Ich war in Gallien nicht immer beliebt - Wolfgang Tschapka - E-Book

Ich war in Gallien nicht immer beliebt E-Book

Wolfgang Tschapka

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Beschreibung

Wenige Wochen vor seiner Ermordung gewährt Caesar einem Journalisten ein Interview über seine Erinnerungen an den Gallischen Krieg. Eng angelehnt an Caesars "Commentarii de bello Gallico", aber angereichert mit persönlichen Bemerkungen, entsteht das Porträt eines genialen Taktikers und brutalen Machtmenschen.

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Das ist keine wissenschaftliche Abhandlung.

Diese Vorbemerkung ist wichtig, denn die strengen Puristen unter den Philologen und Historikern würden mich wahrscheinlich schon wegen der Erfindung des römischen Journalisten kreuzigen. Und dann erst die Eigennamen der Persönlichkeiten, Orte und Stämme! Was denn? Ich habe ihnen nur die lateinischen Flexionsendungen weggenommen. Ich lasse Kelten einfach Kelten sein. So gesehen, bin eigentlich ich der Purist.

Fast vier Jahrzehnte habe ich Latein unterrichtet, und wenn man bedenkt, dass ich schon im zarten Alter von 13 Jahren angefangen habe, Latein zu lernen, könnte man fast sagen, Caesar und ich wären Jugendfreunde. Aber wie kann jemand mein Freund sein, der sich in seinen autobiografischen Schriften konstant hinter der 3. Person versteckt?

Erst durch mein – hier vorliegendes – Gespräch mit ihm ist Caesar, der Mensch, mir nähergekommen. Aber lieben kann ich diesen genialen, brutalen Machtmenschen trotzdem nicht. Oder erst recht nicht.

W.T.

Inhaltsverzeichnis

Gallien ganz allgemein

Das erste Jahr

Das zweite Jahr

Das dritte Jahr

Das vierte Jahr

Das fünfte Jahr

Das sechste Jahr

Das siebente Jahr

Das achte Jahr

Gallien ganz allgemein

Zunächst einmal danke, dass Sie uns dieses Gespräch ermöglichen, Herr … Wie darf ich Sie eigentlich ansprechen? Herr Konsul, Diktator, Exzellenz …?

Sagen Sie einfach „Herr Caesar“.

Okay. Dann würde ich vorschlagen, Herr Caesar, wir beginnen einmal mit einem kurzen Blick auf die Landkarte.

Meinetwegen.

Sie sagen, dass Gallien eigentlich aus drei Teilen besteht.

Das ist richtig. Das beginnt zunächst im Norden mit dem Gebiet der Belger, ganz im Süden wohnen die Aquitaner, und der mittlere Teil …

…der auch der größte der drei ist …

Richtig. Das ist das eigentliche Gallien, auch wenn sich die Bewohner selbst eher als Kelten bezeichnen.

Kann man diese Völker überhaupt irgendwie voneinander unterscheiden?

Sehr wohl kann man das. Sie sprechen unterschiedliche Dialekte, und auch in ihren Sitten und Gebräuchen herrscht große Verschiedenheit. Zwischen ihnen gibt es zumeist natürliche Grenzen, vor allem durch große Flüsse.

Wie etwa die Garunna …

Und so weiter, ja.

Herr Caesar, Sie haben einmal erwähnt, dass die Belger besonders mutig seien. Hat das Gründe?

Natürlich! Sehen Sie, erstens sind sie am weitesten von unseren zivilisierten römischen Provinzen entfernt. Das heißt, dass auch nur sehr wenige Handelsbeziehungen existieren. Mit anderen Worten, die Belger importieren nur wenig von dem, was uns so bequem leben lässt und uns nicht gerade abhärtet. Zweitens sind sie unmittelbare Nachbarn der Germanen, und da gibt es fast ständig irgendwelche Auseinandersetzungen.

Heißt das, die Nähe der Germanen macht gallische Stämme kämpferischer oder unerschrockener?

Natürlich! Nehmen Sie ein anderes Beispiel: Im mittleren Teil, also im echten Gallien, da sind es die Helueti, die die anderen Stämme an Kampfkraft übertreffen, und warum? Weil sie ununterbrochen mit Germanen kämpfen.

Dringen denn die in ihr Gebiet ein?

Auch. Aber immer wieder starten auch die Helueti einen Angriff auf germanisches Gebiet.

Also noch einmal zusammengefasst: Belgien erstreckt sich bis zur Rhenmündung, Aquitanien grenzt im Süden an Hispanien, und dazwischen liegt das Gebiet der Gallier.

Richtig! Und das Siedlungsgebiet der Helueti und der Sequan grenzt an den Rhen und damit an die germanische Sphäre.

Und dort, also speziell bei den Helueti, hat ja eigentlich all das begonnen, was man als Gallischen Krieg bezeichnet.

So ist es.

Bitte, erzählen Sie, Herr Caesar!

Das erste Jahr

Der reichste und mächtigste Mann bei den Helueti war ein gewisser Orgetorix. Drei Jahre bevor ich Statthalter unserer gallischen Provinzen wurde, packte ihn der Ehrgeiz, König zu werden. Er schloss geheime Bündnisse mit anderen Adeligen und teilte schließlich dem Volk mit, es wäre am besten, mit Sack und Pack auszuwandern.

Die wollten das auch wirklich tun?

Nun ja, er hatte gute Argumente. Erstens appellierte er an ihre Tapferkeit. Er behauptete, sie könnten sich mit Leichtigkeit zu Herren über ganz Gallien machen. Und zweitens – das muss man ja zugeben – leben die Helueti in einem für ihre Menge relativ begrenzten Gebiet. Da ist auf der einen Seite der Rhen mit den Germanen am anderen Ufer.

Der Rhen ist ja auch ziemlich breit.

Und tief, ja. Auf der anderen Seite das Juragebirge und dahinter das Land der Sequan, und schließlich der riesige Lemannersee und unsere Provinzgrenze. Diese Beengtheit störte das kriegerische Volk natürlich, weil sie sich nicht entfalten konnten.

Also war Orgetorix mit seinen Argumenten erfolgreich?

Ja. Sie begannen sofort mit allen Vorbereitungen.

Die da wären?

Nun ja, sie bauten mehr Getreide an, um ausreichend Proviant zu haben, sie kauften eine große Menge an Fahrzeugen und Zugtieren, und sie bemühten sich um Friedensverträge mit den wichtigsten Nachbarstämmen. Für all diese Vorbereitungen veranschlagten sie zwei Jahre. Im dritten Jahr wollten sie aufbrechen. Das wurde sogar gesetzlich festgelegt.

Und Orgetorix?

Der wurde mit der Leitung des ganzen Unternehmens beauftragt. Er übernahm auch die Verhandlungen mit den Nachbarvölkern.

Auch mit den Sequan?

Ja. Es gelang ihm, einen Mann namens Kastik zu überreden, sich zum König machen zu lassen. Ja, und dann ging Orgetorix auch zum Stamm der Haidu. Dort stachelte er Dumnorix auf, den Bruder des Divikiak, einen beim niederen Volk sehr beliebten Mann. Dem gab Orgetorix sogar seine Tochter zur Frau.

Aber wie konnte Orgetorix diese beiden Männer so leicht überreden?

