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Wintermagie pur! Die ersten drei Teile der erfolgreichen Winterknistern-Reihe jetzt zum Kennenlernpreis in einem Band.
Plätzchen, Tee und Winterwünsche:
Misteln, Schnee und Winterwunder:
Sterne, Zimt und Winterträume:
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2025
Über die Autorin
Vorwort
Plätzchen, Tee und Winterwünsche
Das Buch
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Sechs Monate später
Misteln, Schnee und Winterwunder
Das Buch
Drei Jahre zuvor
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Heiligabend
Sterne, Zimt und Winterträume
Das Buch
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Eine persönliche Bitte
Wunsch-eBook
Alle Bücher von Stina Jensen
STINA JENSEN schreibt Insel- und Gipfelromane, romantische Wintergeschichten und Krimis.
Sie liebt das Reisen und saugt neue Umgebungen in sich auf wie ein Schwamm. Meist kommen dabei wie von selbst die Figuren in ihren Kopf und ringen dort um die Hauptrolle in ihrem nächsten Roman. Die Autorin hat ein Faible für authentische Figuren und Geschichten, die genau so passiert sein könnten. Sie mag Familiengeheimnisse und auch ein bisschen Drama. Eben genau das, was das Leben für uns alle bereithält!
Wenn sie nicht verreist, lebt die Autorin mit ihrer Familie in der Nähe von Frankfurt am Main.
www.stina-jensen.de
X (Twitter)
Liebe Leserin und lieber Leser!
Dieses eBook-Bundle enthält die Teile 1 bis 3 der Winterknistern-Reihe.
Am meisten Freude hast du, wenn du die Romane in der vorgesehenen chronologischen Reihenfolge liest – so kannst du liebgewonnene Figuren in den Folgebänden wieder treffen und ihre Geschichten weiterverfolgen.
Natürlich lassen sich die einzelnen Bände auch unabhängig voneinander genießen.
Ich wünsche dir viel Freude beim Lesen!
Gäbe es nicht ihre Zwillingsschwester Sina, hätte Milla schon längst den Kopf in den Sand gesteckt. Oder viel eher in den Schnee, wenn denn welcher fallen würde.
Der Winter war jedenfalls noch nie so trostlos.
Zwar hat sie endlich einen neuen Job in einem entzückenden Teeladen, nachdem sie ihre Arbeit als Friseurin aufgeben musste.
In der Liebe hat Milla allerdings schon seit Jahren kein Glück, und auch der Kontakt zu ihren Eltern ist wegen eines dummen Streits abgebrochen.
Doch kaum hat sie den Wunsch nach der ganz großen Liebe und der Versöhnung mit Vater und Mutter ausgesprochen, überschlagen sich die Ereignisse.
Plötzlich muss Milla sich zwischen den Menschen entscheiden, die ihr am meisten bedeuten.
Die perfekte herzerwärmende Geschichte für einen Nachmittag auf dem Sofa mit Tee und Gebäck.
Es war nur ein Marmeladenglas.
Genauer gesagt, ein Marmeladenglas mit Zetteln darin. Die Aufschrift auf dem Etikett lautete: Meine glücklichsten Erlebnisse dieses Jahres.
Ich betrachtete die zusammengefalteten Post-its, die zerknitterten Einkaufszettel, auf deren Rückseite ich etwas gekritzelt hatte, und die weißen Papierchen eines Abrissblocks aus dem Teelicht.
Ich hatte von dieser Idee, die schönsten Momente eines Jahres auf diese Weise festzuhalten, im Internet gelesen und es als eine hübsche Sache befunden. Für jemanden wie mich, deren Leben ohne größere Höhen und Tiefen verlief, wäre es doch nett, sich an den ein oder anderen besonderen Augenblick zurückzuerinnern, hatte ich gedacht.
Den Blechdeckel des Glases hatte ich durch einen selbst gehäkelten Bezug ersetzt, in dessen Saum ich ein Gummiband eingelassen hatte. Die Häkelreihen bildeten muntere weiß-rote Kreise.
»Nun mach schon auf«, drängte Sina und zupfte ungeduldig an meinem Arm.
Es war Silvester – genau genommen Neujahr, zwei Uhr morgens in meiner Küche. Das benutzte Geschirr stapelte sich auf der Anrichte unter einem eingerahmten Poster von Cary Grant und Grace Kelly aus Über den Dächern von Nizza. Sina und ich hatten das Porzellan beiseite geräumt, um auf dem Tisch Platz für das Gebäck zu machen, das ich zwischen den Jahren gebacken hatte – meine größte Leidenschaft neben dem Häkeln.
Meine Zwillingsschwester und ich verbrachten seit neunundzwanzig Jahren jedes Silvester zusammen. Seitdem wir in getrennten Wohnungen lebten, wenn auch nur wenige hundert Meter voneinander entfernt, wechselten wir uns ab. In diesem Jahr waren wir bei mir, und wir waren zu viert – Sinas Freund Nils leistete gerade unserer Freundin Johanna auf meinem Mini-Balkon bei einer Zigarette Gesellschaft.
Das mit dem Rauchen konnte Johanna nicht lassen, dafür trank sie nicht einmal um Mitternacht einen Sekt. In letzter Zeit hatte sie sich rargemacht, ohne mit der Sprache herauszurücken, weshalb; heute jedoch hatte sie Zeit für ihre alten Freunde. Sie war seit Jahren Nils’ beste Freundin, Sina und er hatten sich über Johanna kennengelernt.
Ich zog den selbst gehäkelten Verschluss des Marmeladenglases herunter und ließ die ineinander verhakten Zettelchen auf meinen Küchentisch purzeln. Es waren genau sieben Papierchen. Meine Schwester und ich schauten auf die wenigen Zettel vor uns, und Sina fragte: »Hast du noch ein anderes Glas?«
»Nein.«
Umso gespannter war ich, welche Erlebnisse ich für aufschreibenswert gehalten haben mochte. An die meisten erinnerte ich mich nicht einmal. Eigentlich nur an das letzte.
Ich griff nach einem mit einer roten 1 markierten Papier.
»Erster Januar«, las ich. »Habe mir gestern beim Bleigießen vorgenommen, dass dieses Jahr ein besonderes wird. Mit vielen tollen, herausragenden Momenten. Spüre es förmlich! Freue mich sehr auf das Befüllen dieses Glases!«
»Prima Vorsatz«, murmelte Sina, warf mir einen aufmunternden Blick zu und deutete auf den Zettel mit einer roten 2.
Erwartungsvoll entfaltete ich ihn. »Dritter Juni«, las ich. »Walter hat endlich ein anderes Rasierwasser. Keine Erstickungsanfälle mehr. Juhu!«
Sina legte den Kopf schräg. »Juni? Im Juni war tatsächlich dein«, sie hob die Hände und machte Anführungszeichen in der Luft, »erstes positives Ereignis des letzten Jahres?«
Ich blinzelte. Dann sagte ich trotzig: »Du weißt schon, was bis dahin alles passiert ist?«
Sie sah nachdenklich in die Ferne und mich dann entschuldigend an. »Klar. Natürlich. War mir gerade entfallen. Sorry.«
Möglicherweise dachte sie dasselbe wie ich: dass ich für die ersten fünf Monate des letzten Jahres besser ein Glas für Meine bescheidensten Erlebnisse dieses Jahres hätte anlegen sollen. Zumindest wäre das Ergebnis beeindruckender gewesen.
Sina tippte auf das Papierchen von eben. »Wer war dieser Walter?«
»Mein Kollege aus dem Autoteile-Shop«, erklärte ich.
Dort hatte ich nur acht Wochen gearbeitet. Zum Glück hatten alle Beteiligten – mich eingeschlossen – eingesehen, dass ich mich nicht für den Verkauf von Fußmatten oder Scheibenwischern eignete. Ich brannte eben nicht für Autozubehör.
Das musste ich wohl schon vorher leise geahnt haben, sonst hätte es sicher einen Zettel gegeben, auf dem ich die erfolgreiche Jobsuche verkündete. Ich öffnete das dritte Papierchen und meine Vermutung bestätigte sich.
25. Juli: Habe einen neuen Job, endlich! Das Beste, was mir je passiert ist! Ich liebe Tiere!! :)
Aha. Dieser Job hatte mich offensichtlich zuversichtlicher gestimmt. Da ich ein Smiley hinter den Eintrag gekritzelt hatte, musste ich wohl besonders happy gewesen sein.
Sina strich mir über die Wange. »Bin ich froh, dass das nicht das Beste war, was dir je passiert ist.«
Das war ich allerdings auch. Zirpende Heimchen als Echsenfutter oder quirlige Meerschweinchen als Streicheltiere für Kinder zu verkaufen, war nicht viel besser gewesen, als Autofußmatten an den Mann zu bringen. Ich mochte Tiere. Und Kinder. Aber Tiere an Kinder zu verkaufen mochte ich nicht. Es gab einem nicht immer ein gutes Gefühl, wenn eine Familie mit einem Kleintier von dannen zog.
Mein Griff ging zum vierten Papier.
6. August: Mama hat sich gemeldet. Wir sprachen bestimmt zehn Minuten lang über das Wetter. Rekord!
Sina starrte angestrengt auf diesesbesondere Ereignis. Dann zählte sie an den Fingern ab. »Sind es wirklich schon fünf Monate?«
»Vergiss nicht die Karte zu Weihnachten«, sagte ich. Wir hatten eine geschrieben, nicht umgekehrt. Ob sie gelesen worden war, wussten wir nicht.
