Ich schenk' mir täglich rote Rosen - Erma Bombeck - E-Book

Ich schenk' mir täglich rote Rosen E-Book

Erma Bombeck

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Beschreibung

Auch dieses Buch ist wieder ein witziger Volltreffer der "berühmtesten Hausfrau Amerikas"! »Nach der Lektüre von 62 Büchern und Artikeln über den Umgang mit mir selbst ist mir klargeworden, daß allen Selbsthilfebüchern leider etwas fehlt, nämlich Humor«, stellte Erma Bombeck fest. Und so hat sie selbst eines geschrieben – ein Buch zum Glätten der Seele, zur Stärkung des Gemüts, zum Lachen und Schmunzeln.

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Seitenzahl: 182

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Erma Bombeck

Ich schenk' mir täglich rote Rosen

ins Deutsche übertragen von Isabella Nadolny

Edel:eBooks

Inhalt

1 Gefalle ich mir eigentlich?

2 Die unvollkommene Frau

3 Ist frische Luft in Ihrer Ehe?

4 Kaufangst

5 Abenteuer des Lebens

6 Phasen, alles nur Phasen

7 Spring aus deinem Tierkreis

8 Selbstbewußtsein, Marke Eigenbau

9 Das Große Goldene Buch des Jogging

10 Wie sage ich meiner besten Freundin, daß ihre Körpersprache schlecht ist?

11 Wie erziehe ich meine Eltern

12 Rutscht mir den Buckel runter

13 Jeder ist sich selbst der Nächste

14 Billiger leben

15 Bring Ordnung in dein Leben

16 Schuld und Schimpfe

17 So könnte es klappen

18 Hurra, ich gefalle mir wieder

Epilog

Impressum

1 Gefalle ich mir eigentlich?

Neulich, auf dem Weg zu Jills Cocktailparty, war ich in Hochstimmung. Ich war so fröhlich, als wäre es mir gelungen, Himbeerwackelpudding in einem Stück aus der Form zu stürzen, oder als hätte ich auf der Damentoilette gerade noch die offene Kabinentür erwischt und nicht bezahlen brauchen. Das erste Mal seit langer Zeit war ich mit meinem Leben ausgesöhnt. Ein schönes Gefühl. Es quälte mich nicht mehr, wie ich aussah. Ich konnte an einem Spiegel vorbeigehen, ohne daß mir beim Blick auf meine Halsfalten einfiel, es sollte mal wieder Suppenhuhn geben. Ich hatte meine häuslichen Probleme im Griff. Ungemachte Betten zum Beispiel riefen bei mir keine Atemnot mehr hervor.

Die Verliebtheit meines Mannes in eine ganz bestimmte Filmschauspielerin, deren Namen ich hier nicht nennen möchte, hatte sich abgekühlt, und ich konnte feststellen, daß er den gleichen verzückten Gesichtsausdruck zur Schau trug, wenn ihm die Suppe heiß serviert wurde.

Alle drei Kinder sprachen mit uns. Unsere vierundzwanzigjährige Tochter zeigte sogar unverhohlenes Interesse daran, wie man ein Bratrohr anstellt.

Allmählich wurde ich sicherer. Ich zog hinter dem Steuerrad nicht mehr den Bauch ein. Und ich lehnte es ab, den Qualm meiner rauchenden Freundinnen zu inhalieren.

Auch der Streß der Kindererziehung ließ nach. Ich hatte kein schlechtes Gewissen mehr wegen jedes Schnupfens, den meine Gören bekamen, wegen ihrer fehlerhaften Zahnstellung oder weil ich meine Tochter nicht als Handarbeitsgenie zur Welt gebracht hatte.

Ich hörte auf, heimlich Schokolade im Kleiderschrank zu essen, so zu tun, als bedauerte ich Frauen, die ihre fülligen Busen kaum bändigen können. Auf meine linkische Weise nahm ich am Leben wieder teil, ohne vorher eine Briefkastentante befragen zu müssen.

Mein Mann mochte keine Parties. Er nannte es eine Krampfaderolympiade, wenn Leute die ganze Nacht herumstehen, Angelköder in Form von kleinen runden Crackern essen und sich über die Totaloperationen ihrer Hunde unterhalten. Hätte er über unser Gesellschaftsleben zu bestimmen, bestünde der Höhepunkt meiner Arbeitswoche darin, daß ich in der Waschanlage zuschauen darf, wie das Wachs auf den Wagen aufgetragen wird.

