Hedwig Courths-Mahler Großband 8 - Sammelband - Hedwig Courths-Mahler - E-Book

Hedwig Courths-Mahler Großband 8 - Sammelband E-Book

Hedwig Courths-Mahler

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Beschreibung

10 spannende Liebesromane lesen, nur 6 bezahlen!

Über 800 Seiten voller Romantik und Herzenswärme in einem Band!


Hedwig Courths-Mahlers "Märchen für Erwachsene", wie sie ihre Romane selbst nannte, sind ebenso zeitlose Klassiker wie die Themen, die sie behandeln: die Liebe, ihre Gefährdung und deren Überwindung, die Verwirrung der Gefühle und der Weg zum Glück.

Seit über 100 Jahren verzaubert sie ihre Leserinnen und Leser mit ihren wundervollen Geschichten immer wieder neu, und mit einer Gesamtauflage von über 80 Millionen Exemplaren gilt Hedwig Courths-Mahler heute als DIE Königin der Liebesromane.


Großband 8 enthält die Folgen 71 - 80.


Zehn Geschichten, zehn Schicksale, zehn Happy Ends - und pure Lesefreude!

Jetzt herunterladen und sofort eintauchen in eine heile Welt, in der die Liebe noch regiert.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 1671

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotiv: iStockphoto/AntonioGuillem ISBN 978-3-7325-6943-4

Hedwig Courths-mahler

Hedwig Courths-Mahler Großband 8 - Sammelband

Inhalt

Hedwig Courths-MahlerHedwig Courths-Mahler - Folge 071Eine Autopanne zwingt den Fabrikanten Arne Riedel zu einer unfreiwilligen Rast auf einem kleinen ländlichen Pachtgut. Hier lernt er Franziska Dorneck kennen und ist tief von ihr beeindruckt. Auch als er längst wieder zu Hause in Berlin ist, lässt ihn der Gedanke an sie nicht los. Unentwegt denkt er darüber nach, wie er sie wiedersehen könnte. Da kommt ihm ein Zufall zu Hilfe: Seine Tante, die ihn unbedingt bald verheiraten möchte, präsentiert ihm die reiche Ruth Alving als Heiratskandidatin. Und Ruth ist Franziskas beste Freundin ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 072Wieder einmal steht den Wendhausens ein Familientag bevor. Anlass hierfür ist die Rückkehr Valentin Wendhausens, der lange Jahre als verschollen galt. Alle Familienmitglieder sind überzeugt, dass er als armer Mann heimgekehrt ist. Und Valentin tut auch nichts, um seine Verwandten über seine wahren finanziellen Verhältnisse aufzuklären. So begegnen ihm die meisten Familienmitglieder abweisend, in der Furcht, er könnte sie um Unterstützung bitten. Die einzige Ausnahme ist die junge Bertie Reinwald, die zusammen mit ihrer Mutter beschlossen hat, dem "armen" Vetter Obdach zu gewähren. Valentin ist tief gerührt, und er beschließt, die beiden Frauen schon bald märchenhaft zu belohnen...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 073Heinz Werner ist leidenschaftlich in die bezaubernd schöne Ilse Deckmann verliebt. Es dauert nicht lange, bis er sie um ihre Hand bittet, doch die stolze Frau lehnt seine Bewerbung ab. Heinz ist ihr nicht reich genug. Er reagiert sehr merkwürdig auf die Abweisung: Schon am nächsten Tag bittet er Ilses Kusine Eva, seine Frau zu werden. Als Ilse von der Verlobung erfährt, erwacht glühender Hass in ihrer Seele. Sie beschließt, die beiden so schnell wie möglich wieder auseinanderzubringen...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 074Die leichtlebige Lizzi hat ihre ernste Stiefschwester Friede nie gemocht. Deshalb macht sie sich auch nicht die geringsten Vorwürfe, als sie Friede den Verlobten ausspannt und Fritz von Steinbach selbst heiratet. Friede hingegen leidet unsäglich unter dem Treuebruch des Geliebten, besonders, als sie erfährt, dass Fritz in seiner Ehe sehr unglücklich ist. Während Friede Trost in der Arbeit findet und es dabei zu großem Wohlstand bringt, leben Fritz und seine Familie in den drückendsten Verhältnissen. Die Lage spitzt sich zu, als er nach einem Unfall auch noch den Dienst als Offizier quittieren muss. Als Fritz sich schließlich dazu aufrafft, seine ehemalige Braut um Hilfe zu bitten, leitet er damit Ereignisse ein, die das Leben Friede Sörrensens entscheidend ändern sollen...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 075Mona Runecks Vater hat zum zweiten Mal geheiratet. Seine Frau ist jung und lebensfroh. In Mona sieht sie nur ein Hindernis. So wird das junge Mädchen zu einer Tante nach Georgental abgeschoben. Hier fühlt sich Mona bald schon glücklicher als im Elternhaus. Doch eines Tages ruft der Vater seine Tochter unerwartet heim: Mona soll verheiratet werden. Der Mann, den der Vater für sie ausgesucht hat, ist Bernd Kronau. Mona liebt Bernd heimlich schon lange, und so hat sie nichts gegen den Plan ihres Vaters einzuwenden. Aber dann belauscht sie zufällig ein Gespräch, das Bernd mit seinem Vater führt. Was sie dabei erfährt, stürzt sie von der Höhe des Glücks in tiefste Verzweiflung...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 076Vor vielen Jahren ist Fritz von Lossow nach Amerika ausgewandert. Dort hat er eine Wäscherin geheiratet und ist mit ihr glücklich und reich geworden. Eines Tages macht er unerwartet eine Erbschaft. Sein Onkel in Deutschland hat ihm das große Gut Lemkow vermacht. Da Fritz jedoch selbst zurzeit nicht reisen kann, schickt er seine Tochter Ellinor nach Deutschland, um den Besitz zu übernehmen. Neid, Missgunst und Hass schlagen der Tochter der Wäscherin von den adeligen Nachbarn entgegen. Doch Ellinor trägt alle Anfeindungen mit Fassung - bis sie einen Mann kennenlernt, dem ihr junges Herz im Sturm zufliegt. Doch ausgerechnet dieser Mann ist der Verlobte ihrer schlimmsten Widersacherin...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 077Ria Steinberg ist in völliger Einsamkeit bei ihrem verbitterten Vater herangewachsen, der es nie überwinden konnte, dass seine Frau ihn verließ. Als er stirbt, ist Ria zwar eine reiche Erbin, aber sie steht dem Leben völlig hilflos gegenüber. Als linkisches, schlecht gekleidetes Mädchen kommt sie in das Haus ihres Vormunds Heinrich Feldner. Sein Sohn Horst erobert ihr Herz im Sturm. Als er sie bittet, seine Frau zu werden, willigt Ria überglücklich ein. Sie ahnt nicht, dass Horst sie nur heiraten will, um die väterliche Firma vor dem Ruin zu retten. Aber was noch viel schlimmer ist: Horst quält der Gedanke, ein so hässliches, unbedeutendes Geschöpf als seine Gattin heimzuführen...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 078Während eines Ferienaufenthaltes auf dem Land sieht Dagmar Ruthart einen Mann, dem ihr junges Herz im Sturm zufliegt. Es ist der Forscher Günter Friesen, der zu Besuch bei seiner Verlobten Lisa Rothberg weilt. Aufregende Ereignisse, ausgelöst durch die Untreue Lisas, verhindern es jedoch, dass die beiden sich kennenlernen. Als aber Günter Friesen nach einem tödlichen Duell zu Festungshaft verurteilt wird, schreibt ihm Dagmar - als "eine Namenlose". Die tröstenden Worte der Unbekannten beeindrucken Friesen sehr. Woher kennt sie ihn? Wer ist sie? Günter ahnt nicht, welche überraschende Antwort das Schicksal für ihn bereithält...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 079Hans von Haßberg ist wegen seines Leichtsinns und seiner galanten Abenteuer in der ganzen Stadt berüchtigt. Nun hat er obendrein auch noch Schulden gemacht. Ein vermeintlicher Freund, Heinz von Tondern, erklärt sich jedoch bereit, Haßbergs Schulden zu begleichen - unter einer Bedingung: Er muss dafür zwei Jahre in die Kolonien gehen. Nach dem Grund für seine Gutmütigkeit befragt, bekennt Tondern, dass Haßberg ihm bei seiner Werbung um die Gunst der schönen, reichen Regina Baldus im Weg ist. Haßberg ist sehr erstaunt. Nie hat er sich sonderlich für Regina interessiert. Nun aber weckt Tonderns Bekenntnis seine Neugier, aus der schließlich ein tiefes Gefühl entsteht, wie es der tolle Haßberg noch nie empfand. Aber Tondern ist auf der Hut. Mit Lügen und Intrigen zerreißt er die zarten Bande, die sich zwischen Haßberg und Regina anknüpfen ...Jetzt lesen
Hedwig Courths-Mahler - Folge 080Was wird aus Lori? Diese Frage bewegt den jungen Gutsherrn vom Lindenhof, Heinz Rommersdorf, sehr. Kann, darf er sein Mündel Lori nach Lindenhof holen? Wird ihr Anblick ihn nicht stündlich daran erinnern, dass er, wenn auch ohne Absicht, schuld am Tod ihrer Eltern war? Lori selbst weiß nicht, welche unselige Rolle ihr Vormund dabei spielte. Und so zögert sie auch keinen Augenblick, einfach nach Lindenhof zu fahren, als die alte Dame, bei der sie bisher lebte, stirbt. Ihre Unbefangenheit tut dem jungen Gutsherrn wohl und lindert seinen Schmerz. Aber er flammt jäh wieder auf, als Heinz sich bewusst wird, dass er Lori liebt. Nie darf er um sie werben, nie wird sie ihm angehören, ihm, dem Schuldigen am Tod ihrer Eltern...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Wie ist mein armes Herz so schwer

Vorschau

Wie ist mein armes Herz so schwer

Warum die junge Franziska ihre Liebe dem Falschen schenkte

In der Nähe des kleinen Pächterhauses war das Auto plötzlich stehen geblieben, der Motor versagte und war trotz aller Bemühungen des Chauffeurs nicht wieder in Gang zu bringen.

