Mäuse im Klavier - Erma Bombeck - E-Book

Mäuse im Klavier E-Book

Erma Bombeck

0,0
2,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Sie wollen wissen, wie die Maus ins Klavier kam? Und warum Amerikaner dem kontinentalen Frühstück misstrauen? Dann seien Sie herzlich willkommen bei Erma Bombeck, deren Geschichten Ihnen unweigerlich Lachtränen in die Augen treiben. Und das Herz erwärmen. Ob heiter oder besinnlich – mit ihrem unnachahmlichen Gespür für die Komik im Alltag und den ganz normalen Wahnsinn im Familienleben schaut die berühmteste Hausfrau der Welt wieder einmal ganz genau hin...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 209

Veröffentlichungsjahr: 2014

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Erma Bombeck
Mäuse im Klavier 
...und andere liebe Gäste
Ins Deutsche übertragen von Erna Tom
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel FOREVER ERMA (#2)
Edel Elements Ein Verlag der Edel Germany GmbH
Copyright dieser Ausgabe © 2014 by Edel Germany GmbH Neumühlen 17, 22763 Hamburg
Copyright der Originalausgabe © 1996 by the Estate of Erma Bombeck
Copyright First German Edition © 2000 by Bastei Lübbe
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Michael Meller Literary Agency, München.
Covergestaltung: Agentur bürosüd°, München
Inhaltsverzeichnis
Titel - Untertitel (/Genre)ImpressumTrautes HeimLieber VaterDas leere NestBesondere MenschenWarum immer ich?FeiertageAlle versammeltDie Kramschublade
Trautes Heim
Haushaltstipps für Eilige
»Also, wenn Sie schon so eine Zeitungskolumne schreiben«, sagte die Stimme am Telefon, »warum geben Sie Ihren Lesern dann nicht mal einen Tipp, wie man eine Nirosta-Spüle sauberhält?«
Ich murmelte etwas von wegen Ausschluss aus dem Elternbeirat aufgrund chaotischer Küchenverhältnisse und verabschiedete mich. Aber die Stimme hatte bereits in ein Hornissennest böser Erinnerungen gestochen.
Vor ungefähr fünfzehn Jahren habe ich für die regionale Zeitung tatsächlich eine Kolumne mit Ratschlägen für die Hausfrau geschrieben. Noch heute versuchen die Hausfrauen in der Umgebung, Schäden zu beseitigen, die ich damals angerichtet habe. Auf eine Frage wie »Wie pflege ich die Toilette?«, antwortete ich: »Zünden Sie täglich Räucherstäbchen an. Nach fünf Jahren sollten Sie allerdings umziehen. «
Was mich wirklich überraschte, war, wie ernst manche Frauen die Hausarbeit nehmen. Es handelt sich für einige tatsächlich um eine Lebensaufgabe. Täglich erreichten mich ihre traurigen Anfragen. »Wie reinige ich meinen Alabaster?« (»Gnädige Frau, ich wusste nicht, dass Vögel schmutzig werden.«) »Gibt es ein Mittel, um Schokolade von Polstermöbeln zu entfernen?« (»Nein, aber es gibt eines, um die Polsterung aus dem kleinen Jungen herauszuprügeln, der die Schokolade auf den Sitzgelegenheiten verspeist hat.«)
Nach mehreren Anrufen wütender Frauen, die meine kleinen Paraffinbällchen im letzten Spülwasser ausprobiert hatten, um ihren Chintzvorhängen neuen Glanz zu verleihen, versprach ich meiner Redakteurin, künftig meine Ratschläge vor Veröffentlichung bei mir zu Hause auszuprobieren. Bald herrschten bei uns Aufregung und Geschäftigkeit wie vor einem Raketenstart.
Meine Experimente führten zu ansehnlichen Ergebnissen.
Um Kalkablagerungen von Duschvorhängen zu entfernen, nehme man einfach eine gute Schere und schneide die Flecken heraus. Je mehr Kalkablagerungen, desto interessanter sehen hinterher die Duschvorhänge aus.
Um die Klaviertasten zu säubern, ziehen Sie Ihren Kindern einfach in klarem Wasser getränkte Wildlederhandschuhe über. Ich wage zu behaupten, dass die Fingerübungen nicht viel anders klingen als sonst auch, aber Sie haben hinterher saubere Klaviertasten.