Beim Betreten des Raumes schaute ich mich vergnügt um und entdeckte meine alte Freundin Phyllis. Ich hatte sie eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen.

»Phyllis!« rief ich. »Menschenskind, endlich trifft man sich mal wieder! Gehst du immer noch dienstags zum Kegeln?«

Phyllis setzte ihr Glas ab ohne zu lächeln. »Kegeln? Das war nur ein Ventil für meine Aggressionen. Es hat mich davon abgehalten, mich unmittelbar meinen realen Problemen zu stellen.«

»Na, hör mal«, lachte ich, »alle neune, die du immer erzielt hast, waren doch wohl nicht schlecht, oder?«

»Schon, aber weißt du noch, welche Angstzustände ich immer bekam, wenn ich den Staubsaugerbeutel ausleerte? Der eigentliche Grund dafür war, daß ich mich in einer Krise befand, mit der ich nicht fertig wurde. Bei Zwillingsgeborenen sehr naheliegend, nicht wahr? Da habe ich angefangen, Selbsthilfebücher zu lesen, um meine Bewußtseinsebene zu heben. Jetzt lese ich eben Candy Summers: STICKEN UND SINNLICHKEIT! Von ihr ist auch ESSENSRESTE UND EROTIK und TRIEBLEBEN UND TEPPICHKLOPFEN, falls du die kennst.«

»STICKEN UND SINNLICHKEIT«? fragte ich und kippte hastig den Inhalt meines Glases herunter.

»Du kannst dich darauf verlassen«, flüsterte sie mir zu. »Du machst nie im Leben mehr einen französischen Gobelinstich. Übrigens: Du gehörst doch bestimmt zum Lesering Lebensbewältigung, oder?« Ich schüttelte den Kopf.

»Da bekommt man einmal im Monat ein Buch über Selbstverwirklichung. DIE ANGST VORM LANDEN, von Erica Alt hast du selbstverständlich gelesen und das neueste Buch von Dr. Dryer: ›HOFFENTLICH IST DIE SEXUELLE REVOLUTION NICHT SCHON VORBEI, WENN ICH EINBERUFEN WERDE«, nicht wahr?«

»Phyllis«, sagte ich, »was ist bloß aus dir geworden? Früher warst du so himmlisch oberflächlich.«

Diese Bemerkung überhörte sie. »Weil wir gerade bei dem Thema sind: Wieso hast du einen Komplex gegen Begrüßungsküsse?«

»Ich habe überhaupt keinen Komplex.«

»O doch, hast du. Wie du jetzt eben auf mich zukamst, hast du mir die Hand hingestreckt. Du hast Hemmungen.«

»Ich habe keine Hemmungen. Ich wollte niemand küssen, weil ich Roquefort gegessen habe.«

»Wann hast du Erma das letzte Mal gesagt, was du …«

Ich sah mich suchend um. »Welcher Erma?«

»Dir, Erma, dir selber.«

»Du weißt, ich spreche nicht gern in meiner Gegenwart mit mir selber. Das ist mir peinlich!«

»Ich habe ja gewußt, daß du deine wahren Gefühle hinter platten Scherzen verstecken würdest. Das sieht dir wieder mal ähnlich. Ein ernsthaftes Thema leichtfertig abtun. Ich verstehe offen gestanden nicht, wie du dasitzen und untätig zuschauen kannst, wie die übrige Welt ihr Inneres erforscht und dabei feststellt, zu welchen Höhen sich der Mensch aufschwingen, aber auch in welch tiefe Verworfenheit er versinken kann.«

»Oh, das war schön. Wo hast du das gelesen?«

»In einer Zeitschrift an der Kasse im Supermarkt. Weißt du, was dein Problem ist?« fragte sie und lehnte sich vertraulich näher. »Sex! Es wird Zeit, daß du dir über deine Gefühle klar wirst. Dich selbst kennenlernst. Die achtziger Jahre haben begonnen, mein Schatz, in denen Sex alles, all unser Tun, beherrscht. Du und dein Mann, ihr habt euch vermutlich ganz einfach satt. Das geht vielen Paaren so. Man hält sich eben nach einer Weile gegenseitig für einen Gebrauchsgegenstand.«

