Glücksmedizin - Werner Bartens - E-Book

Glücksmedizin E-Book

Werner Bartens

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Beschreibung

Wann geht es uns gut? Wenn wir gesund sind, glücklich sind, uns in unserer Haut wohl fühlen. Doch was so einfach klingt, scheint so schwer zu finden. Werner Bartens zeigt, dass es meist keiner tiefen Einschnitte in die Lebensführung bedarf, um gesund und glücklich zu sein. Keine kargen Diäten, keine monatelangen Selbstfolterungen im Fitnessstudio, keine teuren Nahrungsergänzungsmittel. Oft reichen kleine Änderungen im Alltag, das regelmäßige Aufstehen aus dem Bürostuhl, genug Schlaf – und ein von Lust und Laune diktierter bunter Speisezettel. Wichtig vor allem ist es, sich nicht von den Einflüsterungen einer milliardenschweren Pharma-, Gesundheits- und Fitnessindustrie kirre machen zu lassen. Denn das hat die Wissenschaft in den letzten Jahren erforscht: Am gesündesten ist der Mensch bei leichtem Übergewicht. Alkohol in netter Gesellschaft macht glücklich und Ausdauersport verlängert das Leben – allerdings nur um die Zeit, die fürs Training draufgeht.

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Werner Bartens

Glücksmedizin

Was wirklich wirkt

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Inhaltsübersicht

EinleitungDas Leben ist keine ProblemzoneWer ständig vorbeugt, kann sich nie zurücklehnenDer innere Schweinehund – warum Änderungen so schwerfallenSchlechte Angewohnheit oder gute Lösung?15 unkomplizierte Tatsachen für ein entspanntes LebenErfolgsrezepte für den AlltagKleines Glück, langes LebenVom Nutzen der FamilieLob des HaustiersGehen gegen GedächtnisschwundMusik, die das Herz öffnetHilfreiche Bürogymnastik17 alltagstaugliche WohlfühltippsDer Spaß am EssenEssen, worauf man Lust hatEssen Sie nie mit Leuten, die immer übers Essen redenEssen Sie wie ein AllesfresserAhmen Sie keine fremden Essgewohnheiten nach11 lustvolle Tatsachen über sorgenfreie MahlzeitenDer Streit um jeden Tropfen – wie viel Alkohol darf’s sein?Ein Schluck fürs HerzMäßiger Alkohol – mäßiger BlutdruckAlkohol mit KöpfchenIm Wein liegt ZeugungskraftTäglich ein Gläschen statt Gelage am WochenendeDas Glas zu vielDer Preis des Rausches18 hochgeistige Tatsachen über AlkoholDie richtigen LebensmittelVermeiden Sie Nahrungsmittel, die sich als gesund anpreisenUngesundes Essen? Kommt drauf anDas Salz in der SuppeBrokkoli gegen Krebs? Glauben Sie nicht den Versprechen der IndustrieKeine Lust auf Fisch?Der Terror der Gesundesser – wie »Low-Fat«-Empfehlungen krank machenFit trotz Fett – Magerkost ist kein Garant für Gesundheit26 gesunde Tatsachen über gesunde Ernährung – Wohl bekomm’sAbnehmen, aber richtigNüchterne WahrheitenWie die Baumringe – jedes Jahr mehr auf den HüftenHalten Sie sich nicht an DiätpläneEntschlackung? Es gibt kein Abfluss-Frei für den KörperQuälen Sie sich nicht mit FastenkurenEntgiften – Raus mit dem Dreck16 schlanke Tatsachen über Diäten, Fasten, Entschlacken und EntgiftungDas passende Gewicht findenLeichtes Übergewicht müsste Idealgewicht heißenEin bisschen rund ist gesundVon fitten Dicken und schlappen SchlankenMollige leben längerDick und doof – wenn Vorurteile als Vorsorge kaschiert werdenSchlank und diszipliniert – die feinen Unterschiede18 pfundige Tatsachen über das passende GewichtVitamine als ZauberformelDer Irrglaube an die Heilkraft der VitamineLeiden an der ÜberdosisDer Unterschied zwischen Brausepulver und einem ApfelDie Legende vom Mangel15 prickelnde Tatsachen über VitaminzusätzeNo sports – oder turne bis zur Urne?Wie viel Bewegung darf’s denn sein?Höchstleistung mit dem richtigen Maß an ErregungDas Gedächtnis der KickerZu viel fürs Herz: wenn Sport und Sex zum Risiko werdenSpitzensport ist nicht gesundTod aus vollem Lauf20 sportliche Wahrheiten über BewegungGemeinsam stark werden und bleibenGute Freunde halten gesundGemeinsamkeit ist die beste MedizinDie Macht des Kollektivs16 freundschaftliche Wahrheiten über gute BeziehungenWie sich Männer und Frauen guttunMassieren und schweigenZusammen bleiben – und das vierte Jahr überstehenFreundlich streitenSich gut riechen könnenGute Figur füreinander machen16 Tatsachen über gesundes PaarverhaltenJa, es gibt noch Sex in der EheEin Traumpaar: unsicherer Mann und sichere FrauZueinander passenSex nach Plan?Lust und Leidenschaft17 prickelnde Wahrheiten über Sex in der EheÜberfordert im AlltagstrubelDer Mensch versteht sich in harten Zeiten kaum auf GelassenheitDie Pille für jede LebenslageWege aus der KriseErholung ist verdammt anstrengendWohlfühlen auf KnopfdruckWellness als ReligionsersatzProblemzonengymnastik für das fragile Ego28 Durchhalteparolen zum WohlfühlenErholsam schlafenDie Normierung des SchlafesKrank im SchlafKurze Nächte, dickes EndeWer wenig schläft, erkältet sich leichterRaus aus den Federn18 ausgeschlafene Tatsachen über gesunden SchlafWie gute Gefühle gesund machenDie Heilkraft der LiebeSchlechte Gefühle vermeidenGefühle, die unter die Haut gehenDer Glaube an die WirkungDie Größe zählt18 pudelwohle Wahrheiten über gute und gesunde GefühleStrategien gegen den SchmerzMit Phantasie gegen BauchwehBessere Laune, weniger LeidAngst macht Pein – die Erwartung bestimmt den SchmerzDen Schmerz im BlickBewegung gegen Schmerz11 lindernde Tatsachen gegen den SchmerzZufrieden alt werdenIn den besten Jahren: die Best AgerErfolgreich und altDie Männer holen aufJahrhundert-Babys – die Hälfte der heute Neugeborenen wird 100Durchhalten bis 110Die fitten GreiseInseln des ÜberlebensAlte Menschen leiden anders23 weise Tatsachen über ein langes LebenDer Kampf gegen die VergesslichkeitWenn Alzheimer drohtDie Suche nach der SchutzformelDer Vergesslichkeit vorbeugenDas Beamtenhirn – wenig im Kopf, erstaunliche Leistung15 erinnerungswerte Tatsachen gegen das VergessenSchonprogramm für die OrganeReden für den RückenGlück fürs Herz – wer optimistisch und zufrieden ist, bekommt seltener InfarkteDen Infarkt der Seele vermeiden13 Pflegehinweise für Ihre OrganeDankLiteraturverzeichnis
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Einleitung

»Eigentlich bin ich ganz anders,ich komme nur so selten dazu.«Ödön von Horvath

 

Zur Vorsorge gegangen. Trennkost gegessen. Beim Arzt zum Durchchecken vorbeigeschaut. Feldenkrais-Kurs gebucht. Wellness-Wochenende arrangiert. Das Atem-Seminar nachbereitet. Die Fastenkur vorbereitet. Laborwerte überprüft. Heilerde gekauft, dabei Osteopathie-Buch an der Kasse mitgenommen. Haus gegen Elektrosmog abgeschirmt. Nach dem Fitness-Studio auf dem Wochenmarkt eingekauft. Endlich wieder etwas für die Blutreinigung getan. Entschlackungstee getrunken. Darmsanierung beendet. Den Body-Mass-Index berechnet und dann mit der Frau lange über Diätpläne geredet.

