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Der 33jährige Neusingle Thomas ist beziehungsgeschädigt und zynisch. Perfekte Voraussetzung für eine große Flirtkarriere im Internet, wo kapitale Dachschäden als liebenswerte Ecken und Kanten verkauft werden. Zwei Jahre lang ist Thomas in diversen Online-Flirtportalen aktiv. Er trifft auf Plateausohlen, Perlhühner, intellektuelle Supermuttis, Schw...mädchen, die Ex-Schwiegertochter eines deutschen Fußballidols und jede Menge verstrahlte Uschis...
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Seitenzahl: 290
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Thomas Oberdobler
Ich und Schorsch
„Jeder Mann, der schon einmal überlegt hat, sich eine Frau aus dem Internet zu besorgen, sollte dieses Buch lesen. Also jeder.“
Leo Eulenfeld
„Bisher hatte ich eine schlechte Meinung von Singlebörsen. Jetzt habe ich eine schlechte Meinung von Männern. Vielen Dank auch …“
Elfriede Zanger
Impressum:
Cover: Karsten Sturm-Chichili Agency
Foto: fotolia.de
© 110th / Chichili Agency 2014
EPUB ISBN 978-3-95865-444-0
MOBI ISBN 978-3-95865-445-7
Urheberrechtshinweis:
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors oder der beteiligten Agentur „Chichili Agency“ reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Der 33jährige Neusingle Thomas ist beziehungsgeschädigt und zynisch. Perfekte Voraussetzung für eine große Flirtkarriere im Internet, wo kapitale Dachschäden als liebenswerte Ecken und Kanten verkauft werden. Zwei Jahre lang ist Thomas in diversen Online-Flirtportalen aktiv. Er trifft auf Plateausohlen, Perlhühner, intellektuelle Supermuttis, Schw…mädchen, die Ex-Schwiegertochter eines deutschen Fußballidols und jede Menge verstrahlte Uschis...
_Vorwort
_Brad und Schorsch
_Ein IQ namens Claudia
_Mona aus der Gruft
_Die Friendscout-Freakshow
_Steffi und Locke
_Hamsterbacke und Slang-Susi
_Führer-Verkehr
_Gastspiel in der Ukraine
_Schwäbische Buletten
_Salzburger Kipferl
_Schwanzmädchen
_Melanie und Victor
Etwa drei Millionen deutsche Männer suchen im Internet die Frau fürs Leben. Zur Not auch nur für eine Nacht. Einer dieser Männer war eine Zeit lang ich.
Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich nach mehr als 13 Jahren in einer festen Beziehung mit Mitte 30 so etwas wie meine zweite Pubertät erlebt habe. Und zwar so, wie man sich das als Teenager schon beim ersten Mal wünschen würde: ohne Stimmbruch, ohne Pickel, ohne Eltern. Dafür mit eigenem Geld, eigener Bude, eigener Karre und einem Internet voller paarungswilliger Frauen, die Dinge schreiben, sagen und tun, von denen ich bis dahin glaubte, so was gebe es nur in Büchern. In richtigen Büchern …
Es folgte das, was Pubertät ebenso ausmacht: amoklaufende Hormone, viele neue Entdeckungen oberhalb und unterhalb der Gürtellinie, dazu reichlich Gefühlschaos und irgendwann die Einsicht, dass man bedauerlicherweise dann doch kein Teenager mehr ist.
Zwei Jahre lang war ich in diversen Internet-Flirtportalen aktiv und habe mich dabei quer durch Süddeutschland, Österreich und die Schweiz gedatet. In diesem Buch habe ich meine schrägsten (Sex-)Erlebnisse aus all dem Online-Dating-Wahnsinn aufgeschrieben. Die Namen der Personen sind selbstverständlich alle geändert, auch mein Name ist ein Pseudonym.
An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei den Damen bedanken, die in diesem Buch vorkommen: Mädels, ihr habt mir zwei großartige Jahre bereitet! Es tut mir leid, wenn ich manchmal etwas arschig war. Aber es war nun mal eine schräge Zeit.
Lieber Leser, ich hoffe, Sie haben bei der Lektüre genauso viel Spaß, wie ich ihn bei meinen Erlebnissen hatte.
Herzlichst
Thomas alias Schorsch Kluhni
Strapse. Noch nie stand ich drauf und dennoch finde ich sie in diesem Moment irgendwie geil. Was auch daran liegen könnte, dass ich die Strapsträgerin erst seit zwei Stunden kenne und sie mir jetzt schon die Zunge aus dem Hals saugt. Heftig. Schmerzhaft.
Sie schmeckt nach Apfelschorle, Lippenstift, Make-up und Spucke. Wir sitzen in meinem Auto. Fahrersitz. Sie auf mir. Meine Hände sind unter ihrer Bluse. Ich schiebe ihren schwarzen Spitzen-BH nach oben und knete ihre kleinen festen Titten. Sie wirft den Kopf nach hinten und keucht. Ihr Minirock ist hochgeschoben, sie reibt sich heftig an meinem schmerzhaften Ständer. Ich schiebe meine Hand nach unten und versuche, sie zu fingern. Sie ist warm und feucht, windet sich, fängt an zu stöhnen. Als ich ihr meinen Mittelfinger reinschiebe, zuckt sie nach hinten und knallt gegen die Hupe. Wir lachen und sie sagt:
„Ich wohne nicht weit von hier. Fahr mir einfach nach.“ Sie zieht ihre Bluse nach unten, steigt aus und geht zu ihrem Auto.
Ich liebe Internet-Dates! Keine nächtelangen Streifzüge durch Bars und Clubs. Keine peinlichen Abfuhren, keine teuren Einladungen. Einfach anklicken, anschauen, anschreiben, ausführen, flachlegen. Unverbindlich, gefahrlos und so gut wie kostenlos. Genial!
