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Neben der akribischen Auftragsarbeit entstanden auch immer zahlreiche Zeichnungen, Skizzen, Studien, Öl- und Acrylbilder, Logos und anderes, einfach nur aus Spaß am Probieren und Experimentieren oder als Urlaubserinnerungen. Eine Auswahl von beidem - Hobby und Beruf - zeigt dieser Katalog mit rund 400 Abbildungen, ergänzt durch zahlreiche Fotos sowie Kommentare und kleine Anekdoten, stets mit einem zwinkernden Auge gesehen.
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Seitenzahl: 68
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Nutze die Talente, die Du hast!
Die Wälder wären still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen.
Henry van Dyke
US-amerikanischer Schriftsteller
1852 - 1933
1
2 Rokoko-Dame, 1964, Pinsel-Skizze, 14 x 10 cm
VORWORT von Mathias Salomon
DIE ANFÄNGE – Die dreißiger und vierziger Jahre
START INS UNGEWISSE – Die fünfziger Jahre
ANDRE LÄNDER – ANDRE MOTIVE – Die sechziger Jahre
BERUF UND FAMILIE – Die siebziger Jahre
ZWISCHEN URKUNDEN UND BUMMI – Die achtziger Jahre
DIE WENDE – Ab den neunziger Jahren
3
von Mathias Salomon
Es ist die Idee meines Vaters gewesen, einen Katalog mit den Arbeiten meiner Mutter zu erstellen, die sie im Laufe ihres Lebens geschaffen hat. Zur Gestaltung dieses Buches habe ich mich schnell und gern entschlossen, ohne zu wissen, was da letztlich alles auf mich zukommen würde: In acht Jahrzehnten hat sich nämlich so einiges angehäuft, und das meiste liegt bei meinen Eltern in der Wohnung in Mappen, Schrankfächern und Schubladen, auf Hängeböden oder gar unter dem Bett, also auf verschiedenste Orte verteilt.
In den zurückliegenden Monaten haben dann meine Mutter und ich als „Jäger und Sammler“ so ziemlich alles auffindbare Material durchforstet, um eine Auswahl zu treffen und dabei immer darauf geachtet, Arbeiten verschiedenster Techniken aufzunehmen. Genau diese Vielfalt macht das vorliegende Buch für seine Leser und Betrachter zu einem interessanten und abwechslungsreichen Streifzug durch die Schaffensphasen meiner Mutter, mit den Höhen und Tiefen ihrer Lebensgeschichte, aber auch vor dem Hintergrund der politischen Situation in einem bald geteilten und erst kurz vor ihrem Rentenalter wiedervereinten Deutschland.
Für mich persönlich hat dieses Buch einen zusätzlichen Wert: Schließlich ist es auf meine Mutter zurückzuführen, dass ich heute selbst als Grafiker arbeite oder in meiner freien Zeit male. Und es gibt so manche positive Erinnerung, die mir beim Gestalten dieses Buches wieder in den Sinn kam: Schon als kleiner Junge war das Arbeitszimmer meiner Mutter ein höchst interessantes Terrain, wo es viel zu entdecken gab. Eine Menge an Stiften, Federn, Pinseln, Farben und Papieren bedeckten sämtliche Tische und sonstige Flächen. Und immer lagen da auch einige ihrer aktuellen Arbeiten, ob Skizzen, Entwürfe oder Reinzeichnungen, die mich inspirierten, Ähnliches zu schaffen.
Diese Atmosphäre von einerseits außerordentlicher Produktivität und andererseits einer Geborgenheit in vertrautem Ambiente, da sich ja alles daheim abspielte, ohne einen Chef, ohne Kollegen, dafür Musik aus dem Radio oder vom Tonband, und dann die Gespräche mit meiner Mutter – eher ein freundschaftlicher Gedankenaustausch, aber auch viel Jux und Späße – machten dieses Beisammensein zu meiner kleinen heilen Welt. Ab und zu tauchten dann gewisse Herren oder Damen als Auftraggeber auf, die mit meiner Mutter Gespräche führten, Entwürfe begutachteten oder die Reinzeichnungen abholten.
