Heiteres aus der Karrierewelt - Jan Ringer - E-Book

Heiteres aus der Karrierewelt E-Book

Jan Ringer

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Beschreibung

Sie erfahren Lustiges und Skurriles aus der Karrierewelt. Das Buch schildert Ihnen, wie Karrieren wirklich zustande kommen, welche Sorgen Unternehmer plagen und was Sie sonst noch alles beachten sollten, wenn Sie die große Karriere anstreben. Das Ganze gewürzt mit einer großen Portion Humor.

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Seitenzahl: 91

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Inhaltsverzeichnis

Heiteres aus der Karrierewelt

Impressum

Wenn Tante Amalie anruft

Kennen Sie das auch: Sie heben den Hörer ab, und plötzlich möchte eine sonderbare Dame, die sich als Tante Amalie ausgibt, mit Herrn Schmidt sprechen? Sie kennen keine Tante Amalie? Auch keine Frau Müller und keinen Herrn Meier? Schade. Was hier so seltsam anmutet, könnte in Wirklichkeit der Anruf eines Headhunters sein, der Sie entdeckt hat. Herzlichen Glückwunsch. In der Öffentlichkeit haben Headhunter bisweilen etwas Geheimnisumwittertes an sich; und seitdem der ehrbare Berufsstand mit dem Wort „Kopfjäger“ übersetzt wurde, haben andere Synonyme Hochkonjunktur. Wer möchte schon ein Kopfjäger sein? Neue Begriffe wie „Direct Search“, „Direktansprache“ und „Executive Search“ sind geprägt worden, die mehr den exklusiven Charakter dieser Form der Personalsuche hervorheben.

Nehmen wir einmal an, Sie haben längst durchschaut, dass Sie keine Tante Amalie haben. Neugierig fragen Sie: „Was gibt es denn?“ Leise flüsternd wird die Stimme am anderen Ende murmeln: „Darf ich Sie zu einem persönlichen Gespräch bitten? Wir hätten für Sie ein interessantes berufliches Angebot.“ Mit Pokermiene werden Sie antworten: „Ein Erbfall - Tante Amalie verschieden? Ja, ich komme zur Trauerfeier.“ Daraufhin wird Ihnen die fremde Person einen Termin in einem exklusiven Restaurant vorschlagen. Natürlich muss es nicht immer die Tante Amalie sein, die anruft. Manchmal werden Sie auch auf einen Studenten treffen, der Umfragen zu innovativen Marketingstrategien macht, oder auf eine jung-dynamische Journalistin, die gerade einen Bericht über Qualitätsmanagement schreibt. Wie dem auch sei: jemand hat sie als Führungs- oder Fachkraft entdeckt und möchte ihre Talente fördern. Doch Vorsicht: natürlich denken Sie zuerst an dunkle Geheimdienste, an James Bond 007, an Agenten mit Schlapphut und Sonnenbrille. Aber in Wirklichkeit lauert die Gefahr anderswo: Ihr Chef, und solche Zeitgenossen gibt es, hat eine Executive Search angeheuert, um Ihre Loyalität auf die Probe zu stellen. Woher weiß die Dame überhaupt die Adresse? Ihre Telefonnummer im Geschäft?

Nun hierzu muss man die Arbeitsweise einer Executive Search näher erläutern. Für die meisten Unternehmen ist es trotz eines hervorragenden Personalmarketings, einer ausgeprägten Corporate Identity und trotz eines günstigen Arbeitsmarkts schwierig, Fach- und Führungspositionen angemessen zu besetzen. Manches Unternehmen, das in frühen Jahren versäumt hat, eine systematische Führungs- und Nachwuchskräfteentwicklung aufzubauen, gerät in Schwierigkeiten, wenn es gilt Toppositionen in der Unternehmensleitung zu besetzen. Vor allem in mittelständischen Unternehmen zeigen Söhne und Töchter oft eine geringe Bereitschaft, den väterlichen Betrieb zu übernehmen und das Lebenswerk der Eltern fortzuführen. Auch wenn Bismarcks Worte „die erste Generation schafft ein Vermögen, die zweite vermehrt es, die dritte studiert Kunstgeschichte, und die vierte verkommt“ nicht immer zutreffen muss - und auch mit Kunstgeschichte kann man immer noch eine gewinnträchtige Art Consulting eröffnen.