„Neutrale“ Plattformen wie nachtagenten.de, lokalisten.de, werkenntwen.de oder clubstars.net sind für diesen Zweck perfekt: Die riechen nicht so verzweifelt nach Beziehung, Hochzeit und Familie wie die einschlägigen Singlebörsen. Denn während Frauen auf Singlebörsen ihre künftigen Exmänner nach knallharten Checklisten in Sachen Alter, Größe und Beruf selektieren, sind die Mädels auf den Freizeitseiten deutlich entspannter. Frei nach dem Motto: Solange ich den Richtigen nicht gefunden habe, kann ich ja noch ein wenig mit den Falschen rummachen.
Ich bin einer von den Falschen: mit Mitte 30 eigentlich zu alt für Münchens kinderlose, ungeschiedene Single-Szene bis Ende 20. Mit 1,76 Metern zudem deutlich zu klein. Alleine schon die Größe sorgt dafür, dass ich bei den meisten Singlebörsen durchs Raster falle: Alle Männer unter 1,80 Metern und unter 70 Kilo können sich die Monatsgebühren bei Friendsscout und Co. getrost sparen. Sie sind dort mangels Größe und Masse nur schwer vermittelbar.
Dass diese Messlatte auch für Til Schweiger, George Clooney oder Brad Pitt zu hoch angesetzt wäre, ist der versammelten Damenwelt vermutlich nicht bewusst.
Dieser Vergleich hinkt in meinem Fall zugegebenermaßen ein wenig, denn auch sonst bin ich nicht gerade ein Traummann: Neben den oben genannten Hindernissen habe ich Geheimratsecken und Brille. Mein Job bei einer großen deutschen Versicherung ist gerade so gut bezahlt, dass das Konto am Monatsende eine schwarze Null anzeigt. Eine einigermaßen sportliche Figur und ein treffsicherer Geschmack in Sachen Mode machen zwar einiges wieder wett, ein athletisch gebauter Hüne oder ein sonnengebräunter Sugardaddy im Porsche werde ich dadurch allerdings trotzdem nicht.
Beides gibt es in München in Hülle und Fülle, so dass für den halbwegs gutaussehenden, durchschnittlich verdienenden Durchschnittsmann wie mich eben auch nur die halbwegs gut aussehende, durchschnittlich begabte Durchschnittsfrau übrig bleibt. Was an sich ja durchaus in Ordnung geht, wenn man auf Durchschnitt steht.
Dummerweise bin ich eines dieser oberflächlichen männlichen Auslaufmodelle, die sich bei der Auswahl potenzieller Partnerinnen primär an primären Geschlechtsmerkmalen orientieren. Erst wenn diese meinen nicht geringen Ansprüchen genügen, mache ich mir die Mühe, so schnell wie möglich zu den inneren Werten vorzudringen. Horizontal versteht sich.
Wenn zur umwerfenden Hülle dann noch eine gute Portion Sympathie gepaart mit einem Schuss Humor kommt, ist es im Handumdrehen um mich geschehen. Leider nur dann. Wenn schon die Verpackung keine Lust auf mehr macht, interessieren mich innere Werte nicht die Bohne.
Diese Einstellung wäre an sich überhaupt kein Problem. Wenn ich Fußball-, Tennis- oder Golfprofi wäre. Bin ich aber nicht. Leider. Und so gab es bis zur Erfindung des Internet für Männer wie mich in München nur ein einziges Mal im Jahr eine Veranstaltung, in der man ohne jegliche sportliche oder finanzielle Begabung erfolgreich in der optischen Liga eines FC-Bayern-Profis wildern konnte: das Oktoberfest!
Ein völlig unscheinbarer Kollege mit einer nicht zu übersehenden Ähnlichkeit mit Harry Potter erzählte mir nach durchzechter Wiesn-Nacht einmal mit geilem Funkeln im Blick:
„Da kriegst du Frauen, an die kommst du sonst nie ran!“
Warum Harry Potter mich offenbar optisch in seiner Liga sieht, sei an dieser Stelle dahingestellt. Ich ging nicht weiter auf seine Aussage ein, da mir diese Erfahrung ohnehin verwehrt bleiben wird: Ich hasse Bier, ich hasse Schlager, ich hasse Preußen in Lederhosen und mache allein schon aus dem Grund jedes Jahr einen großen Bogen um das Oktoberfest. Dass ich mit dieser Einstellung Münchens einziger Mann im zeugungsfähigen Alter bin, der zur Wiesn ungevögelt bleibt, wurmt mich allerdings schon ein wenig.
Bei all den Oktoberfestgeschichten war ich aber ohnehin nur Zaungast, denn ich lebte zu der Zeit in einer festen Beziehung und war so treu wie ein Deutscher Schäferhund. Ich führte ein unglaublich spießiges Leben. Pärchenabende in gediegenen Restaurants waren der regelmäßige Höhepunkt meiner Wochenenden. Die wilden Nächte auf dem Oktoberfest kannte ich nur vom Hörensagen. Die Münchner Clubszene nur von einem kurzen Blick auf die Warteschlangen vor den Clubs, wenn ich mit meiner Freundin auf dem Heimweg von einem Innenstadtrestaurant war.
Sehnsüchtig blickte ich dann auf die Hotpants der Szenegängerinnen, die vor dem 8 Seasons, dem Crown´s Club oder dem Pascha Schlange standen. Ich stellte mir vor, wie sich die Bunnys in den Clubs zu rhythmischen Beats an der Stange räkeln, mir mit lasziven Bewegungen vielsagende Blicke zuwerfen, bevor sie zu mir an die Bar kommen, sich an mich schmiegen, von mir einladen, begrapschen und flachlegen lassen. Wie einfach, wie schön, wie aufregend das Leben doch sein könnte, wenn man nicht liiert wäre.
