist eine One- Way- Adresse – niemand kann herausfinden, wer die Mail geschrieben hat, auch die Polizei nicht!“ „Dann müssen wir ihm halt noch einmal eine Falle stellen!“ meinte Tims Vater. „Aber wir wissen doch nicht, wann er wiederkommt, und im Moment geht’s doch sowieso nicht!“ wandte Tim ein und deutete auf Markos Gipsverband. „Gut Ding will Weile haben, mein Sohn! Sobald Marko wieder fit ist, nehmen wir das in Angriff. Und ich verspreche Euch: ich sorge dafür, dass er uns diesmal nicht entkommt!“ Marko dachte nach – dann winkte er Tim zu sich und flüsterte ihm etwas ins Ohr. „Aber dann müssen wir ja unser Nest preisgeben!“, wisperte er und sah Tim skeptisch an. Tim biss sich auf die Lippe und nickte. Es stimmte, was Marko ihm da gerade zugeflüstert hatte – und davon war er nicht wirklich begeistert.

  

Inzwischen war es sieben Uhr geworden, und Margret hatte für das Abendessen gedeckt. Natürlich stand ein Teller zusätzlich auf dem Tisch. Beim Essen fragte Tims Mom: „Marko, magst Du hier bleiben? Dann würde ich gleich bei Hanna anrufen!“ „Ich fürchte, es gibt da ein Problem mit der Treppe!“ antwortete Marko zweifelnd, „vielleicht wäre es doch besser, wenn ich wieder nach Hause fahre!“ Tim sah ihn bittend an. „Och Schatz, bleib doch bitte! Wir kriegen dich schon da rauf! Muss ich ja auf meinen kleinen kranken Engel aufpassen!“ Marko lächelte ihn an und formte dann tonlos die Worte ‚Ich liebe Dich’ mit seinem Mund. Albertus von Hochbergen musste sich alle Mühe geben, ernst zu bleiben, denn auch er hatte sehr wohl verstanden, was Marko gerade ohne Wort gesagt hatte. Auch Tims Mutter kniff die Lippen zusammen; das Ehepaar sah sich nur an. Aber damit war die Sache eigentlich Schon klar: Tim würde bei Marko bleiben. Während Tims Mutter mit ihrer „Mit – Schwiegermutter“ telefonierte, machten sich Tim und sein Vater Gedanken, wie sie Marko am Besten in die erste Etage bringen könnten. Marko wog zwar „nur“ 65 Kilo (ok, mit dem Gips wohl ein klein wenig mehr). aber es waren immerhin 16 Stufen, die sie zu bewältigen hatten. Zuerst dachten sie daran, sich einfach gegenseitig an den Handgelenken zu fassen und Marko auf diese „Schaukel“ draufzusetzen, aber Tim hatte Sorge, ob er nicht abrutschen würde.

 

Sybilla kam ins Zimmer und sah ihre Männer diskutieren. Unter ihrem Arm trug sie die Hängematte aus dem Garten. Lachend meinte sie nur: „Männer! Dass ihr immer gleich alles so kompliziert machen müsst!“ Die drei grinsten sich an - klar, so kann es gehen! Ebenso schnell wie vorsichtig hatten sie Marko in die Hängematte gelegt. Gleichzeitig hoben sie Marko an. Albert ging voran; er hatte das Kopfende genommen. Tim achtete am Fußende darauf, dass er bloß nicht mit dem verletzten Zeh in Berührung kam. Es ging einfacher, als sie dachten! Behutsam legten sie Marko auf Tims Bett ab und zogen die Hängematte wieder unter ihm weg. Nun waren Tim und Marko wieder alleine. Tim befreite seinen Schatz von dem noch verbliebenen Schuh, und sie machten es sich richtig bequem. Marko drehte sich zu Tim und gab ihm einen dicken Kuss auf die Wange. „Ich wollte nur mal Danke sagen - Du bist so lieb zu mir!“ „Na klar – ich hab Dich ja auch megadolle lieb!“ Er half Marko noch dabei, sich auszuziehen, entledigte sich dann selbst seiner Kleider und kuschelte sich bei seinem Schatz an. Noch ein paar gegenseitige Streicheleinheiten und unzählige Küsse, dann fielen ihnen die Augen zu.

 

