Hedwig Courths-Mahler Großband 15 - Sammelband - Hedwig Courths-Mahler - E-Book

Hedwig Courths-Mahler Großband 15 - Sammelband E-Book

Hedwig Courths-Mahler

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Beschreibung

10 spannende Liebesromane lesen, nur 6 bezahlen!

Über 800 Seiten voller Romantik und Herzenswärme in einem Band!

Hedwig Courths-Mahlers "Märchen für Erwachsene", wie sie ihre Romane selbst nannte, sind ebenso zeitlose Klassiker wie die Themen, die sie behandeln: die Liebe, ihre Gefährdung und deren Überwindung, die Verwirrung der Gefühle und der Weg zum Glück.

Seit über 100 Jahren verzaubert sie ihre Leserinnen und Leser mit ihren wundervollen Geschichten immer wieder neu, und mit einer Gesamtauflage von über 80 Millionen Exemplaren gilt Hedwig Courths-Mahler heute als DIE Königin der Liebesromane.

Großband 15 enthält die Folgen 141 - 150.

Zehn Geschichten, zehn Schicksale, zehn Happy Ends - und pure Lesefreude!

Jetzt herunterladen und sofort eintauchen in eine heile Welt, in der die Liebe noch regiert.

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Seitenzahl: 1642

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv: PeopleImages/iStockphoto ISBN 978-3-7325-7552-7

Hedwig Courths-mahler

Hedwig Courths-Mahler Großband 15 - Sammelband

Inhalt

Hedwig Courths-MahlerHedwig Courths-Mahler - Folge 141Auf einer Schiffsreise lernen der verwitwete Maler Heinz Wartegg und seine Tochter Roberta die stellungslose Gesellschafterin Linda Rittberg kennen. Während Roberta die Gesellschafterin aus tiefster Seele ablehnt, verliebt sich ihr Vater in Linda und heiratet sie. Roberta ist verzweifelt. Linda aber triumphiert. Nun ist sie die Frau eines vielfachen Milionärs! Ein herrliches Leben in Glanz und Reichtum liegt vor ihr! Doch Lindas ehrgeiziger Traum zerrinnt jäh, als ihr Mann ihr gestehen mus, dass das Vermögen der Warteggs nicht ihm, sondern seiner Tochter gehört. Da werden teuflische Wünsche in Linda wach ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 142In einem prunkvollen Berliner Hotel steigt der Millionär Crosshill mit seiner bezaubernden Tochter Lilian ab. Am selben Tag findet hier das Familientreffen derer von Kreuzberg statt, die Crosshill vor dreißig Jahren als angeblichen Dieb aus dem Haus ekelten. Heimlich werden der Millionär und seine Tochter Lilian Zeugen eines Gesprächs, in dem sich ein junger Mann für Crosshills Unschuld verbürgt. Es ist Ronald von Ortlingen, der Sohn jener Frau, für die Hans von Kreuzberg - der sich nun Crosshill nennt - einst alles erduldet hat. Schon bei der ersten Begegnung spüren Ronald und Lilian tiefe Zuneigung zueinander, aber die alte Schuld und ein tragisches Missverständnis stehen ihrer Liebe im Weg ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 143Bei einer Bergwanderung im Berner Oberland lernt Aga Laneck einen Mann kennen, der schicksalhaft in ihr Leben eingreift. Er rettet sie aus Bergnot und trägt sie auf seinen starken Armen ins Tal. Doch dann verlässt er sie wieder, und Aga kehrt in das Haus zurück, in dem sie niedere Zofendienste leisten muss. Aber das Bild des Fremden begleitet sie. Sie weiß, sie wird ihn nie wiedersehen, und trotzdem gehört ihm ihr Herz für alle Zeit. Eines Tages aber trifft Aga den heimlich Geliebten wieder - im Haus einer Frau, die er nicht liebt und an die er doch durch unauflösliche Bande gekettet ist ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 144Karl Hartmann, ein Mann aus einfachsten Arbeiterkreisen, hat es zu etwas gebracht im Leben. Aus eigener Kraft und durch bewundernswerten Fleiß hat er sich zum vielfachen Millionär emporgearbeitet. Die Krönung seines Glücks wäre, seine geliebte Tochter Margot mit einem Aristokraten verheiratet zu sehen. Er leitet alles Notwendige in die Wege, und als Fürst Nordheim dann um Margots Hand anhält, glaubt Karl Hartmann sich am Ziel seiner Träume. Er ahnt nicht, dass Margot sich längst in seinen Sekretär verliebt hat ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 145Für Josta Waldow hängt der Himmel voller Geigen. Sie soll die Frau des stattlichen Grundbesitzers Rainer Ramberg werden! Doch schon bald fallen dunkle Schatten auf ihr Glück: Ungewollt belauscht sie ein Gespräch zwischen Rainer und ihrem Vater. Dabei erfährt die junge Frau, dass Rainer nur um ihre Hand angehalten hat, um seine Liebe zu einer anderen Frau zu vergessen. Josta ist zutiefst verzweifelt, doch sie ist zu stolz, sich ihre Gefühle anmerken zu lassen. Und so spielen sich die beiden jungen Menschen eine Komödie vor, die ihre Verbindung schließlich zu zerstören droht ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 146In Sumatra führt Gonda Ruthart mit ihrem Vater ein glückliches und zufriedenes Leben. Da trifft eine Nachricht aus Deutschland ein, die für große Aufregung sorgt. Klaus Ruthart muss in die Heimat zurückkehren, da seine Tochter Helga aus erster Ehe seine Hilfe braucht. Gonda ist glücklich, plötzlich eine Schwester zu haben. Sie ahnt noch nichts von dem Hass, den Helga ihr und dem Vater entgegenbringt. Ein Hass, der das junge Mädchen in tiefste Verzweiflung stürzt ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 147In der Zeit der Wirtschaftskrise wird Rudolf Werder um sein ganzes Vermögen gebracht und verliert darüber hinaus auch noch seine geliebte Frau. Von Verzweiflung und schierer Not getrieben, beginnt er, sich auf verbrecherische Weise den Lebensunterhalt zu verschaffen: Er begeht Raubüberfälle, die ihm schon bald zur Leidenschaft werden. Jahrelang führt Rudolf Werder ein Doppelleben, doch dann beschließt er, um seiner Tochter Joan willen, mit den Verbrechen Schluss zu machen. Einmal nur gibt er seiner Abenteuerlust noch nach und ahnt nicht, dass ihm dieses eine Mal zum Verhängnis wird, seiner Tochter aber zum Glück verhilft ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 148Auf dem Sterbebett beichtet Graf Wildenfels seiner Mutter, dass eine schwere Last auf seiner Seele liegt. Durch seine Schuld ist der ehemalige Verwalter der Schlossgüter zu Unrecht als Dieb verdächtigt und daraufhin entlassen worden. Fest entschlossen, das Unrecht wieder gutzumachen, forscht die alte Gräfin nach der Familie des Verwalters und findet nur noch ein elternloses Kind, das sie zu sich aufs Schloss holt. Susanne, die hochmütige und hartherzige Schwiegertochter der Gräfin, beobachtet mit Missfallen, dass ihr eigener Sohn Lothar und die hübsche Enkelin des Verwalters von Anfang an eine innige Zuneigung verbindet. Als dann aus Kinderfreundschaft Liebe wird, schwört Susanne, dieses Glück mit allen Mitteln zu zerstören ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 149Lena Warnstetten stand bleich und zitternd vor ihrem Vater und starrte ihn voller Entsetzen an. War es Wirklichkeit, was sie eben durchlebte? Sie sollte einen Mann heiraten, den sie nicht liebte, der ihr immer unsympathisch gewesen war, sollte sich opfern, weil der eigene Vater in roher Genusssucht das Vermögen vergeudet und Warnstetten heruntergebracht hatte? "Ich kann nicht, Vater, ich kann nicht", stammelte sie mit blassen Lippen. Herr Warnstetten sah sie mit finsteren Blicken an. "Du musst! Nur du allein kannst uns retten, hörst du!"Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 150Seit ihrer Kindheit muss Romana auf alle Freuden des Lebens verzichten. Sie ist auf der Flucht vor gewissenlosen Verbrechern, die ihr Heimat und Familie genommen haben und nun noch sie selbst beseitigen wollen, um in den Besitz ihres großen Vermögens zu gelangen. Doch trotz ihrer zurückgezogenen Lebensweise lernt Romana eines Tages einen jungen Mann kennen und lieben - und das machen sich ihre Verfolger zunutze. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Wenn Wünsche töten könnten

Vorschau

Wenn Wünsche töten könnten

Als Hass und Neid Bertys Glück zu zerstören drohten

Roberta Wartegg schritt am Arm ihres Vaters über die Promenade des großen Luxusdampfers. Die Schiffskapelle spielte, und viele Passagiere waren auf Deck.

Heinz Wartegg war ein bekannter Maler. Sein Name hatte einen guten Klang bekommen, seit vor Jahren sein Bild „Die schöne Spanierin“ preisgekrönt wurde. Man sah Abbildungen seines Gemäldes in allen Kunsthandlungen. Es war sein größter Erfolg, keines seiner späteren Bilder hatte nur annähernd so viel von sich reden gemacht. Er war sehr von Stimmungen abhängig und konnte nur arbeiten, wenn kein Muss hinter ihm stand. Es wäre ihm nicht möglich gewesen, von seinem Einkommen das luxuriöse Leben zu bestreiten, das er führte, aber er hatte eine Frau geheiratet, die ein Riesenvermögen in die Ehe gebracht hatte.