Stattdessen ging´s ab nach Hause ins traute Heim. Die samstagnachmittägliche Routinenummer längst hinter mir, Frühstück, Abwasch, Sonntagsausflug vor mir. Alles aber auch irgendwie schön. Nur halt genau dann nicht, wenn man an der Frischfleischtheke vorm Pascha vorbeifährt und sich untenrum die sexuelle Unterversorgung schmerzhaft bemerkbar macht.
Wenn dein Schwanz anfängt zu denken, dann ist das Hauptproblem nicht etwa, dass dein Schwanz gar nicht denken kann. Genau genommen ist das sogar völlig egal. Das Hauptproblem ist vielmehr, dass Dein Schwanz sehr genau weiß, was er will und dies viel klarer, einfacher und eindrucksvoller kommunizieren kann als das Hirn: Wenn er andere Uschis ficken will, schickt er einfach Tittenbilder an die Augen. Und zwar so lange, bis dein Hirn kapituliert und dein Schwanz erfolgreich einen einfachen Wunsch da oben platziert hat: `Wär ich doch nur Single, dann würden mir all diese blutjungen willigen Sexsklavinnen jederzeit nach Belieben und bis zur totalen Erschöpfung zur Verfügung stehen …´
Das dumme an Wünschen ist: Manchmal gehen sie in Erfüllung. In meinem Fall keine vier Wochen später. Durch einen blöden Zufall in Kombination mit einem blöden Versprecher und einem noch blöderen Geständnis erfährt meine Freundin, dass ich im Jahr zuvor auf eine andere ziemlich scharf war. Genauer gesagt hätte ich mich praktisch jederzeit und zu jeder sich bietenden Gelegenheit von eben dieser anderen flachlegen lassen. Wie gesagt – „hätte“.
Die andere fand mich nur leider nicht halb so geil wie ich sie. Ich habe also wirklich und wahrhaftig keinen Millimeter fremde Haut berührt und dennoch kippt in diesem Moment meine Beziehung komplett hinten runter.
Es folgt der übliche Scheiß: Tränen, Vorwürfe, stundenlange Diskussionen, Nächte auf der Couch und schließlich die Sinnfrage, die zumindest meinerseits mit der Aussicht auf ausschweifende Sexgelage im Münchner Nachtleben mit „Nein“ beantwortet wird.
Nach mehr als 13 Jahren in einer festen Beziehung bin ich wieder Single. Und so stopfe ich 14 Plastiktüten und 17 Kleiderbügel in mein Auto und ziehe aus der 100 Quadratmeter Dachwohnung im Münchner Norden in ein 30 Quadratmeter großes Kellerappartement am Tegernsee: Eine ehemalige Vermieterin von mir hatte dort gerade ein Ferienappartement frei. Ich staune nicht schlecht, als ich die Bude zum ersten Mal betrete: dunkel, feucht, winziges Bad, aber eine waschechte Hollywoodschaukel mitten im Zimmer.
Ich bin 33 und in Sachen Frauen völlig unerfahren: Als ich das letzte Mal auf dem Markt war, da lebte ich in Niederbayern, trug lange Locken und Indianerarmband. Handys hatten nur Börsenmakler und Internet war nur was für mozzarellafarbene Stubenhocker.
Dreizehn Jahre später trage ich Anzüge und Maßhemden, dazu Designerbrille und Geheimratsecken. Und im Internet bekommt man jetzt Frauen.
Leider hat meine neue Wohnung kein Internet.
Das führt dazu, dass ich meine privaten Surf-Sessions im Büro von den bislang üblichen drei bis vier Stunden pro Tag auf fünf bis sechs Stunden erweitern muss. Was nicht weiter tragisch ist, da ich in meinem Job ohnehin hauptsächlich damit beschäftigt bin so zu tun, als ob ich beschäftigt wäre.
Nun habe ich wenigstens etwas Sinnvolles zu tun: Zum Beispiel rausfinden, wie man so schnell wie möglich an die geilen Uschis aus dem Münchner Nachtleben kommt. Und zwar nicht erst tief in der Nacht an den folgenden Wochenenden, sondern am besten direkt hier und jetzt – per Download im Büro.
Also tippe ich auf blöd einfach mal die drei erstbesten Clubs in google ein, die mir zu München einfallen: P1, Pascha, 8 Seasons. In den Suchergebnissen ganz weit oben erscheint nachtagenten.de.
Das Ding erweist sich als Volltreffer: eine Event- und Partyplattform mit Registrierungen für Gästelisten und Ticketverkauf, auf der außerdem geflirtet wird wie verrückt. Dazu jede Menge wirklich heiße Partyfotos zum Münchner Nachtleben und eine Datenbank voller feierwütiger Partypeople, die die Bilder durchstöbern, kommentieren und sich auf das kommende Wochenende einstimmen.
Den vollen Blick auf wilde Partys und heiße Bunnys gibt´s freilich nur mit eigenem Profil. Ich überlege nicht lange und klicke auf „anmelden“.
„Herr Meier“ ist mein erster Profilname bei nachtagenten.de. Mein Foto ein wenig unscharf, die hohe Stirn angeschnitten, die Falten durch das Dämmerlicht des Urlaubsschnappschusses schmeichelnd abgesoftet. Zu erkennen bin ich praktisch nicht, was mir nur recht ist, da mir das Ganze ja schon irgendwie ein wenig peinlich ist.
Dann trage ich noch zwei oder drei Belanglosigkeiten bei meinen Hobbys ein und schalte meinen Beziehungsstatus auf „Single“. Für Mädels genügt das völlig, um bei den nachtagenten.de sehr schnell sehr viel Post zu bekommen.
