Gregor – heftig umworben! - Stefanie Valentin - E-Book

Gregor – heftig umworben! E-Book

Stefanie Valentin

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Beschreibung

Mit viel Herz und Verstand geht die Heimat-Heidi zur Sache, denn sie ist eine schöne Wirtin voller Tatendrang, die ihren Gästen und Mitmenschen jederzeit hilfreich zur Seite steht. Unterstützt, wenn auch nicht unbedingt immer in ihrem Sinne, wird Heidi dabei von ihrer nicht ganz volljährigen Tochter Steffi, einem feschen Mädel mit losem Mundwerk, und ihrer Mutter Luise, die keineswegs gewillt ist, kürzerzutreten und Heidi mit der Leitung des Bergerhofs alleinzulassen. Für schwungvollen, heiteren Familienzündstoff ist also bei aller Herzenswärme unserer Titelheldin jederzeit gesorgt! Kathi Wimmer beugte sich unter der Dachschräge über ein Kinderbett und weinte, daß es jedem, der zufällig Zeuge der Szene gewesen wäre, das Herz hätte brechen können. »Ich hol' dich bald wieder nach Haus', Herzerl«, schluchzte sie, »aber jetzt kann deine Mutti dich net dabehalten. Ich… ich muß erst mal mein Leben in Ordnung bringen. Und deinen Vati müssen wir finden. Ich… ich kann einfach net weiter so, verstehst? Ich will dich net hergeben, aber ich muß. Ich geb' dich auch net in irgendein Kinderheim oder zu deiner Oma, was net besser wär'. Nein, ich geb' dich zu guten Menschen. Da hast alles, was du brauchst, und sie werden für dich sorgen und sie werden, wenn ich zurückkomm', dich mir wiedergeben. Bei allen anderen, ob Behörde oder wer auch sonst immer, wüßt' ich es net genau.« Eine ganze Weile noch saß Kathi an dem kleinen Bettchen im Dachgeschoß einer Wohnung im Alptaler Ortsteil Schönbach und redete auf ihre im Babybett liegende Tochter Jenny ein. Das Haus stand ein wenig abseits, lag am Hang, und hatte außer der Dachgeschoßwohnung vier weitere Wohnungen. Kathi war vierundzwanzig Jahre alt, hatte früh ihre Eltern verloren und war bei Verwandten aufgewachsen, die das ausnehmend hübsche und immer sehr freundliche Mädchen ausgenutzt hatten. Kathi hatte überaus hart arbeiten müssen, nichts dafür bekommen als ein Dach über dem Kopf, und als sie schließlich gegangen war, hatte man sie noch der Undankbarkeit bezichtigt. Damals, das war jetzt vier Jahre her, hatte Kathi im Bergerhof bei der Heidi begonnen und war dort nicht nur als Bedienung sehr beliebt gewesen. Nach zwei Jahren hatte sie sich unbedingt selbständig machen wollen und hatte in Hindelang ein kleines Lokal übernommen, das sie binnen weniger Wochen derart aufgemöbelt hatte, daß der Umsatz steil in die Höhe geschnellt war. Dann hatte sie Gregor Bauschner kennengelernt. Gregor war einer der begehrtesten Junggesellen der Gegend. Er war sehr fesch, wo er auftauchte, herrschte gute Laune, und als er eines Abends die kleine Gaststube betreten hatte, war es um die Kathi geschehen gewesen.

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Heimat-Heidi – 7–

Gregor – heftig umworben!

Ein krummer Weg ins Glück

Stefanie Valentin

Kathi Wimmer beugte sich unter der Dachschräge über ein Kinderbett und weinte, daß es jedem, der zufällig Zeuge der Szene gewesen wäre, das Herz hätte brechen können.

»Ich hol’ dich bald wieder nach Haus’, Herzerl«, schluchzte sie, »aber jetzt kann deine Mutti dich net dabehalten. Ich… ich muß erst mal mein Leben in Ordnung bringen. Und deinen Vati müssen wir finden. Ich… ich kann einfach net weiter so, verstehst? Ich will dich net hergeben, aber ich muß. Ich geb’ dich auch net in irgendein Kinderheim oder zu deiner Oma, was net besser wär’. Nein, ich geb’ dich zu guten Menschen. Da hast alles, was du brauchst, und sie werden für dich sorgen und sie werden, wenn ich zurückkomm’, dich mir wiedergeben. Bei allen anderen, ob Behörde oder wer auch sonst immer, wüßt’ ich es net genau.«

Eine ganze Weile noch saß Kathi an dem kleinen Bettchen im Dachgeschoß einer Wohnung im Alptaler Ortsteil Schönbach und redete auf ihre im Babybett liegende Tochter Jenny ein. Das Haus stand ein wenig abseits, lag am Hang, und hatte außer der Dachgeschoßwohnung vier weitere Wohnungen.

