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Stina Jensen

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Beschreibung

»Die Gasteiner Alpen sind wirklich ein Traum. Du kannst dich entspannen, Ski fahren und vielleicht sogar jemanden kennenlernen!« Mit diesen Worten wird Mona in den winterlichen Zwangsurlaub geschickt, nachdem sie sich als Eventmanagerin ein paar unverzeihliche Fehler geleistet hat. Dabei liebt sie ihren Job über alles, ganz im Gegensatz zum Skifahren. Oder zu David Brandner, ihrem Zimmernachbarn im Alpenhotel. Der Mann mit den kühlen grauen Augen behandelt Mona von der ersten Minute an so herablassend, dass sie ihn nicht ausstehen kann. Die Dinge ändern sich jedoch, als sie ihn eines Nachts weinen hört. Zaghaft kommen die beiden einander näher – bis Mona den erschreckenden Grund für Davids Verzweiflung erfährt …

Ein Roman, knisternd wie ein Kaminfeuer im Winter.

************** Die Romane der INSELfarben- und GIPFELfarben-Reihe sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden.

Die chronologische Reihenfolge der Romane: Inselblau (Svea, Langeoog und Mallorca), Inselgrün (Wiebke, Irland), Inselgelb (Claire, Island), Inselpink (Ida, Mallorca), Inselgold (Amanda, Rügen), Gipfelblau (Annika, Zermatt), GIPFELgold (Mona, Bad Gastein), Gipfelrot (Valerie, Schottland), Inseltürkis (Terry, Sardinien), Inselrot (Sandra, Sylt), Gipfelpink (Susa, Teneriffa), Inselhimmelblau (Svea, Langeoog), Gipfelglühen (Sebastian, Allgäu)

Außerdem: »Plätzchen, Tee und Winterwünsche«, »Misteln, Schnee und Winterwunder«, »Sterne, Zimt und Winterträume«, »Muscheln, Gold und Winterglück«, »Vanille, Punsch und Winterzauber«, »Mondschein, Flan und Winterherzen«, »Engel, Blues und Winterfunkeln«, »Sommertraum mit Happy End«,

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Seitenzahl: 314

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GIPFELGOLD

STINA JENSEN

SÓTANO

INHALT

Das Buch

Vorwort

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Zehn Wochen später

Nachwort

Über die Autorin

Alle Bücher von Stina Jensen

Leseprobe GIPFELrot

DAS BUCH

»Die Gasteiner Alpen sind wirklich ein Traum. Du kannst dich entspannen, Ski fahren und vielleicht sogar jemanden kennenlernen!«

Mit diesen Worten wird Mona kurz vor Weihnachten in den Zwangsurlaub geschickt, nachdem sie sich als Eventmanagerin ein paar unverzeihliche Fehler geleistet hat. Dabei liebt sie ihren Job über alles, ganz im Gegensatz zum Skifahren. Oder zu David Brandner, ihrem Zimmernachbarn im Alpenhotel. Der Mann mit den kühlen grauen Augen behandelt Mona von der ersten Minute an so herablassend, dass sie ihn nicht ausstehen kann. Die Dinge ändern sich jedoch, als sie ihn eines Nachts weinen hört. Zaghaft kommen die beiden einander näher – bis Mona den erschreckenden Grund für Davids Verzweiflung erfährt …

Ein Roman, knisternd wie ein Kaminfeuer im Winter.

VORWORT

Liebe Leserinnen und Leser,

für jeden meiner Romane reise ich an die Orte, an denen meine Geschichten spielen. Ich bin daher nach Bad Gastein in Österreich gefahren, um nach Schauplätzen für Monas Erlebnisse zu suchen. Obwohl ich mir Mühe gebe, bei den Ortsbeschreibungen so exakt wie möglich zu bleiben, komme ich nicht darum herum, die örtlichen Gegebenheiten teilweise den Erfordernissen der Handlung anzupassen. Sollten Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen bestehen, wären diese rein zufällig.

1

Der Sand unter meinen Laufschuhen knirschte bei jedem federnden Schritt. Aus meinen Kopfhörerstöpseln schallte leise Musik, die mir den Takt vorgab. Ich liebte diese Joggingstrecke zwischen der Binzer Seebrücke und Prora. Der eiskalte Wind pfiff an meinen Ohrenschützern und wollte unter meine windfeste Jacke kriechen, doch mir konnte er nicht kalt und kräftig genug wehen. Die Luft tankte mich auf und weckte die Lebensgeister in mir, trotz der Dunkelheit, die mich an diesem frühen Morgen noch immer umgab.

An der alten, leerstehenden Villa am Strand legte ich einen kurzen Halt ein und dehnte die Muskeln und Gelenke, betrachtete dabei verträumt das verwitterte Gebäude in Bäderbauweise, das zwischen den Dünen in der Dämmerung nur zu erahnen war. Ich stellte mir vor, am Balken der Veranda eine breite Schaukel aufzuhängen und von dort aus im Sommer oder im Winter in eine Decke gehüllt aufs Meer zu schauen.

