Ihr seid noch nicht besiegt - Alaa Abd El-Fattah - E-Book

Ihr seid noch nicht besiegt E-Book

Alaa Abd el-Fattah

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Beschreibung

Der Autor gilt als »Ikone des arabischen Frühlings« (Die Zeit) und ist im Dezember 2021 trotz internationaler Kritik vom ägyptischen Regime zu weiteren fünf Jahren Haft verurteilt worden. Der Vorwurf lautet Verbreitung von Fake News und Gefährdung der nationalen Sicherheit. Um die Weltöffentlichkeit mit seinen Worten aufzurütteln, haben Freunde und Familie eine Auswahl von Reden, Posts und Essays aus den letzten zehn Jahren zusammengestellt. Die meisten davon hat er unter widrigsten Umständen im Gefängnis geschrieben. In bewegenden Worten, schwankend zwischen Wut und Trauer, erzählt dieser mutige, unabhängige Freiheitskämpfer seine Geschichte. Dabei bleibt er sich selbst gegenüber kritisch und ist für alle politisch Engagierten ein Vorbild darin, nie den Humor und die Hoffnung zu verlieren. Er setzt sich mit diversen politischen Fragen auseinander, rechnet beispielsweise mit den Sozialen Medien ab, weil sie ihr solidarisches Potenzial nicht ausgeschöpft haben. Seine Texte sind heroische Zeugnisse eines Jahrzehnts des Widerstands und eine Reflexion darüber, was aus den Niederlagen für die Zukunft gelernt werden kann. Naomi Klein hat dazu ein einsichtsvolles, aufrüttelndes Vorwort geschrieben.

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Seitenzahl: 329

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Mit einem Vorwort von Naomi Klein

Aus dem Englischen von Utku Mogultay

Die englische Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel You Have Not Yet Been Defeated bei Fitzcarraldo Editions in London.

In Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung e.V.

Die Arbeit des Übersetzers am vorliegenden Text wurde vom Deutschen Übersetzerfonds gefördert.

Die Reihe wurde 2008 neu gegründet von Patrizia Nanz und Susanne Schüssler.

E-Book-Ausgabe 2022

© Fitzcarraldo Editions, 2021

© 2022 für die deutsche Ausgabe

Verlag Klaus Wagenbach, Emser Straße 40/41, 10719 Berlin

Covergestaltung Julie August unter Verwendung der Fotografie »Alaa Abd El Fatah speaks to protestors during a demonstration in Tahrir square on New Year’s Eve, 31/12/2011. Cairo, Egypt« © Mosa’ab Elshamy. Datenkonvertierung bei Zeilenwert, Rudolstadt

Alle Rechte vorbehalten. Jede Vervielfältigung und Verwertung der Texte, auch auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt insbesondere für das Herstellen und Verbreiten von Kopien auf Papier, Datenträgern oder im Internet sowie Übersetzungen.

ISBN: 978 3 8031 4359 4

Auch in gedruckter Form erhältlich: 978 3 8031 3724 1

www.wagenbach.de

VORWORTVON NAOMI KLEIN

Das Buch in euren Händen ist gelebte Geschichte. Viele dieser Worte entstanden, nur mit Hilfe von Papier und Bleistift, in einer Zelle im berüchtigten Tora-Gefängnis in Kairo. Auf welche Weise sie genau herausgeschmuggelt wurden, werden wir wohl nie erfahren. Ein Text wurde gemeinsam mit einem anderen politischen Gefangenen verfasst: Zwei Haftgenossen riefen einander ihre Gedanken über den finsteren Gefängnishof hinweg zu. Einige Schriften entstanden in relativer Freiheit, andere kurz vor einer erneuten Inhaftierung oder in der Bewährungszeit, in der der Autor seine Nächte in einer Isolationszelle auf einem Polizeirevier verbringen musste.

Unabhängig davon, wann und in welcher Form (Essay, Brief, Interview, Tweet, Rede) sie verfasst wurden, existieren diese Texte nur deshalb, weil der ägyptische Schriftsteller, Intellektuelle, Technologe und Revolutionär Alaa Abd el-Fattah außergewöhnliche Risiken auf sich genommen hat. Dazu gehört auch die anhaltende Gefahr, dass weitere groteske Vorwürfe gegen Alaa laut werden und ihm eine Haftverlängerung droht. Die außerhalb des Gefängnisses oder in der Bewährungszeit geschriebenen Texte konnten unmittelbar dazu führen – was durch die nächtlichen Besuche von staatlichen Sicherheitsbeamten sehr greifbar wurde –, erneut verhaftet zu werden oder gar Schlimmeres erwarten zu müssen. Dennoch schrieb Alaa weiter.

Dass diese Texte, viele davon erstmals übersetzt, nun in Buchform vorliegen, verdanken wir auch seinen Freunden, seiner Familie und seinen Genossen, die für die leuchtende, aber brutal erstickte Revolution in Ägypten zahlreiche Risiken eingingen: all jene, die vor dem Gefängnis campierten und forderten, mit dem Gefangenen zu sprechen; die heimlich Papierfetzen herausschmuggelten; die eine Auswahl an Texten aus Alaas umfangreichem Werk zusammenstellten und sie für dieses Buch redigierten, übersetzten und kontextualisierten.

Ihre sorgfältige Arbeit leisteten sie vor dem Hintergrund der sich immer weiter verschärfenden Repression des Regimes gegen seine politischen Gegner. Die Opposition ist politisch und ideologisch sehr unterschiedlich aufgestellt. Alaa und seine Genossen gehören zur linken, internationalistischen, antikonfessionellen, jungen Bewegung, die Teil des globalen Widerstands gegen das transnationale Kapital und seine nationalen Institutionen ist – eine Protestbewegung, die sich in so unterschiedlichen Kontexten wie dem Tahrir-Platz oder Occupy Wall Street manifestiert hat. Weil sich diese oppositionelle Strömung geweigert hat, ihre Hoffnung auf ein freies Ägypten aufzugeben, hat auch sie den Zorn des rachsüchtigen Regimes unter General Abdel Fattah al-Sisi zu spüren bekommen.

Während ich diese Zeilen schreibe, sitzt Alaa, wie er befürchtete, wieder im Gefängnis. Das Schweigen aus seiner Zelle ist beunruhigend. Auch seine Schwester Sanaa Seif, selbst eine bekannte Aktivistin, ist in Haft, diesmal wegen »Verbreitung von Falschmeldungen«. Redakteure der Online-Zeitung Mada Masr, die viele von Alaas Texten erstveröffentlicht hat, wurden schikaniert und verhaftet, weil sie der staatlichen Propagandaflut mit unabhängigem Denken begegnen.

Alaa hat sich ausführlich mit dem südafrikanischen Freiheitskampf beschäftigt, insbesondere mit der Freiheitscharta. Dieses Dokument legte während einer der repressivsten Phasen der Apartheidherrschaft einen Fahrplan in die kollektive Freiheit vor. Aufgrund der immensen Schwierigkeit, den Text der Charta überhaupt anzufertigen, gewann dieses Dokument noch mehr an Bedeutung und Tragweite. Das vorliegende Buch ist ebenfalls das Ergebnis von revolutionären Bemühungen, von List und Hoffnung. In einer Zeit, in der alles »reibungslos« zu sein hat, entstand es durch pure Reibung.