Kathi war vierundzwanzig Jahre alt, hatte früh ihre Eltern verloren und war bei Verwandten aufgewachsen, die das ausnehmend hübsche und immer sehr freundliche Mädchen ausgenutzt hatten. Kathi hatte überaus hart arbeiten müssen, nichts dafür bekommen als ein Dach über dem Kopf, und als sie schließlich gegangen war, hatte man sie noch der Undankbarkeit bezichtigt.

Damals, das war jetzt vier Jahre her, hatte Kathi im Bergerhof bei der Heidi begonnen und war dort nicht nur als Bedienung sehr beliebt gewesen. Nach zwei Jahren hatte sie sich unbedingt selbständig machen wollen und hatte in Hindelang ein kleines Lokal übernommen, das sie binnen weniger Wochen derart aufgemöbelt hatte, daß der Umsatz steil in die Höhe geschnellt war.

Dann hatte sie Gregor Bauschner kennengelernt. Gregor war einer der begehrtesten Junggesellen der Gegend. Er war sehr fesch, wo er auftauchte, herrschte gute Laune, und als er eines Abends die kleine Gaststube betreten hatte, war es um die Kathi geschehen gewesen.

Gregor war immer von Mädeln umschwärmt worden. Er hatte, wie man sagte, stets die Auswahl gehabt, und davon hatte er reichlich Gebrauch gemacht. Kurzum, Gregor Bauschner war Hahn im Korb gewesen, als er eines Abends mit ein paar Spezln in ihre kleine Gaststätte hereinschneite.

»Bist du net bei der Berger-Heidi beschäftigt?« fragte irgendwann einer.

Kathi hatte den Kopf geschüttelt und erzählt, daß sie sich inzwischen selbständig gemacht habe.

Gregor hatte sie daraufhin lange angesehen und gesagt, daß sie mutig sei.

»Wenn du aufgewachsen bist wie ich«, hatte Kathi geantwortet, »dann gehört net viel dazu, mutig zu sein.«

Gregor war dann immer wieder bei ihr aufgetaucht. Zuerst nur mit seinen Spezln, irgendwann dann alleine. Es wurde immer später, wenn er kam, denn er wollte sich mit Kathi unterhalten. Wenn viele Leute da waren, konnte er das nicht, denn die kleine Gaststätte hatte sich sehr rasch den Ruf erworben, daß man dort erstklassig essen könne.

Irgendwann war es dann zum ersten Kuß, schließlich zu mehr gekommen. Kathi schwebte damals im siebten Himmel. Der Berger-Heidi hatte sie mal erzählt, wie verliebt sie sei.

»In den Bauschner-Gregor?« hatte die Heidi erstaunt reagiert. »Er ist ein sehr fescher Bursch’. Aber du mußt aufpassen, daß du net tief herunterfällst. Burschen wie er heben einen meistens sehr hoch, und wenn es dann nimmer klappt und irgendwann zu Ende ist, ist der Absturz um so schmerzhafter.«

Diesen Absturz hatte Kathi gerade hinter sich.Sie war tief und hart gefallen, schmerzhafter hätte es nicht sein können. Vor allem, als Gregor sich vor knapp einem Dreivierteljahr verabschiedet hatte.

»Ich muß mal weg da«, hatte er gesagt, »ich komm’ sonst um. Wenn es dich hier allein geben würd’, dann würd’ ich hierbleiben. Aber es gibt noch meinen Vater und meine Mutter und beide wollen mir vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen hab’.«

Kathi hatte gemeint, ihr steche jemand ein glühend heißes Messer ins Herz, denn sie wußte, daß sie schwanger war, hatte es am vergangenen Tag erfahren und heute hatte sie es Gregor sagen wollen. Doch das war dann nicht mehr möglich gewesen, sie hatte es ihm in dieser Situation einfach nicht sagen können.