Doch geeigneter Nachwuchs ist rar, und Unternehmen, die mit aufwändigen Personalentwicklungsprogrammen einen Führungskräftepool aufgebaut haben, werden diesen langfristig an sich binden wollen. Auch bei Fachkräften, insbesondere im Bereich Informationstechnologie, werden Sie auf vergleichbare Probleme stoßen. Dort ist er Arbeitsmarkt bereits so eng, dass die Gehälter in astronomische Höhen schnellen. Wenn Sie einen UNIX-Spezialisten, einen Java-Programmierer einstellen möchten, brauchen Sie einen langen Atem - oder besser noch eine Kanne Baldriantee. Ein pfiffiger Bewerber, der aussieht, als habe ihn die Asta oder der Studentenservice persönlich vorbeigeschickt, wird sich auf Ihrer Sitzecke räkeln, sich neugierig umsehen und sich dann auf Ihren PC stürzen. Bleiben Sie gelassen, denn wahre DV-Freaks lieben Computer über alles. Seine Augen werden zu leuchten beginnen, und er entlockt Ihrem Gerät eine wahre Symphonie an Piepsern, Klängen und Bildern.

Nach einem kürzeren Gespräch, in dem Sie alles über Betriebssysteme, Programmiersprachen, Datenbankabfragen, die Möglichkeiten von Linux, Java und CGI, HTML und Trojanern erfahren haben, wird sich der junge Mann verabschieden, ihnen jovial auf die Schulter klopfen und hinauseilen. Nachdem Sie die Tür geschlossen und noch einen Schluck Baldriantee zu sich genommen haben, werden Sie den Headhunter erst einmal von oben bis unten anstarren, an seinem Verstand zweifeln und einen Wechsel der Geschäftsbeziehung in Erwägung ziehen. „Ich will einen Informatiker und keinen Daniel Düsentrieb“, werden Sie Ihrem Gegenüber an den Kopf werfen. Der Berater bedauert und wird ihnen empfehlen, es mit Executive Search zu versuchen.

Daraufhin wird der Berater systematisch alle Fachtagungen, Lehrstühle, Fachpublikationen und Kongresse überprüfen, um einen geeigneten Kandidaten ausfindig zu machen. Meist führt dieser Weg zu der Erkenntnis, dass in dem Unternehmen XYZ bereits ein hochqualifizierter Informatiker sitzt, der über mehrere Jahre Berufserfahrung verfügt und als Koryphäe gilt. In einer Nacht- und Nebelaktion wird dann der erste Kontakt vorbereitet. Natürlich verstehen nicht alle Zielpersonen, die Geschichte mit Amalie, und auch die Umfragen der Buxtehuder Rundschau über japanisches Management lassen manchen Experten kalt. Aber nehmen wir einmal an, Sie durchschauen die Sache und kommen zu dem verabredeten Treffen im Hilton Hotel, im exklusiven Restaurant oder in einer VIP Lounge.

Ein Unternehmensberater wird Sie freundlich empfangen. Während Sie noch darüber plaudern, ob Austern in Weinsauce oder Trüffelhäppchen besser munden, wird der Berater nach dem obligatorischen Smalltalk über das Wetter, die Parkplatznot (wenn es sie nicht gäbe, müsste man sie als Konversationsthema erfinden), die Launen der Börse langsam, aber zielsicher zum Thema kommen. Erwarten Sie bitte nicht, dass er Ihnen gleich das Unternehmen nennt. Zuerst wird er sondieren, ob Sie überhaupt an einem Karrieresprung Interesse haben, ob Sie wagemutig genug sind, noch einmal das Pferd zu wechseln. Wie immer in solch entscheidenden Augenblicken erscheint der Kellner, um noch einmal Château Rothschild nachzuschenken. „Ja natürlich denke ich daran, meine beruflichen Perspektiven erweitern“, werden Sie sagen. Der Berater lächelt freundlich. „Mein Klient hat großes Interesse an Ihnen“, wird er Ihnen mitteilen, und dann beginnen die ersten Vorverhandlungen. Der Headhunter wird eine Summe nennen, sagen wir 150.000 Euro p.a.; doch meist wird diese Gehaltsvorstellung nicht erwähnt, sondern diskret auf einem Zettelchen notiert, das der Berater, sich vorsichtig und konspirativ umschauend, über den Tisch schiebt. Was tun Sie nun? Wenn Sie naiv sind, lesen Sie den Zettel, schieben ihn diskret wieder über den Tisch und nicken. Gewiefte Zeitgenossen zücken ein standesgemäßes Schreibwerkzeug (beispielsweise ein Füllfederhalter mit vergoldeter Feder) und schreiben schwungvoll eine neue Zahl auf das Zettelchen. Der Headhunter wird blass? Seien Sie unbesorgt, er wird nur eine andere Verhandlungsstrategie auswählen, denn die meisten Executive-Search-Aufträge werden im Durchschnitt mit einem Drittel des Jahreseinkommens vergütet - bei einem Jahreseinkommen von einhundertfünfzigtausend immer ein stattliches Honorar von über 90.000 Euro plus Spesen (und die Austern waren wirklich nicht zu verachten).