Schon deshalb ist die Existenz dieses Buches bemerkenswert, aber diese Reibung ist nicht der Grund, warum es gelesen werden sollte. Es sollte wegen seiner genauen Sprache gelesen werden, wegen seiner mutigen Form- und Stilexperimente und wegen der unzähligen originellen Wendungen, mit denen der Autor seine Verachtung für Tyrannen, Lügner und Feiglinge zum Ausdruck bringt. Vor allem aber sollte es gelesen werden, weil Alaa sehr viel über Revolutionen zu sagen hat – warum die meisten von ihnen scheitern, wie sich das anfühlt und wie sie vielleicht trotzdem gelingen könnten. Seine Analyse zeugt von einem tiefen Verständnis von populärer Kultur, digitaler Technologie und den kollektiven Emotionen während Situationen, in denen sich Menschen Panzern entgegenstellen oder den Familien von Märtyrern Trost spenden.

Als er 2019 vor seiner Wiederverhaftung wenige Monate auf Bewährung freikam, reflektierte Alaa wiederholt darüber, wie sich die Welt während seiner Gefängnisjahre verändert hatte: Wann haben erwachsene Menschen eigentlich angefangen, mit Emojis und GIFs zu kommunizieren? Warum gibt es neben dem Online-Dauergeplapper so wenig ernsthaften Diskurs, bei dem engagierte Menschen wechselseitig ihr Wissen über historische und aktuelle Ereignisse austauschen und gemeinsam Rückschlüsse daraus ziehen?

In einem Interview mit Mada Masr stellte Alaa fest: »Als ich freikam, dachte ich, wir wären wieder in der Steinzeit. Die Leute kommunizierten mit Emojis und Geräuschen – ha ha ho ho – und nicht mit Texten. Dabei sind Texte und das geschriebene Wort großartig. Dementsprechend bin ich irritiert.« Er beschreibt eine Diskussionsrunde zu der Frage, ob die Generation Tahrir der Jugend im Sudan, die sich 2019 zu einem mutigen Aufstand erhob, etwas mitgeben kann: »Du bist dann in diesem Kreis von Leuten, die einander GIFs und Herz-Emojis schicken … Dieses Medium ist erdrückend. Es ist seltsam – alle Welt weiß, wie einschränkend diese Werkzeuge und Medien sind, sie glauben nicht an sie und begegnen ihnen misstrauisch, aber benutzen sie trotzdem weiter. Es braucht da ein Umdenken.«

Seine Kritik an der Art und Weise, wie konzerngeführte Kommunikationsplattformen wichtige Themen systematisch infantilisieren und trivialisieren, ist besonders überzeugend, weil Alaa kein technophober Mensch ist. Im Gegenteil – er ist Programmierer, weltbekannter Blogger und Social-Media-Aficionado mit fast einer Million Followern auf mehreren Plattformen.

Zum Aktivismus fand er Ende der neunziger, Anfang der nuller Jahre als Jugendlicher, der im Web 1.0 surfte. Über Mailinglisten und Indymedia-Netzwerke formierten sich damals neue Bewegungen, die über Kontinente und Ozeane hinweg zusammenfanden, um sich mit Palästina und den Zapatistas solidarisch zu zeigen; um in Seattle, Genua und Porto Alegre der von Konzernen vorangetriebenen Globalisierung Kontra zu geben; und um gegen die von den USA und Großbritannien geführte Invasion und Besetzung des Irak zu protestieren. Als Arbeiter verdiente Alaa mit dem Internet seinen Lebensunterhalt; als Aktivist war es eine seiner wichtigsten Waffen.

Doch er hat auch miterlebt, wie diese vernetzten Technologien – voller Potenzial für mehr Solidarität, Verständnis und neue Formen des Internationalismus – zu Werkzeugen aggressiver Überwachung und sozialer Kontrolle werden; wie Big-Tech-Unternehmen mit repressiven Regimes zusammenarbeiten; wie Staaten das Internet während Protesten abschalten; und wie böswillige Akteure Tweets aus dem Kontext reißen, um Aktivisten durch Rufmord zu schädigen und ihre Verhaftung zu erwirken. Interessanterweise sind es jedoch nicht diese eindeutig repressiven Anwendungen, die Alaa in seinen Texten am meisten beschäftigen. So schrieb er 2017: »Meine Online-Texte werden oft vor Gericht und in Schmutzkampagnen gegen mich verwendet, aber sie sind nicht der Grund dafür, dass ich verfolgt werde; meine Offline-Aktivitäten sind der Grund.« Diese Einschätzung hängt vielleicht damit zusammen, dass Alaa in einer Familie von Revolutionären aufwuchs. Als er noch jung war, landete sein Vater, der bekannte Menschenrechtsanwalt Ahmed Seif el-Islam, wiederholt im Gefängnis. Alaa weiß gut, dass autoritäre Staaten immer wieder Wege finden, all jene Figuren, die ihre Machtposition bedrohen, zu überwachen und wegzusperren, sei es mit digitalen oder analogen Mitteln.

Ebenso wenig unterlag Alaa der Illusion, das Silicon Valley unterstütze die Befreiung seines Volks. In einer der hellsichtigsten Passagen dieses Buches – die er 2016 ohne Internetzugang in seiner Gefängniszelle schrieb – nimmt er fast buchstäblich den Alltag im Covid-19-Lockdown vorweg, einschließlich der Angriffe auf öffentliche Bildung und Arbeitsstandards. Den techno-utopischen Duktus des Silicon Valley nachahmend schreibt er: »Und der Tag danach wird ein noch viel glücklicherer Tag, wenn sie dich in den Vorruhestand schicken, weil du von einem Roboter ersetzt wurdest.«

Seine Analyse der Mechanismen des Kapitals verdeutlicht, dass – während andere die »Facebook-Revolution« und die »Twitter-Aufstände« feierten – Alaa fest im Blick behielt, wie diese Konzerne funktionieren und welchen Interessen sie dienen. Bevor er längere Zeit in Haft kam, reiste Alaa während des Interregnums 2011 nach Kalifornien, um als Keynote-Speaker bei der ersten RightsCon aufzutreten, der mittlerweile jährlich im Silicon Valley stattfindenden Konferenz zu Menschenrechten. Fraglos erwartete man, dass der Held vom Tahrir-Platz dem Publikum mit Erzählungen darüber schmeicheln würde, wie hilfreich ihre Firmen für die Revolution in Ägypten waren und wie sie die gemeinsamen Ziele von Demokratie und Freiheit weiter voranbringen könnten. Stattdessen blickte er, wie aus dem Transkript der Rede hervorgeht, »einigermaßen zynisch« auf die Prämisse der Veranstaltung. Natürlich wäre es schön, wenn sich die Tech-Riesen im Silicon Valley für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte einsetzen – doch »Konzerne werden so etwas wohl kaum tun.« Sie sind vielmehr darauf ausgerichtet,

jede einzelne Transaktion zu monetarisieren … Ich gehe nicht davon aus, dass Twitter oder Facebook oder die Mobilfunkunternehmen ihre Geschäftsmodelle nur für die Aktivisten ändern werden, das wird wohl nicht passieren … Was wir brauchen, ist eine Revolution. Was passieren muss, ist, dass sich die Dinge von Grund auf ändern, dahingehend, dass wir diese erstaunlichen Produkte zwar herstellen und damit unser Geld verdienen, aber nicht versuchen, Monopole zu errichten, und nicht versuchen, das Internet zu kontrollieren oder unsere User zu kontrollieren oder uns zum Komplizen von Regierungen zu machen.