Heinz Wartegg hatte Isabella Carena auf einem Blumenfest in Nizza kennen gelernt. Auf dem Balkon eines Hotels hatte der junge Maler die schöne Südländerin zum ersten Mal erblickt und sich auf der Stelle in sie verliebt.

Isabella sah den schlanken, hoch gewachsenen Deutschen überall in ihrer Nähe auftauchen, und seine bewundernden Blicke nahmen sie gefangen. Isabella Carena machte mit ihrer Mutter eine Reise durch Europa. Ihr Vater, ein Spanier, besaß große Plantagen in Brasilien, und dort hatte Isabella ihr bisheriges Leben verbracht. Mutter und Tochter liebten sich zärtlich. Kurz vor seinem Tod hatte Isabellas Vater den größten Teil seiner Ländereien gut verkauft und das Geld sicher angelegt. Nur seine schönste Hazienda hatte er behalten. Diese Hazienda blieb in Isabellas Besitz und sie hatte die Absicht, nach der Reise durch Europa wieder dahin zurückzukehren. Aber es sollte anders kommen.

Obgleich Heinz der schönen Spanierin seine Gefühle deutlich gezeigt hatte, wagte er lange nicht, um ihre Hand anzuhalten. Was war er schon, was hatte er dem schönen und reichen Mädchen zu bieten?

Da kam ihm ein Zufall zu Hilfe. Isabella und ihre Mutter hatten einen Ausflug im Wagen gemacht. Heinz trieb die Sehnsucht, der Geliebten nachzugehen. Auf der am Meer entlang führenden Straße sah er den Wagen der Damen in rasendem Tempo daherkommen. Die Pferde waren scheu geworden und jagten einer gefährlichen Stelle zu.

Heinz Wartegg erkannte die Gefahr, sprang beherzt den durchgehenden Tieren entgegen und hängte sich mit seiner ganzen Kraft in die Zügel. In seiner liebenswürdig ritterlichen Art stellte er sich dann den Damen zur Verfügung, glücklich, dass die Geliebte unversehrt war.

Sie küssten sich, vom Augenblick bezwungen, und Isabellas Mutter reichte Heinz Wartegg die Hand. So war er Isabellas Verlobter geworden. In der Nacht wurde Heinz Wartegg in das Hotel gerufen, in dem die beiden Damen wohnten. Isabellas Mutter hatte Herzkrämpfe bekommen. Sie fühlte ihr Ende nahen. Sie bat Heinz, ihre Tochter nicht zu verlassen und sie glücklich zu machen. Señora Carena starb noch in dieser Nacht. Nach der Beisetzung ging Isabella mit nach Deutschland, und in Düsseldorf wurde sie Heinz Warteggs Frau. Sie schenkte ihrem Gatten eine Tochter, die Roberta getauft und von ihren Eltern Berty genannt wurde. Als Berty fünfzehn Jahre alt war, erkrankte die Mutter an einer schweren Lungenentzündung und starb nach wenigen Tagen in den Armen ihres verzweifelten Gatten.

Fünf Jahre waren seit dem Tod von Bertys Mutter vergangen, und in dieser Zeit hatte ihr Vater sie sehr verwöhnt, wie sie selbst ja auch alles tat, ihm die Wünsche schon von den Augen abzulesen. Er war ihr Ideal und füllte ihr Herz vollständig aus. Sie hatte noch an keinem anderen Mann Interesse gezeigt. Niemand hielt den Vergleich mit dem Vater aus. Aber Heinz Warteggs Leben war nicht mehr ganz ausgefüllt. Wohl hatte er seine Tochter herzlich lieb, er hatte auch seine Frau ehrlich und tief betrauert. Aber als sie starb, war er ein Mann in der Mitte der Vierzig, er hatte noch nicht mit dem Leben abgeschlossen. Nachdem er den ersten Schmerz über den Verlust Isabellas verwunden hatte, wurden andere Wünsche in ihm wach.

Berty jedoch war überzeugt, dass der Vater der Mutter die Treue hielt über das Grab hinaus und dass nie wieder eine Frau in seinem Leben eine Rolle spielen würde. Heinz Wartegg hütete sich, seinem Kind diese Illusion zu rauben. Im Grunde war er weit davon entfernt, dem Ideal zu gleichen, das Berty aus ihm gemacht hatte. Er war wohl ein liebenswürdiger, aber doch ziemlich oberflächlicher Mensch, der das Glück hatte, immer überschätzt zu werden.

Er hatte außer der „Schönen Spanierin“ noch einige gute Bilder gemalt, alle unter dem Einfluss seiner Frau. Zu Lebzeiten Isabellas hatte ihre Seele auf sein Schaffen vertiefend und veredelnd gewirkt, wie auf seine ganze Persönlichkeit. Seit ihrem Tod aber war er mehr und mehr verflacht, und man ließ ihn höchstens noch als liebenswürdiges Talent gelten. Dass er wenige Bilder verkaufte, kümmerte ihn nicht, da er darauf nicht angewiesen war. Allerdings war Berty von ihrer Mutter zur Universalerbin eingesetzt worden, aber ihm stand bis zu seinem Tod der Zinsgenuss aus einer halben Million zu und das Recht, in Villa Wartegg ein bleibendes Domizil zu behalten. Damit hatte Isabella den Gatten keineswegs übergehen wollen. Sie hatte sich mit Einverständnis Warteggs lediglich das Testament ihres eigenen Vaters zum Muster genommen. Und es war ihr selbstverständlich erschienen, dass ihr Gatte mehr an Bertys Zukunft denken würde als an sich selbst. Außerdem hoffte sie ja damals auf eine lange Dauer ihrer Ehe.

Heinz Wartegg war das Testament nicht sehr wichtig erschienen. Er sah, dass für seine persönlichen Bedürfnisse gesorgt war, alles Weitere kümmerte ihn in seiner leichtlebigen Art nicht.

Einige Monate nach der Mutter Tod war Berty in ein Genfer Pensionat gegangen. Der Vater hatte in ihrer Abwesenheit seine Junggesellengewohnheiten wieder aufgenommen und ein vergnügliches Leben geführt, während Berty ihm aus Genf noch immer rührende Trostbriefe schrieb. Als sie dann heimkehrte, spielte er ihr geschickt eine kleine Komödie vor, als habe er den Verlust seiner Gattin noch nicht verschmerzt. Wenn seine Tochter aber in tiefem Schlummer lag, saß er noch lustig im Kreise seiner Freunde und Freundinnen und amüsierte sich.

Roberta sollte in die Gesellschaft eingeführt werden. Aber sie sehnte sich nicht aus dem stillen Frieden ihres Hauses heraus und fürchtete sich davor, dass eine Hausdame engagiert werden müsse, die störend zwischen sie und ihren Vater treten würde.

Heinz Wartegg eilte es erst recht nicht, seine erwachsene Tochter auszuführen. Er galt gern für jünger als er war. Schließlich sagte er zu seiner Tochter, er wolle mit ihr nach Brasilien. reisen, sie müsse ihre Hazienda kennen lernen. Man könne sich einige Monate drüben aufhalten und dann erst nach der Heimkehr Berty offiziell in die Gesellschaft einführen. Berty griff diesen Gedanken mit Eifer auf. Sie hatte schon lange den Wunsch gehabt, die Heimat ihrer Mutter kennen zu lernen.

Vier Monte hatten Vater und Tochter auf der reizenden Hazienda verbracht. Das fremdartige Leben und Treiben hatten Berty lebhaft interessiert, und auch Heinz Wartegg hatte es eine Zeitlang „da drüben“ ganz amüsant gefunden.

Er hatte in diesen Monaten seiner Tochter Malunterricht gegeben und selbst ein neues Bild geschaffen, das Berty in einer Hängematte unter Granatbäumen zeigte. Sie trug ein schlicht herabfallendes weißes Gewand, hatte das wundervolle Haar gelöst und blickte mit einem verträumten Lächeln ins Weite.

Dieses Bild war ihrem Vater wieder einmal besser gelungen als alles, was er seit dem Tod seiner Frau geschaffen hatte. Als das Bild fertig war, kam für ihn die Langeweile. Er hatte genug von Brasilien und von ländlicher Zurückgezogenheit.

Mit dem Vorwand, er müsse sein Bild selbst der Jury einreichen, begründete er vor Berty seinen Wunsch, nach Düsseldorf zurückzukehren.

Froh, endlich wieder in die deutsche Heimat zurückkehren zu können, sah er zum Land zurück, als das Schiff die Anker lichtete.

Berty stand neben ihm an der Reling und schob ihre Hand unter seinen Arm. „Es war doch schön hier, Vater. In zwei oder drei Jahren fahren wir wieder herüber auf unsere Hazienda.“

Er sah sie lächelnd an. „Auf deine Hazienda, Berty.“

Sie drückte seinen Arm. „Was mein ist, das ist doch auch dein, lieber Vater.“

Unter den Passagieren befand sich eine junge Dame, die blond, blauäugig und sehr schön war.

Sie hieß Linda Rittberg. Gleich in der ersten Stunde an Bord hatte sie Interesse für Heinz Wartegg und seine Tochter gezeigt.