Das Leben kann so anstrengend sein, besonders das gesunde Leben.

Dabei könnten die Menschen zufrieden sein. Haben Antibiotika, Schlüssellochoperationen und Hörgeräte erfunden, Pocken und Pest besiegt. Die vielen Schritte in der Therapie von Krebs, Diabetes und Depressionen sind beeindruckend, auch wenn der Durchbruch bei diesen Volksleiden noch aussteht. Die Menschen, zumindest die Menschen in den wohlhabenden Ländern, wurden noch nie so alt, und sie waren noch nie so gesund wie heute. Eigentlich. Denn zugleich haben sich noch nie so viele Menschen krank, ausgelaugt und überfordert gefühlt.

Der aus Indien stammende Harvard-Professor Amartya Sen, der 1998 den Wirtschaftsnobelpreis erhielt, hat gezeigt, dass sich US-Bürger weniger gesund fühlen als die Bewohner des ärmsten indischen Bundesstaates Bihar – obwohl Amerikaner ein Vielfaches für ihre Gesundheit aufwenden, deutlich mehr verdienen und die weitaus höhere Lebenserwartung haben.[1]

In anderen wohlhabenden Ländern ist das vermutlich nicht viel anders. Der Psychiater Klaus Dörner hat den grassierenden Diagnosewahn in Deutschland berechnet und ermittelt, dass allein an Angststörungen, Süchten, Demenzen, Depressionen, Panikattacken und Schizophrenie absurde 210 Prozent der Menschen leiden würden, wenn man nur die offiziellen Schätzungen dieser Psycho-Leiden addiert.[2] Eine groteske Vorstellung – auch wenn natürlich manche besonders mitleidenswerte Zeitgenossen von mehreren Störungen gleichzeitig betroffen sein könnten.

Viel zu viele Menschen fühlen sich unwohl in ihrer Haut. Nun ist Homo sapiens zwar das einzige Lebewesen, das sich freiwillig Schlaf entzieht, den Tag-Nacht-Rhythmus missachtet, sich mit Reizen überfordert und Kleidung trägt, die drückt oder Ekzeme aufblühen lässt. Das geht nicht spurlos an ihm vorbei, manche Menschen sehen tatsächlich chronisch überarbeitet und übersehen aus. Doch wer mit dem falschen Partner lebt, im Beruf kreuzunglücklich ist und vor Angst kaum geradeaus laufen kann, dem hilft weder Sanddornsaft noch Kieser-Training weiter und auch nicht die große Darmreinigung.

Immer soll man an sich arbeiten, die Blutwerte verbessern, den Ruhepuls senken, die Atemtechnik vertiefen. Immer muss man etwas für seine Gesundheit tun oder zumindest verhindern, dass sie sich verschlechtert. Der Imperativ zur permanenten Vorsorge ist zur Maxime des bewussten und informierten Mittelmenschen geworden. Gesund ist das alles nicht. Dabei geht es auch anders. In diesem Buch ist zusammengetragen, was hilft, was gesund ist und gesünder machen kann, ohne dass alles anders werden muss.

Leichtes Übergewicht ist beispielsweise gesünder als das ach so vielgepriesene Idealgewicht. Das lässt sich belegen, die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien sind hier ziemlich eindeutig. Gesunde Ernährung? Gesund ist, vereinfacht gesagt, was schmeckt und worauf man Lust hat. Eine gute Mischung ist einer der hilfreichsten Ernährungsratgeber. Bisher ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen, dass Obst und Gemüse oder Vollkornprodukte das Leben verlängern oder vor schweren Krankheiten wie Krebs schützen.

In diesem Buch finden Sie, was gesund ist und hilft – und was krank machen kann. Ob es nützlich ist oder schadet, ist bei vielen Dingen und so auch beim Alkohol und beim Sport eine Frage der Dosis und der Häufigkeit. Zu wenig Alkohol kann manchmal entscheidende Nachteile im Leben haben – genauso wie zu viel Sport.

Es gibt viele kleine nützliche Hinweise darauf, wie Sie mit Stress besser umgehen können und widerstandsfähiger gegenüber Widrigkeiten des Alltags werden. Das gilt für das Berufsleben wie für die Partnerschaft und die Freizeit. Entspannung, guter Schlaf und Ausgeglichenheit sind möglich, auch wenn man sich nicht entschließen möchte, der Welt den Rücken zu kehren und für die nächsten Jahre in einem Zen-Kloster im nepalesischen Hochland unterzutauchen. Und es gibt Hoffnung: Auch Männer und Frauen können sich verstehen, miteinander auskommen und mit Freude Sex haben, obwohl sie schon jahrelang zusammen sind. Es geht – und es ist gar nicht so schwer.

Die Hinweise, Erklärungen und Empfehlungen in diesem Buch beruhen nicht auf einer zusammengeschusterten Privatlehre. Ich habe mir keine neue Heilmethode ausgedacht und mit asiatischen Weisheiten und esoterischem Hokuspokus zu einer neuen Behandlung zusammengerührt. Ich berufe mich vielmehr auf das, was wissenschaftlich erforscht, belegt und bewiesen ist und sich in Fachbüchern und Fachartikeln verstreut finden – und daher auch nachweisen und nachlesen lässt. Ich habe deshalb für Interessierte etliche Anmerkungen und ein Literaturverzeichnis beigefügt. Es geht nicht um die Verkündigungen selbsternannter Gurus oder die Versprechungen der Pharmaindustrie und anderer vermeintlicher Gesundheitshersteller, sondern um das, was tatsächlich wirken und helfen kann – und oft einfach und praktisch und billig ist.

 

PS: Was sind Ihre Erfahrungen? Welche Methoden und Verhaltensweisen helfen Ihnen am besten? Bitte schreiben Sie mir unter [email protected]

 

Werner Bartens

Mai 2011

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Das Leben ist keine Problemzone

Fast die Hälfte der Menschen, die zum Arzt gehen, leidet an funktionellen Störungen. Oder an idiopathischen Erkrankungen. Oder an essenziellen Symptomen. Alle diese Begriffe umschreiben die Verlegenheit der Ärzte, die gleich sagen könnten: Wir wissen auch nicht, woher es kommt. Das Herz stolpert, der Kopf schwirrt, der Magen drückt und dieser Ganzkörperschmerz! Die Menschen haben zweifellos Symptome. Sie leiden, aber ein organischer Grund ist nicht zu finden.[3] Mediziner wissen, dass sich Seelennot oft körperlich ausdrückt. Doch nur wenige Ärzte entwirren das Geflecht aus miesen Beziehungen und frustrierendem Alltag.[4] Sechs Jahre dauert es im Mittel, bis Patienten in der Psychosomatik oder bei anderen verständigen Ärzten die Hilfe finden, die sie brauchen.

Vorher haben sie viele Untersuchungen überlebt. Ihre Organe sind vermessen und ausgeleuchtet. Immer wird etwas gefunden. Es gibt keine Gesunden, nur Menschen, die nicht gründlich genug untersucht worden sind. Dieses Motto ist nicht zynisch, sondern ein Grundpfeiler unseres Gesundheitswesens. Das Motto kennt jeder Arzt, mancher macht es sogar zu seiner Geschäftsidee. In der Neurologie kennt man längst die UBOs – Unidentified Bright Objects. Das sind unklare Aufhellungen im Kernspinbild des Gehirns. Sie haben fast nie krankhafte Bedeutung, rechtfertigen aber den baldigen Kontrolltermin.