»Wir sollten mal wieder vorbeischauen«, sagte meine Schwester.
Auf der Stelle zog sich mir der Magen zusammen. »Ich hab’s nicht eilig damit«, antwortete ich und entfaltete den nächsten Zettel.
17. August: Mit Sina und Johanna einen Tag in der Kaiser-Friedrich-Therme in Wiesbaden verbracht. Danach schön essen gegangen. Ein wunderschöner Wohlfühltag!
Das war er wirklich gewesen. Bis auf die Tatsache, dass Sina Streit mit Nils gehabt hatte und fast ununterbrochen auf ihrem Handy mit ihm chattete, doch das hatte ich hier nicht erwähnt. Das Marmeladenglas war ja für positive Erlebnisse gedacht.
»Mach weiter«, sagte Sina und deutete auf die restlichen drei gefalteten Papierchen. Erwartungsvoll sah sie mich an.
1. September: Habe heute im best Teeladen ever angefangen! Das TEELICHT in Bornheim suchte jemanden im Verkauf. Die Frau, die ihn betreibt, braucht unbedingt Unterstützung. Here I am!
Ich warf Sina einen zerknirschten Blick zu, den sie mit einem Augenrollen quittierte, und öffnete den fünften Schnipsel.
7. Oktober: Katha hat Gürtelrose und fällt wahrscheinlich für mindestens vierzehn Tage aus. Wenigstens etwas!
Sina schnaubte belustigt und biss in ein Ingwerplätzchen. Meine Spezialität. Ich liebe englisches Gebäck – Sina hingegen ist mehr auf die russische Küche spezialisiert. Sie hatte kalten Braten mit Eier- und Rote-Bete-Salat gemacht, das hatten wir als Vorspeise gegessen. Nils und Johanna waren für die Hauptspeise zuständig gewesen: Fleischfondue mit verschiedenen Saucen. Ich war seit jeher für den Nachtisch verantwortlich – und der besteht bei uns Russen meist aus Blini mit Schmand und Marmelade. Ich glaube, daran habe ich mich in meiner Kindheit überfressen.
Aber zurück zu Katha. Sie war meine Chefin im Teelicht, wo ich noch immer arbeitete. Sie war die Frau, die »dringend Unterstützung« benötigt hatte. Das tat sie noch immer. Allerdings war es ausgesprochen schwer, es ihr recht zu machen.
»In deinem Leben könnte schon etwas mehr los sein«, stellte Sina fest und warf einen Blick über die Schulter zu Nils und Johanna, die weiterhin in der Kälte auf dem Balkon herumstanden.
Sina und Nils waren seit zwei Jahren ein Paar. Meine Schwester hatte noch nie Schwierigkeiten, Männer für sich zu gewinnen. Sie machte mehr aus sich. Wir waren eineiige Zwillinge, und dennoch hatte niemand Probleme, uns auseinanderzuhalten.
Während ich Kleider der Vierziger, Fünfziger und Sechziger liebte – darunter Etuikleider, Petticoats und schlichte Jerseykleider, die Sina für unglaublich spießig hielt, weil sie meinte, ich sähe darin aus wie eine dieser braven amerikanischen Hausfrauen aus Filmen der Vierzigerjahre – trug sie coole Klamotten: Jeans mit Nietengürtel, Stiefel, Hemdblusen. Sie schminkte sich gern, trug das dunkle Haar offen, während ich meines am liebsten in einer hübschen Flechtfrisur unter Kontrolle hielt.
Man würde uns nicht für Schwestern halten, hätten wir nicht – zumindest für Außenstehende – nahezu identische Gesichter, Stimmen und Gesten.
Als Kinder trieben wir gern unsere Späße damit. Viele hielten uns für Italienerinnen, obwohl wir russischer Herkunft waren. Mein Name: Ljudmilla Jerschowa. Sina hieß eigentlich Zinaida.
Es war nicht leicht, sich in Deutschland mit unseren Namen durchzusetzen. Die Menschen dachten an Pornodarstellerinnen oder an Putzfrauen, wenn sie hörten, wie wir hießen. Oder, dass unser Vater möglicherweise mit Gas-Pipelines oder mit Mädchenhandel seine Brötchen verdiente. Selbstverständlich traf nichts dergleichen zu.
Meine Schwester arbeitete seit fünf Jahren am Empfang einer Rechtsanwaltskanzlei und sorgte für eine schöne Atmosphäre. Damit meine ich nicht nur durch ihr tolles Aussehen und ihre nette Art, sie besaß auch ein unglaubliches Händchen fürs Interieur.
Sie bekam es hin, aus einem nüchternen Büro eine Wohlfühloase zu zaubern. Sie fand die passenden Bilder für die Wände, arbeitete mit Gerüchen und frischen Blumen, und sie verschob kompromisslos Schreibtische und Schränke. Inzwischen war sie auch mit der Auswahl der Kundenpräsente beauftragt. Zu Hause hatte sie eine wunderhübsche Auswahl pastellfarbener Kugelschreiber, Tassen, Schlüsselanhänger und USB-Sticks, die sie für die Firma bestellt hatte.
Seitdem Sina zu dieser Kanzlei gewechselt war, hatte sie es jedenfalls geschafft, dass alle ihr aus der Hand fraßen. (Das ist wörtlich zu nehmen, denn gelegentlich brachte sie auch etwas zu essen mit, wenn sie mal wieder zu viel gekocht hatte.) Es gab lediglich ein paar Leute, die das Gerücht nicht so prickelnd fanden, dass Sina mit dem Umstellen von ein paar Schreibtischen und der Installation eines Zimmerbrunnens im Konferenzraum für mehr Zufriedenheit bei ihren Chefs gesorgt hat als mancher Junior-Anwalt durch einen gewonnenen Prozess.
Ein russischer Klient, Popow, hatte Sina besonders ins Herz geschlossen. Er war Investor, legte sein Geld in edlen Hotels und Luxusläden an und wickelte seine Geschäfte über Sinas Kanzlei ab. Nils hatte für ihn schon einige Bauprojekte am Osthafen realisiert.
Am liebsten hätte Popow sie für eines seiner Hotels abgeworben. Sie sollte dort am Empfang arbeiten. Es lag in unserer Nähe, in Fechenheim. Nach solch einem kurzen Arbeitsweg hätten andere sich die Finger geleckt.
Aber Sina war eine treue Seele, außerdem arbeitete sie so gern mit Johanna zusammen, die in der Kanzlei als Partnersekretärin angestellt war – dort hatten sie sich kennengelernt. Im Grunde ihres Herzens wollte meine Schwester sowieso nur eines: eines Tages ein eigenes Geschäft für Inneneinrichtungen eröffnen. Wie das gehen sollte war allerdings eine gute Frage. Sie hatte ebenso wenig wie ich einen Cent zu viel auf dem Konto.
Mehr als einmal hatte auch ich schon darüber nachgedacht, meinen eigenen Teeladen zu eröffnen und darin English Teatimes zu veranstalten und Häkelkurse anzubieten. Doch auch diese Idee würde vermutlich ein Wunschtraum bleiben, da mir das nötige Kapital dazu fehlte. Da half es auch nichts, dass Sina mir zu jeder Gelegenheit versicherte, sie würde mir ihren letzten Cent geben. Mit diesem einen Cent war es nur leider nicht getan. Weder für ihr Business noch für meines.
Bis es soweit war, würde ich wohl weiter Tee bei Katha verkaufen und Sina weiter die Wohnungen ihrer Freunde verschönern – zum Beispiel meine – und zwar ungeachtet ihres eigenen Geschmacks, der sich deutlich von meinem unterschied. Die Sechzigerjahremöbel in meiner Wohnung hatte jedenfalls sie aufgetrieben. Was das betraf war sie wie ein Trüffelschweinchen mit unermüdlichem Jagdinstinkt und Kontakten zu Online-Flohmärkten, in denen Dinge aus Haushaltsauflösungen günstig verkauft wurden.
Liebevoll betrachtete ich meine Schwester, sah ihr dabei zu, wie sie sich die Finger nach dem letzten Bissen Ingwerkeks an einer Serviette abwischte. Sie deutete eben auf den letzten übriggebliebenen Zettel aus dem Marmeladenglas, als Nils und Johanna hereingestolpert kamen und mit ihnen ein Schwall kalter Luft in die Küche wehte.
Verstohlen verbarg ich das Papierchen in meiner Hand. Ich wusste ohnehin, was darauf stand. Ich hatte es erst vor drei Tagen ins Glas gelegt.
»Bleigießen!«, rief Johanna, ließ sich auf einen meiner roten Kunstlederstühle fallen und griff nach der Packung Bleigießmaterial, die auf dem Tisch bereitlag. »Ich fange an.«
»Halt«, sagte Nils und hob den Zeigefinger, »zuerst die guten Vorsätze fürs neue Jahr!«
»Das mache ich nur geheim«, entgegnete Johanna und riss die Verpackung mit flinken Bewegungen auf. »Ich verrate euch doch nicht meine intimsten Vorsätze. Ihr erwartet doch nur, dass ich mir vornehme, das Rauchen aufzugeben.«
»Ich bin auch für geheim«, murmelte ich. Ich wusste schon, was ich mir vornahm: mehr Action in meinem Leben.