Noch an demselben Tag trat sie mit sanftem Lächeln an Roberta Wartegg heran, als diese eine Weile allein war, und sagte zu ihr: „Verzeihung, mein Fräulein, dass ich Sie so ohne weiteres anspreche. Aber ich bin ebenfalls Düsseldorferin und freue mich sehr, Landsleute hier auf dem Schiff zu treffen.“ Überrascht blickte Roberta zu ihr auf. Etwas in diesen blauen Augen stieß sie innerlich ab. Aber sie sagte ruhig und höflich: „Da Sie wissen, dass ich Düsseldorferin bin, scheinen Sie mich zu kennen. Ich aber kann mich nicht entsinnen, Ihnen jemals begegnet zu sein.“

Fräulein Rittberg bemerkte sehr wohl, dass in diesem Augenblick Heinz Wartegg herantrat. Sie gab sich aber den Anschein, ihn nicht zu sehen, und erwiderte: „Mein Name ist Linda Rittberg. Ich habe Sie an der Seite Ihres Vaters gesehen, und wer sollte den berühmten Heinz Wartegg nicht kennen?“

Wartegg fühlte sich durch ihre Worte geschmeichelt. Mit einem Erobererblick auf Fräulein Rittberg mischte er sich lächelnd ins Gespräch: „Dann brauche ich mich Ihnen nicht vorzustellen, gnädiges Fräulein“, sagte er.

Die junge Dame erschrak scheinbar und wandte sich ihm in anmutiger Verwirrung zu: „Ach, verzeihen Sie, Meister – ich …“

Mit weltmännischer Gewandtheit half er ihr über ihre vermeintliche Verwirrung hinweg und sah bewundernd in ihr schönes Gesicht.

Kurzum, Fräulein Rittberg hatte mit Geschick die Bekanntschaft von Heinz Wartegg und seiner Tochter gemacht. Und noch im Verlauf dieses Tages gab sie mit trauriger, müder Stimme Auskunft über ihr Schicksal. Sie war darauf angewiesen, sich ihr Brot zu verdienen. Ihr Vater war gestorben, als sie noch zur Schule ging. Ihre Mutter hatte zum zweiten Mal geheiratet, war aber bald wieder verwitwet und hatte ein Asyl bei einer Schwester annehmen müssen, die nur ein bescheidenes Heim und ebenso bescheidene Einkünfte besaß. Darum ergab sich für Linda die Notwendigkeit, sich ihren Unterhalt zu verdienen. In ihrer ersten Stellung hatte sie in Wiesbaden die Bekanntschaft einer Brasilianerin gemacht, die mit ihrem aus Deutschland stammenden Gatten in ihre Heimat zurückkehren wollte. Als deren Gesellschafterin war sie nach Brasilien gegangen. Dass sie diese Stellung verloren hatte, weil sie mit dem Gatten ihrer Herrin kokettierte, verriet Linda natürlich nicht.

Wäre Fräulein Rittberg bei der Wahrheit geblieben, hätte ihr Bericht wohl ein wenig anders lauten müssen. Sie stellte sich als verfolgte Unschuld hin, und das genügte, auf Heinz Wartegg Eindruck zu machen. Er hätte das schöne Mädchen gern getröstet.

Roberta hatte mit freundlicher Teilnahme Lindas Erzählung gelauscht, aber es erging ihr seltsam. Sie, die sonst so mitleidig und hilfsbereit war, fühlte ihr Herz immer kälter werden. Sie spürte instinktiv, dass Unwahres im Wesen der jungen Dame war.

Obwohl sie selbst reserviert blieb, war Linda Rittberg von nun an die unzertrennliche Begleiterin von Vater und Tochter. Sie war nicht die Person, die Chancen einer solchen Bekanntschaft ungenutzt zu lassen, seit sie wusste, dass Wartegg Witwer, sehr reich und Besitzer einer herrlichen Villa war. Im Laufe der Unterhaltung hörte sie gar noch, dass Vater und Tochter von ihrem Landgut in Brasilien kamen. Nur eines blieb ihr unbekannt: dass Roberta die Besitzerin all dieser Reichtümer war und nicht Wartegg.

Linda wusste, dass es für sie nur eine Möglichkeit gab, aus ihren armseligen Verhältnissen herauszukommen: durch eine reiche Heirat. Und sie wusste auch, dass es wenig reiche Männer gab, die ein armes Mädchen heirateten. Aber ältere Herren waren leichter einzufangen. Man musste ihnen nur mit sanfter Liebenswürdigkeit entgegenkommen und ihrer Eitelkeit schmeicheln. So steuerte sie mit aller Energie auf das Ziel los, das sie sich gesteckt hatte.

Mit einem unheimlichen Gefühl merkte Berty, dass sich dieses fremde Wesen mehr und mehr zwischen sie und ihren Vater schob, und sie sehnte das Ende der Reise herbei, das ja auch dem steten Zusammensein mit Fräulein Rittberg ein Ende machen musste.

Schweigend hatten Vater und Tochter längere Zeit ihren Spaziergang fortgesetzt, als Heinz Wartegg endlich tief aufatmete und sich entschlossen aufrichtete: „Ich möchte einmal etwas mit dir besprechen, Berty. Wir haben doch vereinbart, dass du nach unserer Heimkehr offiziell in die Gesellschaft eingeführt wirst. Du bist zwanzig Jahre alt, und es ist höchste Zeit.“

„Ja, Vater, ich weiß es.“

„Nun gut. Wir müssen dann zunächst eine Begleitdame für dich engagieren.“

„Das wird leider nötig sein. Obgleich ich es recht überflüssig und lästig finde, habe ich mich schon mit dem Gedanken vertraut gemacht. Es wird aber schwer fallen, eine passende Dame für diesen Posten zu finden. Sie müsste uns doch vor allen Dingen sympathisch sein.“

„Unbedingt, da wir in enger häuslicher Gemeinschaft mit ihr leben müssen. Deshalb preise ich den Zufall, der uns gewissermaßen die geeignete Persönlichkeit in den Weg geführt hat.“

„Uns in den Weg geführt? Wen meinst du damit?“

Er suchte seine Verlegenheit zu verbergen. „Nun, wen sonst als Fräulein Rittberg? Sie wäre doch eine geeignete Begleiterin für dich.“

Berty hatte das Gefühl, als krampfe sich ihr das Herz zusammen. Sie wurde sehr blass. Erst nach einer Weile sagte sie mit verhaltener Stimme: „Lieber Vater, Fräulein Rittberg ist nicht für diesen Posten geeignet.“

„Oh, ich finde, sie passt sehr gut zu dir“, erwiderte er.

„Nein, Vater, daran ist nicht zu denken. Die Dame ist ja auch viel zu jung für diesen Posten.“

„Aber ich bitte dich, Berty, es ist doch nicht unbedingt nötig, dass wir eine alte Dame engagieren. Im Gegenteil, ich finde es für dich viel netter, wenn du eine jugendliche Gesellschafterin hast. Fräulein Rittberg ist eine charmante, formvollendete Dame.“

„Nein, Vater – bitte, sieh von diesem Gedanken ab! Ich muss dir gestehen, dass sie mir nicht sympathisch ist.“

Sein Gesicht zog sich unwillig zusammen. „Aber Berty! Fräulein Rittberg ist doch so liebenswürdig und hat dich sehr in ihr Herz geschlossen! Willst du das mit launenhafter Abwehr vergelten?“

Sie blickte ihn flehend an. „Es ist keine Laune, Vater. Ich fühle es seit dem ersten Moment unserer Bekanntschaft mit Fräulein Rittberg, dass sich in meinem Inneren etwas gegen sie auflehnt. Bitte, lass diesen Plan fallen!“

Aber Heinz Wartegg war nicht der Mann, auf etwas Erstrebenswertes zu verzichten. „Sei nicht töricht, Berty, und verrenne dich nicht in Vorurteile! Und damit du siehst, dass du dich fügen musst, teile ich dir mit, dass ich Fräulein Rittberg bereits fest engagiert habe. Sie geht mit uns in unser Düsseldorfer Heim.“ Berty wurde leichenblass. Sie fühlte mit Gewissheit, dass Linda Rittberg sich wie ein Keil zwischen sie und ihren Vater schieben würde.

Ein wenig unbehaglich sah Heinz Wartegg in das blasse Gesicht seiner Tochter. „Berty, kleines törichtes Ding, weshalb nimmst du diese Eröffnung so tragisch?“

Sie riss sich aus ihrer Erstarrung empor. „Kannst du das nicht mehr rückgängig machen Vater? Ich flehe dich an, tue es! Ich – ich habe das Gefühl, als drohe uns ein Unheil, wenn Fräulein Rittberg mit uns geht.“

Nun wurde sein Ton schärfer. „Ich muss dich bitten, Berty, dich zusammenzunehmen. Der Aufenthalt in Brasilien scheint dich etwas nervös gemacht zu haben. Hätte ich gewusst, dass du so sehr dagegen bist, hätte ich Fräulein Rittberg nicht engagiert. Ich glaubte dir damit einen Gefallen zu tun – und nun nimmst du es so auf!“

„Vater, ich weiß nicht, was mich gegen Fräulein Rittberg einnimmt. Ich mag ihr Unrecht tun, aber trotzdem bitte ich dich nochmals, mache das Engagement rückgängig! Schilt mich nicht töricht, wenn ich dir gestehe, dass ich während unserer Fahrt schon einige Male von Mutter geträumt habe und sie mich immer wieder vor Fräulein Rittberg warnte – immer wieder.“

Heinz Wartegg lachte gezwungen. „Närrchen! Wegen eines Traumes lässt man sich doch nicht verleiten, einem Menschen gram zu sein, der einem nichts zuleide getan hat. Und bedenkst du auch, dass du die Ärmste wieder brotlos machen würdest – um einer Laune willen?“

Berty nagte unschlüssig an den Lippen. Aber ihre Abneigung gegen Fräulein Rittberg war doch zu stark. „Wir wollen ihr zu einer anderen guten Stelle verhelfen, und du kannst sie ja auch dafür entschädigen, dass du von dem Engagement zurücktrittst.“

„Du bringst mich da in eine überaus peinliche Situation, Berty.“

„So lass es mich mit Fräulein Rittberg besprechen! Ich will es rücksichtsvoll regeln, damit sie sich nicht gekränkt fühlen kann.“

Er schüttelte heftig den Kopf. „Nein, nein, ich muss es schon selber tun. Ich will mir überlegen, ob sich nicht ein anderer Ausweg finden lässt.“

Berty atmete auf.