„Ich muss den Wagen in die nächste Werkstätte schleppen lassen, Herr Riedel. Ich habe gleich am Eingang des Dorfes eine gesehen.“

Arnold Riedel strich sich über das erhitzte Gesicht; er hatte sich selbst an der Suche nach der Ursache des Schadens beteiligt. Nun nickte er dem Chauffeur zu, während er nach der Uhr sah.

„Also versuchen Sie Ihr Heil, Seidel, hoffentlich dauert die Reparatur nicht zu lange, damit ich heute Abend in Berlin sein kann. Sagen Sie mir auf jeden Fall Bescheid, wie lange ich werde warten müssen. Dauert es zu lange, dann fahre ich mit der Bahn weiter.“

„Sehr wohl, Herr Riedel.“

Arnold Riedel sah sich um und blickte auf das Pächterhaus, das einzige Gebäude in der Nähe. „Will mal sehen, ob ich da drüben Unterkunft und ein Mittagessen haben kann, denn ich mag nicht erst ins Dorf zurücklaufen. Sie werden ja, während die Reparatur vorgenommen wird, einen Gasthof finden, in dem Sie essen können.“

Damit schritt Arnold Riedel auf das schmucke Häuschen zu, und er sah nun auch eine blonde, kräftige Frau an der Tür stehen, die nach dem Auto und den beiden Männern herübersah.

Arnold Riedel zog den Hut und blieb vor ihr stehen. „Leider haben wir eine Panne, und mein Wagen muss zur Reparaturwerkstätte gebracht werden. Darf ich, bis der Schaden behoben ist, in Ihrem hübschen Garten Rast halten und kann ich vielleicht auch einen Imbiss bekommen?“

Die Frau lachte ihn freundlich an: „Daran soll’s nicht fehlen, Herr, bitte, nehmen Sie nur ruhig in der Laube Platz! Sie können auch drin im Haus warten, wenn Ihnen das lieber ist, ich kann Ihnen unsere Staatsstube aufschließen.“

„Die Staatsstube ist nicht nötig, ich setze mich, wenn Sie es gestatten, in Ihr Wohnzimmer, wenn es mir im Garten zu kühl wird. Und einen Imbiss können Sie mir auch schaffen?“

„Natürlich, Herr. Wenn Sie an unserem Mittagessen teilnehmen wollen, soll es mir eine Ehre sein. Mein Mann wird auch gleich vom Feld heimkommen.“

„Mit Vergnügen, wenn er es auch erlaubt.“

„Ah, das erlaubt er schon.“

„Ein schönes Anwesen“, sagte Arnold Riedel – er wurde von seinen Freunden nur Arne genannt anerkennend. „Gehört es Ihnen?“

„Nein, wir haben es nur in Pacht.“

„Soso! Na, hoffentlich wirft es genug ab!“

Sie lachte. „Es reicht aus, wenn man auch nicht reich dabei werden kann, dazu sind die Zeiten zu schlecht. Aber man ist froh, wenn man sein Auskommen hat. Also setzen Sie sich in die Laube! Und wenn es Ihnen recht ist – wir fahren jetzt die Milchkannen zum Bahnhof – kann der Kutscher gleich das Auto bis ins Dorf ziehen.“

„Sehr gut, ich danke Ihnen.“

Und Arnold Riedel sagte seinem Chauffeur, dass er nicht erst Hilfe herbeiholen müsse.

Die Pächtersfrau gab inzwischen ihrem Milchkutscher Bescheid. Er fuhr gleich darauf aus dem Tor auf die Straße und machte sich mit dem Chauffeur daran, das Auto an seinem Wagen festzubinden. Die Pferde zogen an und nahmen es mit Wagen und Auto auf.

Arne und Pächtersfrau hatten zugesehen und sich inzwischen ein wenig unterhalten. Nun ging die Pächtersfrau ins Haus mit dem Versprechen, dem Gast einen Trunk frische Milch herauszuschicken.

Arne setzte sich in die hübsche Geißblattlaube, die seitlich im großen Obstgarten stand. Aufatmend blickte er um sich. Die Obstbäume standen in voller Blüte, es sah sehr schön aus.

Arne dachte nach, wie lange es wohl her war, dass er einmal Muße gehabt hatte, sich in die Reize eines hübschen Landschaftsbildes zu vertiefen. Er riss sich den Hut vom Kopf und warf ihn auf die Bank neben sich. Sehr lange war das schon her! Die neue Zeit mit ihrem atemberaubenden Tempo ließ es nicht zu, dass man einmal zu sich selber kam. Dazu bedurfte es schon einer Autopanne, die einen zwang, stillzuhalten.

Nun kam die Magd, die auf einem kleinen Brett ein Glas Milch brachte. In der anderen Hand trug sie ein sauberes Wischtuch und fuhr damit erst über den Tisch, ehe sie die Milch hinstellte. Er sah lächelnd in ihr frisches, rundes Gesicht.

„Danke!“, sagte er freundlich und schob der Magd ein Silberstück zu. Sie sah fast erschrocken darauf nieder.

„Die Milch kostet nichts, hat die Frau gesagt, und – ich kann auch nicht rausgeben.“

Er lachte. „Das ist für Sie!“

Sie erschrak noch mehr, ließ das Geld liegen und sauste davon, als wenn es hinter ihr brenne. Was dachte sich der fremde Herr? So ein Sündengeld zu verschwenden – das konnte nur etwas Schlimmes zu bedeuten haben.

„Auf Trinkgelder scheint man hier noch nicht versessen zu sein. Na, die Pächtersfrau wird es der törichten Magd in die Sparbüchse stecken müssen, von der wird sie es eher annehmen.“

Mit tiefen Zügen leerte er das Glas. Dann lehnte er sich behaglich zurück und ließ den Blick umherschweifen. So kam er hier ganz unversehens zu einem richtigen Schäferstündchen. Wie das wohltat! Wie das die abgehetzten Nerven beruhigte!

Lächelnd lauschte er nach dem Haus hinüber. Er hörte aus dem offenen Küchenfenster Teller und Töpfe klappern, da war wohl die Pächtersfrau am Werk, das Mittagessen zu kochen. Eigentlich ein recht friedlicher Beruf, der des Landwirts. Oder sah sich das nur so an?

Jetzt hörte er ein Motorrad ansausen. Es hielt vor dem Pachtgut, und Arne sah einen kräftigen Mann vom Rad steigen. Er schob es vor sich her und pfiff dabei kurz. Da kam ein Knecht herbei, der ihm das Rad abnahm und um das Haus herumführte.

„Aha, der Pächter!“, sagte Arne vor sich hin, als der Angekommene im Haus verschwand.

Gleich darauf erschien sein Chauffeur wieder, dem er sich bemerkbar machte. „Hierher, Seidel!“

Seidel kam herbei und meldete, dass die Instandsetzung zwei bis drei Stunden in Anspruch nehmen würde. Er sah dabei ein bisschen ängstlich nach seinem Herrn. Der aber fuhr zu seinem Erstaunen nicht ärgerlich auf.

„Ist nicht zu ändern, Seidel. Also, jetzt gehen Sie zum Essen ins Dorf, und dann kümmern Sie sich um den Wagen. Sobald er fertig ist, holen Sie mich hier ab!“

„Sehr wohl, Herr Riedel.“

Seidel ging zum Dorf zurück, um sich ein Plätzchen zu suchen, wo er zu Mittag essen konnte.

Kaum war er verschwunden, als die Magd wieder erschien. Sie hatte der Pächtersfrau mit großen Augen berichtet, dass der fremde Herr ihr ein Silberstück hatte schenken wollen und dass sie davongerannt sei, ohne das Geld zu nehmen.

„Das ist Sündengeld, Frau Pächter!“

Diese hatte gelacht. „Ach, Liese, du bist wohl unklug, das ist eben ein vornehmer Herr, und der hat damit abgelten wollen, dass er im Garten sitzt und ein Glas Milch trinken kann. Hättest es ruhig annehmen sollen, du dumme Liese. Das ist kein Sündengeld gewesen, eben nur ein reiches Trinkgeld.“

Liese war sehr betrübt, dass ihr der schöne Silbertaler verloren gegangen war. Sie sollte den fremden Herrn zu Tisch rufen.

Etwas unsicher kam sie heran an die Laube. „Sie sollen ins Haus kommen, es wird gegessen!“, meldete sie unbeholfen.

Er sah sie lachend an. „Danke schön. Wollen Sie den Taler nicht doch haben? Hier liegt er noch.“

Sie fingerte an ihrem Schürzenband entlang und sah ihn verlegen an. „Die Frau sagt, ich brauche keine Angst zu haben, es sei kein Sündengeld.“

Lächelnd reichte er ihr das Silberstück. „Nehmen Sie es getrost und stecken Sie es in Ihre Sparkasse! Es ist ehrlich verdientes Geld.“

Mit spitzen Fingern griff sie zu und jagte dann wieder davon.