Als Gregor weg war, bekam sie anfangs Briefe und Karten. Dann kamen aber immer weniger. Nun hatte sie schon drei Monate nichts mehr von ihm gehört.

Als ihre Schwangerschaft nicht mehr zu übersehen gewesen war, war eines Tages Gregors Mutter in der Gaststätte aufgetaucht und hatte ihr heftigste Vorwürfe gemacht.

»Du hast ihn fortgetrieben, unseren Buben«, hatte sie herumgeschrien. »Du hast Schuld, daß der Bub net zuhaus ist. Wegen dir und… und deinem Balg, das du kriegen wirst, ist er verschwunden. Laß dir ja net in den Sinn kommen, und tauch’ bei uns auf dem Hof auf. Dieses Kind ist und bleibt ein Bankert.«

Zwei Wochen bevor Jenny geboren worden war, hatte Kathi die kleine Gaststätte schließen müssen. Bis dahin hatte sie eine kleine Wohnung hinter der Gaststätte gehabt, auch die hatte sie verloren.

Ein Bekannter hatte ihr die Dachgeschoßwohnung in dem Mehrfamilienhaus besorgt, wo sie jetzt noch wohnte und wo sie nach der Entbindung mit Jenny im wahrsten Sinne des Wortes untergeschlüpft war. Die Frage nach dem Vater hatte sie auf der Melde­behörde ebenso unbeantwortet gelassen wie beim Jugendamt. Kühl wurde sie darauf hingewiesen, daß so keine Unterhaltszahlungen bekäme.

Genau die hatte Kathi weder verlangt noch bekommen. Sie versuchte, sich und Jenny so durchzubringen, was ihr anfangs gelang, denn Kathi war es gewohnt, sehr bescheiden zu leben, und sie hatte alles, was sie erübrigen konnte, für Jenny weggelegt.

Seit Jennys Geburt waren nun drei Monate vergangen und Kathi war am Ende. Deshalb saß sie an Jennys Bettchen und erklärte ihr, daß sie sie weggeben müßte. Da Jenny nichts verstand, waren es Erklärungen für sie selbst. Kathi sah keine andere Lösung, wenn sie von nun an wieder alle Energie für einen Neuanfang benutzen wollte. Sie fürchtete unterzugehen, wenn sie es jetzt nicht versuchte.

So kam es, daß sie weit nach Mitternacht Jenny warm einpackte, einen großen Einkaufskorb nahm, zuerst Decken hineinlegte und schließlich ihre Tochter.

Gegen halb drei brach sie auf, und da sie keinen fahrbaren Untersatz besaß, mußte sie zu Fuß gehen. Zuerst stieg sie einen schmalen Pfad entlang, bog irgendwann ins Grottental ein, wechselte von der Schattseite auf die Sonnleiten, und stand schließlich vor dem Bergerhof.

»Das einzige Mal, als ich bei anderen Leuten gewesen bin und es mir gut gegangen ist«, murmelte sie leise vor sich hin, »das war hier. Ihr werdet für die Jenny sorgen, ich weiß es. Deshalb vertrau ich euch das Liebste an, was ich hab’, meine Tochter.«

Dann war Kathi in gebückter Haltung zum Gasthaus geschlichen, hatte den Korb mit Jenny vor die Haustür gestellt, hatte sich rasch bekreuzigt, und noch bevor sie zu weinen begonnen hatte, war sie wieder im Wald verschwunden. Dort blieb sie im Dunkeln stehen und weinte, daß sie meinte, man müsse es bis nach Oberstdorf hören.

*

»Du Mutti!« Steffi Berger stand am Bett ihrer Mutter und schüttelte an ihrer Schulter.

»Was ist denn?« Die Berger-Heidi rieb sich schlaftrunken die Augen und sah ihre Tochter fragend an. Dann sah sie auf die Uhr, es war halb vier in der Früh.

»Draußen ist wer«, flüsterte Steffi. »Ich hab wen gesehen. Vor zehn Minuten ist wer über den Hof geschlichen.«

»Wirklich?« Heidi stieg aus dem Bett, streifte einen Morgenmantel über und ging zum Fenster, sah aber nichts.