Bei mir sieht die Sache leider völlig anders aus: Zwar sorgt mein Amok-Geklicke durch die anwesende Damenwelt für einige süffisant-amüsierte „Hallo Herr Meier, wie geht es Ihnen …?“ Als potenzieller Samenspender komme ich bei der Anfang bis Mitte 20-jährigen Zielgruppe auf nachtagenten.de aber offensichtlich nicht in Frage, da der „Herr“ im Namen dann doch etwas zu sehr nach „Papi“ klingt. Und so werden meine debil-albern-notgeil-verzweifelten Antworten auf die wenigen `Hallos…´ ausnahmslos ignoriert.
Ein Blick auf die Konkurrenz hilft leider auch nicht wirklich weiter: Namen wie „Kuschelbär_77“, „Einsamer_3“, „Ironman_1982“ oder auch „Porsche-911-Fahrer“ mögen zwar einen Funken Wahrheit oder zumindest eine gute Portion Wunschdenken ausdrücken. Dass sie den Flachlegfaktor des Namensträgers bei der versammelten Damenwelt jedoch auch nur marginal zu erhöhen in der Lage sind, bezweifle ich ernsthaft.
Die Lösung erscheint noch am selben Abend im Fernsehen: Sie stapft Seite an Seite mit dem guten alten Brad Pitt über irgendeinen roten Teppich, grinst von einem Ohr zum anderen und winkt fröhlich in die Menge. Ein wenig kleiner, ein wenig runder, ein wenig eleganter, ein wenig grauer, ein wenig schlauer als Pitt: George Clooney! Cooler Typ, 1,78 groß, Anzug, offenes Hemd, höchst erfolgreich bei Models.
Wie ich halt. Nur ohne Models und aus Bayern. „SchorschKluhni“ finde ich als Profilnamen zunächst zwar etwas anmaßend, mit einem Schuss Größenwahn und einem Spritzer Selbstironie dann aber doch auch wieder irgendwie vertretbar. Sag ich jetzt mal so.
Nun musste nur noch ein gutes Foto her. Nachdem ich in der Zwischenzeit einige junge Kolleginnen auf diversen Profilen und Partybildern erkannt hatte, wurde mir ein echtes Bild zu heiß. Außerdem hatte mir mein `Herr Meier´ eindrucksvoll bewiesen, dass man mit Stirnglatze und Falten bei den nachtagenten gar nichts flachlegen wird. Und vermutlich auch sonst nirgends.
Ein Fake-Foto ist immer eine Gratwanderung: Ist das Foto zu offensichtlich zu gut, ist man auf den ersten Blick als Fälscher zu erkennen. Wer nicht schon vor dem Start disqualifiziert werden will, braucht etwas Unverdächtiges. So etwas wie einen vermeintlichen Schnappschuss, der mehr oder minder zufällig entstanden zu sein scheint. Der Lust auf mehr macht, ohne zu viel zu verraten. Aber vor allem: einen Kerl, der optisch in einer Liga spielt wie man selbst. Der zur Not und im Dämmerlicht gerade noch so durchgehen könnte, wenngleich die Dame immer wieder mit etwas verwirrtem Blick versuchen wird, Erinnerung und Realität in Einklang zu bringen.
Nach zwei Stunden Bildrecherche auf google finde ich einen Typ, der nur im Profil zu sehen ist. Zwar gutaussehend, aber relativ Normalo. Dunkle Haare, schlank. Vorsichtshalber schicke ich das Bild noch meiner guten Freundin Isabel zur Freigabe. Sie meint nur:
„Ja, kommt ungefähr hin …“
Damit erteilt sie mir den virtuellen Jagdschein, denn von nun an kann ich anonym und ohne Rücksicht auf Verluste drauflos flirten.
Das Beste an meinem virtuellen Alter Ego: Der Kerl steht mit Pfanne in der Hand in einer Küche. Was eigentlich echt frech ist, denn kochen kann ich null. Als Gesprächsaufhänger sollte sich das Motiv aber als unbezahlbar erweisen: Praktisch jede zweite Auftaktmail dreht sich mehr oder minder um die Frage, was ich denn da Leckeres koche.
Ich schenke den Mädels immer sofort reinen Wein ein, fixe sie zugleich aber auch ein wenig mehr an:
„Ehrlich gesagt – ich kann gar nicht kochen! Auf dem Foto habe ich nur Lichtmodel gespielt, bevor die wirklich schönen Menschen randurften: Ich arbeite als Marketingberater und bei dem Shooting hab ich dem Fotograf geholfen, die richtige Einstellung zu finden.“
Eine Lüge gebeichtet, zwei Schlüsselreize gesetzt: Die Kombination aus „Marketing“ und „Berater“ zieht fast immer. Zumindest aber ist sie ein guter Aufhänger für die weitere Mailerei in Richtung innerer Werte. Dazu kommt, dass ich zwar bei einem stinklangweiligen Versicherungskonzern arbeite, dem Klischee des Werbers nach außen aber dennoch ganz gut entspreche: teure Klamotten, dicke Uhr, Designerbrille, Sportwagen, schicke Wohnung. Selbst mein Kontostand passt zur Branche: stabil unter null.
Die folgenden Wochen sind die spannendste Zeit, die ich im Büro je hatte: vier bis sechs Stunden täglich online. Hunderte hübscher Frauen, die nur darauf warten, von mir erobert zu werden. Ich, der Hecht im Nachtagententeich. Der Kluhni aus Bayern! Gentleman und Modeljäger. Wer kann dazu schon nein sagen?