Die Villa stand seit ein paar Monaten zum Verkauf. Den Preis kannte ich allerdings nicht – der lag sowieso Meilen außerhalb meines Budgets.

Ich streckte den Arm über den Kopf, dehnte mich zur Seite, dann zur anderen, und stand still, atmete ein paarmal aus und ein, ließ die Schultern und Arme kreisen. Schließlich joggte ich weiter, bis die Betonbauten des ehemaligen Nazi-Erholungsheims in Prora in Sicht kamen. Am Hundestrand wendete ich und lief wieder zurück.

»Erde an Mona.« Die Hand meines Chefs auf meiner Schulter riss mich aus den Gedanken an meine Joggingstrecke vom frühen Morgen. »Alles klar?«, fragte er.

»Natürlich, warum nicht?«

Ich setzte ein zuversichtliches »Was-Mona-in-die-Hand-nimmt-läuft-Lächeln« auf und verbannte den Knoten im Bauch in die hinterste Ecke. Es würde alles gut gehen. Dass mir seit August nach einem unverzeihlichen Fehler die Angst im Nacken saß, schien Robert zwar zu ahnen, aber wissen konnte er es nicht.

»Bringst du mich mal eben auf den neuesten Stand wegen dem Brautpaar Diepkens-Albert?«, bat er. »Welche Torte wollen sie denn jetzt haben? Und läuft die Sache mit dem kanadischen Kabeljau?« Robert sah nicht mich an, sondern sein Handy-Display, in das er etwas eintippte.

Ich strich mir eine widerspenstige Locke aus der Stirn. »Der Fisch ist geordert, er wird pünktlich zur Villa geliefert.«

Mit »Villa« war ein Hotel an der Binzer Strandpromenade gemeint. Robert Meemkens Event-Agentur hatte beste Erfahrungen mit der dortigen Hotelleitung, die die Orga solcher Veranstaltungen stets an uns übertrug. Wir hatten den Ruf von Perfektionisten, die an alles dachten, selbst an Dinge, die sonst keiner auf dem Schirm hatte. Und sei es ein Notstromaggregat für den unwahrscheinlichen Fall einer Ostsee-Sturmflut mit Lahmlegen der Insel-Infrastruktur.

»Und was die Torte betrifft«, fuhr ich fort, »sie wollen die Laura-Ashley-Version mit Marzipanrosen und dem klassischen, tanzenden Brautpaar auf der obersten Etagere.«

Ich hegte leise Zweifel, ob die beiden einen Hochzeitswalzer miteinander bewerkstelligen würden. Die Braut, Melanie Diepkens, war eine rundliche Blondine; er eine Bohnenstange. Herr Albert wirkte auf mich etwas farblos. Er hatte die Ausstrahlung eines Postbeamten.

Robert tippte weiter auf sein Smartphone ein. »Sehr schön. Die Karten sind gedruckt?«

Der Knoten im Bauch war zurück, und ich wippte nervös mit dem Knie – eine dumme Angewohnheit von früher, die mich seit dem Sommer wieder begleitete. Vor August hätte Robert mich nie nach solchen Banalitäten wie dem Kartendruck befragt.

»Natürlich sind sie das. Ich habe sie vor drei Monaten verschickt. Es ist der sechste Dezember, die Hochzeit findet am Einundzwanzigsten statt. Sie jetzt erst drucken zu lassen, wäre etwas spät, meinst du nicht?«

Robert steckte das Handy in seine Hosentasche und tätschelte wieder meinen Arm. »Sorry, ich frage nur, weil die Schwiegerleute der Braut meinten, es hätte sich noch keiner bei ihnen gemeldet.«

Ich zuckte die Schultern. Das konnte alle möglichen Gründe haben. Vielleicht hatte man kein so enges Verhältnis. Außerdem gingen die Zusagen an uns und nicht an das Brautpaar oder gar die Schwiegerleute.

»Und die Tickets für das Kurkonzert am fünfzehnten März sind auch bald erhältlich, ja?« Robert tippte auf seine Hosentasche. »Ich hab gerade mit dem Kurator gesimst. Er ist ein bisschen nervös. Die Eintrittskarten sollen ins Weihnachtsgeschäft.«

Ich verschränkte die Arme. »Warum geht ihr nicht mal aufs Ticketportal, dort werdet ihr auf einen Blick sehen, dass sie schon zu erwerben sind. Mir wird kein Fehler mehr passieren, Robert. Ehrenwort.«

Dabei war ich vor Angst manchmal so angespannt, dass ich befürchtete, allein deshalb könnte wieder etwas schiefgehen. So oft wie seit August hatte ich mich noch nie selbst kontrolliert. Nicht zu fassen, dass ich im letzten Jahr zur »erfolgreichsten Rügener Businessfrau« geehrt worden war. Und dem war diesen Sommer ein Riesenartikel gefolgt, dass man mich wohl eher als die unfähigste …

