13,99 €
WANGEROOGE, 1969 Toves Rückkehr auf seine idyllische Heimatinsel nimmt eine gefährliche Wendung, als er eine mysteriöse Frau trifft und knapp dem Tod entgeht. Beim Notarzt begegnet er Lina, seiner Jugendliebe, doch ihr Glück währt nur kurz. Ein skrupelloser Kriegsverbrecher macht sie und ihren Freund Piet zu unfreiwilligen Komplizen in einem gefährlichen Spiel. Als sie auf einer verlassenen Nachbarinsel eine geheime Technologie der Deutschen entdecken, werden düstere Schatten der Vergangenheit heraufbeschwört. Die Lage spitzt sich zu, stellt die Grenzen von Moral und Freundschaft auf die Probe. Inmitten von Geheimnissen und Bedrohungen werden Entscheidungen gefällt, die das Schicksal aller betreffen. EIN INSEL THRILLER Die Leser:innen erwartet ein surreales Abenteuer. Inmitten einer erstaunlichen Kulisse aus Liebe, Gier und Rache entfaltet sich eine fesselnde Geschichte, die eine Frage aufwirft: Haben wir wirklich die Macht, unsere Träume zu verwirklichen? KNALLHART, WILD, SURREAL
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2023
JORN STRATENROMAN
Alle in diesem Roman vorkommenden Personen, Schauplätze, Ereignisse und Handlungen sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Ereignissen sind rein zufällig.
Der Autor
Jorn Straten wurde 1972 in Goslar geboren. Nach einem Abschluss in Tourismus und Marketing war er für einen Reiseveranstalter tätig. Er lebte mehrere Jahre in München und arbeitete dort u. a. für eine Fluggesellschaft, Fernsehsender und ein Münchner Verlagshaus. Mitte 2009 zog es ihn in die Toskana, wo er für ein Unternehmen aus dem Bereich Kollaborative Marketing tätig war. Später gründete er eine eigene Firma und lebt zurzeit wahlweise in Italien und Indonesien. Neben diversen Gedichtbüchern und den Sammelbänden »Feurio: Gedichte 1989–2021« und »Friss, Vogel oder Stirb«, hat Jorn Straten im Buch »Saudade« seine ersten Kurzromane veröffentlicht. Im Jahr 2022 folgte der Roman »Envie«.
Tove geriet in Panik. Er steckte im Watt fest, während das Wasser unaufhaltsam stieg: Die Flut setzte ein. Dabei hatte alles so vielversprechend begonnen, an diesem sonnigen Tag, als er auf die Insel gekommen war.
Schreiende Silbermöwen hatten die Fähre auf den letzten Metern nach Wangerooge begleitet. Am Westanleger war nach all den Jahren alles unverändert geblieben. Als Tove die Fähre verließ, genoss er die klare Luft und schmeckte das Salz des Meeres auf seinen Lippen. Es fühlte sich gut an, wieder hier zu sein. Beim Geruch der Holzbohlen des Anlegers fühlte er sich sofort an alte Zeiten erinnert. Der Wind hatte eine feine Sandschicht darüber verteilt. Bei jedem seiner Schritte spürte er, wie er leicht zur Seite rutschte. Dabei knirschte der Sand unter seinen Sohlen.
Hier hatte er Lina kennengelernt. Sie war ihm aufgefallen, da sie einsam auf einem der Poller gesessen hatte. Doch anstatt sie anzusprechen, war er in die Inselbahn gestiegen. Vom Trittbrett des Zuges aus, sah er sie noch immer auf dem Poller sitzen. Kurzerhand sprang er vom Zug ab, der sich im Schneckentempo fortbewegte. Er traute sich nicht, zu ihr zu gehen, aber das musste er auch gar nicht. Lina lächelte ihn von Weitem an, sprang auf ihr Hollandrad, raste auf ihn zu und stoppte mit quietschenden Reifen neben ihm. Sie machte eine Kopfbewegung zum Gepäckträger: »Du bist Tove, oder?«»Und du bist Lina, richtig?«, erwiderte Tove grinsend und stieg auf.Lina trat in die Pedale. Auf dem Deich, der zum Dorf führte, hielten sie und tauschten die Plätze. Tove radelte, so schnell er konnte. Sie hatten Rückenwind und er strahlte, als er mit ihr unter einem blauen Himmel davongetragen wurde. Zwischendurch drehte er sich zu Lina um. Dieses Bild war ihm geblieben: Lina, wie sie sich ihre Tränen mit dem Handballen aus dem Gesicht wischte. Dahinter war das schönste Lächeln zum Vorschein gekommen, das er je gesehen hatte.
Tove durchfuhr ein krampfartiger Schmerz in seiner Wade. Er knickte ein, fasste sich instinktiv ans Bein und schrie den hinter ihm stehenden Mann an: »Verdammt!«»Oh Gott, oh Gott, oh Gott! Tut mir schrecklich leid. Der Koffer, ich mein’ die Rollen, die sind kaputt. Hab’ ich Sie verletzt?«, entschuldigte sich der etwas lächerlich aussehende Tourist stammelnd. Mit seinen wurstigen Händen hielt er den Griff eines roten Koffers. Er war untersetzt und trug weiße Tennis-Shorts, aus denen kurze Beine ragten. Dazu ein kurzärmliges Polohemd von Lacoste, dessen blau-gelbe Streifen sich über seinen runden Bauch spannten, sodass er ein wenig an eine Hummel erinnerte. Wie ein zweiter Nabel hing von seinem Hals eine Kamera herunter. Unter einem zu kleinen Strohhut stierte Tove ein rundes, auf eine Antwort wartendes Gesicht an. Der Koffer der Hummel hatte sich scheinbar selbstständig gemacht und war Tove gegen die Wade geknallt.»Nein, nein, is’ schon gut«, fauchte Tove und rieb sich mit schmerzverzerrtem Gesicht das Bein.»Wirklich? Sicher alles in Ordnung? Tut mir leid. Die Aufregung, da geht’s mit mir durch.«Tove beteuerte noch einmal, dass alles in Ordnung sei und machte ihm mit ein paar Handbewegungen klar, dass er es dabei belassen sollte.
Mittlerweile stiegen die Gäste der Fähre in die bereitgestellten Wagen der Schmalspurbahn ein. Auch die Hummel hatte die Bahn erreicht und Tove sah, wie er versuchte, die Treppe zum Abteil zu erklimmen. Er sah auch, dass sich sein Koffer an der Eisentreppe verhakte und öffnete. Der Inhalt ergoss sich über die Treppe, bis vor die Füße der Fahrgäste, die ebenfalls einsteigen wollten. Die Hummel stammelte Entschuldigungen, während er hastig seine Sachen einsammelte.Die meisten Fahrgäste entschieden sich für die Wagen, die am nächsten zu ihnen standen. Tove jedoch, ging an ihnen vorbei und stieg in einen Wagen weiter vorn ein. Während der Fahrt wollte er seine Ruhe haben und die Landschaft genießen.