Er ging ihr langsam nach. Im Hausflur standen die Pächtersleute, und der Pächter begrüßte ihn, schlicht und einfach, ohne viel Worte. Man betrat ein mittelgroßes Zimmer, das zugleich Wohn- und Esszimmer war. Auf dem großen runden Tisch lag ein blütensauberes Tischtuch und Servietten auf jedem Teller. Der Tisch war für vier Personen gedeckt.

Der Pächter und seine Frau standen, anscheinend wartend, hinter ihren Stühlen, und natürlich blieb Arne auch stehen. Er sagte sich, dass der vierte Teilnehmer an der Mahlzeit noch erwartet wurde. Vielleicht ein Sohn oder eine Tochter des Hauses?

Jetzt wurde die Tür geöffnet, und Arne machte große, erstaunte Augen: Auf der Schwelle erschien eine schlanke junge Dame in einem zwar einfachen, aber gut sitzenden Kleid, das die Figur vorteilhaft zur Geltung brachte, und dabei doch unverkennbar damenhaft wirkte. Auch die junge Dame stutzte einen Augenblick beim Anblick des fremden Gastes und wurde ein wenig rot unter seinem erstaunten Blick. Er konnte sich nicht erklären, wie diese schöne junge Dame hier in das zwar behagliche, aber schlichte Pächterhaus kam.

Der Blick der jungen Dame wandte sich jetzt wie fragend auf die Pächterin.

Diese gab auch gleich die Erklärung: „Der Herr hat mit seinem Auto eine Panne gehabt, Fräulein Ziska, er muss hier warten, bis das Auto wieder in Ordnung ist, und hat um einen Imbiss gebeten. Da habe ich ihm gesagt, dass er mit uns zu Mittag essen kann. Ich hoffe, es ist Ihnen nicht unangenehm?“

Wieder huschte ein leichtes Rot über das Gesicht der jungen Dame. „Aber liebste Frau Pächter, Sie können an Ihren Tisch laden, wen Sie wollen“, sagte sie ruhig und erwiderte den ehrerbietigen Gruß des Fremden mit einem Neigen des feinen Kopfes.

„Ich bitte um Verzeihung, wenn ich eine Störung verursache, gnädiges Fräulein. Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle!“

Und er nannte seinen Namen, zugleich gegen die Pächtersleute gerichtet, die gleichsam in seinen Augen auf eine höhere Stufe gehoben wurden durch die Anwesenheit dieser vornehm wirkenden Dame.

Er sagte nur schlicht: „Riedel.“ Mit keinem Wort erwähnte er, dass er der Chef der in ganz Deutschland bekannten Riedelwerke war.

Die junge Dame neigte nur wieder den Kopf, und man nahm Platz an dem runden Tisch.

Es wurde ein einfaches, sorgfältig zubereitetes Mahl von Liese aufgetragen. Die Pächtersfrau reichte die Schüsseln herum. Sie legte zuerst Fräulein Ziska vor, dann dem Gast und zuletzt ihrem Gatten.

Die junge Dame machte einen tiefen Eindruck auf Arne. Noch nie hatte eine Frau so auf ihn gewirkt. Bisher hatte er wenig Zeit gehabt, sich mit Frauen zu befassen. Seine kleinen Liebschaften hatte er natürlich gehabt, aber nie war ihm eine sehr tief gegangen. Und nun fühlte er plötzlich angesichts dieser reizenden jungen Dame ein seltsames Empfinden, eine eigenartige Unruhe, eine uneingestandene Sehnsucht.

Zu Arnes Leidwesen zog sie sich gleich nach Tisch zurück, noch während die Pächtersfrau einen recht guten Kaffee herumreichte und der Pächter sich eine Zigarre anzündete, die ihm Arne anbot. Er selbst rauchte auch eine an, nachdem der Pächter sich bedient und die junge Dame das Zimmer verlassen hatte.

Nachdenklich sah Arne ihr nach, und er konnte sich nicht enthalten, zu fragen: „Sie haben den Sommer über Pensionsgäste?“

Die Pächterin sah ihn einen Augenblick erstaunt an, lachte dann aber und sagte: „Ach, Sie meinen wohl, dass Fräulein Ziska ein Sommergast ist?“

„Allerdings, und ich wollte schon fragen, ob auch ich vielleicht für einige Ferienwochen Kost und Unterkommen bei Ihnen finden könnte.“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, nein, dazu haben wir keinen Platz, und das würde Fräulein Ziska auch nicht leiden.“

„Hat sie darüber zu verfügen?“

„Aber ja, sie ist die Besitzerin des Pachtgutes. Das ist freilich alles, was ihr von dem großen Gut geblieben ist, das ihren Eltern gehörte. Dorneck gehört jetzt einem anderen Besitzer, und nach der Versteigerung ist alles, was dabei herauskam, an die Gläubiger bezahlt worden. Nur dieses kleine Pachtgut, ein ehemaliges Vorwerk, ist Frau Dorneck und ihrer Tochter Franziska geblieben. Sie siedelten beide hierher über in dieses kleine Haus und bewohnten oben im ersten Stock die vier kleinen Zimmer, die Fräulein Ziska heute noch benutzt. Frau Dorneck ist knapp ein Jahr nach der Übersiedlung gestorben, und nun steht Fräulein Ziska allein im Leben. Wir zahlen ihr jährlich zweitausend Mark Pacht, dazu hat sie freie Wohnung und isst auch mit bei uns. Sie ist sehr bescheiden, und wenn man bedenkt, wie sie es früher gehabt hat, kann man nur staunen, dass sie sich in alles so ruhig fügt. Solange die Mutter noch lebte, musste das wenige für beide reichen, aber Fräulein Ziska hat fleißig gearbeitet, damit sie der Mutter nichts abgehen zu lassen brauchte.“

Interessiert hatte Arne zugehört, und fragte nun hastig: „Darf man wissen, welche Art Arbeit die junge Dame verrichtet?“

„Oh, sie tut sozusagen alles, was etwas Geld einbringt. Erst hat sie feine Stickereien für eine große Berliner Firma gearbeitet, wundervolle Sachen. Dann hat sie kleine Bildchen gemalt – sie sind sehr schön, und man kaufte sie ihr regelmäßig ab. Sie hat nämlich ein bisschen Kunstgewerbe studiert, und darüber ist sie nun sehr froh, weil sie mit diesen Zeichnungen und Farbskizzen mehr Geld verdient, als mit den Stickereien. Fleißig ist sie, und da sie sehr anspruchslos ist, kommt sie gut aus. Sie kann es sich leisten, jeden Winter einige Wochen nach Berlin zu gehen, da wohnt sie bei einer ehemaligen Pensionsfreundin oder vielmehr bei deren Eltern. Das frischt sie dann immer ein bisschen auf, sonst wäre es gar zu langweilig hier für so ein vornehmes Fräulein. Und sie studiert dann auch immer ein wenig und ist täglich im Kunstgewerbemuseum, damit sie sich in ihrem Fach weiterbilden kann. Ach ja, sie ist schon tüchtig.“

„Jedenfalls ist sie aber sehr zu bedauern, dass sie nichts von ihrem Erbe gerettet hat als dieses kleine Pachtgut.“

„Ja, das sagen wir uns auch oft, mein Mann und ich. Aber – na man kann ja drüber reden – wenn sie nur wollte, gleich könnte sie wieder als Herrin in Dorneck einziehen.“

Ein wenig unruhig sah er sie an. „Wie soll man das verstehen, Frau Pächterin?“

Der Pächter machte seiner Frau eine abwehrende Geste. „Reime dir nichts zusammen, Martha!“, sagte er bedächtig.

Sie schüttelte energisch den Kopf.

„Da brauche ich nicht zu reimen, Karl, es weiß jeder hier, dass Herr Leideritz, der neue Herr auf Dorneck, hinter unserem Fräulein Ziska her ist und dass sie längst seine Frau sein könnte, wenn sie nur wollte.“

Es zuckte an Arnes Herzen, und er fragte stark interessiert: „Aber sie will nicht?“

„Nein, sie will ganz bestimmt nicht. ‚Lieber sterben‘, hat sie mal zu mir gesagt, als er hinter ihr her war und sie wie gejagt nach Hause kam von einem Spaziergang. Er hatte ihr wieder mal aufgelauert, und sie konnte sich gerade noch ins Haus retten vor ihm. Ich habe sie dann gefragt, ob sie denn nicht seine Bewerbung annehmen und wieder ins Herrenhaus ziehen will. Da hat sie mir gesagt: ‚Lieber sterben!‘ Ja, so ist sie. Nie würde sie sich um Geld und Gut verkaufen.“

„Aber das interessiert doch den Herrn nicht, Martha, er ist fremd hier“, mahnte der Pächter, der viel lieber mit dem Gast über Woher und Wohin gesprochen hätte.