»Weiß ich doch«, meinte Robert und war schon wieder an der Tür. Dann kam er mit zwei Schritten zu mir zurück und sah mich prüfend an. »Hast du eine Allergie?«

Eilig kramte ich nach dem Taschenspiegel in meiner Handtasche und starrte mein Spiegelbild an. Diese Flecken waren im August zum ersten Mal aufgetaucht. Nach der Sache mit unserem Kunden Tobias Föhring. Ich hatte mit seinem Manager für die »Weil du das Wichtigste für mich bist«-Show den 28. August auserkoren und alles fix gemacht. Die Kampagne war perfekt durchdacht und wurde mit dem gleichnamigen Song beworben. Es ging darin um die Gefühle eines Vaters für sein schwer krankes Kind. Inspiriert von der tragischen Geschichte seines Branchenkollegen Michael Bublé, dessen Sohn an Leberkrebs litt, hatte er diesen Song komponiert und damit einen Hit gelandet, der vor allem bei Frauen mit Kindern voll eingeschlagen hatte. Ein Lied, das zu Tränen rührte. Mir persönlich lagen seine unbeschwerteren Hits mehr. Aber das war Geschmacksache.

Die Bühne an der Strandpromenade gegenüber dem Kurhaus war jedenfalls gebucht, die Plakate gedruckt und ausgehängt, der Ticketshop ging in den Vorverkauf, die Hotelzimmer für den Künstler und seine Band waren reserviert – aber überall datiert mit dem 29. August. Niemand bemerkte den Fehler. Bis kurz vor dem Termin. Ich war gerade auf einem Segeltörn mit Annika und ihrem Freund und einem Kollegen, Malte Hansen, mit dem ich nach dem Vorfall nie mehr sprach. Der Manager von Tobias Föhring meldete sich in der Agentur, um den Zeitpunkt zu besprechen, zu dem die Crew mit dem Bühnenaufbau loslegen konnte. Und da klärte sich der Irrtum auf.

Auf See hatten wir kein Netz. Ich hatte keine Ahnung davon, was in der Agentur los war – wie alle händeringend nach einer Lösung suchten. Robert war außer sich. Er erreichte schließlich Malte, meinen Kollegen – doch was tat der: Er schwieg. Wollte mir den Trip nicht verderben. Noch immer könnte ich ihn dafür umbringen, dass er mich bei Robert ins offene Messer laufen ließ, als wir zurückkehrten. Tobias Föhring konnte den Termin nicht einfach um einen Tag verschieben, im Sommer hatte er an jedem Tag ein Engagement in einer anderen Stadt.

Das Konzert sagten wir ab, die Ticketgebühren wurden den Konzertbesuchern erstattet. Es war ein riesiger Ansehens-Verlust für die Agentur. Es gab böse Presse. Häme. Ein Albtraum.

Via skype entschuldigte ich mich persönlich bei Tobias Föhring. Der Künstler war einigermaßen versöhnlich, das musste ich ihm lassen. Immerhin war ihm meinetwegen ein Auftritt vor vielen Fans an einem ganz besonderen Austragungsort entgangen.

In der Branche duzte man sich, also sagte er: »Du weißt ja, man trifft sich immer zweimal. Beim nächsten Mal läuft alles glatt, und wir lachen über dieses Desaster.«

Jetzt, ein paar Monate später, betrachtete ich die Flecken auf meiner hellen, sommersprossigen Haut. Sie verteilten sich über Dekolleté und Hals. Immer dann, wenn es hektisch wurde. Nach ein paar Minuten verschwanden sie wieder. Dass Robert sie nun zu sehen bekam, war dumm. Er lag mir sowieso schon dauernd in den Ohren, dass ich endlich mal Urlaub nehmen sollte. Was ich auch ganz gern getan hätte – aber wohin sollte ich alleine fahren? Wenn ich nicht verreiste, würde ich doch nur die ganze Zeit arbeiten. Ich ging ja oft genug am Wochenende ins Büro, um Liegengebliebenes wegzuschaffen.

Als ich mich vor drei Jahren von Piet scheiden ließ, brach der halbe Freundeskreis weg. Dann zog meine beste Freundin Annika nach Zermatt, und Marc, mein Bruder, ging nach Berlin. In zwei Tagen wurde ich neunundzwanzig, und ich hatte nichts vor außer dem Geburtstagsessen mit der Familie. Irgendwie war es mir in den letzten Jahren gelungen, bis auf ein paar wenige alte Schulfreundinnen, die eher wegen Annika den Kontakt zu mir hielten, auch meine eigenen Freunde zu verlieren. Weil ich wegen all der Arbeit Einladungen absagen musste. Oder auch, weil ich selbst bei den Partys anderer sofort alles an mich riss. Marc meinte, das könnte ein paar Leuten auf die Nerven gegangen sein. Natürlich kannte ich nette Frauen, und es hatte Männerbekanntschaften gegeben. Bettgeschichten, wenn man so wollte. Mal mit einer Barbekanntschaft, oder im Mai mit einem Schweizer, als ich Annika in Zermatt besuchte. Zuletzt im August mit Malte, mit dem ich seit der Sache mit Tobias Föhring wie gesagt kein Wort mehr wechselte.