Der Gesundheitsmarkt profitiert von einer Dreifaltigkeit der Bedürfnisse: Einer therapiesüchtigen Gesellschaft bietet eine boomende Befindlichkeitsindustrie Leiden und Leidensablass für jede Lebenslage. Geschäftstüchtige Ärzte helfen, Lebensläufe von der Wiege bis zur Bahre zu pathologisieren und die Menschen krank zu reden. Diagnosen sind für alle da. Was früher als normal galt, wird von der Medizin nun für kontroll- und behandlungsbedürftig erklärt:

 

Der Kopf des Fötus ist zu groß.

Das wird eine Risikoschwangerschaft.

Wollen Sie den Stillkurs besuchen?

Wir beraten Eltern mit Schreikindern.

Kennen Sie den Kinderarzt mit Spezialgebiet »Ein- und Durchschlafstörungen«?

Lernt er noch oder hat er schon ADHS?

Ist es Sozialphobie, Multiple Persönlichkeit oder Asperger, eine milde Form von Autismus?

Schon auf Prä-Diabetes getestet oder stummen Bluthochdruck?

Ihre Tumormarker sind erhöht.

Neu: Die Wechseljahre jetzt auch als Krankheit für den Mann. Noch zu wenig nachgefragt: die Glatze für die Frau.

 

Den Sex nicht zu vergessen. Sie hat zu wenig Lust? Gegen die Hypoactive Sexual Desire Disorder der Frau helfen keine Pillen und keine kalten Umschläge. Aber das Leiden ist benannt und in den Reigen der überflüssigen Krankheiten eingemeindet.[5]

Wer ständig vorbeugt, kann sich nie zurücklehnen

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Es sind nicht nur Ärzte, die Menschen krank reden und mit teils gefährlicher Diagnostik und Therapie krank machen. Patienten machen auch viel zu oft viel zu viel Gewese und haben zu hohe Ansprüche. Schmerzt das Knie beim Sport, rennen gesunde Menschen zur Arthroskopie, und diese Spiegelung ist oft ebenso überflüssig wie riskant. Fünfzigjährige lassen sich eine neue Hüfte einpflanzen, weil sie Marathon laufen wollen. Kein chirurgischer Eingriff hat einen solchen Boom und Imagewandel hinter sich wie die einst als Greisen-OP verhöhnte Erneuerung des Oberschenkelkopfes. Der Körper funktioniert aber nicht wie eine Maschine, bei der ein Ersatzteil alte Fähigkeiten wiederherstellt.

Die süße Sorge um das Selbst und ein unaufhaltsamer Vorsorgewahn führen dazu, dass Vorbeugung auch die Lebensbereiche erfasst, die von der Medizin noch nicht vereinnahmt wurden. Dabei ist Gesundheit wie Liebe und Glück vor allem ein Zustand der Selbstvergessenheit.[6] Wird er ständig in Frage gestellt, ist er weg. Entspannend ist das nicht. Anders gesagt: Wer permanent vorbeugt, kann sich nie zurücklehnen.

Und so hetzen sich die Menschen auf der Suche nach innerer Ruhe auch in der Freizeit ab. Kein Tier treibt Sport. Millionen Hobbysportler setzen sich hingegen diversen Risiken aus. Bewegung ist die natürlichste Sache der Welt, doch sogar diejenigen, die regelmäßig Sport treiben, verhalten sich oft unvernünftig. Sportärzte haben ermittelt, dass 60 Prozent der Hobbyläufer zu schnell rennen. Weil sie nicht genügend oft zum Joggen kommen, spornen sie sich zu Exzessen an: Wer Sport übertreibt, bringt sich jedoch um den Trainingseffekt und riskiert schnellen Verschleiß, chronische Erschöpfung und Schäden am Herzen.

Dabei ist unbestritten, dass Ausdauersport die Gesundheit fördern und das Leben verlängern kann – allerdings nur, wenn er richtig und regelmäßig betrieben wird. Bis zu acht Jahre Lebenszeit können durch maßvolles Laufen, Schwimmen oder Radfahren gewonnen werden, wenn man es immer wieder tut. Man sollte den Sport allerdings wirklich mögen, denn die zusätzliche Lebenszeit geht für das Training drauf.

Nicht jeder kann Risiken so nüchtern abwägen wie Niklas Luhmann. »Man jagt sich Tag für Tag durch den Wald, um gesund zu bleiben, und stürzt schließlich mit dem Flugzeug ab«, schrieb der Soziologe in seiner, nun ja, »Soziologie des Risikos«.[7] Es geht gar nicht um nüchterne Abwägung, sondern um Glauben. Die Kirchen sind leer, die Wartezimmer voll. Längst ist Arbeit am Wohlbefinden zum Religionsersatz geworden. Unklar ist, ob Fitness-Center oder Ambulanzen als Kathedralen der Moderne dienen. Crosstrainer, Blutgruppen-Diät und Power-Fasten sind auf jeden Fall ziemlich geeignete Trimm-dich-Stationen auf dem Vorsorgeparcours zwischen Himmel und Hölle.

Auch das Körpergewicht wird längst als Fetisch verehrt. Mit Rationalität hat das nichts mehr zu tun. Dabei ist die Botschaft von Ärzten und Wissenschaftlern in den letzten Jahren eindeutig: Menschen mit leichtem bis mittlerem Übergewicht leben länger und werden seltener krank als ihre dürren Zeitgenossen.[8] Leichtes Übergewicht ist aus medizinischer Sicht sogar ideal. Daher sollte man es in Idealgewicht umbenennen oder den irritierenden Begriff – ebenso wie Normalgewicht – endlich streichen.

Doch trotz fehlender wissenschaftlicher Beweise werden Gefahren durch erhöhtes Gewicht von Laien wie Ärzten immer wieder beschworen. Eine gigantische Diät- und Lebensmittelindustrie lebt davon, Menschen ein schlechtes Gewissen und vielfältige Gesundheitsgefahren einzureden. Dabei ist die Sterblichkeit eher bei Untergewicht und starker Fettleibigkeit erhöht. Unter leicht bis mäßig Übergewichtigen gibt es hingegen sogar weniger Todesfälle als unter Normalgewichtigen. Etwas mollige Menschen erholen sich schneller von Operationen und sind wenig anfällig für Infektionen.

Verdienstvoll wäre es auch, den Glauben an das ehrenwerte Gewerbe der Installateure und Kanalarbeiter zu untersuchen. Millionen Euro werden jährlich mit Tees, Säften und Pulvern zur Entschlackung verdient. Mittel zur Darm- und Gefäßreinigung sind Bestseller. Nun hat der Hang zur Sauberkeit schon viel Unheil in Deutschland angerichtet. Im Körper wäre er gefährlich, manchmal gar tödlich.[9] Es gibt, außer in der Erzverhüttung, keine Schlacken – niemand hat sie je gesehen oder anderweitig dingfest gemacht. Den Darm zu reinigen wäre sogar gefährlich, weil Milliarden Bakterien die Verdauung regeln und wir ohne sie nicht leben könnten. Man kann Adern und Gekröse auch nicht durchpusten wie ein verstopftes Abflussrohr. So simpel ist das nicht. Auch das Gerede von der Übersäuerung ist Quatsch. Unsere Zellen und Organe schnurren bei ziemlich konstantem pH-Wert vor sich hin. Da muss nichts basisch abgepuffert werden. Einzig die Beutelschneiderei kann einen sauer machen.