„Ach, lass, Karl, gerade weil der Herr hier fremd ist und kaum wieder zurückkommt, kann man mit ihm sprechen.“

„Ich höre Ihnen gern zu, Frau Pächterin, und es gefällt einem, wenn man merkt, dass es noch Frauen gibt, die sich nicht um Wohlergehen verschenken.“

„Nicht wahr? Selten genug ist es heutzutage. Aber unser gnädiges Fräulein ist stolz und zurückhaltend. Ich meine damit nicht etwa, dass sie hochmütig ist. Keine Rede davon. Ich hatte ihr angeboten, ihr die Mahlzeiten oben in ihrem Zimmer auftragen zu lassen, aber sie lächelte mich freundlich an und sagte: ‚Nein, nein Frau Henning, solange Mutter noch lebte, haben wir das annehmen müssen, weil sie die Treppe nicht mehr steigen konnte.‘ Die gnädige Frau war nämlich an beiden Beinen gelähmt, seit ihr Mann so plötzlich gestorben war. Man sagt, das ist vom Schreck gekommen über seinen Tod und den Zusammenbruch ‚aber jetzt kann ich gut zum Essen herunterkommen, da sparen Sie Arbeit, und ja – ich sitze dann nicht so allein.‘ So hat sie gesagt, und seither isst sie also mit uns zusammen und ist kein bisschen hochmütig. Stolz, ja, das ist sie, aber nur, wo es am Platz ist.“

Arne hätte gerne länger zugehört, was die Pächtersfrau über Franziska Dorneck zu berichten hatte, aber der Pächter riss energisch das Gespräch an sich, und die Frau ging hinaus, um in der Küche die Reste der Mahlzeit zu verwahren.

Arne war etwas unaufmerksam, während er sich mit dem Pächter über allerlei unterhielt. Dieser musste dann aufs Feld hinaus, und Arne verließ das Zimmer und ging durch den Garten.

Aufmerksam musterte er das schmucke Häuschen, unwillkürlich suchte sein Blick die Fenster des ersten Stockwerks ab, hinter denen er Fräulein Dorneck vermuten konnte.

Nichts war von ihr zu entdecken. Jetzt kam die Pächtersfrau wieder heraus in den Garten. Sie plauderte noch allerlei aus, was Arne interessierte, und sagte schließlich auch so ganz nebenbei, dass Fräulein Ziska nach Tisch immer einen Waldspaziergang mache.

Arne spitzte die Ohren, und nach einer Weile meinte er beiläufig: „Ich möchte gern ein bisschen auslaufen, ehe mein Auto zurückkommt. Bitte, sagen Sie meinem Chauffeur, wenn er mit dem Wagen kommt, dass ich schon vorausgegangen bin, er wird mich bald einholen. Aber erst lassen Sie mich Ihnen danken für Ihre Gastfreundschaft, und bitte, sagen Sie mir, was ich schuldig bin.“

Sie schüttelte lachend den Kopf. „Nichts sind Sie schuldig. Wenn wir auch einfache Leute sind, einen Gast können wir immer bewirten und freuen uns darüber. Wenn Sie wieder einmal hier vorüberfahren, müssen Sie bei uns hereinsehen.“

Er nahm sich vor, der Pächtersfrau zum Dank ein hübsches Geschenk von Berlin aus zu senden. Davon sagte er jedoch nichts, sondern meinte nur: „Darf ich wirklich wiederkommen? Ich fahre zuweilen hier vorbei.“

Das beruhte nicht ganz auf Wahrheit. Er kam heute das erste Mal hier vorüber, und sein Weg würde ihn auch so bald nicht wieder hier herführen, aber irgendein Gefühl zwang ihn, sich gewissermaßen selbst eine Wiederkehr offen zu halten. Und dieses Gefühl hing mit Fräulein Dorneck zusammen.

„Aber freilich, Herr Riedel, kommen Sie nur wieder, wir werden uns freuen.“

Er lachte sie an. „Ich weiß nicht einmal den Namen meiner freundlichen Wirte.“

„Henning heißen wir, Herr Riedel, aber das haben wir fast vergessen, weil wir immer nur Herr und Frau Pächter genannt werden.“

„Ich werde mir aber Ihren Namen merken – vielleicht lass ich mal von mir hören. Es hat mir so gut bei Ihnen gefallen, es waren behagliche Stunden, wie sie mir nicht oft beschieden sind. Also – auf Wiedersehen, Frau Henning, und vergelt’s Gott einstweilen! Sie schicken mir also meinen Wagen an der Straße, damit er mich nicht verfehlt.“

„Wird besorgt, Herr Riedel.“

Arne zog den Hut, nickte der freundlichen Frau zu und ging davon. An der Gartentür wandte er sich noch einmal um: „Bitte, eine Empfehlung an Fräulein Dorneck!“

„Das will ich bestellen, Herr Riedel.“

Wohlgefällig sah die Pächtersfrau dem schlanken, kraftvollen Mann nach.

***

In tiefes Sinnen verloren und in den friedlichen Zauber dieser Landschaft eingesponnen, ging Arne dahin. Bald hatte er den Wald erreicht, und seine Augen suchten ihn zu durchdringen, weil er sich nahe der Straße hielt, um seinen Wagen nicht zu verfehlen. Vorläufig sah er aber nichts von Franziska Dorneck. Der Wald lag so still vor ihm, dass man ihn für menschenleer halten musste. Aber plötzlich blieb Arne stehen und lauschte in den Wald hinein. Er hörte Stimmen, erst die eines Mannes, der sehr eifrig sprach, und dann die einer Frau, die er sofort als Franziska Dorneck gehörend erkannte. Erst konnte er kein Wort verstehen, er merkte nur, dass die beiden Menschen sich aufgeregt unterhielten. Er wusste nicht, wie es kam, aber er musste plötzlich an diesen Herrn Leideritz denken, den neuen Herrn von Dorneck, der, wie ihm die Pächterin verraten hatte, das Fräulein belästigte.

Seine Gestalt reckte sich kampfbereit. Der Bursche sollte es nicht wagen, in seiner Nähe die junge Dame zu behelligen.

Und jetzt verstand er die Worte des Mannes: „Ich sage Ihnen, Fräulein Dorneck, dieser Wald gehört mir, und Sie haben mir hier Wegzoll zu entrichten.“

„Der Wald hat keine verbotenen Wege und ist für jeden zugänglich“, erwiderte Franziska Dornecks Stimme kalt.

„Seien Sie nicht so abweisend zu mir, mein schönes Fräulein! Warum weichen Sie mir immer wieder aus? Ich habe die ernstesten Absichten, und durch mich können Sie wieder Herrin auf Dorneck werden. Ist das etwa nichts? Seien Sie vernünftig! Meinetwegen können wir uns heute noch verloben. Auf keinen Fall lasse ich sie aus meinem Wald, ohne dass Sie mir einen Wegzoll gezahlt haben. Ich fühle mich sozusagen ein bisschen als Raubritter, wie das wohl Ihre Vorfahren auch gewesen sind. Nur heißt es bei mir nicht: Geld oder Leben, sondern: Geben Sie mir ein Küsschen, schönes Fräulein!“

„Kommen Sie mir nicht zu nahe, sonst schlage ich Sie ins Gesicht, wie Sie es verdienen!“, hörte Arne Franziska aufschreien.

Da brach er mitten durch das Gehölz, und er kam gerade dazu, wie Georg Leideritz Franziska in seine Arme riss.

Er hörte sie entsetzt aufschreien: „Lassen Sie mich los, ich schlage zu!“

„Na, versuchen sie es nur einmal, mein schönes Kind, ich werde Ihre Arme so festhalten, dass Sie mir nichts tun können, das wäre ja – jetzt wird Wegzoll bezahlt!“

Aber Georg Leideritz hatte das letzte Wort noch nicht ganz ausgesprochen, als Arne aus dem Gebüsch trat, ihn am Genick fasste und ihn von Franziska losriss. Er taumelte in die Knie von dem kräftigen Ruck und sah ziemlich betroffen zu Arne empor.

Dieser verbeugte sich artig vor Franziska Dorneck und sagte, scheinbar gar nicht mehr auf Leideritz achtend: „Mein gnädiges Fräulein, es war mir eine Ehre und ein Vergnügen, Sie vor den Belästigungen dieses Herrn zu schützen. Zufällig hörte ich Ihre laute Unterhaltung. Bitte, beruhigen Sie sich und gehen Sie jetzt nach Hause! Ich werde dafür sorgen, dass Sie nicht weiter belästigt werden.“

Franziska war sehr blass geworden und schluckte krampfhaft, um ihre Fassung wiederzugewinnen. „Ich danke Ihnen, Herr Riedel, Sie kamen gerade im letzten Augenblick, um mir eine noch größere Beleidigung zu ersparen. Dieser unverschämte Mensch belästigt mich schon seit Wochen, und ich wage mich kaum noch aus dem Haus.“

„Es wird nicht noch einmal geschehen, überlassen Sie das mir. Und bitte, entfernen Sie sich nun, damit ich Sie in Sicherheit weiß, ehe ich die Gegend verlasse.“

„Nochmals herzlichen Dank, ich werde Ihnen das nie vergessen.“

Diese Worte schlichen sich Arne wie ein köstliches Versprechen ins Herz. Wenn sie ihm seine Hilfe nicht vergessen würde, würde sie auch ihn im Gedächtnis behalten. „Es bedarf keines Dankes, es war mir eine Ehre, für Sie eintreten zu dürfen. Aber bitte, nun gehen Sie!“

Sie neigte den Kopf und ging schnell davon.