Wegen eines Ausbildungsplatzes bei einer Werbeagentur war er damals nach München gegangen und hatte Lina und seine Freunde zurückgelassen. Die Situation auf der Insel hatte schlecht ausgesehen. Als Waise bot sich ihm die Chance seines Lebens. »Jetzt oder nie!«, dachte er damals. Lina sollte ihm später folgen, aber dazu kam es nicht. Das Schicksal hatte anderes mit ihnen geplant. Bei Tove lief alles gut, er hatte Erfolg im Job und die Agentur übernahm ihn sogar. Linas Situation jedoch war alles andere als rosig. Sie bekam auf ihre Bewerbungen lauter Absagen. Dann wurde ihre Mutter krank und es gab niemanden, der sich um sie kümmern konnte, außer sie selbst. Sie lebten in einem kleinen Haus in der Nähe des Bahnhofs. Ihr Vater hatte sie beide im Stich gelassen. Die Briefe, die Tove und Lina sich schrieben, wurden immer weniger. Schließlich hatte sich ihr Kontakt auf immer seltenere Gespräche beschränkt. Irgendwann waren auch diese im Sand verlaufen.
Kaum hatte Tove seinen Rucksack auf ein Netz im Abteil geworfen, setzte sich der Zug in Bewegung. Er schob die Fensterscheibe runter, um die frische Seeluft hereinzulassen. In der Entfernung sah er den Westturm in einen strahlend blauen Himmel ragen. Ein paar Silbermöwen umkreisten ihn. Tove ging hinaus und stellte sich auf die schwarze, gusseiserne Plattform zwischen den Waggons. Zu seiner Rechten lag das Wattenmeer. Davor eröffneten sich die Salzwiesen, Lagunen, Wasserkanäle und dunkle Wasserlöcher einstiger Bombenkrater. Der Strandflieder schimmerte in der warmen Sonne und tauchte die Salzwiesen in ein pink-violettes Licht. War es richtig gewesen, diese Insel zu verlassen? Hätte er es vielleicht auch hier schaffen können?
Plötzlich weckte eine Melodie aus der Ferne Toves Aufmerksamkeit. Sie klang wie von einer Spieluhr. Er entdeckte eine Person in den Salzwiesen. Sie war in eine weiße Leinenkutte, wie sie normalerweise Mönche trugen, gekleidet und stand reglos, mit dem Rücken zu ihm gewandt. Gerade, als sie sich umdrehte, fuhr der Zug in den Bahnhof ein und mehrere Bäume versperrten Toves Sicht. Was er gerade gesehen hatte, wirkte unwirklich auf ihn. Als Kind war er einmal durch die Salzwiesen gelaufen. Das war nicht ohne gewesen, ständig hatte er nasse Füße bekommen und war in den Boden eingesunken. Wie war die Person dort hingekommen und vor allem, warum? Oder hatte er sich alles eingebildet?
Auch der Bahnhof, im Jugendstil gebaut, hatte sich nicht verändert. Als Tove vor das Backsteingebäude mit seinem großem Krüppelwalmdach und dem Uhrenturm trat, lud bereits ein Kutscher seine Koffer auf. Tove gefiel, dass die Insel noch immer autofrei war. Lediglich das Surren eines Elektro-Transporters, der über die holprigen Straßen fuhr, war zu hören. Als der Kutscher alles verladen hatte, wandte er sich ihm zu: »Moin, wo soll’s hingehen?«»Zu Piet, Piet Janssen.«»Piet, der Piet mit dem Bootshaus?«»Genau der Piet«, antwortete Tove grinsend.Piet war seit Ewigkeiten Toves bester Freund. Ihm gehörte ein Bootshaus für kleinere Reparaturen. Auf dem gleichen Grundstück befand sich auch ein Wohnhaus. In einem Brief hatte Piet ihm geschrieben, dass er einen Teil des Wohnhauses in eine Pension mit ein paar Zimmern hatte umbauen lassen. Als Tove sich vor ein paar Wochen bei ihm gemeldet hatte, um anzukündigen, dass er nach Wangerooge kommen würde, hatte Piet ihm für seinen Besuch ein Zimmer angeboten.»Können Sie einen Umweg fahren? Ich würde gerne einen Blick auf den Pudding werfen.«»Na, klar doch«, willigte der Kutscher mit einem breiten Grinsen ein und nahm die Zügel auf. Das Gespann setzte sich in Bewegung und ein paar Minuten später blickte Tove auf das Café Pudding. Schöne Erinnerungen hingen daran und an vielen anderen Ecken dieser Insel. Das Café befand sich in markanter Lage auf einer höhergelegenen Sanddüne. Die Hauptstraße der Insel führte vom Bahnhof direkt zu den Stufen dieses eindrucksvollen Gebäudes, das kreisrund und komplett verglast war. Tove erinnerte sich, dass es früher, wegen des markanten Aussehens, immer hieß: »Ich geh’ mal um den Pudding.« So bürgerte sich der Name ein. Von dort aus hatte man einen einzigartigen Blick auf den Hauptstrand. Das hatte man leider auch im Krieg zu schätzen gewusst. Ursprünglich hatte der Pudding als Bunker gedient. Tove war dort oft ein und aus gegangen. So manches Mal hatte er auf den breiten Treppen, die zum Café hinaufführten, gesessen und das Treiben in der Haupteinkaufsmeile beobachtet.
Als Tove den Pudding ansah, kam es ihm vor, als könnte er seine damaligen Freunde und ihre Stimmen hören. Oft hatten sie sich dort getroffen und auf ihren Rädern die Insel erkundet. Besonders gerne waren sie auf der Straße zum Osten gefahren. Von dort führten viele kleine Wege in die Dünen und zum Meer. Hier hatten sie ihre Ruhe vor den neugierigen Augen der Erwachsenen gehabt. Unzählige Male hatte er in den windgeschützten Dünen im Sand gelegen. Dort hatten er und seine Freunde ihre erste Zigarette geraucht, später Zahnpasta gegessen und den ein oder anderen Rausch genossen. Es war der perfekte Ort gewesen, ohne viel Trubel, außer wenn ein paar Mädchen aus dem Ort mit von der Partie gewesen waren. Tove hatte auf Wangerooge und vor allem in den Dünen, im Osten der Insel, eine wirklich schöne Zeit verbracht. Er wusste, dass dies nicht für alle Jugendlichen galt, die man damals in Heimen untergebracht hatte.
Der Kutscher bog in die Charlottenstraße ein. Nach einer kurzen Fahrt ging es von dort in den Bootsweg, wo Piet wohnte.»Danke für den Umweg!«, sagte Tove zum Kutscher.»Gerne. Grüß mir Piet. Ich bin übrigens Per. Falls du mal Hilfe brauchst, meld’ dich. Ich wohn’ beim Leuchtturm.«Tove stieg von der Kutsche. Per winkte ihm zu und drehte das Gespann. Die Hufe der Pferde klackerten laut auf dem Kopfsteinpflaster, dann wurde es still. Aus der Ferne war das Rauschen des Meeres zu hören.Tove fiel auf, dass das anliegende Bootshaus schon bessere Zeiten gesehen hatte. Piet schien auf die Vermietung zu setzen. Damit ließ sich vermutlich mehr Geld machen als mit Bootsreparaturen. Zumal jeder wusste, dass man am Festland günstigere Angebote bekam. Mit den Preisen konnte Piet nicht mithalten, schließlich musste er alle Materialien auf die Insel schaffen.Piet war nicht bei allen beliebt. In den Kneipen war er zu später Stunde recht laut und posaunte gerne herum, was ihm so zu Ohren gekommen war. Damit trat er natürlich ungewollt manchem Insulaner auf die Füße. Piet war das relativ egal. Er liebte die Wahrheit und es juckte ihn wenig, dass es einige gab, die sie nicht vertrugen. Piet, ein echtes Original, aber vor allem ein guter Mensch. Wer ihn zum Freund hatte, durfte sich glücklich schätzen. Aber wo war dieser bärtige Seebär, der ihn sonst immer lachend im Marine Caban und Wollmütze begrüßt hatte?
