Späte Erleuchtung - Jugendfreie Ausgabe - Ray Rainbow - E-Book

Späte Erleuchtung - Jugendfreie Ausgabe E-Book

Ray Rainbow

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Beschreibung

Alles, was ihr nun hier lesen werdet, ist bis auf ein paar Ausnahmen wirklich so passiert – es ist die etwas andere Story eines späten Coming Out mit 45  Jahren – meines Coming Out. Lediglich die Namen und Orte wurden von mir teilweise geändert; aber eigentlich spielt es ja auch keine große  Rolle, wo diese Geschichten sich abspielen oder wer beteiligt war - zumindest nicht für die Story an sich.

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Ray Rainbow

Späte Erleuchtung - Jugendfreie Ausgabe

Meine Coming-Out-Story

Diese Ausgabe ist für Jugendliche ab 12 Jahren geeignet. Alle nicht jugendfreien Stenen wurden gelöscht.BookRix GmbH & Co. KG81371 München

VORWORT - BEVOR ES LOSGEHT

Alles, was ihr nun hier lesen werdet, ist bis auf ein paar Ausnahmen wirklich so passiert – es ist die etwas andere Story eines späten Coming Out mit 45  Jahren – meines Coming Out. Lediglich die Namen und Orte wurden von mir geändert; aber eigentlich spielt es ja auch keine große  Rolle, wo diese Geschichten sich abspielen oder wer beteiligt war - zumindest nicht für die Story an sich.

Es geht um den Inhalt – darum, dass man auch in einem Alter, in dem man schon damit begonnen hat, graue Haare zu bekommen, noch ans „andere Ufer“ wechseln kann und sollte, wenn man spürt, dass das eigene Geschlecht einen mehr anzieht. Darum, dass man zu seiner Homosexualität steht, und sich nur selbst das größte Leid antut, wenn man versucht, es vor der Familie, den Freunden und der Welt zu verheimlichen. Es geht aber auch um die schönen und schlechten Momente, die Sorgen und Nöte und die Zeiten des absoluten Hochgefühls in den einzelnen Lebensphasen; beginnend mit den ersten „Erlebnissen“ in der Pubertät, über die Hochs und Tiefs in den vielen Jahren der Unsicherheit, bis zur seelischen Befreiung, als es endlich raus war.

Und es geht vor Allem um mich und darum, dass ich endlich glücklich sein kann, so wie ich bin! Denn eigentlich wusste (oder ahnte) ich es ja schon lange – wollte es aber nie so recht wahr haben. Lange 30 Jahre hat es gedauert, bis ich mir jetzt endlich meiner Gefühle klar wurde. Endlich wusste ich, wo ich hingehöre!

Vielleicht ist das, was ihr zu lesen bekommt, stilistisch nicht immer so ganz einwandfrei, aber mir persönlich hat es sehr gut getan, meine persönliche Geschichte einfach mal niederzuschreiben – und ich würde mich freuen, wenn meine doch recht intim gehaltene und teilweise sehr ins Detail gehende Coming Out - Story dem Einen oder Anderen gefällt oder er sich sogar darin wieder findet.

Es sind nur einzelne, aber herausragende Stationen meines Lebens, die ich hier beschreibe; von den ersten sexuellen Abenteuern mit dem eigenen Geschlecht bis heute. Viele Wochen habe ich nun, 5 Jahre nach meinem Outing, damit verbracht, die Erinnerungen wieder aufleben zu lassen und mir die Finger wund zu schreiben; immer wieder habe ich Passagen verändert und hinzugefügt, und immer neue Gedanken und Bruchstücke meiner Erlebnisse mit dem eigenen Geschlecht stiegen in mir auf. Heute kommt es mir beinahe vor wie eine zweite schwule Geburt, und ich muss mir selbst eingestehen, dass es  mir verdammt gut getan hat.

Natürlich war es auch für mich nicht immer einfach; die Spannweite der Reaktionen erstreckte sich von einem lapidaren „Na und“ bis zu erstaunten Blicken („das merkt man Dir aber nicht an“) und leider auch vermeintlichen „Freunden“, die sich von mir abgewandt haben. Doch diese „Freunde“ sind mir heute gleichgültig – darauf kann ich gerne verzichten….

Schon viele haben vor mir ihre Coming Out- Story niedergeschrieben, und es werden hoffentlich noch sehr viele folgen. Allen, die noch zweifeln oder die kurz vor ihrem eigenen Outing stehen, kann ich nur empfehlen, sich an den Rechner oder an ihren Schreibtisch zu setzen, und mit dem Schreiben zu beginnen. Es befreit!