Er bietet ihnen Fringe Benefits. Gütiger Himmel, was ist das? Oder haben Sie bei der Geräuschkulisse, die der Kellner mit den Tellern verursacht, „Fischstäbchen“ verstanden. „Ja, Fischstäbchen wären auch lecker gewesen.“ Der Headhunter wird Ihnen erläutern, dass Fringe Benefits zusätzliche betriebliche Leistungen sind. Hierzu gehören ein Dienstwagen, ein Mobiltelefon, ein Notebook, eine betriebliche Altersvorsorge oder Belegschaftsaktien. Doch für anspruchsvolle Informatiker sind diese Peanuts längst nicht mehr interessant: eine Haushaltshilfe, flexible Arbeitszeiten oder gar ein Sabbatical (ein Jahr mit Freistellung) sind angesagt. Längst gibt es Unternehmensberatungen, die diese Wunschliste beliebig verlängern und von der Unternehmensbeteiligung bis hin zur Weltreise alles organisieren.

Der Berater wird Ihnen nach einem zweiten Kontakt das Unternehmen nennen und Sie persönlich bei der Unternehmensleitung oder dem Personalverantwortlichen vorstellen. Wenn Ihr Unternehmenswechsel nun geglückt ist, herzlichen Glückwunsch und großen Erfolg. Das Unternehmen, das Sie verlassen haben, wird allerdings Tante Amalie in ganz schlechter Erinnerung bewahren.

Stellen Sie sich bitte auf Chinesisch vor

Wer fürchtet sich nicht vor Auswahlverfahren? Ein Hauch von Schulangst liegt über den Prüfungsaufgaben, und viele Bewerber bekommen feuchte Hände und haben das Gefühl, dem Stress nicht gewachsen zu sein. Personalberatungen bedienen sich heutzutage mehr oder minder ausgeklügelter Testverfahren, die von der einfachen Postkorbübung bis hin zum Persönlichkeitstest reichen können.

Doch noch weitaus anstrengender als die von den Psychologen entwickelten Standardtests sind meist gewisse Übungen mit einem hohen Schwierigkeitsgrad. Unvergesslich bleibt die Szene in dem Film von Doris Dörrie, als der Personalleiter den Kandidaten bittet, auf den Stuhl zu steigen und wie ein Hahn zu krähen. Als der Bewerber genau dies tut, teilt ihm der Personalleiter zu seinem Erstaunen mit, dass Führungskräfte nie krähen würden. Doch seien Sie auf der Hut! Man wird von Ihnen verlangen, sich auf englisch vorzustellen. Wie bitte übersetzt man Fachhochschule auf englisch? Bankkaufmann? Sagen Sie nie, Sie seien auf einem „Gymnasium“ gewesen, denn das ist im Englischen eine Turnhalle, und als Sporttrainer wollten Sie sich vermutlich nicht bewerben.

Noch seltsamer werden die Fragen anmuten, die man Ihnen zur Persönlichkeit stellt: Sind Sie schwanger? Lieben Sie Mozart? Glauben Sie an Reinkarnation? Sie sollten natürlich die Fragen so beantworten, als wären Sie stets ein Musterschüler gewesen, hätten in Yale und Harvard studiert, zehn Jahre in zwei Unternehmen gearbeitet, nebenher Japanisch und Spanisch gelernt und Ihr Golfspiel perfektioniert. Lassen Sie ruhig durchblicken, dass Sie Mitglied im Rotary Club sind. Doch Vorsicht: Wie überall gibt es auch Haken und Ösen. Sie lieben Briefmarken? Schrecklich, schrecklich - man wird gleich Buchhaltertyp und Plüschsofa assoziieren. Sie lieben das Drachenfliegen? Ein Draufgänger ohne Furcht und Tadel, ein Mann für alle Fälle? Lieber nicht. Gibt es überhaupt eine unverdächtige Sportart? Boxen (brutaler Schläger), Golf (Karrierist), Volleyball (Studentenbazille), Handball (Kaffeekränzchentante), Fußball (Prolet), Tennis (Möchtegern-Führungskraft), Schach (Fachidiot), Schwimmen (Sensibelchen), Karate (Rambotyp). Doch auch die Mitgliedschaft und das Engagement in Organisationen geben so manchen Aufschluss: Sind Sie etwa in einer Partei? Greenpeace? Amnesty international? Taubenzüchterverein?