Ein Sterilisationsapparat, der aus Versehen ohne Wasser erhitzt wurde, liefert interessanten Gesprächsstoff. Staubflusen unter dem Bett dienen kleinen Kindern zu stundenlanger Unterhaltung. (Übrigens auch den Schwiegereltern, bösen Nachbarn und eventuell dem Gesundheitsamt.)
Ich war der Meinung, mit meinen Ratschlägen hätte ich den Bereich der Hausarbeit ziemlich vollständig ausgeleuchtet, bis ich den Brief einer Hausfrau erhielt, die eine sehr originelle Lösung des Bügelproblems gefunden hatte. Sie schrieb: »Zwei- bis viermal im Jahr, immer vor dem Urlaub, packe ich sämtliche ungebügelt gebliebenen Sachen in eine Tüte oder Schachtel und beschrifte sie mit Ostergras, Christbaumschmuck, Flaggen für den Nationalfeiertag (regendurchnässt) oder Halloweenmasken. Sollten sie irgendwann schließlich entdeckt werden, sind die Kinder verheiratet oder haben zumindest einen eigenen Hausstand gegründet.«
Eine Frau mit Verstand!
Liebling, reich mir die Kettensäge
Ich gehöre zu den liebenden Ehefrauen, die dafür plädieren, dass das Rentenalter für Männer auf fünfundneunzig erhöht wird.
Meine Motive sind durch und durch egoistisch. Ich glaube nicht, dass ich Mr. Heimwerker länger als die bisherigen vier Stunden am Tag plus Wochenenden und Feiertage um mich herum ertragen könnte.
Die Post, die ich jeden Tag bekomme, reicht mir. Auf einer Karte stand ein klägliches Hilfe! In einem anderen Brief war mit Bleistift geschrieben: Ich werde gefangen gehalten, und zwar von einem Idioten mit einem Werkzeugkasten, in einem Haus, in dem es seit dreiundzwanzig Tagen kein fließendes Wasser gibt.
Heimwerker sind in der Regel in zwei Kategorien einzuteilen. Erstens der Unterbrechungs-Heimwerker. Das ist der, der jedes Projekt mit Begeisterung aufnimmt. Schon wenige Minuten nach einer vorgebrachten Reparaturbitte steht im Wohnzimmer ein Gerüst, daneben unzählige offene Farbtöpfe, und der Teppichboden ist mit den guten Vorhängen abgedeckt. Dann lächelt er, schlüpft in seinen Mantel und sagt: »Mir ist eben eingefallen, dass ich nach Südamerika muss, um die Tsetsefliege zu studieren. Bitte lasst alles so, bis ich wieder da bin.«
Nicht alle Unterbrecher sind so erfinderisch. Manche ziehen den Herd von der Wand weg,  schrauben die Rückverkleidung ab, hängen die Tür aus, legen die Küche mit Brettern aus und sagen dann: »Mir fehlt das richtige Werkzeug. Ich hab’ mein Bestes versucht mit dem alten Pfadfinderbeil und den einfachen Werkzeugen, die ich aus Steinen und Büffelhaut gebastelt habe. Aber wenn man für eine Sache nicht das richtige Werkzeug hat ...« (Zusätzlich zum kalten Abendessen gibt es an diesem Abend noch eine eisige Stimmung.)
Einige Unterbrecher erkennt man schon von Weitem. Das sind die, in deren Fenstern im Winter Fliegengitter und im Sommer Sturmläden eingehängt sind. Sie säen das Gras im Winter und montieren bei Gewitter die Fernsehantenne.
Die zweite Kategorie ist der ewige Bastler. Er schläft so gut wie gar nicht. Und er schiebt nichts auf morgen, was er heute kann besorgen. Schlichte Einwände wie: »Aber wir essen jetzt zu Abend«, oder: »Die Gäste sind schon da«, oder: »Bitte, ich dusche gerade« stoßen auf taube Ohren. Er prescht voran wie eine Herde wilder Büffel.