»Nicht hier vorn«, sagte Steffi. »Hinten am Hof war jemand. Ich hab’ ihn deutlich gesehen.«

»Was genau hast du gesehen?« Heidi sah ihre Tochter aufmerksam an. Steffi hatte eine sehr rege Phantasie und man konnte nicht immer zwingend davon ausgehen, daß auch tatsächlich passiert war, was sie erzählte.

»Jemand wegschleichen…?«

»Sonst nichts?«

»Zuerst hab’ ich was gehört«, antwortete Steffi, »dann bin ich aufgestanden und hab’ aus dem Fenster gesehen.«

»Und?«

»Erst mal war nichts, dann hab’ ich jemand flüstern hören und gleich darauf ist jemand vom Hof geschlichen.«

»Was ist denn los?« Luise, Heidis Schwiegermutter und Steffis Großmutter kam in Heidis Zimmer. »Ich hör’ euch schon die ganze Zeit herumreden. Ist was passiert?«

»Steffi sagt, daß draußen wer gewesen ist«, antwortete Heidi.

»Ein Einbrecher?« Luise ging zum Fenster, öffnete es ganz und beugte sich weit hinaus. »Hier ist keiner«, verkündete sie laut.

»Herrschaftszeiten, Luise«, sagte die Berger-Heidi. »Mach doch net alle wach.«

»Wir sind doch alle wach«, antwortete die Schwiegermutter, »die Feriengäst’ wohnen alle im Neubau.«

»Ich kann doch so net wieder ins Bett gehen. Was machen wir denn jetzt?« Steffi sah ihre Mutter fragend an.

»Ob wir mal nachschauen?« erwiderte die.

»Willst du net lieber die Polizei rufen?« fragte Steffi. »So trau’ ich mich net auf den Hof.«

»Wenn die Polizei mit Blaulicht kommt und die Gäst’ aus dem Schlaf schreckt, das ist auch net grad’ erbaulich«, erwiderte Luise.

»Dann schauen wir doch einfach mal nach«, schlug Heidi vor. »Wenn wir zu dritt sind, wird uns schon keiner was tun.«

Luise nickte. »Dagegen kann man nix sagen.«

Sie gingen zu dritt die Treppe hinunter und durchquerten das Stiegenhaus, schließlich standen sie vor der verriegelten, rückwärtigen Tür.

»Hast du eine Taschenlampe?« fragte Luise.

»Sei mal still…!« Die Bergerhof-Heidi drehte den Kopf und lauschte.

»Nix«, sagte Luise nach einer Weile. »Ich hör’ nix.«

»Ich mein’, ich hätt’ ein Kind wimmern hören«, murmelte Heidi. »Gleich bei der Tür.«

»Geh mal weg«, Luise schob ihre Enkelin Steffi beiseite und entriegelte die Tür. »Soll ich aufmachen?«

Heidi nickte. »Sicher, auf was willst denn noch warten?«

Luise öffnete die Tür und schreckte zurück. Gleich vor der Tür stand nämlich ein Korb, auf dem eine Decke lag.

Die Berger-Heidi bückte sich. »Bei allen Heiligen, ein Kind, da liegt tatsächlich ein kleines Kind im Korb.«

»Das hat jemand ausgesetzt«, murmelte Steffi, »jemand hat es nimmer haben wollen und uns vor die Tür gelegt. Behalten wir es?«

»Also jetzt geh erst mal zur Seite«, Luise bückte sich und sah in den Korb. »Tatsächlich, ein Baby, und was für ein Würmerl.«

»Es ist aber kein Neugeborenes mehr«, erwiderte die Heidi, die den Korb aufgenommen, die Wolldecke beiseite geschoben hatte und das Kind ansah.

»Luise sah sich draußen nach allen Seiten um, dann sagte sie zu Schwiegertochter und Enkelin, sie sollten ins Haus kommen, nicht jeder brauche zu sehen, daß sie morgens schon vor vier zu dritt vor der Tür stünden, um ein ausgesetztes Kind hereinzuholen.

Dann stutzte sie und murmelte: »Bei allem was recht ist, das ist ja wirklich ein ausgesetztes Kind.«

»Behalten wir es?« wiederholte Steffi ihre Frage.

»Du gehst am besten wieder ins Bett«, antwortete ihre Großmutter. »Außerdem versteh’ ich deine Frage net, das Kind können wir nicht behalten.«

»Wieso denn nicht?« Steffi sah ihre Großmutter fragend an.