Diese Einsichten haben sich im vergangenen Jahrzehnt sehr eindrücklich bewahrheitet, weshalb leicht zu vergessen ist, dass sie 2011 im Silicon Valley fast der Ketzerei gleichkamen.

Statt Tech-Firmen als revolutionäre Genossen zu betrachten, widmet sich Alaa den subtileren Auswirkungen von sozialen Medien und Kommunikationsplattformen auf das tägliche Leben, die Diskurskultur sowie die Formation fragiler und verwundbarer Identitäten. Zu diesem Thema kehrt er immer wieder zurück, denn für das Schicksal sozialer Bewegungen ist es mindestens genauso wichtig wie das Problem staatlicher Überwachung und Zensur. Wenn die Gruppen und Individuen, die einen politischen Wandel fordern, nicht konstruktiv miteinander reden können, welche Rolle spielt dann noch die Zensur?

Als Alaa 2019 kurzzeitig aus der Haft entlassen wurde, hatten sich seine Bedenken noch verstärkt. Die Erfahrung muss erschütternd gewesen sein. Viereinhalb Jahre hinter Gittern waren eine schmerzvolle Übung in Geduld, Zurückhaltung und Aufschub gewesen. Und mit einem Mal tauchte er wieder in die Welt digitaler Sofortbelohnung und pausenloser Inputs ein. Verständlicherweise war er entsetzt. Nicht nur weil plumpe Emoticons an die Stelle sorgfältig gewählter Worte getreten waren, sondern auch aufgrund der Dissonanz zwischen dem hohen Tribut, den der Befreiungskampf gegen das Militärregime gefordert hatte – die gefallenen Genossen, Tausende politische Gefangene, gefolterte Körper, Todesurteile –, und dem unbeschwerten, absurden Ton fast sämtlicher Online-Diskussionen in Ägypten und anderswo. Der Subtext scheint eindeutig: Er hatte seine Freiheit verloren, die Geburt und ersten Lebensjahre seines Sohns verpasst, sich nicht von seinem Vater verabschieden können, vor allem weil er überzeugt gewesen war – und das ägyptische Militärregime würde wohl zustimmen –, dass Worte Macht haben. Warum also lassen dermaßen viele ihre relative Meinungsfreiheit ungenutzt, indem sie so leichtfertig mit Worten umgehen?

»Ich habe den Eindruck, wir sind in eine Regression verfallen«, so Alaa, »sogar in der Zweierkommunikation, nicht nur kollektiv – wir verlieren die Fähigkeit, uns mit komplexen Themen auseinanderzusetzen.«

Regression und Reife

Es passt ins Bild, dass sich Alaa auf das Thema Regression fokussiert, als er nach Ende der von ihm als »Kältestarre« beschriebenen Zeit im Gefängnis wieder online aktiv wird. Denn das Gefängnis, das ihn – wie zuvor schon seinen Vater – verschluckt hatte, zielt darauf ab, die inhaftierte Person in einen regressiven Zustand zu versetzen. Isolation, Demütigung, willkürliche Änderungen von Vorschriften, gekappte Verbindungen zur Außenwelt – all das soll einen lähmenden, entkräftenden Zustand der Unterwerfung herbeiführen. Umso bemerkenswerter ist, dass es dem Gefängnis nicht gelungen ist, den Autor in einen solchen regressiven Zustand zu versetzen. Das Gegenteil ist der Fall, was das vorliegende Buch zweifellos belegt.

Neben seiner Stilsicherheit und Ideenschärfe sticht dieses Buch vor allem durch seine politische Reife hervor. Reif ist es deshalb, weil ihm etwas gelingt, das in der Literatur zu sozialen Bewegungen sehr selten ist: Es nimmt das Ausmaß der Verluste ungeschönt in den Blick.

Seit ich Ende der neunziger Jahre zu den globalisierungskritischen Bewegungen fand – Alaa hatte sich diesem weltweiten Netzwerk als Jugendlicher angeschlossen – , erstaunt mich, wie schwierig es ist, im Zentrum eines Aufstands zu erkennen, wann ein revolutionärer Moment vorüber ist. Die Kernorganisatoren halten weiterhin Treffen und Strategiesitzungen ab und hoffen auf einen neuen Durchbruch in greifbarer Nähe – nur die unterstützenden Massen sind unerklärlich abwesend. Da ihre Ankunft aber immer etwas Unerklärliches hat, kann sich diese Situation wie ein vorübergehender Zustand und nicht wie ein bleibender Rückschlag anfühlen. Tatsächlich sind wir Linke bekannt dafür, jahrelang wie Golems im Gehäuse unserer Bewegungen umherzutaumeln, ohne zu merken, dass uns alle Lebenskraft ausgesaugt wurde.

Alaa thematisiert dieses unheimliche, von Untoten bevölkerte Stadium politischer Organisation, wenn er mit erschütternder Genauigkeit eine Zeit beschreibt, in der »die Revolution selbst noch nicht geglaubt hat, dass sie vorbei ist«. Mit Blick auf das Jahr 2013, als der am Tahrir-Platz entfachte Geist der Befreiung dem Kampf zwischen Muslimbrüdern und Sicherheitsstaat wich, schreibt er: »Meine Worte hatten keine Kraft mehr, dennoch strömten sie weiter aus mir heraus. Ich hatte immer noch eine Stimme, obwohl mir nur noch wenige zuhörten.«

Alaa ist politisch nicht mehr auf diese Art Autopilot gestellt. Stattdessen hat er sich schon seit Jahren auseinandergesetzt mit schmerzvollen Fragen wie: Haben wir tatsächlich verloren? Wie weit sind wir gekommen? Was können wir für die Zukunft lernen, damit wir nicht wieder scheitern? Seine hier versammelten Diagnosen halten sich fern von naivem Optimismus oder selbstgefälligem Fatalismus. Zwar verzeichnet er die Erfolge der Bewegung und beschwört den »Zusammenhalt« am Tahrir-Platz, doch er erkennt auch an, dass die Revolution in Ägypten die gemeinsamen Minimalziele nicht erreicht hat: eine Regierung, die regelmäßig in demokratischen Wahlen gewählt wird, und eine Justiz, die das Recht auf körperliche Unversehrtheit vor willkürlicher Verhaftung, Militärverfahren, Folter, Vergewaltigung und staatlich verübten Massakern schützt.