»Das ist nichts Schlimmes«, beantwortete ich Roberts Frage zu meinen Flecken.

Er sah mich prüfend an. »Schlimm vielleicht nicht, aber besorgniserregend«, entgegnete er. »Du wolltest dich um Urlaub kümmern, Mona«, erinnerte er mich prompt. »Morgen legst du mir was vor, okay? Du hast sage und schreibe zwanzig Tage Resturlaub, davon nimmst du in diesem Jahr noch mindestens zehn. Verstanden?«

Ich blies die Wangen auf. »Das sind zwei Wochen! Dieser Monat hat nur noch drei.«

»Ganz richtig. Das mit der Hochzeit am Einundzwanzigsten wuppen wir auch allein, wenn du alles gut vorbereitet hast. Das kann Catalyn übernehmen, sie brennt darauf, mal ohne dich im Nacken schalten und walten zu können.«

Catalyn war unsere Praktikantin. Sie war ein lieber Mensch, aber wenn man mich fragte, zu entspannt. Ihre Lieblingsworte lauteten »logo« und »easy«. Als könnte man unseren Job beim Lackieren ihrer bunten Nägel erledigen. Dass ich diese Hochzeit an sie abgeben sollte, war der Gipfel – dieses Fest war mein Baby. Außerdem konnte ich ihr kaum die Organisation des Silvesterbanketts im Kurhaus überlassen. Das war eine große Nummer. Das vergaß Robert wohl gerade vollkommen.

»Robert, ich –«, hob ich an, doch er unterbrach mich mit einer Handbewegung.

»Marc meint auch, dass ich auf dich achtgeben sollte. Und jetzt, wo ich diese Flecken so sehe …«

Ich tätschelte meine Wangen mit beiden Händen. »Geht gleich wieder weg, wirklich. Und Marc – der gibt schon genug auf mich acht.« Für meinen Bruder würde ich immer die kleine Schwester bleiben. Robert und er waren befreundet, sie hatten sich über mich kennengelernt.

»Ich meine es ernst. Morgen erfahre ich von dir, wo du hinfährst. Am Geld wird es ja nicht liegen.«

Das stimmte. Ich verdiente gut, hatte mangels Privatleben kaum Kosten. Auf meinem Konto schlummerte ein ansehnlicher fünfstelliger Betrag, den ich vielleicht irgendwann brauchen würde – ich wusste nur noch nicht wofür. Verreisen also. Auf eine Südseeinsel? Ich liebte das Meer und den Sommer. Aber ehrlich gesagt fühlte ich mich in Binz noch immer am wohlsten.

So eine Fernreise brauchte außerdem Vorbereitung. Abgesehen davon wollte ich gern dann in den Urlaub, wann es mir passte.

Ich seufzte unhörbar. Bis morgen hatte Robert seine Drohung sowieso wieder vergessen. Er war doch heilfroh, dass er mich hatte.

Nach dem verpatzten Konzerttermin von Tobias Föhring war er es gewesen, der mich aufzubauen versucht hatte. In den Tagen danach war ich nämlich so deprimiert, dass ich morgens nicht mal mehr aus dem Bett kam. So etwas hatte ich nie zuvor erlebt: Meine Gliedmaßen verweigerten den Dienst. Ich lag in den Kissen und war unfähig aufzustehen. Dagegen waren diese roten Flecken harmlos.

»Ja, ja«, murmelte ich und tätschelte noch einmal meine Wangen, »ich leg dir was vor.«

2

Am nächsten Tag war ich in einem der Strandhotels, für die wir regelmäßig Events organisierten, zum Nikolausbrunch eingeladen. Ich nahm die Gelegenheit wahr, Kontakte zu pflegen und ein Bühnenkonzept vorzustellen, das ich mir für dieses Haus ausgedacht hatte. Das Hotel verfügte über ein angrenzendes kleines Theater, und ich hatte in der Vergangenheit schon ein paar Künstler dafür engagiert. Im neuen Jahr plante ich, eine Reihe mit Binzer Persönlichkeiten zu etablieren, die Prominente aus ganz Deutschland im Stil von »Zimmer frei« interviewen sollten. Das würde bei den Einheimischen sicher gut ankommen, die oft genug beklagten, dass sie ihre Stadt mehr und mehr an die Touristen verloren.

Nachmittags traf ich mich noch einmal mit dem Brautpaar Diepkens-Albert, das in der »Villa« feiern würde und sprach mit ihnen die Musik-Hitliste durch, die sie sich für die Party nach dem Essen wünschten.