Zurück ins Nest

Gefrühstückt wurde im Garten – es versprach, wieder ein herrliches, sonniges Wochenende zu werden. Tim hatte Marko wieder einen seiner Shorts gegeben und ihm beim Anziehen geholfen. Dann trugen sein Vater und er Marko wieder mithilfe der Hängematte die Treppe herunter. Tims Mutter ging hinterher, sie trug die Krücken. Die letzten Meter nach draußen wollte Marko dann aber doch selbst laufen. Immer mutiger trat er mit der Ferse auf. Ganz langsam, Schritt für Schritt, zur Sicherheit immer noch auf die Krücken gestützt, näherte er sich dem Tisch. Zwischendurch verzog er das Gesicht und blieb kurz stehen – aber es ging schon besser, als er selbst gedacht hatte! Auch nach dem Frühstück versuchte Marko wieder, ein paar Schritte zu laufen – Tim war hinter ihm, jederzeit bereit, ihn notfalls aufzu-fangen. Noch immer mit gemischten Gefühlen, aber irgendwo doch zufrieden, schauten Tims Eltern dem Pärchen zu. Sie waren stolz auf ihren Sohn, der sich wirklich rührend um seinen Freund kümmerte. Erst als Marko sich in einem der Liegestühle niedergelassen hatte und auch Tim es sich bequem machen konnte, trat Albert von Hochbergen zu ihnen. „Jungs, ich muss Euch noch was fragen. Wir haben doch gestern Abend über diesen Spanner gesprochen?“ Die Jungs nickten. Mir geht da was nicht aus dem Kopf; auch wenn ich mir gut vorstellen kann, dass ihr es mir wahrscheinlich nicht gerne sagen wollt: wenn ich Euch wirklich helfen soll, muss ich wissen, wo dieses „Nest“ ist!“ Tim und Marko bissen sich auf die Lippen. Scheiße – das musste ja kommen! Aber es war ihnen auch klar, dass es nicht anders gehen konnte.

 

Tim schaute hinüber zu Marko – der nickte kurz. „Na gut, Papa“, fing Tim an, „auch wenn   es uns schwer fällt; eigentlich wollten wir niemandem unser kleines Geheimnis verraten.“ Und Tim erzählte von Willy, vom Bauernhof, dem Gästehaus und wie sie daran gekommen waren. „Dafür müssen wir hin und wieder auf dem Hof helfen – so wie letzte Woche, als wir den Stall ausgeräumt haben. In den Herbstferien sollen wir bei der Ernte helfen“, beendete Tim seinen Bericht. „Und da lauert der Euch auf?“ wollte der Professor wissen. „Ja – ich glaube, er hat uns schon mindestens zwei Mal zugesehen!“ bestätigte Tim. „Darf ich es mir anschauen? Robert könnte Euch ja dann gleich dort absetzen – ich denke, ihr möchtet lieber alleine sein, ohne Eltern, oder?“ Die Jungs nickten und grinsten. „Aber vorher muss ich noch unbedingt mit Willys Mutter reden!“ wandte Albert ein, „ich glaube Euch, was ihr mir erzählt habt, aber ich möchte es trotzdem kurz bestätigt haben! Ein wenig abenteuerlich kommt es mir doch vor.“ Damit war das Gespräch beendet, und Albert von Hochbergen ließ sich in den Pool gleiten. Tim und Marko sahen ihm zu, wie er ein paar Runden schwamm. Tim hatte seinen Liegestuhl ganz dicht an Markos herangezogen, sie lagen nebeneinander, Hand in Hand, die Finger ineinander verschränkt.

 

Nach dem Mittagessen (es gab Spießchen vom Grill, Salat und Weißbrot) rief der Professor seinen Sohn zu sich. „Tim“, sagte er, „ich möchte, dass Du Dir ein paar Sachen einpackst für den Rest des Wochenendes und Markos Sachen mit runter bringst, damit er sich anziehen kann. Deine Mutter hat gerade mit Markos Mutter gesprochen, wir fahren gleich noch dort vorbei, und holen auch für ihn eine Tasche ab. Danach fahren wir zum Bauernhof, und ich schaue mir alles an und rede mit Willys Mutter. Und dann“, sagte er grinsend, „habt ihr das Wochenende für Euch! Aber“, und seine Miene wurde sofort wieder ernst, „sobald dieser Typ noch einmal auftauchen sollte, erwarte ich, dass Du mich sofort anrufst!“ „Ok, Paps, mache ich!“ versprach Tim. Er lief in den Garten – Marko war schon wieder zur nächstgelegenen Liege gehumpelt -, berichtete kurz von dem Gespräch mit seinem Vater und gab seinem Schatz ein Küsschen. Dann rannte er hoch in sein Zimmer, packte seine Tasche und ging ins Bad. Seine Kulturtasche lag aufgeklappt auf dem Spülkasten. Schnell hatte er seine Zahnbürste, eine Flasche Shampoo, Haargel, das Rasiermesser und den Rasierschaum eingepackt und zog den Reißverschluss zu. Zurück in seinem Zimmer schnappte er sich Markos Hemd, den Strumpf und den Schuh. Noch einmal sah er sich kurz um: es konnte losgehen, er hatte nichts vergessen. Schon war er wieder im Garten, setzte seine Tasche ab und zog Marko den Socken und den Schuh an. Dann gab er ihm das Hemd. Sie waren startklar!

Marko war ohne Hilfe durch das Foyer bis vor die Haustüre gelaufen, wo Robert bereits auf sie wartete; den ganzen Weg über lief Tim zwar direkt hinter ihm, musste aber nicht ein-greifen. Auch Markos Einstieg in den Wagen klappte erstaunlich gut. Tim und sein Vater setzten sich auf die Rückbank, Marko nannte Robert die Adresse – und los ging’s!