Viele können. Erschreckend viele. Ich bin aber auch aus der Übung, Herrgott nochmal…
Nach einer Woche fange ich an mich zu fragen, auf welches Niveau mein Marktwert in den letzten 13 Jahren wohl gesunken ist? Etwa auf die Dicke mit der Brille? Oder auf die gepiercte Alte mit den auftoupierten Haaren, die faltig von ihrem Profilbild grinst? Vermutlich alles nur noch eine Frage der Zeit. Ein Zitat von meinem Bio-Lehrer fällt mir ein: „Je länger das Manöver, desto schöner die Putzfrau…“ Mit 16 fand ich das irre komisch.
Jetzt nicht mehr.
Die Erlösung kommt nach knapp zwei Wochen und heißt Claudia.
„Was kochst du denn Gutes?“
Ist Claudias erste Nachricht an mich.
Ich fühle mich heftig geschmeichelt, denn dass ich aktiv angesprochen werde, passiert mir im realen Leben echt selten. Erst recht nicht von Frauen, die ich auch nur im entferntesten als Sexualpartner in Betracht ziehen würden. Geschweige denn für alle anderen Aktivitäten, die einen Funken Tageslicht erfordern. Dass die Nachricht durch ein falsches Bild von mir ausgelöst wurde, ist mir in dem Moment völlig egal. Ich finde Claudia toll.
Claudia ist eigentlich überhaupt nicht mein Typ: rotblonde Haare, grüne Augen, bleiche Haut, herbes Gesicht, Sommersprossen, kreativer Klamottenstil.
Fairerweise muss ich dazu sagen, dass ich eigentlich auch so gar nicht in das Beuteschema von Claudia passe: Sie steht auf „Männer“. Groß, muskulös, erfolgreich. Mein Vorgänger bei ihr war Basketballprofi. Gebürtiger Kenianer und einen gefühlten halben Meter größer als ich. Angeblich ein echter Psycho: Eifersüchtig wie verrückt, noch dazu jähzornig.
Nun also Claudia. Nicht gerade ein Topmodel, aber mit Rahmendaten ausgestattet, die Potenzial erkennen lassen: 26 Jahre alt, 1,75 groß, 57 Kilo, schwarz-weiß Foto einer herben nordischen Schönheit.
Dass „Rahmendaten“ auf Flirtportalen in etwa so vertrauenswürdig sind wie der griechische Staatshaushalt, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Und so fange ich an, mir Claudia schönzuschreiben. Das geht im Prinzip wie schön saufen. Dauert nur länger: Jede Zeile, die Du als Kerl investierst, ist hart erarbeitet. Was will die Kleine hören? Womit kannst Du am besten punkten? Wie kannst Du sie heftig beeindrucken, ohne zu sehr auf den Putz zu hauen?
Je mehr Du grübelst, tippst, formulierst, liest, löschst, neu schreibst, Dich ins Zeug legst – desto schöner wird die Alte. Rote Haare? Mochtest Du bisher nicht. Man hört aber, dass die brutal abgehen, wenn´s drauf ankommt… Fast so groß wie Du selbst? Hatte ich noch nie. Möchte ich auch eigentlich nicht. Aber – hey: stehen nicht alle Kerle auf lange Beine? Warum also nicht auch Du?
Und so wird im Laufe von unzähligen E-Mails aus der herben nordischen Uschi, die Du am Anfang noch etwas skeptisch betrachtet hast, ein höchst attraktives Wesen, das Du gern bei nächster Gelegenheit flachlegen würdest.
Das klappt im Übrigen nicht nur bei Frauen, sondern im Prinzip bei allen Dingen im Leben. Ich meine – wie sonst sollte zum Beispiel irgendwer einen VW Passat toll finden? „Der hat Platz ohne Ende, ist total praktisch und irgendwie ja schon auch ganz schick…“ Man muss nur lang genug hinschauen und sich das oft genug vorsagen, dann wird der Passat im Laufe der Zeit fast so toll wie früher als kleiner Junge ein Porsche. Und das Geile ist: Der Passat ist in Reichweite!
Wenn Du Dich dann erst mal für den Passat entschieden hast, dann siehst Du fast nur noch Passats. Jeder hat plötzlich einen. Die finden den sicher auch alle geil – können ja schließlich nicht alle blind oder blöd sein. Also fühlst Du Dich irgendwie bestätigt. Porsche? Ist doch nur was für Angeber mit kurzem Schwanz. Wer dicke Eier hat, braucht keinen Porsche. Echte Kerle fahren Passat. Basta.
Das Dumme ist nur: Der Porsche bleibt im Kopf. Er hat sich nur versteckt. So sehr Du Dir den Passat in den kommenden Monaten auch schön redest, schreibst, wünschst – ein Porsche bleibt einfach tausendmal geiler. Und sobald Du 100.000 Euro übrig hast, bretterst Du mit 290 über die Autobahn und scheißt auf den Passat!
Claudia ist mein Passat. Sportline. Gut motorisiert, gut ausgestattet. Ganz nett anzusehen, zuverlässig, praktisch, in Reichweite und für mich damit von Tag zu Tag geiler!
In den kommenden drei Wochen wird Claudia für mich zum Fulltime-Job. Etwa zehn Nachrichten pro Tag, denn Claudia ist nicht nur sehr aufgeweckt, sondern auch sehr intelligent: Den entsprechenden Quotienten erfahre ich an Tag drei. Sie beziffert ihn auf „157“. Ich kann mit der Information wenig anfangen, weil ich die Skala nicht genau kenne.
Schäferhund oder Einstein? Egal. Hauptsache willig.
