Hedwig Courths-Mahler Großband 14 - Sammelband - Hedwig Courths-Mahler - E-Book

Hedwig Courths-Mahler Großband 14 - Sammelband E-Book

Hedwig Courths-Mahler

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Beschreibung

10 spannende Liebesromane lesen, nur 6 bezahlen!

Über 800 Seiten voller Romantik und Herzenswärme in einem Band!

Hedwig Courths-Mahlers "Märchen für Erwachsene", wie sie ihre Romane selbst nannte, sind ebenso zeitlose Klassiker wie die Themen, die sie behandeln: die Liebe, ihre Gefährdung und deren Überwindung, die Verwirrung der Gefühle und der Weg zum Glück.

Seit über 100 Jahren verzaubert sie ihre Leserinnen und Leser mit ihren wundervollen Geschichten immer wieder neu, und mit einer Gesamtauflage von über 80 Millionen Exemplaren gilt Hedwig Courths-Mahler heute als DIE Königin der Liebesromane.

Großband 14 enthält die Folgen 131 - 140.

Zehn Geschichten, zehn Schicksale, zehn Happy Ends - und pure Lesefreude!

Jetzt herunterladen und sofort eintauchen in eine heile Welt, in der die Liebe noch regiert.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 1667

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv: ipag/iStockphoto ISBN 978-3-7325-7551-0

Hedwig Courths-mahler

Hedwig Courths-Mahler Großband 14 - Sammelband

Inhalt

Hedwig Courths-MahlerHedwig Courths-Mahler - Folge 131Die Geschwister Herfort, Dan, Konstanze und Lore, sind sich herzlich zugetan. Konstanze ist bereits verheiratet; sie liebt ihren Mann und ist glücklich mit ihm. Dann aber tritt Rolf Fernau in ihr Leben, der sie leidenschaftlich umwirbt. Sie weiß nicht, dass er ein Verbrecher ist, der den Frauen nur Liebe vorheuchelt, um sie später erpressen zu können. Auch Lore steht bereits auf der Liste seiner Opfer. Der einzige Mensch, der die wahren Absichten Fernaus durchschaut, ist Dan, und er beschließt, den gewissenlosen Verführer seiner Schwester zur Strecke zu bringen ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 132Nach dem Tod ihrer Eltern hat Freda von Waldau eine Stellung als Gesellschafterin bei der Gräfin Dorlaga angenommen. Mit ihr zusammen reist sie nach Indien. Auf dem Schiff begegnet Freda einer indischen Rani, in der sie eine Schulfreundin wiederzuerkennen glaubt. Aber der Schleier verbirgt das Gesicht der geheimnisvollen Fürstin, und so ist Freda lange im Zweifel - bis mitreißende Ereignisse ihr die erstaunliche Wahrheit enthüllen ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 133Rosemarie von Waldecks Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Da Rosemarie noch minderjährig ist, übernimmt ihre verwitwete Tante Herta von Ribnitz die Herrschaft auf dem großen Gut. Vom ersten Augenblick an verfolgt Herta in Waldeck nur ein Ziel: Sie will sich selbst und ihrem Sohn Heinz den reichen Besitz für alle Zeit sichern. Das aber kann nur geschehen, wenn sie Rosemarie daran hindert, jemals zu heiraten. Und um dieses Ziel zu erreichen, denkt sich Herta einen teuflischen Plan aus ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 134Nach dem Tod des Gatten führt Frau Bettina Falkner mit großer Umsicht sein Unternehmen weiter. Kühl und energisch, wie sie den Betrieb leitet, erzieht sie auch ihre Söhne Hans und Norbert. Über ihre Köpfe hinweg vereinbart sie mit ihrem Nachbarn, dem Sägewerksbesitzer Brandner, dass Hans und Norbert die Töchter Brandners heiraten sollen. Doch während Frau Bettina und ihr Nachbar noch Pläne schmieden, deren Ziel die Vereinigung der Unternehmen Falkner und Brandner ist, geht die Sehnsucht ihrer Söhne bereits andere Wege ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 135Daisy Haller und ihr Vater sind auf ihrer Weltreise nach Hamburg gekommen. In ihrer Begleitung befindet sich die Zofe Mary, die schon bald den Liebesbeteuerungen eines Zimmerkellners erliegt. Er hat es jedoch nur auf Daisy Hallers kostbaren Schmuck abgesehen. Zusammen mit einigen Komplizen plant er einen Überfall, der Daisys Schicksal einschneidend verändern wird. Denn in der Stunde höchster Gefahr begegnet sie dem Mann ihrer Träume ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 136Jolande Warren lebt seit dem Tod ihrer Eltern im Hause von Verwandten. Um sie möglichst bald zu verheiraten, hat ihre Tante das Gerücht verbreitet, ihre Nichte sei reich. Der eifrigste Bewerber, der sich daraufhin einstellt, ist der Spanier Alfonso de Almadeia. Um sich den vermeintlichen "Goldfisch" zu sichern, ist er entschlossen, Jolande bei einem Fest, das ihre Verwandten geben, in eine Situation zu bringen, die ihr keine andere Wahl lässt, als ihn zu heiraten ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 137Raina von Buchenau ist früh Waise geworden. Seither lebt sie auf dem Gut ihrer energischen Tante Barbara, die sie zu einem scheuen, unbeholfenen Menschen erzogen hat, der sich willenlos jedem Befehl beugt. So wagt Raina auch keinen Widerspruch, als die Tante verfügt, dass sie Georg von Reckenberg heiraten soll. Reckenberg ist ein glänzender Offizier, der nur des Geldes wegen in diese Verbindung einwilligt. Für Raina interessiert er sich nicht. Während das junge Mädchen seine Nichtachtung schweigend hinnimmt, beschließt ihre Freundin Dora zu handeln ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 138Nach dem Tod ihres Vaters ist Mona alleinige Besitzerin der Falkner-Werke geworden. Mancher Bewerber stellte sich schon ein, um sich die reiche Erbin zu sichern. Doch Monas Herz gehört ihrem Jugendfreund Richard Römer. Mit tiefem Schmerz muss sie jedoch mit ansehen, dass Richard immer mehr den Reizen ihrer Freundin Gloria verfällt. Sie kann nicht ahnen, dass Gloria nur einen Mann liebt: Hubert Meining, mit dem sie zusammen einen teuflischen Plan ausgeheckt hat, der Mona in höchste Gefahr bringen wird ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 139Beim Blumenkorso in Nizza sieht Günter Graf Nordau auf dem Balkon eines Hotels eine junge Dame, die einen tiefen Eindruck auf ihn macht. Aber noch ehe er ihren Namen erfahren kann, ist sie schon wieder abgereist. Graf Günter ist sehr unglücklich darüber, denn er hat sich unsterblich in die schöne Unbekannte verliebt. Er forscht nach ihr, aber alles Suchen scheint vergeblich zu sein. Doch dann macht Graf Günter eines Tages eine Erbschaft, die ihn auf seltsame Weise wieder mit der schönen Unbekannten zusammenführt ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 140Georg Romberg wanderte vor vielen Jahren nach Australien aus. Dort heiratete er die Tochter eines Missionars, die aber kurz nach der Geburt ihres ersten Kindes starb. Seither lebt Georg Romberg mit seiner Tochter Gilda allein in Sydney, wo er es im Lauf der Jahre zu großem Reichtum gebracht hat. Nun aber zieht es ihn mit Macht in die Heimat zurück. Er beschließt, zunächst einmal allein nach Deutschland zu reisen und Gilda später nachkommen zu lassen. Als Vater und Tochter sich dann im Hafen von Sydney verabschieden, ahnen sie nicht, dass diese Reise dramatische Ereignisse auslösen wird, die Gildas Leben von Grund auf verändern ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Die Schwestern Herfort

Vorschau

Die Schwestern Herfort

Mitreißender Roman um eine tiefe Liebe und einen skrupellosen Mann

Bitte, führen Sie mich zu den anderen zurück – ich kann Ihre Worte nicht länger anhören. Sie beleidigen mich.“

„Aber teuerste, geliebteste Frau, wie kann es Sie beleidigen, wenn ich Ihnen sage, dass ich Sie verehre, dass Sie für mich das begehrenswerteste Geschöpf sind, das es auf Erden gibt? Bitte, wie kann Sie das beleidigen? Fühlen Sie denn nicht, dass ich meiner Sinne nicht mehr mächtig bin, dass ich verzweifeln muss, wenn Sie mir nicht sagen, dass Sie mich wiederlieben?“

Bei diesen Worten sah Rolf Fernau die schöne Frau wieder mit den Blicken an, die sie fürchtete, die ihr die klare Vernunft zu rauben drohten. Aber sie richtete sich mit einer abwehrenden Gebärde auf.