Während die Revolution in der Bevölkerung maximalen Rückhalt hatte, schaffte sie es nicht, »eine gemeinsame Vision mit unseren Forderungen für Ägypten zu artikulieren. Zu verlieren ist eine Sache«, so Alaa, »aber du brauchst wenigstens eine Erzählung darüber, was wir gemeinsam erreichen wollen.« Seine früheren, stärker programmatischen Essays verdeutlichen, dass es nicht an Ideen mangelte. Inspiriert von der außergewöhnlichen Graswurzelinitiative, die zum Entwurf der Freiheitscharta von Südafrika führte, skizziert Alaa ein Szenario, in dem die auf dem Tahrir-Platz erwachte Bewegung das ganze Land erfasst und in »intensiven Gesprächen mit Tausenden von Bürgern« auf demokratischem Weg die Vision einer gemeinsamen Zukunft entwickelt. »Wir sind uns einig, dass die Verfassung eines der wichtigsten Ziele unserer laufenden Revolution ist – warum sollten die revolutionären Massen nicht an ihrem Entwurf teilhaben?« Aber weder bei den hierarchisch organisierten politischen Parteien, die die partizipative Demokratie ablehnen, noch bei den Straßenaktivisten, die jede Form von Staatsmacht verachten, verfing diese Idee.

»Dennoch«, ergänzt Alaa sein schonungsloses Resümee, »hat die Revolution ein Regime gebrochen.« Sie hat Mubaraks Apparat besiegt, und auch wenn die neue Junta noch brutaler vorgeht, macht sie ihr schwacher Rückhalt in der Bevölkerung angreifbar. Für Alaa sind Durchbrüche weiter möglich. Er schreibt zugleich als schärfster Kritiker der Revolution und als ihr leidenschaftlichster Kämpfer – was einleuchtend ist, wenn man bedenkt, wo er sich derzeit befindet. Für diesen Autor ist jegliche Kommunikation mit der Außenwelt ein Risiko. Er kann sich weder erlauben, die Stärke seiner Bewegung trügerisch hochzuspielen, noch ihr latentes Potenzial endgültig zu beerdigen. Er hat nur Zeit für Worte, die die Möglichkeit bieten, das Machtgefüge tatsächlich zu verschieben.

Wir, die wir an den Protesten beteiligt waren, die Ende der neunziger, Anfang der nuller Jahre mit der Globalisierungskritik in Gang kamen und sich mit den Besetzungen öffentlicher Plätze und später mit der Hinwendung zu den Themen Klimagerechtigkeit und Antirassismus fortsetzten, können von Alaas intellektueller Aufrichtigkeit viel lernen. Denn wo auch immer wir leben, es ist nicht unwahrscheinlich, dass wir ebenfalls größere politische Niederlagen erlebt haben, auch wenn sie vielleicht weniger deutlich und schmerzhaft waren als die Konterrevolution in Ägypten. Viele der heutigen Organisationsformen schirmen uns jedoch vor einer direkten Auseinandersetzung mit diesen Niederlagen ab und tragen dazu bei, die Trauer über die mit ihnen einhergehenden materiellen Verluste zu verdrängen. Viele Faktoren begünstigen dieses Ausweichen: Wenn wir beispielsweise gar keine Forderungen an die Macht stellen, können sie auch nicht enttäuscht werden. In anderen Fällen sind unsere Forderungen wiederum so pauschal und umfassend, dass der Tag, an dem sie erfüllt werden könnten, in endlose Ferne rückt. Und natürlich gibt es immer wieder eine neue Krise, die unsere Aufmerksamkeit verlangt und Anlass gibt, die mühevolle Reflexion wieder aufzuschieben.

Das heißt keinesfalls, dass alle, die sich dieser weltweiten Protestbewegung zugehörig fühlen, dieselben Entwicklungen durchlebt hätten. Als wir, inspiriert vom Tahrir-Platz, öffentliche Plätze und Parks in Nordamerika und Europa besetzten, lebten wir bereits in freiheitlichen Demokratien und mussten nicht den Wiederaufstieg eines Militärregimes befürchten. Als unsere Besetzungen scheiterten, konnten sich viele von uns den letztlich erfolglosen Kampagnen von Bernie Sanders und Jeremy Corbyn oder den Bündnisexperimenten von Syriza in Griechenland und Podemos in Spanien anschließen. Derweil gelang es den Menschen in Bolivien, einen vom Ausland unterstützten Putsch abzuwehren und ihre linke Regierung zu stützen. Kurzum, die nationalen Kontexte sind sehr unterschiedlich, und einige Aktivisten zollen deutlich mehr Tribut, in Form von Blut und Freiheit, für die politischen Rückschläge innerhalb und zwischen den höchst ungleichen Nationalstaaten, in denen wir leben.

Angesichts der Flächenbrände infolge der globalen Klimakrise, dem Aufschwung faschistischer politischer Kräfte und der immer stärkeren Konzentration von Vermögen in der Hand einer transnationalen Milliardärsklasse, die sogar aus einer Pandemie Profit schlug (und sie durch ihre Gier umso tödlicher machte), kann wohl keiner von uns behaupten, dass wir gewinnen. Fraglos haben linke Bewegungen den öffentlichen Diskurs in den letzten Jahren geprägt und deutlich gemacht, dass sich viele Millionen Menschen nach einem tiefgreifenden Wandel sehnen. Vielerorts kam es zur Abrechnung mit anhaltender kolonialer Gewalt, weißer Vorherrschaft, patriarchalen Strukturen und natürlich mit dem Kapital. In Schulen, vor Gerichten und anderswo erringen wir weiterhin konkrete Siege. Doch unterm Strich bleibt festzuhalten, dass wir es verfehlt haben, die Maschinerie der industriellen Umweltverschmutzung und des ausbeuterischen Handels zu stoppen. Wir haben es verfehlt, den Anstieg der globalen Emissionen aufzuhalten. Wir haben es verfehlt, die Invasionen im Irak und Afghanistan und den Krieg im Jemen zu verhindern. Unser Widerstand – so heroisch und vital dieser auch gewesen sein mag – hat weder Gerechtigkeit für Palästina gebracht noch das Minimalmodell der Demokratie in Hong Kong schützen können. Die Liste ließe sich fortsetzen, doch das erspare ich uns.

Die Schuld liegt bei den Tätern – und nicht bei den Millionen größtenteils unbewaffneter Aktivisten, die diese Maschinerie aufhalten wollten. Doch der von Alaa verfolgte Ansatz kann uns – egal, wo wir leben – daran erinnern, dass wir, obwohl die Schuld nicht bei uns liegt, die Verantwortung haben, uns in unserer Organisations- und Theoriearbeit Zeit dafür zu nehmen, unseren Niederlagen ins Auge zu blicken. Nicht um uns darin zu suhlen, sondern weil diese Form der Auseinandersetzung unsere einzige Hoffnung ist, um das neue Feld unseres Kampfs klar und deutlich zu erkennen.