Einer dieser ewigen Bastler, ein Mann aus dem Mittleren Westen, wurde gebeten, hinter der Waschmaschine einen einfachen Stecker in eine einfache Steckdose zu stecken. Er schwang sich auf die Waschmaschine, wobei er prompt mit dem Fuß den Wählknopf für das Waschprogramm abbrach. Dann beugte er sich nach hinten, schob den Stecker halb hinein, und schon fiel in der Küche der Strom aus.
Als hätte er eins gewischt bekommen, fuhr er zurück und krachte gegen den Ventilator, der daraufhin zerbrach. Dabei ließ er seine Taschenlampe in den Spalt zwischen Waschmaschine und Wand fallen. Obendrein stieß er sich den Kopf am Regalbrett und verhakte sich mit seiner Gürtelschnalle, sodass das Druckventil für das heiße Wasser geöffnet wurde.
Wenn ich Geschichten wie diese höre, frage ich mich allerdings, ob fünfundneunzig nicht vielleicht doch noch zu großzügig angesetzt ist.
Die amerikanische Wäscheleine
Jedes Mal, wenn ich Sonne auf meinem Gesicht spüre und der Wind mir sanft den Rock bauscht, lege ich die rechte Hand auf mein Herz und betrauere den Untergang des hausfraueneigenen Nachrichtensenders: der amerikanischen Wäscheleine.
Wie der amerikanische Büffel, die irischen Tenöre und eine Tasse Kaffee für fünf Cents stirbt auch die Wäscheleine praktisch aus. Und mit ihr das großartigste Kommunikationsmedium, das die Welt je gesehen hat.
Als ich klein war, zogen die Nachbarn am Tag ihres Einzuges die Wäscheleine auf. Und wir schauten und erfuhren: »Wie viele Personen? Mädchen oder Jungen? Alter? Hübsche Unterwäsche?« (Mama pflegte zu sagen, man könne eine Frau nach der Unterwäsche beurteilen, die sie auf die Leine hängt, und ihr Temperament verrate sich durch ihr Verhalten, wenn die Wäscheleine riss.)
Als ich einen eigenen Hausstand hatte, las ich aus der Montagswäsche unserer Nachbarn wie eine Zigeunerin aus dem Kaffeesatz.
Neue Windeln: »Sie hat das Baby mit nach Hause gebracht.«
Marineuniform: »Sein Urlaub wurde bewilligt.«
Zusätzliche Bettwäsche: »Die Schwiegereltern aus Kansas City sind da.«
Schlafsäcke: »Sie hat endlich ein Sommerlager für die Jungs gefunden.«
Decken: »Vorsicht! Sie haben einen Virus.«
Trainingshosen: »Also, das war ja auch Zeit.«
Vorhänge und Kissenbezüge: »Sie fängt jedes Jahr früher an.«
Gummistiefel und Fischernetze: »Ich würde den Kerl sitzenlassen.«
Großer Badezimmerteppich: »Geltungssüchtig!«
Die Wäscheleine war mehr als ein flatterndes Nachrichtenmagazin. Sie war ein Spielfeld für Hausfrauen. Sie rannten um die Wette, jede wollte ihre Wäsche als Erste aufhängen. Wenn die Sonne über einer leeren Wäscheleine aufging, hatte das etwas damit zu tun, ob eine Ehe glücklich oder unglücklich war. So schien es wenigstens.
Aber auch Geschicklichkeit und Ausdauer wurden getestet, denn es kam darauf an, eine dampfende lange Unterhose bei Minusgraden aufzuhängen, bevor sie im Wäschekorb mit übereinandergeschlagenen Beinen einfror.
Für mich war das Wäscheaufhängen eine Art Gruppentherapie ... Verschnaufpause an einem hektischen Tag ... Winken und Hallo ... tiefes Durchatmen an der frischen Luft ... ein Blick zum Himmel ... der Duft von Regen ... rauer Wind, der den Winter ankündigte ... luftgefüllte Kopfkissen und süß duftende Leintücher, die nie ein Bügeleisen sehen sollten.
Wenn es heute noch eine Wäscheleine gäbe, bräuchte ich mir gewiss nicht den Kopf zu zerbrechen über die Koffer auf der Terrasse meiner Nachbarn. Ich wüsste ganz genau, ob sie jetzt in Urlaub fahren oder bereits wieder zurück sind.