„Geben Sie mir den Weg frei ich will und darf solche Worte nicht anhören! Sie wissen doch, dass ich verheiratet bin, dass ich meinen Mann liebe.“

„Sie lieben ihn gar nicht, Sie bilden sich das nur ein. Sie wissen noch gar nicht, was Liebe ist. Das will ich Sie erst lehren, geliebte Konny.“

„Schweigen Sie! Sie haben mich nicht bei diesem Namen zu nennen. Ich will nichts mehr von Ihnen hören, lassen Sie mich vorüber, ich bleibe keinen Augenblick länger mit Ihnen allein. Sie haben mich unter einem Vorwand hier hergelockt in dieses Zimmer, Sie beleidigen mich schon seit Wochen mit Ihren Nachstellungen – schon längst hätte ich es meinem Mann gesagt, wenn ich nicht fürchtete, dass er sich in seinem Zorn zu etwas hinreißen ließe, was nicht wieder gutzumachen ist.“

„Süße Konny, Sie bringen es doch nicht übers Herz, mich bei Ihrem Mann zu verklagen. Ich spüre es doch, dass Ihr Herz Sie zu mir zieht. Geben Sie es auf, gegen Ihr eigenes Herz zu kämpfen! Ich werde nie aufhören, Ihnen immer und immer wieder zu sagen, wie glühend ich Sie liebe und dass ich nicht ohne Sie glücklich sein kann. Sie werden ja auch erst dann das Glück kennen lernen, wenn Sie mir endlich angehören.“ Dabei riss er sie in seine Arme und küsste sie.

Konstanze Rutland stieg das Blut heiß in die Wangen, und ihre Augen blickten befangen in die des Mannes, der ihr solche Worte zu sagen, der sie zu küssen wagte. Irgendetwas in seinen Augen lähmte sie, wollte sie willenlos machen. Mit einem letzten Aufgebot ihrer Kraft stieß sie ihn zurück, dass er taumelte, drängte sich an ihm vorbei und lief so schnell sie konnte davon, wie auf der Flucht vor sich selbst und dem Mann, der einen so unheimlichen Einfluss auf sie ausübte. Sie liebte ihren Mann, war glücklich mit ihm und hatte bisher in Ruhe und Frieden an seiner Seite gelebt – bis vor Wochen dieser Mann in ihr Leben trat und sie vom ersten Augenblick an mit seinen Anträgen verfolgte. Noch nie war ihr ein Mann in solch kühner Weise entgegengetreten. Sie fühlte sich in seiner Nähe vom ersten Augenblick an beklommen, wie aller Kraft beraubt. Es half ihr nichts, dass sie ihn immer wieder kühl und stolz abwies, dass sie sich seine Liebesworte verbat. Er wurde nur immer dringender, und sie fühlte sich zu ihrem eigenen Entsetzen nicht fähig, ihm zu entgehen. Auch heute war sie ihm nach dem Tanz wie allen Willens beraubt hierher gefolgt hatte seine Worte angehört und hatte jetzt nur mit Aufbietung aller Kraft sich von ihm lösen können. Ihr war auch jetzt, als sie vor ihm floh, als ziehe sie etwas zu ihm zurück, als müsse sie noch einmal all die glühenden Liebesworte hören, die er für sie hatte Und – vielleicht wäre sie wirklich noch einmal zu ihm zurückgekehrt, von seiner suggestiven Kraft bezwungen, wenn nicht in diesem Augenblick eine hohe Gestalt vor ihr aufgetaucht wäre, an die sie sich klammerte wie eine Ertrinkende.

„Dan, lieber Dan – halt mich fest – bleib bei mir!“, rief sie wie außer sich.

Es war ihr Bruder, Daniel Herfort, der ihr zufällig entgegenkam, weil er ein stilles Plätzchen suchte, wo er ungestört eine Zigarette rauchen konnte.

Erschrocken sah er in das blasse Gesicht seiner Schwester. „Konny, was ist denn? Du bist ja ganz außer dir!“

Sie lehnte sich halb ohnmächtig an seine Schulter und sagte leise: „Dan, ich brauche deine Hilfe – dich hat mir Gott gesandt in diesem Augenblick. Aber bitte, führe mich jetzt zu Heinz – jetzt kann ich dir nicht alles sagen. Morgen, ja, morgen kannst du zu mir kommen, ich will dir alles sagen, zu dir habe ich Vertrauen, du wirst mir helfen. Heinz kann ich nicht um Hilfe bitten. Er darf nicht davon erfahren gib mir dein Wort! Komm morgen Vormittag eine Stunde zu mir, wenn Heinz im Büro ist! Bitte, komm bestimmt! Und jetzt führe mich zu Heinz.“

Besorgt sah Dan Herfort zu seiner Schwester herab. Er fühlte, dass sie zitterte, und in ihren Augen lag ein verzweifeltes Flehen.

Er drückte beruhigend ihre Hände. „Ruhe Konny, so kann ich dich nicht zu Heinz führen, wenn er nichts von deiner Aufregung wissen soll. Komm, ich führe dich erst ein Weilchen durch diese stillen Räume, bis du ruhiger geworden bist.“

Sie schüttelte abwehrend den Kopf. „Nein – nicht dahin zurück – lass uns nur zu Heinz gehen – da werde ich ruhig sein.“

Er fühlte, wie es sie zu ihrem Gatten trieb, als sei sie an seiner Seite vor allem Übel sicher.

Bald sahen die Geschwister Heinz Rutland an einem Fenster stehen, vor dem die schweren grünen Samtportieren zugezogen waren. Er stand da im Gespräch mit einem älteren Herrn, und sein energisches Gesicht wurde von einem liebenswürdigen Lächeln belebt.

Schnell wandte er sich um, als seine Frau mit ihrem Bruder zu ihm traten. „Ah, da bist du endlich, Konny! Ich suche dich schon eine ganze Weile, ich möchte mit dir tanzen.“

Ehe er merken konnte, dass seine Frau sehr blass aussah, sagte Dan: „Heinz, Konny hat Kopfschmerzen – ich fürchte, sie wird jetzt nicht tanzen wollen.“

Besorgt sah Heinz in das Gesicht seiner Frau. „Konny, du siehst wirklich blass aus. Was ist dir?“, fragte er unruhig und zog ihre Hand durch seinen Arm.

Ihr war, als sei sie nun sicher vor aller Not und Pein. Nun konnte ihr nichts mehr geschehen, und die nervöse Erregung, die sie befallen hatte, glitt von ihr ab, als sei sie nie gewesen, jetzt hatte Rolf Fernau keine Macht mehr über sie.

Sie lehnte einen Augenblick zärtlich den Kopf an die Schulter ihres Mannes. „Ist schon alles wieder gut, Heinz – es – ja, es war so heiß und mir war einige Minuten wirklich ganz elend zumute.“

„Du willst mir doch nicht krank werden, Konny?“, fragte Heinz.

Sie schüttelte den Kopf. „Ich sage dir doch, Heinz, es ist schon alles wieder gut. Und ich werde natürlich mit dir tanzen, ich freue mich doch, dass du Lust dazu hast. Selten genug komme ich zu einem Tanz mit meinem Mann.“

„Ach Konny, du weißt doch, dass ich nie gern getanzt habe – darein musst du dich schon fügen. Es fehlt dir ja nicht an Tänzern, wovon ich mich überzeugen konnte.“

Sie musste denken, dass einer dieser Tänzer Rolf Fernau gewesen war, und schauerte leise zusammen. Ihr Mann führte sie zum Tanz und hielt sie fest in seinen Armen.

Dan Herfort war inzwischen wieder in die Klubräume gegangen, in denen er seiner Schwester Konny begegnet war, weil er nur seine Zigaretten rauchen wollte. Dabei musste er an die nervöse Unruhe seiner Schwester Konny denken, an die seltsame Angst, mit der sie seinen Arm umklammert hatte. Was würde sie ihm morgen zu sagen haben?

Konny war zehn Jahre jünger als er, und sie beide hatten noch eine Schwester, die wieder fünf Jahre jünger war als Konny. Sie hatten die Mutter schon verloren, als Lore, die jüngste Schwester, erst acht Jahre alt war, und drei Jahre später verloren die Geschwister auch den Vater. Damals war Dan sechsundzwanzig, Konny sechzehn und Lore elf Jahre alt. Und mit sechsundzwanzig Jahren war Dan der Erbe der bekannten Herfort Werke. Die Geschwister hatten auch ein großes Barvermögen vom Vater geerbt, und die Schwestern waren dabei besser bedacht worden als Dan, weil dieser Chef der Werke geworden war. Er musste natürlich seinen Schwestern auch einen Teil der Einkünfte aus den Werken jährlich auszahlen, und so waren die beiden Schwestern reiche Erbinnen. Konnys Hand hatte Dan einige Jahre später gern in die von Heinz Rutland gelegt, der schon damals einen guten Namen als Rechtsanwalt hatte und zugleich Syndikus der Herfortwerke war. In dessen Schutz wusste Dan seine Schwester Konny wohl aufgehoben.

Seine Fürsorge galt nun eigentlich nur noch Lore, die inzwischen eine sehr reizende junge Dame von achtzehn Jahren geworden war und noch immer mit dem Bruder im elterlichen Haus lebte. Dan hatte die Hausdame seines Vaters, die dieser engagiert hatte, als die Mutter starb, übernommen, und Frau Maria Martens führte den Haushalt seitdem in tadelloser Weise.