Abends ging ich wieder ins Büro, um letzte Mails zu beantworten und Angebote rauszuschicken. Den ganzen Tag zeigte sich kein einziger roter Fleck, und Robert und ich liefen uns nicht über den Weg.

Gegen halb neun kam ich nach Hause, genoss den Geruch nach Putzmitteln, der freitagnachmittags immer in meiner Wohnung hing, weil meine Putzhilfe Rodika gewaltet hatte. Ich bestellte mir eine Pizza, hockte mich vor den Fernseher und schlief vor dem laufenden Gerät ein. Irgendwann in der Nacht wachte ich auf und krabbelte ins Bett.

Meinen Geburtstag ging ich gemütlich an, zwang mich, der Arbeit fernzubleiben – immerhin war Samstag. Ich joggte am Strand entlang, drehte die Musik in meinen Ohren auf und ging anschließend im Hotel von Annikas Onkel eine Runde schwimmen, bevor ich mich den Vorbereitungen fürs Abendessen widmete. Während ich Dips und Lammkeule mit Gemüse vorbereitete, philosophierte ich wieder über mein Leben. Ein bisschen betrübte es mich schon, dass ich den Abend nur mit meinen Eltern und Marc verbringen würde. Fast fühlte ich mich wie eine verschrobene Junggesellin.

Als ich noch mit Piet verheiratet war, war es mir gar nicht so sehr aufgefallen, dass er die meisten unserer Freunde mit in die Ehe gebracht hatte. Wäre da nicht seine Mutter gewesen, die sich von Anfang an in alles eingemischt hatte, wären wir vielleicht sogar noch zusammen. Vor allem hatte ihr nicht gefallen, dass ich in der Agentur freiwillig jeden Wochenenddienst annahm. Dabei wäre das eine Sache zwischen Piet und mir gewesen. Doch irgendwann hatte es auch ihn gestört – und das war der Anfang vom Ende. Wenn man jemandem verbieten will, etwas zu tun, woran sein Herz hängt, ist das keine gute Idee. Allerdings hätte ich kompromissbereiter sein müssen – das war mir inzwischen auch klar.

Seit Annika so weit weg von mir lebte, waren Marc und Robert meine engsten Begleiter. Robert war mittlerweile ein guter Freund. Dennoch kam es überraschend, als sogar mein Chef zusammen mit Marc und meinen Eltern am Abend vor meiner Tür stand. Ich begrüßte meine Familienmitglieder mit Küsschen auf die Wangen und sah Robert verblüfft an. Mein Chef übergab mir einen Strauß weißer Lilien, in deren Mitte eine glitzernd rote 29 prangte.

»Alles Gute zum Geburtstag«, wünschte er und streifte sich die Füße an der Fußmatte ab.

Ich legte die Blumen beiseite und half mit Mänteln und Schals. Draußen wehte von der See ein eisiger Wind, der einem die Tränen in die Augen trieb.

»Ich glaube, heute wird es spannend«, raunte Mama mir zu, als wir allein in der Küche waren, wo ich die Lilien in einer hohen Vase verstaute.

Von Mama habe ich die rotblonden Locken und die hellbraunen Augen geerbt. Marc ist ebenfalls mit roten Haaren und einer hellen Haut gesegnet. Zurzeit trägt er Vollbart, wie Papa. Mein Vater ist dunkelblond und hat graue Augen. Er ist ein stiller Mann, der jetzt mit Marc und Robert im Wohnzimmer mit den Sektkelchen herumstand. Die Männer unterhielten sich leise. Vielleicht ging es um Fußball, ein Thema, bei dem Papa als HSV-Fan mitreden konnte.

»Inwiefern spannend?«, fragte ich meine Mutter und langte nach dem Tablett mit den Käsecrackern und Dips, die ich zur Vorspeise bereitgestellt hatte. Im Ofen schmorten die Lammkeule, Gemüse und Rosmarinkartoffeln – alles war ruckzuck vorbereitet gewesen. Für die Events meiner Kunden legte ich mich zwar wahnsinnig ins Zeug. Bei meinen eigenen Feiern war ich eine Minimalistin.

»Ich meine wegen Marc und Robert.«

Überrascht sah ich meine Mutter an. »Du meinst, die beiden sind ein Paar?«

Ich hatte es schon geahnt, allerdings lebte Marc in Berlin, kam nur alle paar Wochen her, wie zum Beispiel zu meinem Geburtstag. Oder zu Weihnachten, das wir üblicherweise bei meinen Eltern feierten. Wahrscheinlich waren sie sich im Sommer nähergekommen, als ich diese Krise wegen des verbaselten Termins von Tobias Föhring hatte und tagelang im Bett lag. Marc war aus Berlin gekommen, um mir zur Seite zu stehen. Und auch Robert hatte mir einen Besuch am Krankenbett abgestattet. Einmal, um mir zu versichern, dass Fehler nun mal passieren konnten, zum anderen, um mir den Verlust in Zahlen mitzuteilen, den ihn mein Fauxpas gekostet hatte. Glücklicherweise zahlte die Versicherung. Robert hätte mir aus Konsequenz für meine Schludrigkeit kündigen können, doch das hatte er nicht getan. Ob Marc etwas damit zu tun hatte? Ich würde jedenfalls erst glauben, dass die beiden ein Paar waren, wenn die beiden es auch offiziell verkündeten.