Indem er ihnen klar machte, wie leicht alles sein würde. Er selbst würde in absehbarer Zeit selbst König der Helueti werden, und die seien schließlich das mächtigste Volk unter allen Galliern und würden unter seiner Führung alles tun, um ihnen zur Herrschaft zu verhelfen.

Also hofften sie, sich zu dritt ganz Gallien unterwerfen zu können?

Richtig. Aber irgendwie wurde dieser Plan den Helueti verraten.

Und wie reagierten sie?

Sie stellten Orgetorix vor Gericht. Als Strafe drohte ihm der Tod im Feuer. Aber an dem Tag, an dem die Verhandlung stattfinden sollte, rotteten sich ungefähr zehntausend Männer zusammen, Leibeigene des Orgetorix, Schuldner, eine Menge Leute, die von ihm abhängig waren. Da traute sich keiner mehr, Gericht zu halten. Aber es kam zu bewaffneten Tumulten. Und auf einmal war Orgetorix tot.

Im Kampf gefallen?

Das weiß man nicht. Die Helueti glaubten mehrheitlich, dass er Selbstmord beging.

Hat sich dadurch an den Abmarschplänen der Helueti irgendetwas geändert?

Überhaupt nicht. Als sie meinten, bereit zu sein, zündeten sie alle Städte – ungefähr zwölf – und ihre etwa 400 Dörfer sowie die einzeln stehenden Gehöfte an. Das Getreide, das sie nicht mitnehmen konnten, verbrannten sie ebenfalls.

Sie wollten wohl jeglichen Gedanken an Rückkehr ausradieren.

Ja. Nur was jeder für drei Monate brauchte, durfte er mitnehmen.

Wie verhielten sich ihre Nachbarn?

Nun, sie konnten tatsächlich vier Stämme aus der Nachbarschaft überreden, mitzugehen: die Raurak, die Tuling, die Latobrig und sogar die Boi, die ursprünglich rechts des Rhen wohnten und später nach Norikum ausgewandert waren.

Wie sieht das jetzt auf der Landkarte aus? Es gibt ja nicht viele Wege, auf denen die Helueti ihre Heimat verlassen konnten.

Im Prinzip nur zwei: Der eine, zwischen Juragebirge und dem Fluss Rhodan, führte durch das Land der Sequan und war lang und beschwerlich. Unmöglich hätten dort auch nur zwei Fahrzeuge hintereinander fahren können.

Und ich nehme an, er war auch unsicher und die Gefahr von Überfällen war groß.

Natürlich, in dem gebirgigen Terrain.

Also blieb ihnen eigentlich nur der Weg über römisches Provinzgebiet.

So ist es. Das wäre leicht und bequem gewesen. Zwischen dem Land der Helueti und dem von uns seit kurzem besetzten Gebiet der Allobrog ist der Rhodan so seicht, dass er an vielen Stellen leicht durchwatet werden kann. Und dann gibt es da noch die Brücke bei Genava direkt an der Grenze zwischen Helueti und Allobrog.

Waren denn die Allobrog mit diesem Durchzug so ohne weiteres einverstanden?

Kaum. Aber die Helueti hofften auf Überredungskunst oder im Ernstfall ein bisschen Nachdruck mit Waffengewalt. Sie waren ziemlich sicher, dass die Allobrog den Römern nicht gerade freundlich gesonnen waren.

Und so kommen wir jetzt zu dem berüchtigten 28. März im Jahr der Konsuln Lucius Piso und Aulus Gabinius.

Ja. An diesem Tag sollten sich alle am Ufer des Rhodan einfinden.

Und jetzt kommen Sie ins Spiel, nicht wahr, Herr Caesar.

Natürlich. Ich meine, ich konnte einen Durchmarsch durch unsere Provinz nicht so einfach zulassen.

Sie waren noch in Rom, als Sie davon erfuhren?

Ja, aber Sie können sich vorstellen, wie schnell ich in der Provinz war, in der Nähe von Genava.

Ihre ersten Maßnahmen?

Vor allem brauchten wir mehr Soldaten. In der ganzen Provinz stand zu diesem Zeitpunkt eine einzige Legion.

Und die Brücke bei Genava wurde sofort abgerissen.

Da gab es doch bestimmt eine Reaktion von Seiten der Helueti?

Sie schickten eine Abordnung von Adeligen, die mir versicherten, dass sie bei ihrem Marsch durch die Provinz keinen Schaden anrichten wollten.

Na ja, aber wenn man sich an die etwas zurückliegende Geschichte erinnert, so waren es doch unter anderen auch die Helueti, die der römischen Armee unter dem Konsul Lucius Cassius eine grausame Niederlage zufügten.

Eben. Und wenn man sich mit der kriegerischen Mentalität der Helueti beschäftigt – also, ich sah keine Möglichkeit, ihnen meine offizielle Erlaubnis zu erteilen. Aber ich musste Zeit gewinnen.

Warum?

Weil die erforderliche Anzahl von Soldaten noch nicht gefunden, geschweige denn ausgebildet war. Also vertröstete ich sie auf den 11. April für eine weitere Gesprächsrunde.

Was taten Sie nun in der Zwischenzeit?

Zunächst legten wir zwischen dem Juragebirge und dem Lemannersee ein starkes Befestigungswerk an, also an der Grenze zwischen Helueti und Sequan. Einen 15 Fuß hohen Erdwall mit vorgelagertem Graben, Beobachtungstürmen et cetera. Man wusste ja nicht, ob die Helueti nicht doch einfach losmarschieren würden.

Und kamen die Delegierten am 11. April zu Ihnen?

Natürlich nicht. Also schickte ich ihnen eine offizielle Botschaft des Inhalts, dass Rom ihr Vorhaben nicht zulassen könne und im Fall eines erzwungenen Durchmarsches mit entsprechender Härte reagieren werde.

Es blieb ihnen aber noch der Rhodan als Weg, etwa mit Booten oder Flößen.

Richtig, und den versuchten sie auch, zum Teil bei Nacht. Aber da hatten sie nicht mit unserer Abwehr gerechnet. Im Hagel unserer Geschoße mussten sie sich zurückziehen.

Das war aber dann das Ende dieses Vorhabens. Nun blieb ihnen wohl doch nur mehr der Weg durch das Gebiet der Sequan. Wofür sie vermutlich deren Einwilligung brauchten.

Die sie nicht bekamen. Deshalb schickten sie Gesandte zu den Haidu, weil sie hofften, dass Dumnorix sie dank seiner Popularität bei den Sequan unterstützen würde.

War Dumnorix nicht sogar familiär mit den Helueti verbunden?

Ja, seine Frau war eine Tochter des Orgetorix. Aber Dumnorix war generell bestrebt, sich bei möglichst vielen Stämmen beliebt zu machen, weil er König von Gallien werden wollte.

Und hat er etwas erreicht?

Tatsächlich. Die Sequan erlaubten den Helueti, durch ihr Gebiet zu ziehen.

Dabei kam sicher der gallische Brauch der gegenseitigen Stellung von Geiseln zur Anwendung.

Wie so oft. Aber ich habe das auch gemacht. Es ist sehr hilfreich. Es verpflichtet.

Jetzt aber zu Ihrer Reaktion auf die neue Entwicklung: Konnte Ihnen die Situation nicht egal sein?