Einbrechen ist harte Arbeit
Seit dem Tag, als meiner Mutter aus ihrem eigenen Haus eine Schweizer Armbanduhr, eine Flasche Scotch und eine Schachtel Kekse gestohlen wurden, begegne ich jedem fremden Mann in der Nachbarschaft, der eine Fahne hat, mit Krümeln im Haar herumläuft oder auch nur die genaue Uhrzeit kennt, mit Misstrauen.
Wenn jemand bei uns einbrechen sollte, würde er eher eine Spende hinterlassen, aber trotzdem besteht mein Mann darauf, dass ich jedes Mal, wenn ich aus dem Haus gehe, die Türen abschließe.
Schrecklich für jemanden wie mich, der mit Schlüsseln auf Kriegsfuß steht. Schlüssel sind wie Schirme. Ich möchte mit ihnen nur dann zu tun haben, wenn ich sie unbedingt brauche.
Es kommt vor, dass ich die Schlüssel mitsamt meinen Briefen in den Postkasten werfe, sie als Lesezeichen in ein Buch einlege oder in einen Aschenbecher werfe, meistens aber lasse ich sie im Schloss stecken.
Seit Februar letzten Jahres musste ich achtunddreißigmal in mein eigenes Haus einbrechen. Das Problem des Ausgesperrtseins lässt sich auf verschiedene Arten lösen.
Als erstes kommt Plan A, auch Publikumsalarm genannt, zur Anwendung. Dazu schleppt man eine Leiter aus der Garage, lässt die Kinder am unteren Ende festhalten, klettert zu der kleinen Öffnung im Dach, die nicht größer ist als eine Konservendose, und windet sich hindurch.
Hunde sind die ersten, die den Tumult wittern und daraufhin ein Bellkonzert veranstalten. Ihr Lärm wiederum lockt Postboten, Nachbarn, Handelsreisende und Verkehrspolizisten im Umkreis von zwölf Meilen an.
Irgendwann kommt eine Sozialarbeiterin langsam die Leiter hoch und versucht, einen herunterzuholen, indem sie versichert, dass man geliebt und gebraucht werde und kein Recht dazu habe, das eigene Leben wegzuwerfen.
Plan B ist etwas subtiler ... aber nicht sehr viel. Man sucht sich ein Fenster aus, das gerade so weit geöffnet ist, dass ein kleiner Lufthauch daraus entweichen kann, und versucht, das Fliegengewicht (Sie wissen: Es ist das einzige Kind der Familie, das in einen Einkaufswagen des Supermarkts passt) durchzuschieben und es, Kopf vornüber, ins Haus fallen zu lassen.
Das Risiko dabei ist, dass der Bengel, sobald er im Haus ist, in sein Zimmer läuft, um mit seinen Autos zu spielen. Die Schlüsselgeschichte vergisst er sofort, und der Rest der Familie steht sich vor der Haustür die Beine in den Bauch.
Plan C war immer unser Lieblingsplan. Um peinliche Fragen und albernes Gelächter zu vermeiden, gehen wir in die Garage, schließen die Tür und lesen laut vor, was auf den Düngerpackungen steht, bis Daddy irgendwann mit dem Schlüssel nach Hause kommt.
Plan D, der ein bisschen theatralisch ist, erwähne ich nur ungern. Wir gehen in der Regel um das Haus herum nach hinten und bilden eine menschliche Pyramide, sodass der Kleinste von uns durch einen Lüftungsschlitz kriechen kann. Mein Mann entdeckt jedoch später unweigerlich das Loch im Dach, wo der Fuß durchgestoßen ist, und dann müssen wir eine hieb- und stichfeste Erklärung liefern.
Einbrechen ist harte Arbeit. Deshalb gebe ich jedem, den es nach einer Schweizer Armbanduhr, einer Flasche Scotch und Keksen gelüstet, den einen guten Rat, nämlich dass es fast einfacher ist, den geraden Weg zu nehmen.
Rätselhafter Bleistiftschwund
Wir haben sechsundzwanzig elektrische Geräte, zwei Autos, ein paar Sparbücher, und außerdem bin ich Stammkundin bei meinem Friseur.
Aber wir besitzen keinen Bleistift.