Nachdem es nun alle wissen und ich selbst nach langer Zeit und vielen Zweifeln endlich frei damit umgehen kann, geht es mir erst richtig gut. Heute lebe ich offen schwul, unterziehe mich zweimal im Jahr einem HIV- Test, gehe gerne mal in der Szene aus, besuche schwul-lesbische Events (inzwischen ohne mich umzuschauen, ob mich jemand sieht!), relaxe und cruise in der Sauna und lege mich nackt am Rheinufer in die Sonne oder gehe nackt wandern.

Endlich – nach über 30 Jahren schwankender Gefühle, kann ich nun sagen:                                                                                    

Ich bin schwul – und das ist auch gut so!

PROLOG - IM HIER UND JETZT

Ich schaue in den großen Spiegel in seinem Badezimmer: Vor mir steht ein nackter Kerl, der nun schon ein halbes Jahrhundert hinter sich hat und der ihn blöde angrinst. Das bin ich?? Na ja, da sind ein paar Furchen im Gesicht, und ein Waschbrettbauch ist das auch nicht mehr – selbst um die Hüften hat sich ein kleiner Ring gebildet; vermutlich ebenfalls eine Begleiterscheinung des zunehmenden Alters. Von oben bis unten und von allen Seiten betrachte ich mich - vorne, rechts, links - und frage mich, ob ich mich jetzt, mit Mitte 50, wirklich noch einmal richtig verlieben kann; ob es überhaupt noch jemanden gibt, der sich in mich verlieben könnte… Wieder einmal kreisen meine Gedanken – was für ein verrücktes Leben war das eigentlich bisher? Seit wann weiß ich eigentlich, dass ich schwul bin? Warum hat es eigentlich so lange gedauert, bis ich mir sicher war? Fragen über Fragen… aber wo ist die Antwort? Wieder schaue ich in den Spiegel: Ok, für „Germanys Next Gay-Model“ reicht es wohl nicht mehr. Aber immerhin sagen meine Freunde mir nach, dass ich jünger aussehe, als ich wirklich bin, und auch noch eine gute Figur und einen knackigen Hintern habe. Und wie es scheint, ist „da unten“ wohl auch noch alles ok. Gute Pflege, Herr Doktor!

Doch was fehlt, ist das passende „Gegenstück – ein Mann, zu dem ich gehöre… warum ist er jetzt nicht hier? Immer wieder gab es neue Verabredungen und Dates – doch der „Richtige“ war noch nicht dabei. Ich denke zurück an Axel, sehe ihn fast vor mir stehen… seine wunderschönen Augen, sein Kinnbärtchen, das verschmitzte Lächeln um seinen Mund…

Das Telefon schellt – Axel! Verrückte Welt! Barfuss bis zum Hals stehe ich nun im Wohnzimmer am Fenster und schaue verträumt hinaus.  „Hey Schatzi, wie geht’s Dir? Was macht die Liebe?“ Gerne höre ich Axels sanfte, mir so vertraute Stimme wieder.  „Na ja, soweit ganz gut – ich fühle mich halt nur alleine ohne Dich!“ Unsere Trennung ist noch nicht allzu lange her; doch ich weiß, dass wir nicht mehr zueinander finden werden. Es tut immer noch weh. „Und wie schauts bei Dir aus?“ frage ich zurück. „Ich habe so viel Arbeit, dass ich eigentlich gar keine Zeit mehr hätte für einen so lieben Kerl wie Dich!“ Also ist er auch noch allein… Wir reden noch ein wenig über Dies und Das, über die Zeit, die wir miteinander verbracht haben und über das was danach war – wie schön wäre es, wenn Axel jetzt bei mir wäre! Beinahe scheine ich ihn jetzt zu spüren, die Berührung unserer Lippen, die sanften Hände, die über meinen Körper gleiten… doch dann haucht Axel mir schnell noch einen Kuss durchs Telefon, beendet das Gespräch und legt auf…

Ich gehe zurück ins Bad – der Anruf hat Wirkung gezeigt! Meine Gedanken kreisen um ihn…. Da draußen laufen so viele süße Typen rum und ich bin immer noch allein – warum? Mit inzwischen geschlossenen Augen träume ich - ein kurzer, aber schöner Traum…

Ein Blick auf die Uhr holt mich schnell zurück in die Realität – jetzt wird’s aber Zeit! Unter die Dusche, anziehen – und dann geht’s an die Arbeit. Doch der Gedanke an Axel lässt mich nicht los. Die Fahrt zur Arbeit läuft irgendwie „automatisch“; erst als ich an meinem Arbeitsplatz sitze und der erste Kunde mich anspricht, bin ich wieder zurück im realen Leben. So kann es gehen!