Jedenfalls hatte Dan für seine beiden Schwestern mehr väterliche als brüderliche Gefühle, er fühlte sich für sie verantwortlich wie ein Vater für seine Töchter. Und die Schwestern wussten auch, dass Dan alles für sie getan hatte und tun würde, was ein treusorgender Vater für seine Kinder tun könnte.

Auch Lore Herfort war bei diesem Klubfest anwesend, doch hatte sie Dan im Kreis ihrer Freundinnen und einiger Tänzer wohlaufgehoben gesehen. Sie war lustig und unterhielt sich anscheinend vorzüglich. Um Konny hatte er sich gar nicht gesorgt, die er im Schutz ihres Mannes genügend geborgen glaubte. Dass Konny mit ihrem Mann eine sehr glückliche Ehe führte, wusste er.

Aber während er nun seine Zigarette rauchte und sich von einem Festtrubel erholte, musste er darüber nachdenken, was Konny ihm morgen zu sagen haben würde. Was hatte sie so erregt? Weshalb war sie so blass und verstört auf ihn zugekommen – dort drüben lag die Bibliothek des Klubs und das Lesezimmer. War sie dort allein gewesen?

Gerade wollte er sich erheben, um nachzusehen, ob diese beiden Räume leer waren, als eine elegant gekleidete Männergestalt langsam von diesen Zimmern herkam, von wo auch Konny gekommen war. Es war Rolf Fernau. Er kam anscheinend sehr gemächlich daher, hatte die eine Hand in der Tasche und hielt mit der anderen eine halb gerauchte Zigarette. Sein schönes Gesicht zeigte den Ausdruck großer Langeweile.

Dan zuckte einen Augenblick betroffen zusammen. Sollte Konny mit Fernau zusammen gewesen sein?

Dan mochte Fernau nicht leiden. Dieser hatte überhaupt wenig gute Freunde. Zwar war auch er Klubmitglied, wurde aber von allen anderen mit einiger Vorsicht behandelt, man wusste nicht, wovon er lebte, welchen Beruf er hatte und was er eigentlich in der Berliner Gesellschaft für eine Rolle spielte. Man sah ihn freilich überall, er war ein blendender Gesellschafter. Er fehlte bei keinem Rennen, bei keiner Theaterpremiere, bei keiner Geselligkeit.

Irgendetwas Unklares war für Dan um diesen Mann, und er verkehrte mit ihm nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ.

Es war ihm dann aufgefallen, dass Rudolf Fernau seiner jüngsten Schwester Lore scheinbar ernsthaft den Hof machte, aber Lores gesunder Sinn stellte sich ziemlich feindlich gegen ihn, und ihr Humor half ihr, das Übergewicht zu behalten.

Sie machte sich ein wenig über ihn lustig und sagte zu ihrem Bruder, dem sie immer alles anvertraute: „Du, Dan, dieser Rolf Fernau fällt mir auf die Nerven. Was der alles zusammenschwatzt ist kaum noch anzuhören. Wenn ich Anlage zur Eitelkeit hätte, der würde mich schön eingebildet machen. Eine Göttin und ein Engel soll ich in seinen Augen sein, die er übrigens so komisch verdreht wie ein Huhn, wenn es donnert. Ich glaube wahrhaftig, der legt es drauf an, mich eines Tages zum Altar zu führen.“

Dan hatte seine Schwester etwas besorgt angesehen. Dieser unklare Herr Fernau wäre nicht der Mann gewesen, den er sich zum zweiten Schwager wünschte.

Er stellte sich aber ganz ruhig und fragte scheinbar belustigt: „Und was würdest du dazu sagen, Lore?“

Sie lachte. „Ach, Dan, mein Nein würde nichts, durchaus nichts an Deutlichkeit vermissen lassen. Weißt du, der Mensch ist mir einfach gräulich. Du weißt doch, wenn mir einer so im tiefsten Herzen zuwider ist, dann bekomme ich eine Gänsehaut, wenn er mit mir spricht. Bei ihm aber genügt eine Gänsehaut noch gar nicht. Alles in mir und an mir ist auf Abwehr eingestellt. Irgendwie ist er ein Dämon, dessen bin ich gewiss. Ich habe ihm auch schon sehr deutlich klar gemacht, dass er mich zufrieden lassen soll mit seinen schwülstigen Schmeicheleien. Ich kann nicht begreifen, wie eine Frau auf so etwas hereinfallen kann. Und dabei sind sie alle ganz närrisch hinter ihm her. Na, die Geschmäcker sind gottlob verschieden – meiner ist er ganz gewiss nicht. Weißt du, was er gestern zu mir gesagt hat?“

Dan war das Herz leichter geworden bei Lores energischer Abwehr. „Was hat er denn gesagt?“, fragte er lächelnd.

„Er hat gesagt: ‚Wetten wir, Fräulein. Lore‘ – er hatte nämlich die Frechheit, mich Lore zu nennen –, ‚wetten wir, um was Sie wollen, dass ein Tag kommt, an dem Sie mich lieben werden!‘ Ich habe ihm ins Gesicht gelacht und geantwortet: ‚Es ist doch unfair, zu wetten, wenn man schon ganz genau weiß, dass der Gegner die Wette verliert, und deshalb wette ich nicht mit Ihnen. Sie sind mir so vollkommen gleichgültig, dass es einen Stein erbarmen könnte!‘“

Dan musste lachen, als ihm Lore das erzählte. „Dann hast du ihm ja deutlich Bescheid gesagt, und ich bin sehr froh darüber. Dieser Herr Fernau ist ein undurchsichtiger Mensch.“

Sie nickte energisch. „Das ist doch klar, Dan, ich halte ihn für einen Blender.“

Dieses Gespräch zwischen Dan und seiner jüngsten Schwester fiel ihm jetzt wieder ein, als Rolf Fernau langsam auf ihn zukam und dann mit seinem matten, blasierten Lächeln vor ihm stehen blieb.

„Sie sind wohl auch dem langweiligen Trubel entflohen, Herr Herfort?“

Dieser sah kühl zu ihm auf. „Ich wollte nur in Ruhe eine Zigarette rauchen. Gelangweilt habe ich mich bisher noch nicht, das kommt bei mir sehr selten vor.“

„Beneidenswerter Mensch! Für mich ist das ganze Leben eine langweilige Angelegenheit.“

„Gegen Langeweile hilft eins vorzüglich: arbeiten. Doch das scheint Ihnen nicht einzuleuchten.“

„Nein! Ich arbeite nie!“

Dan drückte seine Zigarette in einem Aschenbecher aus, zuckte die Schultern und erhob sich, um wieder in den Saal zu gehen.

„Wenn das Wahrheit ist, bedauere ich Sie sehr.“

„Wozu? Ich fühle mich selbst wohl dabei und kann sehr gut auf Arbeit verzichten.“

Dan verneigte sich kurz und ging ohne Antwort davon, eine solche wäre wahrscheinlich auch viel schärfer ausgefallen, als es in den gesellschaftlichen Rahmen passte. Und während er wieder dem Saal zuschritt, sagte er leise vor sich hin:

„So ein Fatzke!“ Aber dann hatte er schnell seinen Ärger vergessen, denn nahe der Saaltür stand eine weiß gekleidete junge Dame, deren Anblick sein Herz immer sehr viel schneller schlagen ließ. Es war Fräulein Felicitas Merling, eine schlanke, stolze Erscheinung mit goldbraunem Haar und großen grauen Augen. Sie stand anscheinend in tiefen Gedanken versunken und sah vor sich hin, als denke sie über etwas nach, was sie bedrückte.

Gleich darauf stand er neben ihr.

„So tief in Gedanken, mein gnädiges Fräulein?“, fragte er leise.

Schnell hob sie das Haupt, sah ihn an und konnte das leise Rot nicht zurückhalten, das in ihr Gesicht stieg. Ein Lächeln huschte um ihre Lippen.

„Eigentlich war ich mehr stumpfsinnig als gedankenvoll“, scherzte sie.

Seine Augen sahen warm und gütig in die ihren. „Sie und stumpfsinnig? Das ist ausgeschlossen. Darf ich Sie um diesen Tanz bitten?“

Sie atmete etwas schneller. „Eigentlich habe ich schon mehr als genug getanzt und wollte damit für heute Schluss machen. Meine Schwester hat mir auch gesagt, dass sie in zehn Minuten mit ihrem Mann aufbrechen und mich dann in ihrem Wagen mitnehmen wird.“

„Länger als zehn Minuten dauert der Tanz nicht, und ich hatte heute erst einmal das Vergnügen, mit Ihnen zu tanzen. Sie waren so umringt von Tänzern, dass ich nicht durchkommen konnte.“

„Also muss ich Sie schon durch diesen letzten Tanz entschädigen, Herr Herfort.“

Und er führte sie in seiner sicheren, eleganten Haltung zwischen die Tanzenden.

Sie sprachen beide kein Wort dabei, aber ihre Seelen fanden sich in innigem Verstehen. Sie fuhren beide wie aus einem Traum auf, als die Musik schwieg, und sahen sich einen Augenblick in die Augen. Dann führte Dan die junge Dame zu ihrer Schwester.