Bei Piets Pension handelte es sich um ein altes Backsteingebäude, das von einer Rasenfläche und einem Nutzgarten umgeben war. Links davon befand sich das alte hölzerne Bootshaus, mit großem Tor, dem Anbau, mit separatem Eingang und kleinem Fenster. Dabei handelte es sich um das Büro, wenn man es so nennen durfte.Tove ging zum Eingang der Pension. An der Tür hing ein kleines Schild, auf dem zu lesen war: »Moin, Moin is’ schon Gesabbel.«»Typisch Piet«, dachte er, drückte die Klingel und wartete. Als sich nichts tat, klingelte er erneut. Unter dem Blumentopf am Eingang lag damals immer der Schlüssel zum Haus. Aber es war ihm nicht wohl, sich auf diese Weise einzulassen. Also ließ Tove seine Koffer am Eingang stehen und ging rüber zum Bootshaus. Die Holztür stand einen Spalt offen und das Schloss hing am Eingang. Tove betrat den schmalen Vorraum, den Piet als Büro nutzte. An einer Seite der Wand stand noch immer der alte Schreibtisch. Auf ihm lagen mehrere Baupläne von Booten, über ihnen verstreut verschiedene Stifte, Lineale, ein Zirkel und ein Stein zum Beschweren. Der ganze Raum war erfüllt vom Duft nach gutem Tabak, der von Piets braunem Lederbeutel ausging, in dem er auch seine Blättchen aufbewahrte. An der Stirnseite des Schreibtischs befanden sich Artikel aus dem Insel-Kurier. Piet musste sie ausgeschnitten haben. Tove legte den Stein, der sie beschwerte, zur Seite und überflog sie: »Raubgold. Eine Insel auf Schatzsuche.« Darunter befand sich ein Bild mit ein paar Insulanern, die mit Hacken und Schaufeln vor dem Pudding posiert hatten. Piet hatte einige Passagen markiert und Notizen dazu gemacht.Ein anderer Artikel lautete: »Wer kennt sie?« Unter der Überschrift sah Tove die Fotos zweier Männer in schwarzen SS Uniformen. Zur Zeit des Zweiten Weltkriegs war Wangerooge militärstrategisch von großer Bedeutung gewesen. An der Ostseite der Insel hatte die Schifffahrtslinie zum damaligen Reichskriegshafen Wilhelmshaven gelegen, die man hatte verteidigen wollen. Dafür standen zur Zeit des Krieges bis zu 5000 Mann der Marine und Luftwaffe, sowie mehrere Geschützbatterien auf der Insel zur Verfügung. Das waren mittel- und großkalibrige Artilleriekanonen gegen feindliche Seeziele. Jede von ihnen verfügte über zwei bis sechs Geschütze mit dazugehörigen Mannschafts-, Munitions- und Führungsbunkern. Insgesamt erzählte man sich von rund 100 Bunkern. Flogen in den ersten Jahren Bomberverbände von 100 Flugzeugen ein, streiften zum Ende des Kriegers Bomberströme von bis zu 1.000 Maschinen die Insel. Am 25. April 1945 kam es zu einem Luftangriff auf Wangerooge durch 482 Bomber der Alliierten, deren Ziel Seezielbatterien waren. In knapp fünfzehn Minuten waren mehr als 6000 Sprengbomben abgeworfen worden, die etwa 300 Menschen das Leben gekostet und eine Kraterlandschaft auf der Insel hinterlassen hatten. Dabei waren über die Hälfte der Wohnhäuser des Inseldorfs zerstört worden.Tove erinnerte sich an ein paar Bunker, in denen er sich mit seinen Freunden getroffen hatte. Sie wurden später fast alle gesprengt, aber er wusste von seinen Freunden, dass es zu einigen kleine Seiteneingänge gab. Der Sand hatte sie wohl verdeckt und erst mit der Zeit wieder freigelegt.Dieser verdammte Krieg, ohne ihn wäre er nicht weggegeben worden. So hatte er seine Geschichte damals allen Klassenkameraden erzählt. Er hatte sich geschämt, ihnen die Wahrheit zu sagen, dass man ihn in einem Korb vor einer Kirche gefunden hatte. Wenigstens war es ihm damals gut gegangen im Heim. Tove war in den 1950er-Jahren aufgewachsen, die man als Wirtschaftswunder bezeichnete. Was seine Kindheit betraf, hatte er Glück gehabt, denn als er in Bayern arbeitete, erfuhr er von den sogenannten Verschickungskindern. Millionen Kinder waren nach dem Krieg zur Kur in Heime geschickt und dort oft gequält, manche sogar für Medikamententests missbraucht worden.
Warum bewahrte Piet diese Artikel auf? Tove schüttelte den Kopf, legte sie zurück und beschwerte sie wieder mit dem Stein.Er blickte auf einen Spind ohne Tür. In ihm standen dieselben einsamen Aktenordner, die nicht gerade mit Aufträgen gefüllt waren. Daneben lagen eine Stabtaschenlampe und einige Keramiksicherungen. Gleich darunter hing Piets gelbe Öljacke mit Hut auf einem Bügel, am Boden standen seine Gummistiefel.Die Tür am Ende des Büros, die zur Werkstatt führte, war offen. Neben dem Eingang stand ein alter Maschinentelegraf, den man in der Schifffahrt benutzte, um Maschinenkommandos von der Kommandobrücke in den Maschinenraum zu übertragen. Neben der Tür befand sich ein Regal, auf dem sich mehrere ausrollbare Seekarten befanden. Darüber hing ein Knotenbrett. Piet hatte alles genauso gelassen wie damals.Tove trat in die Werkstatt, die an Unordnung kaum zu übertreffen war. Aber Piet fand alles in diesem Chaos, das wusste er, nie hatte sein Freund etwas suchen müssen. An der Stirnseite des Bootshauses befanden sich große, lange Werkbänke, auf denen verleimte Hölzer jeglicher Art in Schraubstöcken eingespannt waren. An der Wand hingen verschiedene Sägen, Hämmer und ein Regal mit hölzernen Schachteln, wie man sie in alten Apotheken finden konnte. In ihnen befanden sich allerhand Nägel und Schrauben, die er zur Reparatur benötigte. Tove wusste das, da er Piet gerne und oft geholfen hatte. Lediglich vor den Werkbänken standen zwei neue, rollbare Metallcontainer. Einige Schübe standen offen, auf ihnen lagen verschiedene Schraubenschlüssel und eine rote Ölkanne. Vom hölzernen Dachgebälk hingen zwei alte Deckenlampen mit großen, schwarzen Metallschirmen. Sie waren angeschaltet und tünchten alles in ein gelbes, warmes Licht.Den Rest der Werkstatt nahmen eine aufgebockte Hansa-Jolle und ein Segelboot aus Holz ein. Tove konnte von unten Teile des Mahagoni-Decks sehen. Es war mit sehr viel Liebe restauriert geworden. Er schätzte das Baujahr auf die 50er oder frühen 60er-Jahre. Die Takelage war in hervorragendem Zustand. Der Aufbau aus Mahagoni war wunderschön verarbeitet. Die im vorderen Aufbau eingelassenen Bullaugen aus Kupfer verliehen dem Schiff ein edles Aussehen. Tove strich über die Planken des Rumpfes, die sich glatt anfühlten und perfekt verarbeitet waren. Auf dem Bug entdeckte er eine kleine, sitzende, bronzene Figur einer Seejungfrau. Piet hatte sich bei dem Boot richtig ins Zeug gelegt.