Doch das ist erst der harmlose Teil. Spätestens wenn Sie eine Mondlandung planen, eine Kühlschränke AG vor dem Ruin bewahren und die Bilanz der Mondschein GmbH interpretieren müssen, werden Sie den Ernst der Lage erkennen. Auch wenn Sie nie Architekt werden wollen, wird man Sie bitten, den schiefen Turm von Pisa mit Bauklötzchen nachzubauen, eine Umweltinitiative zu leiten, um Weinbergschnecken zu retten, und eine Pressekonferenz zu leiten, bei der es um die Insidergeschäfte von Rumpelstilzchen geht. Nach der Auswertung wird ein etwas blasierter Psychologe, den Sie getrost für den Neffen des Inhabers halten dürfen (denn welche Unternehmensberatung stellt schon Geisteswissenschaftler ein?), Ihnen die Ergebnisse mitteilen. Ihre Sitznachbarin wird Sie verwundert mustern, nachdem Sie bei der sozialen Kompetenz nur 30 Prozent der Höchstpunktzahl erreicht haben, dabei konnten Sie doch so wunderbar über die letzte Vernissage in der Staatsgalerie plaudern. Ihre Mitbewerberin wird gleichfalls konsterniert unter dem Tisch versinken wollen, nachdem ihr räumliches Wahrnehmungsvermögen sich als sehr unterdurchschnittlich erwies. Eine blinde Eule und ein Mauerblümchen - so das Fazit. Doch jetzt schlägt Ihre Stunde: Heben Sie die Hand, und fragen den noch immer genüsslich zensierenden Psychologen, wie hoch der Reliabilitätskoeffizient sei. Zuerst wird der Befragte gequält husten und murmeln. „Bitte, ich habe Ihre Frage nicht verstanden.“ Lächeln Sie süffisant und wiederholen Sie Ihr Anliegen. Jetzt werden Sie sehen, wie der gute Mann sich erneut räuspert, wie eine leichte Röte an seinem Hals emporsteigt. Er wird antworten: „Ihr Reliabilitätskoeffizient wurde gar nicht gemessen.“ Dann lachen Sie schallend, stehen auf, nehmen das Mauerblümchen zu Ihrer Rechten mit und gehen in das nächste Café. Sie werden sich nun fragen: Was ist ein Reliabilitätskoeffizient? Das ist eine Maßzahl, die angibt, wie konstant das Ergebnis bleibt, wenn man den Test beliebig wiederholt. Wenn man zwanzigmal den gleichen Test durchführt, muss das Ergebnis auch immer annähernd gleich bleiben. Denn niemand hält es für möglich, dass Lieschen Müller beim ersten Durchgang einen IQ von 140, beim zweiten Versuch einen IQ von 87 und beim dritten Mal einen von 125 hat. Und ein Mensch hat natürlich überhaupt keinen Reliabilitätskoeffizienten (so etwas hat nur ein Test). Oder können Sie sich beliebig wiederholen? Klonen? Vielleicht sollte das nächste Auswahlverfahren doch lieber mit der Anweisung beginnen: Stellen Sie sich bitte auf Chinesisch vor!

Austern, Hummer und Artischocken

Es war einmal eine Zeit, als lange Haare, zerschlissene Jeans, grüne Haarsträhnen und flapsige Sprüche in waren. Noch heute überkommen manchen Manager bei einem Gläschen Chianti in der eleganten Villa in der Toskana Erinnerungen an jene Zeit, als Woodstock, San Francisco, Apo, Rudi Dutschke an der Tagesordnung waren. Längst sind die einstigen Vertreter dieser 68er Generation auf ihrem langen Marsch durch die Institutionen in den Vorstandsetagen der Konzerne und Ministerien gestrandet und feiern dort als Erbengeneration bei Champagner und Kaviar in den Vorortvillen ihre wirtschaftlichen Erfolge.