Wieder daheim, schließe ich die Tür auf und betrete die leere Wohnung. So gerne würde ich jetzt rufen: „Hallo Schatz, ich bin wieder da!“ Doch niemand würde mich hören….

STAFFEL I – JUNGE WILDE

Erste Gefühle

 

Alles begann eigentlich so richtig während einer Ferienfreizeit des CVJM; ich dürfte so 12 oder 13 gewesen sein, und wir waren in den Sommerferien auf Borkum.

Wir sahen uns sonst nur bei den Gruppentreffen, die einmal wöchentlich stattfanden, privat oder aus der Schule kannten wir uns nicht. Natürlich waren wir alle aufgeregt, als es dann endlich losging. Schon als wir uns auf dem Bahnhof trafen (für uns war extra ein ganzes Abteil reserviert worden!), sah ich, dass die Meisten aus der Gruppe bereits ihre Pfadfinder- Uniform trugen. Da ich erst kurz vor der Freizeit dazugekommen war, hatte ich noch kein Hemd und auch kein Halstuch – doch ich hoffte, diese Ausrüstung während der Ferien zu bekommen; schließlich wollte ich ja dazugehören! Bereits während der Fahrt begannen wir zu fachsimpeln, was wir wohl alles erleben werden. „Schnitzeljagd“ meinte einer. „Ganz bestimmt – und ein Lagerfeuer“ bestätigte ein Anderer.  „Wie es wohl in dem Jugendheim aussieht? In bin neugierig, mit wie vielen wir auf einem Zimmer sind“ warf ein Dritter ein. „Und hoffentlich gibt es gutes Essen, sonst fahre ich gleich wieder heim“ hörte ich aus einer Ecke. Fast die ganze Fahrt hindurch ging das so weiter. Nach unendlich vielen Stunden (uns kam es zumindest so vor) kamen wir dann endlich in Emden an, und stiegen um auf  die Fähre. Peter, der Jüngste aus unserer Gruppe, ein kleiner, zierlicher Junge, meinte nur:  „Hoffentlich wird mir nicht schlecht auf dem Schiff“. Insgeheim dachten bestimmt noch mehrere so – auch ich. Doch die See blieb ruhig, wir hatten eine schöne Überfahrt.

Endlich kamen wir auf Borkum an, und fuhren mit einem Bus zum Jugendheim, in dem wir die nächsten drei Wochen verbringen sollten. Unsere Gruppenleiter holten die Koffer und Taschen aus dem Bus und riefen uns nacheinander auf. Reinschleppen durften wir unsere Sachen selbst –   na klasse! Das fängt ja gut an! Bis zum Bahnhof hatten wenigstens unsere Eltern noch die Koffer getragen! Jegliche Diskussionen über die Zimmer- und Bettenverteilung wurden sofort unterbunden – der Plan war fest, und da gab es kein Wenn und Aber. Unsere Schlafräume hatten jeweils 4 Betten; Jedem von uns wurde sein Platz zugeteilt. Mühsam unsere Taschen und Koffer schleppend, gingen wir auf die Zimmer und räumten unsere Sachen ordentlich in den zum Bett gehörigen Schrank. So nach und nach füllten sich alle Räume, und nun wusste auch jeder, mit wem er es die nächsten drei Wochen „aushalten“ musste.

Dann wurden wir in den Gemeinschaftsraum gerufen. - es war Zeit für die offizielle Begrüßung.  Der Heimleiter stand vorne auf einem kleinen Podium, hinter ihm erschien ein Bild auf einer Leinwand. „Jetzt bekommen wir erstmal gesagt, was wir alles nicht dürfen“ tuschelte mein Sitznachbar mir zu. Ich grinste nur. Wie erwartet gab es klare Regeln: Frühstückszeit, Küchendienste, Mittagessen, Abendessen, Licht aus…. Er stellte erst sich und dann seine Mitarbeiter vor. Dann warf er Dias auf die Leinwand, die das Haupthaus, die Nebengebäude, in denen sich die Toiletten, Waschräume und Duschen befanden, und das umliegende Gelände zeigten. Innerhalb dieses Bereiches konnten wir uns mehr oder weniger frei bewegen – wer den Bereich verlassen wollte, musste sich bei einem der Gruppenleiter oder Betreuer aus dem Heim melden. Die ersten beiden Tage vergingen ohne große Aktionen – einmal abgesehen vom Lagerfeuer am ersten Abend. Wir saßen in einem großen Kreis zusammen, das Feuer prasselte – und einer der Betreuer spielte auf der Gitarre. Mitsingen war angesagt! Langsam wurde es dunkel, und das flackernde Feuer übte seinen erwarteten Reiz aus; wir waren eine eingeschworene Gemeinschaft – Einer würde für den Anderen einstehen.