Hella Funke sah ihrer Schwester Felicitas sehr ähnlich, nur zeigten ihre Züge nicht den ruhigen Stolz, den vornehmen Ausdruck, der denen von Felicitas eigen war.

Dan verabschiedete sich nun von den Herrschaften, und er sah Felicitas dabei in die Augen, dass dieser das Blut in die Wangen schoss. Eine Weile blickte er noch hinter ihr her, dann suchte er nach seiner Schwester Lore, um zu fragen, ob sie wohl auch gesonnen sei, aufzubrechen.

Dabei begegnete er wieder Rolf Fernau, der anscheinend hinter ihm gestanden hatte. Dass Rolf Fernau dabei einen sehr bedeutungsvollen Blick mit Hella Funke gewechselt hatte, war von niemandem bemerkt worden, auch nicht von Dan.

Dieser ging an Fernau vorüber, ohne ein Wort mit ihm zu wechseln, und er ahnte nicht, dass Fernau ihm mit einem impertinenten Lächeln nachsah.

„Warte nur, mein Junge, du wirst dich eines Tages vor mir beugen müssen, wirst merken, dass sich Rolf Fernau nicht ungestraft so behandeln lässt, wie du es für gut findest. Eine deiner Schwestern wird mein Opfer werden, und dann wirst du ganz klein sein müssen, wirst sehr darum bitten müssen, dass ich sie aus meinen Fängen lasse.“

So war Rolf Fernaus Gedankengang, und sein schönes Gesicht wurde durch einen rohen Ausdruck entstellt.

***

Dan fand seine Schwester Lore bereit, mit ihm aufzubrechen. Sie wollte sich nur noch von Rutlands verabschieden, die auch schon zum Aufbruch bereit waren.

Konny flüsterte Dan noch zu: „Vergiss nicht, Dan!“

„Unbesorgt, Konny“, erwiderte er. Gleich darauf fuhr er mit Lore heim.

Lore war müde vom Tanzen und allem Vergnügen. Sie gab Dan halb verschlafen einen Kuss auf die Wange, als sie zu Hause anlangten, und sagte, ein Gähnen unterdrückend: „Dan, jetzt ist der Fernau hinter einer verheirateten Frau her.“

Er erschrak ein wenig, weil er an Konny denken musste. „Du siehst wohl Gespenster, Lore?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, nein, er hatte ein sehr intimes Tete-a-tete mit Frau Hella Funke, ich kam unglücklicherweise gerade dazu, als er sie an sich ziehen und küssen wollte. Sie sträubte sich freilich und sagte: ‚Lass das, Rolf ich will das nicht.‘ Aber ‚du‘ hat sie ihn doch genannt. Nun siehst du, was dieser Fernau für ein Dämon ist. Du, so müde ich bin, dem möchte ich mal eine Ohrfeige geben – aber erst Handschuhe anziehen! Gute Nacht, Dan!“

Er sagte etwas geistesabwesend: „Gute Nacht, Lore, schlaf gut!“

Sie huschte die Treppe hinauf nach ihrem Schlafzimmer. Dan aber trat noch einmal in sein Arbeitszimmer und ließ sich vor dem Schreibtisch in einen Sessel fallen. Tiefsinnig sah er vor sich hin. Was war dieser Fernau für ein Mensch? Da war doch etwas nicht in Ordnung! War er nur ein Mitgiftjäger, wie es seine Bewerbung um Lore andeutete? Aber warum war er dann auch hinter Frauen her – hinter Hella Funke, der Schwester von Felicitas? War er ein Don Juan? Oder hatte seine kleine Schwester Recht, wenn sie ihn einen Dämon nannte? Irgendetwas hatte dieser Mensch in seinen Augen, das nicht zu ergründen war. Gottlob, dass Lore sich von seinem Einfluss freihielt! Sie war in solchen Dingen so herzerfrischend entschieden, ihr konnte man so leicht nichts vormachen. Aber Konny, Konny mit ihrem etwas schwärmerischen Einschlag, der vielleicht von ihrem ernsthaften, ruhigen Mann nicht genügend berücksichtigt wurde? Heinz war ein Prachtmensch, aber vielleicht zeigte er Konny seine Liebe nicht genug. Ganz gewiss liebte er sie herzlich, aber so junge Frauen wollen das auch merken, wollen schöne Worte darüber hören.

Und Hella Funke? Sie war ein kleines leichtsinniges Ding, Felicitas war ganz anders, wertvoller, vornehmer in ihrer Denkungsweise. Aber Hella Funke – war die in Gefahr? Felicitas liebte ihre Schwester. Wenn ihr etwas Schlimmes geschah, würde es Felicitas mit treffen. Das durfte nicht sein. Aber wie konnte er es ändern? Wie konnte er diesen Don Juan hindern, Unheil zu säen?

***

Rolf Fernau nahm sich ein Taxi, um nach Hause zu fahren. Seine Wohnung befand sich in einer der abgelegenen Tiergartenstraßen. Sie bestand aus drei Zimmern, einer kleinen Diele, einer winzigen Küche, in der sein Diener ihm das Frühstück und zuweilen das Abendessen bereiten musste, und einem Dienerzimmer.

Sein Diener Franz war noch wach – Rolf Fernau liebte es nicht, Rücksichten auf Untergebene zu nehmen. Aber Franz war sehr verschlafen und mürrisch, als er seinem Herrn Hut und Paletot abnahm.

Rolf sah ihn scharf an. „Haltung, Franz! So mürrisch bedient man seinen Herrn nicht! Bereiten Sie mir noch eine Tasse Tee, aber dalli, mein Sohn!“

Franz schlurfte in die Küche, und Rolf rief ihm nach: „Hebe die Füße, du Schlingel!“

Wenn sein Herr ihn „du“ nannte, gab sich Franz immer einen Ruck, denn dann wurde es ernst. Im ganzen hatte er wenig Achtung vor ihm, er wusste zuviel von den verschwiegenen Abenteuern Rolf Fernaus, wusste, wie nötig dieser ihn brauchte und auf seine Hilfe bei allen kniffligen Sachen angewiesen war, aber er wurde gut bezahlt, und wenn er nicht gehorchte, sobald sein Herr ihn „du“ nannte, dann gab ihm dieser einen Schlag ins Genick – und er hatte verdammt kräftige Hände. Franz wurde tagelang nach so einer Behandlung die Kopfschmerzen nicht los.

Franz brachte nach einer Weile den Tee herein und stellte das Teebrett vor seinen Herrn hin.

„Post gekommen?“, fragte Fernau, während der Diener den Tee in die Schale füllte.

„Nein, gnädiger Herr.“

„Sonst etwas gewesen?“

„Nein, gnädiger Herr!“

„Hast du die Briefe besorgt, die ich dir gegeben habe?“

„Ja, gnädiger Herr, es ist alles sofort in den Kasten gekommen.“

Franz hätte zwar liebend gern die Post seines Herrn einer genauen Kontrolle unterzogen, aber dieser hatte ihm eines Tages gesagt: „Sollte es dir einfallen, in meiner Post herumzuspüren, dann fliegst du ins Gefängnis, mein Sohn.“

Dabei hatte er Franz so grausam angesehen, dass dieser es wirklich nicht wagte, einen der Briefe zu öffnen.

Fernau ließ sich noch eine Zigarette anzünden, dann sagte er lässig: „Geh zu Bett! Ich bedarf deiner nicht mehr!“

„Sehr wohl, gnädiger Herr! Wünsche ergebenst gute Nacht!“

Fernau winkte nur kurz ab. Dann verfiel er in tiefe Gedanken. Im Anschluss daran begann er auf einem Notizblock allerlei Zahlen untereinander zu reihen und sie zusammenzurechnen. Es schien ein erfreuliches Ergebnis herausgekommen zu sein, denn in seinen Augen, die schon mancher Frau gefährlich geworden waren, glimmte es befriedigt auf.

Wieder sah er gedankenvoll vor sich hin.