Nach außen hin sind wir eine wohlsituierte Familie. Wenn Onassis an der Tür klingeln würde und unser Haus kaufen wollte, um hier eine Notrufsäule zu errichten, hätte ich den Vertrag mit a) einem Augenbrauenstift, b) gelber Wachskreide, c) einem in Schuhcreme getauchten Wattestäbchen, d) einer mit Lebensmittelfarbe gefüllten Pipette oder e) einem in mein eigenes Blut getauchten scharfen Fingernagel unterschreiben müssen.
Bleistifte sind seltsame kleine Teufel. Diese Entdeckung verdanke ich im Wesentlichen dem Zufall. Eines Tages nahm ich einen nagelneuen Bleistift zur Hand, spitzte ihn an und legte ihn neben das Telefon. Drei Tage später fand ich eben diesen Bleistift im Gemüsefach des Kühlschranks.
Ich legte ihn zurück neben das Telefon. Das nächste Mal sah ich ihn im Medizinschränkchen.
Ich befestigte ihn an einer Schnur und band ihn ans Telefon. Die Spitze brach ab. Ich spitzte ihn an. Dann riss die Schnur.
Es war eindeutig: Dieser lausige Bleistift war kein gewöhnliches, unbelebtes Objekt. Er besaß die menschlichen Eigenschaften des freien Willens und des Verstandes.
Während ich diese seltsame Kreatur eingehend studierte, wurden andere Dinge offenbar. Die Kreatur hatte keinerlei Sexualleben. Andere alltägliche Dinge im Haushalt, wie beispielsweise Kleiderbügel, Stecknadeln und Büroklammern, vermehrten sich wenigstens.
Nicht aber Bleistifte. Sie erzeugten nichts als Frust. Sie kamen einsam in diese Welt, fielen hinter den Herd und waren für immer verschwunden.
Außerdem hatten sie den Hang, nie dort zu sein, wo man sie brauchte.
Vor Kurzem musste ich eine Entschuldigung für meine Tochter schreiben. »Bring mir die Schachtel mit den Karten für alle Gelegenheiten«, rief ich. (Wir hatten schon seit sechs Jahren kein richtiges Briefpapier mehr.)
Sie reichte mir die Schachtel.
»Okay, was soll ich nehmen? ›Herzlichen Glückwunsch‹ zum Geburtstag für einen Neffen, der mir immer wie eine Mutter war, ›Gute Besserung‹ oder ›Herzliche Anteilnahme‹?«
»›Glückwunsch zum Geburtstag‹.«
»Okay, und jetzt bring mir einen Bleistift.«
»Woher?«
»Schau auf dem Schreibtisch nach, im Nähkorb, in der Herdschublade, auf Daddys Werkbank in der Garage oder in meiner schwarzen Handtasche.«
»Nichts zu finden.«
»Also gut. Dann such im Handschuhfach im Auto, im Wäschekorb, in der Spielzeugkiste, in der Tasche meines blauen Morgenmantels, in der Besteckschublade, im Briefkasten, im Gitarrenkoffer oder unter der großen Eiche.« (Mit hysterischer Stimme:) »Also gut, ihr kleinen Teufel! Kommt heraus, zeigt euch! Ihr habt euren Spaß gehabt. Ich werd’s euch zeigen. Ihr geht heute hungrig ins Bett.«
Und da gibt es Menschen, die sich Sorgen wegen der Russen machen.
Wenn mein Mann zur Heckenschere greift
Baumscheren haben etwas an sich, das einen sanften, nüchternen Ehemann in ein wildes Ungeheuer verwandelt. Wenn man genau hinschaut, kann man beobachten, wie sich seine Gesichtszüge verändern. Die Ohren werden spitz, die oberen Vorderzähne schieben sich über die Unterlippe, und sein ganzer Körper zittert aufgrund der Erregung, die das Stutzen von Bäumen und Sträuchern auf eine einheitliche Höhe hin verheißt.
Es geht das Gerücht um, dass sieben Bundesstaaten in Erwägung ziehen, Überbeschneidung als Scheidungsgrund zuzulassen, gleich nach Unverträglichkeit und Ehebruch. Ich hoffe, dass unser Staat dazugehört.