Sina und Nils warfen sich einen tiefen Blick zu und meine Schwester sagte: »Schließ die Augen Schatz und nimm dir was vor.«
Während meine Schwester und Nils die Augen schlossen und sich was auch immer vornahmen, ließ ich Wasser in eine Glasschüssel ein und stellte sie auf den Tisch. Nils öffnete die Augen, gab Sina einen Kuss und hielt Johannas Feuerzeug unter das Metall des Schmelzstabs in ihrer Hand.
Wir vier sahen dem Metallpilz dabei zu, wie er in die Knie ging, bis nur noch ein Pfützchen übrigblieb. Mit Schwung goss Johanna die Flüssigkeit ins Wasser, und wir starrten gebannt auf das entstandene Gebilde.
Nils blinzelte interessiert, wiegte den Kopf hin und her. »Ein ... Geweih?«
»Eher eine Gabel«, murmelte Johanna und klaubte das markante Teil aus dem Wasser.
Sina langte nach der Verpackung, auf deren Rückseite die Bedeutungen der Objekte aufgelistet waren. Sie kniff die Augen zusammen und las. »Gabel sagst du? Soll ich dir sagen, was hier steht: Ärger mit Freunden.«
Nils lachte und boxte Johanna in die Seite.
»So ein Käse.« Johanna kräuselte die Nase und griff nach der Packung. Ihr Finger glitt über die Liste der Begriffe. Sie warf uns einen zerknirschten Blick zu. »Geweih ist auch nicht besser. Es bedeutet Liebesfrust.«
»Da du solo bist, ist das jetzt nicht soo erschütternd«, sagte Sina.
Johanna verdrehte die Augen. »Jetzt du, Milla«, sagte sie und gab den Schmelzlöffel an mich weiter.
Ich wählte das Krönchen aus der Packung und platzierte es in der Mulde. Nils hielt erneut das Feuer unter den Boden, und als die Krone eingeknickt und das Metall geschmolzen war, schnickte ich es ins Wasser.
»Ui«, sagte Sina und blickte in die Schüssel. Wir anderen schauten auch gebannt. Nun, eigentlich war es nichts Besonderes. Und purer Zufall sowieso. Doch ich hatte ein perfektes Herz gegossen. Die Seiten waren zerrissen, als stehe es in Flammen.
Nils pfiff anerkennend durch die Zähne. »Es wird auch Zeit, Plätzchenbäckerin.«
Johanna fischte das Gebilde aus dem Wasser und trocknete es an einer Papierserviette ab. »Das musst du gut aufheben, hörst du. So was kann man eigentlich gar nicht gießen.«
Sina strich mir über die Wange. »Super, Milli. Ich glaub, dafür müssen wir nicht auf der Liste nachschauen.«
Ich tat es dennoch. Sie verlieben sich, lautete die Bedeutung.
Dabei hatte ich das doch schon getan.
Bevor ich schlafen ging, beschriftete ich das erste Zettelchen fürs neue Jahr:
1. Januar: Habe beim Bleigießen ein Herz gegossen. Wie verheißungsvoll!
Das zerfledderte Herz legte ich vorsichtig an den Boden des Glases.
Sina und Nils hatten übrigens ebenfalls Gabeln gegossen. Oder Geweihe. So genau war es nicht zu erkennen.
Als ich zwei Tage später wieder im Teelicht arbeitete, dachte ich noch immer an dieses gegossene Herz.
Natürlich war mir klar, dass eine Frau, die lieb aussah, gerne häkelte und Plätzchen backte, nicht gerade ganz oben auf der Attraktivitätsskala junger Männer stand. Aber jung musste er nicht einmal sein. Ende dreißig wäre völlig akzeptabel gewesen. Ich legte gar keinen Wert auf Männer, die noch dabei waren, sich selbst zu finden.
Leider vertrat Sina die Meinung, dass reife, alleinstehende Männer von Ende dreißig total verkorkst waren. Oder hässlich. Dabei war ich trotz meiner Reife weder hässlich noch verkorkst – und dennoch solo.
Sina wusste auch dafür den wahren Grund: Ich ging trendmäßig einfach nicht mit der Zeit – weder modisch gesehen, noch hobbymäßig – das schreckte angeblich jeden gescheiten Typen ab. Die Mode war mir auch viel zu schnelllebig. Ich sah ja an Sina, wie viel Geld sie dafür ausgab, kleidungsmäßig auf dem neuesten Stand zu bleiben.
Erstens konnte ich mir das nicht leisten. Zweitens war es schlauer, zeitlose Kleider zu tragen. Und was war gegen gelegentliches Häkeln einzuwenden? Ein Schlüsselanhänger in Eulenform, ein paar Topflappen, den ein oder anderen Schal – was war daran verwerflich?
Meinen Vorschlag an Katha, gehäkelte Teekannenwärmer ins Sortiment mit aufzunehmen, hatte diese leider abgelehnt. Es hätte alles so schön sein können im Teelicht. Sogar Häkelkurse hätte ich anbieten können. Lediglich mein englisches Gebäck verkauften wir – der Geschmack meiner Ingwerplätzchen, Shortbread und auch Scones hatte Katha schließlich doch überzeugt.
Doch von der Idee, ein paar Tische aufzustellen, um an Kunden Tee auszuschenken und sie mit meinem Gebäck zu verwöhnen, wollte sie nichts wissen. Ich hegte den Verdacht, dass sie befürchtete, ich könnte ihr die Show stehlen.
Dabei wollte ich doch nur unsere Kunden glücklich machen. Ehrlich gesagt war es nur in jenen Momenten schön im Teelicht, in denen Katha im Hinterzimmer stirnrunzelnd über der Buchhaltung und dem Online-Teeversand brütete, den sie immer wieder verfluchte – vor allem dann, wenn ihr beim Päckchen-Packen mal wieder ein Fingernagel abgebrochen war. Von den Umsätzen, die ich vorn im Laden erzielte, hätten wir nicht existieren können.
Der Online-Versand schien besser zu laufen. Es gab Tage, da hatte sie so viel zu tun, dass ich das Büro nicht einmal betreten durfte. Palettenweise kamen Pakete an, die sie sich auf direktem Wege ins Büro bringen ließ.
An solchen Abenden brachte sie in einem Rollwagen eine riesige Ladung Päckchen zur Post. Die Teesorten, die ich in die Regale räumen musste, stellte sie mir in gesonderten Kisten zusammen, so kam sie nicht durcheinander.
Den Laden selbst hatte sie sozusagen geerbt. Niemals hätte Katha einen Teeladen besessen, wenn nicht aus einer Not heraus. Ich wusste nicht genau, wie es zusammenhing – der Laden hatte der besten Freundin ihrer Mutter gehört, und die alte Dame war nicht mehr gut zu Fuß.
Katha war früher Inhaberin eines Dessousladens in der Innenstadt gewesen und damit im letzten Jahr pleitegegangen. Mein Verdacht lautete, sie könnte ihren Kundinnen zu unverblümt gesagt haben, dass sie ein paar Pfund zu viel auf den Rippen hätten – jedenfalls war Katha keine besonders gute Diplomatin.
Nun betrieb sie also das Teelicht, und man sah allein an ihrer Körperhaltung, dass sie es verabscheute. Dabei war der Laden wunderschön. Im Stil eines Tante-Emma-Ladens gehalten, fühlte man sich, als machte man eine Zeitreise oder betrete ein Museum, wenn man hereinkam.
Die Stammkunden liebten den Duft unseres Verkaufsraums – es roch blumig, fruchtig, staubig, würzig – alles zusammen. Wenn ich morgens den Laden betrat und dieser Duft mich umgab, wusste ich sofort, dass ich hier richtig war. Bis auf Katha natürlich.
»Erde an Milla!«, schreckte eine Stimme mich aus meinen Gedanken.
Fast fiel mir das Teppichmesser aus der Hand, mit dem ich eben einen Karton Rooibos-Orange geöffnet hatte.
Ich stand vor einem Regal und füllte das Sortiment auf – mittags war es bei uns immer recht ruhig. An diesem 2. Januar sowieso.
Der mich da so erschreckt hatte, war Dennis, Kathas Sohn. Er war achtzehn und strohblond; ein Hüne mit Grübchen und blauen Augen. Er erinnerte mit seinem verschmitzten Lächeln an Michel aus Lönneberga oder an den Ziegenpeter aus Heidi. Er war zum Fressen.
Meine Chefin war alleinerziehend; soweit ich wusste, bestand kein Kontakt zum Vater. Wegen Dennis hatten wir hin und wieder auch sehr junge Kundschaft.
Er schob sein Gesicht vor meines. »Geht irgendwas ab? Du bist so weggetreten.«
Ich lächelte ihn an. »Nein, nein. Ich bin nur auf die Arbeit konzentriert. Wie du weißt, verdiene ich hier mein Geld.«
»Ich dachte schon, du wirst eins mit dem Rooibostee oder so.« Er hob die Arme und schwang damit auf und ab. »Ooooohhhhmmmm.«
Ich konnte nicht anders, als noch breiter zu grinsen. Er sah zu süß aus mit seinem weißblonden Haar und diesem verschmitzten Lächeln. Unglaublich, dass er aus Katha geschlüpft war.
Ich griff nach dem letzten Päckchen Tee, hielt es noch einmal an meine Nase und inhalierte den Duft, dann stellte ich es zu den anderen ins Regal und rückte alles in eine Reihe. Fertig. Nur noch den Karton auseinandernehmen und nach draußen damit, ins Altpapier.
»Ist Mama da?«, fragte Dennis und nahm sich ein Plätzchen aus der Probierschale auf dem Tresen.