»Also, Phyllis, ich kann gar nicht fassen, daß du das bist, mit der ich rede. Früher hast du dich geschämt, ein Wort wie ›schwanger‹ auszusprechen. Du hast jedem gesagt, du hättest ›was im Rohr‹. Deine Kinder sind in dem Glauben aufgewachsen, man brauche neun Monate, um einen Kuchen zu backen.«

»Tja, das ist jetzt alles anders«, sagte Phyllis. »Jetzt weiß ich, daß Sex das ist, woran man in der Ehe arbeiten muß. Was du nötig hast, ist Clarabelle Sweet.«

»Du meinst, die DIE UNVOLLKOMMENE FRAU geschrieben hat? Von der hab’ ich, glaube ich, mal gehört.«

»Gehört ist gut«, kreischte Phyllis. »Ich kenne kein Buch, das von den Frauen derart begeistert aufgenommen worden ist, seit ›SEX MACHT DICK‹. Das wirst du doch kennen? In dem es heißt, daß der Beischlaf weniger Kalorien verbraucht als ein Frisbee-Wurf ? Paß auf: ich leih’ dir mein Exemplar, wenn du versprichst, es mir wiederzugeben.«

»Ich brauche keine Hilfestellung durch DIE UNVOLLKOMMENE FRAU.«

»Wann bist du zum letzten Mal mit deinem Mann in die Badewanne gestiegen?«

»Als wir den Hund gebadet haben.«

»Teilst du die sportlichen Interessen deines Mannes? Schaffst du Voraussetzungen für eine romantische Stimmung?«

Kein Zweifel, Phyllis war lütütü. Ich schlängelte mich davon und sah durch den Raum zu dem Vater meiner Kinder hinüber. Für einen Mann im Metall-Zeitalter (Silberhaar und Goldzähne) sah er noch prima aus. Ich beobachtete, wie eine Wasserstoffblondine zu ihm trat und so lebhaft auf ihn einredete, daß ich glaubte, ihr Gesicht würde auseinanderreißen. Als ich mich umdrehte, stellte ich fest, daß Phyllis mir nachschaute. Sie lächelte und rief mir zu: »Glaub mir, DIE UNVOLLKOMMENE FRAU wird dein ganzes Leben umkrempeln.«

2 Die unvollkommene Frau

Clarabelle Sweet war andauernd im Fernsehen aufgetreten, wo sie Reklame für ihr Buch, DIE UNVOLLKOMMENE FRAU, machte. Clarabelle hatte langes schwarzes Haar und sagte Sachen wie: »Wenn ein Mann im eigenen Eisschrank Schlagsahne findet, rennt er nicht herum und sucht sich seine zwei Prozent Butterfett anderswo.«

Ich war überzeugt, daß ein Diwanpüppchen in andalusischer Tracht daheim zwischen Seidenkissen auf ihrem Bett saß. Zu diesem Eindruck kam ich, als ich ihren Partner-Quiz gelesen hatte.

Anfangs machte es mich ein bißchen beklommen, daß ich bei einem solchen Quiz durchrasseln würde. Und nach dreißigjähriger Ehe und drei Kindern zu erfahren, daß mein Mann und ich nicht zusammenpaßten, war mir sehr unangenehm. Aber lesen Sie selbst.

Nachträge zum Ja am Altar

Sie und Ihr Mann sind zum ersten Mal seit der Hochzeit allein in einer Blockhütte. Er knabbert an Ihrem Ohr. Was tun Sie?

a) Sie knabbern Ihrerseits an seinem Ohr

oder

b) teilen ihm mit, daß kein Brennholz da ist

Ihr Mann kommt mitten am Nachmittag unerwartet nach Hause. Schlüpfen Sie in ein gewagtes Kleidungsstück und machen ihm ein Angebot, dem er nicht widerstehen kann,

oder

lassen Sie ihn stehen, nehmen seinen Wagen und fahren zu einer Vorführung von Küchenmaschinen?

Ihr Mann lädt Sie ein, ihn zu einem Kongreß zu begleiten, bei dem Sie nur abends zusammen sind. Bestellen Sie sich einen Babysitter und fahren Sie mit,

oder

benutzen Sie die Gelegenheit, daheimzubleiben und das Schlafzimmer zu streichen?