Georg Leideritz hatte sich erhoben und klopfte die Handflächen ab, die er auf dem feuchten Waldboden beschmutzt hatte. Nun stand er in feindlicher Haltung vor Arne. „Was erlauben Sie sich? Wie konnten Sie es wagen, mich niederzuwerfen?“

Mit einem festen Blick sah Arne ihn an. „Danken Sie Ihrem Schöpfer, dass Sie so glimpflich weggekommen sind. Eigentlich hätten Sie eine Tracht Prügel verdient.“

„Das mir? Hier in meinem eigenen Wald, auf meinem Grund und Boden? Sie sind sehr kühn, mein Herr!“

Arne lag daran, Leideritz noch eine Weile festzuhalten, bis er Franziska in Sicherheit wusste. „Auch auf Ihrem Grund und Boden haben Sie keine Entschuldigung dafür, dass Sie eine hilflose Frau überfallen wollen. Wie ein Ehrenmann haben sie sich nicht benommen. Schämen Sie sich! Und nun hören Sie mich an! Wenn Sie es noch einmal wagen, Fräulein Dorneck zu belästigen, dann schlage ich Sie nieder wie einen tollen Hund; verstanden?“

„Mit welchem Recht?“

„Mit dem Recht eines ehrlichen Mannes, der es nicht zulassen darf, dass ein Flegel sich so gegen eine Dame benimmt.“

„Wahren Sie Ihre Worte!“

„Ein Flegel nur benimmt sich so wie Sie. Also hüten Sie sich, Fräulein Dorneck jemals wieder zu nahe zu treten! Ich werde das von ihr erfahren, und wo ich Sie dann auch suchen muss, ich werde Sie finden und windelweich prügeln, darauf können Sie sich verlassen.“

Georg von Leideritz war zu feige, um sich auf Arne zu stürzen; dieser machte einen gar zu kräftigen Eindruck. Aber irgendwie musste er seiner Wut Luft machen, und so sagte er hämisch: „Aha, Sie sind der Liebhaber der schönen Ziska!“

Da hatte er aber schon eine schallende Ohrfeige im Gesicht. „Dies war nur ein sanftes Streicheln im Verhältnis zu dem, was Sie erwartet, wenn Sie: Fräulein Dorneck noch einmal beleidigen. Merken Sie sich das – ich bin Preisboxer.“

Diese in grimmigem Humor hervorgestoßenen Worte machten noch mehr Eindruck auf Leideritz als die Ohrfeige. Er trat scheu einige Schritte zurück, um aus dem Bereich der kräftigen Hände Arnes zu kommen.

Dieser sah verächtlich auf den feigen Menschen. So etwas wollte sich nun um eine Franziska Dorneck bewerben! Der Zorn stieg noch einmal in ihm hoch, so dass er dicht an Leideritz herantrat. Da gab dieser aber Fersengeld und rannte davon, als sei der Teufel hinter ihm her.

Das löste Arnes Zorn in ein schallendes Lachen auf. Er konnte nicht anders.

Dann ging er nach der Landstraße zurück, und nun überkam ihn die Unruhe, dass er den Wagen und den Chauffeur verfehlt haben könnte. Nervös sah er nach der Uhr. Es war auf alle Fälle noch Zeit, den Zug zu erwischen, falls er seinen Wagen verpasst hatte. Aber als er auf die Landstraße hinaustrat und nach dem Dorf hinüberspähte, sah er unweit des Pächterhauses seinen Wagen halten. Angestrengt sah er dorthin. Sah er richtig? Ja, da stand eine schlanke Frauengestalt neben dem Chauffeursitz auf der Straße. Es konnte nur Franziska Dorneck sein.

Unruhig und erwartungsvoll sah er, wie sein Wagen jetzt anfuhr und sie auf das Pachthaus zuging. Er war sehr gespannt, was sie mit seinem Chauffeur zu sprechen gehabt hatte.

***

Franziska hatte eilig den Heimweg zurückgelegt. Ihr Herz war voll Dankbarkeit gegen Arne Riedel, weil er ihr die Beschimpfung erspart hatte, von Georg Leideritz geküsst zu werden.

Als sie aus dem Wald trat und dann das Auto kommen sah, das am Pachtgut gehalten hatte, wusste sie, dass dies der Wagen ihres Beschützers war. Sie stellte sich mitten auf den Weg und hob die Hand, so dass der Chauffeur halten musste. Als sie zu ihm herantrat, fragte sie: „Sie sind der Chauffeur von Herrn Riedel?“

„Ja, gnädiges Fräulein.“

„Warten Sie einen Augenblick, ich will nur einige Worte für Herrn Riedel aufschreiben, die Sie ihm mitnehmen sollen. Und fahren Sie langsam und geben Sie Signal, Herr Riedel ist tiefer in den Wald hineingegangen, und spricht noch mit einem Herrn. Damit Sie ihn nicht verfehlen, müssen Sie gut Acht geben.“

„Sehr wohl, gnädiges Fräulein!“ Franziska trug ihr Skizzenbuch immer bei sich, um hie und da etwas in der Natur aufzunehmen, was sie zu ihren Arbeiten brauchen konnte, sei es ein Blatt, eine Blüte oder eine Baumgruppe. Auf eines der leeren Blätter schrieb sie:

Nochmals danke ich Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie mir eine Beschimpfung ersparten, die ich kaum hätte verwinden können.

Franziska Dorneck

Sie faltete das Blatt zusammen und reichte es dem Chauffeur. Dann trat sie zurück.

Während sie sich beeilte, in den Schutz des Hauses zu gelangen, fuhr der Wagen weiter, und Arne erfuhr bald darauf von seinem Chauffeur jedes Wort, das Franziska zu ihm gesprochen hatte, und erhielt den zusammengefalteten Zettel. Er las die wenigen Worte und war so glücklich darüber, als habe man ihm ein wertvolles Geschenk gemacht. Warum er so froh war, wusste er selber nicht. Vielleicht, weil ihm dieser Zettel ein Recht gab, ihn zu beantworten und Fräulein Dorneck ebenfalls einige Zeilen zukommen zu lassen.

Franziska stieß, als sie ins Haus trat, auf die Pächtersfrau, die eben aus der Küche kam. „Ah, Fräulein Ziska, schon zurück?“

Die junge Dame erzählte aufgeregt, was vorgefallen war.

Frau Henning hörte aufmerksam zu. Sie schimpfte kräftig auf den neuen Besitzer von Dorneck.

Franziska zog sich dann in ihre Zimmer zurück und sank am Fenster in einen Sessel.

Wie schrecklich wäre es gewesen, hätte Georg Leideritz es tatsächlich geschafft, sie zu küssen! Gottlob war ihr das erspart worden durch diesen fremden Mann, den sie heute zum ersten Mal gesehen hatte. Wie ganz anders hatte er auf sie gewirkt als der neue Herr auf Dorneck!

Sie schloss die Augen und rief sich seine stolze Erscheinung ins Gedächtnis zurück. Und plötzlich stieg eine Frage in ihrem Innern empor, die ihr das Blut ins Gesicht trieb. Wäre sie auch so entsetzt gewesen, wenn statt Georg Leideritz dieser Herr Riedel sie in seinen Armen gehalten hätte, wenn sein Mund sich hätte auf den ihren pressen wollen?

Sie sprang erschrocken über sich selbst auf und schob diesen Gedanken wie eine Sünde von sich. Wie konnte sie sich nur so eine Frage vorlegen? Bisher hatte ihr Herz noch nie einen unruhigen Schlag getan beim Anblick eines Mannes.

Wenn sie wochenlang in Berlin weilte, traf sie im Alvingschen Haus viel mit jungen Herren zusammen. Und ihre reizvolle Erscheinung hatte manchen ernsten Bewerber auf den Plan gerufen. Aber keiner hatte Gnade vor ihren Augen gefunden. Jetzt zum ersten Mal hatte ihr Herz gleich beim ersten Sehen Arne Riedels unruhig geklopft, und vorhin im Wald, als er ihr als Retter erschien, hatte es fast schmerzhaft darin gezuckt.

Sie richtete sich wie abwehrend auf. Was sollte das? Nur sich, um Gottes willen, nicht in Fantastereien verstricken! Wer war dieser Mann, was hätte er ihr sein können? Wahrscheinlich gehörte er längst einer anderen. Er konnte verheiratet oder mindestens verlobt sein. Sie sah ihn gewiss nicht wieder, und es war gut so. Mochte er wie ein wesenloser Schatten durch ihr Leben gehuscht sein, sie durfte nicht mehr an ihn denken, soweit es nicht in Dankbarkeit für den ihr geleisteten Dienst geschah.

Und entschlossen ging sie ins Nebenzimmer, das sie sich als Arbeitsraum eingerichtet hatte. Da stand vor dem einen Fenster eine große Zeichentafel, am anderen Fenster eine Staffelei, auf der eine halbfertige Skizze lehnte, die einen Salon im Stil Louis XIV. darstellte. Sie war in zarten Farben gehalten, und Franziska wollte sie einer großen Berliner Möbelfirma einsenden, die sehr oft solche Skizzen von ihr kaufte. Sie blieb an der Staffelei stehen, legte sich die Farben zurecht und rührte sie in kleinen Porzellanschälchen zusammen, bis sie die gewünschten Töne bekamen. Dann fuhr sie mit einem feinen Pinsel in eine halb mit Wasser gefüllte Glasbüchse und tauchte ihn anschließend in dieses oder jenes der Porzellanschälchen. Sie hatte die Lippen fest aufeinander gepresst und zwang sich, ihre Gedanken nur auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Ihre Skizze sollte und musste fertig werden, bevor das Tageslicht verging.