Kein Richter wird sich weigern, mir die Freiheit zurückzugeben, wenn er die Geschichte meiner Ligusterhecke gehört hat.
Im ersten Jahr machte mein Mann sie mit einem Guss aus dem Gartenschlauch nieder. Im zweiten Jahr fuhr er versehentlich mit dem Rasenmäher drüber. Als ihr im dritten Jahr gerade mal Blätter wuchsen, meinte er: »Die Hecke sieht etwas zerzaust aus. Vielleicht sollte ich sie schneiden.«
»Du wirst sie doch nicht so zurechtstutzen wie unseren Ahornbaum, oder?«
»Welchen Ahornbaum?«
»Genau das meine ich.«
»Frauen begreifen anscheinend einfach das Prinzip der Entwicklung nicht«, dozierte er. »Wenn die Hecke wirklich gut gedeihen soll, muss man sie ausputzen; dann wächst sie um so schöner nach.«
Schnapp!
»Mörder.«
»Also wirklich«, sagte er. »Habe ich nicht letztes Jahr deine Rosen geschnitten? Und? Sind sie dieses Jahr nicht viel schöner?«
»Schöner als was? Ich musste sie umtopfen und ihnen Penizillin geben.«
Schnapp!
»Jetzt hast du’s geschafft«, sagte ich. »Jetzt ist die Seite niedriger als die andere.«
»Und, wo ist das Problem? Ich krieg’ sie schon noch gleich.«
»Das Letzte, was du gleich gekriegt hast, waren die immergrünen Sträucher auf beiden Seiten der Garage.«
»Welche immergrünen Sträucher?«
Schnapp!
»Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass du boshaft bist? Es muss doch wirklich ein sadistischer Trieb in einem Mann stecken, der schöne Dinge zerstört.«
»Um Himmels willen, deswegen brauchst du doch kein solches Theater zu machen. Sie wachsen ja wieder nach.«
»So, so. Dann sieh dich doch mal um. Dieser Garten sieht aus wie ein Testfeld für Nuklearwaffen: ein paar zusammengehauene Zweige, ein paar verkrüppelte Wurzeln, ein Häufchen Erde hie und da.«
Schnapp, schnapp, schnapp!
Ich geb’s auf.
Ein Flohmarkt in der Garage
Was ist schneller als ein Geschoss aus einer Pistole? Stärker als eine Lokomotive? Und in der Lage, in einem Satz über ein hohes Gebäude zu springen?
Die Antwort lautet: Frauen auf dem Flohmarkt.
Ich musste es erst mit eigenen Augen sehen, um es wirklich zu glauben. Kurz vor unserem Umzug stellte ich fest, dass sich einiges an überflüssigem Plunder angesammelt hatte. (Ach, warum soll ich es beschönigen? Der Dachboden war voller Gerümpel, das keiner haben wollte.)
Meine Freundin Esther meinte: »Du bist genau der Typ für einen Flohmarkt.«
»Wie kommst du darauf?«
»Weil du geizig bist.«
Ich schnaubte. Sie werden das möglicherweise nicht verstehen, aber ich finde dieses öffentliche Ausbreiten persönlicher Gegenstände nicht nur geschmacklos, sondern geradezu schamlos.
»Ich habe an meinem Gerümpel ganze zweiunddreißig Dollar verdient«, erzählte sie.
»Warum hast du das nicht gleich gesagt?« rief ich aufgeregt. »Hol den Kartentisch, damit wir anfangen können.«
Der Flohmarkt in der Garage begann um neun Uhr morgens. Um halb acht waren bereits fünfzehn Autos in der Einfahrt geparkt, achtzehn auf dem Rasen, zwei in einem Graben, und ein VW-Käfer versuchte, sich in meinem Kaminzimmer zwischen zwei Feuerböcke zu quetschen.
Sie schnappten sich alles und kauften alles, was nicht niet- und nagelfest war oder beim Anfassen Funken sprühte.