„Das beste wäre natürlich eine reiche Heirat – das beste und leichteste. Diese Lore Herfort hat ein sehr großes Vermögen. Aber was fängt man dann mit einer Frau an, wenn man an sie gefesselt ist? Nein, das könnte Schwierigkeiten geben. Frei muss ich sein, um nach Belieben handeln zu können. Natürlich kann man ja auch eine Ehe vortäuschen, bis man das Geld hat, und dann auf und davongehen. Aber der Bruder ist verdammt lästig, der rückt vielleicht das Vermögen gar nicht heraus. Und die kleine Lore ist eine Hundeschnauze – nichts zu machen mit ihr. Also dann schon lieber auf dem alten Weg weiter. Es lebt sich ja ganz gut von der Angst der Weiberchen, und eine angenehme Abwechslung ist es auch. Also jetzt muss die Konny zahm werden. Verdammt hübsches Weib und viel Rasse! Sie hat nur noch Hemmungen, die müssen erst über Bord. Dann kann das sehr nett werden. Inzwischen muss Hella zahlen. Die ist erledigt, sie weiß nun, was ihr droht. Fünfzigtausend müssen herausspringen – die Schwester hat ja eine reiche Erbschaft gemacht und wird die geliebte Schwester nicht im Stich lassen. Der Mann ist doch auch schwer reich – also soll sich die schöne Hella anstrengen, ihm den nötigen Mammon abzuluchsen. Vorläufig muss es mit fünfzigtausend genug sein. Später werden wir sehen. Konny schätze ich gut auf hunderttausend, die hat mehr als genug eigenes Vermögen. Hellas Schwester? Felicitas? Ein wunderschönes Mädchen – aber tabu – die lässt keinen an sich heran, das spürt man. Und heiraten? Lieber nicht – das könnte gefährlich werden, wenn Siddy eines Tages auftaucht. Also weiter! Zehntausend muss Amely noch herausrücken. Ihr Mann hat gut an der Börse verdient. Und Henny kann mir ihre Perlen geben – ich sage ihr, nur zum Versetzen. Dann kann sie sehen, ob sie sie wieder einlösen kann. Das Geschäft muss was einbringen. Wie lange noch? Zehn Jahre höchstens kann man noch den Unwiderstehlichen spielen, dann ist es vorbei. Also muss man etwas für sein Alter zurücklegen.“

So war der Gedankengang dieses Mannes, der sich vom Unglück der Frauen mästete, die er zu Fall gebracht hatte und die ihm dann Geld und immer wieder Geld beschaffen mussten.

Befriedigt erhob er sich und begab sich in sein Schlafzimmer. Er trat dort vor den Spiegel und musterte sich mit sehr kritischen Blicken. Aber er war doch zufrieden mit dem Ergebnis der Prüfung. Er war ein schöner Mann, und das war wichtig für sein Unternehmen.

Rolf Fernau machte sich nun für die Nacht fertig und begab sich zur Ruhe. Er schlief sogleich ein.

Am anderen Morgen wurde er pünktlich von Franz geweckt. Nach dem Bad war das Frühstück bereit, und behaglich nahm er es ein. Danach ließ er sich von Franz eine Zigarette anstecken, lehnte sich zurück und entfaltete die Morgenzeitung.

Erst nachdem er diese überflogen hatte, öffnete er die eingegangene Post und sah sie durch. Es waren vier Briefe, und jeder dieser Briefe war von Frauenhand geschrieben. Gelangweilt las er sie durch und faltete sie dann sorgsam zusammen. Jeden dieser Briefe band er mit einem bereits vorhandenen Bündel zusammen, das die gleichen Schriftzüge trug. Eine ganze Anzahl solcher Briefbündel lag wohlverwahrt in einem besonders gesicherten Fach seines Tresors, der in die Wand eingebaut war. Diese Briefe waren seine Waffen, seine Werkzeuge, seine Geldquellen.

Sorgfältig schloss er das Stahlfach ab und steckte die Schlüssel zu sich. Dann kleidete er sich zum Ausgehen an, und eine Stunde später flanierte er durch die belebten Straßen des Westens, sah den hübschen Frauen unternehmungslustig ins Gesicht und belustigte sich, wenn sie ihm geschmeichelt und sehr aufmerksam nachsahen. Er merkte befriedigt, dass jeder seiner Blicke, der auf Wirkung berechnet war, auch wirklich den gewünschten Erfolg hatte. Aber weiter lohnte sich für ihn die Sache nicht mit diesen Fußgängerinnen, so hübsch sie auch sein mochten. Für ihn kamen nur Frauen in Betracht, die im Auto vor einem der großen Geschäfte hielten, zuweilen konnte man sogar in dasselbe Geschäft eintreten, um einen besonders wirkungsvollen Glutblick oder einen verhaltenen Seufzer richtig anzubringen, was selten oder nie seine Wirkung verfehlte.

Das war seine Morgenbeschäftigung. Sie befriedigte ihn sehr, und er buchte jede Eroberung, die er auf diese Weise gemacht hatte, um sie später weiter auszubauen.

Er trieb ein schandbares Gewerbe für einen Mann, aber dessen wurde er sich kaum bewusst. Für ihn kam nur in Betracht, ob es sich lohnte.

Und bisher hatte es sich reichlich gelohnt und ihm ein bequemes Leben verschafft.

***

Als Lore Herfort am nächsten Morgen ziemlich spät zum Frühstückstisch kam, fand sie zu ihrem Erstaunen ihren Bruder noch vor. „O Dan, hast du auch verschlafen heute?“

„Nein, Lore, aber ich habe einen Weg vor, den ich nicht so zeitig antreten kann. Es lohnt sich aber nicht für mich, vorher in die Werke zu fahren. Und so leiste ich dir noch eine Weile Gesellschaft. Hast du gut geschlafen?“

„Wie ein Murmeltier. Und jetzt habe ich Hunger und Durst.“

Sie ließ sich das Frühstück gut schmecken; dabei plauderten die Geschwister über den gestrigen Abend.

Und im Lauf der Unterhaltung sagte Lore begeistert: „Du, Felicitas Merling war gestern wieder einmal die Schönste von allen. Findest du sich nicht auch entzückend?“

So ruhig als möglich erwiderte er: „Sie ist wirklich reizend.“

„Magst du sie nicht gern, Dan?“

„Doch, sehr gern.“

„Ach, das klingt so kühl und förmlich! Weißt du, wenn ich ein Mann wäre, ich würde mich nur in Felicitas verlieben. Sie gefällt mir viel besser als ihre Schwester, die wohl ein wenig leichtfertig ist. Sonst hätte sie sich nicht mit Fernau eingelassen.“

„Du hast sie – ich meine Frau Funke – vielleicht in einem falschen Verdacht.“

„Aber, Dan, ich habe es doch selbst gesehen und gehört. Du kannst schon glauben, die haben etwas miteinander. Ich finde ja Herrn Funke nun auch nicht gerade anbetungswürdig, aber das ist Geschmacksache, und wenn sie ihn nun einmal geheiratet hat, muss sie ihm auch treu bleiben. Felicitas würde so etwas nie tun, das ist gewiss.“

„So, davon bist du überzeugt?“, fragte er scheinbar gleichmütig.

„Ganz fest. Die ist treu und von vornehmer Gesinnung, das habe ich schon oft bemerken können. Weißt du, Dan, das wäre eine passende Frau für dich. Ihr würdet ein herrliches Paar abgeben.“

„Meinst du?“, fragte er belustigt, obgleich ihm sehr ernsthaft zumute war.

Lore nickte energisch. „Ja, nimm das nur bitte nicht von der scherzhaften Seite, ich meine es ernst.“

„Aber, Lore, dazu gehören doch immer zwei!“

„Natürlich! Du müsstest dich ernsthaft um sie bewerben.“

„Wie macht man denn das?“, fragte er mit einem so naiven Ausdruck, dass sie ihm einen kleinen Nasenstüber gab.

„Mit dir kann man über so eine Frage gar nicht ernsthaft reden. Willst du vielleicht als Hagestolz in die Grube fahren?“

„Es eilt ja noch nicht, Lore, erst will ich dich doch unter die Haube bringen.“

Als er das sagte, merkte er erstaunt, dass Lore sehr rot und verlegen wurde. Was hatte das zu bedeuten? Sollte seine kleine Lore schon ihr Herz entdeckt haben? Fragen würde er jetzt aber nicht weiter.

„Ich heirate wahrscheinlich nie!“, rief Lore sehr nachdrücklich.

Mit humoristischer Überlegenheit sah der Bruder sie an. „Nie ist ein kurzes Wort von langer Bedeutung, Lore! Vielleicht überlegst du es dir erst noch einmal. Ich will es jedenfalls für kein bindendes Versprechen deinerseits ansehen.“

„Ach, lassen wir diese dumme Sache!“

„Ich denke auch, Lore. Und jetzt will ich erst mal in den Werken anrufen.“

Dan ging in sein Arbeitszimmer und klingelte an. Er verlangte seinen Schwager Rutland zu sprechen. Dieser meldete sich sogleich, und Dan frage ihn etwas Geschäftliches. Ihm war es nur darum zu tun, bestimmt zu wissen, dass dieser nicht mehr zu Hause war.

Ganz beiläufig sagte er dann noch: „Ich komme heute etwas später, Heinz, ich habe noch einige Wege zu erledigen. Da ich in die Nähe eurer Wohnung komme, werde ich Konny gleich noch guten Tag sagen. Sie hat doch das Fest gut überstanden?“

„Das ist nett von dir, Dan. Konny ist heute ein wenig blass und nervös, sie hat wohl nicht genug geschlafen.“

„Nun, das wird sich wieder machen, Heinz. Also ich sehe mal nach ihr. Auf Wiedersehen!“

„Auf Wiedersehen, Dan! Grüße Konny herzlich von mir!“

„Das will ich bestellen.“

Dan hängte ab und sah nachdenklich vor sich hin. Konny war blass und nervös? Hoffentlich hatte das keine schwerwiegenden Gründe!

Er verabschiedete sich nun schnell von Lore. Sein Wagen wartete schon, und er fuhr davon.