Nein. Sie müssen bedenken, dass der Weg der Helueti in das Gebiet der Santon und damit in unmittelbare Nachbarschaft der Tolosat geführt hätte, die schon im Bereich unserer Provinz lebten …

Ich muss gestehen, dass diese vielen Namen von Völkern und Stämmen einstweilen noch ziemlich kompliziert sind.

Da kann ich Ihnen nicht helfen. Und es werden immer mehr werden.

Also zurück zu den …

… Tolosat. Für die wäre es ziemlich gefährlich geworden, so ein kriegerisches und noch dazu Rom-kritisches Volk wie die Helueti als Nachbarn zu haben.

Also kurz: die Helueti als Nachbarn der römischen Provinz.

So ist es. Das konnte ich nicht zulassen. Also übergab ich den Oberbefehl über unser Befestigungswerk an den Legat Titus Labienus und eilte nach Oberitalien, um dort zwei neue Legionen aufzustellen. Drei weitere holte ich aus dem Winterlager bei Aquileia, und mit diesen fünf Legionen zog ich über die Alpen in das jenseitige Gallien.

Da kann man von etwa 20.000 Mann ausgehen?

Ungefähr, ja.

Aber Sie mussten auf diesem Marsch ja durch feindliches Gebiet. Gab es dort nicht auch Stämme mit unaussprechlichen Namen, die sich Ihnen in den Weg stellten?

Natürlich, und ich will Sie jetzt mit den Namen auch gar nicht belästigen. Jedenfalls hatten wir einige kleinere Gefechte, aber nach sechs Tagen waren wir in der jenseitigen Provinz. Im Gebiet der Allobrog überquerten wir den Rhodan und überschritten somit erstmals die Grenze unserer Provinz in Richtung Nordwesten.

Sie waren zwar ziemlich schnell, aber bei den Helueti ist sicher inzwischen auch etwas weitergegangen.

Ja, die waren schon über das Sequangebiet hinaus und befanden sich bei den Haidu, wo sie ziemlich barbarisch die Äcker verwüsteten.

Ein willkommener Anlass für Sie, sich von den gequälten Haidu um Hilfe bitten zu lassen, und militärisch einzugreifen.

Natürlich. Als anerkannte Freunde Roms mussten sie hilflos zusehen, wie praktisch vor unseren Augen ihre Felder verwüstet, ihre Städte geplündert und ihre Kinder versklavt wurden. Und sie waren nicht die Einzigen, die sich beklagten. Vor allem die schon erwähnten Allobrog, die auch jenseits des Rhodan Ländereien besaßen, machten gewaltigen Druck.

Also schritten Sie zur Tat.

Ich hatte gar keine Wahl. Rom lässt seine Bundesgenossen nicht im Stich! Die Helueti durften einfach nicht in das Land der Santon gelangen. Aber sie waren schon dabei, den Arar auf Flößen zu übersetzen.

Das ist doch dieser Fluss, der so langsam fließt, dass man angeblich mit freiem Auge nicht feststellen kann, in welche Richtung er fließt, und der schließlich in den Rhodan mündet.

Genau der. Und wie ich von Aufklärungstrupps erfuhr, waren zwei Drittel von ihnen schon drüben. Also brach ich noch vor dem Morgengrauen mit drei Legionen auf.

Welchen Teil der Helueti wollten Sie angreifen?

Natürlich zunächst den schwächeren. Diese Leute waren schwer bepackt und von unserem Erscheinen völlig überrascht. Wir fügten ihnen eine blutige Niederlage zu. Wer

überlebte, floh in die nahen Wälder. Nun sollte man auch bedenken, dass das gesamte Volk der Helueti in vier Gaue zerfällt, und dass unser Angriff den sogenannten Tigurin-Gau erwischte. Das ist der, welcher schon vor Jahrzehnten sein Wohngebiet verlassen und unserem Konsul Lucius Cassius eine empfindliche Niederlage zugefügt hat.

Und genau diesen Gau haben Sie mit Ihrem Heer zerschlagen? So ein Zufall.

Vielleicht gibt es keine Zufälle. Wie auch immer: Die Rache hat gutgetan, auch mir persönlich.

Wieso?

Nun, immerhin ist damals nicht nur Cassius gefallen, sondern auch der Legat Lucius Piso. Sie verstehen?

Der Großvater Ihres Schwiegervaters?

Richtig.

Zurück zu Ihrer Erzählung! Die Hauptmasse der Helueti war ja noch unbehelligt am anderen Ufer des Arar.

Nicht mehr lange. Ich ließ eine behelfsmäßige Brücke schlagen und marschierte hinüber. Sie können sich vorstellen, wie groß das Entsetzen bei den Helueti war, als sie sahen, dass wir für einen Übergang, der sie zwanzig mühevolle Tage gekostet hatte, nur einen einzigen Tag brauchten. Also setzten sie ihre Hoffnung in Verhandlungen. Sie schickten eine Abordnung unter Leitung von Diwiko – das ist übrigens genau der, der seinerzeit Cassius besiegt hat.

Können Sie für uns den Inhalt der Botschaft der Helueti kurz zusammenfassen?

Kurz gefasst war es ein Friedensangebot, aber eines von der hochmütigen Sorte. Wenn wir Frieden wollten, dann wären sie bereit, mit uns gemeinsam neue Siedlungsgebiete auszusuchen. Ich sollte nicht stolz darauf sein, eine Minderheit der Helueti mit einem Blitzangriff überrascht zu haben. Sie selbst seien eher gewohnt, mit Muskeln und Waffen zu kämpfen statt mit List und Tücke. Und sie warnten davor, den Ort, an dem wir uns trafen, zur ewigen Gedenkstätte einer römischen Niederlage zu machen.

Ich nehme an, Ihnen wird eine passende Antwort eingefallen sein?

Oh ja. Im Wesentlichen sagte ich, dass ich mir keines Unrechts bewusst sei. Im Gegenteil, ich erinnerte daran, dass sie gegen meinen Willen unsere Provinz betreten und die Haidu, Allobrog und Ambarr schwer geschädigt hatten. Und in Bezug auf die alte Geschichte sei es, sagte ich, schon längst Zeit für eine Strafmaßnahme. Aber ich bot ihnen an, durch Stellung von Geiseln ihren guten Willen zu beweisen. Außerdem müssten sie an die Haidu und Allobrog Schadensersatz leisten. Dann könnte es Frieden geben.

Darauf wird Diwiko sicher nicht eingegangen sein. Die Gallier sind ja eher gewohnt, sich Geiseln stellen zu lassen, nicht umgekehrt.

Genau darauf hat Diwiko mich unmissverständlich hingewiesen. Dann zog die ganze Gesandtschaft ab. Und die Helueti setzten ihren Marsch fort.

Und Sie setzten Ihre Truppen in Bewegung.

Ich schickte die Reiterei voraus, das waren ungefähr 4000 Mann. Sie sollten die genaue Marschrichtung des Feindes erkunden. Leider nahmen sie den Auftrag ein bisschen zu genau und gerieten in Gefechte mit der gallischen Nachhut.

Gab es dabei auch gefallene römische Reiter?

Leider ja, zwar nur ein paar wenige, aber die Helueti wurden dadurch übermütig. Sie interpretierten den Vorfall so, dass sie sagten, 500 Gallier hätten eine römische Übermacht besiegt. Also unterbrachen sie ihren Marsch und versuchten, unser Heer zu einem Kampf herauszufordern.

War das in Ihrem Sinne?