Sie kauften Cocktailspießchen, die mit »wie neu« ausgezeichnet waren, Radios mit der Garantie, nie einen Ton von sich zu geben, Plastikblumen, die längst hinüber waren, zahnlose Rechen, Eimer mit Löchern, Bücher mit deutschen Militärbefehlen und eine Ukulele, auf der man nur ein Lied spielen konnte: »The World is Waiting for the Sunrise.«
Irgendwann versuchte ich, mir mit einer großen Tüte in der Hand einen Weg durch die Menge zu bahnen. Eine Frau entriss sie mir und rief: »Ich gebe Ihnen fünfunddreißig Cents dafür.«
»Nein, um Gottes willen«, stammelte ich, »die Tüte ist nicht zu ...«
»Vierzig Cents«, beharrte sie, die Hand fest um die Tüte gekrallt, »und das ist mein letztes Angebot. «
Es war das erste Mal, dass mir jemand vierzig Cents für meinen Abfall bezahlte.
Um sechzehn Uhr beobachtete ich erschöpft, wie eine Frau meinen Mann zu überreden suchte, mit ihr ins Auto zu steigen.
»Esther«, sagte ich, »das ist das Unglaublichste, was ich je gesehen habe.«
»Was ist in der Tüte unter deinem Arm?« fragte sie streng.
»Ach, gar nichts.« Ich zögerte.
»Das ist verschimmelte Kleidung!«, rief sie. »Wie viel hast du dafür bezahlt?«
»Fünfunddreißig Cents, aber einiges kann man noch tragen.«
Entspannung mit »Landhausmotiven«
Ich wünschte, Sie hätten mich gekannt, als ich noch als angespannt galt.
Das war die gute alte Zeit. Meine Wangen hatten Farbe, meine Hände waren ruhig, und manche behaupteten, mein Lachen sei wie der Klang von Tiffany-Glas, wenn man mit dem Fingernagel daran schlägt.
Aber das war, bevor ich anfing, Landhausmotive zu sticken.
Plötzlich hatten sie alle eine Stickarbeit, alle, die ich kannte, und eines Tages, als meine Freundin Terri einen Kalender in Petit-point-Stickerei zu erschaffen begann, fragte ich: »Woher nimmst du nur diese Geduld? «
»Geduld?« Sie lachte. »Das ist das Erholsamste am ganzen Tag. Du bist immer so angespannt. Du solltest dir auch etwas suchen, was dich entspannt.«
Daraufhin habe ich Landhausmotive gekauft. Das ist eine Packung, in der sich bedrucktes Leinen, achtundzwanzig verschiedenfarbige Garne sowie Anleitungen für achtzehn verschiedene Stiche befinden.
Seither haben mich Landhausmotive nicht mehr verlassen. Meine Sticknadel kommt mir vor wie die natürliche Verlängerung meiner Finger. Eines Morgens, als die Kinder aus dem Haus waren, fing ich an. Als sie um drei heimkamen, war ich noch immer zugange, ebenso am nächsten Morgen.
Die Entspannung nahm mich den ganzen Tag in Anspruch. Dabei nervten mich die Kinder ununterbrochen. Sie wollten etwas zu essen, Antworten auf ihre Fragen und Erste Hilfe, wenn sie bluteten. Als ich neulich morgens wieder emsig mit Sticken beschäftigt war, trat eines der Kinder neben mich und sagte: »Mama.« Ich fuhr einen halben Meter vom Stuhl hoch.
»Siehst du denn nicht, dass ich mich entspanne?«, schimpfte ich. »Du hast offenbar noch nichts von Terminvereinbarungen gehört. Wenn du willst, kann ich mir gerne Zeit für dich nehmen, aber platz bitte nicht einfach so herein. Und wieso bist du eigentlich nicht in der Schule?«
»Heute ist Samstag«, erwiderte mein Sohn schlicht.
Mein Mann behauptet, ich sei besessen. Vor Kurzem lehnte er sich um zwei Uhr morgens im Bett zu mir herüber, sagte: »Du bist entspannt genug«, und machte das Licht aus. Nicht einmal ein Tier würde einem mitten in einem Knötchenstich das Licht ausmachen. Ich weinte mich in den Schlaf.
Gestern schaute Terri vorbei (ohne vorher einen Termin zu vereinbaren) und fand, ich müsse noch mehr entspannen. »Du siehst blass aus, deine Augen sind vor Überanstrengung gerötet, und wenn ich ehrlich sein soll, macht es mir inzwischen mehr Spaß, die Luft aus meinen Tupperdosen rauszulassen, als mich mit dir zu unterhalten.«
Ich glaube, wenn ich ohne Unterbrechung durcharbeiten kann, sind die Landhausmotive bis Anfang November fertig und können gerahmt werden. Dann mache ich vielleicht ein paar Tage Pause und spanne mich an.