Nis, ein Schulfreund Toves stand währenddessen vor der Tür seines Lütje Teehuus, das sich auf dem westlichen Teil der Strandpromenade befand. Sein Tag hatte nicht gerade gut begonnen. Erst war er nicht aus dem Bett gekommen, dann war ihm beim Frühstück sein Brot aus den Händen geglitten und auf der Marmeladenseite gelandet. Verärgert hatte er alles stehen und liegen lassen, die Jacke geschnappt und war in seinen Laden gefahren. Nachdem er alles für die Gäste vorbereitet hatte, wollte er vor der Tür eine smöken gehen. Für eine Zigarette war sicher noch Zeit, dachte Nis. Weshalb auch nicht, schließlich gehörte ihm der Laden und das schon seit ein paar Jahren. Er war sein eigener Chef und hatte es geschafft, sich auf Wangerooge zu etablieren. Gerade als er dabei war, seine Zigarettenpackung aufzureißen, trat er in einen Hundehaufen.»Nee, jetzt nicht auch noch!«, fluchte er, bückte sich, um seine Schuhe mit einem Taschentuch zu putzen. Dabei verschwand er fast hinter der Mauer, sodass ihn der Mann, der plötzlich erschienen war, nicht sehen konnte. Nis hatte erst gedacht, es sei sein erster Kunde, aber der Unbekannte, den er von seiner gebückten Position aus gerade noch sehen konnte, wirkte nicht wie ein Teetrinker. Er hatte etwas an sich, was Nis nicht gefiel. War es seine steife, aufrechte Haltung oder dieser lange Mantel, aus dem seine schwarze Hose ragte, die auf hochglanzpolierten schwarzen Schuhen auflag? Sein breiter Mantelkragen war hochgeklappt, daher sah Nis nur eine Hälfte seines Gesichtes und kurze, silbergraue Haare, die unter dem Hut herausragten. Der Fremde trug passende Lederhandschuhe und als er seinen rechten Arm kurz bewegte, fiel Nis auf, dass seine Hand seltsam starr wirkte. Als er genauer hinsah, begriff Nis. Der Mann trug eine Handprothese.Was nun geschah, verschlug ihm den Atem. Nachdem der Mann ein Stück Brot zwischen den Fingern seiner Prothesenhand hochgehalten hatte, landete eine weiße Taube auf seinem Arm. Sie näherte sich vorsichtig, doch als sie das Brot fast erreicht hatte, verlor sie den Halt. Genau in diesem Moment packte der Fremde den Vogel mit seiner Linken. Erst dachte Nis, er würde der Taube helfen, doch der Mann umfasste den Kopf des Vogels mit der Faust und drückte zu. Die Taube wehrte sich und schlug wie wild mit den Flügeln, hatte aber keine Chance. Ein paar Sekunden später hingen ihre Füße reglos herab. Nis sah, wie sich die weißen Federn blutrot färbten. Der Mann grinste dazu wie der Teufel persönlich. Hinter seiner runden Nickelbrille wirkten seine Augen groß, sie leuchteten fast, ergötzten sich an seiner Tat, während das Blut der Taube auf den Boden tropfte. Mit einer verachtenden Handbewegung warf er das Tier in die Büsche der Promenade. Nis war wie benommen von dem blutrünstigen Gesicht und der Tat des Fremden. Er ließ das Taschentuch zu Boden fallen und lehnte sich an die Mauer. Was er gesehen hatte, machte ihm Angst. Hastig fummelte er eine Zigarette aus seiner Packung, zündete sie an und nahm einen tiefen Zug. Plötzlich hörte er, dass sich Schritte näherten. Es war der Fremde. Hätte Nis den Rauch nicht laut von sich geblasen, hätte der Mann ihn wahrscheinlich nicht bemerkt. Als er an ihm vorüberging und ihn sah, nahm er zur Begrüßung den Hut vom Kopf und rief: »Einen wunderschönen guten Tag!«Nis brachte keinen Ton heraus, starrte ihn an und nickte aus einer Gewohnheit heraus. Der Fremde setzte seinen Hut wieder auf und ging unbescholten, man hätte fast sagen können, pfeifend und mit guter Laune, auf der Promenade weiter.
Tove trat zurück, um das Schiff in seiner vollen Schönheit zu bestaunen. Dabei stieß er gegen einen Tisch, von dem ein paar Spraydosen auf den Betonboden fielen und scheppernd durch die Werkstatt rollten. Hier hatte er oft mit Piet gesessen, über Gott und die Welt geredet. Na ja, oft waren es eher die Inselgerüchte, die im Umlauf gewesen waren. In der Werkstatt war die Zeit stehen geblieben. Sogar der große Aschenbecher und das alte Röhrenradio befanden sich noch auf dem Tisch. Tove ging zu einem der alten Ledersessel, ließ sich hineinfallen und genoss das Gefühl, einzusinken. Sie waren so bequem, dass es kein Wunder war, dass Piet nach ihren Saufgelagen des Öfteren gleich in ihnen eingeschlafen war.»Aber wo ist Piet?«, dachte er, da polterte es im Innern des Bootes und er vernahm eine tiefe Stimme, die etwas murmelte.»Piet, bist du das?«, rief Tove und stieg aus dem Sessel. Er bekam keine Antwort, aber Geräusche, die sich wie schlürfende Schritte anhörten, näherten sich.»Moin«, röhrte schließlich eine tiefe Stimme. An Deck des Bootes stand, mit einem müden Grinsen, das sich durch ein wettergegerbtes Gesicht zog, sein Freund Piet. Er wirkte angeschlagen, wacklig auf den Beinen. Seine schlohweißen Haare, standen wild in alle Richtungen ab, der Rauschebart wirkte schief. Anscheinend hatte sich der Haudegen einen gegönnt. Dazu passte auch, dass er sich mit beiden Händen an der Reling abstützte.»Moin«, erwiderte Tove und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Piet drehte sich um und stieg an einer Einstiegstreppe vom Schiff. Mit einem breiten Grinsen und offenen Armen kam er auf Tove zu. Als sie sich umarmten, spürte Tove seine riesigen Hände, die wie aufgepumpt wirkten. Immer wieder klopfte er Tove auf den Rücken. Schließlich hielt er ihn an den Schultern fest und schüttelte ihn.»Schön, dass du wieder da bist, mein Jung. Ne Scholle ist doch besser als Hax’n«, sagte er lachend und blickte Tove musternd an, »Alles gut in Schuss. Groß und kräftig ist er. Gut so, gut so, so.«»Na ja, macht die ganze Arbeit und der Stress.«»Macht es dir wenigstens Spaß, Spaß?«Tove antwortete ihm, indem er seine Schultern hochzog.»Verstehe, aber wenn’s nicht Spaß macht, isses nix fürs Leben, Leben.«Piet hatte manchmal die Angewohnheit, die letzten Worte zu wiederholen. Das verlieh ihnen ungewollt einen zusätzlichen Nachdruck. Tove sprach ihn nie darauf an. Irgendwie passte dieser Tick, wie er es bezeichnete, zu Piet.Er sah, wie Piet unsicher auf seinen Beinen zu einem Eimer mit Wasser ging, seinen Kopf darin versenkte, mit einem Ruck wieder herauszog und prustete. Mit einem Handtuch, das an einem kleinen Waschbecken mit dreckigem Spiegel an der Holzwand angebracht war, rubbelte er sich seine Haare und den Bart trocken. Er sah jetzt frischer aus, aber der Alkohol der letzten Nacht zeichnete ihn noch immer.