Ich erinnere mich noch gut, wie zuvor aufgeräumt, dann gelüftet wurde, und sie schließlich mit der geöffneten Kanne frisch gebrühten Kaffees durch den Korridor und ihr Arbeitszimmer schritt, um angenehmen Duft zu verbreiten...
Es waren immer sehr freundliche Besuche, bei denen ich meist gar nichts ahnte von knappen Terminen oder der Menge an zu bewältigender Arbeit, die meine Mutter oft unter gewaltigen Druck setzten. Erst später wurde mir klar, dass es für sie keine festen Feierabende, keinen arbeitsfreien Sonntag oder Urlaub gab. Selbst an den Wochenenden in Hohen Neuendorf und manchmal bis tief in die Nacht arbeitete sie, wenn es nötig war. Heute geht es mir genauso. Das ist das Los eines freischaffenden, selbstständigen und zu Hause arbeitenden Grafikers. Doch die positive Seite dieses Berufes überwiegt, und meine Mutter hatte das Glück, ihr Hobby zum Beruf machen zu können, was den meisten Menschen nicht möglich ist, und sie brauchte sich auch nie um Aufträge zu bemühen, das berüchtigte „Klinkenputzen“ war nicht nötig; alles ergab sich von selbst.
Ein ganz wichtiger Punkt im Schaffen eines jeden Künstlers ist natürlich der Unterschied zwischen der Auftragsarbeit einerseits – mit ihren Normen und Zwängen, oft auch den merkwürdigen Vorstellungen des Auftraggebers – und anderseits der Freiheit bei den Werken, die man selbst aus reiner Freude gestaltet, aus Interesse am Experimentieren, ganz ohne Abgabetermin, aber auch ohne jegliches Honorar.
Gerade in der Malerei und Freien Grafik haben meine Mutter und ich schnell erkannt: Ein Bild, das einem gefällt, möchte man nicht verkaufen, will es selbst behalten. Ein Bild, das einem nicht gefällt, möchte man aber auch keinem anbieten. Also wird sich, so betrachtet, mit Originalen oder Unikaten wohl schwer Geld verdienen lassen. Der Vorteil der Gebrauchsgrafik hingegen liegt darin, dass die geschaffenen Dinge gedruckt und damit reproduziert werden, aber die Originale blieben – jedenfalls zur damaligen Zeit – nicht unbedingt beim Autor. Das ist heute im Computer-Zeitalter kein Thema mehr.
Die Arbeiten meiner Mutter, die in diesem Buch zusammengetragen wurden, sind größtenteils neben der eigentlichen Auftragsarbeit entstanden. Da gibt es natürlich Zeichnungen, Grafiken und Gemälde in diversen Techniken und Größen, ob mit Kohle oder Kreide, Rohrfeder oder Bleistift gezeichnetes, mit Gouache, Tempera, Öl, Aquarell oder Acryl gemaltes, ob Lithographien, Linolschnitte, Scherenschnitte und Logos, Pflanzenstudien, Landschaften, Porträts oder Kinderbuch-Illustrationen.
Oft ist es auch nur ein Spiel mit neuen Zeichenwerkzeugen, Spaß an ausgefallenen Techniken, ein Austoben, freies Krickeln und Krakeln, ein mit Schwung und Mut skizziertes Detail, ein Gesicht, eine Häuserecke oder flüchtig festgehaltene Landschaften – das absolute Gegenteil zu den vertraglich vereinbarten Arbeiten, die manchmal auch wegen der geforderten Exaktheit sehr anstrengend und ermüdend sein konnten, vor allem bei Schrift oder wissenschaftlichen Darstellungen.