Als ich mit Mama im Schlepptau das Wohnzimmer betrat, stimmten die drei Männer »Happy birthday« an, und auch Mama fiel mit ein.

Verlegen stellte ich das Tablett ab und griff nach meinem Sektglas. »Lieb, dass ihr gekommen seid«, sagte ich. »Was würde ich nur ohne euch machen?«

»Ich weiß schon, was«, antwortete Robert, nachdem er sein Glas geleert hatte, und übergab mir einen Umschlag. »Für dich.«

»Wow.« Neugierig betrachtete ich das rote Kuvert, auf dem in Roberts steiler Handschrift mein Name stand. Robert und Marc setzten sich nebeneinander aufs Sofa, während Papa und Mama mir über die Schulter blickten. Ich öffnete den Falz des Briefumschlags und zog ein Blatt Papier hervor.

»Alpenlofts.at«, las ich. »Ein zweiwöchiger Aufenthalt in den Gasteiner Alpen. Ein Geschenk von Marc und Robert.« Dahinter drei Herzchen.

Fragend sah ich von Robert zu Marc. Die beiden grinsten mich an.

»Was soll das?«, fragte ich. Ich meinte damit zwei Dinge: Wieso schenkten sie mir eine Reise in die Berge? Und wieso sie beide zusammen? Hieß das wirklich …?

Mein Vater sah peinlich berührt aus, er interpretierte die Herzchen offenbar ganz richtig. Papa hatte sich schwer damit getan, als er erfuhr, dass Marc auf Männer stand. Er hatte nichts gegen Schwule, natürlich nicht, aber wenn es um den eigenen Sohn ging, sah die Sache etwas anders aus. Seinen Sohn hier mit einem Lover – noch dazu meinem Chef – zusammen zu sehen, war wohl nicht leicht für ihn. Dabei passte es doch eigentlich ideal. Marc war dreiunddreißig, Robert fünf Jahre älter.

Die Wangen meines Bruders röteten sich. »Wie – was soll das? Das ist unser Geschenk für dich. Wir haben nur zusammengelegt.«

»Jedenfalls ist es in Bad Gastein ganz toll.« Robert sah rückversichernd zu Marc.

Dieser nickte. »Wo du doch die Berge so sehr magst.«

»Seit wann mag ich die Berge?«, fragte ich. »Ich liebe die See. Ich –« Wieder sah ich auf den Voucher und riss die Augen auf. »Vom achtzehnten Dezember bis zum ersten Januar? Dann wäre ich ja Weihnachten weg! Und Silvester!« Ich sah Robert und meinen Bruder ungläubig an. »Wie stellt ihr euch das vor?«

Mein Chef stand vom Sofa auf und nahm mir den Voucher ab, den ich noch nicht vollständig studiert hatte.

»Ich stelle mir das ganz einfach vor«, antwortete er. »Ich hatte dir gesagt, du solltest mir deine Pläne mitteilen. Hast du aber nicht.« Er tippte auf den Voucher. »Guck mal, wir haben an alles gedacht. Es ist all inklusive. Das Flugticket nach Salzburg, der Mietwagen, Essen, Skikurs. Sieh es als Bonus für deine in diesem Jahr geleistete Arbeit.«

»Aha«, entgegnete ich, »daher weht der Wind. Weil ich Mist gebaut habe, komme ich ins Exil in die Berge.«

Marc stand ebenfalls vom Sofa auf und legte den Arm um mich. »Das hat doch mit deinem Fehler überhaupt nichts zu tun. Robert will nur, dass du dich mal entspannst und Urlaub machst. Und ich auch.«

Jetzt schaltete Mama sich ein. »Ich finde das ebenfalls keine schlechte Idee. Schau mal, Mona, du wirst bald dreißig. Du könntest die Zeit dort nutzen, um darüber nachzudenken, was du aus deinem Leben machen möchtest.«

»Gar nichts!«, rief ich. »Ich bin zufrieden mit meinem Leben, wie es ist!«

»Das kann nicht sein«, meinte Papa. »Ohne Mann, keine engen Freunde vor Ort, nur die Arbeit. Das ist doch kein Leben für eine junge, hübsche Frau.«

»Sieh zu, dass du dich erholst«, drängte Mama. »Vormittags in den Skikurs und danach einen ausgiebigen Mittagsschlaf. Was meinst du, wie schnell du da wieder zu Kräften kommst.«

Plötzlich roch es angebrannt. Die Lammkeule! Ich rannte in die Küche, riss die Ofentür auf und stand in einer Nebelschwade aus verbranntem Öl. Mist.