Tove konnte nicht wissen, dass gestern der Todestag seiner Frau gewesen war. Es war ein triftiger Grund gewesen, sich zu betrinken. Piet fiel auf, mit welcher Bewunderung er das Boot ansah.»Baujahr 1963. Eiche, Deck und Aufbauten aus Teak. Im Innenraum Mahagoni, Fock 18m2, Wellenantrieb, Mercedes 3-Zylinder-Motor, 75PS, Doppelratsteuerung, Kabine und Koje. Ein Prachtstück, die Frieda, Frieda«, sprach Piet stolz.»Ein echtes Prachtstück, Piet! Aber sag mal, wo ist deine Frau?«»Die ist für ein paar Tage ans Festland. Kommt bald zurück«, antwortete Piet ausweichend.
Tove bemerkte eine Schwingung in seiner Stimme, fragte aber nicht weiter nach. Stattdessen erzählte er ihm von seiner Reise und der Hummel mit seinem Koffer. Er ließ nicht aus, dass er seine Freunde sehr vermisst hatte und froh war, zurück zu sein.Als Tove ihm von der Person in der weißen Kutte erzählte, wurde Piet hellhörig.»Eine weiße Mönchskutte meinst du, du?«, fragte er nervös nach.»Ja genau. Ihre Kleidung wirkte wie die eines Klosterbruders.«»Ach du Scheiße, Scheiße.«Tove sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an. Piets Augen waren weit aufgerissen. Er wirkte, als wenn er den Leibhaftigen gesehen hätte, seine Stirn in tiefe Falten gelegt.»Das ist die Weiße Frau, Frau!«, platzte es aus ihm heraus.»Willst du mich verarschen?«»Ich scherze nicht. Hier erzählt man sich eine Legende über die Weiße Frau. Sie soll in den Dünen und im Watt umherlaufen, die Menschen in den Tod locken, locken.«»Piet, was soll das?«»Nein, hör zu, ich hab’ sie auch mal gesehen. Is’ eine Zeit lang her. Früher hielten sie einige für eine Hexe, da sie mit Kräutern Menschen heilen konnte. Später versuchten sie, die Weiße Frau, die andersartig war, zu vertreiben. Als ihre Tochter in den Dünen von einem Deutschen vergewaltigt und getötet wurde, nahm alles seinen Lauf. Nach Monaten der Trauer verließ sie die Insel, Insel.«Tove wusste nicht, was er davon halten sollte. Auf den Inseln erzählte man sich so manches Seemannsgarn: »Das ist doch alles Gesabbel.«»Nein. Und ich warne dich, Tove. Auf dieser Insel passieren seither unerklärliche Dinge. Immer wieder findet man Tote im Watt und in den Dünen, Dünen.«»Okay, danke Piet. Ich werd’ mich von dieser Frau fernhalten, auch wenn ich nichts gegen Frauen habe. Zurzeit könnte ich mir vorstellen … .« Da fiel ihm Piet ins Wort: »Das ist kein Seemannsgarn. Nimm das ernst!«, bekräftigte Piet, während er Toves Kopf mit beiden Händen festhielt und ihm eindringlich in die Augen sah. Schließlich wandte er sich von ihm ab, öffnete die großen Tore der Werkstatt, schaute in den blauen Himmel und bekreuzigte sich. Als er sich wieder zu Tove umsah, winkte er und bedeutete, dass er ihm folgen solle. Tove warf einen letzten Blick auf das Boot. Der Preis dafür überstieg seine Möglichkeiten bei Weitem. Außerdem lagen ihm Piets damalige Worte in den Ohren. »Was du dir nicht leisten kannst, darfste nicht kaufen.« Wovon hatte sich Piet das Boot nur leisten können?
Piet ging mit Tove zum Haus. Die untere Etage bewohnten Frieda und er. Gleich am Eingang führte eine Treppe nach oben zu den Räumen, die für die Vermietung bestimmt waren. Eine Toilette mit Bad befand sich auf dem Flur und konnte von den Gästen benutzt werden. In Toves Zimmer selbst hing ein kleines Waschbecken mit Spiegel an der Wand. Es war einfach eingerichtet, weder groß noch klein, aber dafür war das Bett sehr bequem. Tove mochte besonders, dass man vom Fenster aus, in der Entfernung, das Meer sehen konnte.»Frühstück gibt es in der Küche um sieben. Du kannst dir nehmen, was du möchtest, Tove. Kaffee lasse ich immer in der Thermoskanne. Und jeden morgen ein Ei, Ei.«»Mensch, Piet, mach dir keine Arbeit. Hauptsache, ich geh’ dir nicht auf die Nerven oder falle euch zur Last. Wenn du möchtest, helfe ich dir gern in der Werkstatt. So wie in alten Zeiten.«»Danke Tove, doch im Moment gibt’s nicht viel. Aber ich hoffe, wir verbringen einfach so Zeit miteinander. Du bist übrigens mein Gast. Also zahlen is’ nicht, nicht.«»Das geht doch nicht, Piet.«»Und wie das geht, geht.«»Gut, dann werde ich mich aber dafür revanchieren. Ich hab’ erst mal keine Pläne. Wir können gerne was unternehmen.«»Schön, dass du wieder da bist. Mensch, Tove, ich freu’ mich so.«»Ich auch, Piet.«»Dann bis später.«Tove nickte, Piet schloss grinsend die Tür hinter sich und ging nach unten. Was Piet nicht wusste war, dass Tove auf jeden Fall Zeit haben würde. Er hatte verschwiegen, dass er den Job und sein Zimmer in München gekündigt hatte. Die Zeit dort war schön gewesen, aber ihm hatten seine alten Freunde, das Meer und die Insel gefehlt.Tove spürte, dass Piet etwas beschäftigte. Er beschloss, Frieda nach ihrer Rückkehr darauf anzusprechen. Piet hatte gesagt, dass er den Kaffee immer in der Thermoskanne stehen lasse. Normalerweise hatte sich Frieda um solche Dinge gekümmert.»Haben sie sich etwa getrennt?«, fragte sich Tove. Nur, welchen Grund sollten sie dafür gehabt haben? Piet war ein netter und aufrichtiger Mann, mit dem man gut auskommen konnte.