Was hilft? Jedenfalls helfen nicht Regalmeter an Ratgeberliteratur, sondern genug Schlaf und Ruhepausen, erfreuliche Beziehungen und ein Job, der zufrieden macht. Bewegung nach Lust und Laune. Und immer alles durcheinander essen. Das ist wahrscheinlich zu bekannt und zu banal, so dass jeder selbsternannte »Mister Gesundheit« mit den abstrusesten Ernährungs- und Lebensempfehlungen neuen Rat anbieten kann. Besser wäre: Leute, lasst das, macht euch nicht verrückt – sondern entspannt euch.

Wer nicht zum Arzt will, für den gibt es Vorsorge in Pillenform. Man muss sich nur die überteuerten Vitamin- und Nährstoffkartons in der Apotheke anschauen. 50 Euro für die Dreißiger-Packung »Granulat« mit Zitrusnote. Granulat ist gut. Wahrscheinlich könnte man auch sauberen Straßenbelag klein reiben und mit Fruchtaroma versetzen, denn ein medizinischer Nutzen der Tabletten, Pulver und Säfte ist nicht erwiesen. Aber jedes Zivilisationsopfer wird sich von der Packungsbeilage angesprochen fühlen – zur diätetischen Behandlung bei chronischer Erschöpfung, Burn-out und stressbedingten Erkrankungen mit metabolischer Störung, steht darauf. Diät ist immer gut, chronisch erschöpft sind wir alle. Und wer fühlt sich nicht irgendwie metabolisch gestört?

Als durchschnittlich ernährter Mitteleuropäer braucht man so etwas nicht. Gesunden hat es in Studien nie genutzt, Vitaminpräparate einzunehmen. Wir sind in Europa mit Vitaminen und Mineralien so überversorgt, dass Ärzte schon Hypervitaminosen beschreiben – Leiden an der Überdosis. Betacarotin erhöht bei Rauchern das Krebsrisiko.[10] Zu viel Vitamin A kann zu Gelbsucht führen, zu viel Vitamin B6 zu Nervenstörungen. Zu viel Vitamin C zu Nierensteinen und Durchfall. Übersichtsstudien haben ergeben, dass Präparate mit Betacarotin, Vitamin A und E nicht nur nichts nützen, sondern das Leben sogar verkürzen können.[11]

Ähnlich wie Entschlackungsfreunde eine Art Abfluss-Frei für den Körper feiern, glauben Freunde der Vitaminzusätze an die allein seligmachende Substanz zur Gesundung.[12] Dabei enthält ein Apfel mehr als tausend Substanzen, man kennt erst ungefähr die Hälfte davon. Das Vitamin ist aber nur ein einziger Stoff, in einem Multivitaminpräparat sind vielleicht ein Dutzend Stoffe enthalten. Der Körper braucht jedoch das Zusammenspiel aller Substanzen, damit ein Apfel zur sinnvollen Ernährung wird. Deswegen passen Obst und Gemüse auch ganz gut auf jeden Speiseplan, Ergänzungspräparate haben dort hingegen nichts zu suchen.

Hartnäckig hält sich auch die Mär, dass unsere Lebensmittel immer weniger Nährstoffe und Vitamine enthalten. Weil angeblich die Böden ausgelaugt und die neuen Züchtungen weniger gehaltvoll sind. Alles gelogen, alles erfunden. Die moderne Nahrungsmittelproduktion führt im Gegenteil dazu, dass Lebensmittel sogar zu viele Vitamine mit sich führen. Sie dienen nämlich als Konservierungsmittel. Seit Jahren nimmt jeder Deutsche mehr Vitamin C auf, als die Fachverbände empfehlen.

Hoffentlich fühlen sich die Menschen wenigstens besser – wenn es schon keinen medizinischen Nutzen für ihr Treiben gibt. Immerhin bleibt die gute Botschaft: Wer sein Wohlbefinden zu verbessern versucht, lebt zwar nicht länger, stirbt aber gesünder.

Der innere Schweinehund – warum Änderungen so schwerfallen

Das Leben ist ein einziger Wunschzettel. Die meisten Wünsche wollen wir allerdings von uns selbst erfüllt bekommen, nicht von anderen. Nicht nur zu Silvester und im Januar, wenn die »Brigitte«-Diät und andere Schlankheitskuren angepriesen werden, boomt der Selbstverbesserungswahn. Das ganze Jahr über soll alles anders und vor allem besser werden. Nicht irgendwann, sondern sofort. Nicht in einem langwierigen Programm, sondern mit Instantlösungen als Rundumsorglospaket. Am besten all-inclusive nach dem Motto: Gesund und glücklich aus der Dose. Der Wendepunkt, endlich. Schluss mit den schlechten Angewohnheiten und Marotten. Dass dies nicht gleich und vor allem nicht umfassend und meistens überhaupt nicht funktioniert, ahnen zwar viele Menschen – ihrem Wunsch nach Rundumerneuerung tut dies aber kaum einen Abbruch.

Eine gigantische Industrie lebt davon, dass wir immer wieder dieselben Wünsche und Ansprüche erheben – und daran immer wieder scheitern und es immer wieder von neuem versuchen. Diätratgeber und Anbieter von Schlankheitskuren versprechen die Traumfigur. Dem Anspruch, sich gesund zu ernähren, verdanken die Hersteller von Vitamin- und Ergänzungspräparaten allein in Deutschland jährlich Milliardenumsätze. Menschen engagieren Personal Trainer für 150 Euro in der Stunde, weil es ihnen alleine nicht gelingt, den inneren Schweinehund zu überlisten und endlich in die Schweinehundehütte zu sperren, um sich zu regelmäßiger Bewegung zu motivieren. Neben Hypothekendarlehen wird kaum eine finanzielle Verpflichtung so langfristig eingegangen wie die Mitgliedschaft in Fitness-Studios.

Dabei muss man gar kein anderer Mensch werden, um ein anderer Mensch zu werden. Es ist nicht nötig, seine Diät nach Blutgruppen oder Mondphasen auszurichten, Alkohol komplett zu vermeiden, zweimal jährlich eine Fastenkur anzutreten, in einem halben Jahr 25 Kilo abnehmen zu wollen und viermal in der Woche morgens um sechs zu einem Halbmarathon aufzubrechen. Das schafft sowieso keiner. Diese Ziele sind zu groß, zu gewaltig und daher unerreichbar.

Bei solchen Vorsätzen ist Frustration programmiert, da man höchstwahrscheinlich nicht mal in die Nähe des Gelingens kommt. Meditationsseminare und Schweigewochen im Kloster mögen manchen Menschen zwar einen wichtigen Impuls geben, um zu erkennen, was ihnen wirklich wichtig ist. Man kann seine Ruhe-Oase jedoch auch finden, ohne mit einsilbigen Tibetern oder Franziskanermönchen die Matte zu teilen und sich wochenlang nichts als Früchtetee und ein paar Krumen Trockenbrot einzuverleiben.