Als er an der Rutlandschen Wohnung hielt, die in einem der vornehmen Mietshäuser des Berliner Westens lag, stieg er aus und gebot dem Chauffeur zu warten.

Konny hatte vom Fenster aus den Bruder vorfahren sehen und empfing ihn in ihrem kleinen Salon. Auch Dan fiel es auf, wie blass und müde sie aussah.

„Guten Morgen, Konny! Da bin ich. Ich habe eben bei Heinz angeklingelt, um zu wissen, dass er wirklich nicht mehr zu Hause ist. Damit die Dienstboten ruhig verraten können, dass ich hier war, habe ich ihm gesagt, ich hätte einige Wege zu erledigen, wobei ich bei euch vorüberkommen würde, und ich würde dir dabei gleich guten Tag sagen. Er sagte mir, du hättest blass und nervös ausgesehen, und das kann ich nur bestätigen. übrigens soll ich dich herzlich von ihm grüßen.“

„Danke, Dan! Er ist so gut! Komm, setz dich zu mir – ich muss dir eine Beichte ablegen. Nur du kannst mir helfen.“

„Dein Vertrauen soll nicht enttäuscht werden, Konny. Also mach dir das Herz leicht! Was ist geschehen?“

Sie saßen einander gegenüber, und Konny nahm seine Hand in die ihre. „Du musst mir wieder einmal den Vater ersetzen, Dan. Ich bin in eine abscheuliche Lage geraten – ganz ohne meine Schuld, das schicke ich voraus. Und doch, obgleich ich meinen Mann liebe und ihm im Herzen nicht einen Augenblick untreu geworden bin, ist es gestern Abend dazu gekommen, dass mich ein anderer Mann geküsst hat. Gegen meinen Willen, Dan, darauf gebe ich dir mein Wort, aber ich war trotzdem so willenlos, dass ich jenem Mann nicht ins Gesicht geschlagen habe, ihn nur gelähmt anstarrte, ihn dann zurückstieß, dass er taumelte, und dann bin ich davongelaufen – zum Glück gerade dir in die Arme.“

Erregt kam das alles über ihre Lippen. Dan atmete auf. Gewiss war das schlimm, aber nicht so schlimm, als dass es nicht hätte wiedergutgemacht werden können. Mit seinen guten ernsten Augen sah er sie an.

„Und jener Mann – war Rolf Fernau, nicht wahr?“

Sie schrak zusammen. „Du weißt?“

„Ja, ich sah ihn gleich darauf aus den Zimmern treten, aus denen du gekommen bist, und ihm traue ich diese Gemeinheit zu.“

Sie atmete tief auf. „Ja, Dan, es war eine Gemeinheit. Ich hasse und verabscheue diesen Menschen, der sich seit Wochen immer in meine Nähe drängt, mir nicht von der Seite weicht und mich mit Liebesworten und Anträgen peinigt. Ich habe ihm von Anfang an gesagt, dass er mich in Ruhe lassen soll, dass ich nichts von solchen Dingen hören will – und doch – das ist das Entsetzlichste – doch bin ich immer wie willenlos, wie gelähmt – ich möchte sagen, wenn es nicht so töricht wäre, wie hypnotisiert. Ich habe dann nicht mehr die Kraft, davonzugehen – fühle mich wie gebunden und höre mir in diesem Zustand all die zudringlichen Worte an, die er mir zuflüstert, während er mich dabei mit seinen zwingenden Augen ansieht. Dan, so schrecklich das klingen mag, ich fürchte mich, dass dieser Mensch gegen meinen Willen Gewalt über mich bekommt und dass ich dann furchtbar unglücklich werde. Ich liebe doch meinen Mann, Dan, und ich bin auch gewiss nicht leichtfertig und will ihm treu sein! Du ahnst nicht, was ich schon leide unter dem Gedanken, dass der Unverschämte mich gestern in seine Arme riss und mich küsste. Dan, willst du mir helfen?“

Beruhigend streichelte er ihr die Hand. „Vor allen Dingen, Ruhe, Konny! Gottlob, noch ist nichts geschehen, was du zu bereuen hättest. Dass dich ein Unverschälliter gegen deinen Willen küsste, ist keine Schuld. Aber natürlich könnte eine Schuld daraus werden, wenn diesem Burschen nicht das Handwerk gelegt würde. Irgendetwas hat er an sich, was mir schon immer zu denken gab. Und das eine ist sicher, gerade von schlechten Menschen geht immer ein starker suggestiver Einfluss auf andere Menschen aus. Das Böse im Menschen wirkt oft stärker als das Gute. Ängstige dich nicht damit, Konny, dass er irgendeine übernatürliche Macht über dich hat! Und um dich von seinem Einfluss möglichst schnell freizumachen, will ich dir sagen, dass du nicht die einzige Frau bist, um die er sich in dieser Weise bemüht. Da ist zuerst Lore.“

Konny schrak empor. „Um Gottes willen, ist er auch hinter Lore her?“

„Du kannst darüber ruhig sein. Unser Nesthäkchen hat die rechte Art, mit so einem Fant umzugehen. Sie hat ihn kaltblütig abgeschüttelt, aber sicher hatte er es darauf abgesehen, sie zu heiraten, vielmehr ihr Vermögen an sich zu bringen.“

Konny machte große Augen. „Du meinst, ihm ist es um das Geld zu tun?“

„Das meine ich allerdings, wenn ich auch noch nicht weiß, wie er da bei dir auf seine Rechnung kommen wollte, da du ja doch verheiratet bist. Er müsste es gerade darauf absehen, dich zu einer Scheidung zu veranlassen, damit er dich dann heiraten kann.“

Dan Herforts Denkungsweise war viel zu vornehm, als dass er auch nur hätte ahnen können, welche Absichten Fernau mit seiner Handlungsweise hatte.

Konny wehrte entsetzt ab. „Daran ist doch gar nicht zu denken, Dan, zwischen Heinz und mir darf nichts geschehen, was uns trennen könnte. Deshalb komme ich ja in meiner Not zu dir.“

„Und das war sehr klug von dir, Konny. Habe keine Angst, ich bringe die Sache in Ordnung und werde mir den Burschen kaufen.“

„Wirst du dich aber dabei nicht in Gefahr begeben?“

„Keine Angst, ich will schon mit ihm fertig werden! Er soll dich nicht ungestraft belästigt haben. Zugleich begleiche ich dann meine Rechnung mit ihm bezüglich Lore. Gottlob ist sie so klar und bestimmt in ihrem ganzen Denken und Empfinden, dass er ihr kaum etwas anhaben könnte. Immerhin werde ich auch Lore ein für allemal Ruhe vor ihm schaffen. Mir scheint, ich komme jetzt hinter seine wahre Tätigkeit. Kein Mensch weiß, wovon er lebt. Er arbeitet nicht, hat keinerlei Beruf, Vermögen wahrscheinlich auch nicht, und trotzdem lebt er auf großem Fuß. Ich werde den Burschen einmal gründlich unter die Lupe nehmen. Da ist auch noch eine andere Frau, die er anscheinend nicht in Ruhe lässt. Lore hat mir da gestern Abend eine seltsame Geschichte erzählt – von ihm – und – aber erst gib mir dein Wort, dass du über das, was ich dir jetzt berichten will, kein Wort zu einem anderen Menschen sprechen wirst.“

Ihre großen Augen sahen unruhig aus ihrem blassen Gesicht. „Ich gebe dir mein Wort, Dan.“

„Nun gut. Aber da ist noch Frau Hella Funke im Spiel.“

„Die Schwester von Felicitas Merling?“

„Ja. Hör zu, was mir Lore berichtet hat.“ Und er erzählte ihr, was Lore zufällig erlauscht hatte.

Konny presste die Handflächen zusammen. „Er ist ein Schurke, Dan. Ich habe mir wirklich eingebildet, dass ihn eine große Leidenschaft für mich beherrscht. Das wäre immerhin eine gewisse Entschuldigung für ihn gewesen. Aber nun, da ich das von ihm weiß, ist mir schon viel freier ums Herz. Hella Funke sollte mir Leid tun, wenn sie sich tiefer von ihm hätte bestricken lassen. Und mehr noch tut mir Felicitasleid. Sie liebt ihre Schwester sehr, und wenn ihr ein Leid zugefügt würde, träfe es auch Felicitas. Im Übrigen hat Hella noch die Entschuldigung, dass ihr Mann sehr schroff ist in seiner fast krankhaften Eifersucht. Ach Dan, dass nur Heinz nichts von der ganzen Sache erfährt, was sollte aus meinem friedlichen, schönen Glück werden?“

„Ich hoffe, dass die schlimmste Gefahr schon vorüber ist, nun, da dir die Augen über Fernau geöffnet sind. Er darf nie wieder Macht über dich gewinnen. Dafür werde ich sorgen.“

„Wird dabei auch sicher kein Unheil herauskommen, Dan, wirst du dich nicht in Gefahr begeben?“

„Steigere dich nicht wieder in andere Ängste hinein, Konny, das hast du nicht nötig! Mit solchen Burschen umzugehen, ist nicht so schwer.“

„Was willst du tun?“

„Das weiß ich noch nicht. Auf alle Fälle werde ich dir und Lore Ruhe schaffen, und wenn ich es kann, auch Felicitas Merling, indem ich gleichzeitig versuchen will, auch für Ihre Schwester einzutreten.“

„Er wäre wohl auch imstande, Felicitas selbst zu belästigen.“

In Dans Stirn stieg das Blut. „Er soll es nicht wagen!“

***

Felicitas Merling war wie jeden Morgen in ihrem kleinen Atelier mit kunstgewerblichen Studien beschäftigt. Sie hatte mehrere Illustrationen von Ausgrabungen aus neuester Zeit vor sich und vertiefte sich gerade in die wunderschöne Linienführung einer Lampe aus dem Altertum, als draußen die Flurklingel anschlug. Gleich darauf hörte Felicitas die alte Dore, ihre Dienerin, aus der Küche kommen und nach der Tür gehen, um zu öffnen. Sie hörte dann die helle Stimme ihrer Schwester Hella, und ein liebevolles Lächeln huschte um ihren schön gezeichneten Mund.