Überprüfen Sie den Führerschein Ihres Mannes. Was hat er dort unter SEX eingetragen?

a) männlich

b) selten

Wenn Ihr Mann nach einem langen, anstrengenden Tag erschöpft und ausgepumpt nach Hause kommt,

a) massieren Sie ihm die Füße mit Nußöl

oder

b) sagen Sie ihm, ihm fehle nichts außer einer sportlichen Betätigung?

Wenn Sie selbst einen schlimmen Tag hinter sich haben und das Bedürfnis nach Zärtlichkeit und Verständnis empfinden,

a) nimmt Ihr Mann Sie in die Arme und sagt Ihnen, daß er Sie liebt

oder

b) liest er die Zeitung und krault Sie zerstreut hinterm Ohr, weil er Sie für den Hund hält?

Ich brauchte die Punkte gar nicht erst zusammenzuzählen. Das Ergebnis lag klar auf der Hand. Ich war die Frau, die zwar am Altar JA gesagt hatte, aber von dem Tage an, an dem sie über eigene Wagenschlüssel verfügte, zu oft NEIN.

Ich verwöhnte meinen Mann nicht, ich befriedigte seine Bedürfnisse nicht. Vielleicht hatte Phyllis doch recht. Vielleicht hatten wir uns gerade zu einer Zeit, in der wir miteinander gut eingefahren waren, miteinander festgefahren?

Wenn ich es mir recht überlegte: Das letzte Mal hatte er im Kino die Arme um mich gelegt, als ich das kleine Plastikauto aus der Crackerpackung verschluckt hatte.

Ich wäre mir idiotisch vorgekommen, wenn ich überall hinter ihm hergezockelt wäre. Wir sind keine besonders überschwenglichen Menschen. Sind es nie gewesen. Wenn er nun aber eines Tages nach 2%igem Butterfett gierte? Wenn Clarabelles Mann tagtäglich aus dem Büro zu Hause anrief, nur um am Telefon anderthalb Minuten lang schwer zu atmen, war es vielleicht doch der Mühe wert?

Am nächsten Morgen rief mein Mann aus dem Badezimmer: »Was soll das denn?«

Ich hatte mit Lippenstift auf den Spiegel geschrieben: 65 MILLIONEN FRAUEN BEGEHREN MEINEN MANN.

»Das ist nur, damit ich immer daran denke, welches Glück ich gehabt habe, dich zu ergattern, Liebling.« Er musterte den Spiegel und sagte: »Wer war denn die Konkurrenz. Namen bitte.«

»Du brauchst nicht gleich ironisch zu werden. Clarabelle Sweet sagt, wenn Frauen ihre Männer besser behandelten, würden sie nicht fremd gehen.«

»Wer bitte ist diese Clarabelle Sweet und mit wem bitte gehe ich fremd?«

»Clarabelle Sweet wird unsere Ehe retten. Hier ist dein Rasierzeug, dein Frottiertuch, deine Seife und dein Shampoo.«

»Und wo ist meine Plastikente?« fragte er gereizt.

»Dein Kamm, dein Deodorant, ein sauberes Hemd und deine Hose. Warte, ich klapp’ dir den Deckel auf.«

»Mach bloß, daß du aus dem Bad kommst!« preßte er durch die zusammengebissenen Zähne.

Wenn ich es mir nachträglich überlege: so wenig Anerkennung für dienstbereite Unterwürfigkeit ist mir noch nie im Leben begegnet.

Als ich versuchte, ihm die Cornflakes mit dem Löffel einzufüttern, verweigerte er das Essen.

Als ich ihm Zahnpasta auf die Zahnbürste auftrug, verließ er unter Protest das Bad.

Als ich ihm ein Streichholz unterm Kinn anzündete, pustete er es aus und knurrte: »Das Rauchen habe ich aufgegeben, falls du dich noch erinnerst.«

Und als ich, seinen Aktenkoffer in der Hand, in der Garageneinfahrt stand, sagte er: »Das Parfum kannst du weglassen!«

»Ich ruf’ dich dann im Büro an«, raunte ich mit sinnlich-rauer Stimme. »Sieh zu, daß du bald heimkommst.« Als er weg war, nahm ich das Buch DIE UNVOLLKOMMENE FRAU noch einmal zur Hand und vergewisserte mich: ja, genau, Seite 110 stand: Bei Befragung von 10000 Männern äußerten fast die Hälfte, daß sie ihren Frauen untreu waren und daß sie körperliche Zärtlichkeitsbeweise wünschten oder brauchten.