***

Arne Riedel war inzwischen nach Berlin gefahren und hatte immer wieder den Zettel aus Franziska Dornecks Skizzenbuch hervorgezogen und ihn durchgelesen, als wenn sich tausend Geheimnisse in den wenigen Worten verborgen hätten, die er alle enträtseln müsse.

Als der Wagen vor der Villa vorfuhr, erschien oben an einem Fenster im ersten Stock das Gesicht einer alten Dame. Als sie Arne aussteigen sah, sprang sie in noch recht jugendlicher Lebhaftigkeit empor und eilte aus ihrem Zimmer, den breiten Gang entlang, die Treppe hinunter und auf Arne zu, der eben durch das Portal das Haus betrat.

Er fing die kleine, zierliche Person in seinen Armen auf. „Hallo, Tante Gundel, wo brennt es denn?“, fragte er scherzend.

„Ach, Arne, wie bin ich froh, dass du wieder daheim bist!“, schluchzte sie.

Er klopfte ihr gutmütig auf den Rücken. „Ich war doch kaum acht Tage fort, Tante Gundel!“

„Acht Tage sind lang, wenn du nicht zu Hause bist; man kommt sich ganz verloren in der Weltgeschichte vor.“

Schnell legte er ab, übergab dem Diener seine Sachen und zog den Arm der alten Dame durch den seinen. So betrat er mit ihr das Wohnzimmer, das den gediegenen Wohlstand des Hauses verriet.

„Ich wäre doch noch einige Stunden früher gekommen, Tante Gundel, aber wir hatten eine kleine Panne?“

„Um Gottes willen, es ist dir doch nichts geschehen, Arne?“

Und sie befühlte aufgeregt seine Schultern und Arme, als müsse sie sich überzeugen, dass er heil und unversehrt war. Autofahrten waren für das alte Fräulein immer eine Quelle von allerlei Ängsten.

Er musste lachen. „Denkst du wohl, ich verberge dir irgendeinen Arm- oder Beinbruch? Sei nur außer Sorge, nichts ist geschehen, es war nur eine kleine Reparatur nötig.“

„Ach, Gott sei Dank! Aber – lieber Himmel, ich muss gleich in die Küche, damit du einen Imbiss bekommst, denn bis zum Abendessen ist es noch eine gute Stunde.“

Er hielt sie fest. „Hier geblieben! Ich warte bis zum Abendessen.“

„Aber ich muss Weisung geben, dass du zurück bist, und dass man ein anderes Essen richtet.“

Er schüttelte sie ein wenig bei den Schultern. „Hast wohl wieder wie ein Piepmatz gelebt, Tante Gundel? Willst mir wohl von Kräften kommen?“

„Ach, weißt du, wenn ich allein am Tisch sitze, dann bin ich schnell fertig; wozu dann allerlei auftischen? Aber nun bist du wieder da, dann lohnt es sich schon.“

„Du bleibst aber hier, du sollst nicht so ruhelos wie ein aufgescheuchter Vogel umherflattern. Der Diener kann das Nötigste bestellen.“ Und er drückte auf die Klingel.

„Ach, Arne, wie froh bin ich, dass du mich wieder auszankst, das fehlte mir wie das liebe Brot.“

„Aha, deshalb sorgst du immer dafür, dass ich allerlei zu zanken habe?“

Sie lachte gerührt. „Es klingt so lieb, wenn du zankst, und ich habe dann immer das Gefühl, dass du dich um deine alte Tante sorgst.“

„So, also darauf legst du es an, sorgen soll ich mich um dich!“

„Das ist das schönste, wenn man merkt, dass sich ein Mensch um einen sorgt. Und ich habe nur dich, Arne.“

Er nahm ihre Hand und streichelte sie. „Hast schon Recht, ich habe es auch gern, wenn ich spüre, dass du dich um mich sorgst, wenn ich auch manchmal ungeduldig dabei werde.“

Der Diener trat ein, und Tante Gundel bestellte, dass ein kräftiges Mahl für den Abend bereitet werde.

Als der Diener wieder verschwunden war, fragte die Tante interessiert: „Hast du deine Geschäfte gut abwickeln können, Arne?“

„Ja, Tante Gundel, es hat alles großartig geklappt, und ich war schnell fertig mit allem. Nun bin ich froh, dass ich morgen Früh wieder in die Werke gehen kann.“

„Ja, ja, die Augen des Herrn machen die Kühe fett“, sagte sie.

„So ist es. Aber – ich habe einen besonderen Auftrag für dich.“

„Was denn für einen, Arne?“

„Du musst mir morgen etwas recht Hübsches besorgen. Ich muss ein Geschenk machen.“

Und er erzählte ihr von der guten Aufnahme im Pächterhaus und dass die gastfreundliche Frau Henning weder Bezahlung noch Dank angenommen habe für die liebenswürdige Bewirtung. Auch von den Verhältnissen in Dorneck und von der jungen Besitzerin des Pachtgutes berichtete er.

„Siehst du, Tante Gundel, diesen liebenswürdigen Menschen darf ich nichts schuldig bleiben. Du musst mir etwas recht Nettes für die Pächtersfrau einkaufen.“

Eifrig sann sie nach. „Es muss natürlich etwas sein, woran jede Frau ihre Freude hat; sie scheint feinfühlig zu sein, diese Frau Henning. Ich werde schon das Richtige treffen, Arne. Wie viel soll ich denn ausgeben?“

Er winkte ab. „Das ist mir ganz gleich, Tante Gundel. Diese paar friedlichen Stunden im Pächterhaus waren mir eine wahre Erholung, du hast keine Ahnung, wie friedlich und behaglich alles war. Am liebsten würde ich mal eine Weile dort Sommerfrische machen.“

Irgendetwas in seinen Augen ließ sie nachdenklich werden. Nach einer Weile fragte sie: „War das junge Fräulein Dorneck hübsch?“

Er sah sinnend vor sich hin. „Hübsch? Ich glaube, mehr als das – jedenfalls sehr vornehm und reizend.“

„Also hat sie dir gut gefallen?“

„Sehr gut!“

„Ist sie blond oder brünett?“

„Blond, aber weißt du, nicht so strohblond, mehr so wie ein warmer Goldton.“

„Und was für Augen?“

Nun musste er lachen über ihr lebhaftes Interesse. „Braun, Tante Gundel, aber nicht so ein Dunkelbraun, das manchmal ein bisschen ausdruckslos ist, sondern ein seltsam helles Braun mit eigenartigen Lichtern drin.“

Tante Gundel stellte befriedigt bei sich fest, dass ihr Neffe wenigstens eine Frau mit größerem Interesse angesehen hatte. Sonst konnte er meist solche Fragen von ihr nicht beantworten.

„Ist sie groß oder klein?“, fragte sie weiter.

„Mittelgroß.“

„Schlank oder mollig?“

Er lachte herzlich auf und schüttelte sie ein bisschen. „Gerade recht, Tantchen, schlank, wie eine junge Dame sein muss, und doch mit weichen Linien. Bist du nun zufrieden?“

Sie nickte ernsthaft. „Zum Glück hast du wenigstens einmal aufgepasst. Meist bist du ja wie blind, wenn man dich nach dem Aussehen einer Frau fragt. Dabei solltest du wirklich endlich an eine Heirat denken, Arne. Ich habe übrigens auch eine reizende junge Dame kennen gelernt, die dir sicher gefallen würde.“

Er bezweifelte das zwar, weil er aus Erfahrung wusste, dass sein Geschmack sich selten mit dem seiner Tante deckte, aber er fragte höflich, wenn auch mit einem humorvollen Zug um den Mund: „Wo hast du sie denn kennen gelernt?“

„Beim Wohltätigkeitsbazar. Du weißt, Frau Schlieben hatte ihn mit unserer Mithilfe veranstaltet. Und nun ist die Gattin des Fabrikbesitzers Alving mit ins Komitee gewählt worden, übrigens eine reizende Frau. Und die hat eine entzückende Tochter. Du musst Ruth Alving kennen lernen. Ich habe Mutter und Tochter morgen zum Tee zu mir eingeladen. Bitte, komm nicht zu spät nach Hause, damit ich dich mit den Damen bekannt machen kann.“

Er drohte mit dem Finger. „Hast du wieder Heiratspläne, Tante Gundel?“

„Mein Gott, ich will nur versuchen, eine Frau für dich ausfindig zu machen. Du kannst sie ablehnen, wenn sie dir nicht gefällt, aber ansehen kostet nichts.“

„Beruhige dich nur – ich werde zeitig heimkommen, und sie mir anschauen, deine Ruth Alving. Aber ich sage dir vorher – wenn sie brünett ist, wird’s wohl wieder schief gehen.“

„Hm. Aber vielleicht gefällt dir dann dieses Fräulein Dorneck, das du heute kennen gelernt hast.“

„Oh, die gefällt mir sehr gut. Aber wer weiß, ob ich sie je wiedersehe.“

„Mein Gott, das müsste sich machen lassen!“

Er erhob sich, drückte ihr einen Kuss auf die Wange und sagte lächelnd: „Strenge deinen armen Kopf nur nicht weiter an, um mich unter die Haube zu bekommen, Tante Gundel! Offen gesagt, das mache ich lieber ohne jede Beihilfe, so gut es auch von dir gemeint ist. Bitte, lass die Hände davon! Ich werde sonst leicht kopfscheu.“

Sie wurde ganz blass. „Um Gottes willen! Am Ende bin ich schuld, dass du dich noch nicht zu einer Heirat entschließen konntest? Und ich habe es so gut gemeint!“

Er streichelte ihr dünnes graues Haar. „Mach dir keine Vorwürfe, Tante Gundel, bisher hat mir eben noch keine so gut gefallen, dass ich sie hätte immer an meine Seite stellen mögen. Eines Tages kommt schon eine. Am besten ist es aber, wir reden nicht mehr davon. Und jetzt will ich mich ein wenig erfrischen, es war sehr staubig auf der Straße. Auf Wiedersehen bei Tisch!“

Sie nickte benommen und sah ihm nach. Fest nahm sie sich vor, nie mehr zu versuchen, ihm eine Frau aufzureden. Vielleicht hatte sie es wirklich bisher verkehrt gemacht. Ob sie ihren Vorsatz freilich würde halten können, war nicht so sicher. Jedenfalls stand es fest bei ihr, dass er Ruth Alving kennen lernen müsse. Sie war so reizend. Und es war doch nun wirklich an der Zeit, dass Arne eine Familie gründete. Die Riedels durften nicht aussterben. Und wer sollte dem Haushalt vorstehen, wenn sie einmal nicht mehr war?