Als leidenschaftlicher Internationalist wählt Alaa Worte, mit denen er auch jene von uns, die in ganz anderen politischen Kontexten agieren, gezielt erreichen will. Ihm mag eine Niederlage zugefügt worden sein oder zumindest hat ihn ein Regime, dem Gesetz und Menschenrechte völlig gleichgültig sind, zeitweise außer Gefecht gesetzt. Doch »ihr«, schreibt er, wohl in Richtung der Bürgerrechtsbewegungen in freiheitlichen Demokratien, »seid noch nicht besiegt«. Dieser Satz, der Titel seines Buches, fordert alle, die ihm in ausreichend Freiheit begegnen, heraus.

Alaa gibt uns keine Wundermittel an die Hand, um uns dieser Herausforderung zu stellen, lediglich mühsam errungene Erkenntnisse über Dinge, die viele von uns bereits geahnt haben. Hier sind einige seiner dringendsten Botschaften:

• Ernsthafte Forderungen verlangen ernsthaftes Denken. Widersetzt euch der algorithmischen Tendenz zum Trivialen, Absurden und Spöttischen und begrabt die Illusion, dass daraus bedeutungsvoller Widerstand entstehen könnte. Humor ist dagegen eine notwendige Überlebensstrategie – und Alaa kann zweifellos sehr witzig sein. »Ich wollte Game of Thrones weiterschauen», tweetete er, kurz bevor er 2014 abermals hinter Gittern verschwand. Bei seiner späteren temporären Entlassung ist der Ton wesentlich düsterer geworden: »Ich bin das Gespenst des vergangenen Frühlings.« Trotzdem beharrt er weiter darauf, dass eine Informationsökologie, die Wahrheit und Sinnhaftigkeit wertschätzt und schützt, auch im Zeitalter des »Postfaktischen« eine Bedrohung für die Mächtigen darstellt, weshalb Eliten gezielt unseren Hang zum Absurden stärken.

• Bewegungen müssen dem Internationalismus und Feminismus verpflichtet sein. Daher gilt es der Versuchung zu widerstehen, den Nationalismus und die »Falle der Männlichkeit« als Waffen im Kampf einzusetzen. Alaa weiß, dass es in der Hitze der Revolution verlockend sein kann, zu glauben, diese Kräfte ließen sich für die Befreiung einspannen. Aber wenn die durch und durch von staatlichen Akteuren geprägten Figuren ›Nation‹ und ›Mann‹ heraufbeschworen werden, so warnt er uns, »öffnen wir Tür und Tor für Relikte aus der Vergangenheit, die auf der Welle der Revolution mitreiten und sie von ihrem Kurs abbringen wollen«.

• Bewegungen brauchen eine bestechende Vision der Welt, für die sie kämpfen, und nicht nur Wut auf das System, das sie unbedingt überwinden wollen. »Unsere rosigen Träume werden sich wohl nicht erfüllen«, schreibt Alaa mit gewohnt schonungsloser Aufrichtigkeit. »Doch wenn wir uns unseren Albträumen überlassen, sterben wir vor Angst, noch bevor die Flut kommt.«

• Freiheit, wie begrenzt sie auch immer sein mag, muss so weit wie möglich ausgeschöpft werden. Verständlicherweise weist Alaa den Gemeinplatz zurück, Ägypten sei ein großes Freiluftgefängnis. Das Gefängnis sei vielmehr ein ganz konkreter Ort, der spezifische Grausamkeiten und barbarische Methoden bereithalte. Zwar stimme es, dass allen Ägyptern viele liberale Freiheiten versagt würden, doch gegenüber Insassen verfügten die jenseits der Gefängnismauern Lebenden über ein beträchtliches Maß an Freiheit: Selbstbestimmung über ihre Körper, ihre Zeit und ihre Beziehungen. Wenngleich er das Gefängnis als Metapher zurückweist, befasst sich Alaa immer wieder damit, wie Menschen trotz formaler Freiheit eingeschränkt und eingesperrt sein können – durch Blackbox-Algorithmen und vor allem durch kapitalistische Logiken, die Vorstellungskräfte einengen und Bewegungen daran hindern, sich der dringendsten Krisen anzunehmen.

• Körper, politische Bewegungen und die natürliche Welt sind zur Regeneration fähig – auch wenn sie infolge von Verlusten und Wunden zu etwas werden, das mehr Narben trägt und weniger mustergültig ist. Wir müssen bereit sein, schreibt Alaa in Anlehnung an Donna Haraway, ein neues, schöneres Monster zu werden, denn »nur das Monströse kann die Geschichte der Träume und Hoffnungen und die Realität des Verlusts und Schmerzes zusammenhalten«.

Diese Sanftheit macht Alaa zu einem reifen Bewegungsführer: Er lehnt es ab, die Gefangenschaft in irgendeiner Form zu romantisieren oder zu verklären, und beharrt auf der eigenen Verletzlichkeit, auf seinem Recht auf Traurigkeit und – trotz aller erlittenen physischen und psychischen Folter – dem Glauben daran, dass Heilung und Regeneration möglich bleiben.

Damit verbunden ist eine abschließende Botschaft: Unsere Bewegungen müssen das Recht auf körperliche Unversehrtheit vehement verteidigen. Wir müssen alle Körper vor Gefangenschaft, vor Inhaftierung auf unbestimmte Zeit, vor Folter, Vergewaltigung und staatlich sanktionierten Massakern schützen. Weil wir Menschen sind und weil – ohne den gemeinsamen Glauben an das Recht auf körperliche Unversehrtheit – zu unbegrenzter Gewaltausübung bereite Staaten weiterhin revolutionäre Bewegungen niederschlagen werden. Und weil sonst Stimmen wie Alaa in der alles absorbierenden Dunkelheit der Gefängniszelle zum Verstummen gebracht werden. Wir dürfen das nicht zulassen. #FreeAlaa.

Juli 2021

EINLEITUNG DER HERAUSGEBER

Alaa Abd el-Fattah hat sieben der letzten acht Jahre seit Beginn der von General Abdel Fattah el-Sisi geführten Konterrevolution in Haft verbracht. Er sitzt für seine Ideen und seine Worte im Gefängnis. Das vorliegende Buch präsentiert erstmals eine von seiner Familie und Freunden zusammengestellte und übersetzte Auswahl seiner Texte.

Zunächst begegnen wir Alaa im Jahr 2011, als er sich auf dem Höhepunkt der Revolution in Ägypten mit der Geschichte der Verfassung Südafrikas auseinandersetzt. Sein in der überregionalen Zeitung al-Shorouk erschienener Artikel ist der Startschuss für die Kampagne »Let's Write Our Constitution«, die am Tag darauf anläuft. Die vom südafrikanischen Volkskongress aus dem Jahr 1955 inspirierte basisdemokratische Kampagne versucht, die durch Mubaraks Sturz vier Monate zuvor eröffneten Chancen zu nutzen, Ägypten auf ein belastbares Verfassungsfundament zu stellen.