Die Reihenfolge der von ihnen an der Partnerin am meisten geschätzten Eigenschaften sah so aus:

1. Berücksichtigung der männlichen Bedürfnisse

2. Aufrichtigkeit

3. Zuneigung

4. Intelligenz

5. Selbstvertrauen

6. Sex

7. Sinn für Humor

Es las sich eigentlich mehr wie ein Pfadfinderhandbuch. Gleich nach dem Mittagessen ging ich ans Telefon und rief bei meinen Mann im Büro an. Wie mir schien, mußte ich ewig warten. Schließlich kam seine Sekretärin an den Apparat und sagte, sie würde mich durchstellen.

»Hallo«, sagte ich und versuchte, meiner Stimme etwas Sinnlich-Heiseres zu geben. »Kannst du heute nicht früher nach Hause kommen?«

»Was’n los?« fragte er. »Mußt du zum Zahnarzt?«

»Wenn du früher heimkommst, kannst du alles von mir haben.«

»Bleib mal am Apparat, ich hab’ ein Gespräch auf der anderen Leitung ...« Dann kam das Besetztzeichen.

Ich hängte ein und kehrte zu Clarabelles Buch zurück. »Reißen Sie Ihren Mann ruckartig aus der gewohnten Lethargie, indem Sie ihm schon in der Tür in gewagter Kostümierung entgegentreten – als Playboy-Bunny, mit tiefem Dekolleté, langen Ohren oder als orientalische Sklavin ...«

Kostümierung? Meinte die das ernst? Sogar an Karneval zog ich meinen Kindern nur braune Einkaufstüten über die Köpfe, schnitt Öffnungen für die Augen hinein und trug ihnen auf, jedem Interessierten zu erzählen, ihre Mutter läge frisch operiert im Krankenhaus. Für Kostümierungen hatte ich kein Talent.

Ich durchsuchte sämtliche Schränke. Das einzige, was ich fand, waren Fußballerhosen, ein Fußballerhemd und ein Helm. Darin fühlte ich mich zwar so aufreizend wie eine Braut mit einem Mund voll von Novocain, aber wenn man seine Ehe retten will, darf man vor nichts zurückschrecken.

Als ich den Wagen vorfahren hörte, riß ich die Haustür auf und rief schallend: »Bis jetzt kein Tor!«

Der Mechaniker, der die Waschmaschine reparieren kam, sagte ein paar Minuten lang gar nichts. Er konnte mir nicht einmal in die Augen sehen, starrte auf den Boden und murmelte: »Auf dem Auftragszettel hier heißt es, daß Ihre Trockenschleuder nicht aufheizt.«

Ich räusperte mich. »Stimmt. Kommen Sie herein. Die Trockenschleuder steht neben der Waschmaschine hinter der Klapptür.« Keiner von uns sprach, das einzige Geräusch war das Klirren meiner Schuhnägel auf dem gefliesten Boden. Er arbeitete schweigend, und ich verschwand am anderen Ende des Hauses.

Als ich ihm seinen Scheck gab, nahm er ihn, schüttelte den Kopf und meinte: »Na, hoffentlich gewinnt Ihre Mannschaft, meine Dame.«

Ich zog den Fußballdreß aus und ein Kleid an. Es nützte nichts, sich etwas vorzumachen. Für die Rolle der Superfrau war ich noch nicht reif, das wußte ich jetzt.

Nicht einmal die nötige Atmosphäre verstand ich zu schaffen. Wir aßen unser Dinner zwischen ›Erkennen Sie die Melodie?‹ und ›Familienkrach‹. Die Kinder rasten ein und aus wie durch eine Drehtür. Die einzige Methode, sie dazu zu bringen, ihre Stereo-Anlage leiser zu stellen war die Bemerkung, man verstünde den Text. Dann waren Kleider zusammenzulegen, Einkäufe zu besprechen, Entscheidungen zu treffen, und zu alledem kam natürlich das elektronische Einschlafmittel – die Sportschau. So richtig klar, in was für festgefahrenen Gewohnheiten wir uns befanden, wurde mir, als ich meinem Mann den Nacken einfühlsam massierte und er sagte: »Das kannst du dir sparen – meine Brieftasche liegt auf der Kommode.«

Ich machte mich wieder ans Zusammenlegen von Kleidungsstücken, da schrillte plötzlich der Rauchalarm in unserem Schlafzimmer.