»Im Büro«, sagte ich. »Hat schlechte Laune.« Die hatte sie tatsächlich schon seit dem Morgen. Irgendeine Lieferung schien sich zu verzögern – so etwas konnte ihr den Tag versauen.
Dennis hob die Schultern. »Also wie immer.«
Er schien noch etwas sagen zu wollen, sein Blick ging unentschlossen zur verschlossenen Bürotür, dann biss er in das Gebäck und verzog genussvoll das Gesicht.
»Gab’s nichts Anständiges bei deiner Oma?«, fragte ich.
Er aß in den Ferien mittags bei Kathas Mutter, danach kam er meist kurz vorbei, um Hallo zu sagen und dann nach sonst wohin weiterzuziehen.
»Spinatlasagne.« Er rümpfte die Nase.
Sofort knurrte mein Magen. »Da hätte ich auch mal wieder Lust drauf.«
Dennis schüttelte den Kopf und verzog den Mund. Dann schwang er seinen Rucksack über die Schulter und schnappte sich noch ein Shortbread.
Noch einmal zwinkerte er mir zu, dann war er aus der Tür.
* * *
Den Zettel, den ich in der Silvesternacht vor Sina verborgen hatte, trug ich in meiner Manteltasche. Ich brauchte ihn nicht hervorzuholen, um zu wissen, was darauf stand: Heute Mann im Cordanzug getroffen. Heiß!
Es klang so entsetzlich albern. Nicht besonders erwachsen, diese Art und Weise, wie ich lächerlich banale Dinge aufschrieb. Aber wenn ich ehrlich war, hatte ich das alles so formuliert, weil ich schon im Hinterkopf gehabt hatte, dass ich die Zettel wahrscheinlich gemeinsam mit Sina lesen würde.
Ich wollte nicht, dass sie meine Verzweiflung spürte. Wollte nicht, dass sie erfuhr, wie todunglücklich ich darüber war, nicht mehr in meinem ursprünglichen Beruf arbeiten zu können, oder darüber, was mit unseren Eltern los war. Und darüber, dass mich seit sieben Jahren kein Mann geküsst hatte. Es gab eigentlich gar keine glücklichen Momente in meinem Leben.
Der Eintrag hätte lauten müssen: Habe mich heute unsterblich verliebt.
Stimmte das? Wie ich so hinter dem Tresen im Teelicht stand, grübelte ich darüber nach. War ich verliebt? Dazu war es doch noch viel zu früh. Ich hatte ihn doch erst ein einziges Mal gesehen. Aber da war dieser Wunsch gewesen, diesen Mann an mich zu ziehen, die Wärme seines Körpers zu spüren, seinen Duft in mich einzusaugen. Und zwar von dem Moment an, in dem er am 27. Dezember den Laden betreten hatte.
Er war etwa einen halben Kopf größer als ich, trug einen Cordanzug unter dem Mantel, den er beim Hereinkommen um ein paar Knöpfe öffnete. Die dunklen Haare waren zu einem Seitenscheitel gekämmt. Unter der Haut seiner Wangen schimmerten dunkle Bartstoppeln.
Mit ihm war ein hölzerner Männerduft hereingeweht, der mir sofort eine Gänsehaut bescherte. Ich ließ mir nichts anmerken. Stattdessen musterte ich ihn aus den Augenwinkeln. Er erinnerte mich an jemanden. Einen Schauspieler. War es Cary Grant? Richtig. Er sah ihm sehr ähnlich.
Er schritt an den Teeregalen entlang, als sei er auf der Suche nach etwas Bestimmtem. Ich dachte noch, dass er vermutlich ein Kenner war und bei uns bestimmt fündig würde – wir führten nur lizenzierten, unverschnittenen Tee.
Vor den indischen Sorten war er stehen geblieben.
»Ist Darjeeling als Mitbringsel für eine Einladung zum Kaffee zu banal?«, hatte er plötzlich gefragt.
Ich tat, als würde ich mir seiner Anwesenheit erst in diesem Augenblick bewusst. Was für eine angenehme Stimme er hatte. Nicht zu tief, ich mochte es nicht, wenn Männer klangen, als lasse man ein Motorrad an.
»Aber überhaupt nicht«, beantwortete ich seine Frage.
In diesem Moment überkam mich eine merkwürdige Lust, um den Tresen herum in seine Richtung zu tänzeln. Dabei tanzte ich nicht besonders gut. Im Gegensatz zu Katha, die von sich behauptete, eine begnadete Tänzerin zu sein. Foxtrott, Chachacha, Jive und was sonst noch alles.
Ich hingegen hatte überhaupt keinen Rhythmus im Blut. Ich war diejenige, die auf Konzerten entgegen dem Rhythmus der Menge klatschte. Ganz abgesehen davon – zu meinem dunkelblauen, wollenen Kleid hätte es auch nicht besonders gut gepasst.
Ich bewegte mich daher keinen Millimeter vom Fleck. Befürchtete auf einmal, ich könnte ins Wanken kommen, wenn ich die Hände vom Tresen nahm.
»Vielleicht sollte ich Kaffee mitbringen?«, fragte er zweifelnd.
Wie wäre es mit Blumen?, dachte ich, doch ich behielt es für mich. Ich wollte gar nicht, dass er jemandem Blumen mitbrachte. Gleichzeitig wunderte ich mich über mich selbst. Er war ja nicht Cary Grant. Ein ganz normaler Mann in einem Cordanzug.
Mein Gott, war er süß.
»Mit einem Darjeeling machen Sie nichts verkehrt«, bekräftigte ich. »Earl Grey wäre zu speziell, ein grüner Tee liegt nicht jedem, und Rooibos ist für einige Leute gar kein richtiger Tee ... mit Darjeeling erwerben Sie einen Klassiker.«
Natürlich hatten wir noch viel mehr Sorten. Aber ich wollte ihn nicht überfordern.
»Er ist für meine neue Nachbarin. Sie hat mich eingeladen. Sie ist vor ein paar Tagen neben mir eingezogen.«
Wie klug von ihm, keine Blumen mitzubringen. Die neue Nachbarin hätte diese Geste vollkommen falsch verstehen können.
Endlich trat ich hinter dem Tresen hervor und gesellte mich zu ihm. Er roch zum Umarmen gut. An wen erinnerte mich dieser Duft? Er rief eine urige Vertrautheit in mir hervor, die ich schon seit Ewigkeiten nicht verspürt hatte.
Ich nahm einen Beutel aus dem Regal, öffnete die Verpackung und hielt sie ihm unter die Nase.
»Hmm«, brummte er anerkennend. »Den nehme ich.«
»Möchten Sie Gebäck dazu?«, fragte ich und verschloss die Verpackung wieder. »Vielleicht ein Tee-Ei, falls Ihre Nachbarin keins hat? Hübsch verpackt?«
Er lächelte. »Gern.«
Ich deutete auf den Teller auf dem Tresen. »Wenn Sie mögen, versuchen Sie sie.«
Er folgte mir und nahm ein Ingwerplätzchen, biss zaghaft hinein und schloss beim Kauen die Augen. »Köstlich«, sagte er schließlich und öffnete sie wieder. »Wo beziehen Sie die?«
Ich sah ihn verschreckt an. Sollte ich ihm verraten, dass ich sie selbst gebacken hatte? Nach einem ausgeklügelten Rezept? Lieber nicht. Am Ende hielt er mich noch für hoffnungslos langweilig.
»Das ... weiß ich jetzt gar nicht«, stammelte ich. Glücklicherweise vertiefte er das Thema nicht. Verstohlen betrachtete ich ihn. Die Lachfältchen und funkelnden Augen gefielen mir ausgesprochen gut. Ich schätzte ihn auf Mitte dreißig.
Während ich Tee, Tee-Ei und Gebäck verpackte, sah er sich im Laden um und sagte: »Wunderschön haben Sie es hier. Ich liebe diesen Stil.«
Ich merkte, wie ich errötete und widmete mich schnell der Geschenkverpackung. Katha hatte dafür winzige Körbchen angeschafft, die wir mit farbigem Papier und saisonalen Zweigen dekorierten. Zumindest dafür hatte sie ein gutes Händchen. Selbstverständlich hatte sie nicht nur Fehler. Kein Mensch hatte das.
Prompt vernahm ich die Stimme meiner Schwester im Ohr: Ja, ja, Milla! Immer schön lieb sein, nur keine schlechten Gedanken zulassen! Meine Schwester meinte, die Probleme des letzten Jahres hätte ich nicht von ungefähr bekommen. Weil ich angeblich zu viel in mich hineinfraß.
Mein Gegenüber zog aus seiner Manteltasche ein altmodisches braunes Kunstleder-Portemonnaie, das mein Herz höherschlagen ließ. Sechzigerjahre, eindeutig.
Der, dessen Aussehen mich immer mehr an Cary Grant erinnerte, entfaltete einen Zwanzigeuroschein auf dem Tresen. Er trug keinen Ehering. Ich sah von seinen Händen in sein Gesicht. Diese warmen Augen und diese Bartstoppeln waren wirklich sehr attraktiv. Hastig wandte ich den Blick davon ab und übergab ihm das Wechselgeld.
Im selben Moment – um genau zu sein, in dem Augenblick, in dem wir uns für etwa eine Sekunde lang tief in die Augen blickten – war Dennis in den Laden gestürmt, und mit ihm waren eine Ladung kalte Luft und der Geruch nach Sporthalle und ungewaschenen Socken hereingeströmt, die den Zauber mit einem Schlag auflösten.
Der Herr im Cordanzug hatte sich hastig verabschiedet.