Drei Monate später tötet das Militär 26 Demonstranten vor dem Maspero-Gebäude in Kairo. In »Bei den Märtyrern zu sein, was auch viel besser wäre« schildert Alaa, wie er die Nacht nach dem Massaker im koptischen Krankenhaus verbringt und sich dafür einsetzt, dass die Opfer obduziert werden. Zwei Wochen nach Veröffentlichung des Artikels wird er von der Militärstaatsanwaltschaft vorgeladen.

In seiner Zeit im Gefängnis, während seine Frau ihr erstes Kind, Khaled, bekommt und seine Mutter in Hungerstreik tritt, schreibt Alaa eine Reihe eindringlicher, leidenschaftlicher Texte, die sich sowohl umfassenderen politischen Entwicklungen als auch ihren Detailaspekten widmen.

Nach seiner Freilassung erlebt Alaa die turbulenten Ereignisse der Jahre 2012/13: unermüdliche Straßenproteste und Arbeitskämpfe; Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sowie Verfassungskrisen; der Wahlsieg der Muslimbrüder und ihr katastrophales Regierungsjahr. In dieser Zeit schreibt Alaa nur sehr wenige längere Essays, vielmehr tweetet und postet er auf Facebook, organisiert öffentliche Debatten, tritt in Fernsehtalkshows auf und spricht auf Kundgebungen. Seit 2007 hat Alaa insgesamt 290 000 Tweets veröffentlicht – das allein würde rund 100 Bücher füllen.

Alaa benutzt das Internet nicht nur als Übertragungsmedium, sondern auch als Werkzeug zur Sammlung, Verknüpfung und Verbreitung von Informationen, als Raum zur Diskussion, als persönliches und öffentliches Tagebuch, als Podium und Comedy-Bühne. Er ist ein unermüdlicher Autor, sein Denken kreist immer um eine Vielzahl von Themen gleichzeitig, seine Geduld in der Auseinandersetzung mit anderen Menschen scheint unerschöpflich: Für ihn gibt es keine Meinung, die keinerlei Beachtung verdient.

Im August 2013 kommt es zum Massaker auf dem Rabia-al-Adawiyya-Platz in Kairo. Die Tötung Hunderter Anhänger des gestürzten Muslimbruder-Präsidenten Mohammed Mursi soll das Land, das sich in einer laufenden Revolution wähnt, zum Schweigen bringen. Doch Alaa weigert sich zu schweigen. Seine Facebook-Posts werden von vielen als Hoffnungsschimmer während dieser unheilvollen Tage beschrieben.

Zuvor hatte Mohammed Mursi im August 2012 General Abdel Fattah el-Sisi zum neuen Verteidigungsminister und Nachfolger des gealterten und unbeliebten Feldmarschalls Hussein Tantawi ernannt. Letzterer hatte dieses Amt zwanzig Jahre lang bekleidet und im Vorjahr Mubaraks Rücktritt überwacht. Als Vorsitzender des Obersten Militärrats (SCAF) war Tantawi de facto auch Regierungschef während der Übergangszeit bis zu Mursis Wahlsieg. Seine Abberufung durch den neugewählten zivilen Präsidenten wurde zunächst als revolutionärer Akt gefeiert – doch mit der Ernennung des ehrgeizigen und skrupellosen Sisi zum Verteidigungsminister hatte Mursi seinen eigenen Sturz besiegelt.

Nachdem der Polizeiapparat die Muslimbrüder – durch das Rabia-Massaker, die Verhaftung ihrer Führungsriege und Tausender Anhänger sowie das scharfe Vorgehen gegen die ihnen nahestehenden Medien – erheblich geschwächt hat, wird die Revolutionsjugend ins Visier genommen. Ein Antidemonstrationsgesetz aus der britischen Kolonialzeit wird wieder eingeführt, um die Straßenproteste zu ersticken. Zusammen mit Ahmed Maher und Mohammed Adel, den Mitgründern der Jugendbewegung des 6. April, wird Alaa früh zur Zielscheibe des Militärregimes. Im November 2013, drei Monate nach dem Rabia-Massaker, wird er wieder verhaftet.

Erneut im Gefängnis verfasst Alaa in einem Monat zwei wichtige Essays (»Autismus« und »Jeder weiß«). Seine Texte finden eine große Leserschaft und erscheinen in mehreren Zeitungen gleichzeitig, auch die Staatspresse berichtet. Die Revolution scheint noch nicht vorüber, aber die Staats-, Polizei-, Justiz- und Medienmaschinerie des Regimes arbeitet daran, den Leuten ihren Ungehorsam auszutreiben. Das Verfahren gegen Alaa wegen angeblicher Organisierung eines Protests gestaltet sich langwierig und komplex. Ein Richter tritt wegen Befangenheit zurück, der Ersatzrichter lässt Alaa als Flüchtigen festnehmen, als ihm der Einlass zum Gerichtsgebäude verwehrt wird. 2014 kommt Alaa zweimal kurzzeitig frei, für zwei Monate im Frühling und für einen im Herbst. Ausgerechnet im Sommer stirbt Alaas Vater.

Ahmed Seif el-Islam war eine Schlüsselfigur im Leben seines Sohns. Als Mitglied einer militanten kommunistischen Zelle wurde er in den achtziger Jahren verhaftet und gefoltert. Nach seiner Freilassung verschrieb er sich der Idee des Rechts und lotete die Möglichkeiten aus, die es selbst in einem diktatorischen Polizeistaat eröffnen kann. Er gründete das Anwaltszentrum Hisham Mubarak und zählte zu seinem Mandantenkreis die jungen Männer, die für den Bombenanschlag in Taba im Jahr 2004 verantwortlich gemacht wurden, dissidente Blogger, streikende Arbeiter und die wegen ihrer vermeintlichen sexuellen Orientierung Angeklagten im berüchtigten Queen-Boat-Prozess. Seine Tätigkeiten, Standpunkte und die von ihm mitaufgebauten Organisationen trugen dazu bei, die Voraussetzungen für die Revolution von 2011 zu schaffen. Als 2014 zwei seiner Kinder in Haft saßen (Alaas Schwester Sanaa war bei einer Solidaritätskundgebung für politische Gefangene verhaftet worden), starb er erschöpft vom jahrelangen Kampf an Herzversagen.

18 Tage nach seinem Tod kommt Alaa frei, nur kurz, doch lang genug, um bei der Trauerfeier für seinen Vater eine Rede zu halten. Einen Monat später wird er zu fünf Jahren Haft verurteilt. Aus seiner Gefängniszelle vernehmen wir ein Jahr lang nur Stille.

2016 tritt er wieder als Autor in Erscheinung, vor allem mit einem dreiteiligen Langessay über die ökonomischen Verschiebungen infolge der digitalen Revolution. Die Trilogie »Geburt einer schönen neuen Welt« belegt eindrucksvoll, welch vielseitiger und origineller Denker Alaa ist. Sein im Gefängnis, fast nur aus dem Gedächtnis heraus verfasster Essay ist eine präzise und vorausschauende kritische Analyse der Zusammenhänge zwischen Silicon Valley, Risikokapital, Arbeitswelt und Technologie, die bis heute relevant und erhellend bleibt. Nicht nur das arabischsprechende Publikum hat durch Alaas Inhaftierung eine ihrer bedeutendsten Stimmen verloren – wir alle sind ärmer durch seine Abwesenheit.