Derweil trank Piet in der Küche einen kleinen Kaffee mit Schuss. Er knabberte daran, dass er seinen Freund Tove angelogen hatte, denn die Wahrheit gehörte zu ihm, wie die Luft zum Atmen. Voller Unbehagen grummelte Piet und nahm seine dunkelblaue Matrosen-Jacke von der Garderobe. Er hatte den Marine Caban einem Seemann der kanadischen Armee beim Pokern abgenommen. Seitdem war der kurze Mantel aus Schurwolle mit breitem Kragen sein ständiger Begleiter. Auf dem Kopf trug er wie gewohnt seine dunkelblaue Matrosen-Wollmütze. Er wollte im Ort Fisch einkaufen. Am Abend würde er ihn zubereiten und Tove reinen Wein einschenken. Bestimmt würde er Verständnis für seine Notlüge zeigen.»Na dann ma’ los«, sprach Piet vor sich her und verließ das Haus.
Tove hörte eine Tür ins Schloss fallen und ging zum Fenster. Von oben sah er Piet, der auf der Straße links abbog und in Richtung Dorf ging.»Er trägt tatsächlich noch denselben Marine Caban«, dachte Tove grinsend. Aber der passte irgendwie zu Piet. Ohne ihn gab es keinen Piet und ohne Piet gab es keinen Caban. Wenn er dazu manchmal seinen großen Seesack auf der Schulter trug, hätte man denken können, er wolle auf einem Schiff anheuern.
Tove verstaute die Sachen aus seinem Koffer im Schrank. Danach zog er sich aus, band sich ein Handtuch um und suchte die Etagendusche auf. Das Wasser war warm, dank des großen Durchlauferhitzers, der allerdings einen ziemlichen Krach produzierte. Ihm fiel sofort auf, dass das Wasser gänzlich anders war als in München. Es fühlte sich nicht nur anderes an, es schmeckte auch anders. Zum Schluss duschte er kalt.Zurück im Zimmer zündete er eine Zigarette an und legte sich aufs Bett. »Wie ist es wohl Lina ergangen?«, dachte Tove. Er hatte sich nach all den Jahren nicht getraut, sie anzurufen. Die Zigarette schmeckte ihm nicht. Er rauchte nur ein paar Züge, dann drückte er sie im Aschenbecher aus. Schließlich lüftete er und legte sich wieder aufs Bett. Das entfernte Meeresrauschen und die frische Luft sorgten dafür, dass Tove sofort einschlief.
Währenddessen schlenderte Piet gut gelaunt über den Markt. Er hatte Kabeljau gekauft und wollte ihn mit Nordseekrabben, Zwiebeln und Dillsauce zubereiten. Als Beilage waren junge Kartoffeln mit Petersilie geplant. Im Haus würde es so riechen wie damals, wenn Frieda Kabeljau zubereitet hatte. Piet konnte sich daran erinnern, dass Tove den Fisch liebte. Kurz spürte er, wie seine Gedanken ungewollt abdrifteten. Er verwarf sie, so gut es ging. Piet vermisste Frieda sehr, es verging kein einziger Tag, an dem er nicht an sie denken musste.»Moin, Piet«, hörte er eine junge Frauenstimme hinter sich sagen. Es war Lina, die ehemalige Freundin von Tove. »Zufälle gibts«, dachte er kurz und sagte, »Moin, Lina. Alles in Butter, Butter?«»Man schlägt sich so durch«, antwortete sie und sah ihn freudestrahlend an. Piet mochte sie von ganzem Herzen und hatte nie verstehen können, dass Tove die Insel ohne sie verlassen hatte. So eine wie Lina fand man nicht überall, erst recht nicht in Bayern. So eine wie Lina fand man nur einmal im Leben. Die musste man festhalten.»Lina, ich hab’ einen Gast, Gast.«»Ach ja? Wieder ein Däne oder ein kecker Holländer?«»Nee«, druckste Piet herum. Er war sich plötzlich bewusst, wie dumm es gewesen war, ihr davon zu erzählen.»Na sag schon, wer ist es?«, hakte Lina nach.»Tove, es ist Tove.«Lina machte unbewusst einen Schritt zurück. Ihr Gesichtsausdruck hatte sich mit einem Schlag geändert. Die Einkaufstasche, die sie in den Händen hielt, rutschte zu Boden: »Was? Bist du sicher?«Piet legte seinen Kopf zur Seite, zog die Augenbrauen hoch und sah sie mit seinen treuen, blauen Augen an.»Also, er spricht so wie Tove und er sieht aus wie Tove. Es tut mir leid, ich hätte vielleicht nicht darüber …«, er kam nicht dazu, den Satz zu beenden. Lina hatte sich blitzschnell ihre Tasche geschnappt, war auf dem Absatz gedreht und lief davon.»Lina!«, rief ihr Piet hinterher, aber es half nichts, sie lief unbeirrt weiter, »Was habe ich jetzt angestellt?«Vielleicht war er gut beraten, zum Fisch heute Abend, eine seiner besten Flaschen Rum aus der Vorratskammer zu holen. Piet machte weitere Besorgungen, die ihn letzten Endes zur Strandpromenade brachten. Nachdenklich schaute er eine Weile über das Meer. Am Strand tummelten sich die ersten Touristen. Der Geruch von Sonnencreme stieg ihm bisweilen in die Nase.»In ein paar Wochen wird das hier anders aussehen«, dachte er.Piet war so in Gedanken vertieft, dass er dem Mann im schwarzen Mantel keine Aufmerksamkeit schenkte, als dieser an ihm vorbeiging. Erst als er sich von ihm entfernt hatte, drehte Piet sich um und sah ihn kurz von hinten. Der Mann strahlte Kälte aus. Sein Gang wirkte aufrecht und starr. »Wenn das die neuen Urlauber sein sollen, na dann gute Nacht«, schoss es Piet durch den Kopf, als er sich auf den Heimweg machte.Zu Hause angekommen, begann er sofort, zu kochen. Zwischendurch klingelte das Telefon. Am Apparat war ein Herr Keppler, der seinen Besuch für den selbigen Abend ankündigte. Er teilte mit, dass er beabsichtige, eine Woche zu bleiben. Die Zeit auf der Insel wolle er damit verbringen, an seinem Heimatroman weiterzuarbeiten. Daher brauche er viel Ruhe und möchte keinesfalls gestört werden. Piet teilte ihm mit, dass er dafür in seiner Pension goldrichtig sei.