Viele Appelle zur Lebensänderung setzen bei einer kompletten Lebensänderung an. Es ist wie im Räumungsverkauf: Alles neu, alles muss raus. Diese Devise mag für Teppichlager oder Bekleidungsgeschäfte gelten, die nicht mehr den Geschmack treffen – aber nicht für Menschen. Alles ändern zu wollen ist erstens Quatsch, und zweitens klappt es in den wenigsten Fällen. Und auf Dauer schon mal gar nicht.[13] Von den vielen guten Vorsätzen, die immerhin mehr als die Hälfte der Menschen zu Silvester fassen, werden nur etwa acht Prozent umgesetzt. 80 Prozent der Menschen scheitern daran, nur einen einzigen guten Vorsatz in die Tat umzusetzen. 23 Prozent gaben sogar schon in der ersten Woche auf. Auch in der Not gelingt der Verhaltensumschwung selten: Sogar nach einem Herzinfarkt behalten 90 Prozent der Patienten ihren bisherigen Lebenswandel bei – trotz vielfältiger Beschwörungen, ab sofort alles anders zu machen, und mahnender Appelle der Ärzte.

Es ist völlig egal, auf welche Weise den Menschen nahegebracht wird, ihr Verhalten zu ändern. Dies gilt auch, wenn nicht der Arzt sie ermahnt, sondern sie am heimischen Computer mit der Auswertung eines Gentests eröffnet bekommen, dass ihr Risiko für Infarkt, Diabetes, Alzheimer oder Krebs erhöht ist. Sogar wenn sie mit einer kleinen Änderung der Lebensgewohnheiten das Risiko senken könnten, führt dies nicht dazu, dass die Menschen ihren Alltag umwerfen und mehr Sport treiben, sich bewusster ernähren oder ihren Stress reduzieren.[14]

Der Mensch ist zudem ein Meister der Ausreden. Irgendetwas kommt immer dazwischen. Joggen? Noch zu kalt, schon zu heiß, zu spät am Abend, zu früh nach dem Essen und in dieser Mittagshitze! Zu erschöpft nach der Arbeit, noch nicht munter genug am Morgen. Die falschen Schuhe. Die falsche Kleidung. Und erst die Hunde unterwegs![15]

Abnehmen? Ab morgen. Man muss sich ja nicht gleich alles versagen. Und langsam anfangen. Es gibt auch Diätformen, bei denen fast alles erlaubt ist. Erst im Sommer beginnen, dann kann man sich parallel zur Diät auch mehr bewegen; das bringt dann mehr. Und außerdem gilt: Ich brauche einfach die kleinen Leckereien zwischendurch, sonst ist man ja kein Mensch mehr.

Dabei muss man gar nicht alles ändern. Vieles ist schon richtig, so wie Sie es machen. Schließlich sind wir alle und auch Sie persönlich ein Erfolgsprodukt der Evolution. Es gibt die Menschen schon ziemlich lange, und auch Sie leben schon eine ganze Weile auf dieser Erde vor sich hin. Es kann also nicht alles falsch gewesen sein, was Sie bisher so getan und gelassen haben. Und da alle Veränderungen so schwerfallen, lohnt es, sich die bisherigen Erfolgsrezepte etwas genauer anzuschauen. Häufig taugen sie nämlich etwas.

Schlechte Angewohnheit oder gute Lösung?

Es gibt alltägliche Gewohnheiten und kleine Korrekturen im Alltag, die bereits zu einer erstaunlichen Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens führen. Manche davon werden Sie wahrscheinlich kennen und immer wieder einsetzen, ohne davon zu wissen oder sich bewusstzumachen, wie hilfreich sie sind. Andere Gewohnheiten oder Alltagsrituale mögen Sie für unwichtig, nebensächlich oder gar schädlich halten. Doch auch hier gibt es überraschende Befunde aus der medizinischen und psychologischen Forschung, die Sie für sich nutzen können. Manchmal sind die vermeintlich schlechten Angewohnheiten in Wirklichkeit gute Lösungen.

Oder sie bieten zumindest Erste Hilfe. Schokolade ist eben manchmal tatsächlich die Erste Hilfe gegen Stress und Ärger und wird dann zu einer sinnvollen und befriedigenden Belohnung für die Erniedrigungen des Alltags. Erstaunlicherweise nehmen Menschen, die zu einer depressiven Verstimmung neigen, mehr Schokolade zu sich als andere.[16] Wahrscheinlich aus Gründen der Vorbeugung oder um bei den ersten Anzeichen mit der Therapie zu beginnen.

Ein Glas Wein beruhigt in bestimmten Momenten tatsächlich – und damit ist nicht der narkotisierende Effekt gemeint, der sich mit höherer Dosis einstellt. Eine Stunde vor dem Fernsehapparat zu sitzen dämpft die Aufregung womöglich, auch wenn das in vielen Kreisen als verwerflich gilt. Eine Vollkornschnitte oder ein verbissener Lauf durch den Stadtpark wären wahrscheinlich politisch korrekter, aber das hätte wohl nicht denselben positiven Effekt, damit würde nur das schlechte Gewissen beruhigt.

Was wann am besten hilft, ist Erfahrungssache. Man muss es für sich ausprobieren, erkennen, es zur Gewohnheit machen und – ganz wichtig – sich dabei trotzdem mögen. Oder gerade deswegen. Weil man sich etwas gönnt und gut zu sich ist, ohne sich sofort an den Marterpfahl seines schlechten Gewissens zu stellen. Stattdessen verachten sich viele Menschen für ihren Wankelmut, wenn sie mal wieder ihre Meditationsübungen nicht eingehalten, sich vor dem Sport gedrückt, zu viel getrunken oder beim Essen hemmungslos zugeschlagen haben.

Tätigkeiten, die Sie bisher kaum mit Ihrer Gesundheit in Verbindung gebracht haben, können ebenfalls segensreich wirken. Wer sich beispielsweise um einen Hund oder eine Katze kümmert, bekommt statistisch gesehen später und seltener einen Herzinfarkt als jene Menschen, die allein sind und kein Haustier haben. Dazu muss man mit dem Hund keinen Dauerlauf machen, sondern einfach regelmäßig für ihn da sein. Sogar ein paar Topfpflanzen in der Wohnung verlängern das Leben, weil die regelmäßige Aufgabe, sie zu gießen, das Herz erfreut und auf diese Weise dazu beiträgt, Herz und Adern zu schonen.[17]

Eine gigantische Industrie lebt davon, Menschen ein schlechtes Gewissen zu machen und ihnen einzureden, sie führten ein falsches Leben. Pharmafirmen verkaufen Schlaftabletten, Beruhigungsmittel, Stimmungsdämpfer und Appetitzügler. Psychotherapeuten geben Hilfestellung, wenn Menschen endlich so sein wollen, wie sie sind. Kein Besuch in der Apotheke, ohne ein Dutzend Gesundheitshefte aufgezwungen zu bekommen, die vom Weg zum besseren Leben künden.

Verspannt, erschöpft, überfordert und zu wenig geliebt – und das bei schlechten Eisenwerten. Overworked and underfucked. So sehen sich viele Deutsche, füllen ihre Mineralienspeicher auf und denken, dass sich mit der Selen-Tablette und dem Wellness-Wochenende tatsächlich auf einmal das lang ersehnte Wohlbefinden einstellt und sie ein anderer Mensch werden. Dabei müssen sie gar kein anderer Mensch werden.

15 unkomplizierte Tatsachen für ein entspanntes Leben

Wer permanent vorbeugt, kann sich nie zurücklehnen.

Alles ändern zu wollen bringt nichts. Es klappt in den seltensten Fällen, große Ziele zu erreichen, und das demotiviert dann umso mehr. Es ist viel erfolgversprechender, mit kleinen Änderungen anzufangen – wenn man denn etwas ändern will.

Leichtes Übergewicht ist gesünder als Idealgewicht – warum das so ist, erfahren Sie später.

Die Sterblichkeit ist bei Untergewicht und starker Fettleibigkeit erhöht. Unter leicht bis mäßig Übergewichtigen gibt es sogar weniger Tote als unter Normalgewichtigen.