Meine Pubertät hatte gerade erst begonnen, und immer öfter merkte ich das auch.

Das Zusammensitzen hier am Feuer, das gemeinsame Singen zur Musik der Gitarre, knapp 30 Jungs zwischen 10 und 14, alle nur in kurzer Hose, Pfadfinderhemd oder (wie ich) im Shirt, an den nackten Füßen nur die Sandalen – dieses Gefühl ist unbeschreiblich. Und es waren auch ein paar Jungs dabei, mit denen ich gerne eine intensivere Freundschaft geschlossen hätte; doch so recht wagte ich mich noch nicht, einen von ihnen direkt anzusprechen. Mit 12 oder 13 hatte man zwar schon gewisse Gefühle, wenn man an jemand Gefallen gefunden hatte – und ich war auch einigermaßen aufgeklärt, wie das geht mit Liebe und Kinder kriegen und so – aber hier waren nun mal nur Jungs, und wie das gehen soll, hatte mir niemand gesagt. Dennoch schaute ich bei einigen von ihnen auch schon mal etwas genauer hin – vielleicht, um zu vergleichen, wie weit meine eigene Entwicklung fortgeschritten war, vielleicht aber auch, weil ich mich in einer Phase befand, in der Mädchen (noch) nicht so recht mein Interesse erweckten. Wie auch immer, das Wort „schwul“ war für uns mehr ein Schimpfwort – noch lange hatten wir keine Ahnung über die wirkliche Bedeutung. Wir hatten dieses Wort mehr oder weniger von den „Großen“ in der Schule so übernommen und benutzten es häufig, wenn auch meistens in einem völlig falschen Zusammenhang. 

 

Echte Freunde

 

Unter den ganzen Jungs hatte besonders Thomas es mir irgendwie angetan – immer wieder sah ich zu ihm herüber; aber wir redeten zunächst fast gar nicht miteinander. Tommi war groß und schlank, und hatte dunkelblonde, leicht gekräuselte Haare. Er saß links neben mir – und er sang so fürchterlich falsch, dass ich ihm letztendlich den Mund zuhielt. Tommi warf mir einen bösen Blick zu und knuffte mich auf den Arm. Doch dann „sang“ er nicht mehr, bewegte nur den Mund, ohne dass ein Ton zu hören war. ´Na also – geht doch!` dachte ich bei mir. An diesem ersten Abend durften wir länger aufbleiben – aber irgendwann erlosch dann doch das Feuer (die Betreuer hatten kein Holz mehr nachgelegt), und wir zogen uns nach und nach zurück. Ein paar von uns huschten noch schnell ins Badezimmer, die Meisten verschwanden aber gleich im Schlafraum. Es war drückend im Raum – trotz weit geöffneter Fenster. So lagen wir also fast nackt in, beziehungsweise eigentlich mehr auf unseren Betten – nur unsere Schlafanzug- Shortys hatten wir noch an. Auch Tommi war mit auf meinem Zimmer; er lag auf dem Rücken auf seiner Bettdecke, und ich betrachtete ihn; er hatte die Augen geschlossen.

Ich sah einen schlanken, fast weißen Oberkörper, die Rippen zeichneten sich deutlich ab - und im Kontrast dazu hatte er sehr dunkle Brustwarzen. Unter den Armen und an seinen Beinen begann bereits der Haarwuchs- noch ganz zart, aber er war schon deutlich zu erkennen. Irgendwie gefiel mir dieser Anblick – auch wenn ich ihn noch nicht so recht zuordnen konnte. Zwischen seinen leicht gespreizten Beinen konnte ich – eher unabsichtlich - unter das Höschen schauen. Und was ich da in seinem Shorty sah, machte mich fast neidisch. Ich hob ganz leicht mein eigenes Höschen an und schaute hinein – gegen seinen war das ja nur ein Zipfelchen! Mir fielen die Augen zu - darüber sinnierend, ob meiner denn auch noch so groß wird, schlief ich schließlich ein, noch bevor die Nachtwache das Licht gelöscht hatte.