Bei näherem Hinsehen war der Schaden jedoch begrenzt. Es hatte nur ein bisschen vom Gemüse erwischt, das ich offenbar nicht genug eingepinselt hatte.

Ich nahm das Blech aus dem Ofen und verteilte Saft über Fleisch und Grünzeug, stellte die Temperatur zurück und schob alles wieder hinein. Tief durchatmen.

»Robert und ich würden die Feiertage gern mit Freunden in Berlin verbringen«, flüsterte Marc, der hinter mich getreten war. »Und Mama redet schon seit Jahren davon, dass sie über Weihnachten gern mal von dem ganzen Trubel hier fort wäre. Sie würde gern Heiligabend in die Oper gehen, das haben sie noch nie gemacht, und danach schön mit Papa essen. Die beiden würden das aber nie tun, wenn sie wüssten, dass sie dich allein zurücklassen.«

»Warum hast du mich denn nicht vorgewarnt?«, murrte ich. »Für mich ist dieser Urlaub eine Strafe. Ihr hättet mich fragen sollen. Wenn ihr mich schon unbedingt los sein wollt, hättet ihr mir Teneriffa schenken können. Oder die Seychellen. Aber Bad Gastein!«

Ich fasste mir an die Stirn. Vor meinem geistigen Auge sah ich Greise mit Rollator durch die Straßen manövrieren.

Marc zog mich an sich und strich mir über den Kopf. »Komm, Löckchen«, meinte er, »ich spür genau, dass es viel besser wird, als du denkst.« Jetzt nahm er mein Gesicht zwischen die Hände und sah mich ernst an. »Du hattest im Sommer versprochen, dass du kürzer trittst. Du hast es aber nicht getan. Robert ist in Sorge, dass du bei all dem Stress wieder etwas übersiehst. Du brauchst mal einen klaren Kopf. Und als du im Mai von Annikas Hochzeit in Zermatt zurückkamst, hast du von den Bergen geschwärmt. Da dachten wir, dass so ein Loft mit Kamin und integrierter Sauna zur Entspannung genau richtig wäre. Es ist ein Apartment für vier Personen, du kannst dich dort total breitmachen. Damit du dich um nichts kümmern musst, nimmst du an den Mahlzeiten im nahegelegenen Hotel teil. Das ist ein toller Schuppen, Robert hat keine Kosten gescheut.« Er schmunzelte. »Wie du dir vorstellen kannst, habe ich finanziell nicht ganz so viel beisteuern können, wie er.« Nun streichelte er mir die Wange. »Du wirst nette Leute kennenlernen, die genau deine Kragenweite sind, du wirst sehen.«

Ich wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel. »Mag sein«, entgegnete ich, »aber ihr hättet trotzdem fragen können. Und Ski fahren werde ich auf keinen Fall. Am Ende breche ich mir was und liege in irgendeinem von Nonnen geführten Bergspital.«

»Na, na«, sagte Marc, »male mal nicht den Teufel an die Wand. Du wirst dir schon nichts brechen. Und wenn, dann hoffentlich nur dein Herz.«

Vorwurfsvoll sah ich ihn an.

Er lachte. »Spaß, Süße, nur Spaß. Ich wünsche dir, dass du endlich mal wieder andere Dinge wichtig nimmst, als immer nur die Arbeit.«

Während des Essens stocherte ich in den Speisen herum und haderte mit allem. Ich in den Bergen! Was hatten sie sich nur dabei gedacht?

Nachdem meine Eltern und Marc mit Robert gegangen waren, hörte ich die Mailbox meines Handys ab. Es gab genau einen Anruf. Eine einzige Geburtstagsnachricht zum Neunundzwanzigsten. Sie kam von Annika. Auf Facebook waren es mehr gewesen, zugegeben. Aber dort wurden die User auch daran erinnert.

»Hallo meine Süße, alles, alles Liebe und Gute zum Geburtstag! Ich hoffe, du feierst schön und hast den Tag genießen können! Melde dich doch mal, ich hab in den letzten Wochen schon ein paarmal angerufen. Ist alles okay bei dir? Uns geht es gut. Nevio kann jetzt laufen und hat nichts anderes im Kopf als Schlittenfahren. Er sagt Mama und Papa!« Sie lachte. »Na ja, Felix ist natürlich ununterbrochen auf der Piste und gibt Skikurse. Bei mir klappt es inzwischen auch richtig gut, wer hätte das gedacht. Was machst du über die Feiertage? Feierst du wieder mit Marc und deinen Eltern? Wahrscheinlich organisierst du eine Weihnachtsfeier nach der anderen. Ach, und die Silvestergala im Kurhaus natürlich. Bitte melde dich trotzdem mal, wäre schön. Happy birthday!«

Ich sah auf die Uhr. Dafür, Annika zurückzurufen, war es schon zu spät. Ich würde es morgen tun. Sie würde Augen machen, wenn ich ihr erzählte, dass Robert mich vierzehn Tage in die Berge verbannen wollte. Aber da hatte er sich geschnitten.