Sie lachte und plauderte in ihrer alten Herzlichkeit mit dem geliebten Vater und war ganz beruhigt. Fräulein Rittberg würde nicht mit ihnen gehen, wenn sie in einigen Tagen das Schiff verließen.

Der Nachmittag verging wie üblich. Man trank Tee, lauschte dem Konzert, vergnügte sich mit Gesellschaftsspielen, flirtete und plauderte über allerlei Schiffsklatsch. Es fand sich keine Gelegenheit für Linda, allein mit Heinz Wartegg zu sprechen. Und sie war begierig zu erfahren, wie Berty die Nachricht von ihrem Engagement aufgenommen habe.

Erst als die Passagiere das Deck verließen, um sich für die Abendtafel umzukleiden und Berty einmal verschwand, sah Wartegg Linda an einer abgelegenen Stelle der Reling stehen. „So allein und in Gedanken versunken?“

Linda wandte sich langsam zu ihm um. „Es ist wohl schon Zeit zur Abendtafel?“

„Noch nicht. Ich hätte gern etwas mit Ihnen besprochen, ehe wir zu Tisch gehen.“

„Das kann immer nur ein Gewinn für mich sein, verehrter Meister“, sagte Linda mit schwärmerischem Augenaufschlag.

Unbehaglich sah er auf seine Hände hinab. „Diesmal doch nicht so unbedingt. Ich – ich wollte Ihnen sagen, dass meine Tochter leider der Ansicht ist, Sie seien zu jung für den Posten, für den ich Sie engagierte. Im Grunde kann ich mich dieser Ansicht auch nicht verschließen.“

Ein hasserfülltes Sprühen war einen Moment in Lindas Blick aufgeglüht. Aber als sie dann zu ihm aufsah, strahlten ihre Augen schon wieder in sanfter Traurigkeit. „Ich hätte es mir denken können, ich werde stets vom Unglück verfolgt. Sie wissen nicht, was diese Stellung für mich bedeutete. Erlösung aus tausend Sorgen und Ängsten um das tägliche Brot – nein, noch viel, viel mehr: ein großes leuchtendes Glück – das Glück, in der Nähe eines Mannes leben zu dürfen, den ich verehre, anbete. Verzeihen Sie mir, ich habe mich hinreißen lassen, mehr zu sagen, als ich wollte. Bitte, vergessen Sie es. Ich muss mich ja bescheiden, muss einsam und verlassen bleiben.“

Er war tief bewegt. Keine Ahnung sagte ihm, dass sie ihm eine Komödie vorspielte, er war völlig ihrem Zauber verfallen, und Berty war vergessen.

Er fasste ihre Hand. „Linda liebe, liebe Linda, seien Sie nicht so traurig! Das kann ich nicht mit ansehen.“

„Achten Sie nicht auf mich, ich werde es tragen.“

„Ist es wirklich ein so großes Unglück für Sie, Linda?“

Mit gut gespielter Innigkeit sah sie ihn an. „Das fragen Sie? Wenn Sie mir ins Herz sehen könnten, würden Sie wissen, was mich am meisten quält. Ich darf es ja nicht sagen. Wir Frauen müssen leiden und dulden, wenn unser Herz auch verlangend spricht. Handeln darf nur der Mann.“

Er vergaß alles über ihrem Anblick. Seine verliebten Wünsche forderten ihr Recht. Erregt presste er ihre Hand an die Lippen. „Linda, süße Linda, ist es wahr, spricht Ihr Herz für mich, den so viel älteren Mann?“

Sie riss ihre Hand aus der seinen. „Fragen Sie mich nicht – oh, fragen Sie nicht! In all meinem Elend will ich wenigstens meinen Stolz nicht auch noch verlieren.“

Unruhig sah er sich um, ob niemand in der Nähe war. Sie standen ganz allein.

Da legte er den Arm um sie. Seiner Leidenschaft und seiner geschmeichelten Eitelkeit folgend, zog er sie fest an sich. „Linda, verstehe ich Sie recht – lieben Sie mich wirklich wie ich Sie liebe?“

Sie schmiegte sich an ihn wie in willenloser Ergebung. „Ich muss vergehen, wenn ich nicht mehr in Ihrer Nähe sein darf.“

Da presste er seine Lippen auf die ihren. „Linda, ich will nicht, dass wir uns trennen. Sei mein!“

Sie lag an seinem Herzen und sah unter Tränen lächelnd zu ihm auf mit ihren unergründlichen Augen. „Geliebter, ich habe keinen Willen als den deinen. Und nun ist alles, alles gut. Als deine Gattin kann ich ja auch deine Tochter beschützen und beschirmen.“

Er erschrak ein wenig. So hatte er es eigentlich nicht gemeint, Linda um ihre Hand zu bitten. Aber nun war die Entscheidung gefallen, und er konnte nicht mehr zurück.

Zwischen uneingestandenem Unbehagen und verliebter Glückseligkeit hin und her schwankend, küsste er sie, wieder und wieder. Dann sah er sie lächelnd an. „Linda, hoffentlich reut es dich nie, dich einem so viel älteren Mann zu Eigen gegeben zu haben.“ Er sagte es aus Eitelkeit, denn er war sich bewusst, dass er ihr ein volles Glück zu bieten hatte.

„Oh, Geliebter, sprich nicht solche Worte zu mir! Ich liebe dich unsagbar, und deine Liebe macht mich zur beneidenswertesten Frau auf der Welt.“

Er glaubte ihr ohne weiteres. Nur vor einem war ihm bange: Berty hatte das leidenschaftlich feurige Temperament ihrer Mutter geerbt, das oft hervorbrach. Wenn er ihr Mitteilung von seiner Verlobung machte, würde es wohl eine Szene geben. Aber darauf konnte er jetzt keine Rücksicht mehr nehmen. Er bot Linda den Arm. „Nun ist es aber Zeit für die Abendtafel.“

„Wie werden unsere Reisegenossen staunen, geliebter Heinz, wenn du ihnen unsere Verlobung verkündest! Wirst du es gleich heute Abend tun?“ Sie fürchtete, dass er ihr noch entschlüpfen könnte, denn sie hatte sehr wohl bemerkt, dass er nicht unbedingt Heiratsabsichten hegte.

Aber Heinz Wartegg dachte nicht mehr daran, sich aus den angenehmen Banden zu lösen. Er drückte ihren Arm an sich. „Lass es noch unser Geheimnis bleiben, Süße! Erst muss ich meine Tochter vorbereiten. Vielleicht finde ich heute Abend noch Gelegenheit dazu. Halte dich in unserer Nähe, dass ich dich rufen kann; aber lass mich allein mit ihr, bis ich ihr alles gesagt habe!“

„Es soll alles sein, wie du es bestimmst, Heinz, denn von heute an bist du der Herr über mein Schicksal.“

***

Als Wartegg sich umgekleidet hatte und seine Kabine verließ, stand Berty schon wartend draußen im Gang. Es sprang ihm heute förmlich in die Augen, wie schön und lieblich seine Tochter war. Mehr als je erinnerte sie ihn an ihre tote Mutter, trotz des goldglänzenden Haares.

Ihre Mutter – an sie durfte er jetzt nicht denken. Eine Lebende hatte seit heute Rechte, nicht mehr die Tote.

Er bot seiner Tochter den Arm, um sie in den Speisesaal zu führen. „Habe ich dich warten lassen, Berty?“

„Ich stehe schon eine ganze Weile vor deiner Tür.“

„Wahrhaftig – es ist höchste Zeit, dass wir zu Tisch kommen.“

Sie betraten den Speisesaal, und aller Augen blickten bewundernd auf Berty. Genugtuung strahlte aus Heinz Warteggs Augen. Ich werde in Zukunft eine schöne Frau und eine schöne Tochter haben, und man wird mich um beide beneiden, dachte er.

Nach Tisch legte Heinz Wartegg seiner Tochter einen eleganten Mantel um die Schultern. Sie wollten noch auf Deck gehen. Es war ein wunderbar klarer Abend. Obwohl die ersten Frühlingstage besonders warm eingesetzt hatten, spürte man doch den herben Seewind. Berty zog den Mantel fest um sich und ließ sich in einen Sessel gleiten. Ihr Vater zog sich einen Klappstuhl herbei und setzte sich zu ihr.

Berty sah ihren Vater forschend an. „Hast du mit Fräulein Rittberg gesprochen?“, fragte sie leise.

Er warf die Zigarette fort, die er sich angesteckt hatte, und heuchelte Unbekümmertheit. „Ja, Berty, ich habe mit ihr gesprochen, und nun ist alles in schönster Ordnung. Sie war sehr einsichtsvoll und gab zu, dass sie als unverheiratete Dame zu jung sei, einen solchen Posten auszufüllen.“

Erleichtert atmete Berty auf. Fast empfand sie ein Gefühl der Dankbarkeit gegen Linda Rittberg. „Siehst du wohl, lieber Vater, sie ist einsichtsvoller, als du glaubtest. Du hast sie doch entschädigt für dieses verloren gegangene Engagement?“

„Ja, Berty – ich habe sie dafür entschädigt, wie es mein Herz verlangte, und damit zugleich einen herrlichen Ausweg gefunden.“

„Einen Ausweg?“

„Ich will dir jetzt offenbaren, was geschehen ist, damit Fräulein Rittberg die Würde erhält, die ihr fehlt, um dir eine Beschützerin sein zu können.“

Roberta sah ihren Vater mit angstvollem Ausdruck an. „Vater! Was meinst du – was ist geschehen?“

„Kind, du musst vernünftig sein und dich nicht aufregen. Sieh, wenn du eines Tages heiratest, werde ich ganz allein sein. Und deshalb habe ich beschlossen, mich wieder zu verheiraten. Linda Rittberg hat mir ihr Jawort gegeben.“

Berty fuhr empor. Kerzengerade stand sie vor ihrem Vater und starrte ihm ins Gesicht. Sie rang nach Luft, als müsse sie ersticken.