***

Ahnungslos, dass Fräulein Ruth Alving eine Freundin von Franziska Dorneck war, kam Arne am nächsten Tag pünktlich zur Teestunde nach Hause, wie er es der Tante versprochen hatte.

Er konnte es nicht in Abrede stellen, dass Fräulein Alving ein reizendes junges Mädchen war, das ihm sehr wohl hätte gefallen können, wenn man sie nicht als Frau für ihn ins Auge gefasst hätte. Er gab sich ihr gegenüber etwas unsicher, weil er, um Himmels willen, keine Hoffnungen erwecken wollte. Ruth Alving musterte ihn zuweilen verstohlen, und dann zuckte es immer mutwillig um ihre Mundwinkel.

Klug, wie sie war, hatte sie sofort gemerkt, dass Fräulein Gunda Riedel mit ihrer Mutter Geheimnisse hatte, von denen sie nichts wissen sollte, und da die alte Dame sehr viel von ihrem Neffen sprach und nicht genug Lobenswertes über ihn berichten konnte, merkte sie gleich, dass die beiden alten Damen etwas gegen sie und Arne Riedel im Schild führten. Sie ließ sie ruhig gewähren und war überzeugt, dass nichts daraus werden würde, denn obgleich sie Arne Riedel noch gar nicht kannte, wusste sie, dass er ganz bestimmt nicht ihr Gatte werden würde.

Sie fühlte gleich, dass Arne dem Plan, in den er sicher von seiner Tante eingeweiht war, ebenso wenig beifällig gegenüberstand wie sie selbst, und deshalb zuckte es so unwillig um ihren hübschen Mund. Der arme Mensch saß sicher wie auf Kohlen, und sie nahm sich vor, ihn sobald wie möglich aus seiner Angel zu erlösen.

Es kam so, wie Ruth vermutet hatte; Fräulein Gundel forderte plötzlich Frau Alving auf, sich einige ihrer Handarbeiten anzusehen, die sie in ihrem Zimmer hatte. Und prompt ging Frau Alving darauf ein, und die beiden Damen verschwanden, indem Fräulein Gundel sagte: „Du wirst Fräulein Alving inzwischen gut unterhalten, Arne.“

Arne machte dazu ein unbeschreibliches Gesicht, und als die Tür hinter den beiden Damen ins Schloss fiel, musste Ruth hell auflachen.

Erstaunt und beunruhigt sah er sie an.

Sie lachte noch mehr. „Ach, Herr Riedel, verzeihen Sie mir, dass ich lachen muss, aber Sie sahen so komisch aus – oder nein eher tragisch – so, wie man beim Zahnarzt sitzt. Aber haben sie keine Angst, der Zahn wird nicht gezogen.“

Er schluckte ein wenig. „Wie meinen Sie das, mein gnädiges Fräulein?“

Sie naschte behaglich einen der kleinen Kuchen und sagte vergnügt: „Das merken Sie so gut wie ich, dass wir beide meuchlings verheiratet werden sollen. Ihr Tantchen ist goldig, ich finde sie reizend, und sie möchte Ihnen gern eine passende Frau besorgen. Aber darüber sind wir beide hinaus, wir lassen uns nicht auf höheren Befehl verheiraten.“

Er war teils erlöst, teils etwas verdutzt durch ihre Offenherzigkeit. „Das ganz gewiss nicht, mein gnädiges Fräulein, und ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie dieses erlösende Wort gesprochen haben. Tante Gundel meint es herzlich gut, das weiß ich, aber meine Frau möchte ich mir eines Tages selbst aussuchen.“

„Bravo! Und ich meinen Mann! Das heißt – ganz unter uns – das ist schon geschehen. Ich habe mein Herz schon verschenkt an einen jungen Ingenieur, der arm ist und vorläufig noch nicht einmal eine Anstellung hat, aber deshalb lieben wir uns doch und gedenken, nicht voneinander zu lassen. Es ist überhaupt Unfug, dass ein reiches Mädchen immer einen reichen Mann heiraten soll und umgekehrt. Finden Sie das nicht auch?“

„Ganz gewiss“, stimmte Arne nun ganz beruhigt zu. „Man soll in dieser Lebensfrage nicht auf Vermögensverhältnisse sehen.“

Begeistert nickte sie. „Richtig! Und außerdem ist es viel sozialer, wenn wir möglichst für ausgleichende Gerechtigkeit sorgen, also wenn Arm sich zu Reich und Reich sich zu Arm gesellt.“

„Wunderbarer Standpunkt, mein gnädiges Fräulein!“

„Sie wollen sich wohl ein bisschen lustig über mich machen? Ich meine das aber sehr ernst.“

„Ich auch. Ich finde Sie bewundernswert vernünftig, und es käme mir nicht in den Sinn, Sie irgendwie lächerlich machen zu wollen. Bitte, glauben Sie mir das.“

Schnell versöhnt reichte sie ihm die Hand. „Gut. Also wir sind uns jedenfalls einig, dass wir uns nicht heiraten, und da Sie mir sonst sehr gut gefallen, steht nichts im Weg, dass wir trotzdem gute Freunde werden.“

„Ganz bestimmt nicht. Es wird mir eine Ehre sein, mir Ihre Freundschaft zu verdienen.“

„Also dann geben Sie sich nur ein bisschen Mühe. Ich habe zwar bisher noch nie einen Freund besessen – das klingt auch meist etwas zweideutig, wenn eine junge Dame von ihrem Freund spricht. Aber sie gefallen mir wie ein Bruder. Ich habe nämlich keinen und habe mir immer einen gewünscht. Glauben Sie aber nicht, dass ich meine Freundschaft leicht vergebe, wenn ich sie in diesem Fall schnell verschenke. Ich nehme es ziemlich ernst mit der Freundschaft und besitze überhaupt nur eine einzige Freundin. Sie ist allerdings auch ein bewundernswerter Mensch. Wir gehen beide durchs Feuer füreinander.“

„Na, na“, sagte er lächelnd.

Sie lachte auch. „Es muss ja nicht so toll brennen, aber wirklich, wir halten uns schon die Treue, Franziska Dorneck und ich.“

Dieser Name traf ihn, und Ruth Alving gewann plötzlich eine tiefere Bedeutung für ihn. Aber mit keiner Miene verriet er, dass ihm Franziska bekannt war, dass sie sich ihm tief ins Herz gegraben hatte.

„Soso, Sie sind also wirklich echte, treue Freundinnen?“

„Wirklich und wahrhaftig. Aber das liegt viel mehr an ihr, als an mir; sie ist ein sehr wertvoller, vornehmer Mensch, und ich bin immer sehr glücklich, wenn ich sie mal ein paar Wochen bei mir habe oder wenn ich sie auf ihrem Pachtgut besuche.“

„Oh, sie lebt nicht in Berlin?“, fragte er scheinbar harmlos.

„Nein, nein, sie lebt in Thüringen. Davon erzähle ich Ihnen später einmal. Nun, da wir gut Freund werden wollen, werden wir uns ja öfter sehen, und vielleicht lernen Sie auch meine Freundin kennen. Freilich kommt sie erst gegen Weihnachten wieder zu uns. Ich werde sie aber im Sommer wiedersehen, wenn ich sie besuche. Und meinen Ingenieur werden Sie auch kennen lernen.“

„Ah, Ingenieur ist er?“, fragte Arne lächelnd. „In welchem Fach?“

„Natürlich Motoren – Maschinenbauingenieur.“

„So. Und wie stehen Ihre Eltern zu ihm?“

Sie seufzte. „Ach, sie kennen ihn ja nur flüchtig. Und sie wissen auch nichts davon, dass wir uns lieben. Vielleicht ahnt Mutter etwas, aber was sie davon hält, sehen Sie ja daraus, dass sie mich mit Ihnen verheiraten will. Ach, es ist schrecklich! Lieber wollen mich meine Eltern mit einem reichen Mann, den ich nicht liebe, verheiraten, als einen armen Ingenieur als Schwiegersohn anzunehmen. Ein Kreuz ist es mit ihnen. Wenn Hans wenigstens eine Stellung hätte!“

Nachdenklich sah er in ihre bekümmerten Augen. „Ist er denn tüchtig?“

„Würde ich ihn sonst lieb haben?“

„Sie wissen, dass die Riedelwerke auch Motoren bauen?“

„Natürlich. Vater ist eine Art kleine Konkurrenz von Ihnen. Das fällt nun leider wieder zu Ihren Gunsten in die Waagschale.“