Schließlich ist nur Spaß und keine Arbeit auch nicht das Gelbe vom Ei.
Im Kommunikationszeitalter
Einige der besten Texte, die heutzutage geschrieben werden, kommen nie als Fortsetzungsromane in Zeitschriften oder auf die Bestsellerliste der »New York Times«.
Es handelt sich um den Nachrichtenaustausch zwischen der berufstätigen Ehefrau oder auch Junggesellin und der Frau, die das Haus oder die Wohnung saubermacht. Manchmal bekommen die beiden einander überhaupt nie zu Gesicht. Sie verständigen sich mithilfe von Zetteln, die sie an den Kühlschrank pinnen.
Nachfolgend gebe ich eine Anzahl schriftlicher Nachrichten wieder, die Wilma und ihre Arbeitgeberin Mrs. Rutledge sich über die Kühlschrank-Pinnwand zukommen ließen:
»Mrs. Rutledge, die Katze hat ein Häufchen neben das Sofa gemacht. Wilma.«
»Liebe Wilma, ich weiß. Mrs. Rutledge.«
»Mrs. Rutledge, was soll ich damit machen? Wilma.«
»Viele Möglichkeiten gibt es da nicht, liebe Wilma. Sie können Sand herum streuen und es als Wohnzimmerbiotop betrachten, oder Sie können es in Geschenkpapier einwickeln und Ihre Freunde damit überraschen – oder es beseitigen. Letzteres wäre mir das Liebste. Mrs. Rutledge.«
»Mrs. Rutledge, ich wollte das, Sie wissen schon was, beseitigen, aber der Staubsauger riecht so komisch und klingt auch seltsam und nimmt außerdem nichts auf. Können Sie ihn bitte reparieren lassen? Wilma.«
»Liebe Wilma. Die Katze ist verschwunden. Ich schlage vor, Sie sehen im Staubsaugerbeutel nach. Mrs. Rutledge.«
»Mrs. Rutledge. Die Katze ist nicht im Beutel. Vielleicht ist das Häufchen ja gar kein Häufchen. Es sieht aus wie das, was in der grünen Schüssel im Kühlschrank steht. Ist es das, was ich vermute? Wilma. «
»Liebe Wilma, was vermuten Sie denn, dass es ist? Mrs. Rutledge.«
»Mrs. Rutledge, ich erinnere mich jetzt nicht mehr daran, was ich dachte. Der Staubsauger funktioniert tadellos. Was haben Sie gemacht? Wilma.«
»Liebe Wilma, ich habe den Beutel gewechselt. Mrs. Rutledge.«
»Mrs. Rutledge, Sie wissen doch noch, das kleine Problem mit der Katze, von dem ich Ihnen vor circa zwei Wochen erzählt habe? Ich glaube, ich habe es gelöst. Ich hab’ das Sofa etwas verrückt, und jetzt ist das Häufchen kaum noch zu sehen. Wilma.«
»Liebe Wilma, Sie sind entlassen! Mrs. Rutledge.«
»Mrs. Rutledge, die Katze hat noch ein Häufchen gemacht, von dem ich Ihnen aber noch nichts erzählt habe. Es ist schwer zu finden. Ich bin die Einzige, die weiß, wo es ist. Auf Wiedersehen. Wilma.«
Die Gebrauchsanweisung zur Gebrauchsanweisung
Wochenlang sahen wir den Videorekorder in unserem Wohnzimmer nur von Weitem an.
Im Geiste hatte ich mir bereits mehrere Verwendungsmöglichkeiten dafür ausgemalt. Vielleicht konnten wir ihn mit Füßen versehen, um ihn als Couchtisch zu gebrauchen, oder das Kassettenfach als Blumenübertopf benutzen.
Von Zeit zu Zeit blätterte mein Mann die Bedienungsanleitung mit einer Aufmerksamkeit durch, die er sonst nur der Broschüre mit den Notfallmaßnahmen im Flugzeug widmet.