Erschrocken sprang auch er nun auf. „Berty, Berty, sieh mich nicht an, als hätte ich ein Verbrechen begangen!“, stieß er hervor. Und da er jetzt in der Nähe Linda entdeckte, winkte er ihr zu, herbeizukommen.

Diese trat schnell heran. „Sieh, Berty, hier ist Linda, die dir eine liebevolle Mutter sein will“, sagte er, hilflos ihrem Entsetzen gegenüber, und fasste ihre Hand.

Aber sie riss ihre Hand aus der seinen, starrte entgeistert in Lindas sanftes, süß lächelndes Gesicht und sank plötzlich, ohne einen Laut von sich zu geben, zu Boden.

Heinz Wartegg erschrak furchtbar. Er beugte sich zu ihr nieder und umfasste sie. „Berty – um Gottes willen, Kind, wie hast du mich erschreckt!“

„Heinz, steh auf! Komm, lass mich mit deiner Tochter reden! Das arme Kind ist erschrocken, du hast sie nicht schonungsvoll vorbereitet“, sagte Linda sanft. Sie kniete neben Berty nieder. „Mein armes, liebes Kind, hat es dich so sehr erschreckt, dass dein Vater deiner Mutter eine Nachfolgerin geben will? Arme Berty, ich will dich ja so lieb haben. Beruhige dich doch, geliebtes Kind!“ Sie neigte sich über Berty, um sie emporzuheben.

Aber als habe sie die Berührung dieser Hände wie ein elektrischer Schlag getroffen, erhob sich Berty hastig, alle Kräfte anspannend. Nun stand sie aufrecht vor ihrem Vater und sah ihn an mit einem Blick so voll Weh, Herzeleid und Verzweiflung, dass es ihn erschütterte.

Er streckte die Hand nach ihr aus. „Sieh doch, Linda liebt dich und bittet um dein Vertrauen. Sie will dir eine liebevolle Mutter sein.“

Da zuckte es seltsam in Bertys Gesicht. Ein Zittern lief über ihre Gestalt, und mit Anstrengung brachte sie einige Worte über ihre Lippen: „Meine Mutter ist tot und ich will diese fremde Frau nicht Mutter nennen – niemals!“ Damit wandte sie sich ab und schritt mit unsicher tastenden Schritten davon.

Heinz Wartegg befand sich in einem unbehaglichen Zustand. Bertys leidenschaftlicher Ausbruch erfüllte ihn mit Sorge.

Am nächsten Morgen klopfte er wie gewöhnlich an Bertys Tür, und auf der Schwelle erschien wie sonst seine Tochter. Sie war über Nacht eine andere geworden. Aus ihrem bleichen Gesicht schauten die Augen starr und glanzlos, um den Mund lag ein herber Zug, der gestern noch nicht da gewesen war.

Ihr Vater zog ihren Arm durch den seinen. „Mein liebes Kind, bist du nun etwas ruhiger geworden? Wie hast du mich erschreckt gestern Abend!“, sagte er zärtlich.

Aber ihre Augen gaben ihm nicht wie sonst Antwort. Sie schmiegte sich heute auch nicht an seine Seite. Aufrecht und steif schritt sie neben ihm her.

Als Vater und Tochter in das Frühstückszimmer traten, zuckte Berty zusammen. Linda Rittberg hatte sie anscheinend erwartet. Ihre Augen forschten unruhig in den Gesichtern der zwei Menschen. Hastig zog Berty ihre Hand aus dem Arm des Vaters, es war, als wollte sie sich zur Flucht wenden. Aber dann nahm sie sich zusammen und blieb an seiner Seite.

„Berty, ich bitte dich, komm meiner Braut artig entgegen“, flüsterte er ihr zu.

Sie biss die Zähne zusammen. „Du kannst unbesorgt sein, ich weiß, dass ich mich fügen muss.“

Mit bezauberndem Lächeln bot Linda Roberta die Hand. „Mein liebes Kind, wie Leid tut es mir, dass du dich gestern Abend so sehr erregt hast. Geht es dir wieder besser?“

Das Du ignorierte Berty. „Achten Sie bitte nicht auf mein Befinden, Fräulein Rittberg, es ist ohne Interesse für Sie“, erwiderte sie kalt.

In Lindas Herzen fraß sich der Hass gegen ihre künftige Stieftochter noch tiefer ein. Aber sie lächelte sanft und nahm wie selbstverständlich am Frühstückstisch Platz neben Vater und Tochter.

Einige Passagiere machten überraschte Mienen. Einer der Herren hatte gestern Abend bemerkt, dass Berty gestürzt war und es anscheinend eine kleine Szene gegeben hatte. Der Schiffsklatsch bemächtigte sich dieser Angelegenheit sofort, als es bei der Mittagstafel bekannt wurde, dass Heinz Wartegg sich mit Linda Rittberg verlobt hatte. Dass Roberta Wartegg sich von diesem Tag an sehr verändert hatte, fiel nicht nur ihrem Vater auf.

Einmal sagte er halb vorwurfsvoll, halb scherzend: „Nun, Berty, immer noch trotzig? Soll es nicht wieder zwischen uns sein wie früher?“

„Vater, zwischen uns kann es nie mehr werden, wie es früher war“, klang es leise zurück.

„Und warum nicht? Es liegt doch nur an dir.“

„Nein, Vater, nicht an mir, sondern an der fremden Frau, die zwischen uns steht.“

„Die fremde Frau?“, fragte er mit Unwillen. „Du sprichst von deiner künftigen neuen Mutter!“

Da blickte sie ihn an, dass er erschrak. Es lag etwas in ihrem Blick, das ihm die Röte in die Stirn trieb.

Er ärgerte sich über seine eigene Beklommenheit und sagte schroff: „Es gibt doch mehr Väter, die ihren Kindern Stiefmütter geben. Diese Kinder können auch nicht alle protestieren und müssen sich fügen.“

„Ich füge mich ja auch“, antwortete sie.

„Aber wie! Mit ständigem stillen Protest. Das ist unrecht von dir.“

„Ich weiß nicht, ob es recht oder unrecht ist, Vater. Ich weiß nur, dass mir zumute wäre, als beschimpfe ich meine Mutter noch im Grab, wenn ich diese fremde Frau Mutter nennen wollte. Meine Mutter kann nicht dagegen protestieren, dass du ihr eine solche Nachfolgerin gibst – deshalb muss ich es tun, mit jedem Atemzug, obwohl ich damit wohl nichts ändern kann. Du weißt, dass Fräulein Rittberg mir in tiefster Seele unsympathisch ist.“

„Weil du eifersüchtig bist. Du fürchtest, dass sie dir mein Herz entwendet. Was könntest du sonst gegen meine Braut haben?“

„Was ich gegen sie habe, will ich dir sagen. Sie ist eine heuchlerische, unaufrichtige Natur.“

„Wie kannst du so etwas sagen? Welchen Grund hast du für diese unerhörte Behauptung?“

„Sie hasst mich und umschmeichelt mich doch. Sie sieht in dir nur die gute Partie und heuchelt dir eine schwärmerische Liebe vor, die ein junges Mädchen für einen so viel älteren Mann nicht empfinden kann.“

Die Zornesröte stieg ihm in die Stirn. „Das kannst du nicht beurteilen. Sie liebt mich aufrichtig. Und sie liebt auch dich, weil du meine Tochter bist, obwohl du sie demütigst und verletzt – aus Eifersucht.“

Berty kreuzte wie fröstelnd ihre Arme. „Ich hasse sie nicht, aber ich verachte sie.“

„Berty!“, rief er drohend. „Ich sehe an deinem Verhalten, dass du eine Kluft zwischen uns aufreißen willst. Wenn du so für deine zukünftige Mutter empfindest, will ich es nicht hören. Solche Worte beleidigen mich.“

„Es ist gut, Vater; Ich werde dir nie mehr sagen, was ich über Fräulein Rittberg denke. Aber bitte, verlange auch nicht, dass ich mich anders zu ihr stelle. Du darfst nicht von mir erwarten, dass ich heuchle und mir damit selbst unaufrichtig vorkomme.“

Peinlich berührt biss sich Wartegg auf die Lippen. „Natürlich sollst du nicht heucheln. Aber du kannst doch wenigstens Frieden halten mit Linda.“

Sie atmete tief auf. „So veranlasse bitte Fräulein Rittberg, dass sie ihre Bemühungen um mich aufgibt. Ich brauche mich dann nicht mehr gegen ihre Zudringlichkeit zu wehren.“

„Zudringlichkeit nennst du ihr fortgesetztes geduldiges Bemühen um deine Liebe? Das ist empörend!“

„Verzeih, Vater, dich wollte ich nicht kränken“, sagte Berty leise.

Sie neigte den Kopf, denn eben trat Linda heran. Als diese sich neben ihrem Verlobten niederließ, ging Berty langsam davon.

***

In den letzten Tagen des März lief der Dampfer im Hafen ein. Vater und Tochter fuhren sogleich in Linda Rittbergs Begleitung nach Düsseldorf weiter.