Zunächst noch nicht. Ich begnügte mich damit, weitere Räubereien und Verwüstungen zu verhindern. Ich achtete nur darauf, dass zwischen unserer Spitze und der heluetischen Nachhut nie mehr als fünf oder sechs Meilen Abstand war.

Können Sie uns ein bisschen illustrieren, mit welchen Problemen Sie zu dieser Zeit zu kämpfen hatten? So viele Tausend Mann, die müssen ja auch versorgt werden.

Die Haidu hatten mir Getreidelieferungen zugesichert, die ich natürlich einforderte. Schließlich war es noch kalter Frühling. Nicht einmal Grünfutter für die Tiere war in ausreichender Menge greifbar.

Das heißt, Sie haben sich ganz auf die Unterstützung durch Gallier verlassen?

Nein. Ich hatte natürlich auch Getreide über den Arar transportieren lassen. Aber leider war das nicht rasch verfügbar, weil die Helueti vom Fluss abgebogen waren und ich nicht den Kontakt zu ihnen verlieren durfte.

Und haben die Haidu – wenn man so sagen darf – funktioniert?

Absolut nicht! Sie haben uns hingehalten. Also zitierte ich ihre Häuptlinge zu mir, darunter vor allem Diwikiak und Lisko, der damals gerade die führende Position innehatte, nämlich das Amt des Wergobret, womit er oberste Verfügungsgewalt und auch Gewalt über Leben und Tod besaß.

Was meinen Sie mit „damals gerade“?

Das Amt gilt jeweils nur für ein Jahr, so wie unsere Konsuln. Ja, und diesen Herren habe ich ziemlich klargemacht, dass ich es für schändlich hielt, so von ihnen hintergangen zu werden …

… zumal Sie den Feldzug doch ihnen zuliebe führten.

So ist es. Und da musste Lisko gestehen, dass es Männer gab, die infolge ihrer Großzügigkeit beim niederen Volk mehr Einfluss besaßen als die Regierungsspitzen. Und die hetzten das Volk gegen die Römer auf. Wenn sie selbst schon nicht Herren über ganz Gallien sein könnten, so wären ihnen doch keltische Herren lieber als Rom. Sie waren überzeugt, dass wir nach einem allfälligen Sieg über die Helueti auch die Haidu und alle anderen Stämme versklaven würden. Es gebe, so behauptete Lisko, auch Verräter, die über alle Vorgänge in unseren Lagern und unsere Pläne Bescheid wüssten.

Mit diesen Mitteilungen hat sich aber Lisko auch selbst einer ziemlichen Gefahr ausgesetzt.

Darauf hat er mich auch sehr deutlich hingewiesen, als Grund für sein langes Schweigen.

Wer war damit gemeint?

Für mich war klar, dass er Diwikiaks Bruder Dumnorix meinte. So zog ich mich mit Lisko zu einem Vier-Augen-Gespräch zurück, wo er noch deutlicher wurde. Heimlich zog ich auch von anderen Seiten Erkundigungen ein, und tatsächlich: Es war Dumnorix, beim Volk unglaublich populär, und dieser wollte alle Macht gewaltsam an sich reißen. Er besaß durch Einschüchterung der Mitbewerber praktisch das Monopol über Maut- und Zolleinnahmen seines Stammes und war sehr reich geworden. Mit diesem Geld kaufte er nicht nur durch Schenkungen zahlreiche Sympathisanten, sondern er hielt sich auch seine private Kavallerie, quasi als Leibwache.

Aber dieser Dumnorix war nur bei seinen Haidu so populär?

O nein! Er war weithin angesehen. Seine Mutter hatte er sogar mit einem wichtigen Würdenträger der Biturig verheiratet. Seine eigene Frau war eine Helueti, und die übrige weibliche Verwandtschaft war anscheinend über halb Gallien verstreut.

Heiratspolitik auf gallische Art.

Sehr schlau. Aber natürlich war er besonders den Helueti sehr verbunden. Die Römer aber hasste er, weil durch ihre Ankunft die Macht seines Bruders Diwikiak wieder größer zu werden drohte. König werden – was er ja wollte – konnte er nur bei einer Niederlage Roms. Übrigens kam bei den Befragungen auch heraus, dass seine Reiterei unter seiner Führung bei dem Kampf vor einigen Tagen als Erste geflohen war und damit eine Massenpanik ausgelöst hatte.

Und all das, was Sie gerade geschildert haben, sind – oder waren zum damaligen Zeitpunkt – bewiesene Tatsachen?

Sagen wir: so gut wie. Tatsächlich bewiesen war aber Folgendes: Dumnorix hatte die Helueti durch das Land der Sequan geführt und hinter meinem Rücken gegenseitige Geiselstellung vermittelt. Für mich war ab diesem Zeitpunkt klar, dass ich diesen Dumnorix persönlich zur Rechenschaft ziehen musste, wenn es schon sein Stamm nicht tat.

Da saß Diwikiak zwischen zwei Stühlen.

Ja, das tat mir auch leid. Ich wollte einen Mann, der sich Rom gegenüber so loyal verhielt, nicht durch die Tötung seines Bruders kränken. Also rief ich Diwikiak noch einmal zu mir. Ich sprach mit ihm unter vier Augen, nur mit Hilfe eines absolut integren Dolmetschers.

Was haben Sie ihm gesagt?

Alles, was ich über seinen Bruder erfahren hatte. Und daran schloss ich die dringende Bitte, den Sachverhalt zu untersuchen und dann etwas gegen Dumnorix zu unternehmen.

Das wird für den armen Diwikiak nicht angenehm gewesen sein.

Er brach in Tränen aus. Er bat mich nur, nicht zu streng gegen seinen Bruder vorzugehen. Er stellte ihn zwar als einen rücksichtslos agierenden Menschen dar, aber er meinte, eine scharfe Bestrafung durch mich könnte sein – des Diwikiak – Ansehen unter den Galliern beschädigen.

Damit wird er nicht unrecht gehabt haben.

Ich habe ihn damals auch beruhigt. Mir war die Freundschaft des Diwikiak wirklich viel wert und ich war bereit zur Milde. Darum ließ ich Dumnorix wieder herbeirufen und hielt ihm in Gegenwart seines Bruders alles vor, was ich über ihn wusste.

Und worüber sich sogar die Gallier selbst beschwerten.

Ja. Also verwarnte ich ihn und erklärte ihm, dass ich nur seinem Bruder zuliebe so milde wäre.

Das war alles? Sie werden so einen gefährlichen Mann doch nicht so einfach ziehen gelassen haben.

Nur scheinbar. In Wirklichkeit war ich über jeden seiner weiteren Schritte auf das Genaueste informiert. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, hat, glaube ich, jemand gesagt.

Und die Helueti? Die verhielten sich in der Zwischenzeit ruhig?

Nicht wirklich. Ich bekam von einem Aufklärungstrupp die Meldung, dass sie 8 Meilen von uns entfernt am Fuß eines Berges eine befestigte Stellung bezogen hatten. Ich ließ die Lage dort genauer erkunden und erfuhr, dass der Berg leicht zu ersteigen sei. Also berief ich eine Besprechung mit meinem Stellvertreter ein …

Das war der Legat Titus Labienus.