»Wieso hängt dein Nachthemd über dem Lampenschirm?« fragte mein Mann.

»Ich wollte eine gewisse Atmosphäre schaffen.«

»Wofür? Für einen Katastrophenfilm?«

»Es sollte dem Zimmer etwas Intimes, Erotisches geben.«

»Mach das Fenster auf. Wenn es hier drin noch erotischer wird, fall’ ich um.«

Es dauerte ungefähr eine Stunde, ehe der Qualm sich verzogen hatte und wir zu Bett gehen konnten.

»Hast du mich heute angerufen, oder hab’ ich das geträumt?«

»Doch, ich hab’ angerufen.«

»Was wolltest du denn?«

»Dich bitten, früher heimzukommen, dann könntest du alles von mir haben.«

»Du hättest eine Nachricht hinterlassen sollen«, sagte er und kroch gähnend ins Bett.

Ich knipste das Licht im Badezimmer an. Auf dem Spiegel stand noch immer: 65 MILLIONEN FRAUEN BEGEHREN MEINEN MANN. Ich nahm den Deodorantstift und schrieb darunter: WARUM BLOSS?

Es war einfach so: Wir konnten nicht werden, was wir nie gewesen waren. Wir waren zu alt, um uns zu ändern. Außerdem durchliefen wir nach Ansicht der Experten soeben die beste Phase unseres Lebens. Die Kinder waren erwachsen, und ich brauchte mich nicht mehr um verlorene Teddybären, Laufställchen und verknotete Schuhbänder zu kümmern. Auf dem Haus lastete nur eine 9% ige Hypothek von vor der Inflation. Außerdem hatte ich Mayva.

Mayva war meine beste Freundin, die nie Diät hielt, wenn ich zu dick war, mir nie die Wahrheit sagte, auch wenn ich sie darum bat und wenn mir mein Mann einen Gemüsehobel zum Geburtstag schenkte, nie eine blöde Bemerkung machte wie: »Wenigstens trinkt er nicht oder rennt jeder Schürze nach wie andere Männer.«

Als Mayva Clarabelle Sweets Buch auf dem Dielentisch liegen sah, wäre sie beinahe hintenübergekippt. »Du liest DIE UNVOLLKOMMENE FRAU? Doch nicht im Ernst? Du kannst doch dein Leben nicht einfach umkrempeln. Übrigens weiß ich, was mit euch los ist. Wie so viele Ehepaare haltet ihr euch krampfhaft an die althergebrachten Vorstellungen von der Ehe, die gar nicht mehr existieren. Einer den anderen bedienen, das macht doch heute kein Mensch mehr. Jetzt gilt: gleiches Recht für beide. Ihr müßt ein Selbstwertgefühl entwickeln. Weißt du überhaupt, wovon ich rede?«

»Ach bitte, nicht noch mehr Bücher, Mayva!«

»Hör doch zu. Pam und Richard McMeal haben eins geschrieben mit dem Titel IST FRISCHE LUFT IN IHRER EHE? Das trifft’s genau. Und jetzt beantworte mir mal eine Frage: Wann haben du und Bill das letzte Mal getrennt Urlaub gemacht?«

»Als wir die Kinder bei Mutter lassen konnten!«

»Dann wäre es jetzt Zeit, eine offene, unverhemmte Beziehung miteinander einzugehen. Keiner darf mehr dominieren und keiner sich unterordnen. Alles wird geteilt. Ihr laßt die Jahre hinter euch, in denen ihr die Sklaven eurer Kinder wart, und entwickelt einen Sinn für das Weltgeschehen. Und Gott steh’ dir bei, wenn du eines Morgens aufwachst und merkst, daß dein Mann dir entwachsen ist.«

Ich sagte eine Minute lang gar nichts. Dann fragte ich: »Wie kommst du gerade darauf, Mayva?«

»Unwichtig«, sagte sie.