Linda hoffte auf dem Bahnhof ihre Mutter zu finden. Sie hatte ihr Kommen telegrafisch gemeldet. Als Heinz Wartegg den beiden Damen aus dem Abteil geholfen hatte, trat ein junger Herr, der einen eleganten und vornehmen Eindruck machte, an Linda heran. „Du gestattest, Linda, dass ich dich an Stelle deiner Mutter in Empfang nehme“, sagte er.

Erstaunt fragte Linda: „Du bist es, Ralf? Ist Mama nicht hier?“

Der junge Mann schüttelte den Kopf. „Nein, Linda, deine Mutter hat eine leichte Erkältung und wollte sich bei dem rauen Wetter nicht aus dem Zimmer wagen. So kam ich her, um dich zu empfangen. Du musst schon mit mir vorlieb nehmen.“ Es lag eine leichte spöttische Überlegenheit im Ton seiner Stimme und im Blick seiner Augen.

„Ich wusste gar nicht, dass du in Düsseldorf bist. Aber bitte ich möchte dich vorstellen.“ Und sich zu Heinz Wartegg und Berty drehend, stellte sie vor: „Mein Stiefbruder, Ralf Hansen – Heinz Wartegg, mein Verlobter; Fräulein Wartegg, seine Tochter.“

Überrascht sah Ralf Hansen sie an. „Du hast dich verlobt, Linda?“, fragte er, sich vor Vater und Tochter höflich verneigend.

Heinz Wartegg lächelte. „Und ich wusste nicht, dass Linda einen Bruder hat. Gestatten Sie mir, Herr Hansen, Ihnen zur Klärung der Situation mitzuteilen, dass wir uns auf der Überfahrt von Brasilien auf dem Dampfer kennen gelernt und verlobt haben. Natürlich muss ich erst noch die Einwilligung Ihrer Mutter erbitten.“ Damit reichte er Ralf die Hand.

Dieser ergriff sie ein wenig zögernd. „Halten Sie es meiner Überraschung zugute, Herr Wartegg, dass ich meinen Glückwunsch etwas verlegen stammle. Meine Stiefschwester hat mir schon manche Überraschung bereitet“, sagte er freimütig.

„Jedenfalls nehmen wir Ihren Glückwunsch gern entgegen, nicht wahr, Linda? Aber ich begreife nicht, dass du mir die Existenz deines Bruders verschwiegen hast.“

„Ich bin ein total unwichtiger Punkt in Lindas Leben.“

Heinz Wartegg musste lachen. Er merkte nicht, dass sich Linda auf die Lippen biss und dem jungen Mann einen unwilligen Blick zuwarf.

Während Heinz Wartegg unbefangen blieb und weiter mit Ralf Hansen plauderte, hatte Berty mit feinem Instinkt gemerkt, dass der Ton zwischen den Stiefgeschwistern seltsam kühl war.

Bisher hatte sie nur einen stummen Gruß mit dem jungen Mann getauscht. Als man aber dem Ausgang des Bahnhofes zuschritt und Heinz Wartegg seiner Braut den Arm bot, um sie zu führen, trat Ralf Hansen an Bertys Seite. „Gnädiges Fräulein, ich hoffe, Sie halten mich nicht für einen unhöflichen Menschen, weil ich nicht auch Ihnen Glück gewünscht habe. Ich wusste nicht – ob hier ein Glückwunsch am Platz ist.“

Berty sah überrascht in sein Gesicht. Zuerst hatte sich ihr Empfinden gegen ihn geregt, als sie hörte, dass er Lindas Bruder sei. Aber jetzt, da sie ihm in die Augen sah, wurde ihr Blick wärmer. „Ich nehme in dieser Angelegenheit keinen Glückwunsch entgegen, er ist also wirklich nicht angebracht.“

Verständnisvoll blitzte es in seinen Augen auf. „Wir haben uns soeben erst kennen gelernt, gnädiges Fräulein, und doch scheint mir, dass wir ein Geheimnis teilen.“

„Ein Geheimnis? Was meinen Sie damit?“

„Das Geheimnis, dass Ihnen meine Stiefschwester als Stiefmutter unwillkommen ist.“

Sie warf den Kopf stolz zurück. „Das ist kein Geheimnis. Ich habe aus dieser Tatsache nie einen Hehl gemacht und will es auch Ihnen gegenüber nicht tun.“

Er nickte ernst. „Ich konnte es mir denken. Vielleicht haben es mir auch Ihre Augen verraten. Verzeihen Sie mir, wenn ich das so ohne weiteres sage. Aber – sozusagen sind wir doch durch die Verlobung Ihres Vaters mit meiner Stiefschwester verwandt. Oder belieben Sie diese Verwandtschaft zu ignorieren?“

Berty wurde durch seine freimütige Art immer mehr gefesselt. „Darüber werde ich entscheiden, wenn ich Sie näher kennen gelernt habe.“

„Also werde ich wenigstens nicht auf den ersten Blick abgelehnt. Das ist schon viel und gibt mir Chancen, durch gute Führung mehr zu erreichen.“

„Ich möchte Ihnen gleich in dieser ersten Stunde sagen, dass ich Ihrer Schwester immer fremd und ablehnend gegenüberstehen werde.“

„Sie sind auf alle Fälle ehrlich, das gefällt mir. Ich habe eine große Vorliebe für ehrliche Menschen.“

Sie errötete leicht. „Dann scheinen Sie anders geartet zu sein als Ihre Schwester.“

Er hob wie abwehrend die Hand, und um seinen ausdrucksvollen Mund grub sich ein harter, abweisender Zug. „Bitte, gnädiges Fräulein – Linda Rittberg ist nicht meine Schwester. Kein Tropfen gemeinsamen Blutes fließt in unseren Adern. Linda wurde von ihrer Mutter in meines Vaters zweite Ehe mitgebracht. Ich blieb in meinem Vaterhaus bis zu meinem zwanzigsten Jahr. Später bin ich nur auf Stunden dahin zurückgekehrt, als mein Vater starb. Ich konnte mich weder mit meiner Stiefmutter noch mit meiner Stiefschwester vertragen. Wir verstanden uns nicht.“

„Jetzt weiß ich, warum Sie gleich ahnten, dass mir Fräulein Rittberg nicht als Stiefmutter willkommen ist.“

Er nickte ihr lächelnd zu. „Es ist wohl nicht schwer zu erraten für uns beide. Auch ich habe einmal im Trotz gegen meine Stiefmutter revoltiert, ohne dass es etwas geholfen hat. Doch nun nichts mehr von diesem unerfreulichen Thema. Ich freue mich jetzt, dass meine Stiefmutter mich darum bat, Linda zu empfangen. Offen gesagt, ich tat es nicht gern.“

„Sie wohnen nicht in Düsseldorf?“

„Nein, ich lebe eine gute Stunde entfernt auf Neurode, dem Gut meines Onkels, der ein Bruder meiner Mutter war. Er hat mich an Kindes statt angenommen, als ich mein Vaterhaus verlassen musste, weil er selbst keine Kinder hat.“

„Sie sind also Landwirt?“

„Ja.“

„So sehen Sie nicht aus.“

„Nun, ich habe mich für die Stadt hergerichtet. In Neurode pflege ich anders auszusehen.“

Sie lächelte. Aber ehe sie etwas erwidern konnte, hatten sie die Vorangehenden erreicht.

Heinz Wartegg hatte sich auch mit seiner Braut unterhalten, und zwar über Ralf Hansen. „Also dein Stiefbruder, Linda? Ein sympathischer Mensch. Ich hatte keine Ahnung, dass deine Mutter zweimal verheiratet war.“

Linda zuckte die Schultern. „Es war mir wirklich nicht wichtig, Heinz. Ralf hat schon vor Jahren sein Vaterhaus verlassen und ist zu seinem Onkel übergesiedelt. Er hat sich zu meiner Mutter in ähnlich feindlicher Weise verhalten, als sie seines Vaters zweite Frau wurde, wie es Berty mir gegenüber auch tut.“

„Schade, er gefiel mir recht gut.“

Als jetzt Ralf und Roberta herankamen, half Heinz Wartegg den Damen in den Wagen und lud Ralf ein, mitzufahren.

Nach kaum zehn Minuten hielt das Auto vor einem freundlichen zweistöckigen Haus mit einem kleinen Vorgarten. Im zweiten Stock dieses Hauses wohnte Frau Stefanie Weitzel, die Schwester von Lindas Mutter, bei der Rittbergs Aufnahme gefunden hatten.

Ralf sprang aus dem Wagen und half Linda beim Aussteigen. Diese verabschiedete sich zärtlich von ihrem Verlobten und flötete auch Berty ein „Auf Wiedersehen, liebe Berty!“ zu.

Gespannt blickte Ralf in Bertys Gesicht. Er sah, dass sie nur den Kopf neigte, und hörte, wie sie kühl erwiderte: „Guten Tag, Fräulein Rittberg.“

Er beugte sich tief über Bertys Hand und sagte leise fragend: „Auf Wiedersehen, gnädiges Fräulein?“

Berty hob mit einem freundlichen Blick das Haupt und erwiderte rasch: „Auf Wiedersehen, Herr Hansen.“

Ralf blieb stehen und sah dem Wagen nach, während Linda an dem verschlossenen Haus klingelte. Sie wandte sich spöttisch zu ihm um: „Nun, Ralf, hast du dich in das hübsche Lärvchen meiner künftigen Stieftochter vergafft? Da wirst du kein Glück haben. Die ist ein Eiszapfen.“

Er sah ruhig und kühl auf sie herab. „Ich sah nur eine Larve im Auto, und die stieg mit mir aus.“

„Du bist noch immer der Alte – äußerst ungalant. Im Übrigen wundere ich mich, dass du dir die Mühe machst, nochmals mit heraufzukommen, da du doch Mama deinen Pflichtbesuch schon gemacht hast“, spottete sie.