Mollige erholen sich schneller von Operationen und sind wenig anfällig für Infektionen.

60 Prozent der Hobbyläufer rennen zu schnell. Damit bringen sie sich um den Trainingseffekt und riskieren Schäden an Herz, Knochen und Gelenken.

Bis zu acht Jahre Lebenszeit können durch maßvollen Ausdauersport gewonnen werden. Die zusätzliche Lebenszeit geht allerdings für das Training drauf.

Arbeit am Wohlbefinden ist zum Religionsersatz geworden. Es lohnt sich, an andere Dinge zu glauben.

Es gibt – außer in der Erzverhüttung – keine Schlacken. Den Darm zu reinigen wäre gefährlich, weil Milliarden Bakterien die Verdauung regeln und wir ohne sie nicht leben könnten. Man kann Adern und Gekröse auch nicht durchpusten wie ein verstopftes Abflussrohr.

Auch das Gerede von der Übersäuerung ist Quatsch. Unsere Zellen und Organe schnurren bei ziemlich konstantem pH-Wert vor sich hin. Da muss nichts basisch abgepuffert werden.

Ein medizinischer Nutzen von Vitaminzusätzen ist nicht erwiesen, der Schaden kann überwiegen. Wir sind in Europa mit Vitaminen und Mineralien so überversorgt, dass Ärzte Hypervitaminosen beschreiben. Präparate mit Betacarotin, Vitamin A und E nützen nichts, sie können sogar das Leben verkürzen. Das Vitamin ist nur ein einziger Stoff, in einem Multivitaminpräparat sind höchstens ein Dutzend Stoffe enthalten. Ein Apfel hat mehr als tausend Inhaltsstoffe, bisher sind nicht mal die Hälfte bekannt. Der Körper braucht das Zusammenspiel aller Substanzen, damit ein Apfel zur sinnvollen Ernährung wird. Deswegen passen Obst und Gemüse auf jeden Speiseplan, Ergänzungspräparate hingegen nicht.

Die moderne Nahrungsmittelproduktion führt dazu, dass Lebensmittel zu viele Vitamine mit sich führen. Sie dienen als Konservierungsmittel. Seit Jahren nimmt jeder Deutsche mehr Vitamin C auf, als Fachverbände empfehlen.

Gesunde Ernährung? Gesund ist, was schmeckt und worauf man Lust hat. Eine gute Mischung ist der hilfreichste Ernährungsratgeber. Bisher ist wissenschaftlich nicht erwiesen, dass Obst, Gemüse oder Vollkornprodukte das Leben verlängern oder vor schweren Krankheiten wie Krebs schützen.

Wer sich um Hund oder Katze kümmert, bekommt später einen Herzinfarkt als jene Menschen, die alleine sind und kein Haustier haben.

Topfpflanzen in der Wohnung verlängern das Leben, weil die regelmäßige Aufgabe, sie zu gießen, Herz und Adern schont.

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Erfolgsrezepte für den Alltag

Es gibt viele Gewohnheiten, die einen größeren gesundheitlichen Nutzen haben, als gemeinhin vermutet wird. Dass regelmäßige Spaziergänge und Gartenarbeit sich positiv auf Körper und Geist auswirken, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Betätigung an frischer Luft kräftigt den Organismus, gleichzeitig wird die Seele ausgelüftet. Beides geschieht gleichsam nebenbei, ohne besondere Vorsätze für gesundheitliches Verhalten.

Es gibt kein allgemeingültiges Verhalten, welches dazu führt, dass man sich besser fühlt oder gar gesünder und glücklicher wird. Es gibt allenfalls individuelle Rezepte. Jeder muss für sich erkennen, herausfinden und ausprobieren, was ihm guttut. Dafür ist es allerdings notwendig, besser auf sich zu hören, um zu spüren, was Körper und Seele gerade brauchen können. Nicht jeder weiß, was er tun muss, um sich besser zu fühlen.

Viele Erwachsene haben diese Fähigkeit verloren und können nicht auf ebenso eingeübte wie hilfreiche Mechanismen zurückgreifen, wenn sie unzufrieden, unruhig oder nervös sind. Wenn sie Stress haben, erschöpft und überanstrengt sind, stopfen sie einfach Pizza oder andere rasch verfügbare Nahrung in sich hinein. In der schnellen Gier nach Bedürfnisbefriedigung wird alles hineingeschaufelt, was man kriegen kann.

Bloß welches Bedürfnis wird hier befriedigt? Der Mensch spürt zwar: Ich bin bedürftig – aber er erkennt nicht immer, wonach. Womöglich ist das Bedürfnis gerade ein bisschen Ruhe, Ablenkung, ein Gespräch mit anderen Leuten als den üblichen Arbeitskollegen, vielleicht ein Spaziergang allein. Viele Menschen spüren in solchen Momenten der Überlastung aber nicht, was sie eigentlich wollen und was ihnen guttun würde. Deswegen essen sie, obwohl sie jetzt eigentlich lieber eine Joggingrunde drehen, auf einer Bank ziellos ihren Gedanken nachhängen oder einfach nur Spaß haben würden. Das diffuse Körpersignal »Ich brauche« wird fehlgedeutet – der Körper bekommt zwar etwas, doch da nicht das eigentliche Bedürfnis befriedigt wird, ist der Mensch auch nicht zufriedener, sondern immer weiter darauf aus, Befriedigung zu erlangen.

Wer etwas für sich tun will, sollte daher zunächst erkennen, wie es ihm gerade geht und was ihn belastet – wahrscheinlich stehen eher Erschöpfung und Überarbeitung im Vordergrund und nicht der Hunger. Anschließend käme es darauf an, die eigentlichen Bedürfnisse zu erkennen und zu befriedigen, sofern das möglich ist. Hat man sich gut um sich gekümmert, merkt man, wie sich Entspannung einstellt, beispielsweise während man es sich gedankenverloren auf einer Parkbank gemütlich macht.

Sich für etwas zu engagieren, an etwas zu glauben tut ebenfalls gut. Es verschafft bessere Stimmung und vielleicht sogar Begeisterung – beides wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus. Zudem wird der Blutdruck mittelfristig gesenkt. Wofür man sich einsetzt und woran man glaubt, ist offenbar nicht so entscheidend. Eine Untersuchung von Harvard-Medizinern an fast 1200 Senioren zeigte, dass der regelmäßige Gottesdienstbesuch dazu beiträgt, befreiter atmen zu können.[18] Bei den Kirchenbesuchern verschlechterte sich die Lungenfunktion mit den Jahren deutlich geringer als bei jenen Altersgenossen, die weniger religiöse Bindungen hatten.

Kleines Glück, langes Leben

Es klingt immer so blöd nach der rosaroten Brille, die sich alle aufsetzen müssen. Wer über Glück schreibt und es erforscht, setzt sich schnell dem Verdacht aus, ein oberflächlicher Gute-Laune-Onkel zu sein. Die Wissenschaft hat auch lange einen Bogen um alltagsnahe Themen wie Glück, Zufriedenheit und Wohlbefinden gemacht und erst in den vergangenen fünf bis zehn Jahren angefangen, diese Phänomene genauer zu untersuchen. Die Ergebnisse sind jedoch ebenso überraschend wie deutlich: Wer glücklich ist, lebt nicht nur zufriedener, sondern auch gesünder und länger.[19]

Klare Hinweise auf diesen Zusammenhang hat bereits die sogenannte Nonnen-Studie 2001 ergeben.[20] Forscher hatten die Tagebuchaufzeichnungen von 180 Nonnen ausgewertet, die mit Anfang zwanzig ins Kloster eintraten. Die katholischen Ordensfrauen wurden sehr alt – zwischen 70 und 95 Jahre. Im Kloster lebten sie sechs Jahrzehnte oder länger unter ähnlichen Umständen, so dass sie sich aus wissenschaftlicher Sicht gut vergleichen ließen. Ein Unterschied ließ sich jedoch erkennen: Die Nonnen, die sich in jungen Jahren in ihren Notizen als zufrieden und optimistisch geäußert hatten, wurden im Mittel 93,5 Jahre alt. Wer sich jedoch als unglücklich und pessimistisch bezeichnete, starb im Durchschnitt mit 86,6 Jahren.