Ja. Ich erklärte ihm meinen Plan und gab Befehl, unter Führung der Leute, die den Berg erkundet hatten, nach Mitternacht dorthin aufzubrechen. Ich selbst folgte wenig später, die Reiter schickte ich voran, und vor ihnen wiederum eine Aufklärungsabteilung unter Leitung von Publius Considius.

Ein sehr erfahrener Mann.

Ja, aber leider hilft Erfahrung auch nicht immer.

Was ist da im Einzelnen passiert?

Ganz einfach: Die Gallier hatten von unserer Nähe keine Ahnung, wie ich später von Gefangenen erfuhr, aber Considius kam im gestreckten Galopp zu mir und behauptete, der Berg sei in den Händen des Feindes. Angeblich hatte er keltische Waffen gesehen. Also stellte ich meine Truppen auf einem Hügel in Schlachtordnung auf. Labienus hatte aber den Auftrag, keinen Kampf zu beginnen, bevor er uns in der Nähe des heluetischen Lagers sah.

Klar, die Feinde sollten von zwei Seiten gleichzeitig angegriffen werden.

Natürlich. Und jetzt wartete er, und in der Zwischenzeit zogen die Helueti weiter und Labienus und ich saßen frustriert auf unseren Hügeln.

Also ging die Verfolgung weiter wie zuvor?

Mit dem gewohnten Abstand. Und jetzt kam der Zeitpunkt, an dem unsere Soldaten eigentlich Getreide fassen sollten. Um das sicherzustellen, änderte ich kurzfristig meine Taktik und marschierte Richtung Bibrakte.

Die Hauptstadt der Haidu.

Eine reiche Stadt. Leider wurde meine Maßnahme an die Helueti verraten. Die machten sofort kehrt und griffen unsere Nachhut an.

Wollten sie den Römern die Verpflegung unmöglich machen?

Wahrscheinlich, oder sie legten es uns als Schwäche aus, dass wir sie in der Nacht nicht angegriffen hatten und jetzt noch dazu die Verfolgung aufgaben. Wie dem auch sei, es kam jedenfalls zur ersten offenen Schlacht im Krieg um Gallien.

Die ja auch als Schlacht bei Bibrakte in die Geschichtsbücher eingegangen ist.

Ich kann hier nicht ins Detail gehen, aber es war nicht einfach. Ich benutzte wieder die topografische Situation, indem ich einen Hügel praktisch von oben bis unten zu einer lebenden Festung machte, Soldaten von oben bis unten. Die Offizierspferde ließ ich wegbringen.

Eine psychologische Maßnahme zur Motivation der Mannschaften?

Klar, es sollte niemand den Eindruck haben, die Offiziere könnten, wenn es eng werden sollte, schnell abhauen. Dann hielt ich eine kurze Ansprache an die Soldaten, und es ging los.

Die erhöhte Position des Heeres war wohl jetzt von Vorteil, speziell beim Einsatz der Wurflanzen.

In kürzester Zeit klafften schon riesige Lücken in den Reihen der Feinde. Das bereitete den Schwertkampf für uns optimal vor.

Diese Lanzen sollte man vielleicht kurz erklären. Sie bestehen aus Holz, haben aber eine Eisenspitze. Wenn diese in einen Schild eindringt, biegt sich der relativ weiche Schaft unterhalb der Spitze um, sodass der Mann die Lanze nicht mehr aus dem Schild herausziehen kann. Dann kann er eigentlich nur mehr den Schild wegwerfen und ungeschützt weiterkämpfen.

Richtig. Und gelegentlich kommt es auch vor, dass so eine Lanze gleich zwei eng nebeneinander befindliche Schilde auf einmal durchbohrt und quasi aneinander heftet. Bei der Phalanx, die ja auf einer dicht geschlossenen Aufstellung basiert, passiert so etwas gar nicht so selten.

Wenn man all das zusammenfasst, klingt es nach einer leichten Aufgabe für das römische Heer.

Tatsächlich zogen sie sich auf einen etwas entfernteren Berg zurück. Aber gleichzeitig griffen uns die Boi und die Tuling von der Flanke her an. Das lockte auch die Helueti wieder zum Kampf. Wir mussten jetzt in zwei Richtungen zustoßen, und dieser Kampf wurde lang und heftig.

Wie lang?

Von Mittag bis in die Nacht hinein. Zum Teil wurde auch bei den Fahrzeugen der Helueti gekämpft. Sie hatten nämlich eine Wagenburg gebildet, in die sie sich zurückzogen.

Aber die römische Armee siegte schließlich.

Nach langem Kampf. Bei der Eroberung der Wagenburg fiel uns unter anderem die Tochter und ein Sohn des Orgetorix in die Hände. Insgesamt dürften ungefähr 130.000 Gallier den Tag überlebt haben.

Und was haben die gemacht?

Sie sind weitergezogen. Weil wir mit der Bergung unserer Verletzten und Toten beschäftigt waren, kamen sie bis in das Gebiet der Lingon.

Konnten die ihnen helfen?

Keine Sorge, ich hatte schon eine Nachricht an sie geschickt mit drastischen Drohungen, falls sie daran denken sollten, die Helueti auch nur mit Lebensmitteln zu unterstützen. Und drei Tage später marschierten wir wieder los.

Also waren die Weichen zur endgültigen Unterwerfung der Helueti gestellt.

Sie schickten eine Abordnung, die sich vor mir niederwarf und um Frieden und Milde flehte. Ich verlangte Geiseln, Auslieferung ihrer Waffen und die Rückgabe der Sklaven, die zu ihnen übergelaufen waren. Sie machten sich sofort an die Umsetzung dieser Befehle. Darüber wurde es Nacht. In der Dunkelheit machten sich etwa 6000 Helueti aus dem werbigenischen Gau selbstständig und zogen in Eile Richtung Rhen.

Vielleicht suchten sie Schutz und Hilfe bei den Germanen?

Oder sie hatten Angst, nach Ablieferung der Waffen ermordet zu werden. Jedenfalls hofften sie, ihr Abmarsch würde unbemerkt erfolgen, aber ich erfuhr sehr bald davon. Ich ließ sie von den Stämmen, denen sie begegneten, aufgreifen und zurückschaffen.

Haben Sie diese Leute dann anders behandelt als den Rest der Helueti?

Natürlich. Die anderen wurden mit Nachsicht behandelt, wie es prinzipiell meine Art ist, diese aber wie unerbittliche Feinde.

Das war das Ende des Krieges gegen die Helueti.

Ja, sie durften heimkehren. Jetzt hatten sie natürlich selber nichts mehr zu essen, deshalb wies ich die Allobrog an, sie mit Getreide zu versorgen. Ihre Dörfer und Städte mussten sie wieder aufbauen. Ich wollte nicht, dass sich da ein großer unbewohnter Landstrich ergab.

Warum nicht?

Weil so ein Vakuum, noch dazu eines mit so fruchtbaren Ackerböden, erfahrungsgemäß ungebetene Gäste anzieht, in diesem Fall germanische Siedler, die sich dann für meinen Geschmack zu nahe an der Grenze der römischen Provinz befunden hätten.

Weitere Konsequenzen des Krieges?

Nun ja, die Haidu schlossen sich mit den Boi zusammen, die sich als besonders mutig erwiesen hatten. Das habe ich gerne gestattet. Und was die Helueti betrifft, so sind nach halb offiziellen Zählungen von ungefähr 260.000 zu Beginn der Auswanderung schließlich 110.000 Heimkehrer übriggeblieben.