„Ich tue es nur, um dich und noch etwas anderes abzuliefern. Da ich vorhin eilig aufbrechen musste, um zur rechten Zeit zum Bahnhof zu kommen, vergaß ich den Hauptzweck meines Besuches – deiner Mutter meinen monatlichen Zuschuss zu übergeben.“

Sie wollte etwas erwidern, aber in dem Moment öffnete eine alte Dame, Frau Stefanie Weitzel, die Türe.

„Gottlob, Linda, dass du mit heiler Haut aus Brasilien zurückgekehrt bist! Herzlich willkommen!“, rief sie.

Flüchtig umarmte Linda die Tante. „Ich sehe, es geht dir gut, und du bist vergnügt wie immer, im Stadium restloser Zufriedenheit.“

„Warum sollte ich nicht zufrieden sein, Kindchen? Das wäre doch Sünde. Ich fühle mich wohl, habe mein Auskommen und dazu die Gesellschaft deiner lieben Mutter. Und dann ist da auch noch meine Minne.“

„Ach ja, Minne, deine Katze – geht es ihr gut?“, scherzte Linda.

„Jawohl, sie ist frisch und munter, genau wie ich.“

Linda hatte während dessen Hut und Mantel abgelegt und eilte in das Schlafzimmer ihrer Mutter.

Tante Steffi sah zu Ralf empor. „Nun, Ralf, da drinnen wollen wir jetzt nicht stören. Treten Sie in mein Zimmerchen.“

„Darf ich, gnädige Frau?“

Sie öffnete die Tür und machte eine hastig abwehrende Bewegung. „Sie sollen mich doch nicht mit gnädige Frau anreden! Am liebsten ist mir, Sie nennen mich Tante Steffi.“

„Wenn Sie es mir gestatten gern, Tante Steffi.“

„Na also! Sie trinken jetzt eine Tasse Kaffee mit mir, denn meine Schwester und ihre Tochter haben anderes zu tun, als mir dabei Gesellschaft zu leisten.“

Sie waren in ein behagliches, schlichtes Wohnzimmer getreten. Die Möbel waren alt, aber tadellos erhalten, und alles blitzte und blinkte vor Sauberkeit. Auf einem weichen Lehnsessel am Fenster lag eine Katze.

„Nun, Minne, willst du dich nicht bequemen, unseren Besuch zu begrüßen?“, sagte Tante Steffi aufmunternd zu dem Tier. Dieses erhob sich langsam, sprang vom Sessel, schritt mit gleitenden Raubtierbewegungen auf Ralf zu und schmiegte sich schnurrend an seine Beine.

„So, lieber Ralf, nehmen Sie Platz. Da, sehen Sie Minne an, sie reibt sich an Ihnen. Das ist ein gutes Zeichen. So zutraulich ist sie nur gegen gute Menschen.“

„Und Sie halten mich nun ohne weiteres für einen guten Menschen?“, fragte er scherzend. „Das wundert mich.“

„Warum?“

„Weil Ihre Schwester und Ihre Nichte sicher dafür gesorgt haben, dass ich Ihnen in keinem vorteilhaften Licht erschien.“

Sie hob abwehrend die Hand. „Lieber Ralf, meine Schwester redet mancherlei, was man nicht ernst nehmen kann. Hannchen ist ein schönes, stolzes Geschöpf gewesen, ebenso wie Linda. Meine Eltern haben sie verwöhnt und verhätschelt – und ich mit. Sie war immer das reizende Prinzesschen, ich das hässliche Aschenputtel wegen meiner armen Nase. Die hat halt niemandem gefallen – mir übrigens am allerwenigsten. Aber ich will mich nicht versündigen. Meinem Mann hat sie gefallen, trotz allem, und dafür soll er noch im Tode gesegnet sein. Er hat mir nach Jahren eines reichen, stillen Glücks nur ein einziges Mal weh getan – als er starb.“

Sie wischte sich verstohlen die Augen und fuhr aufatmend fort: „Aber davon wollte ich ja gar nicht reden. Ich wollte Ihnen nur sagen, lieber Ralf – wenn Hannchen und Linda Ihnen Unrecht getan haben, dann ist das noch lange kein Grund für mich, dasselbe zu tun. Ich habe meine Schwester von Herzen lieb. Aber als mir nun Hannchen und Linda immer vorgeredet haben, der Ralf habe sie nicht leiden mögen von Anfang an, er habe seinen Vater gegen sie aufwiegeln wollen, da habe ich mir gedacht: Nur sachte, man muss auch den anderen hören. Und als ich Sie das erste Mal gesehen habe, als Sie gekommen sind, um Hannchen Ihre Hilfe anzubieten und ihr die Hälfte von dem zu geben, was Ihnen Ihr Onkel jeden Monat für Ihre eigenen Bedürfnisse gibt, da habe ich mir gedacht: Das muss ein edler Mensch sein, der die Hälfte von seinem Einkommen hingibt für eine Stiefmutter, die er nie hat leiden mögen. So, das wollte ich Ihnen schon lange einmal sagen.“

„Halt, halt, Tante Steffi! Ich will mich nicht unter falschen Voraussetzungen in Ihr Herz einschmeicheln. Ich muss Ihnen ganz offen gestehen, dass ich freiwillig meiner Stiefmutter nie wieder in den Weg getreten wäre. Sie und Linda haben es durchgesetzt, dass mein Vater mich aus dem Haus wies, weil ich meine Stiefmutter nicht anerkennen wollte. Meine Gründe dafür waren stichhaltig, das können Sie mir glauben. Ich wäre damals vielleicht vor die Hunde gegangen, wenn mich mein Onkel nicht mit offenen Armen aufgenommen hätte und mir ein gütiger Vater geworden wäre. Ich habe mein Vaterhaus nicht wieder betreten, bis mein Vater mich an sein Sterbebett rief. Da hat er mir gesagt, er sei ungerecht zu mir gewesen. Aber er hat mich auch gebeten, nicht Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Er bat mich, dass ich mich meiner Stiefmutter annehmen möge. Ich habe es ihm versprochen, und mit dem Vorsatz, dieses Versprechen zu halten, habe ich ihm die Augen zugedrückt. So habe ich also nur den Wunsch meines Vaters erfüllt. Nicht aus eigenem Antrieb habe ich etwas für meine Stiefmutter getan.“

Tante Steffi fasste seine Hand. „Es ist darum nicht weniger gut, zumal die Verschwendungssucht meiner Schwester Sie um alles väterliche Erbe gebracht hat. Nicht jeder an Ihrer Stelle hätte so gehandelt. Nun möchte ich Sie aber noch eines fragen, lieber Ralf: Was sagt Ihr Onkel dazu, dass Sie Ihre Stiefmutter unterstützen?“

„Ich habe nie mit ihm darüber gesprochen, weil ich fürchtete, er könne es mir verbieten.“

„Er hasst wohl meine Schwester?“

„Ich kann es nicht leugnen. Er glaubt – nein, er weiß so gut wie ich, dass meine Mutter an gebrochenem Herzen gestorben ist, weil meine Stiefmutter sie aus dem Herzen meines Vaters verdrängte“, antwortete er düster.

Tante Steffi erblasste und sah ihn entsetzt an. „Nein, nein – um Gottes willen, das kann doch nicht wahr sein!“

„Es ist so, Tante Steffi. Meine Mutter hat es meinem Onkel auf ihrem Sterbebett gesagt. Er hat diese Schwester sehr geliebt, und obwohl er nicht der Mann ist, jemanden so leicht zu verurteilen – hier hat sich sein Herz verhärtet. Ich wage es nicht, ihm zu sagen, dass ich die Hälfte des Geldes, das er mir für meine Arbeit gibt, meiner Stiefmutter zukommen lasse und nach dem Tod meines Vaters wieder mit ihr in Verbindung getreten bin. Dennoch bin ich froh, dass nun diese Heimlichkeit wohl bald aufhören wird. Jetzt ist ja Linda fähig zu helfen.“

„Linda? Lieber Himmel, die hat doch keine Stelle und wird uns vorläufig auch noch auf der Tasche liegen!“

Er fasste ihre Hand. „Sorgen Sie sich nicht – Linda hat schon wieder ein Engagement und anscheinend ein sehr glänzendes, auf Lebenszeit. Ich will aber nicht vorgreifen. Darf ich noch um eine Tasse Kaffee bitten?“

Sie beeilte sich, ihm die Tasse zu füllen. Noch ehe das geschehen war, öffnete sich die Tür, und auf der Schwelle erschien, auf Linda gestützt, eine ältere Dame mit einem noch immer sehr schönen Gesicht. Sie wirkte fast wie eine ältere Schwester Lindas.

„Steffi – denke dir, Steffi – Linda ist verlobt aus Brasilien zurückgekehrt, eine glänzende Partie macht sie! Ihr Verlobter ist mehrfacher Millionär! Ich bin ganz außer mir vor Freude!“, rief sie.