Gleich darauf trat Hella in einem hübschen steingrünen Morgenkleid ein. Sie kam aus ihrer eine Treppe tiefer liegenden Wohnung.

Fast jeden Morgen machte sie ihrer Schwester, sobald ihr Mann nach dem Büro aufgebrochen war, einen Besuch und sie plauderten dann ein Stündchen zusammen.

„Guten Morgen, Feli! Bist du schon wieder bei deinen alten Töpfen und Vasen? Ich weiß gar nicht, was du an diesem alten Gerümpel hast.“

Feli ließ ihre Arbeit liegen und zog Hella in ihre Arme. „Hast du gut ausgeschlafen, Hella?“

Ein leichter Schatten huschte über Hellas Gesicht, und Feli bemerkte, dass die Schwester blass und müde aussah. „Offen gestanden, nein, Feli, ich habe nicht gut geschlafen.“

„Dein Mann ist fort?“

„Natürlich – und zwar mit der nach solchen Festen üblichen Laune. Du weißt, sobald ich mit anderen Herren zusammengekommen bin, plagt ihn die Eifersucht.“

Feli drückte die Schwester in einen bequemen Sessel. „Diese Eifersucht ist schon beinahe krankhaft, er macht euch beiden damit das Leben nur schwer. Und ohne allen Grund natürlich“, sagte Feli ärgerlich.

Hella seufzte, sah von unten herauf etwas beklommen und unruhig zur Schwester empor, und dann schossen ihr plötzlich Tränen in die Augen. Ein krampfhaftes Schluchzen schüttelte sie.

Mit einer fast mütterlichen Zärtlichkeit wischte Feli ihr die Tränen fort. „Liebes! Wer wird denn weinen, wenn der Mann mal schlechte Laune hat! Immerhin beweist seine Eifersucht doch, dass er dich lieb hat und keinem anderen Mann deinen Anblick gönnt. Sei doch ruhig!“

Hella legte ihren Kopf an die Brust der Schwester. „Ach, Feli, deshalb weine ich doch gar nicht – nur – ich habe eine so rasende Angst.“

Es lag eine solche Verzweiflung in diesem Ausdruck, dass Feli erschrak. Forschend sah sie die Schwester an. „Hella, vor wem oder weshalb hast du denn Angst was ist dir denn, Liebling?“

Hella wurde weiter von krampfhaftem Schluchzen geschüttelt.

Feli streichelte ihr Haar und redete ihr gut zu. „Sag mir doch, was dich drückt, Hella, vielleicht kann ich dir helfen.“

Hella fasste die Hände der Schwester und barg ihr Gesicht darin. „Ach Feli – vielleicht kannst du mir wirklich helfen. Ich – ich brauche Geld – viel Geld.“

Unwillkürlich atmete Feli auf. Geld! Dann war es ja nicht schlimm, was Hella bedrückte, meinte sie. „Aber Hella, um Geld musst du doch nicht weinen. Hast du Schulden gemacht, kleiner Leichtsinn? Hat das Toilettengeld nicht gereicht, das dir Ernst ausgesetzt hat?“, versuchte sie zu scherzen.

Hella trocknete die Tränen, seufzte tief und schüttelte den Kopf. „Ach, Feli, das ist ja alles viel schlimmer. Wie soll ich dir das nur sagen? Du wirst sehr böse sein. Und ich schäme mich schrecklich aber wenn ich das Geld nicht schaffe, droht mir ein großes Unheil. Dann muss ich fort von Ernst – und ich habe ihn doch lieb, trotz allem – und möchte ihm auch nicht wehtun. Wie komme ich nur aus dieser schrecklichen Not?“

Feli wurde es jetzt doch beklommen zumute. Sie kannte ihre Schwester, wusste, dass sie sich oft zu kleinen Torheiten verleiten ließ. Was hatte sie nur wieder angestellt?

„Jetzt musst du mir alles sagen, Hella – vielleicht kann ich dir dann helfen.“

„Ach Feli, du siehst nun gleich wieder so streng aus. Wo soll ich da den Mut zur Beichte hernehmen?“

„Ich sehe nicht streng aus, ich mache mir nur Sorgen um dich, Liebling, Also heraus, was hast du angestellt?“

Hella wühlte den blonden Lockenkopf in Felis Arme und wagte nicht, zu ihr aufzusehen. „Diesmal ist es viel, viel schlimmer, Feli diesmal bin ich richtig schlecht gewesen“, sagte sie zerknirscht.

Feli erschrak. „Das verhüte Gott, mein Kleines! Das ist doch nicht möglich! Du bist ein Leichtfuß, aber schlecht – nein, schlecht bist du nicht.“

Wieder liefen Hellas Tränen. „Ach, Feli, ich weiß ja selbst nicht, wie es gekommen ist. Da war ich einmal – du warst noch in England bei Tante, und ich war noch nicht sehr lange verheiratet – in schlechter und trotziger Stimmung. Ernst hatte ohne allen Grund eine gehörige Eifersuchtszene losgelassen. Und als er fort war, wurde ich ganz rachsüchtig und sagte mir, ich müsse ihm nur einmal wirklich Grund zur Eifersucht geben. In dieser Stimmung fuhr ich aus, wollte hinaus nach dem Grunewald. Unterwegs hatte ich eine kleine Panne, und da kam uns ein Herr in einer Autotaxe entgegen, ließ seinen Wagen halten, und sein Chauffeur half dem meinen. Der Herr – er blieb inzwischen bei mir stehen und machte mir gleich in aufdringlicher Weise den Hof – war sehr hübsch und interessant, dass ich in einem gewissen Trotz dachte: Da ist ja gleich einer, der Ernst einen Grund zur Eifersucht geben könnte!“

„Aber, Hella!“, rief Feli erschrocken.

Jetzt warf Hella den Kopf zurück. „Nun ja, im Grunde war nur Ernst schuld. Und ich konnte ja nicht wissen, dass so bitterer Ernst aus der Sache wurde.“

Feli zog sich einen Sessel heran, setzte sich der Schwester gegenüber und hielt deren Hände in den ihren. Sie war vor Angst und Unruhe ganz blass. „Sag mir alles, Hella“, bat sie leise.

„Ja, nun muss ja doch alles heraus. Also – wir mussten länger auf den Wagen warten – der Herr sagte seinem Chauffeur, er möge dem meinen nur helfen, er werde ihm seine Zeit bezahlen. Und er führte mich in eines der Grunewaldcafés, das in der Nähe lag. Dort sollte mich mein Wagen abholen. Und ich war leichtsinnig, und wir plauderten eine reizende Stunde. So lange mag es wohl gedauert haben. Von diesem Tag an traf ich mich oft mit dem Herrn – er erschien mir so interessant, so reizend, so bezaubernd, und irgendetwas in seiner Art, in seinen Augen, in seinem ganzen Wesen, machte mich ganz willenlos. Immer musste ich tun, was er wollte, wenn ich es auch nicht wollte. Feli, zanke nicht mit mir, ich hatte schreckliche Gewissensbisse, aber es wurde eine richtige Liebschaft daraus, wirklich ganz ohne dass ich es wollte.“

Feli drückte das blonde Köpfchen der Schwester an sich, als müsse sie sie jetzt noch beschützen, wo es doch gewiss schon zu spät war. „Sprich weiter, Hella!“

Diese schluchzte auf. „Ach, Feli, ich weiß ja selber nicht, wie das alles gekommen ist. Er wurde immer dringlicher, ich sollte ihn in seiner Wohnung besuchen, nur ein einziges Mal, er müsse – müsse einmal ganz ungestört mit mir plaudern können, weiter nichts. Und – leider ließ ich mich verleiten, postlagernd einige Briefe mit ihm zu tauschen. Ich sollte ihm wenigstens brieflich mitteilen, dass ich seine Liebe erwidere, dann wolle er zufrieden sein. Es war gar nicht mein Wille, diese Briefe zu schreiben, aber schließlich tat ich es doch, und ich teilte ihm auch auf seinen dringenden Wunsch in einem der Briefe mit, dass ich ihn am übernächsten Tag auf ein Stündchen in seiner Wohnung besuchen würde.“