3

Der nächste Tag war ein Sonntag und draußen tobte ein Sturm, der die See weit auf den Strand trieb und Berge von Treibgut hinterließ. Wenn der Wind nachließ, würden Touristenkinder auf der Suche nach Bernstein darauf herumklettern.

Ich räumte die Reste meiner kleinen Feier auf und blätterte anschließend in alten Fotoalben. Marc und ich hatten schon als Kinder ein enges Verhältnis. Ich sah stets zu ihm auf, sein Wort war Gesetz. Warum fiel er mir so in den Rücken? Bei aller Fürsorglichkeit – er hätte mich doch auch fragen können, ob ich Weihnachten bei ihm in Berlin verbringen wollte. Immerhin war ich erst einmal dort gewesen.

Aber wenn ich ehrlich war, mochte ich die Stadt nicht so sehr. Und die Leute, mit denen er zu tun hatte, waren schrill und laut und hip. Auch wenn ich viel mit Menschen zu tun hatte: Extrovertiert war ich nicht. Ich brauchte immer einen Moment, bis ich mit anderen warm wurde. Zwar kleidete ich mich lässig und metropol, manche sagten, ich sähe aus wie ein Jean-Paul-Gaultier-Model, aber im Grunde meines Herzens war ich das Mädchen aus Rügen. Eine Bekannte von Marc hatte mich auf seiner Geburtstagsfeier vom Fleck weg für eine Fotosession engagieren wollen. Sie konnte gar nicht verstehen, dass ich nicht spontan Marcs Wohnung verließ, um mit ihr in einem abgelegenen Industriegebiet zwischen Fabrikruinen zu posen. Jede andere Frau hätte sich wahrscheinlich geschmeichelt gefühlt, aber ich wollte nur in Marcs Nähe sein. Ich brauchte nicht viele Leute, um mich wohlzufühlen. Vertraute Gesichter wie die meiner Eltern oder Annika genügten mir völlig. Erst seit meine Freundin die Insel verlassen hatte und Marc nach Berlin gegangen war, fühlte ich mich einsam. Daran würde ein Aufenthalt in Bad Gastein rein gar nichts ändern. Im Gegenteil.

Meine Familie konnte gern Weihnachten verbringen, wie es ihnen gefiel. Ich würde jemanden finden, dem ich mich anschließen konnte. Ich musste nur in meinem Email-Adressbuch meine verbliebenen Kontakte durchgehen. Jedenfalls ahnte ich, dass das eine furchtbare Reise werden würde, sollte ich sie antreten. Und auf sein Bauchgefühl sollte man sich immer verlassen.

Die Woche verging, und meine Laune verschlechterte sich von Tag zu Tag.

»Natürlich kann ich dich nicht zu deinem Glück zwingen«, erklärte Robert, nachdem ich ihm den Voucher am Freitagnachmittag mit der Begründung auf den Tisch legte, die Reise käme einfach nicht für mich in Frage. »Aber ins Büro setzt du keinen Fuß. Und sei dir bitte darüber bewusst, dass ich diesen Trip so kurz vor Reiseantritt nicht stornieren kann. Das Geld wird fällig, ob du hinfährst oder nicht.«

»Dann fahr eben selber hin«, entgegnete ich.

In diesem Moment klopfte Catalyn an die Tür und schlüpfte zu uns hinein.

»Hi.« Unsere Praktikantin kratzte sich mit einer verlegenen Geste am Kopf. »Wegen der Hochzeit am einundzwanzigsten …«, sagte sie, und ihr Blick glitt zwischen mir und Robert hin und her. »Könnte es sein, dass wir vergessen haben, die Einladungskarten zu verschicken?«

Mein Chef runzelte die Stirn. »Wie kommst du denn bitteschön darauf?«

Catalyn trat von einem Fuß auf den anderen. »Gehen die Rückläufe nicht normalerweise bei uns ein? Die vom Hotel wollten wissen, wie viele Zusagen wir haben und dann hab ich mal geschaut …« Wieder schaute sie zwischen Robert und mir hin und her. »Es ist noch keine einzige Karte zurückgekommen. Und das Rücksendedatum lautete erster Dezember.«

Mir wurde heiß und kalt, und ich setzte mich auf den Stuhl vor Roberts Schreibtisch. In Windeseile ging ich gedanklich meine Einladungskarten-Versenden-Checkliste durch. Ich hatte den Druck in Auftrag gegeben. Ich hatte die Adressetiketten eigenhändig auf die Umschläge geklebt. Ich hatte sie frankiert. Einhundertdreißig Stück.

---ENDE DER LESEPROBE---