Seither wartete ich auf seine Rückkehr.
* * *
Als Katha gegen vierzehn Uhr aus dem Hinterzimmer kam, schüttelte ich die Gedanken an diese erste Begegnung ab. Meine Chefin roch nach Zigaretten und Kaffee. Beides konsumierte sie in rauen Mengen.
»War was Besonderes?«, fragte sie.
»Dennis war da.«
»Wo ist er jetzt?«
Ich hob die Schultern. »Er erzählt mir leider nicht, wo er hingeht.«
»Könnte auch mal fragen, ob er was für seine Mutter erledigen kann. Wo er schon Ferien hat.«
»Das kann ich doch machen«, bot ich an. »Was brauchst du?«
Sie klackerte mit den Fingernägeln auf dem Tresen herum und schien nachzudenken.
Ich betrachtete ihre blonden Haare, die sie zu einem Pferdeschwanz gebunden trug. Das Haar war dünn. Es war zu oft gefärbt und zu selten geschnitten, die Haare dankten es ihr, indem sie abbrachen.
Einmal hatte ich versucht, das Thema anzusprechen. Ich hätte ihr einen pfiffigen Kurzhaarschnitt empfohlen, mit dem sie viel jünger und weicher ausgesehen hätte.
»Klopapier.« Kathas Worte rissen mich aus meinen Gedanken. »Und Tampons super Plus.« Sie blickte sinnierend in die Ferne. »Brauche ich sonst noch was? Slipeinlagen. Mit Frischeduft.« Sie griff in die Kasse und reichte mir einen Zwanziger.
Wortlos schlang ich meinen Schal um den Hals, setzte meine Mütze auf und zog meinen Wollmantel an. Toilettenartikel also. Na prima.
* * *
Keine halbe Stunde später trat ich mit den eingetüteten Waren aus dem Supermarkt und verspürte nicht die geringste Lust, zu Katha zurückzukehren.
Vielleicht sollte ich noch ein paar Blumen besorgen – nach Weihnachten gab es die ersten Tulpen, Narzissen und Hyazinthen. Noch war im Teelicht alles weihnachtlich dekoriert, Katha wollte bis zum Ende der Schulferien abwarten, bis sie Glitzer und Glanz wieder in den Keller verbannte. Bei mir zu Hause stand ebenfalls noch das Weihnachtsbäumchen im Fenster, eine Lichterkette zierte meinen Balkon. Der Frühling lag in weiter Ferne.
Ich verwarf den Gedanken an Blumen und schlenderte die Berger Straße hinunter. Ich hätte irgendwo eine Kleinigkeit essen können, vielleicht eine Suppe.
Du kannst nicht dauernd vor Katha flüchten, flüsterte eine Stimme in mir. Einer meiner heimlichen guten Vorsätze fürs neue Jahr hatte gelautet, nichts mehr in mich hineinzufressen. Konflikte zu lösen – auch die mit Katha. Aber es war ja erst der 2. Januar.
Vor einem Geschäft für Innendekoration blieb ich stehen. Vielleicht sollte ich mich hier bewerben und im Teelicht aufhören?
Nein, das wäre wohl eher ein Laden für Sina. Sie mit ihrem Händchen fürs Einrichten und Dekorieren würde denen mal zeigen, wo der Hammer hing. Dass meine Schwester ihr Dasein am Empfang einer Rechtsanwaltskanzlei fristete, war eine solche Verschwendung. Aber ohne entsprechende Ausbildung sah es nun mal düster aus.
Mein Blick fiel auf ein paar hübsche Kerzen. Kein Weihnachtsrot oder Goldfarben, sie waren hellgrün, verhießen ein bisschen Frische.
Entschlossen betrat ich den Laden.
Als ich zum Teelicht zurückkehrte – in meiner Tüte aus dem Geschäft für Innendekoration die hellgrünen Kerzen und eine zierliche Armbanduhr, die um fünfzig Prozent reduziert gewesen war – stand er vor mir. Cary Grant. Auf dem Kopf eine Wollmütze. Gerade im Begriff zu gehen.
Heute trug er keinen Cordanzug, das erkannte ich an den Hosenbeinen. Eher einen normalen Anzug. Aber die Augen waren dieselben. Und die Bartstoppeln. Mein Herz pochte wie verrückt.
Ich wollte meine Supermarkttüte verbergen, aus der die Packung Toilettenpapier ragte, wollte die Armbanduhr bereits an meinem Handgelenk tragen, wollte ... ach, dass er nicht gerade ging, sondern kam, und hätte mich dafür ohrfeigen mögen, meine Zeit vertrödelt zu haben.
Ich würde Kerzen und Uhr noch heute zurückbringen. Sie hatten mir nichts als Pech gebracht.
Dies alles ging mir in Millisekunden durch den Kopf, wir standen keineswegs einander gegenüber und starrten uns an. Vielmehr hatte ich den Eindruck, als habe er mich noch nicht einmal bemerkt. Schien mich für eine Kundin auf Shoppingtour zu halten.
Er murmelte ein »Guten Tag«, nahm die Stufen an mir vorbei auf den Bürgersteig und ging in die Richtung davon, aus der ich gekommen war. Ohne einen Blick zurück.
Ich starrte ihm nach.
Die Enttäuschung in meinem Bauch pochte heftig, als ich meine Einkäufe auf dem Tresen abstellte und Katha, die hinter dem Tresen stand, ein enttäuschtes »Hi« entgegenhauchte.
Sie schien mich gar nicht zu bemerken. Starrte aus unserer Schaufensterscheibe, ihm hinterher – obwohl er längst außer Sichtweite war.
»Es gibt ja doch noch interessante Männer«, sagte sie anerkennend und wandte den Blick von der Scheibe ab und mir zu. »Ich habe mich seit Ewigkeiten nicht mehr so gut mit einem Mann unterhalten.«
»Hast du?«, fragte ich, band meinen Schal ab und zog die Mütze vom Kopf. »Das ist ja schön.« Es war nicht zu fassen. Er unterhielt sich mit Katha? Während ich da draußen Tampons, Kerzen und Armbanduhren kaufte?
Dieses neue Jahr begann ganz und gar nicht so, wie es sollte.
* * *
»Du bist eben wie immer zu brav«, sagte Sina, als ich abends bei ihr vorbeischaute und ihr gestand, dass ich mich vor bereits einer Woche in einen Kunden verguckt hatte. Irgendwann musste es ja mal raus.
»Zeig Initiative!«, rief sie. »Kämpf um dein Glück! Denk an das Herz, das du gegossen hast!« Sie schüttelte den Kopf. »Wusste ich es doch.«
»Ich konnte ihm doch da auf der Außentreppe kein Bein stellen, damit er mich bemerkt«, wandte ich ein.
»Ein sanftes: Ach, wie schade, dass wir uns verpasst haben, kommen Sie doch ein andermal wieder, hätte es auch getan.«
Ich ließ die Schultern hängen. »Ich bin nun mal nicht so schlagfertig wie du.«
In Wahrheit war Sina auch nicht besonders schlagfertig. Bis auf ihre lässige Kleidung und den unterschiedlichen Einrichtungsgeschmack waren wir uns sogar sehr ähnlich.
Sina mochte klare Linien und am liebsten alles in Schwarzweiß mit gezielt eingesetzten Farbtupfern an den Wänden und auf der Couch; keine Filmstarposter, Kunstlederstühle und Cordsofas wie bei mir. Aus diesem Grund hatten wir nach unseren Ausbildungen auch getrennte Wohnungen genommen – dennoch hingen wir andauernd zusammen. Meist bei Sina, seit sie Nils kannte.
Er sagte oft scherzhaft, er habe das doppelte Lottchen an seiner Seite. Ich mochte ihn. Er war nett, sah gut aus (wenn man den Typ »Sunnyboy« mochte) und arbeitete als Bauingenieur.
Sina nannte er liebevoll »meine kleine Diebin«, was zu ihr passte. Sie hatte unser aller Herz gestohlen.
»Pass auf«, sagte Sina eben und nahm meine Hand. »Beim nächsten Mal fragst du ihn, wie er heißt. Damit deine Fantasien einen Namen bekommen.«
Ich betrachtete meine Schwester skeptisch. Ich hatte noch nie einen Kunden nach seinem Namen gefragt. Das wäre auch seltsam, oder nicht? Lieber nannte ich ihn gedanklich Mr. Grant. Cary klang ja direkt auch schon wieder albern.
»Ich werde ihn nicht nach seinem Namen fragen«, widersprach ich Sinas Vorschlag. »Das wäre wirklich affig.«
Ich wusste, worauf das Ganze hinauslief. Auf eine extrem zähe Geschichte. Ich hätte Sina gar nichts von Mr. Grant erzählen sollen. Nun würden sich all unsere zukünftigen Gespräche – zumindest, so lange nichts passierte – darum drehen, dass nichts passierte.
Allein die Vorstellung weckte ungute Erinnerungen in mir. Und die hatte gar nichts mit einem Mann zu tun, sondern mit meinem Beruf. Ich hatte nach dem Realschulabschluss Friseurin gelernt. Und meinen Job von Herzen geliebt. Je größer die haarige Herausforderung, umso besser.
Doch dann waren Anfang letzten Jahres plötzlich Pusteln an meinen Handgelenken und zwischen meinen Fingern aufgetaucht. Dann an den Schläfen und im Gesicht. Auf meinen Augenlidern. Es juckte und nässte. Ich kratzte und cremte, ging zum Arzt und zu einer Kinesiologin, die mir eine Kollegin empfohlen hatte, ließ von ihr meine Energiebahnen reinigen. Doch es half nichts.