Wie waren jetzt die Reaktionen der anderen Gallier?

Zunächst schickten sie Abgesandte mit Glückwünschen. Sie gaben mir zu verstehen, dass es sich bei meinem Sieg nicht nur um eine Strafmaßnahme an den Helueti gehandelt habe, sondern dass ganz Gallien davon profitieren würde.

Wieso das?

Nun ja, man warf den Helueti im Prinzip vor, sie hätten ganz Gallien unterwerfen wollen. Sie hätten sich dann die fruchtbarsten Gebiete als Wohnsitz ausgesucht und alle anderen Stämme zinspflichtig gemacht.

Und so viel man weiß, wollten doch die Gallier eine große Versammlung, um mit Rom über ihre Ziele und Vorstellungen zu sprechen.

Richtig, und das war mir sehr recht. So konnten wir ausführlich diskutieren, unter der Bedingung, dass nur berechtigte Personen über die besprochenen Dinge Auskunft geben dürften. Aber dann …

Ging etwas schief?

Nicht wirklich. Aber es kamen dieselben Fürsten, die schon vorher da gewesen waren, noch einmal zu mir und verlangten ein Geheimgespräch ohne Zeugen. Natürlich erklärte ich mich einverstanden.

Warum so heimlich?

Sie hatten Angst. Weinend und demütig vor mir kniend sagten sie, dass sie die schlimmsten Martern zu befürchten hätten, wenn von dem, was sie mit mir besprechen wollten, etwas an die Öffentlichkeit gelangte. Ihr Wortführer war Diwikiak vom Stamm der Haidu.

Ja, von dem war schon die Rede. Was also wollte er?

Er schilderte mir zuerst einmal die politische Situation Galliens. Es gab, sagte er, zwei Parteien, die eine unter Führung der Haidu, die andere unter Führung der Arwerner. Die langjährigen Zwistigkeiten hatten schließlich dazu geführt, dass die Arwerner und die Sequan germanische Söldner angeworben hatten.

Wie viele?

Ursprünglich ungefähr 15.000. Aber diese barbarischen Gesellen fanden anscheinend Gefallen an der feineren gallischen Lebensart und vor allem an dem fruchtbaren Boden und dem allgemeinen Wohlstand, und so wuchs die Zahl der in Gallien anwesenden Germanen bis auf 120.000 an. Immer wieder gab es Kämpfe zwischen ihnen und den Haidu, aber die Germanen waren nicht zu schlagen, und die gesamte Oberschicht der Gallier war nahe an der Ausrottung. So sahen sie sich gezwungen, sich den Sequan zu unterwerfen.

Das muss die Haidu schwer getroffen haben. Schließlich waren sie eines der mächtigsten Völker Westeuropas, und immer treue Verbündete Roms.

So ist es. Diwikiak versicherte mir glaubhaft, er sei der Einzige aus dem Haidu-Adel gewesen, der sich dem Bund mit den Sequan widersetzte und auch keine Geiseln stellte. Dann sei er geflohen und habe in Rom den Senat um Hilfe ersucht.

Mit wenig Erfolg, wie man weiß.

Das stimmt. Aber jetzt kommt die Pointe der Geschichte. Denn die Sequan waren im Endeffekt noch schlechter dran als die besiegten Haidu. Der Germanenkönig Ariowist hatte nämlich in ihrem Land die Herrschaft an sich gerissen, 30 Prozent des besten Ackerlandes in Besitz genommen, und jetzt verlangte er die Abtretung weiterer 30 Prozent, weil wenige Monate zuvor etwa 24.000 Harud-Germanen aus dem Norden zu ihm gestoßen waren, die er jetzt mit Siedlungsland versorgen musste.

Das heißt, Diwikiak hatte die konkrete Befürchtung, alle Gallier könnten schön langsam von hereinrückenden Germanen verdrängt werden.

Eine berechtigte Furcht, wenn man die beiden Lebensstile miteinander vergleicht.

Was war dieser Ariowist für ein Mensch?

In den Augen der Gallier natürlich ein Scheusal, jähzornig, grausam und primitiv. Nach seinem ersten großen Sieg bei Magetobriga verlangte er die Söhne aller Adeligen als Geiseln, bedrohte sie mit Folter – mit einem Wort, man konnte sich mit seiner anmaßenden Herrschaft einfach nicht abfinden.

Verständlich. Und hier sollte vermutlich jetzt Rom ins Spiel kommen.

Natürlich. Diwikiak sagte, wenn er bei den Römern keine Hilfe finden würde, müsste er mit allen Galliern, wie zuvor die Helueti, auswandern, um woanders sein Glück zu versuchen. Hauptsache, weit weg von den Germanen. Und sollte Ariowist von diesen Plänen erfahren, so würde er zweifellos alle Geiseln töten lassen. Also sollte Rom, und hier speziell ich, der ich ja erst vor kurzem so einen Sieg errungen hatte, mit allen Mitteln verhindern, dass noch eine größere Zahl an Germanen über den Rhen kam. Ich allein, meinte Diwikiak, wäre imstande, ganz Gallien vor den Gewalttaten des Ariowist zu beschützen.

Und wir reagierten Sie auf diese Rede?

Zuerst einmal machte ich eine interessante Beobachtung. Während nämlich die meisten Gesandten, einschließlich Diwikiak, Tränen vergossen, standen die Sequan still daneben und schauten nur traurig drein. Ich fragte sie mehrmals nach dem Grund, aber sie sagten kein Wort. Schließlich antwortete der Haidu für sie.

Vermutlich hatten die Haidu die größte Angst vor Ariowist, weil sie ja, wie Sie vorher geschildert haben, die größten Gebietsverluste erlitten hatten. Außerdem waren sie nicht ganz unschuldig daran, dass die Germanen überhaupt da waren.

So ist es. Keine einzige ihrer größeren Siedlungen und Städte war mehr in ihrer Hand. Diese armen Kerle hatten wirklich sogar vor dem abwesenden Ariowist genau so viel Angst, als ob er schon mit gezogenem Schwert hinter ihnen stünde.

Und Sie …

Ich versuchte ihnen Mut zu machen. Zu der Zeit hoffte ich ja tatsächlich, Ariowist würde sich ein bisschen zurückhalten. Und so gingen wir auseinander.

Und dann machten Sie sich wohl so Ihre eigenen Gedanken.

Es waren verschiedene Dinge zu bedenken. Erstens fühlte ich mich verpflichtet, unsere Freunde, die Haidu, zu unterstützen. Ihre Kinder waren als Geiseln bei den Sequan und bei Ariowist, und das war auch eine Schande für Rom. Zweitens befürchtete ich, die Germanen könnten sich in größerer Zahl in Gallien am linken Rhenufer ansiedeln, und das wäre für Rom unter Umständen zur Gefahr geworden.

Wir kennen ja das Beispiel der Kimbri und Teutones.

Eben. Der Rhodan ist schnell überschritten, und dann steht der Weg nach Italien offen. Ja, und drittens …

Sie zögern etwas?

Also ja, mir persönlich war Ariowist mit seinem Hochmut und seiner Anmaßung suspekt und nicht besonders sympathisch. Ich musste handeln.

Jetzt kommt also das berühmte Treffen mit Ariowist.