»Nein. Wichtig! Du weißt etwas, was du mir nicht sagst. Was ist es?«

»Als wir uns neulich abends unterhielten und Bill den Dessousartikelmarkt Amerikas erwähnte, hast du gesagt: Etwas Unfeineres als die Werbung für weibliche Hygieneartikel gibt es gar nicht.«

Ich erstarrte: »Kennst du womöglich ein noch unfeineres Produkt?«

»Lies erst mal das Buch der McMeals«, sagte sie. »Ich bring’ es dir morgen vorbei. Glaub mir, es wird deinem Leben eine neue Richtung geben.«

Eine Frau, die 26 Packungen Zitronenpudding im Speiseschrank hat, darf sich Vorschlägen für Neuerungen nicht verschließen.

3 Ist frische Luft in Ihrer Ehe?

Mein Sohn, genannt WEISSER HAI II, hatte eine Gewohnheit, die mich die Wand hoch trieb. Er riß die Türen vom Kühlschrank auf und stand davor, bis die Härchen in seiner Nase zusammenfroren. Nach der Inspektion von Eßwaren verschiedenster Form und Konsistenz im Wert von circa 200 Dollar pflegte er laut zu verkünden: »Es ist nichts zu essen da.«

Früher reagierte ich auf diese Feststellung, als habe man mir den klassischen Fehdehandschuh hingeworfen oder einen Angriff auf meine Tugend unternommen. Jetzt enthielt sie für mich nichts Provozierendes mehr. Ich blieb am Tisch sitzen und las weiter in meinem Buch. »Liest du schon wieder ein Ehehandbuch?« fragte er.

»Was ist daran verkehrt?«

»Nichts«, sagte er und fügte hinzu: »Ich wundere mich nur über eins: Wieso haben Dad und du nie was miteinander gehabt, ehe ihr zum Traualtar gerannt seid?«

»Du bist wohl verrückt?« sagte ich. »Wir haben uns geheiratet, weil wir uns zu wenig kannten, um frei miteinander zu leben.«

Das war eine absurde Bemerkung, wir wußten es beide. In Wahrheit waren sein Vater und ich in dieser Welt »freier Partnerschaften«, »begrenzter Wohngemeinschaften« und »eheähnlicher Verhältnisse« Relikte vergangener Zeiten. Wir hatten den alten Ehevertrag nie in Zahlung gegeben, nie die getroffene Wahl rückgängig gemacht, nie Alternativmöglichkeiten erwogen. In einer Welt, in der sich junge Leute in der Schlange vor der Kinokasse kennenlernen, sich in der Pause verloben und ihre Beziehung zwischen dem Bestellen und dem Verzehr ein und derselben Pizza wieder lösen, mußten wir reichlich drollig wirken.

Ich schlug das Buch der McMeals zu. Es ängstigte mich viel mehr als DER ZUKUNFTSSCHOCK! Es hieß da, daß eine von drei Ehen mit Scheidung endet und 75% aller, die weiterbestehen, fürchterliche Probleme hätten. Und was die Autoren sonst noch schrieben, klang, als sei die Ehe ungefähr so aufregend wie eine Joghurt-Orgie.

Nach dreißig Ehejahren fühlte ich mich wie ein Bruchband: verläßlich, haltbar und hundertprozentig von der Krankenkasse absetzbar.

Waren Eheleute eine aussterbende Gattung? Würde man später von den längstvergangenen Zeiten reden, als Männer und Frauen noch zu je zwei und zwei, unauflöslich aneinandergekettet, die Welt durchstreiften? War es vorstellbar, daß ein zwangloses Miteinander-Wohnen einmal die alleinseligmachende Lebensform sein und die feine Gesellschaft die Ehe ablehnen würde?

Im Geist sah ich bereits meinen Sohn von der Schule heimkommen: das Hemd zerrissen, mit blutenden Schrammen und in seinem Zimmer verschwinden, um keine Auskünfte geben zu müssen.

In die Enge getrieben, würde er dann zugeben, daß er in der Pause gerauft hatte.

»Ja, warum denn?« würde ich fragen.

»Weil der Richard gesagt hat ... weil er behauptet hat ... also, er hat gesagt, Dad und du, ihr wärt VERHEIRATET!«

»Und was hast du darauf gesagt?«

»Ich hab’ gesagt, daß er eine Flasche ist. Da hat er gesagt, die ganze Schule wüßte es, und wenn ihr es nicht wärt, hättest du doch einen anderen Nachnamen. Stimmt es denn?«

Und wenn ich dann nickte, würde er zornig brüllen: »Warum kannst du nicht mit Dad bloß so zusammenleben wie alle anderen Eltern?«