Weitere Analysen kamen zu dem Schluss, dass glückliche Menschen um 14 Prozent länger leben als jene, die sich als unglücklich bezeichnen. Andere Studien berechneten die gewonnenen Lebensjahre konkret und vermuteten, dass glückliche Menschen siebeneinhalb bis zehn Jahre älter werden als unglückliche Zeitgenossen.[21] Zudem sind glücklichere Menschen weniger oft in Unfälle verwickelt und begehen – naheliegenderweise – seltener Suizid.

Eine 2011 erschienene Auswertung von 160 Fachartikeln kam zu diesem Ergebnis: Es gibt »klare und überzeugende Beweise« dafür, dass glückliche Menschen länger und gesünder leben.[22] »Ich war fast schockiert und überrascht, wie einheitlich die Ergebnisse sind«, sagt der Psychologe Ed Diener, der die Daten ausgewertet hat. »Gesundheitsempfehlungen konzentrieren sich immer darauf, gesund zu essen, das Gewicht zu halten, Sport zu treiben und nicht zu rauchen – vielleicht sollte man hinzufügen: Seid glücklich und vermeidet chronischen Ärger und Depressionen.« Denn das Ausmaß des persönlichen Glücksgefühls ist kein unveränderliches Schicksal, sondern lässt sich durchaus beeinflussen. Die Wahrnehmung des Alltags und der Umgang mit anderen tragen erheblich dazu bei, wie zufrieden und glücklich man sich fühlt.

Wer feindselig anderen gegenüber eingestellt ist, besonders ehrgeizig und aggressiv und immer nur um seinen eigenen Vorteil bedacht ist, tut sich beispielsweise nichts Gutes. Eine Untersuchung an mehr als 5600 Sarden ergab, dass bei denjenigen, die sich negativ und unangenehm im Umgang zeigten, die Wände der Halsschlagadern stärker verdickt waren.[23] Diejenigen Inselbewohner, die oft aufbrausend und ärgerlich reagierten, erleiden wahrscheinlich früher einen Herzinfarkt oder Schlaganfall, denn die Wanddicke der Halsschlagader zeigt das Risiko für diese Herz-Kreislauf-Gefahren an.

Die Beweise werden immer eindeutiger, dass Unglück, Unzufriedenheit und Aggressionen das Leben verkürzen können. In dem Monat nach dem Tod ihrer Frau sterben doppelt so viele Männer, wie sonst im gleichen Alter üblich wären.[24] Bei Frauen ist die Sterblichkeit in den Monaten nach dem Tod ihres Partners sogar verdreifacht. Vor diesen persönlichen Schicksalsschlägen ist niemand gefeit. Wie man mit anderen umgeht und in die Welt blickt, hat man hingegen selbst in der Hand, auch wenn es für einen Grantler und Misanthropen schwer sein kann, sich zu ändern und seine Mitmenschen plötzlich liebevoll zu betrachten.

Vom Nutzen der Familie

Auch wenn sie manchmal anstrengend sind und nerven: Familienmitglieder schmutzen zwar, aber sie halten gesund. Längst ist erwiesen, dass verheiratete Menschen länger leben und gesünder bleiben als Singles. Dies gilt für Männer wie Frauen, und diese Statistik wird nicht mal dadurch getrübt, dass es etliche Familien gibt, die sich gegenseitig zerfleischen und alles andere als guttun. Offenbar wirkt es sich positiv auf Herz, Gefäße und andere Organe aus, miteinander Freud und Leid zu teilen.

Der gesundheitliche Nutzen ist dabei anscheinend nicht nur auf das Miteinander zurückzuführen. Gesellschaft und sozialer Austausch allein reichen nicht. Denn offenbar ist der gesundheitliche Zustand von Paaren mit Kindern besser als der von Paaren ohne Kinder.[25] Psychologen aus Utah haben bei 100 verheirateten Paaren den Blutdruck gemessen. Diejenigen, die Kinder hatten, wiesen einen geringeren Blutdruck auf als jene, die keinen Nachwuchs hatten. Erhöhter Blutdruck ist ein bekannter Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Leiden, der die Gefahr für Herzinfarkt und Schlaganfall erhöht. Besonders ausgeprägt war der Unterschied bei den Frauen. Das Blut der Mütter floss in weitaus ruhigeren Bahnen als das der Frauen, die zwar verheiratet waren, aber keine Kinder hatten.

Natürlich spielt die Qualität der Ehe eine große Rolle dafür, ob das Miteinander nicht nur als befriedigend empfunden wird, sondern auch gesund ist. Paare, die ihre Ehe als glücklich und bereichernd beschreiben, haben auch günstige Blutdruckwerte und niedrige Konzentrationen an Stresshormonen.[26] Auch ein großer Freundeskreis und ein gutes soziales Netz können da nicht mithalten und die negativen Effekte auf die Gesundheit aufwiegen, wenn man unglücklich verheiratet oder Single ist.

Lob des Haustiers

Ich bin zwar kein Tierfreund. Tiere machen Dreck, und wenn man in Urlaub fahren möchte, weiß man nicht, wohin mit ihnen. Trotzdem muss man die wissenschaftlich erdrückenden Beweise anerkennen, dass Haustiere gesund sind – wenn sie einen nicht beißen oder mit fiesen Krankheiten anstecken. Wer sich täglich um Hund oder Katze kümmert, senkt damit sein Risiko, einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall und andere Zivilisationskrankheiten zu bekommen.[27] Die Fürsorge um ein anderes Lebewesen stärkt offenbar die eigene Gesundheit. Schon länger ist bekannt, dass Hunde und Katzen das Wohlbefinden der Menschen steigern und die sozialen Kontakte fördern, was sich wiederum positiv auf den Gesundheitszustand auswirkt.

Haustiere tragen aber nicht nur als soziale Faktoren dazu bei, dass die Halter körperlich aktiver sind und damit ihren Kreislauf stärken und seltener erkranken: Besonders Hundehalter kommen durch die regelmäßigen Spaziergänge mit ihren Tieren auch häufiger auf die medizinisch empfohlene Bewegungszeit von zweieinhalb Stunden oder mehr in der Woche.[28] Wer täglich mit seinem tierischen Begleiter raus muss, ist zwangsläufig aktiver.

Einer Untersuchung der Universität Buffalo im Staat New York zufolge sind Haustiere sogar gesünder für Herz und Kreislauf als viele Ehepartner.[29] Wahrscheinlich liegt das daran, dass man sich mit dem Wellensittich wie mit dem Golden Retriever nur schlecht streiten kann. Haustiere widersprechen auch seltener, und man wird sich kaum von ihnen gekränkt fühlen.