„Ah so. Sie sollen in die Konkurrenz hineinheiraten?“

Sie nickte energisch. „Deshalb sind die Eltern ja für diese Verbindung. Können Sie ihnen nicht einfach erklären, dass Sie mich nicht wollen?“

„Das ließe sich schon machen, wenn auch nicht so direkt, wie Sie es ausdrücken. Aber damit haben Sie Ihren Ingenieur immer noch nicht.“

Sie sah einen Augenblick vor sich hin. Dann hob sie hoffnungsvoll den Kopf. „Ach, wenn er eine gute Stellung hätte, könnte ich Vater dann doch vielleicht herumkriegen. Aber es gibt ja leider so viele Ingenieure und so wenig gute Stellen für sie.“

Herzlich ergriff er ihre Hand. „Also hören Sie mal zu, meine tapfere kleine Freundin: In den Riedelwerken wird die Motorenabteilung dieser Tage vergrößert, und wir müssen zwei neue Ingenieure einstellen.“

Sie fuhr empor, wurde ein bisschen blass und sah ihn mit großen Augen an. „Ach so! Sie wollen damit sagen, dass – dass da eine Möglichkeit für ihn wäre, in den Riedelwerken anzukommen?“

Er nickte lächelnd. „Gerade das wollte ich sagen.“

Sie atmete tief und schwer. „Am liebsten würde ich Ihnen jetzt um den Hals fallen.“

„Bitte!“, scherzte er.

Sie lachte ein bisschen. „Nein, nein, das geht wider die Freundschaft. Also ist das wirklich Ihr Ernst? Hätte er eine Hoffnung, bei Ihnen anzukommen?“

„Die größte.“

Sie strahlte ihn dankbar an. Aber dann sank sie seufzend in sich zusammen. „Ach, er wird mir böse sein, wenn er erfährt, dass ich mit Ihnen über ihn gesprochen habe. Er ist so schrecklich empfindlich, wissen Sie, wie eine Mimose ist er manchmal. Er wird denken, weil unsere Familien miteinander verkehren, würden Sie mir nur einen Freundschaftsdienst leisten wollen, indem Sie ihn einstellen. Und da würde sich sein Stolz dagegen auflehnen.“

„Er braucht ja nicht zu wissen, dass Sie ihn mir sozusagen empfohlen haben.“

„Wenn das zu machen wäre?“

„Natürlich ist das zu machen. Wissen Sie, bei welchem Professor er studiert hat?“

„Ja, bei Professor Kolter. Der hat ihm ja auch versprochen, sich für ihn zu verwenden, wenn er irgendwie von einer freien Stelle hört.“

„Nun also, dann ist ja die Sache sehr leicht zu deichseln. Ich stecke mich hinter Professor Kolter und bestelle Ihren Ingenieur zu mir ins Kontor. Mit dem Professor, das mache ich schon diplomatisch, so dass er ihn mir vorschlägt. Aber jetzt muss ich nur noch wissen, wie er heißt.“

Hastig wischte sie sich über die Augen, die ihr ein wenig feucht geworden waren. „Ach, Sie sind ein guter Mensch – wie soll ich Ihnen nur danken?“

„Vielleicht fällt mir mal was ein, dann melde ich mich und fordere meinen Dank.“

Krampfhaft drückte sie ihm die Hand, und dann sagte sie halb lachend, halb weinend: „Sie müssen sehr froh sein, dass aus unserer Heirat nichts wird, weil Sie so bereitwillig Opfer für Ihre Freiheit bringen.“

Versonnen sah er vor sich hin“Vielleicht ja – vielleicht ist mein Herz nicht mehr frei.“

Sie staunte. „Na also, dann kann ja Ihr goldiges Tantchen zufriedengestellt werden, sie will nur verhindern, dass Sie eines Tages als Junggeselle in die Grube fahren.“

Er seufzte ein wenig. „So weit ist es leider noch nicht, zu solchen Dingen gehören immer noch zwei.“

„Na, bei Ihnen wird keine Nein sagen.“

„Und Sie?“

„Ja, bei mir ist das was anderes, mein Herz war schon besetzt?“

„Vielleicht ist es bei der anderen auch schon besetzt?“

„Ich halte Ihnen den Daumen, ja, ganz toll, bis er mir weh tut. Dann wird schon alles gut gehen. wenn ich Ihnen nur helfen könnte, wie Sie mir jetzt geholfen haben.“

„Vielleicht nehme ich Sie eines Tages beim Wort.“

„Tun Sie das, damit ich Ihnen meine Dankbarkeit beweisen kann.“

Arne lauschte hinaus. „Ich glaube, die beiden Damen kommen zurück.“

Ruth rückte schnell weg von ihm. „Bitte, machen Sie ein gelangweiltes und verdrießliches Gesicht. Mutter muss Ihnen gleich ansehen, dass ich keine Gnade vor Ihren Augen gefunden habe.“

Er musste lachen, zwang sich aber, ihren Wunsch zu erfüllen, und lehnte sich gelangweilt zurück. Ja, er zeigte sogar zu Ruths heimlichem Vergnügen ein leises Gähnen, das er scheinbar hinter der Hand verbarg. Aber nun fiel ihm ein, dass sie ihm Namen und Adresse, „ihres Ingenieurs“ noch nicht gesagt hatte. Er sah sie beschwörend an und reichte ihr sein Notizbuch.

„Bitte, wollen Sie mir die Adresse mitteilen, wo ich diese Sportartikel bekomme.“

Sie begriff sofort und schrieb Namen und Adresse ihres Ingenieurs auf: Dr.-Ing. Hans Bürger, Schlüterstraße 6.

Sie reichte das Buch nachlässig zurück „So, bitte, da bekommen Sie die Artikel.“

Die beiden alten Damen sahen forschend auf die jungen Leute und fanden zu ihrem Leidwesen, dass sie beide sehr gelangweilt aussahen.

Arne erhob sich auch gleich. „Die Damen bleiben lange aus. Ich warte darauf, mich verabschieden zu können, da ich noch Geschäfte zu erledigen habe.“

Er verneigte sich vor Frau Alving, führte ihre Hand förmlich an seine Lippen und verneigte sich kurz und steif vor Ruth, wobei nur diese den Schalk seiner Augen aufblitzen sah.

Als er das Zimmer verlassen hatte, sahen sich die beiden alten Damen betreten an, und Tante Gundel forschte unruhig: „Ich hoffe, mein Neffe hat Sie gut unterhalten, Fräulein Alving?“

Ruth zuckte die Achseln. „Sicher hat er sich Mühe gegeben, aber ich merkte, dass er mit seinen Gedanken bei seinen Geschäften war und dass ich ihn gelangweilt habe. Er erwartete ungeduldig die Rückkehr seines Fräulein Tante und meiner Mutter.“

Wieder sahen sich die beiden alten Damen an.

„Wie schade!“, sagte Tante Gundel aufseufzend.

***

Ein wundervoller Maimorgen war angebrochen, und Franziska saß Frau Henning gegenüber in der Laube und plauderte ein wenig mit ihr. Die Pächtersfrau hatte einen Stoß Wäsche vor sich, der ausgebessert werden musste, und war eifrig bei der Arbeit. Franziska konnte das nicht lange mitansehen, sie nahm sich Nadel und Zwirn, zog ein Handtuch zu sich heran und fing an, die kleinen Löcher kunstgerecht zu stopfen. Zwar wollte die Pächtersfrau dagegenreden, aber Franziska erwiderte lächelnd.

„Lassen Sie mich nur helfen! Hier im Freien kann ich nicht an meinen Skizzen arbeiten, und spazieren gehen kann ich leider auch nicht. So wird mir die Zeit lang, und daher ist es mir ganz erwünscht, etwas zu tun zu haben. Sie haben einen so hohen Wäschestoß vor sich, dass Ihnen Hilfe sicher nicht unangenehm ist.“

„Das natürlich nicht, ich freue mich, wenn Sie mir ein wenig helfen wollen. Aber es ist scheußlich, dass Ihnen dieser zudringliche Herr Leideritz Ihre Ausflüge verleidet hat.“

„Das bedauere ich auch sehr, Frau Henning, aber man muss sich dreinfügen. Immerhin kann ich wenigstens im Garten frische Luft haben. Aber sehen Sie, da kommt der Postbote auf die Laube zu – er bringt etwas für uns.“

„Sicher nur für Sie, denn wir bekommen selten Post. Wahrscheinlich bringt er Ihnen wieder ein Briefchen von Fräulein Alving oder von einem Ihrer Auftraggeber.“

„Wir werden sehen“, sagte Franziska und blickte dem Postboten entgegen.

Dieser lieferte nun ein Päckchen an Frau Martha Henning ab und einen Brief an Franziska, die sofort die Schrift ihrer Freundin erkannte. Sie legte den Brief vor sich hin, sie wollte ihn erst lesen, wenn sie allein war.

Die Pächtersfrau betrachtete das Päckchen von allen Seiten, entdeckte den Absender und sah fast erschrocken zu Franziska hinüber. „Was meinen Sie, von wem das Päckchen kommt?“, fragte sie.

„Das kann ich freilich nicht wissen.“

„Von Herrn Riedel.“

Franziska war zumute, als setze ihr Herzschlag aus. „Von Ihrem Gast von neulich?“

„Ja. Was mag wohl drin sein?“