Als Tove aufwachte, zog er sich seine 501 und ein dünnes, weißes T-Shirt an. Er kämmte sich vor dem Spiegel und frisierte seine dunkelblonden Haare mit Haarwachs nach hinten. Was er im Spiegel sah, gefiel ihm. Immerhin machte er keinen Sport, wie andere Leute in München. Trotzdem war er schlank und muskulös. Sein Gesicht wirkte eine Spur reifer, aber man würde ihn nach den ganzen Jahren ohne Weiteres wiedererkennen.Wenig später verließ Tove das Haus. Piet hatte ihm einen Schlüssel zur Pension überlassen, somit war er unabhängig.Gleich vor dem Haus bog er rechts ein. Die Straße endete und ging in einen Weg aus Holzbohlen über. Er führte durch Dünen, bevor Tove den Strand erreichte. Als er sich in den Sand setzte, bemerkte er schwarze Wolken, die über dem Meer hingen. Der Wind hatte deutlich aufgefrischt. Mit großer Sicherheit würde das Wetter umschlagen. Tove ging ein Stück zurück und suchte sich eine windgeschützte Stelle.Das Meer lag vor ihm wie vor 5 Jahren, als er fortgegangen war. Mit jedem Atemzug genoss Tove die salzige Luft, den warmen Sand und die Aromen aller Pflanzen und Gräser. Würde er hier wieder Fuß fassen können? Unweigerlich musste er an seine Jugend auf der Insel denken. An seine Schule, die Ausflüge in die Dünen und an warme Strandkörbe, die sie vor Wind und fremden Blicken geschützt hatten. Besonders nachts, wenn er und seine Freunde sie um ein Lagerfeuer herum zusammengeschoben hatten und eine Flasche Hochprozentiges die Runde gemacht hatte. In Gedanken sah er Lina, seine damalige Freundin. Sie lachte, nahm seine Hand und zog ihn hinter sich her. Nach ein paar Schritten stolperten sie und fielen in den Sand. Das Gelächter ihrer Freunde verlor sich im Wind und Lina sah ihn mit einem Blick an, der Tove blieb. Dieser eine Moment, als sie sich zum ersten Mal küssten, sich verloren und die Zeit anhielt.
Als es kühler wurde, verließ Tove den Strand und beschloss, ein wenig auf der Promenade, die parallel zum Meer und dem Hauptstrand der Insel verlief, zu laufen. Tove sah durch die Panoramascheiben des Strandhotels Gerken. Scheinbar erwarteten sie viele Gäste. Hektisch waren die Kellner damit beschäftigt, die Tische einzudecken. Als er an der Bäckerei am Pudding vorbeikam, kaufte er ein Brot. Die schwarzen Wolken hatten mittlerweile die Insel erreicht. Daher legte er einen Zahn zu und machte sich auf den Weg zu Piet. Tove wollte alles langsam angehen und seine anderen Freunde erst in den nächsten Tagen besuchen.
Vor Piets Haus stieg ihm der Duft von Fisch, Krabben und Dill in die Nase. Alle Fenster waren hell erleuchtet. Bestimmt hatte Frieda zu seiner Ankunft ein leckeres Essen zubereitet. Kaum hatte Tove das Haus betreten, fing es an zu regnen. Er hörte das Klappern von Topfdeckeln. Es duftete besser, wie in manch einem Restaurant. Als er in die Küche ging, war Tove überrascht. Statt Frieda sah er Piet vor den dampfenden Kochtöpfen stehen.»Moin, moin«, rief Tove in die Küche. Piet drehte sich, grinste und streckte Tove einen Holzlöffel entgegen.»Moin, moin. Probier ma!«Tove nahm den Löffel, pustete auf ein Stück Fisch, das mit Soße und Dill vor sich hin dampfte. Vorsichtig aß er es: »Hmm, Kabeljau! Woher wusstest du?«»Ich bin zwar älter als du, aber nicht senil im Kopp«, antwortete Piet und grinste über beide Ohren.Draußen schüttete es mittlerweile wie aus Eimern. Als Tove aus dem Fenster blickte, sah alles tiefschwarz aus. In einiger Entfernung hörte er Donnerrollen und sah Blitze, die niedergingen.»Komm, lass uns essen, Tove.«Piet hatte mächtig aufgefahren. Neben Bier standen auch Korn und eine Flasche Rum auf dem Tisch. In den Schalen befanden sich Kartoffeln und gemischtes Gemüse. Tove legte sein eingekauftes Brot dazu. In der Tischmitte platzierte Piet eine große Pfanne mit Kabeljau in Senf-Dill-Soße. So mochte Tove ihn am liebsten. Sein Freund hatte sich gut erinnert.
»Der Fisch muss schwimmen, mein Jung, Jung«, sagte Piet nach dem Essen, mit einer vom Bier gelockerten Zunge, und holte zwei Korngläser aus dem Schrank. Tove nickte zustimmend, was Piet mit einem zufriedenen Grinsen quittierte. Auf das erste Glas folgte sofort ein weiteres. Danach drehte Piet zwei Zigaretten, von denen er eine Tove reichte. Sie lehnten sich entspannt zurück und rauchten.Plötzlich wirkte Piet nachdenklich und starrte Löcher in den Boden. Als er wieder aufschaute, sah Tove in seine wässrigen Augen.»Frieda ist tot«, platzte es aus Piet heraus.Seine Worte zerteilten Welten, es kam Tove vor, als ob alles um ihn herum mit einem Schlag schmerzhaft still geworden war. Er hörte weder den Regen an die Scheiben prasseln noch das Donnern der Blitze.»Was? Aber du hast doch …«»Ja, hab’ ich. Es war gelogen, dass sie zum Festland ist. Tut mir leid, leid.«Tove blickte auf den Boden. Er hatte Frieda sehr gemocht und war wie vor den Kopf getreten.»Seit wann?«»Seit einem Jahr, Jahr.«»Warum hast du mir nicht früher …«, Tove stoppte im Satz.»Ach, Jung, ich brachte es nich’ übers Herz, Herz.«»Wie?«»Es war ein Unfall. Frieda wurde von einer Kutsche, vom Harms überfahren. Sie ist unglücklich gestürzt, hieß es. Unglücklich …«, Piet schluchzte, versuchte sich aber gleich wieder zu fangen. Tove stand auf und legte ihm seine Hand auf die Schulter. Piet griff sie, drückte sie fest und holte tief Luft: »Lass uns heut’ nicht daran denken. Ich musste es nur loswerden. Sie ist immer bei mir. Die Frieda, Frieda.« »Ich habe dir auch was verschwiegen«, gestand Tove einfühlsam.»Und was?«»Ich werde hier bleiben. In München hält mich nichts mehr. Ich hab’ gekündigt.«Piet stand auf und umarmte Tove.»Ich wusste, dass es eines Tages so kommen würde.«Schweigend begannen sie, den Tisch abzuräumen. Den Abwasch wollte Piet am nächsten Tag machen, aber Tove bot sich an. Als alles erledigt war, schaute Piet Tove an und sagte: »Schön, dass du hier bist. Aber jetzt lass uns rüber in die Werkstatt. Deine Rückkehr feiern, feiern.«