Tante Steffi hatte sich erhoben. Auch das, was sie eben von Ralf erfahren hatte, war nicht imstande, die Liebe zu ihrer Schwester zu ersticken, so sehr es sie erschüttert hatte. Sie sagte zärtlich besorgt:

„Reg dich nicht auf, Hannchen, dass du nicht wieder Fieber bekommst! Also du hast dich verlobt, Linda? Aber nun sage mir doch, mit wem denn?“

„Mit einem Düsseldorfer, Steffi“, erwiderte Frau Johanna statt ihrer Tochter. „Sie hat ihn auf dem Dampfer kennen gelernt. Er kam von seinen brasilianischen Besitzungen. Es ist der bekannte Maler Heinz Wartegg.“

Tante Steffi schlug die Hände zusammen. „Der berühmte Maler, der die wundervolle Villa am Rheinufer besitzt?“

Linda nickte stolz. „Ja, Tantchen, das ist mein Verlobter.“

Tante Steffi fasste sie an den Schultern. „Mein Gott, Kindchen, so ein reicher, vornehmer Mann! Hast du ihn denn auch von Herzen lieb? Das ist ja die Hauptsache. Aber – er muss schon ziemlich alt sein, er hat doch eine erwachsene Tochter.“

„Was hat das Alter zu sagen, Tantchen? Sein Herz ist jung.“

Tante Steffi sah ein wenig hilflos aus. „Nun ja, wenn es dir nichts ausmacht, dass er so viel älter ist als du …“

Frau Johanna machte ein unwilliges Gesicht. „Aber Steffi, setze Linda mit deinen sentimentalen Erwägungen nicht dumme Gedanken in den Kopf! Ich bin froh, dass sie vernünftig war. Bedenke doch, was ihr geboten wird!“

Ralf hatte sich erhoben. „Ich möchte mich verabschieden und habe nur gewartet, Mama, um Ihnen den monatlichen Betrag zu übergeben.“

„Ich hoffe, dich nicht länger in Anspruch nehmen zu müssen. In Zukunft dürfte es sich mein Schwiegersohn nicht nehmen lassen, für mich zu sorgen.“

Ralf hatte seiner Brieftasche einige Geldscheine entnommen und legte sie vor Frau Johanna hin. Dann wollte er sich verabschieden, aber Tante Steffi hielt ihn am Arm fest. „Sie haben Ihren Kaffee nicht ausgetrunken. Schmeckt Ihnen wohl nicht?“

„Doch, ausgezeichnet. Aber ich möchte nicht länger stören.“

„Wir ziehen uns gleich wieder zurück, du kannst Tante Steffi ruhig noch ein wenig Gesellschaft leisten. Ich habe noch allerlei mit Mama zu besprechen“, sagte Linda.

„Wir wollten Steffi nur die Freudenbotschaft bringen“, fügte ihre Mutter hinzu.

Linda führte ihre Mutter hinaus. Als sie gegangen waren, fiel Tante Steffi in einen Sessel. „Ach du lieber Gott, wenn das Kind nur glücklich wird! Der Altersunterschied ist doch recht groß.“

Ralfs Mundwinkel zogen sich verächtlich herab. „Unbesorgt, Tante Steffi, Linda wird in dieser Ehe finden, was sie sucht – Glanz und Reichtum. Alles andere ist für sie Nebensache. Zweifelhafter ist mir, ob ihr Verlobter sein Glück finden wird.“

„Haben Sie Herrn Wartegg bereits gesehen?“, fragte Tante Steffi.

„Ja. Er hat uns in seinem Auto vom Bahnhof hierher gefahren. Seine Tochter war auch dabei.“

Mit einem Ruck drehte sich Tante Steffi zu ihm herum.

„Seine Tochter? Sie war dabei?“

„Sie scheint bei dieser Angelegenheit der einzig leidtragende Teil zu sein. Tante Steffi – in Bezug auf diese Tochter möchte ich Ihnen etwas sagen.“

„Was denn, Ralf?“

Er legte die Hand auf ihren Arm. „Liebe Tante Steffi, so richtig habe ich Sie wohl erst in dieser Stunde kennen gelernt und erkannt, welch ein gütiges Herz Sie haben. Und darum möchte ich Ihnen ein junges, trauriges Menschenkind recht warm ans Herz legen. Warteggs Tochter wird einen Menschen brauchen, zu dem sie Vertrauen haben kann. Ich möchte Sie bitten für sie dieser Mensch zu sein.“

Unsicher sah sie ihn an. „Ach Ralf, ich ungeschicktes altes Weiblein, wie soll ich es anfangen, dieser vornehmen jungen Dame näher zu kommen?“

„Vielleicht findet sie selbst bald heraus, wer von der neuen Verwandtschaft Vertrauen verdient. Ich kann mich aus eigener Erfahrung in ihre Lage versetzen. Schwerlich wird Linda eine angenehmere Stiefmutter sein als seinerzeit ihre Mutter.“

„Was ich tun kann, tue ich herzlich gern, lieber Ralf, aber …“

Er fasste ihre Hand. „Kein Aber! Und was ich Ihnen jetzt gesagt habe, bleibt zwischen uns Geheimnis?“

„Das brauch’ ich Ihnen nicht erst zu versprechen, ich bin keine Plaudertasche.“

„Ich muss Sie jetzt verlassen. Aber wenn Sie es gestatten, komme ich wieder einmal zu Ihnen herauf – vor allem später, wenn Linda Frau Wartegg ist und mit ihrer Mutter wahrscheinlich nicht mehr bei Ihnen wohnt.“

Ralf Hansen verabschiedete sich sehr herzlich. Tante Steffi sah ihm gedankenverloren nach.

***

Ralf Hansen hatte in den nächsten Tagen in Düsseldorf allerlei zu erledigen.

Auf seinen Wegen durch die Stadt hoffte er stets, Berty zu treffen. Aber niemals war es ihm gelungen, obwohl er öfter zum Rheinufer gegangen war, wo die Villa Wartegg lag.

Heute sollte er Glück haben. Als er sich dem Grundstück näherte, sah er im Garten Roberta Wartegg. Bei ihrem Anblick schlug sein Herz stärker, und er wusste, dass er sich nach ihr gesehnt hatte, dass er sie liebte. Berty ging langsam mit gesenktem Kopf. Auf ihrem Gesicht war ein Ausdruck von Trauer, ein Hauch von Schwermut und Abgeschlossenheit, so dass er es kaum wagte, sich bemerkbar zu machen. Aber er fürchtete, diese Gelegenheit würde nicht wiederkehren. So trat er an das Gitter und zog den Hut. „Gnädiges Fräulein, darf ich Ihnen guten Tag sagen?“

Berty schrak auf aus ihrer Versunkenheit und blickte zu ihm hinüber. Helles Rot huschte über ihr Gesicht. „Sie sind es, Herr Hansen.“

„Verzeihen Sie, dass ich Sie wie ein Wegelagerer überfalle, aber ich konnte nicht vorübergehen, ohne mich Ihnen bemerkbar zu machen.“

Sie kam näher und lächelte ein wenig. „Das wäre auch nicht nett von Ihnen gewesen.“

„So war Ihr ‚Auf Wiedersehen‘, als wir uns trennten, ernst gemeint?“

„Ich freue mich, Sie wiederzusehen.“

„Das ist mehr, als ich zu hoffen wagte. Ich fürchtete, dass ich bei Ihnen höchstens unter der Rubrik ‚Lästige Bekanntschaften‘ rangieren würde.“

„Warum fürchteten Sie das?“

„Nun – weil ich immerhin in Zusammenhang mit Ihrer künftigen Stiefmutter stehe.“

Bertys Stirn zog sich zusammen. Dann sagte sie, ihn groß und ernst ansehend: „Sprechen Sie nicht davon! Was Sie mir neulich bei unserem ersten Zusammentreffen sagten, erlaubte mir, Sie in meinen Gedanken vollständig von Fräulein Rittberg zu trennen.“

„Etwas Lieberes hätten Sie mir nicht sagen können. Ich danke Ihnen.“

„Verzeihen Sie, es wird mir erst jetzt bewusst, dass ich Sie ungastlich jenseits des Zaunes stehen lasse. Wollen Sie nicht eintreten? Sie wollten uns doch wohl einen Besuch machen?“

„Zu solcher Kühnheit verstiegen sich meine Wünsche nicht. Aber ich gestehe offen, dass ich in der Hoffnung hier vorüberging, Sie wenigstens von weitem wiederzusehen.“

Sie errötete und sah zur Seite. „Leider bin ich zur Zeit allein. Papa hat eine Sitzung im Künstlerhaus und kommt so bald nicht zurück. Ich kann Sie also nicht einmal bitten, ins Haus zu kommen. Aber wenn Sie nichts Wichtigeres vorhaben, dann könnten Sie vielleicht mit mir durch den Garten gehen.“

Glückstrahlend sah er sie an. „Darf ich wirklich eintreten?“

„Ich öffne Ihnen. Bitte, gehen Sie rechts um die Ecke, da ist der Eingang.“

Er eilte zu der Pforte. Berty stand schon dort und ließ ihn ein.

Langsam schritten beide auf dem breiten Kiesweg dahin, der sich längs des Gitters um das ganze Anwesen zog. Drüben rauschte der Rhein, und in den noch unbelaubten Bäumen sangen die Vögel dem kommenden Lenz entgegen.

Eine Weile blieb es still. Ralf ließ seinen Blick auf Berty ruhen, und endlich sagte er: „Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass mir heute das Schicksal so viel Gunst erweisen würde.“

Berty lächelte schwach. „Ich bin jetzt eine sehr trübselige Gesellschafterin und werde Sie langweilen.“

„Das glauben Sie selbst nicht. Dass Sie traurig sind, weiß ich. Ich habe mir den Kopf zerbrochen, wie ich Ihnen helfen könnte.“

„Ja, ich bin sehr, sehr traurig vielleicht weil mein Leben bisher so voll Sonne war. Aber wie ist das alles anders geworden! Ich bin allein und einsam im Herzen.“ Ihre Stimme versagte. Endlich fasste sie sich wieder und meinte unsicher: „Eigentlich dürfte ich Ihnen das alles nicht sagen. Im Grunde sind Sie mir doch fremd.“