Etliche Wochen war es mir unmöglich, Kunden die Haare zu waschen oder sie zu frisieren; einzig Schneiden wäre gegangen – theoretisch zumindest.
Wir testeten es einige Wochen lang, ob die Allergie davon zurückging, wenn ich mit keinem einzigen Pflegeprodukt in Berührung kam. Leider half es nicht.
Wegen der offenen Stellen an meiner Haut konnte ich nicht einmal mehr häkeln. Schminke vertrug ich auch keine mehr – zumindest hatte ich aufgegeben, neue auszuprobieren. Einzig Wimperntusche war zu ertragen.
Abend für Abend saßen Sina und ich beieinander und sinnierten darüber, ob sich die Pusteln vermehrten oder dezimierten. Wir führten unendlich anmutende Gespräche darüber, wie ich das Unausweichliche vermeiden könnte. Dass ich irgendwann meinen Beruf nicht mehr ausüben konnte.
Johanna war eine Verfechterin des mentalen Trainings. Positive Affirmationen, die da lauteten: Ich bin gesund, meine Haut ist makellos, ich habe einen wundervollen Beruf, ich werde ihn bis zur Rente ausüben, meine Kunden lieben mich, sollte ich vor mich hinsprechen.
Tja, was soll ich sagen, es brachte nichts – die Allergie verschlimmerte sich. Keine Salbe, keine Pille dagegen gewachsen. Und die Ärzte ratlos. Nachts erwachte ich davon, wie ich mir Finger und Handgelenke blutig kratzte.
Als die ersten Pusteln auf meinen Augenlidern auftauchten und ich nicht einmal mehr Mascara vertrug, gab ich auf. Ich ließ mich krankschreiben, schluckte hochdosiertes Kalzium, das endlich fruchtete, und fand mich damit ab, dass ich eine berufliche Alternative benötigte.
Ich bewarb mich in Kaufhäusern und Ladengeschäften – immerhin hatte ich Kundenerfahrung. Meine erste Stelle war die im Autoteile-Shop gewesen.
Die Aussicht darauf, dass sich das Programm »Hoffen und Warten« in Bezug auf meinen männlichen Schwarm wiederholen würde, brachte mich zu einem Entschluss: Ich würde nicht nach seinem Namen fragen, das war mir viel zu offensiv.
Ich würde ihm zu seiner Wohnung folgen, um zunächst einmal herauszufinden, wo er lebte. Unbemerkt selbstverständlich.
Innerlich griff ich mir an die Stirn. Woher kam denn diese alberne Idee? War ich noch ganz gescheit? Nachdenklich knabberte ich an meinem Daumennagel.
Obwohl. Vielleicht war diese Idee doch nicht so schlecht.
Zunächst wartete nicht nur ich auf sein Auftauchen, sondern auch Katha. Zumindest erschien mir das recht offensichtlich.
»Du hattest mir doch geraten, mir eine neue Frisur zuzulegen«, sagte sie am nächsten Morgen, als ich den Laden betrat.
Es war Samstag, sie trug mal keinen Pferdeschwanz, sondern ließ das blondierte Haar bis auf die Schultern fallen, die Spitzen dünn und splissig. Ich war mir sicher: Ein Bob in Kinnlänge würde ihr enorm gut stehen. In einem natürlichen Blondton. Sie hatte ein hübsches Gesicht – eine gerade Nase, blaue Augen. Katha war eine attraktive Frau. Bis auf die Haare.
Ich legte meine Kleider ab und trat an sie heran. »Zeig mal her, darf ich?«
Sachte nahm ich ihre Haare zwischen die Finger. Die Friseurin in mir wollte ihr natürlich die Wahrheit sagen: Ihr Haar war am Ende. Das Mädchen in mir, das keiner Fliege etwas zu Leide tat und in der Schule im Sozialverhalten eine Eins gehabt hatte, ebenfalls. Aber ich mochte Mr. Grant. Und sie mochte ihn auch.
»Eigentlich gibt es da gar nicht so viel zu tun«, sagte ich und ließ ihre Haarspitze los. »Sie sind ganz prima so, wie sie sind.«
* * *
Katha verließ an diesem Morgen für keine Minute den Verkaufsraum, schielte immerzu nach draußen. Für ihre Verhältnisse war sie ungewöhnlich friedfertig. Sie lächelte mir sogar hin und wieder zu und lobte mich für meinen Geschäftssinn.
Viele Kunden hatten noch ein paar freie Tage, einige hatten Geldgeschenke zu Weihnachten bekommen, die sie nun bei uns umsetzten.
Wir hatten wunderschönes chinesisches Porzellan im Angebot, von dem ich zwei Sets verkaufte – und das, obwohl ich ganz und gar nicht bei der Sache war. Dabei war doch gar nicht zu erwarten, dass er heute schon wieder vorbeikam. Laut Katha hatte er mehrere Sorten Tee gekauft, ebenso Gebäck. So viel Tee konnte kein Mensch trinken oder verschenken. Dennoch hoffte auch ich auf ein Wunder.
Katha bemerkte nichts von meinen Gedanken. Ungehemmt blickte sie aus dem Schaufenster und sagte Dinge wie »Der hatte Feuer im Blut, das hab ich genau gesehen!« oder »Bei dem könnte ich schwach werden.«
Ein andermal, nachdem ein schmächtiger Mann eine Thermoskanne gekauft hatte, sagte sie verträumt: »Der andere hatte wenigstens einen Arsch in der Hose.«
Ich versuchte, Kathas anzügliche Bemerkungen zu ignorieren, verfolgte ich doch meine ganz eigenen Pläne. Sollte ich es tatsächlich wagen, Mr. Grant bei nächster Gelegenheit zu folgen, dann sicher nicht wegen seines Hinterteils.
Zu Katha sagte ich: »Wäre es ok, wenn ich nachher kurz eine Besorgung mache?« Besser, ich warnte sie vor. Ich konnte schlecht den Laden allein zurücklassen.
Katha starrte noch immer aus dem Fenster. Hatte sie mich überhaupt gehört?
In diesem Moment erregte ein leises Pling meine Aufmerksamkeit. Mein Handy.
Katha runzelte die Stirn, als ich zu meiner Tasche lief und das Gerät herauszog. In unserem Bewerbungsgespräch hatte sie unmissverständlich klargestellt, dass sie Privatgespräche oder Internetsurfen während der Arbeitszeit nicht guthieß. Der gesetzliche Mindestlohn treibe sie »fast in den Ruin« – da erwarte sie »uneingeschränkte Leistungsbereitschaft«.
Möglicherweise hing diese Äußerung aber auch damit zusammen, dass die junge Aushilfe, die sie samstags beschäftigte, nahezu ununterbrochen mit ihrem Handy hantierte. Den Mindestlohn zahlte Katha jedenfalls großzügigerweise schon seit Oktober, obwohl es erst seit diesem Januar nötig gewesen wäre.
Ich blickte auf mein Handy. Ich brauche dich. Es geht um Nils, schrieb Sina.
»Was ist denn jetzt los?«, murmelte ich und sah Katha zögernd an. »Kann ich mal kurz meine Schwester anrufen? Sie hat irgendein Problem.«
Katha nickte großzügig. »Klar, ruf sie an.« Die beiden hatten sich schon einige Male gesehen, meist kam Sina mit Johanna oder Nils vorbei, um mir moralische Unterstützung zu geben, wenn Katha mal wieder einen miesen Tag hatte, oder um tatsächlich Tee zu kaufen.
Ich zog mich rasch in eine Ecke des Ladens zurück und wählte Sinas Nummer.
Als sie sich meldete, hörte ich nur ein Schluchzen: »Er hat eine andere!« Vernehmlich schnäuzte sie sich.
Ich fühlte mich wie in einem dieser schlechten Filme mit klischeehafter Dramatik. Dieses »er hat eine andere!« konnte nicht aus dem Mund meiner Schwester stammen. Und wen meinte sie? Doch nicht ...
»Nils? Eine andere?« Sie halluzinierte bestimmt. Nils liebte keine andere als meine Schwester. Er war doch völlig vernarrt in sie.
»Natürlich hat er das nicht gesagt! Ich habe eine Quittung von einer Bar in seiner Jackentasche gefunden. Und zwar von der Bar in einem von Popows Hotels. Du weißt schon. Das Rumors. Zwei Cocktails waren auf der Rechnung. Letzte Woche – und zu mir hat er an dem Tag gesagt, er sei zu kaputt, um noch vorbeizukommen!«
Insgeheim stellte ich mir die Frage, weshalb sie in Nils’ Taschen wühlte – aber ich war sensibel genug, sie nicht zu stellen.
»Ich habe in seiner Jackentasche nach einem Tempo gesucht. Ich hatte kein einziges Päckchen mehr im Haus«, klärte Sina meine stille Frage auf.
»Bleib mal ganz ruhig. Wenn das Popows Hotel war, dann war das was Geschäftliches. Vermutlich haben sich Nils und Popow höchstpersönlich getroffen.«
»Zwischen den Jahren werden keine Geschäfte gemacht, außer vielleicht in Teeläden, das weißt du genau wie ich. Und in seiner Branche erst recht nicht. Wenn er mit Popow dort gewesen wäre, hätte er nicht bezahlt. Außerdem hätte er mir davon erzählt.« Nun flüsterte sie: »Und es trinkt niemals einer von denen eine Virgin Colada.«
Es stimmte. Ein alkoholfreier Cocktail mit Kokosmilch und Ananas war seltsam. Bier wäre passender unter Männern gewesen. Oder wenn schon ein Cocktail, dann wenigstens eine Caipirinha. Dennoch – es musste eine natürliche Erklärung für die Sache geben.