Piet zündete den Heizstrahler an, der aus einer Gasflasche mit Aufsatz bestand. Am Waschbecken spülte er zwei Gläser und stellte sie mit einer Flasche Rum auf den Tisch. Schließlich ließen sie sich in die Sessel fallen und Piet schenkte ihre Gläser großzügig ein. Das gelbe, warme Licht der Lampen bewirkte, dass die Holzwände und das Dachgebälk in einem angenehmen orangefarbenen Ton leuchteten. Tove fühlte sich augenblicklich wohl.Von dem Unwetter, was draußen tobte, war in der Werkstatt nicht viel zu hören. Die Wärme des Heizstrahlers verteilte sich rasant und Tove spürte eine angenehme Schwere.»Auf Frieda«, sagte Piet und hob sein Glas.»Auf Frieda«, antwortete Tove und prostete Piet zu. Tove beugte sich vor, schaltete das Röhrenradio ein und drehte am Sender. Es lief das Ende von Beethovens 9ter Sinfonie. Still lauschten sie der Musik. Es kam einer Schweigeminute gleich. Tove erinnerte sich, dass sie oft nebeneinander sitzen konnten, ohne ein Wort zu sagen. Das hatte er in München vermisst. Die Menschen dort mussten immer etwas von sich geben. Dieses ständige Gelaber war ihm ziemlich auf die Nerven gegangen.Nach der klassischen Musik drehte Tove erneut am Radio, um die Stimmung zu heben. Piet sah Tove dankbar an, als die Frau im Radio das Programm ankündigte: »Und jetzt geht’s live in die Vereinigten Staaten zum Woodstock Festival. Love & Peace! Seid nett zueinander.«Sie waren beide völlig aus dem Häuschen, schenkten sich erneut die Gläser voll und wippten unruhig mit den Beinen zur Musik. Richie Havens startete als Erstes mit »High Flyin' Bird«. Als John B. Sebastian »I had a Daydream« spielte, hielt es Piet nicht mehr im Sessel. Mit seiner Selbstgedrehten, die in seinem Mundwinkel steckte, tanzte er leichtfüßig durch die Werkstatt. Tove schloss sich ihm an und sie sangen lauthals mit. Zum Ende des Songs stolperte Piet über ein paar Flaschen, die am Boden lagen. Tove griff ihn an der Schulter und bugsierte ihn zurück in den Sessel. Piet lachte, man konnte ihm ansehen, wie sehr er den Abend genoss.»Hast du es noch?«»Was meinst du, Piet?«»Na das hier, hier.«Piet kramte in seiner Hose und holte ein rotes Halstuch heraus, auf dem ein weißes Steuerrad gestickt war. Tove sah ihn mit einem breiten Grinsen an, griff in seine Hosentasche und holte ebenso ein rotes Halstuch hervor.»Dasselbe Tuch, das dir Frieda einst schenkte. Du hast mir das Gleiche gekauft. Was denkst du denn, Piet? Natürlich hab’ ich es noch.«Mit einem breiten Grinsen schenkte Piet ihre Gläser voll und drehte die Musik lauter. Nach den ersten Strophen stimmten sie wieder lauthals mit ein. Es folgten Hits von Sweetwater und der Incredible String Band. Zu ihrem Song »This Moment« hielten sie inne. Dieses Mal goss Tove nach und sie begannen, sich Geschichten aus alten Zeiten zu erzählen.
Ein paar Stunden später blinkte plötzlich ein rotes Licht in der oberen Ecke der Werkstatt auf. Es ging von einer Lampe aus, die normalerweise auf der Backbordseite von Schiffen hing.»Hey Piet, was soll das Licht?«»Ach, das Licht. Schön, oder? Das is’ die Klingel. Die hängt vorn’ an der Pension, Pension«, antwortete Piet lallend. Tove grinste. Es gefiel ihm, Piet so glücklich zu sehen. Bestimmt hatte er eine harte Zeit hinter sich und sein plötzliches Auftauchen kam wie gerufen.»Erwartest du Besuch?«Piet rieb sich den Bart und schaute zur Decke.»Ach du Schiet. Hab’ ich völlich vergessen. Dieser Schriftsteller. Der will einen Roman oder so was schreiben und will Ruhe. Da isser goldrichtig, oder, Tove?«Kaum hatte Piet zu Ende gesprochen, versuchte er, sich aufzurappeln, aber der Alkohol war da anderer Meinung. Piet ließ sich zurück in den warmen Ledersessel fallen, der ein sattes Pfff von sich gab.»Lass ma, Piet. Ich mach’ das schon. Was soll der Gast denken, wenn du ihn völlig besoffen empfängst?« Sie sahen sich an und lachten, schließlich machte sich Tove auf den Weg. Anfangs ging er Schlangenlinien, konnte sich aber nach ein paar Meter fangen, wenigstens glaubte er das.»Schlüssel is’ in der Küche!«, rief ihm Piet noch hinterher, bevor er die Werkstatt verließ.Draußen regnete es noch immer in Strömen und es war stockdunkel. Kaum hatte er die Tür des Büros hinter sich zugezogen, stolperte er über vom Sturm abgerissene Äste und fiel. Tove rappelte sich rasch auf, soweit das in seinem Zustand und bei dem Regen möglich war. Bevor er zu Boden gegangen war, hatte er einen Mann vor der Haustür stehen sehen. Die Lampe im Eingangsbereich gab nur spärliches Licht von sich und so hatte er lediglich seine Umrisse erkennen können. Als Tove bemerkte, dass sich der Mann umdrehte und im Begriff war, zu gehen, rief er ihm zu: »Warten Sie! Warten Sie, bitte!«Tove beeilte sich und versuchte dabei, möglichst nicht zu schwanken. Als er den Mann außer Atem erreichte, torkelte er erst mal an ihm vorbei, um die Tür aufzuschließen.»Kommen Sie! Bitte, kommen Sie rein.«Der Mann folgte ihm, klappte seinen Schirm zu und ließ ihn draußen im Schirmständer stecken. Im Flur des Hauses entschuldigte sich Tove und teilte ihm grinsend mit, dass der Besitzer im Moment verhindert sei, was aber für seinen Aufenthalt kein Problem darstellen würde. Tove stellte sich kurz vor und holte den Zimmerschlüssel aus der Küche. Dabei war er sehr darauf bedacht, nüchtern zu wirken. Als er zurück im Flur war, sah er den Mann, der sich nicht von der Stelle bewegt hatte, doppelt vor sich. Wahrscheinlich blieb Tove deshalb nicht sehr viel von seinem Aussehen und dem, was er erzählte. Der Gast stellte sich als Herr Keppler vor. Er trug einen schwarzen Mantel und hatte den Kragen so hochgeklappt, dass man zwischen Hut und Mantel lediglich einen Teil seines Gesichtes erkennen konnte. Er hatte große Augen und wirkte irgendwie steif, genau wie sein aufgesetztes Lächeln.»Gut, Herr Keppler. Hier ist der Schlüssel. Die Treppe hoch, dann rechts.«Mit diesen Worten hielt Tove ihm den Zimmerschlüssel entgegen.