In »Ein Porträt des Aktivisten außerhalb seines Gefängnisses« aus dem Jahr 2017 schildert Alaa die persönlichen Erfahrungen und Lehren aus seiner Zeit als technikaffiner Aktivist im Vorfeld der Revolution von 2011. »Ihr seid noch nicht besiegt« ist einer der wenigen ausdrücklich an ein internationales Publikum gerichteten Texte und befasst sich mit dem Gefühl der Hilflosigkeit, das aufgrund der globalen autoritären Welle seit Ende der 2010er Jahre um sich greift.

Alaa schreibt erst wieder, als er im März 2019 unter strengen Bewährungsauflagen freigelassen wird. Allerdings ist er nicht mehr der gleiche Autor, denn er findet sich in einer Welt wieder, die vollends der brutalen Kontrolle des Sisi-Regimes unterworfen ist. Alaa muss fünf Jahre lang jede Nacht auf dem lokalen Polizeirevier verbringen und ist überfordert damit, sich in den neuen, halbierten Alltag außerhalb des Gefängnisses einzufinden. Er ist wütend, witzig, freimütig und gezeichnet von der Haft. Er beginnt, seine Texte nachts zu verfassen, eingesperrt in seinem »Kiosk der Einsamkeit«, wie er die Holzbaracke auf dem Hof des Polizeireviers Dokki nennt, wo er sich von sechs Uhr abends bis sechs Uhr morgens einfinden muss. Er schreibt über die sich im Sudan und in Algerien entfaltenden Revolutionen und über die Klimakrise, doch er arbeitet vor allem an einem vierzehnteiligen Langessay über das Leben im Gefängnis: »Rache im Sieg: Eine persönliche Einführung«.

Wenig später erscheint ein spielerischer, unorthodoxer Text über das Thema Heilung und Regeneration. »Fünf Metaphern der Heilung« vermittelt den Eindruck, dass hier ein Autor öffentlich experimentiert, dass er mit seinem Publikum experimentiert. In einer für ihn neuen Welt sucht er nach Ausdrucksformen für jene Verpflichtung zu Aufrichtigkeit und Wahrheit, die ihn als Führungsfigur der Revolution auszeichnete. Er teilt seine Versuche, innere Kraft wiederzufinden, mit einer besiegten Bevölkerung, der es unter Sisis Regime ebenfalls schwerfällt, sich als starke Öffentlichkeit zu artikulieren.

Ungefähr zu dieser Zeit brechen einige kleinere Straßenproteste aus. Anlass sind die Enthüllungen eines Bauunternehmers über die staatliche Korruption. Dabei treten Details zutage, die selbst eine Bevölkerung, die ein hohes Maß an Korruption gewöhnt ist, erschrecken. Sisi betrachtet die Proteste als Sicherheitsrisiko und lässt die Gewaltenteilung und die Verantwortlichkeiten zwischen den staatlichen Institutionen umorganisieren. Es folgt eine massive Verhaftungswelle, bei der Dutzende Aktivisten gezielt festgenommen werden und Tausende willkürlich auf offener Straße. Alaa wird als einer von ihnen auf dem Polizeirevier festgesetzt, wo er ohnehin schon jede Nacht verbringen muss. Den Aktivisten wird »Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung« und »Verbreitung von Falschmeldungen« vorgeworfen. Ohne Gerichtsverfahren wird für alle Aktivisten eine »Sicherheitsverwahrung« angeordnet, die ohne Anhörung verlängert werden kann, wobei gesetzlich eine Dauer von höchstens zwei Jahren vorgesehen ist. Während dieses Buch in den Druck geht, erreicht diese Frist ihr Ende. Wir müssen davon ausgehen, dass die Haftstrafe für Alaa, wie für den Großteil der politischen Gefangenen im heutigen Ägypten, auf die eine oder andere Weise weiter verlängert wird.

In den ersten fünf Monaten wird Alaa alle 15 Tage von der Staatsanwaltschaft zu Anhörungsterminen geladen. In deren Rahmen entwickelt Alaa eine neue Form öffentlicher Ansprache. Er verfügt zwar weder über Stift und Papier noch über Zeitung, Radio oder sonstige Korrespondenzkanäle, doch er verwandelt die in Anwesenheit seiner Anwälte stattfindenden Anhörungen in eine öffentliche Bühne, indem er – buchstäblich – den Staat anspricht. Seine Anwälte schreiben seine Worte anschließend so genau wie möglich aus dem Gedächtnis heraus nieder, damit seine Familie sie in den sozialen Medien veröffentlichen kann.

In gewisser Weise spiegelt die Abfolge der in diesem Buch versammelten Texte die historische Entwicklung Ägyptens seit 2011 wider: Optimismus, Ideen und öffentliches Engagement werden von einem Militärstaat unerbittlich zermalmt, bis dessen überfüllte Gefängnisse das Sein und den Geist eines Landes verzehrt haben. Alaas Haftstrafe ist eine gelebte, lebendige Metapher für ein eingesperrtes Land. Doch Alaa will nicht nur Symbolfigur sein – selbst in der Isolation des Kerkerstaats fordert er seine Peiniger intellektuell und praktisch heraus. Wenn das Gefängnis das Fundament eines ganzen politischen Systems darstellt, wenn es die Antwort für alle Probleme einer Regierung ist, dann lautet die entscheidende Frage: Wie lässt sich das Gefängnis abschaffen? Damit zusammenhängend umkreist Alaa einen Fragenkomplex, den er bereits 2013 in »Wer repräsentiert die Bourgeoisie?« und dann in seinen »Stellungnahmen gegenüber der Staatsanwaltschaft« eindrucksvoll ausformuliert: Wie materialisiert sich Geschichte? Wie lässt es sich aus einem politischen System ausbrechen, in dem der Spielraum für oppositionelles Denken – jeglicher Couleur – zerstört worden ist? Wie lassen sich reformistische Ziele mit revolutionärem Nachdruck verfolgen – wenn ehrgeizigere Ziele derzeit lediglich den ausweglosen Teufelskreis aus Putsch, Massaker, Polarisierung und Aufstand fortzusetzen helfen?

Alaa ist ein radikaler Idealist und ein pragmatischer Aktivist; ein Autor, der den weiten historischen Bogen spannt, aber auch kleine bürokratische Vorgänge seziert; ein Redner, der inmitten einer wütenden Kundgebung, bei einer Trauerrede im Haus eines Märtyrers oder auf einer Tech-Konferenz in Kalifornien gleichermaßen eloquent auftritt; eine Stimme, die nicht nur als »Alaa« – als unnachgiebig verfolgtes Individuum – spricht, sondern auch als Akteur historischen Wandels, der – obwohl er den hohen Preis dafür kennt, seine Stimme zu erheben – sprechen muss. Alaa verkörpert viele Dinge zugleich – er ist ein Antikapitalist, der Überlegungen dazu anstellt, wie sich die Bourgeoisie in die staatlichen Kräfteverhältnisse als Gegengewicht zum Militärapparat einspannen lässt; er ist die Geisel eines verrohten, dysfunktionalen Staats, die diesem Staat Nachhilfe in der Kunst des Regierens erteilt; er ist ein Inhaftierter, der stets darum kämpft, die Welt jenseits der Gefängnismauern zu erblicken.