Plötzlich stand Katha hinter mir. »Dauert das hier noch länger?«, raunte sie. »Ich müsste dann mal wieder ins Büro.«
Ich gab ihr mit einer Handbewegung zu verstehen, dass ich gleich fertig war und flüsterte ins Telefon: »Ich muss Schluss machen. Ich komme nachher vorbei, ok? Lass uns das in Ruhe besprechen. Sag nichts zu Nils, ich bitte dich.«
* * *
Nachdem ich den Tag irgendwie hinter mich gebracht hatte und Mr. Grant zu meinem großen Bedauern nicht aufgetaucht war, war ich froh, endlich Feierabend zu haben.
Ich besorgte eine Lasagne beim Italiener und machte mich auf den Weg zu meiner Schwester. Während ich durch die Gassen Fechenheims lief, dachte ich an unser Vierergespann: Sina, Nils, Johanna und mich.
Als Sina und Johanna sich in der Kanzlei kennengelernt hatten, war Johanna selig gewesen, endlich vernünftige weibliche Verstärkung zu haben. (Die »unvernünftigen« weiblichen Wesen waren angehende Rechtsanwältinnen, von denen Johanna sich von oben herab behandelt fühlte.)
Johanna lud Sina zu ihrer Geburtstagsparty ein, auf der Nils und sie einen einzigen Blick tauschten, und schon war es um die beiden geschehen. Ich war leider nicht dabei – wir traten nicht überall im Doppelpack auf – und hätte zu gern bei diesem Zing zugesehen. Laut Johanna war es legendär.
Nils hatte an diesem Abend die einzige Aufgabe, darauf zu achten, dass das Chili con Carne auf Johannas Herd nicht anbrannte, und dabei kläglich versagt. Zu sehr war er mit Sina ins Gespräch vertieft gewesen, hatte in ihre dunklen Augen gesehen und an den Fransen ihrer Lederjacke herumgespielt.
Sina hatte mir alles en Detail erzählt – und auch, wenn ich ihr von Herzen gönnte, dass sie jemanden wie Nils getroffen hatte, so fand ich es doch unfair, dass mir nicht zur gleichen Zeit ebenfalls jemand begegnet war, der zu mir passte wie ein Handschuh.
Jemand, der auch ruhig und besonnen war wie ich, ein Romantiker und Teetrinker. Mehr wollte ich gar nicht.
Sinas und Johannas Definition dieser Sorte Männer lautete Langweiler. Ich verübelte es ihnen nicht. Es klang nach einem Langweiler. Was ich jedoch meinte, war jemand mit Tiefe. Der auch einmal schweigen konnte, und damit ganz viel sagte. Der Programmkino statt Blockbuster mochte.
Sina verleitete diese Vorstellung regelmäßig zu unkontrolliertem Gegacker. Dabei glaube ich, dass Nils auch ein romantischer Typ ist. Er würde es nur niemals zugeben.
Was seinen angeblichen Seitensprung betraf, kamen Sina und ich an diesem Abend jedenfalls keinen Schritt weiter. Meine Schwester wollte Johanna auf keinen Fall in ihren Verdacht einweihen. Nils und Johanna standen sich viel zu nah, meinte sie, allein der Verdacht würde Johanna in einen schlimmen Freundschafts-Konflikt stürzen. Das wollte sie auf keinen Fall riskieren.
»Was heißt das jetzt?«, fragte ich. »Willst du so tun, als ob nichts wäre? Ihm hinterherspionieren? Oder ihm aus dem Weg gehen?«
Ich sah aus dem Fenster in die Ferne zu den Schornsteinen des Degussa-Firmengeländes. »Ich bin für eine offene Aussprache«, riet ich. »Sag ihm genau, wie es ist: Du hast in seiner Jacke nach einem Tempo gesucht und dabei diese Quittung gefunden.«
Sina schüttelte den Kopf. »Das glaubt er mir doch niemals.«
»Aber es ist die Wahrheit! Da du ihn noch nie belogen und ihm hinterherspioniert hast, wird er niemals glauben, dass du ihn belügst.«
Sina sah zu Boden.
»Sina?«
Meine Schwester mied meinen Blick. Sie schien irgendetwas Interessantes auf dem Teppich entdeckt zu haben.
Ich tippte ihr aufs Knie. »Hast du ihm etwa schon öfter hinterhergeschnüffelt? Oder ... hast du etwa gar kein Tempo gesucht?«
»Nein, ich ...« Sie stockte. »Ich hab da schon länger so was in Verdacht.«
»Aber wieso?« Damit meinte ich zwei Fragen: Wieso dachte sie das? Und wieso wusste ich nichts von dieser Vermutung?
»Er geht in letzter Zeit öfters nicht ans Telefon. Das hat er früher nie gemacht. Er ... er ... hat selbst das wichtigste Meeting für mich unterbrochen. Und manchmal hat er abends keine Zeit, ohne mir zu sagen, was er vorhat.«
»Auch, wenn du ihn fragst?«
Sie schüttelte den Kopf. »Früher musste ich nie fragen. Ich wusste über jeden seiner Schritte Bescheid.«
Ich hob die Augenbrauen. Sie wusste über jeden seiner Schritte Bescheid? Ich hatte gedacht, sie wüsste über jeden meiner Schritte Bescheid. Und nicht einmal das stimmte.
»Das ist aber auch nicht normal«, murmelte ich.
»Ich liebe ihn!«
Ich versuchte es mit Sachlichkeit. »Sicher hat er nur viel zu tun. Und mit manchen Kunden – meinetwegen auch weiblichen Kundinnen – geht man eben auch mal in eine Bar. Und dass er dir das nicht erzählt – bei deiner offensichtlichen Eifersucht! – ist ja auch irgendwie kein Wunder.«
Als es an der Tür klingelte, hoben wir beide den Kopf. »Ist er das?«, fragte ich.
Sina verzog den Mund. »Lass dir bloß nichts anmerken!«
Sie ging zur Gegensprechanlage und kurz darauf hörte ich ein halb-freudiges »Hi!« durch den Flur schallen.
»Es ist Johanna«, rief sie. »Kein Wort zu ihr!«
Johanna wirkte freudig erhitzt. Als sei sie von der Bushaltestelle zu Sinas Wohnung durch die Kälte gerannt.
»Na, ihr beiden Hübschen«, neckte sie und ließ sich aufs Sofa plumpsen. »Habt ihr ne Kleinigkeit zu knabbern? Ein paar von Millas Keksen?«
Sina nahm ein Keksdöschen von ihrer Anrichte und stellte es auf ihrem Couchtisch ab. Erwartungsvoll betrachtete sie unsere Freundin.
Johanna nahm einen Keks und biss ein Eckchen ab. Sie schien verlegen. Weshalb war sie denn gekommen? Sie wohnte in Bockenheim, das war am anderen Ende der Stadt. Normalerweise rief sie an, bevor sie kam.
Sicher war sie nicht zufällig in der Gegend, hier wohnten nur Sina und ich – und Nils, doch den traf sie sicher nicht, ohne dass Sina davon gewusst hätte. Ein flaues Gefühl breitete sich in meinem Magen aus. Brachte sie schlechte Nachrichten? Hatte Nils sie als eine Art »Schlussmacherin« engagiert?
Jetzt dreh nicht gleich durch.
»Und?«, fragte ich zögernd, »was hast du heute so gemacht?«
Johanna streifte einen Krümel von ihren Lippen. »Nach der Arbeit war ich beim Sport und dann dachte ich, ich schau mal kurz bei Sina vorbei.« Sie zwinkerte. »Hätte mir natürlich denken können, dass du auch hier bist.«
Johanna war Zumba-Fan. Sie war durchtrainiert bis in die Fingerspitzen. Ich selbst war Grobmotorikerin, war noch nicht einmal zu einem Hampelmann in der Lage.
Unsere Freundin nahm sich noch ein Ingwerplätzchen und verzog genüsslich den Mund. Dann sagte sie zu Sina: »Sag mal, findest du nicht auch, dass Henning in letzter Zeit irgendwie komisch drauf ist?«
Henning war einer von den Senioranwälten. Er hieß mit Nachnamen Thomas, was einige Leute verwirrte. Viele nannten ihn »Herr Henning«. Es gab Tage, da vergaß selbst Sina die richtige Reihenfolge, wenn sie am Empfang genügend Umschläge geöffnet hatte, auf denen es falsch geschrieben stand.
Er hatte einen guten Draht zur Partnerriege. Früher, als er noch Praktikant gewesen war, war es ihm gelungen, die Beratung eines Handelsunternehmens an Land zu ziehen und genoss seither einen Sonderstatus. Er war kein besonders sympathischer Typ.
Mit Sina war er immerzu unzufrieden. Manchmal war ihr Job durchaus stressig. Das Telefon stand nicht still, Termine wurden storniert, Konferenzräume waren einzudecken, Unterlagen auszudrucken. Das machten üblicherweise die Sekretärinnen, doch wenn es bei denen brannte, musste Sina mit ran. Dann ging schon mal das ein oder andere vergessen – für meine Begriffe völlig verständlich, für Henning Thomas ein größter anzunehmender Unfall.