In den folgenden Tagen erfahre ich buchstäblich alles von ihr: Zerrüttete Familie, reiches Elternhaus, diverse tränenreiche Trennungen von fürchterlich erfolgreichen Exfreunden, allesamt hyperintelligente Modellathleten mit musischen Begabungen und dicken Kontoständen. Unglaublich, wie viel langweiligen Unsinn man als verwirrter Neusingle auf sexuellem Entzug mit einer verständnisvollen E-Mail beantwortet.
Am fünften Tag mache ich einen entscheidenden Fehler: Ich lasse meine Signatur in der Mail stehen und schicke sie ab. Keine fünf Minuten später klingelt das Telefon. Claudia!
Sie hat die Telefonnummer als Aufforderung verstanden, mich anzurufen. Ich hasse telefonieren. Das holt einen so brutal auf den Boden der Tatsachen zurück. Gerade eben war Claudia in meiner Vorstellung noch ein elfengleiches Wesen mit Engelsstimme und androgynem Körper. Eine Sekunde später habe ich einen verlegen stammelnden 157er Intelligenzquotienten am Apparat, der genau so klingt, wie er auf den Bildern aussieht: herb und spröde. Scheiße!
„Ja… Ähm. Hi! Also … Du weißt sicher, wer dran ist, oder? Ich… ähm. Ja also… Ich bin´s. Die Claudia. Von den nachtagenten“, stammelt sie.
Was tun? Die Bemühungen der vergangenen fünf Tage abschreiben? 30 Stunden Aufwand in den Wind schießen? Einfach auflegen, ihre Mail-Adresse in den Spam-Ordner schieben, Konto bei den nachtagenten löschen? Wieder auf die Suche gehen? Wieder einen neuen Kontakt anleiern? Wieder 200 E-Mails schreiben, rantasten, Interesse und Verständnis heucheln? Auf unbestimmte Zeit ungevögelt bleiben?
Ich verhalte mich wie ein echter Kerl. Einer, der schon lange keinen Sex mehr hatte. Sehr lange:
„Hey, das find ich ja super, dass Du mich anrufst. Wahnsinn. Damit hätte ich ja überhaupt nicht gerechnet“, lüge ich und zwinge mich zu einem Lächeln, weil man `lächeln hören kann´, wie ich bei einem Besuch im Konzern-Callcenter gelernt habe. Dann verdrehe ich die Augen, setze mich hin und schalte auf Durchzug.
Es ist Freitag, früher Abend. Eigentlich wollte ich eine Runde laufen. Eigentlich habe ich überhaupt keinen Nerv auf dieses Gesäusel. Erst recht nicht, wenn es sich noch nicht ´mal anhört wie Gesäusel. Sondern so, wie sich die typische, von sich selbst ein wenig zu sehr überzeugte Akademikerin mit Mitte 20 anhört, wenn sie unfreiwillig solo ist: eine Spur zu forsch, ein wenig zu cool, eine Prise zu engagiert.
Claudia erinnert mich an Hilde, die Frau aus meinem Navigationssystem. Hilde spricht auch sehr bestimmt und völlig frei von Betonungen. Ich bin etwas verwundert, als sie fragt:
„… und Du? Wie empfindest Du unsere E-Mails?“
Hilde fragt normalerweise nie etwas.
„Sehr sehr ungewöhnlich“, antworte ich ehrlich überrascht.
Claudia erzählt etwas von Vibrations und Bildschirm. Das kommt mir nun wieder bekannt vor. Es klingt wie Hildes „bitte beachten Sie die Hinweise auf dem Bildschirm!“
Was sie meint, ist mir schleierhaft. Ich frage vorsichtshalber nicht nach, um das Telefonat nicht unnötig in die Länge zu ziehen.
Es hilft leider nicht: Monologartig kaut Claudia unseren Mailverkehr nochmal durch, analysiert Abschnitte, rezitiert und interpretiert Dinge, die ich geschrieben habe. Ich bekomme Kopfweh und nehme mir vor, künftig immer – immer! – darauf zu achten, ob die Mailsignatur dranhängt, bevor ich eine Mail abschicke.
„Ja, hat mich auch gefreut – es war voll schön, jetzt endlich auch ´mal Deine Stimme zu hören …“, säusele ich zum Abschied ins Telefon.
Ich lege auf und bin verwirrt. Will ich mir das echt antun? Kann sich mein Schwanz echt vorstellen, mit so einer verkopften Akademikerin Spaß zu haben?
Er kann.
Zu seiner Verteidigung muss ich sagen, dass er in diesen Dingen ein wenig blind agiert und reichlich egoistisch sein kann. Was dazu führt, dass sein Einfluss mit steigender Sexabstinenz signifikant zunimmt und er in der Folge putschartig eine ganze Reihe von Körperfunktionen ausschaltet. Erst das Hirn, dann die Ohren und schließlich die Augen. Exakt in dieser Reihenfolge. Sechs Monate kein Sex und mein Schwanz überzeugt mich, dass Cindy aus Marzahn aussieht wie Sara Nuru.
Gott sei Dank ist es noch nicht so weit und im Fall von Claudia genügt es im Moment völlig, Hirn und Ohren lahmzulegen.
Mein Schwanz zwingt mich sozusagen zurück an die Tastatur und meine Fingerchen gehorchen wie ferngesteuert: Ich schreibe Claudia, dass ich ihren Anruf voll mutig und super fand.