Trost gibt es auch für jene Menschen, die partout keine tierischen Mitbewohner mögen: Sogar die Hege und Pflege von Zimmerpflanzen kann sich segensreich auf die Gesundheit auswirken. Wer regelmäßig danach schaut, ob die Pflanzen genug Wasser bekommen, genießt allein durch diese Betreuung der Blumen und Topfpflanzen einen gewissen Schutz vor Herz-Kreislauf-Leiden.[30] Gießen ist gesund – wer seine Primeln und Wasserlilien eingehen lässt, sollte sich hingegen nicht nur um seine Pflanzen Sorgen machen.

Gehen gegen Gedächtnisschwund

Es müssen gar nicht ehrgeizige Trainingsprogramme sein. Es geht nur um ein paar Schritte um den Block. Aber die haben es bereits in sich. Wenn sich ältere Menschen regelmäßig bewegen, tun sie nicht nur Herz und Kreislauf etwas Gutes, sondern auch ihren grauen Zellen. Offenbar trägt die regelmäßige körperliche Aktivität dazu bei, mehr Nervenzellen zu erhalten und damit das Denk- und Erinnerungsvermögen länger zu bewahren.[31]

Psychologen um Kirk Erickson von der Universität Pittsburgh hatten 300 freiwillige Probanden mehr als 13 Jahre lang begleitet. Sie untersuchten das Hirnvolumen, testeten die Erinnerung und erfassten den Grad der körperlichen Aktivität bei den Teilnehmern, die im Durchschnitt 78 Jahre alt waren. Dabei zeigte sich nach Jahren: Gehen bewahrt das Gedächtnis. Wer viel zu Fuß geht, behält auch im Alter eher einen klaren Kopf. Wer zwischen zehn und 15 Kilometer in der Woche zu Fuß zurücklegte, dessen Gehirn war eine Dekade später größer und besser erhalten. Eine längere Strecke zu Fuß war gar nicht nötig. Wer sich mehr bewegte, verbesserte seine Denkleistungen nicht zusätzlich. »Im fortgeschrittenen Erwachsenenalter schrumpft das Gehirn, und das kann Gedächtnisprobleme verursachen«, sagt Erickson. »Regelmäßiges Training kann das verhindern und Denken und Gedächtnis sogar verbessern.«

Zehn bis 15 Kilometer in der Woche lassen sich auch für ältere Menschen oft noch gut bewältigen. Ein täglicher Spaziergang zu einem nur einen Kilometer entfernten Geschäft und zurück, zu Freunden oder im Wald – und schon ist das Pensum erreicht, das einen gewissen Schutz vor Alzheimer und anderen Demenzformen bietet, ohne dass es als Sportprogramm aufgefasst werden müsste.

Zudem kann durch ein solches Maß an Bewegung auch die Mobilität erhalten und sogar gesteigert werden.[32] »60 Prozent der Menschen jenseits der 65 gehen weniger als eineinhalb Kilometer in der Woche zu Fuß«, sagt Jack Rejeski von der Wake Forest University in Winston-Salem. Er hat ein Programm in Gemeinden erfolgreich etabliert, das Senioren zu mehr Bewegung ermutigt. Der Mediziner vergleicht den zunehmenden Verlust der Mobilität im Alter mit einem Kanu, das auf einen Wasserfall zusteuert. »Wenn man es merkt und von der Strömung ergriffen wird, kann man die Konsequenzen kaum noch vermeiden.«

Musik, die das Herz öffnet

Dass Musik schon im Mutterleib die geistigen Fähigkeiten des Nachwuchses stärkt, ist immer wieder behauptet worden. Auch die Milchleistung von Kühen wird durch Melodien im Kuhstall angeblich gesteigert, und Patienten nach einem Schlaganfall erholen sich offenbar besser mit Musiktherapie.[33] Kein Wunder also, dass Musik nicht nur die Lebensqualität erhöhen, sondern auch Herz und Gefäße schonen und damit zur Gesundheit beitragen kann.[34] Musik wirkt sich demnach günstig auf die Herzfrequenz und die Schwankungen des Herzrhythmus aus – es kommt allerdings darauf an, die richtige Musik zu hören, wie Hans-Joachim Trappe von der Universität Bochum beobachtet hat.[35]

Besonders gesundheitsfördernd, beruhigend und Angst lösend scheinen demnach die Werke von Bach, Mozart und die von italienischen Komponisten wie Verdi zu sein. Heavy Metal, Hardrock und Techno haben hingegen nicht diese günstigen Auswirkungen, sie können im Extremfall sogar gefährliche Rhythmusstörungen auslösen.

Auch mit Belastungen lässt sich leichter umgehen, wenn die richtige Musik gehört wird. Bei Patienten nach einer Herzoperation lag die Konzentration des Stresshormons Kortisol mit 484,4 Millimol pro Liter deutlich niedriger als bei jenen Kranken, die nach der Operation im Krankenhausbett keine Musik hörten (618,8 Millimol pro Liter). Gesang und Orchestermusik erwiesen sich als hilfreicher im Vergleich mit uniformen Rhythmen. Den günstigsten Effekt auf die Gesundheit übten klassische Musik und Meditationsmusik aus.

Hilfreiche Bürogymnastik

Mit Bürogymnastik ist nicht der alte Witz vom Beamten-Mikado gemeint: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Bürogymnastik soll auch nicht bedeuten, dass sich zu festgelegten Zeiten alle Angestellten neben ihren Schreibtisch stellen und mit isometrischen Übungen die geraden Rückenmuskeln kräftigen oder sich im Innenhof zur Turnstunde treffen. Vielmehr geht es darum, kleine Unterbrechungen der Tätigkeit sinnvoll zu nutzen. Oft lässt sich das schon durch minimale Umstellungen der Arbeitsroutine erreichen.

Pausen während der Arbeit und in der Freizeit können nämlich erstaunlich gesund sein. Damit sind nicht Zigarettenpausen gemeint, zu der sich Nikotinsüchtige vor der Tür oder in extra dafür eingerichteten Abstellkammern treffen. Es geht auch nicht um den Schokoriegel zwischendurch. Hilfreich und gesund ist es vielmehr, eine sitzende Tätigkeit am Schreibtisch oder auf dem Sofa öfter zu unterbrechen. Zahlreiche Pausen – sogar wenn sie nur eine Minute dauern – stärken das Herz und begrenzen den Hüftumfang.[36]

»Der Nutzen regelmäßiger Bewegung ist zwar schon länger bekannt«, sagt Genevieve Healy von der University of Queensland. »Wie schädlich ständiges Herumsitzen ist, womit die meisten Menschen immerhin mehr als den halben Tag verbringen, wird aber erst langsam klar.« Die australischen Herz- und Diabetesexperten hatten mehr als 4700 Erwachsene untersucht, die mit einem Aktivitätsmesser an der Hüfte ausgestattet wurden, der wie ein Schrittzähler funktionierte. Auf diese Weise ließ sich erfassen, wie oft die Teilnehmer aufstanden, sich bewegten und ihre sitzende Tätigkeit unterbrachen. Im Extremfall verbrachten Probanden 21,2 Stunden am Tag sitzend oder liegend – die aktivsten Teilnehmer saßen hingegen nur 1,8 Stunden täglich und waren sonst nur während des Schlafs inaktiv.

Jene Teilnehmer, die am häufigsten aufstanden, wiesen die günstigsten Blutfettwerte, den niedrigsten Blutzuckerspiegel und den geringsten Hüftumfang auf. Sind diese Werte niedrig, deutet das auf ein geringeres Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten sowie Diabetes hin. Wer hingegen ausdauernd saß und sich kaum von seinem Platz erhob, hatte schlechtere Werte. »Vermutlich könnte man Herz-Kreislauf-Leiden in erheblichem Maß vorbeugen, wenn die ganze Bevölkerung weniger sitzen würde«, sagt Healy.