Langsam, langsam! Ich schickte ihm zwar sofort eine Aufforderung zu einem Treffen, überließ ihm sogar die Wahl des Ortes, aber er ließ mir ausrichten, dass er schon gekommen wäre, wenn er etwas von mir wollte. Im umgekehrten Fall müsste ich aber zu ihm kommen. Außerdem behauptete er, er traue sich nicht ohne Heer in einen Teil Galliens, der in römischer Hand war, und ein Heer könne er im Moment mangels Nachschub nicht aufstellen. Aber der Punkt auf dem I war, dass er sich fragte, was ich als Römer überhaupt in „seinem Gallien“ zu suchen habe.

Ziemlich frech.

Ja, und ich schickte sofort eine Antwort: Das ist also der Dank für alles, was Rom für ihn getan hat! Unter meinem Konsulat ist er als befreundeter König anerkannt worden! Und jetzt hält er es nicht für nötig, zu einem Gespräch über gemeinsame Interessen zu kommen! Aber bitte, ich kann meine Forderungen an ihn auch per Gesandtschaft übermitteln.

Was waren Ihre Forderungen?

Keine weitere Menschenmenge mehr über den Rhen herüber! Rückgabe aller Geiseln an die Haidu! Erlaubnis für die Sequan, die bei ihnen befindlichen Geiseln ebenfalls freizugeben! Keine weiteren Gewalttaten mehr gegen die Haidu und ihre Verbündeten!

Und bei Erfüllung dieser Forderungen eine friedliche Koexistenz mit den Römern.

Ja.

Im anderen Fall konnten Sie sich ja auf den Senatsbeschluss unter den Konsuln Messala und Piso berufen, der besagt, dass der Statthalter der gallischen Provinz sogar verpflichtet ist, die Haidu und andere Verbündete zu schützen.

Soweit das ohne Gefahr für das Wohl unseres Staates möglich ist.

Und Ariowists Antwort?

Die habe ich noch ganz genau im Kopf. Ich zitiere sinngemäß: „Nach traditionellem Kriegsrecht kann der Sieger dem Besiegten Vorschriften machen. Auch Rom verfährt als Sieger so und richtet sich nicht nach Dritten. Ich schreibe Rom nicht vor, wie es seine Rechte geltend macht, und so ist auch nicht in Ordnung, wenn Rom mir Vorschriften macht. Ich habe die Haidu im Kampf besiegt und tributpflichtig gemacht. Diese Einnahmen stehen mir zu, und wenn Rom sie mir zu schmälern versucht, begeht es ein Unrecht.“

Das heißt, Ariowist lehnte alles ab.

Er sagte zumindest zu, die Haidu nicht ohne triftigen Grund anzugreifen. Aber die Geiseln gab er nicht zurück. Und sie mussten weiter Tribut zahlen, sonst würde ihnen auch die Freundschaft Roms nichts helfen.

Da hat Ariowist ja auch noch eine Drohung mitgeschickt.

Ja, er wies sehr deutlich darauf hin, dass noch jeder, der ihn kriegerisch herausforderte, draufzahlte. Und den letzten Satz seiner Botschaft habe ich mir genau gemerkt: „Wenn Sie Lust haben, dann kommen Sie nur! Sie werden schon merken, was unbesiegte und kampferprobte Germanen, die 14 Jahre lang kein festes Dach über dem Kopf gehabt haben, durch Tapferkeit zu leisten imstande sind!“

Das ist ja eine deutliche Provokation gewesen.

Natürlich! Aber das war noch nicht alles. Fast gleichzeitig mit dieser Botschaft Ariowists erreichte mich eine Gesandtschaft der Haidu und der Trewer.

Wieder Beschwerden über die Germanen?

Ja. Die Haidu beklagten sich darüber, dass die erst vor kurzem in Gallien eingedrungenen Harud-Germanen ihr Gebiet verwüsteten und nicht einmal durch Geiseln zum Frieden zu bewegen waren. Auch über Ariowist und seine Aggression beschwerten sie sich.

Und die Trewer?

Die berichteten, dass zahlreiche (angeblich hundert) Sippen von Ariowists Swebstamm sich am Rhenufer bereitmachten, überzusetzen. Als Anführer dieses Unternehmens wurden Nasua und ein gewisser Kimberi genannt. Jetzt stellen Sie sich vor, was passieren hätte können, wenn diese Scharen sich mit Ariowists alten Kampftruppen vereinigten.

Da durften Sie wohl keine Zeit verlieren.

So ist es. Ich war ernsthaft beunruhigt und zog sofort in Eilmärschen den Germanen entgegen. Nach drei Tagen erhielt ich die Nachricht, dass Ariowist unterwegs war, um Wesontio, die größte Stadt der Sequan, mit seinen Truppen zu besetzen. Dem mussten wir zuvorkommen.

Wesontio war ja sicher schon damals von enormer strategischer Bedeutung. Vielleicht darf ich hier einen kurzen Blick auf die einzigartige Lage der Stadt werfen. Der Fluss Dubis umgibt die Stadt wie mit einem Zirkel gezogen fast zur Gänze, sodass nur ein einziger Zugang bleibt, und der ist erstens maximal 1500 Fuß breit, und wird zweitens von einem ziemlich hohen und steilen Felsberg beherrscht. Die Festung dort ist also eigentlich so gut wie uneinnehmbar.

Und diese Höhe besetzten wir auch sofort. Wir waren bei Tag und Nacht marschiert, und jetzt musste ich mich in Wesontio um die Versorgung meiner Soldaten kümmern. In der Zwischenzeit ließ ich von meinen verlässlichsten Leuten Erkundigungen in der Bevölkerung einholen.

Was war da besonders interessant oder wichtig?

Im Krieg ist jede Information wichtig, die Rückschlüsse auf das Kräfteverhältnis zwischen dem Feind und den eigenen Leuten zulässt. Auch Stimmungen können Kriege entscheiden.

Und war die Stimmung unter den Galliern gut?

Absolut nicht! Sie hatten panische Angst vor den Germanen, die sie als riesengroß beschrieben, mit feurigem Blick und unglaublicher Fertigkeit im Gebrauch ihrer Waffen. Das Problem war, dass sich große Teile meines Heeres von dieser Furcht anstecken ließen.

Das römische Heer in Furcht vor feurig blickenden Germanen? Das kann man sich nur schwer vorstellen.

Der Fisch beginnt beim Kopf zu stinken. Und jetzt bedenken Sie einmal, wer sich damals aller im Offizierskorps meiner Legionen herumtrieb: Tribunen, Präfekten, und so weiter, eine Menge Leute, die ihre Anwesenheit bei der Truppe nur als Sprungbrett für eine politische Karriere benutzten, ohne die geringste Ahnung vom Kriegshandwerk zu haben. Dann noch diejenigen, die aus Sympathie zu mir dabei waren. Und plötzlich fanden sie alle irgendeinen Vorwand, zu verschwinden. Auf einmal waren alle zu Hause unabkömmlich.

Kein einziger ist geblieben?

Nur wenige, und fast wäre es mir lieber gewesen, die wären auch verschwunden.

Wieso?

Weil sie die Stimmung noch zusätzlich vergifteten. Entweder saßen sie heulend in ihren Zelten, oder – was noch viel schlimmer war – sie trafen sich mit ihren Kameraden zum gemeinsamen Jammern. Ich möchte nicht zählen, wie viele Testamente da geschrieben worden sind.