„Einfach toll, dass und wie Du den ersten Schritt getan hast!“
Tja. Wer ficken will, muss freundlich sein …
Die Woche später passiert etwas, was ich so nicht erwartet hätte: Die Schreiberei mit Claudia macht mir zunehmend Spaß. Um mich besser kennen zu lernen, schickt sie mir einen Fragebogen zu mit Fragen wie `Was macht Deinen Traumpartner aus?´; `Worüber kannst Du lachen?´; `Wovor hast Du Angst?´. So typisches Psychozeugs eben. Ich bin ehrlich gerührt von so viel Interesse und gebe mir unheimlich Mühe, den ganzen Quatsch ausführlich zu beantworten. Erst Monate später werde ich merken, dass Claudia einfach den Standardfragebogen von Friendscout kopiert und mir zugeschickt hat. Ich fange an mich zu fragen, welchen IQ ich wohl habe …
Immerhin wird meine Mühe belohnt: Claudia findet die Antworten umwerfend. Das heißt – nein, sie findet nicht die Antworten umwerfend, sondern die Tatsache, dass ich mir offensichtlich mehrere Stunden Zeit genommen habe, sie zu beantworten. Ich vermute, dass sie den Fragebogen parallel noch an diverse andere Kandidaten geschickt hatte.
Diese Runde geht eindeutig an mich: Claudias E-Mails werden deutlich intimer. Ich erfahre unter anderem, dass sie sich beim Sex gern anspritzen lässt:
„Ich finde es unheimlich antörnend, tagsüber immer wieder an geilen Sex erinnert zu werden, wenn ich spüre, wie getrocknetes Sperma von meiner Haut abplatzt“, schreibt sie.
Ich bekomme einen Ständer.
In der folgenden Nacht haben wir zum ersten Mal Sex. Am Telefon. Claudia hat ihren Tonfall von Navigationssystem auf Sport1-Mitternachtsprogramm gewechselt. Wir sprechen über ihre Vorlieben und werden dabei beide irgendwie geil. Claudia erzählt mir, dass sie im Slip auf der Couch sitzt und an sich rumspielt. Ich muss grinsen. Sie stöhnt herzerweichend, als ich ihr befehle, sich einen Finger in die Muschi zu stecken und sich vorzustellen, wie ich sie ficke.
„Und jetzt zieh ich ihn raus, drehe Dich um und stecke ihn Dir von hinten rein …!“
Angeblich kommt sie. Ich nicht, aber mit der Aktion hält sie mich buchstäblich bei der Stange. Ich fühle mich heißem Sex so nahe wie seit Monaten nicht mehr.
Eine Anwandlung von Ehrlichkeit bringt einen heftigen Rückschlag: Die Aktion mit dem Fake-Foto fliegt auf! Wir hatten in der Zwischenzeit mehrere Fotos getauscht und Claudia erzählt mir, dass sie meine Fotos einfach nicht zusammenbekommt.
„Weißt Du,“ sagt sie und macht eine bedeutungsvolle Pause, „irgendwie siehst Du auf jedem Foto anders aus.“
Ich muss lachen und sage:
„Das finde ich jetzt echt lustig, weil nur das erste Foto nicht von mir ist. Alle anderen sind echt!“
Am anderen Ende der Leitung ist schlagartig Funkstille.
„Oh wow. Dann hast Du mich also wochenlang belogen. Schade…“, sagt Claudia enttäuscht und legt auf.
Mist, Mist, Mist!
Panik steigt in mir auf: Eben noch die Aussicht auf den Fick des Jahrhunderts, eine Sekunde später Jahrhunderte davon entfernt. Ich schreibe eine lange E-Mail, entschuldige mich, schicke mehr Fotos von mir.
Sie antwortet. Gott sei Dank!
Die ersten Zeilen sind kühl, die zarte Vertrautheit verflogen. Aber ihre Neugierde gewinnt: Sie will mich sehen! Wir vereinbaren unser erstes Date. Freitagabend, in einem angesagten südamerikanischen Restaurant in München-Neuhausen: 20 Uhr.
Sie reserviert einen Tisch und gibt klare Anweisungen: Begrüßung per Handschlag. Keine Umarmung, kein Kuss. Sie kommt extra für mich aus Zürich und hat Sachen für ein ganzes Wochenende dabei. Wenn ich ihr gefalle, kommt sie mit zu mir. Wenn nicht, übernachtet sie bei Mutti in München. Die Chancen stehen 50:50. Maximal. Ich muss mich ins Zeug legen, wenn ich nicht weitere unerträgliche Wochen lang ungevögelt bleiben will.
Pünktlich um acht betrete ich den Laden in meinem besten Anzug: Hugo, schwarz. Das Zweiknopfsakko lässig geöffnet. Darunter ein hellblaues T-Shirt. V-Ausschnitt. Figurbetont. Schlichte schwarze Businessschuhe von Prada. Am Handgelenk eine Link von TAG Heuer, auf der Nase eine transparente Kunststoffbrille von Gucci.
George wäre stolz auf mich …
Ich lasse mich zum reservierten Tisch bringen und setze mich. Cooler Laden. Schickes Publikum. Ob Claudia vielleicht doch heißer sein sollte als die Fotos vermuten lassen? Bei meiner guten Freundin Isabel ist das so: Sieht auf Fotos aus wie unterer Durchschnitt. Große Nase, kleine Zähne, schiefes Grinsen. Dabei ist Isabel im echten Leben ein echt heißer Feger. Kann man kaum glauben, wenn man nur Fotos von ihr kennt. Vielleicht ist das bei Claudia ja auch so …?
Gedämpfte Musik bringt meinen Puls auf ein erträgliches Niveau. Ich schnappe mir eine Süddeutsche, blättere darin und spähe alle fünf Sekunden nervös zur Eingangstür. Bevor ich einen Krampf im Nacken bekomme, kommt eine SMS von Claudia: Stau auf der Lindauer Autobahn! Im Halbstundentakt hält Claudia mich auf dem Laufenden: „Dauert noch …“, „Sorry …“, „Tut mir so leid …“.
Zwischen den Zeilen lese ich zunehmend Panik. Klasse! Die Alte ist also nicht einfach nur unterwegs, sondern echt scharf auf das Date mit mir.