Kurz vor Weihnachten hatte Sina eine Rundmail versenden sollen, mit der Vorgabe, die verschiedenen Adressaten auf keinen Fall für die anderen Empfänger sichtbar zu machen – sie vergaß es.
Und so wusste jeder vom anderen, dass er ebendiese Mail auch erhalten hatte, und Henning war außer sich. Nach Sinas Erzählungen war er kurz vorm Hyperventilieren gewesen. Dabei konnte sie ihren Fehler nun einmal nicht rückgängig machen. Eine wirklich dumme Sache.
Aber eigentlich – wenn man mich fragte – hatte er sich nur so fürchterlich darüber aufgeregt, weil er hatte vertuschen wollen, dass er nicht nur mit einer Partei für die Fusion eines Kunden in Verhandlungen stand, sondern mit mehreren. Und die hatten nun mal nichts voneinander wissen sollen.
Sina knabberte noch immer an dieser Geschichte. »Ja, er ist wirklich schlecht drauf«, beantwortete sie Johannas Frage und warf mir einen Blick zu.
Sie hatte nur mir davon erzählt, nicht Johanna. Weil es ihr so furchtbar peinlich gewesen war. Möglicherweise hatten die Buschtrommeln es bis zu Johanna getrommelt. Vielleicht war Johanna gekränkt, dass Sina sie nicht in das Dilemma eingeweiht hatte. Sie war zwar Sinas Freundin. Aber sie war auch die Sekretärin vom Chef.
Mir wäre dieser Job zu viel gewesen. Ich fand Backen, Häkeln und Tee verkaufen entspannend – meine Arbeit als Friseurin war viel stressiger gewesen. Wäre Katha nicht gewesen, hätte ich das Paradies auf Erden gehabt.
Johanna lehnte sich noch mehr ins Sofa zurück. Ihr honigblondes Haar floss über ihre Schultern. Sie sah aus wie eine kalifornische Schönheit, selbst im Winter.
»Mir geht er manchmal so richtig auf die Nerven«, murmelte sie. »Ständig hängt er bei mir im Vorzimmer rum und fragt nach Bachmann.«
Bachmann war besagter Chef.
»Henning verbreitet mit seinem ewigen Gemeckere schlechte Stimmung«, fuhr sie fort. »Ich hoffe nur, dass Bachmann sich nicht eines Tages davon anstecken lässt.«
Sie warf Sina einen bedeutungsvollen Blick zu, den diese ebenso wenig zu verstehen schien wie ich.
»Was meinst du damit?«, wollte Sina prompt wissen.
Johanna kam in eine sitzende Position. »Er mobbt.« Sie zählte an ihren Fingern auf: »Kemper, Alsfeld, Marx – alle hat er auf dem Kieker. Sie haben die letzten Fälle verloren und er schmiert es Bachmann aufs Brot, wo er nur kann.« Sie verzog angewidert das Gesicht. »Der ist so was von mies.«
Sie nahm noch ein Plätzchen aus der Dose und stopfte es sich in den Mund.
In der Tat. Was war dieser Henning Thomas nur für ein Idiot?
Sina schien ebenfalls irritiert. »Echt? Das hab ich ja gar nicht mitbekommen.«
Johanna nickte nachdrücklich. »Doch, doch.«
Kurz darauf warf sie einen Blick auf die Uhr. »Ach Gott, schon so spät? Ich mache mich mal auf die Socken.«
»Gehst du noch aus?«, fragte Sina. Freitagabends gingen wir manchmal alle zusammen ins Kino oder zum Italiener. Johanna ging ab und zu tanzen.
Sie schüttelte den Kopf. »Bin zu müde.«
»Müde? Du?« Sina grinste.
»Ab und zu kommt das vor«, sagte Johanna und band ihre Haare zu einem Knoten zusammen. Sie stand vom Sofa auf und reckte und räkelte sich, dann umarmte sie uns beide zum Abschied.
Keine Frage, was wir am Wochenende machen würden, keine Frage – und das war das Bemerkenswerteste – nach Nils. Sie fragte immer nach Nils.
Nachdem die Tür hinter Johanna ins Schloss gefallen war, knabberten Sina und ich ebenfalls ein bisschen Gebäck und resümierten darüber, was wir von Johannas Besuch halten sollten.
»Ich glaube, sie ist nur wegen deiner Plätzchen da gewesen«, fasste Sina meine Gedanken zusammen. Die Dose war halb leer. Am Wochenende würde ich Nachschub produzieren müssen. Ingwer schaben, Zitronen reiben und pressen, Teig kneten.
Und den Geruch in meiner Wohnung in mich inhalieren, wenn die Kekse im Ofen langsam ihre ockergelbe Farbe annahmen.
* * *
Ich verbrachte die Nacht bei Sina. Das war nichts Ungewöhnliches, ich hatte Bettzeug und eine Zahnbürste bei ihr in einer Kommode untergebracht, dazu Wechselwäsche – sie umgekehrt auch bei mir.
Wenn Not am Mann war, waren wir füreinander da. Als Kinder hatten wir zusammen in einem Bett geschlafen – nicht Arm in Arm, das wäre übertrieben gewesen, aber doch so, dass wir die Wärme der anderen spürten. Es hatte uns beide beruhigt, mich vielleicht noch mehr als sie.
Sina war schon immer robuster gewesen als ich. Während sie gern Krimis schaute, war ich schon bei deren Intro mit den Händen auf den Ohren davongelaufen und hatte mich mit meiner Strickliesel und meinen Büchern in unser Zimmer zurückgezogen.
Als wir älter wurden, entdeckten wir das Kochen und Backen für uns. Mama war berufstätig und abends oft müde, und so war es Sinas Job, uns etwas Leckeres zum Mittagessen zu zaubern.
Ich hingegen backte die Rezepte aus einem Kochkurs nach, den wir in der Schule besucht hatten. Unsere damalige Lehrerin hatte englische Wurzeln. Als wir zum Abschluss des Kurses eine English-Teatime zelebrierten, war es um mich geschehen.
Wenn Mama nachmittags von der Arbeit kam und sprachlos auf das blickte, was sich um uns herum angesammelt hatte, fühlten wir uns stolz und erwachsen. Vielleicht stellten Sina und ich so für uns die Geborgenheit her, die wir so dringend benötigten. Wenigstens etwas Normalität. Unsere Eltern konnten sie uns schon lange nicht mehr geben.
Ich bin oft gefragt worden, weshalb ich keine Bäckerlehre gemacht und stattdessen Friseurin gelernt hatte. Dazu kann ich nur sagen: Nicht jeder, der gerne strickt, eröffnet einen Wollladen. Oder nicht jeder, der gern Zumba tanzt, wie Johanna es tat, arbeitet in einem Fitnessstudio. Jemand, der mit großer Freude Skates fährt, heuert auch nicht beim Starlightexpress an.
Es gibt tausend Gründe, sein Hobby nicht zum Beruf zu machen.
Vor allem, weil es wunderbar ist, etwas aus Spaß zu tun, und nicht, weil man es muss.
Manchmal bietet das Leben große Herausforderungen: der erste Sprung vom Einmeterbrett. Der Biss in eine Chilischote. Ein Griff an den Elektrozaun. Oder die Entscheidung für eine riesengroße Blamage.
Mein Plan, Mr. Grant zu seiner Wohnung zu folgen, um zu wissen, wo er lebte und einen Blick auf die Klingelschilder zu werfen, in der Hoffnung, sein Name werde mich möglicherweise anspringen, bot zumindest große Chancen auf eine Bauchlandung.
Was, wenn er mich entdeckte? Wenn er mich für eine Stalkerin hielt?
So vor mich hin grübelnd öffnete ich am Montagmorgen die Tür zum Teelicht und legte meine Sachen ab. Ich hielt die kalten Finger an die Heizung im Verkaufsraum und presste meine eisigen Knie gegen das Metall.
Im Winter Röcke zu tragen, ist nicht immer gut für mein Wärmebedürfnis. Dabei war mir am Wochenende beim Backen so herrlich warm geworden. Währenddessen hatte ich ebenfalls kaum an etwas anderes als an meinen Plan denken können. Vielleicht sollte ich Mr. Grant doch einfach nach seinem Namen fragen?
Was wäre schon dabei, ihm nach einer kurzen Unterhaltung die Hand hinzustrecken und zu sagen: »Ich bin übrigens Milla.«
Und dann? Was würde dann geschehen? Sicher würde er mir seinen Namen ebenfalls nennen – doch wenn wir diese Formalität hinter uns gebracht hatten und ich endlich wusste, unter welchem Namen ich von ihm träumen durfte, was würden wir dann reden? Es hatte dann so etwas Offizielles, dass wir uns kannten. Möglicherweise schwiegen wir uns an, er würde flüchten und käme nie wieder.
Auch Katha schien am Wochenende ein paar Gedanken an unseren gemeinsamen Bekannten verschwendet zu haben.
Während ich die erste Kanne Probiertee für unsere Kunden zubereitete, kam sie herein. Ihr Gesicht war rosig von der Kälte, die blauen Augen leuchteten.
»Ich hab mir was überlegt«, sagte sie, als sie ihre Steppjacke über meinen Mantel an den Haken hängte.
Erwartungsvoll sah ich sie an.
Sie lehnte sich an den Verkaufstresen und hob den Zeigefinger. »Was würdest du tun, wenn du unbedingt herausfinden wolltest, wie ein Kunde heißt, er aber mit Bargeld bezahlt und du seinen Namen nicht auf seiner EC-Karte nachlesen kannst?«