Und das färbte auf die kampferprobten Teile der Truppe und auf die altgedienten Centurionen und Reiterkommandanten ab?

Bis zu einem gewissen Grad - ja. Ich hörte zwar viel von Bedenken wegen gefährlichen Marschrouten oder unübersichtlichen Wäldern oder Schwierigkeiten mit dem Nachschub, aber – wenn auch unausgesprochen – dahinter steckte meistens Angst vor den unbekannten Feinden. Es kursierten sogar Gerüchte über eine mögliche Meuterei.

Wie haben Sie darauf reagiert?

Ich habe einen Kriegsrat einberufen, zu dem auch alle Centurionen aller Dienstgrade zu kommen hatten.

Machten Sie ihnen Vorwürfe?

Klar. Wie konnten sie sich dazu berufen fühlen, zu beurteilen, nach welchem Plan ein Feldzug zu führen sei? Und ich wies deutlich darauf hin, dass Ariowist, der ja ganz offiziell die Freundschaft Roms suchte, seinen Verpflichtungen sicher nachkommen würde.

Dafür gab es aber keine Garantie.

Das nicht, aber für den Fall, dass er irgendwelche verrückten Dinge tat, sollten römische Soldaten eigentlich nicht in Angst und Schrecken geraten. Und ihre Tapferkeit und ihr Pflichtbewusstsein sollten sie auch nicht vergessen. Dann half ich ihren Geschichtskenntnissen auf die Sprünge.

Eben, es gab ja damals schon etliche Beispiele ähnlicher Konfrontationen mit Germanen. Die Kimbri und Teutones unter Marius …

Das war eines meiner Beispiele. Und dass die Helueti gegen uns verloren hatten, den Germanen aber überlegen waren, sollte sie auch überzeugen. Und die Flucht der Gallier bei Magetobriga sollten sie nicht überbewerten, weil sie eigentlich ein unglücklicher Zwischenfall war, der mit einer etwaigen militärischen Begabung Ariowists nichts, aber schon gar nichts zu tun hatte.

Sind Sie der Meinung, dass Ariowist eher ein Blender war als ein gewiefter Taktiker?

Er war schlau. Und unberechenbar. Damit konnte er gegen wild und undiszipliniert kämpfende Gallierstämme erfolgreich sein, aber niemals gegen ein geordnet auftretendes römisches Heer.

Aber Ihre Soldaten hatten ja, wie Sie gesagt haben, Bedenken wegen möglicher Nachschubprobleme. Konnten Sie die ausräumen?

Das war dumm. Trauten sie mir als ihrem Oberbefehlshaber nicht zu, diese Dinge korrekt zu organisieren? Das Getreide, das bei den Sequan und anderen bestellt war, stand erntereif auf den Feldern, zum Teil war es sogar schon verladen. Und die Drohung mit einer Meuterei, das machte ich sehr deutlich, beeindruckte mich nicht im Mindesten. Ich wies darauf hin, dass ich mein ganzes militärisches Leben lang erfolgreich war, und dass ich immer für meine Soldaten ein offenes Ohr und eine offene Hand hatte. Und zum Schluss befahl ich den Aufbruch für 3 Uhr früh.

So plötzlich?

Ja, dann konnten sie zeigen, was bei ihnen stärker war, Ehre und Pflicht oder Angst.

Und wenn sie trotzdem Ihre Befehle verweigert hätten?

Dann wäre ich mit der 10. Legion allein losmarschiert.

Ihre Lieblingstruppe.

Mutig und verlässlich.

Aber wir wissen natürlich, dass dieser Fall dann doch nicht eingetreten ist.

Nein, im Gegenteil, es verbreitete sich ein allgemeines Gefühl der Begeisterung. Zuerst bedankte sich die 10. Legion für mein Vertrauen. Dann überredeten sie alle anderen, sich bei mir zu entschuldigen und mir ihre Loyalität zu versichern.

Und dann ging es mitten in der Nacht los.

Ja. Diwikiak hatte für uns eine halbwegs sichere Marschroute erkundet, die zwar einen Umweg von ungefähr 50 Meilen bedeutete, die aber durch übersichtliches Gelände führte, was die Gefahr von Hinterhalten bedeutend verringerte. Und sechs Tage später meldete ein Aufklärungstrupp, dass Ariowist nur mehr 24 Meilen von uns entfernt war.

Und jetzt kommt das Treffen mit Ariowist.

Sie können es ja schon nicht mehr erwarten. Ja, also, Ariowist ließ mir durch Gesandte mitteilen, dass er nichts gegen ein Treffen einzuwenden habe.

Das hat Sie zuversichtlich gestimmt?

Ja, ich glaubte ernsthaft, er wäre zur Vernunft gekommen. Und so vereinbarten wir ein Treffen in fünf Tagen.

Ohne Bedingungen?

Oh nein. Er verlangte von mir, keinen Mann zu Fuß mitzubringen.

Er fürchtete wohl einen Überfall.

Sieht so aus. Jedenfalls wollte er, dass wir beide nur von Reiterei begleitet würden.

Aber Sie hatten doch gar keine römischen Reiter. Das waren doch alles Gallier.

Richtig. Deshalb ließ ich denen die Pferde abnehmen und setzte Leute aus meiner 10. Legion darauf. Die fühlten sich sogar sehr geehrt, und einer machte einen Witz, indem er sagte: „Jetzt sind wir nicht nur Caesars Leibgarde, jetzt sind wir sogar Ritter.“

Und jetzt zu dem berühmten Treffen. Da war doch, wie man weiß, dieser Hügel inmitten einer weiten Ebene.

Ariowist wollte, dass wir zu Pferd reden. Und jeder von uns sollte nur zehn Mann mitbringen. Die anderen blieben ein paar hundert Schritte entfernt.

Sie haben zuerst gesprochen. Können Sie uns in kurzen Worten den Inhalt Ihrer Rede zusammenfassen?

Ganz kurz: Rom hat Ariowist immer als Freund betrachtet und ihn mit vielen Ehrungen und Geschenken ausgezeichnet. Im Unterschied zu anderen Leuten in ähnlicher Lage waren seine, Ariowists, Verdienste vergleichsweise gering. Die Haidu wiederum sind seit langer Zeit und wohl begründet Bundesgenossen Roms, die man jetzt nicht im Stich lassen kann. Daher die Forderungen: Kein Angriff auf die Haidu, Rückgabe der Geiseln, und wenn schon nicht Rückzug, so wenigstens keine weiteren germanischen Zuzüge über den Rhen.

Und die Antwort Ariowists, ebenso kurz zusammengefasst?

Zuerst einmal viel Selbstlob. Dann: Ich bin ja nicht aus eigenem Antrieb nach Gallien gekommen, die haben mich ja gerufen. Heimat und Familie habe ich dafür verlassen. Geiseln und Tributzahlungen haben sie freiwillig abgeliefert, und dann haben sie mich angegriffen. Ich habe gewonnen, aber wenn sie es noch einmal versuchen wollen, ich bin bereit. Und wenn jetzt Rom sich aufseiten Galliens einmischt, na dann verzichte ich auf die Freundschaft Roms. Und außerdem – ich bin früher nach Gallien gekommen als Caesar. Überhaupt ist noch nie ein römisches Heer in gallisches Gebiet eingedrungen.

Das ist eigentlich nur eine Umschreibung für: „Was wollen Sie hier überhaupt?“