»Wenn wir es nicht der Behörde melden, dann kann man es wie Kindesentführung bewerten«, antwortete diese, »und ich möcht’ net als Straffällige enden.«

»Jetzt streitet nicht«, forderte die Berger-Heidi Schwiegermutter und Tochter auf, den Korb hielt sie mit beiden Händen fest, als fürchte sie, man wolle ihn ihr wieder wegnehmen.

»Wer kann denn sein Kind hier ausgesetzt haben?« Luise schob noch mal die Decke beiseite und sah in den Korb.

Das Baby hatte die Augen geschlossen, atmete ganz ruhig und schien zu schlafen.

»Ich geh’ heut’ nicht zur Schule«, warf Steffi ein, »ich will nicht, daß ihr das Baby den Behörden gebt. Wie kann man nur so herzlos sein?«

»Sag mal, spinnst du?« Luise wurde immer ärgerlicher. »Ein Baby liegt vor unserer Haustür und deshalb gehst du nicht zur Schule? Was sind das denn für Ideen? Du gehst jetzt sofort zu Bett und wenn es Zeit ist, dann gehst du zur Schule. Und damit basta.«

»Luise…« Die Berger-Heidi schüttelte den Kopf, nachdem Steffi mit Tränen in den Augen gegangen war.

»Wieso schüttelst du den Kopf?« wollte ihre Schwiegermutter wissen. »Was ist falsch an dem, was ich gesagt habe?«

»Es ist nichts falsch an dem, was du gesagt hast«, erwiderte die Berger-Heidi, »aber wie du es gesagt hast, das war nicht schön. Du weißt, daß Steffi sensibel ist.«

»Das merkt man ihr aber nicht immer an.« Luise war außergewöhnlich gereizt.

Heidi sagte nichts darauf, auch nicht, als ihre Schwiegermutter wissen wollte, was mit dem Baby denn nun passiere? »Daß wir es nicht behalten können, steht ja außer Frage.«

»Geh zu Bett«, erwiderte Heidi nach einer Weile, »jetzt ist eh noch keine Behörde besetzt, die du benachrichtigen könntest. Nachher, wenn der Tag beginnt, sehen wir weiter.«

»Und was passiert jetzt mit dem Baby?« Luises Stimme klang schon ein wenig ruhiger.

»Das nehme ich mit«, antwortete Heidi, und noch bevor Luise was erwidern konnte, drehte Heidi sich um, ging die Treppe hinauf und verschwand in ihrer Wohnung.

In ihremSchlafzimmer stellte sie den Korb auf ihr Bett, nahm ganz behutsam das Baby heraus und sah es lange an.

»Du bist aber ein hübsches Baby«, murmelte sie. »Was bist eigentlich? Ein Madel oder ein Bub? Na, das werden wir sehen, wenn wir deine Windeln wechseln. Irgendwie kommst du mir bekannt vor. Ich weiß im Moment noch net wer du bist, Aber mir wird schon noch einfallen, woher wir beide uns kennen. Jedenfalls werden wir dich nicht den Behörden übergeben. Wie sich das schon anhört, den Behörden übergeben, als wenn du ein Schwerverbrecher wärst. Wir werden jetzt zuerst mal nach Windeln schauen und dann nach Babynahrung.«

Der Bergerhof hatte alles für Babys vorrätig. Schließlich reisten manche Feriengäste mit ihren Babys an und wenn etwas fehlte, dann sprang der Bergerhof ein.

Die Berger-Heidi hatte das Baby inzwischen auf den Arm genommen. Sie herzte es und begann ein Wiegenlied zu summen. Wie es aussah, gefiel sie sich in ihrer Rolle sehr.

*

Gregor Bauschner stand am Bahnhof von Oberstdorf und schaute sich suchend um. Als wenn er sich nach jemand umgesehen hätte, der ihn abholen wollte. Aber da war niemand. Schließlich hatte er seit Monaten nichts mehr von sich hören lassen und auch seine Rückkehr hatte er nicht angekündigt.

Seine früheren Spezl redeten zwar ab und zu von ihm, meistens darüber, wo er sich gerade jetzt wohl herumtrieb, aber daß ihr alter Spezl, wie aus dem Nichts, wieder auftauchen würde, damit rechnete keiner direkt.