Zwei Stunden später habe ich die SZ durch. Von Claudia noch immer keine Spur. In meiner Not blättere ich sogar noch durchs Feuilleton. Wahnsinn, was man sich bei der vagen Aussicht auf Sex mit einer Unbekannten so alles antut …
Kurz nach elf betritt Claudia den Laden und sieht sich suchend um. Ich erkenne sie sofort. Jeans, Bluse, Pferdeschwanz, flache Schuhe. Dazu eine Brille, die ihre Augen auf Stecknadelgröße reduziert: zwei Schnapsgläser mit Fassung. Das Ding hatte sie auf ihren Fotos ganz klar unterschlagen. Die beiden Glasbausteine in ihrem Gesicht lassen ihre IQ-Angabe absolut glaubhaft erscheinen. Auf den Erotikfaktor wirken sie wie Betablocker.
Dabei wäre der eigentlich gar nicht so schlecht: Sie sieht anders aus als auf den Fotos. Irgendwie sexy. Mit Kontaktlinsen könnte sie so etwas leicht Schmutziges ausstrahlen. Etwas, das einem Mann auf den ersten Blick signalisiert: „Ich bin vielleicht kein Model, aber im Bett bring ich dich um den Verstand…“ Ihre Brille verhindert diese Gedanken nicht nur, sie macht sie geradezu unmöglich. Mir fällt ein alter Blondinenwitz ein:
„Was sagt eine Blondine mit Flecken auf der Brille?“
„Ich hab´s kommen sehen!“
Das Lachen bleibt mir im Hals stecken, denn mit dem Ding sieht Claudia garantiert nichts kommen. Nicht von mir.
Ich gehe zögernd auf sie zu. Die Begeisterung hält sich in Grenzen – auf beiden Seiten:
„Hi!“, sagt sie zaghaft.
„Hallo!“, sage ich und schüttle wie vereinbart ihre Hand. „Schön, dass es am Ende doch noch geklappt hat …“
Claudia nickt und begutachtet mich skeptisch. Wir setzen uns nebeneinander auf die Bank. Claudia keucht nervös, lacht unsicher, spricht kühl. Im realen Leben wären wir nie zusammengekommen. Die wochenlange Vertrautheit in E-Mails und am Telefon ist verflogen. Wir sind zwei Fremde, die alles voneinander wissen. Die sich inzwischen besser kennen als die meisten Paare und doch nicht wissen, wie sie miteinander umgehen sollen.
Ich grüble ernsthaft darüber nach, was ich tun soll. Mich höflich verabschieden? Ihre Brille abziehen und einen Blick hinter die Kulissen wagen? Die Entscheidung vertagen, unverrichteter Dinge heimfahren, mir bei der Vorstellung von Sperma auf ihrem Körper einen runterholen?
Meine Geilheit siegt. Ich frage sie schließlich, ob sie mit zu mir kommen möchte. Claudia antwortet nicht sofort. Sie sieht mich prüfend an, zögert, nickt schließlich. Wir zahlen, gehen stumm zu meinem Auto, sehen uns an. Ich ziehe sie zu mir, wir küssen uns. Der Kuss löst die Anspannung. Als sie merkt, dass ich einen Ständer bekomme, grinst sie. Ich bin in dem Moment wahnsinnig scharf auf sie.
Ich steige in mein Auto, sie in ihres. Wir haben vereinbart, dass sie hinter mir herfährt. Zum Tegernsee sind es 60 Kilometer. Dass sie sich das wirklich antut, glaube ich erst, als wir in Giesing auf die Autobahn Richtung Salzburg fahren.
Eine drei viertel Stunde dauert die Fahrt. Immer wieder blicke ich nervös in den Rückspiegel. Ihre Scheinwerfer bleiben dicht hinter mir. Als wir schließlich vor meiner Wohnung ankommen, bin ich erleichtert und nervös zugleich. Was passiert nun? Fallen wir direkt übereinander her und vögeln so lange, bis wir Bepanthen als Gleitcreme benötigen? Oder muss ich mir die ganze Nacht ihr Intellekto-Gesabbel anhören – mit Liebestöter auf der Nase und Instant-Kaffee aufm Herd?
Wir schweigen verlegen, als wir aus dem Auto steigen und zu meiner Wohnung gehen. Ich schäme mich für den Keller, aber als die Tür aufgeht und ich Licht anmache, gibt Claudia einen Freudenschrei von sich:
„Eine Hollywoodschaukel! Das ist ja ´mal geil!“ Sie wirft ihre Sachen in die Ecke, stürzt sich auf das quietschende Gestell und schaukelt lachend los.
Die nervöse Spannung ist verflogen. Ich koche Kaffee und setze mich zu ihr auf die Schaukel.
Wir fangen an uns zu küssen, ich nehme ihr die Brille ab und finde sie nun echt heiß. Wir ziehen uns Stück für Stück aus. Sie hat kleine feste Titten und ihre rosa Nippel sind so hart, dass ich eine Gänsehaut bekomme vor Geilheit.
Wir haben nur noch unsere Slips an, legen uns aufs Bett. Ich reibe mich so heftig an ihr, dass es weh tut. Ich versuche, ihr den Slip auszuziehen, aber sie lässt mich nicht.
„Kein Sex in der ersten Nacht“, sagt sie bestimmt.
Sie ist so geil und feucht, dass sie alles mit sich machen lässt. Ich darf sie lecken und fingern, wichse sie, bis sie laut stöhnend kommt. Sie revanchiert sich, indem sie mir schön langsam und tief einen bläst. Ich explodiere schnell und heftig. Sie schluckt alles. Danach blickt sie mich prüfend an und küsst mich. Ich bestehe den Sperma-Kuss-Test. Ficken darf ich sie trotzdem nicht.