Wer Alaas Texte im Original auf Arabisch kennt, weiß, dass seine Sprache so vielschichtig wie sein Denken und so poetisch wie seine Ideale ist, dass sie voller historischer und kultureller Bezüge ist, die auf einem gemeinsamen, unter Genossen geteilten Erfahrungs- und Erkenntnisfundus aufbauen. Wir haben versucht, dem deutschsprachigen Publikum mit erklärenden Fußnoten beim Verständnis zu helfen, ohne dabei in Alaas Texte einzugreifen.

Dutzende Menschen haben ehrenamtlich ihre Zeit aufgewendet, um zur Entstehung dieses Buchs beizutragen. Ihre Namen bleiben hier ungenannt, weil die Übermittlungskanäle aus dem Gefängnis auf Anonymität angewiesen sind, weil der Autoritarismus auf unberechenbare Konsequenzen setzt und weil wir nicht mehr als Alaas Worte überliefern wollen.

Alaa darf aktuell einmal im Monat für 20 Minuten Besuch von einem Familienmitglied empfangen. Er ist von seinen Besuchern durch eine Glaswand getrennt, ihre Gespräche werden abgehört. Er weiß, dass dieses Buch veröffentlicht werden soll, und begrüßt es, auch der Titel gefällt ihm. Alles darüber hinaus hat er seinen Herausgebern überlassen, es in unsere Hände gelegt. Wir können nur hoffen, dass dieses Buch seiner reichen Gedankenwelt, seinem wendigen Geist und seinen mutigen Worten gerecht wird.

Juli 2021

WER WIRD DIE VERFASSUNG SCHREIBEN?

Vier Monate sind vergangen, seit die Revolution den 30 Jahre lang regierenden Präsidenten Ägyptens Husni Mubarak zu Fall brachte und der Oberste Militärrat zeitweilig die Kontrolle des Landes übernahm, um eine demokratische Machtübergabe zu überwachen.

26. Juni 1955, Kliptown bei Johannesburg: Tausende Menschen versammeln sich an einem Ort, der unseren Tahrir-Plätzen1 sehr ähnlich ist. Die quer über den Platz verstreuten Menschen wollen am Volkskongress teilnehmen und über die Freiheitscharta abstimmen. Ein Revolutionär betritt die Bühne und rezitiert in lyrischem Ton die Charta. Über den dichtgedrängten Platz schallen lautstarke Rufe: »Afrika! Afrika!«

Für zwei Tage erlebt Kliptown das wohl wichtigste demokratische Experiment der Geschichte – bevor es von Polizeikräften des Apartheidregimes niedergeschlagen wird. Aber wie üblich kommt die Polizei zu spät, um die Freiheit zu unterdrücken. Die Charta wird verabschiedet und zur Verfassung der südafrikanischen Freiheitsbewegung erklärt. Vier Jahrzehnte später dient sie als wesentlicher Bezugspunkt für die neue Verfassung des freien Südafrikas.

Wir, das Volk von Südafrika, erklären vor unserem Land und der Welt: Das Volk soll regieren, alle nationalen Gruppen sollen die gleichen Rechte haben, und der Reichtum des Landes soll dem Volk gehören. Das Land soll unter denen verteilt werden, die es bearbeiten, und alle sollen vor dem Gesetz gleich sein. Alle sollen die gleichen Rechte genießen. Es soll Arbeit und soziale Sicherheit geben, und Bildung und Kultur sollen allen offen stehen. Es soll Wohnraum, Sicherheit und Wohlstand geben, Friede und Freundschaft. Für diese Freiheitsrechte werden wir unser ganzes Leben lang Seite an Seite kämpfen, bis wir unsere Unabhängigkeit erreicht haben.

Diese Sätze wurden nicht auf der Bühne verfasst, und auch die Tausende auf dem Platz Versammelten erhoben nicht plötzlich den Anspruch, im Namen des Volks zu sprechen. Dem Kongress gingen monatelange Vorbereitungen voraus; rund 50 000 Freiwillige bereisten jeden Winkel des Landes und stellten allen Menschen, denen sie begegneten, eine einfache Frage: Von welchem Südafrika träumt ihr?

Die Freiwilligen sammelten die Antworten und schickten sie an gewählte Lokalkomitees, die sie auf Listen mit Forderungen setzten. Diese wurden anschließend an gewählte Komitees übermittelt, in denen wiederum die einzelnen Landesbezirke vertreten waren. Nachdem diese die Listen miteinander verglichen und zusammengefasst hatten, wurden sie an das Entwurfskomitee für die Freiheitscharta übersandt. Zum Volkskongress kamen schließlich alle Mitglieder der gewählten Komitees, Gewerkschaftsvertreter, revolutionäre Parteien und weitere Graswurzelbewegungen zusammen. Die Menschen Südafrikas – sie alle – haben die Charta und damit die Verfassung geschrieben.

Die Idee wurde geboren, als der Afrikanische Nationalkongress (ANC – die Partei Nelson Mandelas) in Bedrängnis geriet. Der Kampf gegen die Apartheid verlor an Zulauf, sodass die Parteiführer beschlossen, ihn auf soziale und wirtschaftliche Fragen auszudehnen, und daraufhin eine Kampagne für einen gerechten Mindestlohn lancierten. Sie erkannten schnell, dass zwischen ihnen, also den politischen Aktivisten und Eliten, und den Massen ein trennender Graben verlief – und entschieden daher, den Volkskongress zu organisieren und eine Charta zu verfassen, die der Basis eine zentrale Rolle geben würde. Sie initiierten eine Kampagne zur Förderung des politischen Bewusstseins, bei der die Massen als Lehrende fungieren, während die Politiker und Aktivisten ihre Schüler sind.

Der Kongress und die Charta veränderten den ANC grundlegend. Denn erstens hätte es eine einzelne Partei allein gar nicht vermocht, einen solch großangelegten Prozess zu organisieren. Verschiedene regimekritische Parteien und Bewegungen schlossen sich über ideologische, ethnische und religiöse Trennlinien und Klassengrenzen hinweg zusammen und riefen damit eine umfassende nationale Freiheitsbewegung ins Leben.

Zweitens beendete der Kongress einen ideologischen Konflikt innerhalb des ANC, zwischen einer afrozentrischen Vision, die die Befreiung von schwarzen Südafrikanern als Teil eines größeren, kontinentweiten Kampfes gegen den Kolonialismus ansah, und der Überzeugung, dass ein gemeinsamer Kampf für die Gleichheit aller im Land lebenden Menschen, also auch der weißen Südafrikaner, die Lösung sei.