Feli war vor Angst ganz außer sich, blieb aber still, um Hella nicht in ihrer Beichte zu stören. „Und was geschah dann, Hella?“

„Ach Feli, ich bin dann auch zu ihm gegangen – er war sehr liebenswürdig, wir plauderten miteinander, und er hat mich auch geküsst, Feli – er war so verliebt, wie mir schien, und aus dem einen Kuss wurden drei. Was er dann noch von mir verlangte – nein, du kannst es mir glauben – es geschah nichts weiter. Nur beschwor er mich fast auf den Knien, ich möge ihm nicht böse sein, er liebe mich so rasend, und ich möchte ihm zum Trost ein süßes kleines Briefchen schreiben, in dem ich ihm sagen sollte: ‚Ich war glücklich bei dir, deine Küsse haben mich beglückt.‘ Nur das sollte ich ihm schreiben, dann wolle er gar nicht mehr in mich dringen, wolle zufrieden sein.“

„Um Gottes willen, Hella, das wirst du ihm doch nicht geschrieben haben?“

Hella richtete sich auf und sah die Schwester an. „Ach Feli, ich weiß nicht, was ich nicht getan hätte, wenn er es verlangt hätte. Es war wie ein Zwang in mir, selbst gegen meinen Willen alles zu tun, was er von mir verlangte. Ich habe ihm einen richtigen Liebesbrief geschrieben, als sei ich wirklich und wahrhaftig seine Geliebte gewesen. Und jetzt weiß ich auch, warum er das von mir verlangte, weshalb er soviel Wert. darauf legte, diese Briefe von mir zu erhalten, die mich bloßstellen mussten, obgleich doch eigentlich gar nichts geschehen war. Ich schwöre dir, Feli, er bekam drei Küsse von mir, das ist meine ganze Schuld. Und nun sollst du wissen, weshalb er das alles getan hat – er ist ein Erpresser, der mich zu alledem nur verleitet hat, um mir Geld für sein Stillschweigen abzunehmen. Er reiste damals gleich danach ab und kam mir zwei Jahre ganz aus den Augen. Ich hatte ihn längst vergessen und hatte im Stillen an meinem Mann alles wieder gutgemacht, hatte ihm seine Eifersüchteleien nicht mehr nachgetragen. Und dann plötzlich tauchte er wieder auf, hier in der Gesellschaft. Er näherte sich mir wieder. Ich wich ihm aus, wie und wo ich konnte. Dann traf er mich wieder einmal auf einem Spaziergang – er hatte mir aufgelauert. Und da kam es dann heraus – er bot mir meine damals geschriebenen Briefe an, ich solle sie ihm für fünfzigtausend Mark abkaufen, wenn ich nicht wolle, dass er sie für dasselbe Geld oder noch mehr an meinen Gatten verkaufen solle. Du glaubst nicht, wie frech und höhnisch er war. Erst gestern hat er mich wieder zu einem Alleinsein in einem der Klubzimmer verleitet. Er tat wieder ganz verliebt, und wir wurden zum Glück von Lore Herfort gestört, die zufällig hereinkam. Ich sprang dann auf, und er sagte mir mit einer eisigen Kälte: ‚Bis Montagvormittag elf Uhr bringe mir die bestimmte Summe in meine Wohnung – dagegen liefere ich dir die Briefe aus. Ich lege Wert darauf, dass du selbst kommst, damit wir keinen Mitwisser zu fürchten haben. Ist um elf Uhr das Geld nicht in meiner Hand, dann gehe ich mit den Briefen zu deinem Gatten. Verstanden, schöne Frau?‘ Ach Feli, du ahnst, nicht, wie bitter ich diesen Leichtsinn habe büßen müssen und wie sehr ich ihn noch werde büßen müssen.“

Feli saß eine Weile wie betäubt und konnte nicht fassen, was der Schwester für ihren Leichtsinn drohte. Nur einen Trost hatte sie: dass es nicht zu Schlimmerem gekommen war. Mühsam fasste sie sich und zog Hella die Hände vom Gesicht.

„Wer ist denn dieser Ehrenmann?“, fragte sie mit verhaltener Stimme.

„Ach, Feli, du kennst ihn ja auch und wirst nicht glauben, dass er so ein Schurke ist. Es – ja – es ist Rolf Fernau.“

Feli neigte das Haupt wie unter einem Schlag. „Der also? Weiß Gott, viel Gutes habe ich dem nie zugetraut, obgleich er auch mir gegenüber den liebenswürdigen Schwerenöter spielen wollte! Ich habe ihn für einen Blender gehalten, aber nicht für einen solchen Schurken. Arme Hella, da bist du ja in eine böse Lage geraten.“

„Ach liebe, gute Feli, mach mir nur keine Vorwürfe, die habe ich mir selbst schon zur Genüge gemacht.“

„Nein, Vorwürfe helfen jetzt nichts mehr. Wir müssen sehen, wie wir aus dieser Sache herauskommen, ohne das dein Eheglück in Trümmer geht.“

„Aber Feli, er geht nicht von seiner Forderung ab – ich muss ihm fünfzigtausend Mark in seine Wohnung bringen – oder – er geht zu Ernst.“

Feli überlegte mit zusammengezogener Stirn. „Bei Ernst würde er wohl einen sehr schlechten Empfang haben, der wirft ihn die Treppe hinab, wenn es nicht noch zu Schlimmerem kommt.“

„Es darf nicht dazu kommen, Ernst darf nicht da hineinverwickelt werden! Nicht allein um meinetwillen, auch um seinetwillen. Wenn er davon erfährt, gibt es ein Unglück.“

Und Hella weinte sich wieder die Angst vom Herzen und saß vor der Schwester wie ein Häufchen Unglück.

Feli strich ihr über den Kopf. „Nun höre nur auf zu weinen, damit können wir nichts aus der Welt schaffen! Wie viele Briefe hast du ihm geschrieben?“

„Fünf Stück.“

Ein bitteres Lächeln flog um Felis Mund. „Also für das Stück zehntausend Mark! Dieser Schurke treibt dieses lohnende Geschäft sicher noch mit anderen Frauen. Man weiß in der Gesellschaft nicht, wovon er lebt – jetzt scheint mir dieses Rätsel gelöst. Er lebt von Erpressungen. Mein Gott, was kann man als Frau nur gegen einen solchen Schurken tun? Wenn ich ihn wenigstens ins Gesicht schlagen könnte! Hast du schon versucht, ihm klar zu machen, dass du nicht über soviel Geld verfügst?“

„Alles habe ich ihm gesagt. Er lachte dazu und sagte, ich möge nur meinem Mann um den Bart gehen, einer so schönen Frau schlage er sicher keinen Wunsch ab. Darauf fragte ich ihn, wie er sich das denke; fünfzigtausend Mark seien heute ein Vermögen, und unter welchem Vorwand ich das Geld von ihm fordern solle. Darauf erwiderte er höhnisch, es gäbe doch Lagen, in denen eine schöne Frau ihren Mann an kritischen Fragen hindern könne. Ach, Feli, wie habe ich mich schon geschämt, mich mit diesem Menschen eingelassen zu haben! Ernst wird mir ja nie glauben, dass nichts Schlimmeres geschehen ist, wenn er die Briefe liest. Er wird bestimmt glauben, dass ich eine Ehebrecherin bin, wenn ihm Fernau die Briefe vorlegt.“

Wieder sah Feli nachdenklich vor sich hin. Dann sagte sie ganz erschöpft: „Dass wir keinen Menschen haben, der uns vor so einem Schurken beschützen kann! Aber wir stehen allein, Ernst darf nichts erfahren. Und mir ist es ja leider auch unmöglich, das Geld flüssig zu machen. Es wäre die Hälfte meines Erbteils von Tante. Aber gern würde ich es drangeben, wenn ich nur darüber verfügen könnte. In dieser kurzen Zeit ist das ganz unmöglich. Was ich an barem Geld auf der Bank habe, sind höchstens dreitausend Mark. Wie viel besitzt du, Hella?“

Verzagt sah diese zu der Schwester auf. „Kaum neunhundert Mark habe ich auf dem Konto.“

„Also sagen wir, viertausend Mark. Damit wird der Schuft nicht zufrieden sein. Und beleihen kann ich auch nichts. Wer soll mir in dieser Zeit und in den wenigen Tagen, von denen noch einer ein Sonntag ist, soviel Geld borgen?“

Wieder grübelte sie. Und da fiel ihr Dan Herfort ein. Der, das wusste sie, würde ihr das Geld leihen – würde es flüssig machen und würde sie auf ihren Wunsch nicht fragen, wozu sie es brauche. Aber es würde eine Demütigung für sie sein, mit einer solchen Bitte zu ihm zu gehen. Der Schwester das Opfer, ihres halben Vermögens zu bringen, hatte sie sich nicht einen Augenblick besonnen, wenn sie es nur nicht festgelegt hätte auf lange Zeit, oder vielmehr die Tante, die nicht wollte, dass Feli bei ihrer Jugend soviel Geld auf einmal in die Hände bekam.

Also was tun?