Neben den vielen freien und flüchtigen Skizzen ist auffallend, dass ihr aber auch die Akkuratesse beim Zeichnen von Pflanzen, nicht nur Blumen oder Gräsern, auch Pilzen oder kleinen Tieren einen großen Spaß bereitet haben muss. Diese Detailverliebtheit führte sogar einmal dazu, dass ein Betrachter die Kiefernnadel vom Schirm eines gemalten Fliegenpilzes nehmen wollte, um dann festzustellen, dass auch diese gemalt war (Abb. 313).
Ich erinnere mich auch noch gut daran, dass früher, wenn Freunde oder Verwandte bei uns zu Besuch waren und mein Vater voller Stolz Arbeiten meiner Mutter hervorkramte, um sie zu zeigen, es prompt ein Theater gab, weil meine Mutter sofort dazwischenging, um diese so schnell wie möglich wieder verschwinden zu lassen. So verhielt sie sich schon in ihrer Kindheit. Nichts war ihr gut genug, um es zu zeigen. Und auch später nützte es kaum etwas, wenn die Gäste, des Lobes voll, von ihren Arbeiten sprachen. Erst heute erkennt sie mit genügendem Abstand, dass dieses oder jenes Bild aus längst vergangenen Tagen doch gar nicht so schlecht geraten ist.
Die Bescheidenheit meiner Mutter führte immer dazu, dass sie auch für ihre kreativen Tätigkeiten bestimmte Begriffe ungern verwendete. So dichtete sie eben nicht, sondern „machte Verse“. Und auch der Titel dieses Buches zeigt, dass sie eben nicht malte, sondern „pinselte“. Überhaupt hat sie sich und ihr Werk nie so ernst genommen. Gerade die humoristische Ader und das lakonische Augenzwinkern ziehen sich durch die Texte, die ihren Werdegang und die verschiedenen Schaffensphasen beschreiben. Etliche Fotos, die sie in jungen wie späteren Jahren bei der Arbeit, mit der Familie oder auf Reisen zeigen, sind eine schöne Ergänzung zu ihren Kommentaren durch alle sechs Kapitel.
Begeben wir uns also auf die Zeitreise und schauen, wie alles begann, wohin der Weg führte, und vor allem, was alles so „gezeichnet und gepinselt“ wurde...
Berlin, im Juni 2015
4
Abbildungen auf den vorhergehenden Seiten 8 und 11
3 Utensilien aus 60 Jahren, Foto 2015
4 Der Tintenklecks – erfundene Figur für das Übungsheft „Sprich richtig!“, Verlag Volk und Wissen, 1991
Abbildungen auf der gegenüberliegenden Seite
5 Meine Mutter, meine Schwester Gunhild, 9 Jahre, und ich, 7 Jahre, 1937 in Piesteritz
6 Mit der „Box“ während der Kinderlandverschickung in Luhatschowitz, 1943
7 Zwerg mit Schnecke, Scherenschnitt, 13 x 14 cm, KLV-Lager in Bansin, 1942
8 Stadttor in Stolberg/Harz, 1945, Bleistiftzeichnung, 10 x 15 cm
9 Studenten unserer Klasse mit Prof. Ernst Böhm, 1948
10 Beim Fasching der HbfK „Karierter Zinnober“, 1949
11 Bundesallee 57/58 in Berlin-Wilmersdorf, früher Kaiserallee; 1945-1950 vorübergehend Sitz der HfbK
12 Kleingärten an der Siegessäule, 1949, Rohrfederzeichnung, 40 x 27 cm
13 Beim Porträtzeichnen, 1948, vorn, die Zweite von links
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14 Gefangenenhäuschen, Zeichnung aus meinem Tagebuch, Johannisbad 1944, Füller, 6 x 7 cm
„Quatschmaler!“, soll meine Antwort gewesen sein, als mich meine Schwester fragte: „Was willst‘n du später mal werden?“